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Dokument 32023D2648

Durchführungsbeschluss (EU) 2023/2648 der Kommission vom 27. November 2023 zur Nichtgenehmigung von Silberzeolith als alten Wirkstoff zur Verwendung in Biozidprodukten der Produktart 4 gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates

C/2023/8011

ABl. L, 2023/2648, 29.11.2023, ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_impl/2023/2648/oj (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Rechtlicher Status des Dokuments In Kraft

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_impl/2023/2648/oj

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Amtsblatt
der Europäischen Union

DE

Serie L


2023/2648

29.11.2023

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2023/2648 DER KOMMISSION

vom 27. November 2023

zur Nichtgenehmigung von Silberzeolith als alten Wirkstoff zur Verwendung in Biozidprodukten der Produktart 4 gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (1), insbesondere auf Artikel 89 Absatz 1 Unterabsatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2014 der Kommission (2) wurde eine Liste der alten Wirkstoffe festgelegt, die im Hinblick auf ihre mögliche Genehmigung zur Verwendung in Biozidprodukten bewertet werden sollen. Diese Liste enthält Silberzeolith (CAS-Nr.: 130328-18-6) für die Produktart 4.

(2)

Schweden wurde als Bericht erstattender Mitgliedstaat benannt. Silberzeolith wurde von der zuständigen Behörde Schwedens (im Folgenden „bewertende zuständige Behörde“) in Bezug auf die Verwendung in Biozidprodukten der in Anhang V der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 genannten Produktart 4 (Desinfektionsmittel für den Lebens- und Futtermittelbereich) bewertet. Im Rahmen seines Antrags auf Genehmigung reichte der Antragsteller ein repräsentatives Biozidprodukt sowie Belege für zwei Beispiele für dessen vorgesehene Verwendung ein: die Beimischung des Produkts zu Polymeren, die in Lebensmittelkontaktmaterialien verwendet werden, um die Kreuzkontamination mit Pathogenen zu verringern, und die Beimischung zu Materialien, die in Wasserfiltern zur Bekämpfung des Bakterienwachstums verwendet werden.

(3)

Am 12. Juni 2017 übermittelte die bewertende zuständige Behörde der Europäischen Chemikalienagentur (im Folgenden „ECHA“) den Bewertungsbericht zu dem Antrag zusammen mit den Schlussfolgerungen ihrer Bewertung. Die ECHA erörterte den Bewertungsbericht und die Schlussfolgerungen im Rahmen von Fachsitzungen.

(4)

Gemäß Artikel 75 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 arbeitet der Ausschuss für Biozidprodukte die Stellungnahmen der ECHA zu den Anträgen auf Genehmigung von Wirkstoffen aus. Gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2014 in Verbindung mit Artikel 75 Absätze 1 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 nahm der Ausschuss für Biozidprodukte am 3. März 2021 unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen der bewertenden zuständigen Behörde die Stellungnahme der ECHA (3) an.

(5)

Aus den Schlussfolgerungen der Stellungnahme der ECHA geht hervor, dass hinsichtlich der Beimischung von Silberzeolith zu Polymeren, die für die Verwendung in Lebensmittelkontaktmaterialien bestimmt sind, keine ausreichende Wirksamkeit nachgewiesen wurde. Die ECHA kommt ferner zu dem Schluss, dass durch den Verzehr von Lebensmitteln, die mit behandelten Polymeren in Berührung gekommen sind, verursachte unannehmbare Risiken für die menschliche Gesundheit festgestellt wurden und keine geeigneten Maßnahmen zur Risikominderung ermittelt werden konnten.

(6)

Betreffend die Beimischung von Silberzeolith zu Materialien, die in Wasserfiltern verwendet werden, hat die ECHA unannehmbare Risiken für Säuglinge (im Alter von 6 bis 12 Monaten) ermittelt, die Wasser zu sich nehmen, das durch mit Silberzeolith behandelte Materialien gefiltert wurde. Der Antragsteller schlug eine Risikominderungsmaßnahme vor, um zu gewährleisten, dass Säuglinge Silberzeolith nicht in einer Konzentration oberhalb des akzeptablen Grenzwerts Silberzeolith ausgesetzt sind, nämlich den Einsatz behandelter Wasserfilter auf gewerbliche, gastgewerbliche und institutionelle Einrichtungen zu beschränken, den Einsatz in Privathaushalten zu verbieten und außerdem eine Kennzeichnungspflicht für die Filter vorzuschreiben. Der Ausschuss für Biozidprodukte hielt diese Maßnahme jedoch für unzureichend, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass Säuglinge durch die Einnahme von gefiltertem Wasser über das Trinkwasser in Restaurants und Bars unannehmbaren Mengen von Silberzeolith ausgesetzt werden, vor allem dann, wenn die Säuglinge in den zu den Bars oder Restaurants gehörenden Räumlichkeiten untergebracht sind. Der Antragsteller übermittelte in seinen Unterlagen keine Daten, die ein ausreichendes Risikominderungspotenzial einer solchen Maßnahme belegen würden. Es fehlen Daten über den häuslichen Trinkwasserkonsum der allgemeinen Bevölkerung im Vergleich zum außerhäuslichen Konsum (z. B. in Restaurants und Bars) oder in Bezug auf Säuglinge. Es gibt keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem Warnhinweis auf einem Etikett, dass der behandelte Wasserfilter nur für die Verwendung in Restaurants und Bars zugelassen ist, und dem Ziel der Maßnahme (Verhinderung des Konsums von Trinkwasser, das durch einen imprägnierten Filter geleitet wurde, durch Säuglinge). Die Kommission leitete eine weitere Konsultation der Vertreter der Mitgliedstaaten in dieser Angelegenheit im Ständigen Ausschuss für Biozidprodukte ein, der am 3. Mai 2023 die Stellungnahme der ECHA und die vom Antragsteller vorgebrachten zusätzlichen Argumente weiter erörterte. Die Vertreter der Mitgliedstaaten stimmten der Stellungnahme der ECHA zu, und der Ständige Ausschuss für Biozidprodukte kam zu dem Schluss, dass es nicht genügend Nachweise dafür gebe, dass die vom Antragsteller vorgeschlagene Risikominderungsmaßnahme das Risiko für Säuglinge auf ein akzeptables Maß senken könnte, wobei er keine andere geeignete Maßnahme zur Minderung des Risikos für Säuglinge bei der Verwendung von mit Silberzeolith behandelten Wasserfiltern ermitteln konnte.

