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Document L:2007:315:FULL

Amtsblatt der Europäischen Union, L 315, 03. Dezember 2007


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ISSN 1725-2539

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 315

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

50. Jahrgang
3. Dezember 2007


Inhalt

 

I   Veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates

1

 

*

Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr

14

 

*

Verordnung (EG) Nr. 1372/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 577/98 des Rates zur Durchführung einer Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte in der Gemeinschaft ( 1 )

42

 

 

RICHTLINIEN

 

*

Richtlinie 2007/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft sowie der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur

44

 

*

Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen

51

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

VERORDNUNGEN

3.12.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 315/1


VERORDNUNG (EG) Nr. 1370/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 23. Oktober 2007

über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 71 und 89,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Artikel 16 des Vertrags bestätigt den Stellenwert, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen.

(2)

Artikel 86 Absatz 2 des Vertrags bestimmt, dass für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, die Vorschriften des Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, gelten, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert.

(3)

Artikel 73 des Vertrags stellt eine Sondervorschrift zu Artikel 86 Absatz 2 dar. Darin sind Regeln für die Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Bereich des Landverkehrs festgelegt.

(4)

Die Hauptziele des Weißbuchs der Kommission vom 12. September 2001„Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ sind die Gewährleistung sicherer, effizienter und hochwertiger Personenverkehrsdienste durch einen regulierten Wettbewerb, der auch die Transparenz und Leistungsfähigkeit öffentlicher Personenverkehrsdienste garantiert, und zwar unter Berücksichtigung sozialer, umweltpolitischer und raumplanerischer Faktoren, oder das Angebot spezieller Tarifbedingungen zugunsten bestimmter Gruppen von Reisenden, wie etwa Rentner, und die Beseitigung von Ungleichheiten zwischen Verkehrsunternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten, die den Wettbewerb wesentlich verfälschen könnten.

(5)

Viele Personenlandverkehrsdienste, die im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse erforderlich sind, können derzeit nicht kommerziell betrieben werden. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten müssen Maßnahmen ergreifen können, um die Erbringung dieser Dienste sicherzustellen. Zu den Mechanismen, die sie nutzen können, um die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste sicherzustellen, zählen unter anderem die Gewährung ausschließlicher Rechte an die Betreiber eines öffentlichen Dienstes, die Gewährung einer finanziellen Ausgleichsleistung für Betreiber eines öffentlichen Dienstes sowie die Festlegung allgemeiner Vorschriften für den Betrieb öffentlicher Verkehrsdienste, die für alle Betreiber gelten. Entscheidet ein Mitgliedstaat sich im Einklang mit dieser Verordnung dafür, bestimmte allgemeine Regeln aus ihrem Anwendungsbereich herauszunehmen, so sollte die allgemeine Regelung für staatliche Beihilfen zur Anwendung kommen.

(6)

Viele Mitgliedstaaten haben Rechtsvorschriften erlassen, die zumindest für einen Teilbereich ihres öffentlichen Verkehrsmarktes die Gewährung ausschließlicher Rechte und die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge im Rahmen transparenter und fairer Vergabeverfahren vorsehen. Dies hat eine erhebliche Zunahme des Handels zwischen den Mitgliedstaaten bewirkt und dazu geführt, dass inzwischen mehrere Betreiber eines öffentlichen Dienstes Personenverkehrsdienste in mehr als einem Mitgliedstaat erbringen. Die Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften hat jedoch zu uneinheitlichen Verfahren und Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Rechte der Betreiber eines öffentlichen Dienstes und der Pflichten der zuständigen Behörden geführt. Die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (4) regelt nicht die Art und Weise, in der in der Gemeinschaft öffentliche Dienstleistungsaufträge vergeben werden müssen, und insbesondere nicht die Bedingungen, unter denen diese ausgeschrieben werden sollten. Eine Aktualisierung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens ist daher angebracht.

(7)

Studien und die Erfahrungen der Mitgliedstaaten, in denen es schon seit einigen Jahren Wettbewerb im öffentlichen Verkehr gibt, zeigen, dass, sofern angemessene Schutzmaßnahmen vorgesehen werden, die Einführung des regulierten Wettbewerbs zwischen Betreibern zu einem attraktiveren und innovativeren Dienstleistungsangebot zu niedrigeren Kosten führt, ohne dass die Betreiber eines öffentlichen Dienstes bei der Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben behindert werden. Dieser Ansatz wurde vom Europäischen Rat im Rahmen des so genannten Lissabon-Prozesses vom 28. März 2000 gebilligt, der die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten aufgefordert hat, im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse die Liberalisierung in Bereichen wie dem Verkehr zu beschleunigen.

(8)

Personenverkehrsmärkte, die dereguliert sind und in denen keine ausschließlichen Rechte gewährt werden, sollten ihre Merkmale und ihre Funktionsweise beibehalten dürfen, soweit diese mit den Anforderungen des Vertrags vereinbar sind.

(9)

Um die öffentlichen Personenverkehrsdienste optimal nach den Bedürfnissen der Bevölkerung gestalten zu können, müssen alle zuständigen Behörden die Möglichkeit haben, die Betreiber eines öffentlichen Dienstes gemäß den Bedingungen dieser Verordnung frei auszuwählen und dabei die Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen zu berücksichtigen. Um die Anwendung der Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung konkurrierender Betreiber und der Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten, wenn Ausgleichsleistungen oder ausschließliche Rechte gewährt werden, müssen in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag der zuständigen Behörde an den ausgewählten Betreiber eines öffentlichen Dienstes die Art der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und die vereinbarten Gegenleistungen festgelegt werden. Die Form oder Benennung dieses Vertrags kann je nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten variieren.

(10)

Im Gegensatz zu der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69, deren Geltungsbereich sich auch auf die öffentlichen Personenverkehrsdienste auf Binnenschifffahrtswegen erstreckt, wird es nicht als angezeigt erachtet, in der vorliegenden Verordnung die Frage der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in diesem besonderen Sektor zu regeln. Für die Organisation öffentlicher Personenverkehrsdienste auf Binnenschifffahrtswegen und, soweit sie nicht unter besonderes Gemeinschaftsrecht fallen, auf dem Meer innerhalb der Hoheitsgewässer gelten daher die allgemeinen Grundsätze des Vertrags, sofern die Mitgliedstaaten nicht beschließen, die vorliegende Verordnung auf diese besonderen Sektoren anzuwenden. Diese Verordnung steht der Einbeziehung von Verkehrsdiensten auf Binnenschifffahrtswegen und auf dem Meer innerhalb der Hoheitsgewässer in weiter gefasste Stadt-, Vorort- oder Regionalnetze des öffentlichen Personenverkehrs nicht entgegen.

(11)

Im Gegensatz zu der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69, deren Geltungsbereich sich auch auf Güterbeförderungsdienste erstreckt, wird es nicht als angezeigt erachtet, in der vorliegenden Verordnung die Frage der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in diesem besonderen Sektor zu regeln. Drei Jahre nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung sollten für die Organisation von Güterbeförderungsdiensten daher die allgemeinen Grundsätze des Vertrags gelten.

(12)

Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist es unerheblich, ob öffentliche Personenverkehrsdienste von öffentlichen oder privaten Unternehmen erbracht werden. Die vorliegende Verordnung stützt sich auf den Grundsatz der Neutralität im Hinblick auf die Eigentumsordnung gemäß Artikel 295 des Vertrags sowie den Grundsatz der freien Gestaltung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse durch die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 des Vertrags und die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 5 des Vertrags.

(13)

Einige Verkehrsdienste, häufig in Verbindung mit einer speziellen Infrastruktur, werden hauptsächlich aufgrund ihres historischen Interesses oder zu touristischen Zwecken betrieben. Da ihr Betrieb offensichtlich anderen Zwecken dient als der Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste, müssen die für die Erfüllung von gemeinwirtschaftlichen Anforderungen geltenden Vorschriften und Verfahren hier keine Anwendung finden.

(14)

Wenn die zuständigen Behörden für die Organisation des öffentlichen Verkehrsnetzes verantwortlich sind, können hierzu neben dem eigentlichen Betrieb des Verkehrsdienstes eine Reihe von anderen Tätigkeiten und Funktionen zählen, bei denen es den zuständigen Behörden freigestellt sein muss, sie selbst auszuführen oder ganz oder teilweise einem Dritten anzuvertrauen.

(15)

Langzeitverträge können bewirken, dass der Markt länger als erforderlich geschlossen bleibt, wodurch sich die Vorteile des Wettbewerbsdrucks verringern. Um den Wettbewerb möglichst wenig zu verzerren und gleichzeitig die Qualität der Dienste sicherzustellen, sollten öffentliche Dienstleistungsaufträge befristet sein. Eine Auftragsverlängerung könnte davon abhängig gemacht werden, dass die Verkehrsteilnehmer die Dienstleistung positiv aufnehmen. Die Möglichkeit, öffentliche Dienstleistungsaufträge um maximal die Hälfte ihrer ursprünglichen Laufzeit zu verlängern, sollte in diesem Rahmen dann vorgesehen werden, wenn der Betreiber eines öffentlichen Dienstes Investitionen in Wirtschaftsgüter tätigen muss, deren Amortisierungsdauer außergewöhnlich lang ist, und — aufgrund ihrer besonderen Merkmale und Zwänge — bei den in Artikel 299 des Vertrags genannten Gebieten in äußerster Randlage. Außerdem sollte eine noch weiter gehende Verlängerung möglich sein, wenn ein Betreiber eines öffentlichen Dienstes Investitionen in Infrastrukturen oder Rollmaterial und Fahrzeuge tätigt, die insofern außergewöhnlich sind, als es dabei jeweils um hohe Mittelbeträge geht, und unter der Voraussetzung, dass der Vertrag im Rahmen eines fairen wettbewerblichen Vergabeverfahrens vergeben wird.

(16)

Kann der Abschluss eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags zu einem Wechsel des Betreibers eines öffentlichen Dienstes führen, so sollten die zuständigen Behörden den ausgewählten Betreiber eines öffentlichen Dienstes verpflichten können, die Bestimmungen der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (5) anzuwenden. Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, die Bedingungen für die Übertragung anderer Ansprüche der Arbeitnehmer als der durch die Richtlinie 2001/23/EG abgedeckten zu wahren und dabei gegebenenfalls die durch nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder zwischen den Sozialpartnern geschlossene Tarifverträge oder Vereinbarungen festgelegten Sozialstandards zu berücksichtigen.

(17)

Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip steht es den zuständigen Behörden frei, soziale Kriterien und Qualitätskriterien festzulegen, um Qualitätsstandards für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen aufrechtzuerhalten und zu erhöhen, beispielsweise bezüglich der Mindestarbeitsbedingungen, der Fahrgastrechte, der Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität, des Umweltschutzes, der Sicherheit von Fahrgästen und Angestellten sowie bezüglich der sich aus Kollektivvereinbarungen ergebenden Verpflichtungen und anderen Vorschriften und Vereinbarungen in Bezug auf den Arbeitsplatz und den Sozialschutz an dem Ort, an dem der Dienst erbracht wird. Zur Gewährleistung transparenter und vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen zwischen den Betreibern und um das Risiko des Sozialdumpings zu verhindern, sollten die zuständigen Behörden besondere soziale Normen und Dienstleistungsqualitätsnormen vorschreiben können.

(18)

Vorbehaltlich der einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts können örtliche Behörden oder — falls diese nicht vorhanden sind — nationale Behörden öffentliche Personenverkehrsdienste in ihrem Gebiet entweder selbst erbringen oder einen internen Betreiber ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren damit beauftragen. Zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen muss die Möglichkeit der Eigenerbringung jedoch streng kontrolliert werden. Die zuständige Behörde oder die Gruppe zuständiger Behörden, die — kollektiv oder durch ihre Mitglieder — integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste erbringt, sollte die erforderliche Kontrolle ausüben. Ferner sollte es einer zuständigen Behörde, die ihre Verkehrsdienste selbst erbringt, oder einem internen Betreiber untersagt sein, an wettbewerblichen Vergabeverfahren außerhalb des Zuständigkeitsgebiets dieser Behörde teilzunehmen. Die Behörde, die die Kontrolle über den internen Betreiber ausübt, sollte ferner die Möglichkeit haben, diesem Betreiber die Teilnahme an wettbewerblichen Vergabeverfahren innerhalb ihres Zuständigkeitsgebiets zu untersagen. Die Beschränkung der Tätigkeit interner Betreiber berührt nicht die Möglichkeit der Direktvergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, die den Eisenbahnverkehr betreffen, mit Ausnahme anderer schienengestützter Verkehrsträger wie Untergrund- und Straßenbahnen. Außerdem berührt die Direktvergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge für Eisenbahnverkehrsdienste nicht die Möglichkeit der zuständigen Behörden, öffentliche Dienstleistungsaufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste mit anderen schienengestützten Verkehrsträgern wie Untergrund- oder Straßenbahnen an einen internen Betreiber zu vergeben.

(19)

Die Vergabe von Unteraufträgen kann zu einem effizienteren öffentlichen Personenverkehr beitragen und ermöglicht die Beteiligung weiterer Unternehmen neben dem Betreiber eines öffentlichen Dienstes, der den öffentlichen Dienstleistungsauftrag erhalten hat. Im Hinblick auf eine bestmögliche Nutzung öffentlicher Gelder sollten die zuständigen Behörden jedoch die Bedingungen für die Vergabe von Unteraufträgen bezüglich ihrer öffentlichen Personenverkehrsdienste festlegen können, insbesondere im Falle von Diensten, die von einem internen Betreiber erbracht werden. Ferner sollte es einem Unterauftragnehmer erlaubt sein, an wettbewerblichen Vergabeverfahren im Zuständigkeitsgebiet aller zuständigen Behörden teilzunehmen. Die Auswahl eines Unterauftragnehmers durch die zuständige Behörde oder ihren internen Betreiber muss im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht erfolgen.

(20)

Entscheidet eine Behörde, eine Dienstleistung von allgemeinem Interesse einem Dritten zu übertragen, so muss die Auswahl des Betreibers eines öffentlichen Dienstes unter Einhaltung des für das öffentliche Auftragswesen und Konzessionen geltenden Gemeinschaftsrechts, das sich aus den Artikeln 43 bis 49 des Vertrags ergibt, sowie der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung erfolgen. Insbesondere bleiben die Pflichten der Behörden, die sich aus den Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge ergeben, bei unter jene Richtlinien fallenden öffentlichen Dienstleistungsaufträgen von den Bestimmungen dieser Verordnung unberührt.

(21)

Ein wirksamer Rechtschutz sollte nicht nur für Aufträge gelten, die unter die Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (6) und die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (7) fallen, sondern auch für andere gemäß der vorliegenden Verordnung abgeschlossene Verträge gelten. Es ist ein wirksames Nachprüfungsverfahren erforderlich, das mit den entsprechenden Verfahren gemäß der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (8) bzw. der Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (9) vergleichbar sein sollte.

(22)

Für einige wettbewerbliche Vergabeverfahren müssen die zuständigen Behörden komplexe Systeme festlegen und erläutern. Daher sollten diese Behörden ermächtigt werden, bei der Vergabe von Aufträgen in solchen Fällen die Einzelheiten des Auftrags mit einigen oder allen potenziellen Betreibern eines öffentlichen Dienstes nach Abgabe der Angebote auszuhandeln.

(23)

Ein wettbewerbliches Vergabeverfahren für öffentliche Dienstleistungsaufträge sollte nicht zwingend vorgeschrieben sein, wenn der Auftrag sich auf geringe Summen oder Entfernungen bezieht. In diesem Zusammenhang sollten die zuständigen Behörden in die Lage versetzt werden, bei größeren Summen oder Entfernungen die besonderen Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen zu berücksichtigen. Den zuständigen Behörden sollte es nicht gestattet sein, Aufträge oder Netze aufzuteilen, um so ein wettbewerbliches Vergabeverfahren zu vermeiden.

(24)

Besteht die Gefahr einer Unterbrechung bei der Erbringung von Diensten, sollten die zuständigen Behörden befugt sein, kurzfristig Notmaßnahmen zu ergreifen, bis ein neuer öffentlicher Dienstleistungsauftrag nach den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen vergeben wurde.

(25)

Der öffentliche Schienenpersonenverkehr wirft spezielle Fragen in Bezug auf die Investitionslast und die Infrastrukturkosten auf. Die Kommission hat im März 2004 eine Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (10) vorgeschlagen, damit alle Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft zur Durchführung grenzüberschreitender Personenverkehrsdienste Zugang zur Infrastruktur aller Mitgliedstaaten erhalten. Mit der vorliegenden Verordnung soll ein Rechtsrahmen für die Gewährung einer Ausgleichsleistung und/oder ausschließlicher Rechte für öffentliche Dienstleistungsaufträge geschaffen werden; eine weitere Öffnung des Marktes für Schienenverkehrsdienste ist nicht beabsichtigt.

(26)

Diese Verordnung gibt den zuständigen Behörden im Falle öffentlicher Dienstleistungen die Möglichkeit, auf der Grundlage eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags einen Betreiber für die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste auszuwählen. Angesichts der unterschiedlichen territorialen Organisation der Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht ist es gerechtfertigt, den zuständigen Behörden zu gestatten, öffentliche Dienstleistungsaufträge im Eisenbahnverkehr direkt zu vergeben.

(27)

Die von den zuständigen Behörden gewährten Ausgleichsleistungen zur Deckung der Kosten, die durch die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen verursacht werden, sollten so berechnet werden, dass übermäßige Ausgleichsleistungen vermieden werden. Beabsichtigt eine zuständige Behörde die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren, so sollte sie auch detaillierte Bestimmungen einhalten, mit denen die Angemessenheit der Ausgleichsleistung gewährleistet wird und die der angestrebten Effizienz und Qualität der Dienste Rechnung tragen.

(28)

Die zuständige Behörde und der Betreiber eines öffentlichen Dienstes können beweisen, dass eine übermäßige Ausgleichsleistung vermieden wurde, indem sie allen Auswirkungen der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf die Nachfrage nach öffentlichen Personenverkehrsdiensten in dem im Anhang enthaltenen Berechnungsmodell gebührend Rechnung tragen.

(29)

Hinsichtlich der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge sollten die zuständigen Behörden — außer bei Notmaßnahmen und Aufträgen für geringe Entfernungen — die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um mindestens ein Jahr im Voraus bekannt zu geben, dass sie solche Aufträge zu vergeben beabsichtigen, so dass potenzielle Betreiber eines öffentlichen Dienstes darauf reagieren können.

(30)

Bei direkt vergebenen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen sollte für größere Transparenz gesorgt werden.

(31)

Da die zuständigen Behörden und die Betreiber eines öffentlichen Dienstes Zeit benötigen, um den Bestimmungen dieser Verordnung nachzukommen, sollten Übergangsregelungen vorgesehen werden. Im Hinblick auf eine schrittweise Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge gemäß dieser Verordnung sollten die Mitgliedstaaten der Kommission binnen sechs Monaten nach der ersten Hälfte des Übergangszeitraums einen Fortschrittsbericht vorlegen. Die Kommission kann auf der Grundlage dieser Berichte geeignete Maßnahmen vorschlagen.

