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Document 62006CJ0400

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 13. September 2007.
Codirex Expeditie BV gegen Staatssecretaris van Financiën.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Hoge Raad der Nederlanden - Niederlande.
Gemeinsamer Zolltarif - Kombinierte Nomenklatur - Tarifierung - Unterposition 0202 30 50 - Fleischstücke, gefroren und ohne Knochen, eines Teils vom Vorderviertel des Rindes.
Rechtssache C-400/06.

Sammlung der Rechtsprechung 2007 I-07399

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2007:519

Rechtssache C‑400/06

Codirex Expeditie BV

gegen

Staatssecretaris van Financiën

(Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden)

„Gemeinsamer Zolltarif – Kombinierte Nomenklatur – Tarifierung – Unterposition 0202 30 50 – Fleischstücke, gefroren und ohne Knochen, eines Teils vom Vorderviertel des Rindes“

Leitsätze des Urteils

Gemeinsamer Zolltarif – Tarifpositionen – Gefrorene Fleischstücke (ohne Knochen), die vom Vorderviertel des Rindes stammen


Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung Nr. 2204/1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass gefrorene Fleischstücke (ohne Knochen), die vom Vorderviertel des Rindes stammen, unter die Unterposition 0202 30 50 der Kombinierten Nomenklatur fallen.

Die einheitliche Auslegung der verschiedenen Sprachfassungen der Unterposition 0202 30 50, von denen einige ausdrücklich das Vorderviertel des Rindes erwähnen, während andere ausdrücklich die verschiedenen Teilstücke des Vorderviertels nennen, führt nämlich zu der Feststellung, dass die Kombinierte Nomenklatur nicht ausdrücklich verlangt, dass das Vorderviertel vom Rind, gefroren und ohne Knochen, dem Zoll in einem einzigen Stück vorgelegt wird.

Dass das Fleisch vom Vorderviertel des Rindes beim Zoll in Stücke geschnitten vorgelegt wird, ändert auch nichts an seinen wesentlichen Beschaffenheitsmerkmalen, wie sie in der Unterposition 0202 30 50 angegeben sind, da das Erzeugnis materiell mit dem übereinstimmt, das in der Zusätzlichen Anmerkung zu dieser Unterposition beschrieben ist, selbst wenn es in Stücken vorgelegt wird.

Die betreffenden Fleischstücke müssen keine weiteren Bedingungen erfüllen und insbesondere nicht von demselben Tier stammen, um in die genannte Unterposition eingereiht zu werden.

(vgl. Randnrn. 20-23, 30, Tenor 1-2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

13. September 2007(*)

„Gemeinsamer Zolltarif – Kombinierte Nomenklatur – Tarifierung – Unterposition 0202 30 50 – Fleischstücke, gefroren und ohne Knochen, eines Teils vom Vorderviertel des Rindes“

In der Rechtssache C‑400/06

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 22. September 2006, beim Gerichtshof eingegangen an demselben Tag, in dem Verfahren

Codirex Expeditie BV

gegen

Staatssecretaris van Financiën

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Kūris, des Richters J.‑C. Bonichot und der Richterin C. Toader (Berichterstatterin),

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: R. Grass,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und P. van Ginneken als Bevollmächtigte,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kontolaimos und E. Svolopoulou als Bevollmächtigte,

–        der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Hottiaux als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Unterposition 0202 30 50 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2204/1999 der Kommission vom 12. Oktober 1999 (ABl. L 278, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: KN).

2        Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Codirex Expeditie BV (im Folgenden: Codirex) und dem Staatssecretaris van Financiën wegen der Tarifierung von Fleischstücken, gefroren und ohne Knochen, vom Vorderviertel des Rindes.

 Rechtlicher Rahmen

3        Die KN beruht auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren, das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation, ausgearbeitet und durch das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene und mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. L 198, S. 1) genehmigte Internationale Übereinkommen eingeführt wurde. Die KN übernimmt die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des Harmonisierten Systems; nur die siebte und die achte Stelle bilden spezielle Unterteilungen der KN.

4        Die zu dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt geltende Fassung der KN ist die in Anhang I der Verordnung Nr. 2204/1999.