(7)

Es wurden also für jedes der im Antrag angegebenen Beispiele für Verwendungen des repräsentativen Biozidprodukts unannehmbare Risiken für die menschliche Gesundheit festgestellt und es konnte keine sichere Verwendung nachgewiesen werden. Daher wird nicht davon ausgegangen, dass Biozidprodukte der Produktart 4, die Silberzeolith enthalten, das Kriterium gemäß Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iii der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 erfüllen.

(8)

Silberzeolith wurde auch gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) bewertet. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat am 29. März 2005 (5) und am 4. Februar 2011 (6) zwei Stellungnahmen zur Bewertung der Sicherheit von Silberzeolith A (Silber-Zink-Natrium-Ammonium-Aluminosilikat) mit einem Silbergehalt von 2 % bis 5 % zur Verwendung in Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff angenommen. In diesen Stellungnahmen kam die EFSA zu dem Schluss, dass keine Sicherheitsbedenken für die Verbraucher entstehen, wenn die Migration von Silberionen aus Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff einen gruppenspezifischen Migrationsgrenzwert von 0,05 mg Ag/kg Lebensmittel nicht überschreitet. Obwohl Silberzeolith A auf Unionsebene nicht für die Verwendung in Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff zugelassen wurde, wurde es gemäß Artikel 6 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 der Kommission (7) in ein vorläufiges Verzeichnis von Zusatzstoffen aufgenommen, die gemäß nationalem Recht in Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff verwendet werden dürfen.

(9)

Im Rahmen der Bewertung von Silberverbindungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 haben die EFSA und die ECHA im Februar 2020 ein gemeinsames Dokument (8) (im Folgenden „gemeinsames Dokument von EFSA und ECHA“) herausgegeben, in dem sie zu dem Schluss kommen, dass ihre jeweiligen Stellungnahmen zur Verwendung von Silberverbindungen in Lebensmittelkontaktmaterialien mit der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 bzw. der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 übereinstimmen und dass die Unterschiede in den Schlussfolgerungen der Risikobewertung in ihren jeweiligen Stellungnahmen auf unterschiedliche Ziele, Datensätze und Methoden zurückzuführen sind.

(10)

Unter Berücksichtigung der Stellungnahme der ECHA sowie des gemeinsamen Dokuments von EFSA und ECHA ist es angezeigt, Silberzeolith nicht als Wirkstoff zur Verwendung in Biozidprodukten der Produktart 4 zu genehmigen.

(11)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Biozidprodukte —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Silberzeolith (CAS-Nr.: 130328-18-6) wird nicht als Wirkstoff zur Verwendung in Biozidprodukten der Produktart 4 genehmigt.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Brüssel, den 27. November 2023

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)   ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1.

(2)  Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1062/2014 der Kommission vom 4. August 2014 über das Arbeitsprogramm zur systematischen Prüfung aller in Biozidprodukten enthaltenen alten Wirkstoffe gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 294 vom 10.10.2014, S. 1).

(3)  Biocidal Products Committee Opinion on the application for approval of the active substance: silver zeolite, Product type: 4, ECHA/BPC/276/2021, angenommen am 3. März 2021.

(4)  Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG (ABl. L 338 vom 13.11.2004, S. 4).

(5)  Opinion of the Scientific Panel on food additives, flavourings, processing aids and materials in contact with food (AFC) on a request from the Commission related to a 7th list of substances for food contact materials (Question N° EFSA-Q-2003-076, EFSA-Q-2004-144, EFSA-Q-2004-166, EFSA-Q-2004-082, EFSA-Q-2003-204, EFSA-Q-2003-205, EFSA-Q-2003-206), angenommen am 29. März 2005 im schriftlichen Verfahren. EFSA Journal (2005) 201, S. 1.

(6)  EFSA-Gremium für Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, Enzyme, Aromastoffe und Verarbeitungshilfsstoffe; Scientific Opinion on the safety evaluation of the substance, silver zeolite A (silver zinc sodium ammonium alumino silicate), silver content 2 – 5 %, for use in food contact materials. EFSA Journal 2011; 9(2):1999. [12 S.] doi:10.2903/j.efsa.2011.1999.

(7)  Verordnung (EU) Nr. 10/2011 der Kommission vom 14. Januar 2011 über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen (ABl. L 12 vom 15.1.2011, S. 1).

(8)  Joint EFSA – ECHA document of February 2020. Comparison of the evaluations performed on silver compounds used as biocidal active substances in food contact materials (FCM) by EFSA and ECHA.


ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_impl/2023/2648/oj

ISSN 1977-0642 (electronic edition)


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