(32)

Während des Übergangszeitraums werden die zuständigen Behörden die Bestimmungen dieser Verordnung möglicherweise zu unterschiedlichen Zeitpunkten erstmals anwenden. Daher könnten während dieses Zeitraums Betreiber eines öffentlichen Dienstes aus Märkten, die noch nicht von den Bestimmungen dieser Verordnung betroffen sind, Angebote für öffentliche Dienstleistungsaufträge in Märkten einreichen, die bereits zu einem früheren Zeitpunkt für den kontrollierten Wettbewerb geöffnet wurden. Um mit Hilfe angemessener Maßnahmen eine Unausgewogenheit bei der Öffnung des öffentlichen Verkehrsmarktes zu vermeiden, sollten die zuständigen Behörden in der zweiten Hälfte des Übergangszeitraums die Möglichkeit haben, Angebote von Unternehmen abzulehnen, bei denen mehr als die Hälfte des Wertes der von ihnen erbrachten öffentlichen Verkehrsdienste auf Aufträgen beruht, die nicht im Einklang mit dieser Verordnung vergeben wurden, sofern dies ohne Diskriminierung geschieht und vor Veröffentlichung des wettbewerblichen Vergabeverfahrens beschlossen wird.

(33)

In seinem Urteil vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH (11), hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in den Randnummern 87 bis 95 festgestellt, dass Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen keine Begünstigung im Sinne von Artikel 87 des Vertrags darstellen, sofern vier kumulative Voraussetzungen erfüllt sind. Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, jedoch die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 87 Absatz 1 des Vertrags, stellen die Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen staatliche Beihilfen dar, und es gelten die Artikel 73, 86, 87 und 88 des Vertrags.

(34)

Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen können sich im Bereich des Personenlandverkehrs als erforderlich erweisen, damit die mit öffentlichen Dienstleistungen betrauten Unternehmen gemäß festgelegten Grundsätzen und unter Bedingungen tätig sein können, die ihnen die Erfüllung ihrer Aufgaben ermöglichen. Diese Ausgleichsleistungen können unter bestimmten Voraussetzungen gemäß Artikel 73 des Vertrags mit dem Vertrag vereinbar sein. Zum einen müssen sie gewährt werden, um die Erbringung von Diensten sicherzustellen, die Dienste von allgemeinem Interesse im Sinne des Vertrags sind. Um ungerechtfertigte Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden, darf die Ausgleichsleistung zum anderen nicht den Betrag übersteigen, der notwendig ist, um die Nettokosten zu decken, die durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verursacht werden, wobei den dabei erzielten Einnahmen sowie einem angemessenen Gewinn Rechnung zu tragen ist.

(35)

Die von den zuständigen Behörden in Übereinstimmung mit dieser Verordnung gewährten Ausgleichsleistungen können daher von der Pflicht zur vorherigen Unterrichtung nach Artikel 88 Absatz 3 des Vertrags ausgenommen werden.

(36)

Da die vorliegende Verordnung die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 ersetzt, sollte die genannte Verordnung aufgehoben werden. Die schrittweise Einstellung der von der Kommission nicht genehmigten Ausgleichsleistungen für öffentliche Güterbeförderungsdienste wird durch einen Übergangszeitraum von drei Jahren im Einklang mit den Artikeln 73, 86, 87 und 88 des Vertrags erleichtert werden. Alle anderen durch diese Verordnung nicht erfassten Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste, die staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 des Vertrags beinhalten könnten, sollten den Bestimmungen der Artikel 73, 86, 87 und 88 des Vertrags entsprechen, einschließlich aller einschlägigen Auslegungen durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und insbesondere dessen Entscheidung in der Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH. Bei der Prüfung solcher Fälle sollte die Kommission daher ähnliche Grundsätze anwenden wie die, die in dieser Verordnung oder gegebenenfalls in anderen Rechtsvorschriften für den Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse enthalten sind.

(37)

Der Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 des Rates vom 4. Juni 1970 über Beihilfen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr (12) wird von der vorliegenden Verordnung abgedeckt. Jene Verordnung gilt heute als überholt, da sie die Anwendung von Artikel 73 des Vertrags einschränkt, ohne eine angemessene Rechtsgrundlage für die Zulassung derzeitiger Investitionsregelungen, insbesondere im Hinblick auf Investitionen in Verkehrsinfrastrukturen im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft, zu bieten. Sie sollte daher aufgehoben werden, damit Artikel 73 des Vertrags unbeschadet der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EWG) Nr. 1192/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über gemeinsame Regeln für die Normalisierung der Konten der Eisenbahnunternehmen (13) entsprechend dem ständigen Wandel in dem Sektor angewendet werden kann. Um die Anwendung der einschlägigen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften weiter zu erleichtern, wird die Kommission im Jahr 2007 Leitlinien für staatliche Beihilfen für Eisenbahninvestitionen, einschließlich Infrastrukturinvestitionen, vorschlagen.

(38)

Zur Bewertung der Durchführung dieser Verordnung und der Entwicklungen im öffentlichen Personenverkehr in der Gemeinschaft, insbesondere der Qualität der öffentlichen Personenverkehrsdienste und der Auswirkungen der Direktvergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, sollte die Kommission einen Bericht erstellen. Diesem Bericht können erforderlichenfalls geeignete Vorschläge zur Änderung dieser Verordnung beigefügt werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Zweck und Anwendungsbereich

(1)   Zweck dieser Verordnung ist es, festzulegen, wie die zuständigen Behörden unter Einhaltung des Gemeinschaftsrechts im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs tätig werden können, um die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu gewährleisten, die unter anderem zahlreicher, sicherer, höherwertig oder preisgünstiger sind als diejenigen, die das freie Spiel des Marktes ermöglicht hätte.

Hierzu wird in dieser Verordnung festgelegt, unter welchen Bedingungen die zuständigen Behörden den Betreibern eines öffentlichen Dienstes eine Ausgleichsleistung für die ihnen durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verursachten Kosten und/oder ausschließliche Rechte im Gegenzug für die Erfüllung solcher Verpflichtungen gewähren, wenn sie ihnen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegen oder entsprechende Aufträge vergeben.

(2)   Diese Verordnung gilt für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Personenverkehr mit der Eisenbahn und andere Arten des Schienenverkehrs sowie auf der Straße, mit Ausnahme von Verkehrsdiensten, die hauptsächlich aus Gründen historischen Interesses oder zu touristischen Zwecken betrieben werden. Die Mitgliedstaaten können diese Verordnung auf den öffentlichen Personenverkehr auf Binnenschifffahrtswegen und, unbeschadet der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr zwischen den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (14), auf das Meer innerhalb der Hoheitsgewässer anwenden.

(3)   Diese Verordnung gilt nicht für öffentliche Baukonzessionen im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2004/17/EG oder im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 2004/18/EG.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a)

„öffentlicher Personenverkehr“ Personenbeförderungsleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei und fortlaufend erbracht werden;

b)

„zuständige Behörde“ jede Behörde oder Gruppe von Behörden eines oder mehrerer Mitgliedstaaten, die zur Intervention im öffentlichen Personenverkehr in einem bestimmten geografischen Gebiet befugt ist, oder jede mit einer derartigen Befugnis ausgestattete Einrichtung;

c)

„zuständige örtliche Behörde“ jede zuständige Behörde, deren geografischer Zuständigkeitsbereich sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt;

d)

„Betreiber eines öffentlichen Dienstes“ jedes privat- oder öffentlich-rechtliche Unternehmen oder jede Gruppe von privat- oder öffentlich-rechtlichen Unternehmen, das/die öffentliche Personenverkehrsdienste betreibt, oder eine öffentliche Einrichtung, die öffentliche Personenverkehrsdienste durchführt;

e)

„gemeinwirtschaftliche Verpflichtung“ eine von der zuständigen Behörde festgelegte oder bestimmte Anforderung im Hinblick auf die Sicherstellung von im allgemeinen Interesse liegenden öffentlichen Personenverkehrsdiensten, die der Betreiber unter Berücksichtigung seines eigenen wirtschaftlichen Interesses nicht oder nicht im gleichen Umfang oder nicht zu den gleichen Bedingungen ohne Gegenleistung übernommen hätte;

f)

„ausschließliches Recht“ ein Recht, das einen Betreiber eines öffentlichen Dienstes berechtigt, bestimmte öffentliche Personenverkehrsdienste auf einer bestimmten Strecke oder in einem bestimmten Streckennetz oder Gebiet unter Ausschluss aller anderen solchen Betreiber zu erbringen;

g)

„Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen“ jeden Vorteil, insbesondere finanzieller Art, der mittelbar oder unmittelbar von einer zuständigen Behörde aus öffentlichen Mitteln während des Zeitraums der Erfüllung einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung oder in Verbindung mit diesem Zeitraum gewährt wird;

h)

„Direktvergabe“ die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags an einen bestimmten Betreiber eines öffentlichen Dienstes ohne Durchführung eines vorherigen wettbewerblichen Vergabeverfahrens;

i)

„öffentlicher Dienstleistungsauftrag“ einen oder mehrere rechtsverbindliche Akte, die die Übereinkunft zwischen einer zuständigen Behörde und einem Betreiber eines öffentlichen Dienstes bekunden, diesen Betreiber eines öffentlichen Dienstes mit der Verwaltung und Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten zu betrauen, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegen; gemäß der jeweiligen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten können diese rechtsverbindlichen Akte auch in einer Entscheidung der zuständigen Behörde bestehen:

die die Form eines Gesetzes oder einer Verwaltungsregelung für den Einzelfall haben kann oder

die Bedingungen enthält, unter denen die zuständige Behörde diese Dienstleistungen selbst erbringt oder einen internen Betreiber mit der Erbringung dieser Dienstleistungen betraut;

j)

„interner Betreiber“ eine rechtlich getrennte Einheit, über die eine zuständige örtliche Behörde — oder im Falle einer Gruppe von Behörden wenigstens eine zuständige örtliche Behörde — eine Kontrolle ausübt, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht;

k)

„Wert“ den Wert eines Verkehrsdienstes, einer Strecke, eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags oder einer Ausgleichsregelung des öffentlichen Personenverkehrs, der den Gesamteinnahmen — ohne Mehrwertsteuer — des Betreibers oder der Betreiber eines öffentlichen Dienstes entspricht, einschließlich der Ausgleichsleistung der Behörden gleich welcher Art und aller Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf, die nicht an die betroffene zuständige Behörde abgeführt werden;

l)

„allgemeine Vorschrift“ eine Maßnahme, die diskriminierungsfrei für alle öffentlichen Personenverkehrsdienste derselben Art in einem bestimmten geografischen Gebiet, das im Zuständigkeitsbereich einer zuständigen Behörde liegt, gilt;

m)

„integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste“ Beförderungsleistungen, die innerhalb eines festgelegten geografischen Gebiets im Verbund erbracht werden und für die ein einziger Informationsdienst, eine einzige Fahrausweisregelung und ein einziger Fahrplan besteht.

Artikel 3

Öffentliche Dienstleistungsaufträge und allgemeine Vorschriften

(1)   Gewährt eine zuständige Behörde dem ausgewählten Betreiber ausschließliche Rechte und/oder Ausgleichsleistungen gleich welcher Art für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, so erfolgt dies im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags.

(2)   Abweichend von Absatz 1 können gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von Höchsttarifen für alle Fahrgäste oder bestimmte Gruppen von Fahrgästen auch Gegenstand allgemeiner Vorschriften sein. Die zuständige Behörde gewährt den Betreibern eines öffentlichen Dienstes gemäß den in den Artikeln 4 und 6 und im Anhang festgelegten Grundsätzen eine Ausgleichsleistung für die — positiven oder negativen — finanziellen Auswirkungen auf die Kosten und Einnahmen, die auf die Erfüllung der in den allgemeinen Vorschriften festgelegten tariflichen Verpflichtungen zurückzuführen sind; dabei vermeidet sie eine übermäßige Ausgleichsleistung. Dies gilt ungeachtet des Rechts der zuständigen Behörden, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von Höchsttarifen in öffentliche Dienstleistungsaufträge aufzunehmen.

(3)   Unbeschadet der Artikel 73, 86, 87 und 88 des Vertrags können die Mitgliedstaaten allgemeine Vorschriften über die finanzielle Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die dazu dienen, Höchsttarife für Schüler, Studenten, Auszubildende und Personen mit eingeschränkter Mobilität festzulegen, aus dem Anwendungsbereich dieser Verordnung ausnehmen. Diese allgemeinen Vorschriften sind nach Artikel 88 des Vertrags mitzuteilen. Jede Mitteilung enthält vollständige Informationen über die Maßnahme, insbesondere Einzelheiten zur Berechnungsmethode.

Artikel 4

Obligatorischer Inhalt öffentlicher Dienstleistungsaufträge und allgemeiner Vorschriften

(1)   In den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und den allgemeinen Vorschriften

a)

sind die vom Betreiber eines öffentlichen Dienstes zu erfüllenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und die geografischen Geltungsbereiche klar zu definieren;

b)

sind zuvor in objektiver und transparenter Weise aufzustellen:

i)

die Parameter, anhand deren gegebenenfalls die Ausgleichsleistung berechnet wird, und

ii)

die Art und der Umfang der gegebenenfalls gewährten Ausschließlichkeit;

dabei ist eine übermäßige Ausgleichsleistung zu vermeiden. Bei öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die gemäß Artikel 5 Absätze 2, 4, 5 und 6 vergeben werden, werden diese Parameter so bestimmt, dass die Ausgleichsleistung den Betrag nicht übersteigen kann, der erforderlich ist, um die finanziellen Nettoauswirkungen auf die Kosten und Einnahmen zu decken, die auf die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zurückzuführen sind, wobei die vom Betreiber eines öffentlichen Dienstes erzielten und einbehaltenen Einnahmen und ein angemessener Gewinn berücksichtigt wird;

c)

sind die Durchführungsvorschriften für die Aufteilung der Kosten, die mit der Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung stehen, festzulegen. Diese Kosten können insbesondere Personalkosten, Energiekosten, Infrastrukturkosten, Wartungs- und Instandsetzungskosten für Fahrzeuge des öffentlichen Personenverkehrs, das Rollmaterial und für den Betrieb der Personenverkehrsdienste erforderliche Anlagen sowie die Fixkosten und eine angemessene Kapitalrendite umfassen.

(2)   In den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und den allgemeinen Vorschriften sind die Durchführungsvorschriften für die Aufteilung der Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf festzulegen, die entweder beim Betreiber eines öffentlichen Dienstes verbleiben, an die zuständige Behörde übergehen oder unter ihnen aufgeteilt werden.

(3)   Die öffentlichen Dienstleistungsaufträge sind befristet und haben eine Laufzeit von höchstens zehn Jahren für Busverkehrsdienste und von höchstens 15 Jahren für Personenverkehrsdienste mit der Eisenbahn oder anderen schienengestützten Verkehrsträgern. Die Laufzeit von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die mehrere Verkehrsträger umfassen, ist auf 15 Jahre beschränkt, wenn der Verkehr mit der Eisenbahn oder anderen schienengestützten Verkehrsträgern mehr als 50 % des Werts der betreffenden Verkehrsdienste ausmacht.

(4)   Falls erforderlich kann die Laufzeit des öffentlichen Dienstleistungsauftrags unter Berücksichtigung der Amortisierungsdauer der Wirtschaftsgüter um höchstens 50 % verlängert werden, wenn der Betreiber eines öffentlichen Dienstes einen wesentlichen Anteil der für die Erbringung der Personenverkehrsdienste, die Gegenstand des öffentlichen Dienstleistungsauftrags sind, insgesamt erforderlichen Wirtschaftsgüter bereitstellt und diese vorwiegend an die Personenverkehrsdienste gebunden sind, die von dem Auftrag erfasst werden.

Falls dies durch Kosten, die aus der besonderen geografischen Lage entstehen, gerechtfertigt ist, kann die Laufzeit der in Absatz 3 beschriebenen öffentlichen Dienstleistungsaufträge in den Gebieten in äußerster Randlage um höchstens 50 % verlängert werden.

Falls dies durch die Abschreibung von Kapital in Verbindung mit außergewöhnlichen Investitionen in Infrastruktur, Rollmaterial oder Fahrzeuge gerechtfertigt ist und der öffentliche Dienstleistungsauftrag in einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren vergeben wurde, kann ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag eine längere Laufzeit haben. Zur Gewährleistung der Transparenz in diesem Fall muss die zuständige Behörde der Kommission innerhalb von einem Jahr nach Abschluss des Vertrags den öffentlichen Dienstleistungsauftrag und die Elemente, die seine längere Laufzeit rechtfertigen, übermitteln.

(5)   Unbeschadet des nationalen Rechts und des Gemeinschaftsrechts, einschließlich Tarifverträge zwischen den Sozialpartnern, kann die zuständige Behörde den ausgewählten Betreiber eines öffentlichen Dienstes verpflichten, den Arbeitnehmern, die zuvor zur Erbringung der Dienste eingestellt wurden, die Rechte zu gewähren, auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG erfolgt wäre. Verpflichtet die zuständige Behörde die Betreiber eines öffentlichen Dienstes, bestimmte Sozialstandards einzuhalten, so werden in den Unterlagen des wettbewerblichen Vergabeverfahrens und den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen die betreffenden Arbeitnehmer aufgeführt und transparente Angaben zu ihren vertraglichen Rechten und zu den Bedingungen gemacht, unter denen sie als in einem Verhältnis zu den betreffenden Diensten stehend gelten.

(6)   Verpflichtet die zuständige Behörde die Betreiber eines öffentlichen Dienstes im Einklang mit nationalem Recht dazu, bestimmte Qualitätsstandards einzuhalten, so werden diese Standards in die Unterlagen des wettbewerblichen Vergabeverfahrens und die öffentlichen Dienstleistungsaufträge aufgenommen.

(7)   In den Unterlagen des wettbewerblichen Vergabeverfahrens und den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen ist transparent anzugeben, ob und in welchem Umfang eine Vergabe von Unteraufträgen in Frage kommt. Werden Unteraufträge vergeben, so ist der mit der Verwaltung und Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten nach Maßgabe dieser Verordnung betraute Betreiber verpflichtet, einen bedeutenden Teil der öffentlichen Personenverkehrsdienste selbst zu erbringen. Ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag, der gleichzeitig Planung, Aufbau und Betrieb öffentlicher Personenverkehrsdienste umfasst, kann eine vollständige Übertragung des Betriebs dieser Dienste an Unterauftragnehmer vorsehen. Im öffentlichen Dienstleistungsauftrag werden entsprechend dem nationalen Recht und dem Gemeinschaftsrecht die für eine Vergabe von Unteraufträgen geltenden Bedingungen festgelegt,

Artikel 5

Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge

(1)   Öffentliche Dienstleistungsaufträge werden nach Maßgabe dieser Verordnung vergeben. Dienstleistungsaufträge oder öffentliche Dienstleistungsaufträge gemäß der Definition in den Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen werden jedoch gemäß den in jenen Richtlinien vorgesehenen Verfahren vergeben, sofern die Aufträge nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne jener Richtlinien annehmen. Werden Aufträge nach den Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG vergeben, so sind die Absätze 2 bis 6 des vorliegenden Artikels nicht anwendbar.