5        Die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN, die sich in Teil I Titel I Buchst. A dieses Anhangs finden, bestimmen u. a.:

„Für die Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur gelten folgende Grundsätze:

1.      Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und – soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist – die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

2.      a)     Jede Anführung einer Ware in einer Position gilt auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen dieser Vorschrift als solche geltende Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt wird.

         …

3.      Kommen für die Einreihung von Waren … zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

a)      Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. …

c)      Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.

6.      Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und – sinngemäß – die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln.“

6        Hier kommt die Anwendung folgender, in Teil II Abschnitt I Kapitel 2 der KN aufgeführter KN‑Codes in Betracht:

KN-Code

Warenbezeichnung

1

2

0202

Fleisch von Rindern, gefroren:

0202 30

- ohne Knochen:

0202 30 50

-- als „crops“, „chucks and blades“ und „briskets“ bezeichnete Teile

0202 30 90

-- anderes


7        Den Zusätzlichen Anmerkungen zur Unterposition 0202 30 50 zufolge gelten als „‚crops‘ und ‚chucks and blades‘ bezeichnete Teile … das Rückenstück des Vorderviertels einschließlich des oberen Teils der Schulter, das von einem Vorderviertel mit mindestens vier und höchstens zehn Rippen bei einem geraden Schnitt durch den Berührungspunkt der ersten Rippe mit der Brustbeinspitze und dem Ansatzpunkt des Zwerchfellpfeilers bei der zehnten Rippe anfällt“ (Zusätzliche Anmerkung 1. A. Buchst. h Nr. 11 in Kapitel 2 der KN). Außerdem gilt „der untere Teil des Vorderviertels mit Brustspitze, Brustmitte und Querrippe“ als „‚briskets‘ bezeichnete Teilstücke“ (Zusätzliche Anmerkung 1. A. Buchst. h Nr. 22 in Kapitel 2 der KN).

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

8        Am 18. April 2000 gab Codirex in ihrer Zollanmeldung für die Einfuhr einer in 535 Pappkartons verpackten Partie gefrorenes Rindfleisch ohne Knochen aus Zimbabwe die Position 0202 30 50 der KN an.

9        Bei der Prüfung der Zollanmeldung beim niederländischen Zoll wurden zwei Kartons aus dieser Partie als Probe mitgenommen. Nach Analyse ihres Inhalts kam das Labor zum Ergebnis, dass die Probe nicht „aus ganzen ‚chucks and blades‘, sondern aus Teilen davon“ bestehe. Im Anschluss an eine von Codirex beantragte Überprüfung bestätigte das Labor dieses Ergebnis.

10      Der Inspecteur reihte deshalb die Ware nunmehr in die Unterposition 0202 30 90 der KN ein und forderte Codirex zur Zahlung von 111 352,80 HFL zusätzlich zu dem mit dem ersten Zollbescheid angeforderten Betrag auf.

11      Codirex legte gegen den neuen Zollbescheid Einspruch ein. Der Inspecteur wies den Einspruch mit Entscheidung vom 10. Januar 2001 zurück. Codirex erhob daraufhin gegen diese Entscheidung Klage bei der Tariefcommissie te Amsterdam. Der Gerechtshof te Amsterdam, der mit Wirkung vom 1. Januar 2002 an die Stelle der Tariefcommissie getreten ist, wies die Klage ab.

12      In ihrer Kassationsbeschwerde vor dem vorlegenden Gericht wendet sich Codirex gegen die vom Gerechtshof gewählte Auslegung der Wendung „als ‚crops‘ und ‚chucks and blades‘ bezeichnete Teile“. Sie macht geltend, die Verwendung der Pluralform („gedeelten“ in der niederländischen Fassung) in der Zusätzlichen Anmerkung 1. A. Buchst. h Nr. 11 in Kapitel 2 [in der deutschen Fassung lautet die Entsprechung „…stück“] sowie des englischen Ausdrucks „chucks and blades“ in der niederländischen Fassung der Unterposition 0202 30 50 und der Wendung „découpés de quartiers avant dites ‚australiennes‘“ in deren französischer Fassung legten nahe, dass diese Unterposition lose Stücke bezeichne. Außerdem bestünden „chucks and blades“ ihrer Art nach nicht aus einem einzigen Stück, weil sie nicht durch Knochen miteinander verbunden und daher anatomisch verschiedene Teile seien.