(2)   Sofern dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist, kann jede zuständige örtliche Behörde — unabhängig davon, ob es sich dabei um eine einzelne Behörde oder eine Gruppe von Behörden handelt, die integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste anbietet — beschließen, selbst öffentliche Personenverkehrsdienste zu erbringen oder öffentliche Dienstleistungsaufträge direkt an eine rechtlich getrennte Einheit zu vergeben, über die die zuständige örtliche Behörde — oder im Falle einer Gruppe von Behörden wenigstens eine zuständige örtliche Behörde — eine Kontrolle ausübt, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht. Fasst eine zuständige örtliche Behörde diesen Beschluss, so gilt Folgendes:

a)

Um festzustellen, ob die zuständige örtliche Behörde diese Kontrolle ausübt, sind Faktoren zu berücksichtigen, wie der Umfang der Vertretung in Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsgremien, diesbezügliche Bestimmungen in der Satzung, Eigentumsrechte, tatsächlicher Einfluss auf und tatsächliche Kontrolle über strategische Entscheidungen und einzelne Managemententscheidungen. Im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht ist zur Feststellung, dass eine Kontrolle im Sinne dieses Absatzes gegeben ist, — insbesondere bei öffentlich-privaten Partnerschaften — nicht zwingend erforderlich, dass die zuständige Behörde zu 100 % Eigentümer ist, sofern ein beherrschender öffentlicher Einfluss besteht und aufgrund anderer Kriterien festgestellt werden kann, dass eine Kontrolle ausgeübt wird.

b)

Die Voraussetzung für die Anwendung dieses Absatzes ist, dass der interne Betreiber und jede andere Einheit, auf die dieser Betreiber einen auch nur geringfügigen Einfluss ausübt, ihre öffentlichen Personenverkehrsdienste innerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde ausführen — ungeachtet der abgehenden Linien oder sonstiger Teildienste, die in das Zuständigkeitsgebiet benachbarter zuständiger örtlicher Behörden führen — und nicht an außerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde organisierten wettbewerblichen Vergabeverfahren für die Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten teilnehmen.

c)

Ungeachtet des Buchstabens b kann ein interner Betreiber frühestens zwei Jahre vor Ablauf des direkt an ihn vergebenen Auftrags an fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren teilnehmen, sofern endgültig beschlossen wurde, die öffentlichen Personenverkehrsdienste, die Gegenstand des Auftrags des internen Betreibers sind, im Rahmen eines fairen wettbewerblichen Vergabeverfahrens zu vergeben und der interne Betreiber nicht Auftragnehmer anderer direkt vergebener öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist.

d)

Gibt es keine zuständige örtliche Behörde, so gelten die Buchstaben a, b und c für die nationalen Behörden in Bezug auf ein geografisches Gebiet, das sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt, sofern der interne Betreiber nicht an wettbewerblichen Vergabeverfahren für die Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten teilnimmt, die außerhalb des Gebiets, für das der öffentliche Dienstleistungsauftrag erteilt wurde, organisiert werden.

e)

Kommt eine Unterauftragsvergabe nach Artikel 4 Absatz 7 in Frage, so ist der interne Betreiber verpflichtet, den überwiegenden Teil des öffentlichen Personenverkehrsdienstes selbst zu erbringen.

(3)   Werden die Dienste Dritter, die keine internen Betreiber sind, in Anspruch genommen, so müssen die zuständigen Behörden die öffentlichen Dienstleistungsaufträge außer in den in den Absätzen 4, 5 und 6 vorgesehenen Fällen im Wege eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens vergeben. Das für die wettbewerbliche Vergabe angewandte Verfahren muss allen Betreibern offen stehen, fair sein und den Grundsätzen der Transparenz und Nichtdiskriminierung genügen. Nach Abgabe der Angebote und einer eventuellen Vorauswahl können in diesem Verfahren unter Einhaltung dieser Grundsätze Verhandlungen geführt werden, um festzulegen, wie der Besonderheit oder Komplexität der Anforderungen am besten Rechnung zu tragen ist.

(4)   Sofern dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist, können die zuständigen Behörden entscheiden, öffentliche Dienstleistungsaufträge, die entweder einen geschätzten Jahresdurchschnittswert von weniger als 1 000 000 EUR oder eine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 300 000 km aufweisen, direkt zu vergeben.

Im Falle von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die direkt an kleine oder mittlere Unternehmen, die nicht mehr als 23 Fahrzeuge betreiben, vergeben werden, können diese Schwellen entweder auf einen geschätzten Jahresdurchschnittswert von weniger als 2 000 000 EUR oder eine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 600 000 km erhöht werden.

(5)   Die zuständige Behörde kann im Fall einer Unterbrechung des Verkehrsdienstes oder bei unmittelbarer Gefahr des Eintretens einer solchen Situation eine Notmaßnahme ergreifen. Diese Notmaßnahme besteht in der Direktvergabe oder einer förmlichen Vereinbarung über die Ausweitung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags oder einer Auflage, bestimmte gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zu übernehmen. Der Betreiber eines öffentlichen Dienstes hat das Recht, gegen den Beschluss zur Auferlegung der Übernahme bestimmter gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen Widerspruch einzulegen. Die Vergabe oder Ausweitung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags als Notmaßnahme oder die Auferlegung der Übernahme eines derartigen Auftrags ist für längstens zwei Jahre zulässig.

(6)   Sofern dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist, können die zuständigen Behörden entscheiden, öffentliche Dienstleistungsaufträge im Eisenbahnverkehr — mit Ausnahme anderer schienengestützter Verkehrsträger wie Untergrund- oder Straßenbahnen — direkt zu vergeben. Abweichend von Artikel 4 Absatz 3 haben diese Aufträge eine Höchstlaufzeit von zehn Jahren, soweit nicht Artikel 4 Absatz 4 anzuwenden ist.

(7)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die gemäß den Absätzen 2 bis 6 getroffenen Entscheidungen wirksam und rasch auf Antrag einer Person überprüft werden können, die ein Interesse daran hat bzw. hatte, einen bestimmten Auftrag zu erhalten, und die angibt, durch einen Verstoß dieser Entscheidungen gegen Gemeinschaftsrecht oder nationale Vorschriften zur Durchführung des Gemeinschaftsrechts geschädigt zu sein oder geschädigt werden zu können.

Sind die für die Nachprüfungsverfahren zuständigen Stellen keine Gerichte, so sind ihre Entscheidungen stets schriftlich zu begründen. In einem solchem Fall ist ferner zu gewährleisten, dass Beschwerden aufgrund rechtswidriger Handlungen der Nachprüfungsstellen oder aufgrund fehlerhafter Ausübung der diesen übertragenen Befugnisse der gerichtlichen Überprüfung oder der Überprüfung durch andere Stellen, die Gerichte im Sinne von Artikel 234 des Vertrags und unabhängig von der vertragsschließenden Behörde und der Nachprüfungsstellen sind, unterzogen werden können.

Artikel 6

Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen

(1)   Jede Ausgleichsleistung im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift oder einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag entspricht unabhängig von den Vergabemodalitäten den Bestimmungen des Artikels 4. Jede wie auch immer beschaffene Ausgleichsleistung im Zusammenhang mit einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag, der in Übereinstimmung mit Artikel 5 Absätze 2, 4, 5 oder 6 direkt vergeben wurde, oder im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift unterliegt darüber hinaus den Bestimmungen des Anhangs.

(2)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission auf deren schriftliche Aufforderung binnen drei Monaten oder einer anderen in der Aufforderung gesetzten längeren Frist alle Informationen, die diese für erforderlich hält, um festzustellen, ob eine gewährte Ausgleichsleistung mit dieser Verordnung vereinbar ist.

Artikel 7

Veröffentlichung

(1)   Jede zuständige Behörde macht einmal jährlich einen Gesamtbericht über die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die ausgewählten Betreiber eines öffentlichen Dienstes sowie die diesen Betreibern zur Abgeltung gewährten Ausgleichsleistungen und ausschließlichen Rechte öffentlich zugänglich. Dieser Bericht unterscheidet nach Busverkehr und schienengebundenem Verkehr, er muss eine Kontrolle und Beurteilung der Leistungen, der Qualität und der Finanzierung des öffentlichen Verkehrsnetzes ermöglichen und gegebenenfalls Informationen über Art und Umfang der gewährten Ausschließlichkeit enthalten.

(2)   Jede zuständige Behörde ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass spätestens ein Jahr vor Einleitung des wettbewerblichen Vergabeverfahrens oder ein Jahr vor der Direktvergabe mindestens die folgenden Informationen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden:

a)

der Name und die Anschrift der zuständigen Behörde;

b)

die Art des geplanten Vergabeverfahrens;

c)

die von der Vergabe möglicherweise betroffenen Dienste und Gebiete.

Die zuständigen Behörden können beschließen, diese Informationen nicht zu veröffentlichen, wenn der öffentliche Dienstleistungsauftrag eine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 50 000 km aufweist.

Sollten sich diese Informationen nach ihrer Veröffentlichung ändern, so hat die zuständige Behörde so rasch wie möglich eine Berichtigung zu veröffentlichen. Diese Berichtigung erfolgt unbeschadet des Zeitpunkts der Einleitung der Direktvergabe oder des wettbewerblichen Vergabeverfahrens.

Dieser Absatz findet keine Anwendung auf Artikel 5 Absatz 5.

(3)   Bei der Direktvergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen im Eisenbahnverkehr nach Artikel 5 Absatz 6 macht die zuständige Behörde innerhalb eines Jahres nach der Auftragsvergabe folgende Informationen öffentlich zugänglich:

a)

den Namen des Auftraggebers, seine Eigentümer sowie gegebenenfalls den/die Namen der Partei oder Parteien, die eine rechtliche Kontrolle ausübt/ausüben;

b)

die Dauer des öffentlichen Dienstleistungsauftrags;

c)

eine Beschreibung der zu erbringenden Personenverkehrsdienste;

d)

eine Beschreibung der Parameter für die finanzielle Ausgleichsleistung;

e)

Qualitätsziele wie beispielsweise in Bezug auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit und anwendbare Prämien und Sanktionen;

f)

Bedingungen in Bezug auf die wichtigsten Wirtschaftsgüter.

(4)   Die zuständige Behörde übermittelt jeder interessierten Partei auf entsprechenden Antrag ihre Gründe für die Entscheidung über die Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags.

Artikel 8

Übergangsregelung

(1)   Öffentliche Dienstleistungsaufträge werden nach Maßgabe dieser Verordnung vergeben. Dienstleistungsaufträge oder öffentliche Dienstleistungsaufträge gemäß der Definition in den Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen werden jedoch gemäß den in jenen Richtlinien vorgesehenen Verfahren vergeben, sofern die Aufträge nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne jener Richtlinien annehmen. Werden Aufträge nach den Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG vergeben, so sind die Absätze 2 bis 4 des vorliegenden Artikels nicht anwendbar.

(2)   Unbeschadet des Absatzes 3 muss die Vergabe von Aufträgen für den öffentlichen Verkehr auf Schiene und Straße ab 3. Dezember 2019 im Einklang mit Artikel 5 erfolgen. Während dieses Übergangszeitraums treffen die Mitgliedstaaten Maßnahmen, um Artikel 5 schrittweise anzuwenden und ernste strukturelle Probleme insbesondere hinsichtlich der Transportkapazität zu vermeiden.

Binnen sechs Monaten nach der ersten Hälfte des Übergangszeitraums legen die Mitgliedstaaten der Kommission einen Fortschrittsbericht vor, in dem die Umsetzung der schrittweisen Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen im Einklang mit Artikel 5 dargelegt wird. Auf der Grundlage der Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten kann die Kommission den Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen vorschlagen.

(3)   Von Absatz 2 ausgenommen sind öffentliche Dienstleistungsaufträge, die gemäß dem Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht wie folgt vergeben wurden:

a)

vor dem 26. Juli 2000 nach einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren;

b)

vor dem 26. Juli 2000 nach einem anderen Verfahren als einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren;

c)

ab dem 26. Juli 2000 und vor dem 3. Dezember 2009 nach einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren;

d)

ab dem 26. Juli 2000 und vor dem 3. Dezember 2009 nach einem anderen Verfahren als einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren.

Die unter Buchstabe a genannten Aufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben. Die unter den Buchstaben b und c genannten Aufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben, jedoch nicht länger als 30 Jahre. Die unter Buchstabe d genannten Aufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben, sofern ihre Laufzeit begrenzt und mit den Laufzeiten gemäß Artikel 4 vergleichbar ist.

Öffentliche Dienstleistungsaufträge können für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben, wenn ihre Beendigung unangemessene rechtliche oder wirtschaftliche Auswirkungen hätte, vorausgesetzt dass die Kommission der Weiterführung zugestimmt hat.

(4)   Unbeschadet des Absatzes 3 können die zuständigen Behörden während der zweiten Hälfte des in Absatz 2 genannten Übergangszeitraums diejenigen Betreiber eines öffentlichen Dienstes von der Teilnahme an wettbewerblichen Vergabeverfahren ausschließen, die nicht nachweisen können, dass der Wert der öffentlichen Verkehrsdienste, für die sie gemäß dieser Verordnung eine Ausgleichsleistung erhalten oder ausschließliche Rechte genießen, mindestens 50 % des Werts aller von ihnen erbrachten öffentlichen Verkehrsdienste, für die sie eine Ausgleichsleistung erhalten oder ausschließliche Rechte genießen, ausmacht. Betreiber eines öffentlichen Dienstes, die die auszuschreibenden Dienste erbringen, können nicht ausgeschlossen werden. Dieses Kriterium gilt nicht für öffentliche Dienstleistungsaufträge, die als Notmaßnahme gemäß Artikel 5 Absatz 5 vergeben wurden.

Machen die zuständigen Behörden von der in Unterabsatz 1 genannten Möglichkeit Gebrauch, so hat dies ohne Diskriminierung zu erfolgen; in diesem Fall schließen sie alle potenziellen Betreiber eines öffentlichen Dienstes aus, die dieses Kriterium erfüllen, und unterrichten potenzielle Betreiber zu Beginn des Vergabeverfahrens für öffentliche Dienstleistungsaufträge von ihrer Entscheidung.

Die betroffenen zuständigen Behörden teilen der Kommission ihre Absicht, diese Vorschrift anzuwenden, mindestens zwei Monate vor der Veröffentlichung des wettbewerblichen Vergabeverfahrens mit.

Artikel 9

Vereinbarkeit mit dem Vertrag

(1)   Eine gemäß dieser Verordnung gewährte Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen beim Betrieb öffentlicher Personenverkehrsdienste oder für die Einhaltung von in allgemeinen Vorschriften festgelegten tariflichen Verpflichtungen muss mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein. Diese Ausgleichsleistungen sind von der Pflicht zur vorherigen Unterrichtung nach Artikel 88 Absatz 3 des Vertrags befreit.

(2)   Unbeschadet der Artikel 73, 86, 87 und 88 des Vertrags können die Mitgliedstaaten weiterhin andere als die von dieser Verordnung erfassten Beihilfen für den Verkehrssektor nach Artikel 73 des Vertrags gewähren, die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs oder der Abgeltung bestimmter, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes zusammenhängender Leistungen entsprechen, und zwar insbesondere

a)

bis zum Inkrafttreten gemeinsamer Vorschriften über die Zuordnung der Infrastrukturkosten, wenn die Beihilfe Unternehmen gewährt wird, die Kosten für die von ihnen benutzte Infrastruktur zu tragen haben, während andere Unternehmen derartigen Belastungen nicht unterworfen sind. Bei der Festlegung des entsprechenden Beihilfebetrags werden die Infrastrukturkosten berücksichtigt, die konkurrierende Verkehrsträger nicht zu tragen haben;

b)

wenn mit der Beihilfe die Erforschung oder die Entwicklung von für die Gemeinschaft insgesamt wirtschaftlicheren Verkehrssystemen und -technologien gefördert werden soll.

Solche Beihilfen sind auf das Forschungs- und Entwicklungsstadium zu beschränken und dürfen nicht für die kommerzielle Nutzung dieser Verkehrssysteme und -technologien gewährt werden.

Artikel 10

Aufhebung

(1)   Die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 wird aufgehoben. Sie gilt jedoch während eines Zeitraums von drei Jahren nach Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung weiterhin für Güterbeförderungsdienste.

(2)   Die Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 wird aufgehoben.

Artikel 11

Berichte

Die Kommission legt nach Ende des in Artikel 8 Absatz 2 vorgesehenen Übergangszeitraums einen Bericht über die Durchführung dieser Verordnung und über die Entwicklung der Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste in der Gemeinschaft vor, in dem insbesondere die Entwicklung der Qualität der öffentlichen Personenverkehrsdienste und die Auswirkungen der Direktvergabe bewertet werden und dem erforderlichenfalls geeignete Vorschläge zur Änderung dieser Verordnung beigefügt sind.

Artikel 12

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 3. Dezember 2009 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 23. Oktober 2007.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LOBO ANTUNES


(1)  ABl. C 195 vom 18.8.2006, S. 20.

(2)  ABl. C 192 vom 16.8.2006, S. 1.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 14. November 2001 (ABl. C 140 E vom 13.6.2002, S. 262), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 11. Dezember 2006 (ABl. C 70 E vom 27.3.2007, S. 1) und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 10. Mai 2007. Beschluss des Rates vom 18. September 2007.

(4)  ABl. L 156 vom 28.6.1969, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 (ABl. L 169 vom 29.6.1991, S. 1).

(5)  ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 16.

(6)  ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/97/EG des Rates (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 107).

(7)  ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/97/EG.

(8)  ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 33. Geändert durch die Richtlinie 92/50/EWG (ABl. L 209 vom 24.7.1992, S. 1).

(9)  ABl. L 76 vom 23.3.1992, S. 14. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/97/EG (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 107).

(10)  ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/103/EG (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 344).

(11)  Slg. 2003, I-7747.

(12)  ABl. L 130 vom 15.6.1970, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 543/97 (ABl. L 84 vom 26.3.1997, S. 6).

(13)  ABl. L 156 vom 28.6.1969, S. 8. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 1).

(14)  ABl. L 364 vom 12.12.1992, S. 7.


ANHANG

Regeln für die Gewährung einer Ausgleichsleistung in den in Artikel 6 Absatz 1 genannten Fällen

1.

Ausgleichsleistungen im Zusammenhang mit direkt vergebenen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen gemäß Artikel 5 Absätze 2, 4, 5 oder 6 oder Ausgleichsleistungen im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift sind nach den Regeln dieses Anhangs zu berechnen.

2.

Die Ausgleichsleistung darf den Betrag nicht überschreiten, der dem finanziellen Nettoeffekt der Summe aller (positiven oder negativen) Auswirkungen der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen auf die Kosten und Einnahmen des Betreibers eines öffentlichen Dienstes entspricht. Die Auswirkungen werden beurteilt anhand des Vergleichs der Situation bei Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung mit der Situation, die vorläge, wenn die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung nicht erfüllt worden wäre. Für die Berechnung des finanziellen Nettoeffekts geht die zuständige Behörde nach dem folgenden Modell vor:

Kosten, die in Verbindung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung oder einem Paket gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen entstehen, die von einer oder mehreren zuständigen Behörden auferlegt wurden und die in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag und/oder in einer allgemeinen Vorschrift enthalten sind,

abzüglich aller positiven finanziellen Auswirkungen, die innerhalb des Netzes entstehen, das im Rahmen der betreffenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung(en) betrieben wird,

abzüglich Einnahmen aus Tarifentgelten oder aller anderen Einnahmen, die in Erfüllung der betreffenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung(en) erzielt werden,

zuzüglich eines angemessenen Gewinns,

ergeben den finanziellen Nettoeffekt.

3.

Die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung kann Auswirkungen auf mögliche Beförderungstätigkeiten eines Betreibers haben, die über die betreffende(n) gemeinwirtschaftliche(n) Verpflichtung(en) hinausgehen. Zur Vermeidung von übermäßigen oder unzureichenden Ausgleichsleistungen werden daher bei der Berechnung des finanziellen Nettoeffekts alle quantifizierbaren finanziellen Auswirkungen auf die betroffenen Netze des Betreibers berücksichtigt.

4.

Die Berechnung der Kosten und Einnahmen erfolgt anhand der geltenden Rechnungslegungs- und Steuervorschriften.

5.

Führt ein Betreiber eines öffentlichen Dienstes neben den Diensten, die Gegenstand einer Ausgleichsleistung sind und gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegen, auch andere Tätigkeiten aus, so muss die Rechnungslegung für diese öffentlichen Dienste zur Erhöhung der Transparenz und zur Vermeidung von Quersubventionen getrennt erfolgen, wobei zumindest die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

Die Konten für jede dieser betrieblichen Tätigkeiten werden getrennt geführt, und der Anteil der zugehörigen Aktiva sowie die Fixkosten werden gemäß den geltenden Rechnungslegungs- und Steuervorschriften umgelegt.

Alle variablen Kosten, ein angemessener Beitrag zu den Fixkosten und ein angemessener Gewinn im Zusammenhang mit allen anderen Tätigkeiten des Betreibers eines öffentlichen Dienstes dürfen auf keinen Fall der betreffenden öffentlichen Dienstleistung zugerechnet werden.

Die Kosten für die öffentliche Dienstleistung werden durch die Betriebseinnahmen und die Zahlungen staatlicher Behörden ausgeglichen, ohne dass eine Übertragung der Einnahmen in einen anderen Tätigkeitsbereich des Betreibers eines öffentlichen Dienstes möglich ist.

6.

Unter angemessenem Gewinn ist eine in dem betreffenden Sektor in einem bestimmten Mitgliedstaat übliche angemessene Kapitalrendite zu verstehen, wobei das aufgrund des Eingreifens der Behörde vom Betreiber eines öffentlichen Dienstes eingegangene Risiko oder für ihn entfallende Risiko zu berücksichtigen ist.

7.

Das Verfahren zur Gewährung der Ausgleichsleistung muss einen Anreiz geben zur Aufrechterhaltung oder Entwicklung

einer wirtschaftlichen Geschäftsführung des Betreibers eines öffentlichen Dienstes, die objektiv nachprüfbar ist, und

der Erbringung von Personenverkehrsdiensten ausreichend hoher Qualität.


3.12.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 315/14


VERORDNUNG (EG) Nr. 1371/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 23. Oktober 2007

über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags, aufgrund des vom Vermittlungsausschuss am 31. Juli 2007 gebilligten gemeinsamen Entwurfs (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik ist es wichtig, die Nutzerrechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr zu schützen und die Qualität und Effektivität der Schienenpersonenverkehrsdienste zu verbessern, um dazu beizutragen, den Verkehrsanteil der Eisenbahn im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern zu erhöhen.

(2)

In der Mitteilung der Kommission „Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006“ (4) ist das Ziel festgelegt, gemäß Artikel 153 Absatz 2 des Vertrags ein hohes Verbraucherschutzniveau im Bereich des Verkehrs zu erreichen.

(3)

Da der Fahrgast die schwächere Partei eines Beförderungsvertrags ist, sollten seine Rechte in dieser Hinsicht geschützt werden.

(4)

Zu den Rechten der Nutzer von Eisenbahnverkehrsdiensten gehört das Erhalten von Informationen über den Verkehrsdienst sowohl vor als auch während der Fahrt. Wann immer möglich, sollten Eisenbahnunternehmen und Fahrkartenverkäufer diese Informationen im Voraus und so schnell wie möglich bereitstellen.

(5)

Ausführlichere Anforderungen für die Bereitstellung von Reiseinformationen werden in den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) nach der Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Interoperabilität des konventionellen Eisenbahnsystems (5) festgelegt.

(6)

Bei der Stärkung der Rechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollte das bereits bestehende einschlägige internationale Regelwerk im Anhang A — Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (CIV) zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980, geändert durch das Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr vom 3. Juni 1999 (Protokoll 1999) — zugrunde gelegt werden. Es ist jedoch wünschenswert, den Anwendungsbereich dieser Verordnung auszuweiten und nicht nur die Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr, sondern auch die Fahrgäste im inländischen Eisenbahnverkehr zu schützen.

(7)

Die Eisenbahnunternehmen sollten zusammenarbeiten, um den Fahrgästen im Eisenbahnverkehr das Umsteigen zwischen Betreibern dadurch zu erleichtern, dass — wann immer möglich — Durchgangsfahrkarten angeboten werden.

(8)

Die Bereitstellung von Informationen und Fahrkarten für Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollte dadurch erleichtert werden, dass rechnergestützte Systeme an gemeinsamen Spezifikationen ausgerichtet werden.

(9)

Die Weiterentwicklung der Reiseinformations- und Buchungssysteme sollte nach den TSI erfolgen.

(10)

Schienenpersonenverkehrsdienste sollten den Bürgern allgemein zugute kommen. Daher sollten Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität unabhängig davon, ob die Ursache dafür eine Behinderung, das Alter oder andere Faktoren sind, Bahnreisemöglichkeiten haben, die denen anderer Bürger vergleichbar sind. Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität haben das gleiche Recht auf Freizügigkeit, Entscheidungsfreiheit und Nichtdiskriminierung wie alle anderen Bürger. Unter anderem sollte besonders darauf geachtet werden, dass Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität Informationen über die Zugänglichkeit von Eisenbahnverkehrsdiensten, über die Bedingungen für den Zugang zu den Fahrzeugen und über deren Ausstattung erhalten. Damit auch Fahrgäste mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung bestmöglich über Verspätungen unterrichtet werden, sollten gegebenenfalls akustische und optische Systeme genutzt werden. Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität sollten die Möglichkeit haben, Fahrkarten im Zug ohne Aufpreis zu kaufen.

(11)

Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sollten durch die Beachtung der TSI für Personen mit eingeschränkter Mobilität die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und von Personen mit eingeschränkter Mobilität berücksichtigen, so dass entsprechend den für das öffentliche Auftragswesen geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft dafür gesorgt wird, dass die Zugänglichkeit zu allen baulichen Strukturen und zu allen Fahrzeugen durch die schrittweise Beseitigung physischer Hindernisse und funktioneller Behinderungen anlässlich der Anschaffung neuen Materials sowie der Durchführung von Bau- oder umfangreichen Renovierungsarbeiten gewährleistet ist.

(12)

Eisenbahnunternehmen sollten die Pflicht haben, hinsichtlich ihrer Haftung gegenüber Fahrgästen im Eisenbahnverkehr bei Unfällen versichert zu sein oder gleichwertige Vorkehrungen zu treffen. Die Mindestversicherungssumme für Eisenbahnunternehmen sollte künftig überprüft werden.

(13)

Die Stärkung der Rechte auf Entschädigung und Hilfeleistung bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen oder Zugausfällen sollte auf dem Markt für Schienenpersonenverkehrsdienste zu größeren Anreizen zum Nutzen der Fahrgäste führen.

(14)

Es ist wünschenswert, dass durch diese Verordnung ein System für die Entschädigung von Fahrgästen bei Verspätungen geschaffen wird, das mit der Haftung des Eisenbahnunternehmens verknüpft ist und auf der gleichen Grundlage beruht wie das internationale System, das im Rahmen des COTIF, insbesondere in dessen Anhang betreffend die Fahrgastrechte (CIV), besteht.

(15)

Gewährt ein Mitgliedstaat Eisenbahnunternehmen eine Befreiung von dieser Verordnung, sollte er die Eisenbahnunternehmen anhalten, im Benehmen mit den Fahrgastverbänden Maßnahmen zur Entschädigung und Hilfeleistung bei größeren Störungen eines Schienenpersonenverkehrsdienstes zu treffen.

(16)

Es ist auch wünschenswert, für Unfallopfer und ihre Angehörigen kurzfristige finanzielle Härten unmittelbar nach einem Unfall zu mildern.

(17)

Im Interesse der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollten im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die persönliche Sicherheit der Fahrgäste in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten.

(18)

Die Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollten die Möglichkeit haben, hinsichtlich der durch diese Verordnung begründeten Rechte und Pflichten bei jedem beteiligten Eisenbahnunternehmen eine Beschwerde einzureichen, auf die ihnen innerhalb einer angemessenen Frist eine Antwort erteilt werden muss.

(19)

Die Eisenbahnunternehmen sollten Qualitätsstandards für Schienenpersonenverkehrsdienste festlegen, anwenden und überwachen.

(20)

Der Inhalt dieser Verordnung sollte im Hinblick auf die inflationsbezogene Anpassung der darin genannten Beträge sowie die Anforderungen an die Informationsbereitstellung und die Qualität der Verkehrsdienste im Lichte der Marktentwicklungen ebenso überprüft werden wie im Lichte der Auswirkungen der Verordnung auf die Qualität der Verkehrsdienste.

(21)

Diese Verordnung sollte die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (6) unberührt lassen.

(22)

Die Mitgliedstaaten sollten für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen festlegen und die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Sanktionen, zu denen auch die Zahlung einer Entschädigung an die betreffende Person gehören könnte, sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(23)

Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Entwicklung der Eisenbahnen der Gemeinschaft und die Einführung von Fahrgastrechten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(24)

Es ist ein Ziel dieser Verordnung, die Schienenpersonenverkehrsdienste in der Gemeinschaft zu verbessern. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Möglichkeit haben, Ausnahmen für Dienste in Gebieten zu gewähren, bei denen ein erheblicher Teil des Dienstes außerhalb der Gemeinschaft durchgeführt wird.

(25)

In einigen Mitgliedstaaten könnte es für die Eisenbahnunternehmen mit Schwierigkeiten verbunden sein, sämtliche Bestimmungen dieser Verordnung ab ihrem Inkrafttreten anzuwenden. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Möglichkeit haben, vorübergehende Ausnahmen von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf inländische Schienenpersonenverkehrsdienste im Fernverkehr zu gewähren. Die vorübergehende Ausnahme sollte sich jedoch weder auf die Bestimmungen dieser Verordnung erstrecken, die Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität den Zugang zu Bahnreisen gewähren, noch auf das Recht derjenigen, die Bahnfahrkarten kaufen wollen, dies ohne unangemessene Schwierigkeiten zu tun, noch auf die Bestimmungen über die Haftung der Eisenbahnunternehmen im Zusammenhang mit den Reisenden und ihrem Gepäck, das Erfordernis, dass die Unternehmen ausreichend versichert sein müssen, und das Erfordernis, dass diese Unternehmen geeignete Maßnahmen treffen, um die persönliche Sicherheit der Reisenden in Bahnhöfen und Zügen zu gewährleisten und Risiken zu steuern.

(26)

Schienenpersonenverkehrsdienste des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs oder Regionalverkehrs unterscheiden sich ihrer Art nach von Fernverkehrsdiensten. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Möglichkeit haben, Ausnahmen von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung — mit Ausnahme einiger Bestimmungen, die für alle Schienenpersonenverkehrsdienste in der gesamten Gemeinschaft gelten sollten —, für Schienenpersonenverkehrsdienste des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs oder Regionalverkehrs zu gewähren.

(27)

Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (7) erlassen werden.

(28)

Insbesondere sollte die Kommission die Befugnis erhalten, Durchführungsmaßnahmen zu erlassen. Da es sich hierbei um Maßnahmen von allgemeiner Tragweite handelt, die eine Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung oder deren Ergänzung durch Hinzufügung neuer nicht wesentlicher Bestimmungen bewirken, sind diese Maßnahmen nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle des Artikels 5a des Beschlusses 1999/468/EG zu erlassen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINES

Artikel 1

Gegenstand

Diese Verordnung enthält Vorschriften für

a)

die von den Eisenbahnunternehmen bereitzustellenden Informationen, den Abschluss von Beförderungsverträgen, die Ausgabe von Fahrkarten und die Umsetzung eines rechnergestützten Informations- und Buchungssystems für den Eisenbahnverkehr,

b)

die Haftung von Eisenbahnunternehmen und ihre Versicherungspflicht gegenüber den Fahrgästen und deren Gepäck,

c)

die Pflichten von Eisenbahnunternehmen gegenüber den Fahrgästen bei Verspätungen,

d)

den Schutz von und Hilfeleistungen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität,

e)

die Festlegung und Überwachung von Dienstqualitätsnormen, das Risikomanagement für die persönliche Sicherheit der Fahrgäste und die Bearbeitung von Beschwerden, und

f)

allgemeine Durchsetzungsvorschriften.

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Diese Verordnung gilt gemeinschaftsweit für alle Eisenbahnfahrten und -dienstleistungen, die von einem oder mehreren nach der Richtlinie 95/18/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen (8) genehmigten Eisenbahnunternehmen erbracht werden.

(2)   Diese Verordnung gilt nicht für Eisenbahnunternehmen und Beförderungsleistungen, die keine Genehmigung gemäß der Richtlinie 95/18/EG besitzen.

(3)   Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung gelten die Artikel 9, 11, 12 und 19, Artikel 20 Absatz 1 und Artikel 26 gemeinschaftsweit für alle Schienenpersonenverkehrsdienste.

(4)   Mit Ausnahme der in Absatz 3 genannten Bestimmungen kann ein Mitgliedstaat in transparenter und nicht diskriminierender Weise für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren, der zweimal um höchstens fünf Jahre verlängert werden kann, eine Ausnahme von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf inländische Schienenpersonenverkehrsdienste gewähren.

(5)   Mit Ausnahme der in Absatz 3 genannten Bestimmungen kann ein Mitgliedstaat Schienenpersonenverkehrsdienste des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs und Regionalverkehrs von der Anwendung dieser Verordnung ausnehmen. Um zwischen Schienenpersonenverkehrsdiensten des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs und Regionalverkehrs zu unterscheiden, wenden die Mitgliedstaaten die Definitionen an, die in der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (9) vorgesehen sind. Bei der Anwendung dieser Definitionen stützen sich die Mitgliedstaaten auf folgende Kriterien: Entfernung, Häufigkeit der Verkehrsdienste, Anzahl der planmäßigen Halte, eingesetzte Fahrzeuge, Fahrkartenmodelle, Schwankungen der Anzahl der Fahrgäste bei Verkehrsdiensten innerhalb und außerhalb der Hauptverkehrszeiten, Zug-Codes und Fahrpläne.

(6)   Ein Mitgliedstaat kann in transparenter und nicht diskriminierender Weise eine auf höchstens fünf Jahre befristete, aber verlängerbare Ausnahme von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf bestimmte Verkehrsdienste oder Fahrten gewähren, weil ein erheblicher Teil des Verkehrsdienstes, der mindestens einen planmäßigen Bahnhofshalt umfasst, außerhalb der Gemeinschaft betrieben wird.

(7)   Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission von den gemäß den Absätzen 4, 5 und 6 gewährten Ausnahmen in Kenntnis. Die Kommission ergreift die geeigneten Maßnahmen, wenn sie der Auffassung ist, dass eine solche Ausnahme nicht mit diesem Artikel im Einklang steht. Spätestens bis zum 3. Dezember 2014 legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die gemäß den Absätzen 4, 5 und 6 gewährten Ausnahmen vor.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

1.

„Eisenbahnunternehmen“ ein Eisenbahnunternehmen im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 2001/14/EG (10) sowie jedes öffentlich-rechtliche oder private Unternehmen, dessen Tätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss; dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktionsleistung erbringen;

2.

„Beförderer“ das vertragliche Eisenbahnunternehmen, mit dem der Fahrgast den Beförderungsvertrag geschlossen hat, oder eine Reihe aufeinanderfolgender Eisenbahnunternehmen, die auf der Grundlage dieses Vertrags haften;

3.

„ausführender Beförderer“ ein Eisenbahnunternehmen, das mit dem Fahrgast den Beförderungsvertrag nicht geschlossen hat, dem aber das vertragliche Eisenbahnunternehmen die Durchführung der Beförderung auf der Schiene ganz oder teilweise übertragen hat;

4.

„Betreiber der Infrastruktur“ jede Einrichtung oder jedes Unternehmen gemäß Artikel 3 der Richtlinie 91/440/EWG, die bzw. das insbesondere für die Einrichtung und die Unterhaltung der Fahrwege der Eisenbahn oder von Teilen davon zuständig ist; dies kann auch den Betrieb der Steuerungs- und Sicherheitssysteme der Infrastruktur einschließen; mit den bei einem Netz oder einem Teilnetz wahrzunehmenden Aufgaben des Betreibers der Infrastruktur können verschiedene Einrichtungen oder Unternehmen betraut werden;

5.

„Bahnhofsbetreiber“ eine Stelle in einem Mitgliedstaat, der die Verantwortung für die Leitung eines Bahnhofes übertragen wurde und bei der es sich um den Betreiber der Infrastruktur handeln kann;

6.

„Reiseveranstalter“ einen Veranstalter oder Vermittler, der kein Eisenbahnunternehmen ist, im Sinne des Artikels 2 Nummern 2 und 3 der Richtlinie 90/314/EWG (11);

7.

„Fahrkartenverkäufer“ jeden Vermittler von Eisenbahnverkehrsdiensten, der für ein Eisenbahnunternehmen oder für eigene Rechnung Beförderungsverträge schließt und Fahrkarten verkauft;

8.

„Beförderungsvertrag“ einen Vertrag über die entgeltliche oder unentgeltliche Beförderung zwischen einem Eisenbahnunternehmen oder einem Fahrkartenverkäufer und dem Fahrgast über die Durchführung einer oder mehrerer Beförderungsleistungen;

9.

„Buchung“ eine in Papierform oder elektronisch erteilte Beförderungsberechtigung aufgrund einer zuvor bestätigten personenbezogenen Beförderungsvereinbarung;

10.

„Durchgangsfahrkarte“ eine oder mehrere Fahrkarten, die einen Beförderungsvertrag für aufeinanderfolgende durch ein oder mehrere Eisenbahnunternehmen erbrachte Eisenbahnverkehrsdienste belegen;

11.

„inländischer Schienenpersonenverkehrsdienst“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst, bei dem keine Grenze eines Mitgliedstaats überschritten wird;

12.

„Verspätung“ die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft;

13.

„Zeitfahrkarte“ eine für eine unbegrenzte Anzahl von Fahrten gültige Fahrkarte, die es dem berechtigten Inhaber erlaubt, auf einer bestimmten Strecke oder in einem bestimmten Netz während eines festgelegten Zeitraums mit der Eisenbahn zu reisen;

14.

„rechnergestütztes Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr“ ein rechnergestütztes System, das Informationen über alle von Eisenbahnunternehmen angebotenen Eisenbahnverkehrsdienste enthält; zu den im System gespeicherten Informationen über Personenverkehrsdienste gehören

a)

die Fahrpläne der Personenverkehrsdienste;

b)

die Verfügbarkeit von Plätzen auf Personenverkehrsdiensten;

c)

die Tarife und Sonderbedingungen;

d)

die Zugänglichkeit der Züge für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität;

e)

die Möglichkeiten zur Vornahme von Buchungen oder zur Ausstellung von Fahrkarten oder Durchgangsfahrkarten, soweit einige oder alle dieser Möglichkeiten Benutzern zur Verfügung gestellt werden;

15.

„Person mit Behinderungen“ oder „Person mit eingeschränkter Mobilität“ eine Person, deren Mobilität bei der Benutzung von Beförderungsmitteln wegen einer körperlichen (sensorischen oder motorischen, dauerhaften oder zeitweiligen) Behinderung, einer geistigen Behinderung oder Beeinträchtigung, wegen anderer Behinderungen oder aufgrund des Alters eingeschränkt ist und deren Zustand angemessene Unterstützung und eine Anpassung der für alle Fahrgäste bereitgestellten Dienstleistungen an die besonderen Bedürfnisse dieser Person erfordert;

16.

„Allgemeine Beförderungsbedingungen“ die in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Tarifen in jedem Mitgliedstaat rechtsgültigen Bedingungen des Beförderers, die mit Abschluss des Beförderungsvertrages dessen Bestandteil geworden sind;

17.

„Fahrzeug“ Kraftfahrzeuge oder Anhänger, die aus Anlass einer Personenbeförderung befördert werden.