13      Der Vorlageentscheidung zufolge ergibt sich außerdem nach Auffassung des Advocaat‑Generaal aus den verschiedenen Sprachfassungen der Zusätzlichen Anmerkung 1. A. Buchst. h Nr. 11 in Kapitel 2 der KN wie auch „den Gründen für die Einführung der Unterpositionen der Position 0202 30“, dass sich der Begriff „als ‚crops‘ [und] ‚chucks and blades‘ bezeichnete Teile“ offenbar auf eine Angabe im Handel gängiger Aufmachungen lose sortierter und getrennt zusammengepackter Stücke Rindfleisch bezögen, die von den in dieser Anmerkung beschriebenen Teilen des Rindes stammten. Ferner sei nach Ansicht der Advocaat‑Generaal der niederländischen und der englischen Fassung der Unterposition 0202 30 50, in denen von „crop(s), chuck(s) and blade(s) and brisket(s)“ die Rede sei, zu entnehmen, dass es für die Einreihung der Fleischstücke in die betreffende Unterposition genüge, dass sie alle vom Vorderviertel des Rindes stammten, wie es in der Zusätzlichen Anmerkung beschrieben sei.

14      Unter diesen Umständen hat der Hoge Raad der Nederlanden das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist die Position 0202 30 50 der KN dahin auszulegen, dass gefrorenes Fleisch (ohne Knochen), das von dem in der Zusätzlichen Anmerkung 1. A. Buchst. h Nr. 11 in Kapitel 2 der KN beschriebenen Teil des Vorderviertels des Rindes stammt, nur dann für die Einreihung in diese Position in Frage kommt, wenn es sich um ein einziges, zusammenhängendes Stück Fleisch handelt?

2.      Falls die Antwort auf Frage 1 dahin geht, dass auch Fleisch in losen Teilstücken für die Einreihung in Position 0202 30 50 in Frage kommen kann, genügt dann für die Einreihung in diese Position die Feststellung, dass die eingeführte Partie Fleisch aus Stücken gefrorenen Fleisches besteht, die alle von dem in der Zusätzlichen Anmerkung 1. A. Buchst. h Nr. 11 in Kapitel 2 der KN beschriebenen Teil des Vorderviertels stammen, oder muss diese Partie Fleisch als Ganze oder aber müssen die Teilpartien jede für sich (die Kartons) darüber hinaus andere Kennzeichen oder Eigenschaften aufweisen?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

15      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine aus mehreren Stücken bestehende Partie Fleisch, gefroren und ohne Knochen, des Vorderviertels vom Rind in die Unterposition 0202 30 50 eingereiht werden kann.

16      Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen ist, wie sie im Wortlaut der Tarifpositionen und den Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln festgelegt sind (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteile vom 17. März 1983, Dinter, C‑175/82, Slg. 1983, 969, Randnr. 10, vom 8. Februar 1990, Van de Kolk, C‑233/88, Slg. 1990, I‑265, Randnr. 12, und vom 11. Januar 2007, B.A.S. Trucks, C‑400/05, Slg. 2007, I‑0000, Randnr. 27).

17      Nach der KN in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung, die sich in Anhang I der Verordnung Nr. 2204/1999 befindet, werden in die Unterposition 0202 30 50 betreffend Fleisch, gefroren und ohne Knochen, als „‚crops‘, ‚chucks and blades‘ und ‚briskets‘ bezeichnete Teile“ eingereiht.

18      Gemäß der Zusätzlichen Anmerkung 1. A. Buchst. h Nr. 11 in Kapitel 2 der KN zu dieser Unterposition gelten als „‚crops‘ und ‚chucks and blades‘ bezeichnete Teile … das Rückenstück des Vorderviertels einschließlich des oberen Teils der Schulter, das von einem Vorderviertel mit mindestens vier und höchstens zehn Rippen bei einem geraden Schnitt durch den Berührungspunkt der ersten Rippe mit der Brustbeinspitze und dem Ansatzpunkt des Zwerchfellpfeilers bei der zehnten Rippe anfällt“.