KAPITEL II

BEFÖRDERUNGSVERTRAG, INFORMATIONEN UND FAHRKARTEN

Artikel 4

Beförderungsvertrag

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels unterliegen der Abschluss und die Ausführung eines Beförderungsvertrags sowie die Bereitstellung von Informationen und Fahrkarten den Bestimmungen in Anhang I Titel II und III.

Artikel 5

Fahrräder

Die Eisenbahnunternehmen ermöglichen den Fahrgästen die Mitnahme von Fahrrädern im Zug, gegebenenfalls gegen Entgelt, wenn sie leicht zu handhaben sind, dies den betreffenden Schienenverkehrsdienst nicht beeinträchtigt und in den Fahrzeugen möglich ist.

Artikel 6

Ausschluss des Rechtsverzichts und der Rechtsbeschränkung

(1)   Die Verpflichtungen gegenüber Fahrgästen gemäß dieser Verordnung dürfen — insbesondere durch abweichende oder einschränkende Bestimmungen im Beförderungsvertrag — nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(2)   Die Eisenbahnunternehmen können Vertragsbedingungen anbieten, die für den Fahrgast günstiger sind als die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen.

Artikel 7

Informationspflicht betreffend die Einstellung von Schienenverkehrsdiensten

Eisenbahnunternehmen oder gegebenenfalls die für einen gemeinwirtschaftlichen Vertrag zuständigen Behörden veröffentlichen Beschlüsse über die Einstellung von Schienenverkehrsdiensten auf angemessenem Wege vor deren Umsetzung.

Artikel 8

Reiseinformationen

(1)   Unbeschadet des Artikels 10 erteilen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer, die für ein oder mehrere Eisenbahnunternehmen Beförderungsverträge anbieten, dem Fahrgast auf Anfrage mindestens die in Anhang II Teil I genannten Informationen zu den Fahrten, für die das betreffende Eisenbahnunternehmen einen Beförderungsvertrag anbietet. Fahrkartenverkäufer, die für eigene Rechnung Beförderungsverträge anbieten, und Reiseveranstalter erteilen diese Informationen, soweit sie verfügbar sind.

(2)   Die Eisenbahnunternehmen erteilen dem Fahrgast während der Fahrt mindestens die in Anhang II Teil II genannten Informationen.

(3)   Die Informationen nach den Absätzen 1 und 2 sind in der am besten geeigneten Form zu erteilen. Dabei wird den Bedürfnissen von Menschen mit einer Gehör- und/oder Sehbeeinträchtigung besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Artikel 9

Verfügbarkeit von Fahrkarten, Durchgangsfahrkarten und Buchungen

(1)   Die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer bieten, soweit verfügbar, Fahrkarten, Durchgangsfahrkarten und Buchungen an.

(2)   Unbeschadet des Absatzes 4 bieten die Eisenbahnunternehmen dem Fahrgast über mindestens einen der folgenden Vertriebswege Fahrkarten an:

a)

an Fahrkartenschaltern oder Fahrkartenautomaten,

b)

über das Telefon, das Internet oder jede andere in weitem Umfang verfügbare Informationstechnik,

c)

in den Zügen.

(3)   Unbeschadet der Absätze 4 und 5 bieten die Eisenbahnunternehmen für im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verträge geleistete Verkehrsdienste über mindestens einen der folgenden Vertriebswege Fahrkarten an:

a)

an Fahrkartenschaltern oder Fahrkartenautomaten,

b)

in den Zügen.

(4)   Die Eisenbahnunternehmen bieten die Möglichkeit an, Fahrkarten für den jeweiligen Verkehrsdienst im Zug zu erhalten, sofern dies nicht aus Gründen der Sicherheit, der Betrugsbekämpfung, der Reservierungspflicht oder aus vertretbaren kommerziellen Gründen eingeschränkt oder abgelehnt wird.

(5)   Ist im Abfahrtsbahnhof kein Fahrkartenschalter oder Fahrkartenautomat vorhanden, so werden die Fahrgäste im Bahnhof unterrichtet über

a)

die Möglichkeit, telefonisch, über das Internet oder im Zug eine Fahrkarte zu erwerben, und über die dafür geltenden Verfahren,

b)

den nächsten Bahnhof oder sonstigen Ort, an dem Fahrkartenschalter und/oder Fahrkartenautomaten zur Verfügung stehen.

Artikel 10

Reiseinformations- und Buchungssysteme

(1)   Zur Erteilung von Informationen und zur Ausgabe von Fahrkarten gemäß dieser Verordnung nutzen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer das rechnergestützte Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr, das nach den in diesem Artikel genannten Verfahren eingerichtet wird.

(2)   Die Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) gemäß der Richtlinie 2001/16/EG werden für die Zwecke dieser Verordnung angewendet.

(3)   Die Kommission erlässt bis zum 3. Dezember 2010 auf Vorschlag der Europäischen Eisenbahnagentur die TSI zu den Telematikanwendungen für Fahrgäste. Diese TSI ermöglichen die Erteilung der in Anhang II genannten Informationen und die Ausgabe von Fahrkarten gemäß dieser Verordnung.

(4)   Die Eisenbahnunternehmen passen ihr rechnergestütztes Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr gemäß den in den TSI dargelegten Erfordernissen entsprechend einem in den TSI enthaltenen Einführungsplan an.

(5)   Vorbehaltlich der Richtlinie 95/46/EG dürfen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer keine personenbezogenen Informationen über Einzelbuchungen an andere Eisenbahnunternehmen und/oder Fahrkartenverkäufer weitergeben.

KAPITEL III

HAFTUNG VON EISENBAHNUNTERNEHMEN FÜR FAHRGÄSTE UND DEREN GEPÄCK

Artikel 11

Haftung für Fahrgäste und Gepäck

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels und unbeschadet geltender nationaler Rechtsvorschriften, die Fahrgästen weitergehenden Schadensersatz gewähren, ist die Haftung von Eisenbahnunternehmen in Bezug auf Fahrgäste und deren Gepäck in Anhang I Titel IV Kapitel I, III und IV sowie Titel VI und Titel VII geregelt.

Artikel 12

Versicherung

(1)   Die in Artikel 9 der Richtlinie 95/18/EG festgelegte Pflicht bezüglich der Haftung für Fahrgäste ist als Pflicht eines Eisenbahnunternehmens zu verstehen, ausreichend versichert zu sein oder gleichwertige Vorkehrungen getroffen zu haben, um seine Haftung aufgrund dieser Verordnung zu decken.

(2)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum3. Dezember 2010 einen Bericht über die Festsetzung einer Mindestversicherungssumme für Eisenbahnunternehmen vor. Diesem Bericht werden gegebenenfalls geeignete Vorschläge oder Empfehlungen beigefügt.

Artikel 13

Vorschuss

(1)   Wird ein Fahrgast getötet oder verletzt, so zahlt das gemäß Anhang I Artikel 26 Absatz 5 haftende Eisenbahnunternehmen unverzüglich, spätestens jedoch fünfzehn Tage nach der Feststellung der Identität der entschädigungsberechtigten natürlichen Person einen Vorschuss zur Deckung der unmittelbaren wirtschaftlichen Bedürfnisse, und zwar im Verhältnis zur Schwere des erlittenen Schadens.

(2)   Unbeschadet des Absatzes 1 beläuft sich dieser Vorschuss im Todesfall auf einen Betrag von mindestens 21 000 EUR je Fahrgast.

(3)   Der Vorschuss stellt keine Haftungsanerkennung dar und kann mit später auf der Grundlage dieser Verordnung gezahlten Beträgen verrechnet werden; er kann jedoch nur in den Fällen, in denen der Schaden durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Fahrgasts verursacht wurde, oder in denen die Person, die den Vorschuss erhalten hat, keinen Entschädigungsanspruch hatte, zurückgefordert werden.

Artikel 14

Bestreiten der Haftung

Selbst wenn das Eisenbahnunternehmen bestreitet, für Personenschäden, die einem von ihm beförderten Fahrgast entstanden sind, zu haften, unternimmt es alle zumutbaren Bemühungen zur Unterstützung eines Fahrgastes, der gegenüber Dritten Schadensersatzansprüche geltend macht.

KAPITEL IV

VERSPÄTUNGEN, VERPASSTE ANSCHLÜSSE UND ZUGAUSFÄLLE

Artikel 15

Haftung für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels ist die Haftung der Eisenbahnunternehmen für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle in Anhang I Titel IV Kapitel II geregelt.

Artikel 16

Erstattung oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung

Muss vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bei Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die Verspätung mehr als 60 Minuten betragen wird, so hat der Fahrgast unverzüglich die Wahl zwischen

a)

der Erstattung des vollen Fahrpreises unter den Bedingungen, zu denen er entrichtet wurde, für den Teil oder die Teile der Fahrt, die nicht durchgeführt wurden, und für den Teil oder die Teile, die bereits durchgeführt wurden, wenn die Fahrt nach den ursprünglichen Reiseplänen des Fahrgasts sinnlos geworden ist, gegebenenfalls zusammen mit einer Rückfahrt zum ersten Ausgangspunkt bei nächster Gelegenheit. Die Erstattung erfolgt unter denselben Bedingungen wie die Entschädigung nach Artikel 17;

b)

der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort bei nächster Gelegenheit; oder

c)

der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort zu einem späteren Zeitpunkt nach Wahl des Fahrgasts.

Artikel 17

Fahrpreisentschädigung

(1)   Ohne das Recht auf Beförderung zu verlieren, kann ein Fahrgast bei Verspätungen vom Eisenbahnunternehmen eine Fahrpreisentschädigung verlangen, wenn er zwischen dem auf der Fahrkarte angegebenen Abfahrts- und Zielort eine Verspätung erleidet, für die keine Fahrpreiserstattung nach Artikel 16 erfolgt ist. Die Mindestentschädigung bei Verspätungen beträgt

a)

25 % des Preises der Fahrkarte bei einer Verspätung von 60 bis 119 Minuten;

b)

50 % des Preises der Fahrkarte ab einer Verspätung von 120 Minuten.

Fahrgäste, die eine Zeitfahrkarte besitzen und denen während der Gültigkeitsdauer ihrer Zeitfahrkarte wiederholt Verspätungen oder Zugausfälle widerfahren, können angemessene Entschädigung gemäß den Entschädigungsbedingungen des Eisenbahnunternehmens verlangen. In den Entschädigungsbedingungen werden die Kriterien zur Bestimmung der Verspätung und für die Berechnung der Entschädigung festgelegt.

Die Entschädigung für eine Verspätung wird im Verhältnis zu dem Preis berechnet, den der Fahrgast für den verspäteten Verkehrsdienst tatsächlich entrichtet hat.

Wurde der Beförderungsvertrag für eine Hin- und Rückfahrt abgeschlossen, so wird die Entschädigung für eine entweder auf der Hin- oder auf der Rückfahrt aufgetretene Verspätung auf der Grundlage des halben entrichteten Fahrpreises berechnet. In gleicher Weise wird der Preis für einen verspäteten Verkehrsdienst, der im Rahmen eines sonstigen Beförderungsvertrags mit mehreren aufeinanderfolgenden Teilstrecken angeboten wird, anteilig zum vollen Preis berechnet.

Verspätungen, für die das Eisenbahnunternehmen nachweisen kann, dass sie außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft eingetreten sind, werden bei der Berechnung der Verspätungsdauer nicht berücksichtigt.

(2)   Die Zahlung der Entschädigung erfolgt innerhalb von einem Monat nach Einreichung des Antrags auf Entschädigung. Die Entschädigung kann in Form von Gutscheinen und/oder anderen Leistungen erfolgen, sofern deren Bedingungen (insbesondere bezüglich des Gültigkeitszeitraums und des Zielorts) flexibel sind. Die Entschädigung erfolgt auf Wunsch des Fahrgasts in Form eines Geldbetrags.

(3)   Der Entschädigungsbetrag darf nicht um Kosten der Finanztransaktion wie Gebühren, Telefonkosten oder Porti gekürzt werden. Die Eisenbahnunternehmen dürfen Mindestbeträge festlegen, unterhalb deren keine Entschädigungszahlungen vorgenommen werden. Dieser Mindestbetrag darf höchstens 4 EUR betragen.

(4)   Der Fahrgast hat keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn er bereits vor dem Kauf der Fahrkarte über eine Verspätung informiert wurde oder wenn bei seiner Ankunft am Zielort eine Verspätung aufgrund der Fortsetzung der Reise mit einem anderen Verkehrsdienst oder mit geänderter Streckenführung weniger als 60 Minuten beträgt.

Artikel 18

Hilfeleistung

(1)   Bei einer Verspätung bei der Abfahrt oder der Ankunft sind die Fahrgäste durch das Eisenbahnunternehmen oder den Bahnhofsbetreiber über die Situation und die geschätzte Abfahrts- und Ankunftszeit zu unterrichten, sobald diese Informationen zur Verfügung stehen.

(2)   Bei einer Verspätung nach Absatz 1 von mehr als 60 Minuten ist den Fahrgästen Folgendes kostenlos anzubieten:

a)

Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit, sofern sie im Zug oder im Bahnhof verfügbar oder vernünftigerweise lieferbar sind;

b)

die Unterbringung in einem Hotel oder einer anderweitigen Unterkunft und die Beförderung zwischen dem Bahnhof und der Unterkunft in Fällen, in denen ein Aufenthalt von einer oder mehreren Nächten notwendig wird oder ein zusätzlicher Aufenthalt notwendig wird, sofern dies praktisch durchführbar ist;

c)

ist der Zug auf der Strecke blockiert, die Beförderung vom Zug zum Bahnhof, zu einem alternativen Abfahrtsort oder zum Zielort des Verkehrsdienstes, sofern dies praktisch durchführbar ist.

(3)   Besteht keine Möglichkeit zur Fortsetzung eines Verkehrsdienstes mehr, so organisiert das Eisenbahnunternehmen so rasch wie möglich einen alternativen Beförderungsdienst für die Fahrgäste.

(4)   Die Eisenbahnunternehmen haben auf Anfrage des Fahrgasts auf der Fahrkarte im jeweiligen Fall zu bestätigen, dass der Verkehrsdienst verspätet war, zum Verpassen eines Anschlusses geführt hat oder ausgefallen ist.

(5)   Bei der Anwendung der Absätze 1, 2 und 3 richten die Eisenbahnunternehmen besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie etwaigen Begleitpersonen.

KAPITEL V

PERSONEN MIT BEHINDERUNGEN UND PERSONEN MIT EINGESCHRÄNKTER MOBILITÄT

Artikel 19

Anspruch auf Beförderung

(1)   Die Eisenbahnunternehmen und die Bahnhofsbetreiber stellen unter aktiver Beteiligung der Vertretungsorganisationen von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität nicht diskriminierende Zugangsregeln für die Beförderung von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität auf.

(2)   Buchungen und Fahrkarten werden für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität ohne Aufpreis angeboten. Ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter darf sich nicht weigern, eine Buchung einer Person mit einer Behinderung oder einer Person mit eingeschränkter Mobilität zu akzeptieren oder ihr eine Fahrkarte auszustellen, oder verlangen, dass sie von einer anderen Person begleitet wird, es sei denn, dies ist unbedingt erforderlich, um den in Absatz 1 genannten Zugangsregeln nachzukommen.

Artikel 20

Information von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität

(1)   Auf Anfrage informieren die Eisenbahnunternehmen, die Fahrkatenverkäufer oder die Reiseveranstalter Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität über die Zugänglichkeit der Eisenbahnverkehrsdienste und die Bedingungen für den Zugang zu den Fahrzeugen gemäß den in Artikel 19 Absatz 1 genannten Zugangsregeln und informieren die Personen mit Behinderungen oder die Personen mit eingeschränkter Mobilität über die Ausstattung der Fahrzeuge.

(2)   Macht ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und/oder Reiseveranstalter von der Ausnahmeregelung nach Artikel 19 Absatz 2 Gebrauch, so informiert es/er die betroffene Person mit einer Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität auf Anfrage innerhalb von fünf Werktagen nach der Ablehnung einer Buchung oder der Ausstellung eines Fahrscheins oder der Auflage, von einer anderen Person begleitet zu werden, schriftlich über die entsprechenden Gründe.

Artikel 21

Zugänglichkeit

(1)   Die Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sorgen durch Einhaltung der TSI für Personen mit eingeschränkter Mobilität dafür, dass die Bahnhöfe, die Bahnsteige, die Fahrzeuge und andere Einrichtungen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich sind.

(2)   Ist ein Zug oder ein Bahnhof nicht mit Personal ausgestattet, bemühen sich die Eisenbahnunternehmen und die Bahnhofsbetreiber nach besten Kräften, Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität die Fahrt mit dem Zug zu ermöglichen.

Artikel 22

Hilfeleistung an Bahnhöfen

(1)   Unbeschadet der Zugangsregeln nach Artikel 19 Absatz 1 hat der Bahnhofsbetreiber bei Abfahrt, Umsteigen oder Ankunft einer Person mit einer Behinderung oder einer Person mit eingeschränkter Mobilität in einem mit Personal ausgestatteten Bahnhof für kostenlose Hilfeleistung in einer Weise zu sorgen, dass die Person in den abfahrenden Verkehrsdienst einsteigen, zum Anschlussverkehrsdienst umsteigen und aus dem ankommenden Verkehrsdienst aussteigen kann, für den sie eine Fahrkarte erworben hat.

(2)   Die Mitgliedstaaten können für Personen, die einen Verkehrsdienst nutzen, der Gegenstand eines im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht geschlossenen gemeinwirtschaftlichen Vertrags ist, eine Ausnahme von Absatz 1 vorsehen, sofern die zuständige Behörde alternative Einrichtungen geschaffen oder Regelungen getroffen hat, die eine gleichwertige oder bessere Zugangsmöglichkeit zu den Beförderungsdiensten sicherstellen.

(3)   In einem nicht mit Personal ausgestatteten Bahnhof stellen das Eisenbahnunternehmen und der Bahnhofsbetreiber sicher, dass unter Beachtung der in Artikel 19 Absatz 1 genannten Zugangsregeln leicht zugängliche Informationen über die nächstgelegenen mit Personal ausgestatteten Bahnhöfe und über direkt verfügbare Hilfeleistungen für Personen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität angezeigt werden.

Artikel 23

Hilfeleistung im Zug

Unbeschadet der Zugangsregeln nach Artikel 19 Absatz 1 haben Eisenbahnunternehmen Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität im Zug und während des Ein- und Aussteigens kostenlos Hilfe zu leisten.

Für die Zwecke dieses Artikels gelten als Hilfeleistung im Zug die Bemühungen um Hilfe nach besten Kräften, die einer Person mit einer Behinderung oder einer Person mit eingeschränkter Mobilität geleistet wird, damit diese im Zug Zugang zu denselben Dienstleistungen hat wie die anderen Fahrgäste, wenn die Person aufgrund ihrer Behinderung oder der Einschränkung ihrer Mobilität nicht in der Lage ist, diese Dienstleistung ohne fremde Hilfe und gefahrlos in Anspruch zu nehmen.