19      Obwohl weder die Unterposition 0202 30 50 noch die betreffende Zusätzliche Anmerkung ausdrücklich Fleischstücke vom Vorderviertel des Rindes erwähnen, kann deren Wortlaut nach Ansicht der griechischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nicht dahin ausgelegt werden, dass die betreffenden Fleischstücke von der Einreihung in diese Unterposition ausgeschlossen sind. So nähmen zum einen einige Sprachfassungen nicht auf das „Vorderviertel“ insgesamt Bezug, sondern auf Teile davon, die nach der englischen Terminologie mit den Begriffen „crop(s), chuck(s) and blade(s)“ bezeichnet würden, die u. a. in der niederländischen und der englischen Fassung der KN aufgeführt seien. Zum anderen fielen die Fleischstücke, die man nach dem Zerlegen und Entbeinen erhalte, natürlicherweise auseinander, weil sie nicht mehr durch Knochen verbunden seien, und behielten daher nicht die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale und Besonderheiten des Fleischstücks vom Vorderviertel bei.

20      Dieser Auslegung ist zu folgen. Denn wie die Kommission ausführt, stimmen die verschiedenen Sprachfassungen der Unterposition 0202 30 50 nicht vollständig überein, da einige ausdrücklich das Vorderviertel des Rindes erwähnen (wie die französische und die spanische Fassung der KN), während andere ausdrücklich die verschiedenen Teilstücke des Vorderviertels wie „crop(s), chuck(s) and blade(s)“ nennen (wie die niederländische, die englische und die deutsche Fassung der KN).

21      Die einheitliche Auslegung der verschiedenen Sprachfassungen, wie sie nach der Rechtsprechung bei abweichendem Wortlaut erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteil vom 11. November 1999, Söhl & Söhlke, C‑48/98, Slg. 1999, I‑7877, Randnr. 46), führt zu der Feststellung, dass die KN nicht ausdrücklich verlangt, dass das Vorderviertel vom Rind, gefroren und ohne Knochen, dem Zoll in einem einzigen Stück vorgelegt wird, da einige Sprachfassungen der Unterposition 0202 30 50 das Stück vom Vorderviertel des Rindes als Ganzes nicht einmal erwähnen.

22      Dass das Fleisch vom Vorderviertel des Rindes beim Zoll in Stücke geschnitten vorgelegt wird, ändert auch nichts an seinen wesentlichen Beschaffenheitsmerkmalen, wie sie in der Unterposition 0202 30 50 angegeben sind, da das Erzeugnis materiell mit dem übereinstimmt, das in der Zusätzlichen Anmerkung zu dieser Unterposition beschrieben ist, selbst wenn es in Stücken vorgelegt wird. Weicht ein Erzeugnis in seiner Aufmachung von dem in der NK angegebenen Erzeugnis ab, ohne dass dadurch die materielle Übereinstimung mit ihm aufgehoben wird, schließt dies jedoch nicht seine Einreihung in die hierfür vorgesehene Position aus (vgl. in diesem Sinn Urteil vom 10. Dezember 1998, Bruner, C‑290/97, Slg. 1998, I‑8333, Randnrn. 25 bis 27).

23      Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung Nr. 2204/1999 geänderten Fassung dahin auszulegen ist, dass gefrorene Fleischstücke (ohne Knochen), die vom Vorderviertel des Rindes stammen, unter die Unterposition 0202 30 50 der KN fallen.

 Zur zweiten Frage

24      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die gefrorenen Fleischstücke (ohne Knochen) vom Vorderviertel des Rindes weitere Bedingungen erfüllen müssen, um in die Unterposition 0202 30 50 eingereiht zu werden. Insbesondere ergibt sich aus den während des Ausgangsverfahrens abgegebenen Erklärungen, wie sie in der Vorlageentscheidung wiedergegeben sind, dass das vorlegende Gericht im Wesentlichen fragt, ob die betreffenden Stücke vom Vorderviertel desselben Tieres stammen müssen.