Artikel 24

Voraussetzungen für das Erbringen von Hilfeleistungen

Die Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter arbeiten nach Maßgabe der Artikel 22 und 23 und der nachstehenden Buchstaben bei der Hilfeleistung für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zusammen:

a)

Die Hilfeleistung wird unter der Voraussetzung erbracht, dass der Hilfsbedarf einer Person dem Eisenbahnunternehmen, dem Bahnhofsbetreiber oder dem Fahrkartenverkäufer oder dem Reiseveranstalter, bei dem die Fahrkarte erworben wurde, spätestens 48 Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem die Hilfeleistung benötigt wird, gemeldet wurde. Im Falle einer Mehrfahrtenkarte ist eine einzige Meldung ausreichend, sofern geeignete Informationen über den Zeitplan für die nachfolgenden Fahrten vorgelegt werden.

b)

Die Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um Meldungen des Hilfsbedarfs entgegennehmen zu können.

c)

Ist keine Meldung nach Buchstabe a erfolgt, so bemühen sich das Eisenbahnunternehmen und der Bahnhofsbetreiber nach besten Kräften, die Hilfeleistung so zu erbringen, dass die Person mit einer Behinderung oder die Person mit eingeschränkter Mobilität ihre Reise durchführen kann.

d)

Unbeschadet der Zuständigkeiten anderer Einrichtungen für Bereiche, die außerhalb des Bahnhofsgeländes liegen, legt der Bahnhofsbetreiber oder eine andere befugte Person Punkte innerhalb und außerhalb des Bahnhofs fest, an denen Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität ihre Ankunft am Bahnhof melden und gegebenenfalls Hilfe anfordern können.

e)

Eine Hilfeleistung wird dann erbracht, wenn die Person mit einer Behinderung oder die Person mit eingeschränkter Mobilität sich zu dem von dem die Hilfeleistung erbringenden Eisenbahnunternehmen oder Bahnhofsbetreiber festgelegten Zeitpunkt an dem festgelegten Ort einfindet. Der festgelegte Zeitpunkt darf höchstens 60 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrtzeit oder vor dem Zeitpunkt liegen, zu dem alle Fahrgäste ersucht werden, anwesend zu sein. Wenn kein Zeitpunkt festgelegt wurde, zu dem die Person mit einer Behinderung oder die Person mit eingeschränkter Mobilität sich einfinden soll, hat sich diese spätestens 30 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrtzeit oder vor dem Zeitpunkt, zu dem alle Fahrgäste ersucht werden, anwesend zu sein, an dem festgelegten Ort einzufinden.

Artikel 25

Entschädigung für Mobilitätshilfen oder sonstige spezielle Ausrüstungen

Haftet das Eisenbahnunternehmen für den vollständigen oder teilweisen Verlust oder die Beschädigung von Mobilitätshilfen oder sonstigen speziellen Ausrüstungen, die von Personen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität verwendet werden, so gilt keine Haftungsobergrenze.

KAPITEL VI

SICHERHEIT, BESCHWERDEN UND QUALITÄT DER VERKEHRSDIENSTE

Artikel 26

Persönliche Sicherheit der Fahrgäste

Im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen ergreifen das Eisenbahnunternehmen, der Betreiber der Infrastruktur und der Bahnhofsbetreiber in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich geeignete Maßnahmen, um die persönliche Sicherheit der Fahrgäste in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten und Risikomanagement zu betreiben, und passen diese Maßnahmen an das von den staatlichen Stellen festgelegte Sicherheitsniveau an. Sie arbeiten zusammen und tauschen Informationen über bewährte Verfahren zur Verhinderung von Handlungen aus, die das Sicherheitsniveau beeinträchtigen können.

Artikel 27

Beschwerden

(1)   Die Eisenbahnunternehmen richten ein Verfahren zur Beschwerdebearbeitung im Zusammenhang mit den in dieser Verordnung festgelegten Rechten und Pflichten ein. Sie machen den Fahrgästen in weitem Umfang bekannt, wie diese mit der Beschwerdestelle in Verbindung treten können und welche Sprachen ihre Arbeitssprachen sind.

(2)   Der Fahrgast kann seine Beschwerde bei jedem beteiligten Eisenbahnunternehmen einreichen. Der Adressat der Beschwerde gibt innerhalb eines Monats eine mit Gründen versehene Antwort oder teilt — in begründeten Fällen — dem Fahrgast mit, wann innerhalb eines Zeitraums von höchstens drei Monaten ab dem Tag, an dem die Beschwerde vorgebracht wurde, mit einer Antwort zu rechnen ist.

(3)   Das Eisenbahnunternehmen veröffentlicht in seinem in Artikel 28 genannten jährlichen Geschäftsbericht die Zahl und die Art der eingegangenen und der bearbeiteten Beschwerden, die Beantwortungsdauer und durchgeführte Abhilfemaßnahmen.

Artikel 28

Dienstqualitätsnormen

(1)   Die Eisenbahnunternehmen legen Dienstqualitätsnormen fest und wenden ein Qualitätsmanagementsystem zur Aufrechterhaltung der Dienstqualität an. Die Dienstqualitätsnormen haben mindestens die in Anhang III aufgeführten Bereiche abzudecken.

(2)   Die Eisenbahnunternehmen überwachen die eigene Leistung anhand der Dienstqualitätsnormen. Die Eisenbahnunternehmen veröffentlichen jährlich zusammen mit ihrem Geschäftsbericht einen Bericht über die erreichte Dienstqualität. Die Berichte über die Dienstqualität sind auf den Internetseiten der Eisenbahnunternehmen zu veröffentlichen. Sie werden ferner über die Internetseite der Europäischen Eisenbahnagentur zugänglich gemacht.

KAPITEL VII

INFORMATION UND DURCHSETZUNG

Artikel 29

Information der Fahrgäste über ihre Rechte

(1)   Beim Verkauf von Eisenbahnfahrkarten informieren Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber und Reiseveranstalter die Fahrgäste über ihre aus dieser Verordnung erwachsenden Rechte und Pflichten. Um dieser Informationspflicht nachzukommen, können die Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber und Reiseveranstalter eine Zusammenfassung der Bestimmungen dieser Verordnung verwenden, die die Kommission in allen Amtssprachen der Organe der Europäischen Union erstellt und ihnen zur Verfügung stellt.

(2)   Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber unterrichten die Fahrgäste im Bahnhof und im Zug angemessen über die Kontaktdaten der gemäß Artikel 30 von den Mitgliedstaaten benannten Stelle oder Stellen.

Artikel 30

Durchsetzung

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt eine oder mehrere für die Durchsetzung dieser Verordnung zuständige Stellen. Jede dieser Stellen ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Rechte der Fahrgäste gewahrt werden.

Jede Stelle ist in Aufbau, Finanzierung, Rechtsstruktur und Entscheidungsfindung von den Betreibern der Infrastruktur, den Entgelt erhebenden Stellen, den Zuweisungsstellen und den Eisenbahnunternehmen unabhängig.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die gemäß diesem Absatz benannte Stelle oder benannten Stellen und ihre jeweiligen Zuständigkeiten mit.

(2)   Jeder Fahrgast kann bei der geeigneten nach Absatz 1 benannten Stelle oder jeder anderen geeigneten von einem Mitgliedstaat benannten Stelle Beschwerde über einen mutmaßlichen Verstoß gegen diese Verordnung einreichen.

Artikel 31

Zusammenarbeit der Durchsetzungsstellen

Die in Artikel 30 genannten Durchsetzungsstellen tauschen Informationen über ihre Arbeit und Entscheidungsgrundsätze und -praktiken aus, um die Entscheidungsgrundsätze gemeinschaftsweit zu koordinieren. Die Kommission unterstützt sie bei dieser Aufgabe.

KAPITEL VIII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 32

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften und Maßnahmen bis zum 3. Juni 2010 mit und melden ihr spätere Änderungen unverzüglich.

Artikel 33

Anhänge

Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch Änderung der Anhänge dieser Verordnung, mit Ausnahme des Anhangs I, werden nach dem in Artikel 35 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

Artikel 34

Änderungsbestimmungen

(1)   Die zur Durchführung der Artikel 2, 10 und 12 erforderlichen Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 35 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

(2)   Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch inflationsbezogene Anpassung der in ihr genannten Beträge, mit Ausnahme der Beträge in Anhang I, werden nach dem in Artikel 35 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

Artikel 35

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von dem in Artikel 11a der Richtlinie 91/440/EWG eingesetzten Ausschuss unterstützt.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Artikel 36

Berichterstattung

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 3. Dezember 2012 über die Durchführung der Verordnung und deren Ergebnis, insbesondere bezüglich der Dienstqualitätsnormen, Bericht.

Dem Bericht werden die gemäß dieser Verordnung sowie gemäß Artikel 10b der Richtlinie 91/440/EWG erteilten Informationen zugrunde gelegt. Erforderlichenfalls werden dem Bericht geeignete Vorschläge beigefügt.

Artikel 37

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt 24 Monate nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 23. Oktober 2007.

Im Namen des Europäischen

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Parlaments Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LOBO ANTUNES


(1)  ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 8.

(2)  ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 26.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 28. September 2005 (ABl. C 227 E vom 21.9.2006, S. 490), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 24. Juli 2006 (ABl. C 289 E vom 28.11.2006, S. 1), Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 18. Januar 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. September 2007 und Beschluss des Rates vom 26. September 2007.

(4)  ABl. C 137 vom 8.6.2002, S. 2.

(5)  ABl. L 110 vom 20.4.2001, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/32/EG der Kommission (ABl. L 141 vom 2.6.2007, S. 63).

(6)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(7)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Geändert durch den Beschluss 2006/512/EG (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).

(8)  ABl. L 143 vom 27.6.1995, S. 70. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44).

(9)  ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/103/EG (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 344).

(10)  Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/49/EG.

(11)  Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (ABl. L 158 vom 23.6.1990, S. 59).


ANHANG I

Auszug aus den einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (CIV)

Anhang A

zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980, geändert durch das Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr

TITEL II

ABSCHLUSS UND AUSFÜHRUNG DES BEFÖRDERUNGSVERTRAGES

Artikel 6

Beförderungsvertrag

(1)   Durch den Beförderungsvertrag wird der Beförderer verpflichtet, den Reisenden sowie gegebenenfalls Reisegepäck und Fahrzeuge zum Bestimmungsort zu befördern und das Reisegepäck und die Fahrzeuge am Bestimmungsort auszuliefern.

(2)   Der Beförderungsvertrag ist in einem oder mehreren Beförderungsausweisen festzuhalten, die dem Reisenden auszuhändigen sind. Unbeschadet des Artikels 9 berührt jedoch das Fehlen, die Mangelhaftigkeit oder der Verlust des Beförderungsausweises weder den Bestand noch die Gültigkeit des Vertrags, der weiterhin diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt.

(3)   Der Beförderungsausweis dient bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für den Abschluss und den Inhalt des Beförderungsvertrages.

Artikel 7

Beförderungsausweis

(1)   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen bestimmen Form und Inhalt der Beförderungsausweise sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind.

(2)   In den Beförderungsausweis sind mindestens einzutragen:

a)

der Beförderer oder die Beförderer;

b)

die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen;

c)

jede andere Angabe, die notwendig ist, Abschluss und Inhalt des Beförderungsvertrages zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus diesem Vertrag geltend zu machen.

(3)   Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Beförderungsausweises zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.

(4)   Der Beförderungsausweis ist übertragbar, wenn er nicht auf den Namen lautet und die Reise noch nicht angetreten ist.

(5)   Der Beförderungsausweis kann auch in elektronischen Datenaufzeichnungen bestehen, die in lesbare Schriftzeichen umwandelbar sind. Die zur Aufzeichnung und Verarbeitung der Daten verwendeten Verfahren müssen, insbesondere hinsichtlich der Beweiskraft des verkörperten Beförderungsausweises, funktional gleichwertig sein.

Artikel 8

Zahlung und Erstattung des Beförderungspreises

(1)   Soweit zwischen dem Reisenden und dem Beförderer nichts anderes vereinbart ist, ist der Beförderungspreis im Voraus zu zahlen.

(2)   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen die Bedingungen fest, unter denen ein Beförderungspreis zu erstatten ist.

Artikel 9

Berechtigung zur Fahrt. Ausschluss von der Beförderung

(1)   Der Reisende muss vom Beginn der Reise an mit einem gültigen Beförderungsausweis versehen sein und ihn bei der Prüfung der Beförderungsausweise vorzeigen. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können vorsehen,

a)

dass ein Reisender, der keinen gültigen Beförderungsausweis vorzeigt, außer dem Beförderungspreis einen Zuschlag zu zahlen hat;

b)

dass ein Reisender, der die sofortige Zahlung des Beförderungspreises oder des Zuschlages verweigert, von der Beförderung ausgeschlossen werden kann;

c)

ob und unter welchen Bedingungen ein Zuschlag zu erstatten ist.

(2)   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können vorsehen, dass Reisende, die

a)

eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Betriebes oder für die Sicherheit der Mitreisenden darstellen,

b)

die Mitreisenden in unzumutbarer Weise belästigen,

von der Beförderung ausgeschlossen sind oder unterwegs davon ausgeschlossen werden können, und dass diese Personen keinen Anspruch auf Erstattung des Beförderungspreises und der Gepäckfracht haben.

Artikel 10

Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften

Der Reisende hat die zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften zu erfüllen.

Artikel 11

Ausfall und Verspätung eines Zuges. Anschlussversäumnis

Der Beförderer hat gegebenenfalls den Ausfall des Zuges oder das Versäumnis des Anschlusses auf dem Beförderungsausweis zu bescheinigen.

TITEL III

BEFÖRDERUNG VON HANDGEPÄCK, TIEREN, REISEGEPÄCK UND FAHRZEUGEN

Kapitel I

Gemeinsame Bestimmungen

Artikel 12

Zugelassene Gegenstände und Tiere

(1)   Der Reisende darf leicht tragbare Gegenstände (Handgepäck) und lebende Tiere gemäß den Allgemeinen Beförderungsbedingungen mitnehmen. Der Reisende darf darüber hinaus sperrige Gegenstände gemäß den besonderen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen mitnehmen. Gegenstände und Tiere, die andere Reisende behindern oder belästigen oder Schäden verursachen können, dürfen nicht mitgenommen werden.

(2)   Der Reisende kann Gegenstände und Tiere gemäß den Allgemeinen Beförderungsbedingungen als Reisegepäck aufgeben.

(3)   Der Beförderer kann aus Anlass einer Personenbeförderung Fahrzeuge gemäß den besonderen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen zur Beförderung zulassen.

(4)   Die Beförderung gefährlicher Güter als Handgepäck, Reisegepäck sowie in oder auf Fahrzeugen, die gemäß diesem Titel auf der Schiene befördert werden, ist nur gemäß der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) zugelassen.

Artikel 13

Nachprüfung

(1)   Der Beförderer ist berechtigt, bei begründeter Vermutung einer Nichtbeachtung der Beförderungsbedingungen nachzuprüfen, ob die beförderten Gegenstände (Handgepäck, Reisegepäck, Fahrzeuge einschließlich Ladung) und Tiere den Beförderungsbedingungen entsprechen, wenn es die Gesetze und Vorschriften des Staates, in dem die Nachprüfung stattfinden soll, nicht verbieten. Der Reisende ist einzuladen, der Nachprüfung beizuwohnen. Erscheint er nicht oder ist er nicht zu erreichen, so hat der Beförderer zwei unabhängige Zeugen beizuziehen.

(2)   Wird festgestellt, dass die Beförderungsbedingungen nicht beachtet wurden, so kann der Beförderer vom Reisenden die Zahlung der Kosten der Nachprüfung verlangen.

Artikel 14

Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften

Bei der Beförderung von Gegenständen (Handgepäck, Reisegepäck, Fahrzeuge einschließlich Ladung) und Tieren aus Anlass seiner Beförderung hat der Reisende die zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften zu erfüllen. Er hat der Untersuchung dieser Gegenstände beizuwohnen, soweit die Gesetze und Vorschriften jedes Staates keine Ausnahme vorsehen.

Kapitel II

Handgepäck und Tiere

Artikel 15

Beaufsichtigung

Das Handgepäck und mitgenommene Tiere sind vom Reisenden zu beaufsichtigen.

Kapitel III

Reisegepäck

Artikel 16

Gepäckaufgabe

(1)   Die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung von Reisegepäck sind in einem Gepäckschein festzuhalten, der dem Reisenden auszuhändigen ist.

(2)   Unbeschadet des Artikels 22 berührt das Fehlen, die Mangelhaftigkeit oder der Verlust des Gepäckscheins weder den Bestand noch die Gültigkeit der Vereinbarungen über die Beförderung des Reisegepäcks, die weiterhin diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegen.

(3)   Der Gepäckschein dient bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für die Aufgabe des Reisegepäcks und die Bedingungen seiner Beförderung.

(4)   Es wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass das Reisegepäck bei der Übernahme durch den Beförderer äußerlich in gutem Zustande war und dass die Anzahl und die Masse der Gepäckstücke mit den Angaben im Gepäckschein übereinstimmten.

Artikel 17

Gepäckschein

(1)   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen Form und Inhalt des Gepäckscheins sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind, fest. Artikel 7 Absatz 5 gilt entsprechend.

(2)   In den Gepäckschein sind mindestens einzutragen:

a)

der Beförderer oder die Beförderer;

b)

die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen;

c)

jede andere Angabe, die notwendig ist, die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung des Reisegepäcks zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag geltend zu machen.

(3)   Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Gepäckscheins zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.

Artikel 18

Abfertigung und Beförderung

(1)   Soweit die Allgemeinen Beförderungsbedingungen keine Ausnahme vorsehen, wird Reisegepäck nur gegen Vorzeigen eines mindestens bis zum Bestimmungsort des Reisegepäcks gültigen Beförderungsausweises abgefertigt. Im Übrigen erfolgt die Abfertigung des Reisegepäcks nach den am Aufgabeort geltenden Vorschriften.

(2)   Lassen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen die Annahme von Reisegepäck zur Beförderung ohne Vorzeigen eines Beförderungsausweises zu, so gelten hinsichtlich des Reisegepäcks die Bestimmungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften über die Rechte und Pflichten des Reisenden sinngemäß für den Absender von Reisegepäck.

(3)   Der Beförderer kann das Reisegepäck mit einem anderen Zug oder mit einem anderen Beförderungsmittel und über einen anderen Weg befördern, als sie vom Reisenden benutzt werden.

Artikel 19

Zahlung der Gepäckfracht

Ist zwischen dem Reisenden und dem Beförderer nichts anderes vereinbart, ist die Gepäckfracht bei der Aufgabe zu zahlen.

Artikel 20

Kennzeichnung des Reisegepäcks

Der Reisende hat auf jedem Gepäckstück, an gut sichtbarer Stelle, haltbar und deutlich anzugeben:

a)

seinen Namen und seine Anschrift,

b)

den Bestimmungsort.

Artikel 21

Verfügungsrecht über das Reisegepäck

(1)   Wenn es die Umstände gestatten und keine zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften entgegenstehen, kann der Reisende gegen Rückgabe des Gepäckscheins und, wenn es die Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorsehen, gegen Vorzeigen des Beförderungsausweises die Rückgabe des Gepäcks am Aufgabeort verlangen.

(2)   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können andere Bestimmungen betreffend das Verfügungsrecht vorsehen, insbesondere die Änderung des Bestimmungsortes und allfällige damit zusammenhängende Kostenfolgen für den Reisenden.

Artikel 22

Auslieferung

(1)   Das Reisegepäck wird gegen Rückgabe des Gepäckscheins und gegen Zahlung der gegebenenfalls die Sendung belastenden Kosten ausgeliefert.

Der Beförderer ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, nachzuprüfen, ob der Inhaber des Gepäckscheins berechtigt ist, das Reisegepäck in Empfang zu nehmen.

(2)   Der Auslieferung an den Inhaber des Gepäckscheins stehen gleich eine gemäß den am Bestimmungsort geltenden Vorschriften erfolgte

a)

Übergabe des Reisegepäcks an die Zoll- oder Steuerverwaltung in deren Abfertigungs- oder Lagerräumen, wenn diese nicht unter der Obhut des Beförderers stehen,

b)

Übergabe von lebenden Tieren an einen Dritten zur Verwahrung.

(3)   Der Inhaber des Gepäckscheins kann am Bestimmungsort die Auslieferung des Reisegepäcks verlangen, sobald die vereinbarte und die gegebenenfalls zur Abfertigung durch die Zoll- oder sonstigen Verwaltungsbehörden erforderliche Zeit abgelaufen ist.

(4)   Wird der Gepäckschein nicht zurückgegeben, so braucht der Beförderer das Reisegepäck nur demjenigen auszuliefern, der seine Berechtigung nachweist; bei unzureichendem Nachweis kann der Beförderer eine Sicherheitsleistung verlangen.

(5)   Das Reisegepäck ist an dem Bestimmungsort auszuliefern, nach dem es abgefertigt worden ist.

(6)   Der Inhaber des Gepäckscheins, dem das Reisegepäck nicht ausgeliefert wird, kann verlangen, dass ihm auf dem Gepäckschein Tag und Stunde bescheinigt werden, zu denen er die Auslieferung gemäß Absatz 3 verlangt hat.

(7)   Leistet der Beförderer dem Verlangen des Berechtigten, das Reisegepäck in seiner Gegenwart nachzuprüfen, um einen von ihm behaupteten Schaden festzustellen, nicht Folge, so kann der Berechtigte die Annahme des Reisegepäcks verweigern.

(8)   Im Übrigen erfolgt die Auslieferung des Reisegepäcks gemäß den am Bestimmungsort geltenden Vorschriften.

Kapitel IV

Fahrzeuge

Artikel 23

Beförderungsbedingungen

Die besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen insbesondere die Bedingungen für die Annahme zur Beförderung, die Abfertigung, das Verladen und die Beförderung, das Entladen und die Auslieferung sowie die Verpflichtungen des Reisenden fest.

Artikel 24

Beförderungsschein

(1)   Die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung von Fahrzeugen sind in einem Beförderungsschein festzuhalten, der dem Reisenden auszuhändigen ist. Der Beförderungsschein kann Teil des Beförderungsausweises des Reisenden sein.

(2)   Die besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen Form und Inhalt des Beförderungsscheins sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind, fest. Artikel 7 Absatz 5 gilt entsprechend.

(3)   In den Beförderungsschein sind mindestens einzutragen:

a)

der Beförderer oder die Beförderer;

b)

die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen;

c)

jede andere Angabe, die notwendig ist, die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung der Fahrzeuge zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag geltend zu machen.

(4)   Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Beförderungsscheins zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.

Artikel 25

Anwendbares Recht

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels gelten für Fahrzeuge die Bestimmungen des Kapitels III über die Beförderung von Reisegepäck.

TITEL IV

HAFTUNG DES BEFÖRDERERS

Kapitel I

Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden

Artikel 26

Haftungsgrund

(1)   Der Beförderer haftet für den Schaden, der dadurch entsteht, dass der Reisende durch einen Unfall im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb während seines Aufenthaltes in den Eisenbahnwagen oder beim Ein- oder Aussteigen getötet, verletzt oder sonst in seiner körperlichen oder in seiner geistigen Gesundheit beeinträchtigt wird, unabhängig davon, welche Eisenbahninfrastruktur benutzt wird.

(2)   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit,

a)

wenn der Unfall durch außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände verursacht worden ist und der Beförderer diese Umstände trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen nicht abwenden konnte;

b)

soweit der Unfall auf ein Verschulden des Reisenden zurückzuführen ist;

c)

wenn der Unfall auf das Verhalten eines Dritten zurückzuführen ist und der Beförderer dieses Verhalten trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und dessen Folgen nicht abwenden konnte; ein anderes Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, gilt nicht als Dritter; Rückgriffsrechte bleiben unberührt.

(3)   Ist der Unfall auf das Verhalten eines Dritten zurückzuführen und ist der Beförderer gleichwohl von seiner Haftung nicht gemäß Absatz 2 Buchstabe c ganz befreit, so haftet er unter den Beschränkungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften voll, unbeschadet eines etwaigen Rückgriffsrechtes gegen den Dritten.

(4)   Eine etwaige Haftung des Beförderers in den in Absatz 1 nicht vorgesehenen Fällen wird durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften nicht berührt.

(5)   Wird eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Beförderungsvertrages ist, von aufeinanderfolgenden Beförderern ausgeführt, so haftet bei Tötung und Verletzung von Reisenden derjenige Beförderer, der die Beförderungsleistung, bei der sich der Unfall ereignet hat, gemäß Beförderungsvertrag zu erbringen hatte. Wurde diese Beförderungsleistung nicht vom Beförderer, sondern von einem ausführenden Beförderer erbracht, haften beide als Gesamtschuldner nach diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften.

Artikel 27

Schadensersatz bei Tötung

(1)   Bei Tötung des Reisenden umfasst der Schadensersatz:

a)

die infolge des Todes des Reisenden entstandenen notwendigen Kosten, insbesondere für die Überführung und die Bestattung;

b)

bei nicht sofortigem Eintritt des Todes den in Artikel 28 vorgesehenen Schadensersatz.

(2)   Haben durch den Tod des Reisenden Personen, denen gegenüber er kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder zukünftig unterhaltspflichtig geworden wäre, den Versorger verloren, so ist auch für diesen Verlust Ersatz zu leisten. Der Schadensersatzanspruch von Personen, denen der Reisende ohne gesetzliche Verpflichtung Unterhalt gewährt hat, richtet sich nach Landesrecht.

Artikel 28

Schadensersatz bei Verletzung

Bei Verletzung oder sonstiger Beeinträchtigung der körperlichen oder der geistigen Gesundheit des Reisenden umfasst der Schadensersatz:

a)

die notwendigen Kosten, insbesondere für Heilung und Pflege sowie für die Beförderung;

b)

den Vermögensnachteil, den der Reisende durch gänzliche oder teilweise Arbeitsunfähigkeit oder durch eine Vermehrung seiner Bedürfnisse erleidet.

Artikel 29

Ersatz anderer Personenschäden

Ob und inwieweit der Beförderer bei Personenschäden für andere als die in Artikel 27 und 28 vorgesehenen Schäden Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach Landesrecht.

Artikel 30

Form und Höhe des Schadensersatz bei Tötung und Verletzung

(1)   Der in Artikel 27 Absatz 2 und in Artikel 28 Buchstabe b vorgesehene Schadensersatz ist in Form eines Kapitalbetrages zu leisten. Ist jedoch nach Landesrecht die Zuerkennung einer Rente zulässig, so wird der Schadensersatz in dieser Form geleistet, wenn der verletzte Reisende oder die gemäß Artikel 27 Absatz 2 Anspruchsberechtigten die Zahlung einer Rente verlangen.

(2)   Die Höhe des gemäß Absatz 1 zu leistenden Schadensersatzes richtet sich nach Landesrecht. Es gilt jedoch bei Anwendung dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften für jeden Reisenden eine Höchstgrenze von 175 000 Rechnungseinheiten für den Kapitalbetrag oder eine diesem Betrag entsprechende Jahresrente, sofern das Landesrecht eine niedrigere Höchstgrenze vorsieht.

Artikel 31

Andere Beförderungsmittel

(1)   Die Bestimmungen über die Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind, vorbehaltlich des Absatzes 2, nicht auf Schäden anzuwenden, die während einer Beförderung entstehen, die gemäß Beförderungsvertrag nicht auf der Schiene erfolgt.

(2)   Werden jedoch Eisenbahnwagen auf einem Fährschiff befördert, so sind die Bestimmungen über die Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden auf die durch Artikel 26 Absatz 1 und Artikel 33 Absatz 1 erfassten Schäden anzuwenden, die der Reisende durch Unfall im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb während seines Aufenthaltes in diesen Wagen, beim Einsteigen in die Wagen oder beim Aussteigen aus den Wagen erleidet.

(3)   Wenn der Eisenbahnbetrieb infolge außerordentlicher Umstände vorübergehend unterbrochen ist und die Reisenden mit einem anderen Beförderungsmittel befördert werden, haftet der Beförderer gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften.

Kapitel II

Haftung bei Nichteinhaltung des Fahrplans

Artikel 32

Haftung bei Ausfall, Verspätung und Anschlussversäumnis

(1)   Der Beförderer haftet dem Reisenden für den Schaden, der dadurch entsteht, dass die Reise wegen Ausfall, Verspätung oder Versäumnis des Anschlusses nicht am selben Tag fortgesetzt werden kann oder dass unter den gegebenen Umständen eine Fortsetzung am selben Tag nicht zumutbar ist. Der Schadensersatz umfasst die dem Reisenden im Zusammenhang mit der Übernachtung und mit der Benachrichtigung der ihn erwartenden Personen entstandenen angemessenen Kosten.

(2)   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, wenn der Ausfall, die Verspätung oder das Anschlussversäumnis auf eine der folgenden Ursachen zurückzuführen ist:

a)

außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände, die der Beförderer trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte,

b)

Verschulden des Reisenden oder

c)

Verhalten eines Dritten, das der Beförderer trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und dessen Folgen er nicht abwenden konnte; ein anderes Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, gilt nicht als Dritter; Rückgriffsrechte bleiben unberührt.

(3)   Ob und inwieweit der Beförderer für andere als die in Absatz 1 vorgesehenen Schäden Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach Landesrecht. Artikel 44 bleibt unberührt.

Kapitel III

Haftung für Handgepäck, Tiere, Reisegepäck und Fahrzeuge

ABSCHNITT 1

Handgepäck und Tiere

Artikel 33

Haftung

(1)   Bei Tötung und Verletzung von Reisenden haftet der Beförderer auch für den Schaden, der durch gänzlichen oder teilweisen Verlust oder durch Beschädigung von Sachen entsteht, die der Reisende an sich trägt oder als Handgepäck mit sich führt; dies gilt auch für Tiere, die der Reisende mit sich führt. Artikel 26 findet entsprechende Anwendung.

(2)   Im Übrigen haftet der Beförderer für Schäden wegen gänzlichen oder teilweisen Verlusts oder wegen Beschädigung von Sachen, Handgepäck oder Tieren, zu deren Beaufsichtigung der Reisende gemäß Artikel 15 verpflichtet ist, nur dann, wenn den Beförderer ein Verschulden trifft. Die übrigen Artikel des Titels IV, mit Ausnahme des Artikels 51, und der Titel VI finden in diesem Fall keine Anwendung.

Artikel 34

Beschränkung des Schadensersatzes bei Verlust oder Beschädigung von Sachen

Haftet der Beförderer gemäß Artikel 33 Absatz 1, so hat er Schadensersatz bis zu einer Höchstgrenze von 1 400 Rechnungseinheiten für jeden Reisenden zu leisten.

Artikel 35

Ausschluss der Haftung

Der Beförderer haftet dem Reisenden gegenüber nicht für den Schaden, der dadurch entsteht, dass der Reisende seinen Verpflichtungen gemäß den zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften nicht nachgekommen ist.

ABSCHNITT 2

Reisegepäck

Artikel 36

Haftungsgrund

(1)   Der Beförderer haftet für den Schaden, der durch gänzlichen oder teilweisen Verlust oder durch Beschädigung des Reisegepäcks in der Zeit von der Übernahme durch den Beförderer bis zur Auslieferung sowie durch verspätete Auslieferung entsteht.

(2)   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, soweit der Verlust, die Beschädigung oder die verspätete Auslieferung durch ein Verschulden des Reisenden, eine nicht vom Beförderer verschuldete Anweisung des Reisenden, besondere Mängel des Reisegepäcks oder durch Umstände verursacht worden ist, welche der Beförderer nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte.

(3)   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, soweit der Verlust oder die Beschädigung aus der mit einer oder mehreren der folgenden Tatsachen verbundenen besonderen Gefahr entstanden ist:

a)

Fehlen oder Mängel der Verpackung;

b)

natürliche Beschaffenheit des Reisegepäcks;

c)

Aufgabe von Gegenständen als Reisegepäck, die von der Beförderung ausgeschlossen sind.

Artikel 37

Beweislast

(1)   Der Beweis, dass der Verlust, die Beschädigung oder die verspätete Auslieferung durch eine der in Artikel 36 Absatz 2 erwähnten Tatsachen verursacht worden ist, obliegt dem Beförderer.

(2)   Legt der Beförderer dar, dass der Verlust oder die Beschädigung nach den Umständen des Falles aus einer oder mehreren der in Artikel 36 Absatz 3 erwähnten besonderen Gefahren entstehen konnte, so wird vermutet, dass der Schaden daraus entstanden ist. Der Berechtigte hat jedoch das Recht, nachzuweisen, dass der Schaden nicht oder nicht ausschließlich aus einer dieser Gefahren entstanden ist.

Artikel 38

Aufeinanderfolgende Beförderer

Wird eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Beförderungsvertrages ist, von mehreren aufeinanderfolgenden Beförderern durchgeführt, so tritt jeder Beförderer dadurch, dass er das Reisegepäck mit dem Gepäckschein oder das Fahrzeug mit dem Beförderungsschein übernimmt, hinsichtlich der Beförderung von Reisegepäck oder von Fahrzeugen in den Beförderungsvertrag nach Maßgabe des Gepäckscheins oder des Beförderungsscheins ein und übernimmt die sich daraus ergebenden Verpflichtungen. In diesem Falle haftet jeder Beförderer für die Ausführung der Beförderung auf der ganzen Strecke bis zur Auslieferung.

Artikel 39

Ausführender Beförderer

(1)   Hat der Beförderer die Durchführung der Beförderung ganz oder teilweise einem ausführenden Beförderer übertragen, gleichviel, ob er aufgrund des Beförderungsvertrages dazu berechtigt war oder nicht, so bleibt der Beförderer dennoch für die gesamte Beförderung verantwortlich.

(2)   Alle für die Haftung des Beförderers maßgeblichen Bestimmungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften gelten auch für die Haftung des ausführenden Beförderers für die von ihm durchgeführte Beförderung. Artikel 48 und Artikel 52 sind anzuwenden, wenn ein Anspruch gegen die Bediensteten und anderen Personen, deren sich der ausführende Beförderer bei der Durchführung der Beförderung bedient, geltend gemacht wird.

(3)   Eine besondere Vereinbarung, wonach der Beförderer Verpflichtungen übernimmt, die ihm nicht durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften auferlegt werden, oder auf Rechte verzichtet, die ihm durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften gewährt werden, berührt den ausführenden Beförderer nur, wenn er dem ausdrücklich schriftlich zugestimmt hat. Unabhängig davon, ob der ausführende Beförderer eine solche Zustimmung erklärt hat, bleibt der Beförderer an die sich aus einer solchen besonderen Vereinbarung ergebenden Verpflichtungen oder Verzichtserklärungen gebunden.

(4)   Wenn und soweit sowohl der Beförderer als auch der ausführende Beförderer haften, haften sie als Gesamtschuldner.

(5)   Der Gesamtbetrag der Entschädigung, der von dem Beförderer, dem ausführenden Beförderer sowie ihren Bediensteten und anderen Personen, deren sie sich bei der Durchführung der Beförderung bedienen, erlangt werden kann, übersteigt nicht die in diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Höchstbeträge.

(6)   Dieser Artikel lässt die Rechte des Beförderers und des ausführenden Beförderers, untereinander Rückgriff zu nehmen, unberührt.

Artikel 40

Vermutung für den Verlust

(1)   Der Berechtigte kann ein Gepäckstück ohne weiteren Nachweis als verloren betrachten, wenn es nicht binnen 14 Tagen, nachdem seine Auslieferung gemäß Artikel 22 Absatz 3 verlangt wurde, ausgeliefert oder zu seiner Verfügung bereitgestellt worden ist.

(2)   Wird ein für verloren gehaltenes Gepäckstück binnen einem Jahr nach dem Verlangen auf Auslieferung wieder aufgefunden, so hat der Beförderer den Berechtigten zu benachrichtigen, wenn seine Anschrift bekannt ist oder sich ermitteln lässt.

(3)   Der Berechtigte kann binnen 30 Tagen nach Empfang der Nachricht gemäß Absatz 2 verlangen, dass ihm das Gepäckstück ausgeliefert wird. In diesem Fall hat er die Kosten für die Beförderung des Gepäckstückes vom Aufgabeort bis zum Ort zu zahlen, an dem das Gepäckstück ausgeliefert wird, und die erhaltene Entschädigung, gegebenenfalls abzüglich der in dieser Entschädigung enthaltenen Kosten, zurückzuzahlen. Er behält jedoch seine Ansprüche auf Entschädigung wegen verspäteter Auslieferung gemäß Artikel 43.

(4)   Wird das wiederaufgefundene Gepäckstück nicht binnen der in Absatz 3 vorgesehenen Frist zurückverlangt oder wird es später als ein Jahr nach dem Verlangen auf Auslieferung wiederaufgefunden, so verfügt der Beförderer darüber gemäß den am Ort, an dem sich das Gepäckstück befindet, geltenden Gesetzen und Vorschriften.

Artikel 41

Entschädigung bei Verlust

(1)   Bei gänzlichem oder teilweisem Verlust des Reisegepäcks hat der Beförderer ohne weiteren Schadensersatz zu zahlen:

a)

wenn die Höhe des Schadens nachgewiesen ist, eine Entschädigung in dieser Höhe, die jedoch 80 Rechnungseinheiten je fehlendes Kilogramm Bruttomasse oder 1 200 Rechnungseinheiten je Gepäckstück nicht übersteigt;

b)

wenn die Höhe des Schadens nicht nachgewiesen ist, eine Pauschalentschädigung von 20 Rechnungseinheiten je fehlendes Kilogramm Bruttomasse oder von 300 Rechnungseinheiten je Gepäckstück.

Die Art der Entschädigung, je fehlendes Kilogramm oder je Gepäckstück, wird in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen festgelegt.

(2)   Der Beförderer hat außerdem Gepäckfracht und sonstige im Zusammenhang mit der Beförderung des verlorenen Gepäckstückes gezahlte Beträge sowie bereits entrichtete Zölle und Verbrauchsabgaben zu erstatten.

Artikel 42

Entschädigung bei Beschädigung

(1)   Bei Beschädigung des Reisegepäcks hat der Beförderer ohne weiteren Schadensersatz eine Entschädigung zu zahlen, die der Wertminderung des Reisegepäcks entspricht.

(2)   Die Entschädigung übersteigt nicht,

a)

wenn das gesamte Reisegepäck durch die Beschädigung entwertet ist, den Betrag, der bei gänzlichem Verlust zu zahlen wäre;

b)

wenn nur ein Teil des Reisegepäcks durch die Beschädigung entwertet ist, den Betrag, der bei Verlust des entwerteten Teiles zu zahlen wäre.

Artikel 43

Entschädigung bei verspäteter Auslieferung

(1)   Bei verspäteter Auslieferung des Reisegepäcks hat der Beförderer für je angefangene 24 Stunden seit dem Verlangen auf Auslieferung, höchstens aber für 14 Tage, zu zahlen:

a)

wenn der Berechtigte nachweist, dass daraus ein Schaden, einschließlich einer Beschädigung, entstanden ist, eine Entschädigung in der Höhe des Schadens bis zu einem Höchstbetrag von 0,80 Rechnungseinheiten je Kilogramm Bruttomasse oder von 14 Rechnungseinheiten je Stück des verspätet ausgelieferten Reisegepäcks;

b)

wenn der Berechtigte nicht nachweist, dass daraus ein Schaden entstanden ist, eine Pauschalentschädigung von 0,14 Rechnungseinheiten je Kilogramm Bruttomasse oder von 2,80 Rechnungseinheiten je Stück des verspätet ausgelieferten Reisegepäcks.