25      Hierzu ist festzustellen, dass die KN für die Tarifposition „Fleisch von Rindern, gefroren“ und „ohne Knochen“ drei Unterpositionen vorsieht, deren erste die Nummer 0202 30 10 trägt und die „Vorderviertel, ganz oder in höchstens fünf Teile zerlegt, jedes Vorderviertel in einem einzigen Gefrierblock aufgemacht; ‚quartiers compensés‘ in zwei Gefrierblöcken aufgemacht, der eine das Vorderviertel enthaltend, ganz oder in höchstens fünf Teile zerlegt, der andere das Hinterviertel enthaltend, in einem Stück, ohne Filet“ betrifft. Die zweite ist die streitige Unterposition 0202 30 50 und die dritte, die die Nr. 0202 30 90 trägt, die Gattungsposition mit Auffangcharakter und der Bezeichnung „anderes“.

26      Während sich die Unterposition 0202 30 10 also auf das ganze Vorderviertel bezieht und dessen Vorlage beim Zoll in höchstens fünf Teile zerlegt nur dann zulässt, wenn es „in einem einzigen Gefrierblock“ aufgemacht ist, enthält die Unterposition, um deren Auslegung das vorlegende Gericht ersucht, wie bereits ausgeführt, keine solche Angabe.

27      Die zuletzt genannte Unterposition betrifft vielmehr ausdrücklich „Teile“ („cuts“ in der englischen Fassung und „delen“ in der niederländischen Fassung der KN) und bezieht sich insbesondere in der französischen Fassung auf Teile des nach den Anweisungen in der zugehörigen Zusätzlichen Anmerkung zerlegten „Vorderviertels“.

28      Würde diese Unterposition dahin ausgelegt, dass nur Partien von Fleisch darunter fallen, die alle Teilstücke des Fleisches vom Vorderviertel des Rindes und demnach nur die Stücke vom Vorderviertel eines einzigen Tieres umfassen, hätte dies zur Folge, dass die Unterpositionen der Position 0202 30 der KN betreffend Fleisch von Rindern, gefroren und ohne Knochen, nicht voneinander unterschieden werden könnten.

29      Die Unterposition 0202 30 10 bezieht sich nämlich schon auf das ganze Vorderviertel, das nach der in Beantwortung der ersten Frage vorgenommenen Auslegung beim Zoll in Stücke geschnitten vorgelegt werden kann. Die Unterposition 0202 30 50 betrifft dagegen die insbesondere in der englischen und der niederländischen Fassung angegebenen Teile des Vorderviertels. Diese Teile stellen sich daher als andere Erzeugnisse dar als das Vorderviertel als Ganzes. Da ihr wesentliches Beschaffenheitsmerkmal darin besteht, dass sie nach den Anweisungen in der zugehörigen Zusätzlichen Anmerkung geschnitten sind, können sie in die betreffende Unterposition eingereiht werden, ohne besondere Bedingungen, wie z. B. die, dass sie von demselben Tier stammen, erfüllen zu müssen.

30      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Anhang I der Verordnung Nr. 2658/97 in der durch die Verordnung Nr. 2204/1999 geänderten Fassung dahin auszulegen ist, dass die gefrorenen Fleischstücke (ohne Knochen) vom Vorderviertel des Rindes keine weiteren Bedingungen erfüllen und insbesondere nicht von demselben Tier stammen müssen, um in die Unterposition 0202 30 50 eingereiht zu werden.

 Kosten

31      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2204/1999 der Kommission vom 12. Oktober 1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass gefrorene Fleischstücke (ohne Knochen), die vom Vorderviertel des Rindes stammen, unter die Unterposition 0202 30 50 der Kombinierten Nomenklatur fallen.

2.      Anhang I der Verordnung Nr. 2658/97 in der durch die Verordnung Nr. 2204/1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die gefrorenen Fleischstücke (ohne Knochen) vom Vorderviertel des Rindes keine weiteren Bedingungen erfüllen und insbesondere nicht von demselben Tier stammen müssen, um in die Unterposition 0202 30 50 eingereiht zu werden.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Niederländisch.

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