Die Art der Entschädigung, je Kilogramm oder je Gepäckstück, wird in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen festgelegt.

(2)   Bei gänzlichem Verlust des Reisegepäcks wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 nicht neben der Entschädigung gemäß Artikel 41 geleistet.

(3)   Bei teilweisem Verlust des Reisegepäcks wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 für den nicht verlorenen Teil geleistet.

(4)   Bei einer Beschädigung des Reisegepäcks, die nicht Folge der verspäteten Auslieferung ist, wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 gegebenenfalls neben der Entschädigung gemäß Artikel 42 geleistet.

(5)   In keinem Fall ist die Entschädigung gemäß Absatz 1 zuzüglich der Entschädigungen gemäß Artikel 41 und 42 insgesamt höher als die Entschädigung bei gänzlichem Verlust des Reisegepäcks.

ABSCHNITT 3

Fahrzeuge

Artikel 44

Entschädigung bei Verspätung

(1)   Wird ein Fahrzeug aus einem vom Beförderer zu vertretenden Umstand verspätet verladen oder wird es verspätet ausgeliefert, so hat der Beförderer, wenn der Berechtigte nachweist, dass daraus ein Schaden entstanden ist, eine Entschädigung zu zahlen, deren Betrag den Beförderungspreis nicht übersteigt.

(2)   Ergibt sich bei der Verladung aus einem vom Beförderer zu vertretenden Umstand eine Verspätung und verzichtet der Berechtigte deshalb auf die Durchführung des Beförderungsvertrages, so wird ihm der Beförderungspreis erstattet. Weist er nach, dass aus dieser Verspätung ein Schaden entstanden ist, so kann er außerdem eine Entschädigung verlangen, deren Betrag den Beförderungspreis nicht übersteigt.

Artikel 45

Entschädigung bei Verlust

Bei gänzlichem oder teilweisem Verlust eines Fahrzeugs wird die dem Berechtigten für den nachgewiesenen Schaden zu zahlende Entschädigung nach dem Zeitwert des Fahrzeugs berechnet. Sie beträgt höchstens 8 000 Rechnungseinheiten. Ein Anhänger gilt mit oder ohne Ladung als ein selbstständiges Fahrzeug.

Artikel 46

Haftung hinsichtlich anderer Gegenstände

(1)   Hinsichtlich der im Fahrzeug untergebrachten Gegenstände oder der Gegenstände, die sich in Behältnissen (z. B. Gepäckbehältern oder Skiboxen) befinden, die fest am Fahrzeug angebracht sind, haftet der Beförderer nur für Schäden, die auf sein Verschulden zurückzuführen sind. Die Gesamtentschädigung beträgt höchstens 1 400 Rechnungseinheiten.

(2)   Für Gegenstände, die außen am Fahrzeug befestigt sind, einschließlich der Behältnisse gemäß Absatz 1, haftet der Beförderer nur, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung des Beförderers zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

Artikel 47

Anwendbares Recht

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Fahrzeuge die Bestimmungen des Abschnitts 2 über die Haftung für Reisegepäck.

Kapitel IV

Gemeinsame Bestimmungen

Artikel 48

Verlust des Rechtes auf Haftungsbeschränkung

Die in diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Haftungsbeschränkungen sowie die Bestimmungen des Landesrechtes, die den Schadensersatz auf einen festen Betrag begrenzen, finden keine Anwendung, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung des Beförderers zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

Artikel 49

Umrechnung und Verzinsung

(1)   Müssen bei der Berechnung der Entschädigung in ausländischer Währung ausgedrückte Beträge umgerechnet werden, so sind sie nach dem Kurs am Tag und am Ort der Zahlung der Entschädigung umzurechnen.

(2)   Der Berechtigte kann auf die Entschädigung Zinsen in Höhe von fünf Prozent jährlich beanspruchen, und zwar vom Tag der Reklamation gemäß Artikel 55 oder, wenn keine Reklamation vorangegangen ist, vom Tag der Klageerhebung an.

(3)   Für Entschädigungen gemäß Artikel 27 und 28 laufen jedoch die Zinsen erst von dem Tag an, an dem die für die Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgebenden Umstände eingetreten sind, wenn dieser Tag später liegt als derjenige der Reklamation oder der Klageerhebung.

(4)   Bei Reisegepäck können die Zinsen nur beansprucht werden, wenn die Entschädigung 16 Rechnungseinheiten je Gepäckschein übersteigt.

(5)   Legt der Berechtigte dem Beförderer bei Reisegepäck die zur abschließenden Behandlung der Reklamation erforderlichen Belege nicht innerhalb einer ihm gestellten angemessenen Frist vor, so ist der Lauf der Zinsen vom Ablauf dieser Frist an bis zur Übergabe dieser Belege gehemmt.

Artikel 50

Haftung bei nuklearem Ereignis

Der Beförderer ist von der ihm gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften obliegenden Haftung befreit, wenn der Schaden durch ein nukleares Ereignis verursacht worden ist und wenn gemäß den Gesetzen und Vorschriften eines Staates über die Haftung auf dem Gebiet der Kernenergie der Inhaber einer Kernanlage oder eine ihm gleichgestellte Person für diesen Schaden haftet.

Artikel 51

Personen, für die der Beförderer haftet

Der Beförderer haftet für seine Bediensteten und für andere Personen, deren er sich bei der Durchführung der Beförderung bedient, soweit diese Bediensteten und anderen Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Die Betreiber der Eisenbahninfrastruktur, auf der die Beförderung erfolgt, gelten als Personen, deren sich der Beförderer bei der Durchführung der Beförderung bedient.

Artikel 52

Sonstige Ansprüche

(1)   In allen Fällen, auf die diese Einheitlichen Rechtsvorschriften Anwendung finden, kann gegen den Beförderer ein Anspruch auf Schadensersatz, auf welchem Rechtsgrund er auch beruht, nur unter den Voraussetzungen und Beschränkungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften geltend gemacht werden.

(2)   Das Gleiche gilt für Ansprüche gegen die Bediensteten und anderen Personen, für die der Beförderer gemäß Artikel 51 haftet.

TITEL V

HAFTUNG DES REISENDEN

Artikel 53

Besondere Haftungsgründe

Der Reisende haftet dem Beförderer für jeden Schaden,

a)

der dadurch entsteht, dass er seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, die sich für ihn ergeben

1.

aus den Artikeln 10, 14 und 20,

2.

aus den besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen oder

3.

aus der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID), oder

b)

der durch Gegenstände oder Tiere verursacht wird, die er mitnimmt,

sofern er nicht beweist, dass der Schaden auf Umstände zurückzuführen ist, die er trotz Anwendung der von einem gewissenhaften Reisenden geforderten Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. Diese Bestimmung berührt nicht die Haftung des Beförderers nach Artikel 26 und 33 Absatz 1.

TITEL VI

GELTENDMACHUNG VON ANSPRÜCHEN

Artikel 54

Feststellung eines teilweisen Verlustes oder einer Beschädigung

(1)   Wird ein teilweiser Verlust oder eine Beschädigung eines unter der Obhut des Beförderers beförderten Gegenstandes (Reisegepäck, Fahrzeug) vom Beförderer entdeckt oder vermutet oder vom Berechtigten behauptet, so hat der Beförderer je nach Art des Schadens den Zustand des Gegenstandes und, soweit möglich, das Ausmaß und die Ursache des Schadens sowie den Zeitpunkt seines Entstehens unverzüglich und, wenn möglich, in Gegenwart des Berechtigten in einer Tatbestandsaufnahme festzuhalten.

(2)   Dem Berechtigten ist eine Abschrift der Tatbestandsaufnahme unentgeltlich auszuhändigen.

(3)   Erkennt der Berechtigte die Feststellungen in der Tatbestandsaufnahme nicht an, so kann er verlangen, dass der Zustand des Reisegepäcks oder des Fahrzeugs sowie die Ursache und der Betrag des Schadens von einem durch die Parteien des Beförderungsvertrages oder ein Gericht bestellten Sachverständigen festgestellt werden. Das Verfahren richtet sich nach den Gesetzen und Vorschriften des Staates, in dem die Feststellung erfolgt.

Artikel 55

Reklamationen

(1)   Reklamationen betreffend die Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind schriftlich an den Beförderer zu richten, gegen den Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können. Im Falle einer Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrags war und von aufeinanderfolgenden Beförderern ausgeführt wurde, können Reklamationen auch an den ersten oder letzten Beförderer sowie an den Beförderer gerichtet werden, der im Staat des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes des Reisenden seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch die der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist.

(2)   Die anderen Reklamationen aus dem Beförderungsvertrag sind schriftlich an den in Artikel 56 Absätze 2 und 3 genannten Beförderer zu richten.

(3)   Die Belege, die der Berechtigte der Reklamation beigeben will, sind im Original oder in Abschrift, auf Verlangen des Beförderers in gehörig beglaubigter Form, vorzulegen. Bei der Regelung der Reklamation kann der Beförderer die Rückgabe des Beförderungsausweises, des Gepäckscheins und des Beförderungsscheins verlangen.

Artikel 56

Beförderer, gegen die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können

(1)   Schadensersatzansprüche aufgrund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden können nur gegen einen gemäß Artikel 26 Absatz 5 haftbaren Beförderer gerichtlich geltend gemacht werden.

(2)   Vorbehaltlich des Absatzes 4 können sonstige Ansprüche des Reisenden aufgrund des Beförderungsvertrages nur gegen den ersten, den letzten oder denjenigen Beförderer geltend gemacht werden, der den Teil der Beförderung ausgeführt hat, in dessen Verlauf die den Anspruch begründende Tatsache eingetreten ist.

(3)   Ist bei Beförderungen durch aufeinanderfolgende Beförderer der zur Auslieferung verpflichtete Beförderer mit seiner Zustimmung im Gepäckschein oder im Beförderungsschein eingetragen, können Ansprüche gemäß Absatz 2 auch dann gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden, wenn er das Gepäck nicht erhalten oder das Fahrzeug nicht übernommen hat.

(4)   Ansprüche auf Erstattung von Beträgen, die aufgrund des Beförderungsvertrages gezahlt worden sind, können gegen den Beförderer gerichtlich geltend gemacht werden, der den Betrag erhoben hat, oder gegen den Beförderer, zu dessen Gunsten der Betrag erhoben worden ist.

(5)   Im Wege der Widerklage oder der Einrede können Ansprüche auch gegen einen anderen als die in den Absätzen 2 und 4 genannten Beförderer geltend gemacht werden, wenn sich die Klage auf denselben Beförderungsvertrag gründet.

(6)   Soweit diese Einheitlichen Rechtsvorschriften auf den ausführenden Beförderer Anwendung finden, können die Ansprüche auch gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden.

(7)   Hat der Kläger die Wahl unter mehreren Beförderern, so erlischt sein Wahlrecht, sobald die Klage gegen einen der Beförderer erhoben ist; dies gilt auch, wenn der Kläger die Wahl zwischen einem oder mehreren Beförderern und einem ausführenden Beförderer hat.

Artikel 58

Erlöschen der Ansprüche bei Tötung und Verletzung

(1)   Alle Ansprüche des Berechtigten aufgrund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind erloschen, wenn er den Unfall des Reisenden nicht spätestens zwölf Monate, nachdem er vom Schaden Kenntnis erlangt hat, einem der Beförderer anzeigt, bei denen die Reklamation gemäß Artikel 55 Absatz 1 eingereicht werden kann. Zeigt der Berechtigte dem Beförderer den Unfall mündlich an, so hat dieser ihm über die mündliche Anzeige eine Bestätigung auszustellen.

(2)   Die Ansprüche erlöschen jedoch nicht, wenn

a)

der Berechtigte innerhalb der in Absatz 1 vorgesehenen Frist eine Reklamation an einen der in Artikel 55 Absatz 1 genannten Beförderer gerichtet hat;

b)

der haftbare Beförderer innerhalb der in Absatz 1 vorgesehenen Frist auf andere Weise vom Unfall des Reisenden Kenntnis erhalten hat;

c)

infolge von Umständen, die dem Berechtigten nicht zuzurechnen sind, der Unfall nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt worden ist;

d)

der Berechtigte nachweist, dass der Unfall durch ein Verschulden des Beförderers verursacht worden ist.

Artikel 59

Erlöschen der Ansprüche bei Beförderung von Reisegepäck

(1)   Mit der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten sind alle Ansprüche gegen den Beförderer aus dem Beförderungsvertrag bei teilweisem Verlust, Beschädigung oder verspäteter Auslieferung erloschen.

(2)   Die Ansprüche erlöschen jedoch nicht:

a)

bei teilweisem Verlust oder bei Beschädigung, wenn

1.

der Verlust oder die Beschädigung vor der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten gemäß Artikel 54 festgestellt worden ist;

2.

die Feststellung, die gemäß Artikel 54 hätte erfolgen müssen, nur durch Verschulden des Beförderers unterblieben ist;

b)

bei äußerlich nicht erkennbarem Schaden, der erst nach der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten festgestellt worden ist, wenn er

1.

die Feststellung gemäß Artikel 54 sofort nach der Entdeckung des Schadens und spätestens drei Tage nach der Annahme des Reisegepäcks verlangt und

2.

außerdem beweist, dass der Schaden in der Zeit zwischen der Übernahme durch den Beförderer und der Auslieferung entstanden ist;

c)

bei verspäteter Auslieferung, wenn der Berechtigte binnen 21 Tagen seine Rechte gegen einen der in Artikel 56 Absatz 3 genannten Beförderer geltend gemacht hat;

d)

wenn der Berechtigte nachweist, dass der Schaden auf ein Verschulden des Beförderers zurückzuführen ist.

Artikel 60

Verjährung

(1)   Schadensersatzansprüche aufgrund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden verjähren:

a)

Ansprüche des Reisenden: in drei Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Unfall;

b)

Ansprüche der anderen Berechtigten: in drei Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Tod des Reisenden, spätestens aber in fünf Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Unfall.

(2)   Andere Ansprüche aus dem Beförderungsvertrag verjähren in einem Jahr. Die Verjährungsfrist beträgt jedoch zwei Jahre bei Ansprüchen wegen eines Schadens, der auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

(3)   Die Verjährung gemäß Absatz 2 beginnt bei Ansprüchen

a)

auf Entschädigung wegen gänzlichen Verlustes mit dem vierzehnten Tag nach Ablauf der Frist gemäß Artikel 22 Absatz 3;

b)

auf Entschädigung wegen teilweisen Verlustes, Beschädigung oder verspäteter Auslieferung mit dem Tag der Auslieferung;

c)

in allen anderen die Beförderung des Reisenden betreffenden Fällen mit dem Tag des Ablaufes der Geltungsdauer des Beförderungsausweises.

Der als Beginn der Verjährung bezeichnete Tag ist in keinem Fall in der Frist inbegriffen.

(4)   […]

(5)   […]

(6)   Im Übrigen gilt für die Hemmung und die Unterbrechung der Verjährung Landesrecht.

TITEL VII

BEZIEHUNGEN DER BEFÖRDERER UNTEREINANDER

Artikel 61

Aufteilung des Beförderungspreises

(1)   Jeder Beförderer hat den beteiligten Beförderern den ihnen zukommenden Anteil am Beförderungspreis zu zahlen, den er erhoben hat oder hätte erheben müssen. Die Art und Weise der Zahlung wird durch Vereinbarungen zwischen den Beförderern geregelt.

(2)   Artikel 6 Absatz 3, Artikel 16 Absatz 3 und Artikel 25 gelten auch für die Beziehungen zwischen aufeinanderfolgenden Beförderern.

Artikel 62

Rückgriffsrecht

(1)   Hat ein Beförderer gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften eine Entschädigung gezahlt, so steht ihm ein Rückgriffsrecht gegen die Beförderer, die an der Beförderung beteiligt gewesen sind, gemäß den folgenden Bestimmungen zu:

a)

Der Beförderer, der den Schaden verursacht hat, haftet ausschließlich dafür;

b)

haben mehrere Beförderer den Schaden verursacht, so haftet jeder für den von ihm verursachten Schaden; ist eine Zuordnung nicht möglich, so wird die Entschädigung unter den Beförderern gemäß Buchstabe c aufgeteilt;

c)

kann nicht bewiesen werden, welcher der Beförderer den Schaden verursacht hat, wird die Entschädigung auf sämtliche Beförderer aufgeteilt, mit Ausnahme derjenigen, die beweisen, dass der Schaden nicht von ihnen verursacht worden ist; die Aufteilung erfolgt im Verhältnis der den Beförderern zustehenden Anteile am Beförderungspreis.

(2)   Bei Zahlungsunfähigkeit eines dieser Beförderer wird der auf ihn entfallende, aber von ihm nicht gezahlte Anteil unter allen anderen Beförderern, die an der Beförderung beteiligt gewesen sind, im Verhältnis des ihnen zustehenden Anteils am Beförderungspreis aufgeteilt.

Artikel 63

Rückgriffsverfahren

(1)   Ein Beförderer, gegen den gemäß Artikel 62 Rückgriff genommen wird, kann die Rechtmäßigkeit der durch den Rückgriff nehmenden Beförderer geleisteten Zahlung nicht bestreiten, wenn die Entschädigung gerichtlich festgesetzt worden ist, nachdem dem erstgenannten Beförderer durch gehörige Streitverkündung die Möglichkeit gegeben war, dem Rechtsstreit beizutreten. Das Gericht der Hauptsache bestimmt die Fristen für die Streitverkündung und für den Beitritt.

(2)   Der Rückgriff nehmende Beförderer hat sämtliche Beförderer, mit denen er sich nicht gütlich geeinigt hat, mit ein und derselben Klage zu belangen; andernfalls erlischt das Rückgriffsrecht gegen die nicht belangten Beförderer.

(3)   Das Gericht hat in ein und demselben Urteil über alle Rückgriffe, mit denen es befasst ist, zu entscheiden.

(4)   Der Beförderer, der sein Rückgriffsrecht gerichtlich geltend machen will, kann seinen Anspruch vor dem zuständigen Gericht des Staates erheben, in dem einer der beteiligten Beförderer seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch die der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist.

(5)   Ist die Klage gegen mehrere Beförderer zu erheben, so hat der klagende Beförderer die Wahl unter den gemäß Absatz 4 zuständigen Gerichten.

(6)   Rückgriffsverfahren dürfen nicht in das Entschädigungsverfahren einbezogen werden, das der aus dem Beförderungsvertrag Berechtigte angestrengt hat.

Artikel 64

Vereinbarungen über den Rückgriff

Den Beförderern steht es frei, untereinander Vereinbarungen zu treffen, die von den Artikeln 61 und 62 abweichen.


ANHANG II

VON EISENBAHNUNTERNEHMEN UND/ODER FAHRKARTENVERKÄUFERN ANZUGEBENDE MINDESTINFORMATIONEN

Teil I: Informationen vor Fahrtantritt

Allgemeine Vertragsbedingungen

Fahrpläne und Bedingungen der Fahrt mit der kürzesten Fahrtzeit

Fahrpläne und Bedingungen der Fahrt zum günstigsten Fahrpreis

Zugänglichkeit, Zugangsbedingungen und Verfügbarkeit von Einrichtungen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität im Zug

Zugänglichkeit und Zugangsbedingungen für Fahrgäste, die Fahrräder mitführen

Verfügbarkeit von Sitzen in Raucher- und Nichtraucherzonen, erster und zweiter Klasse sowie Liege- und Schlafwagen

Aktivitäten, die voraussichtlich zu Störungen oder Verspätungen von Verkehrsdiensten führen

Verfügbarkeit von Dienstleistungen im Zug

Verfahren zur Anzeige des Gepäckverlusts

Beschwerdeverfahren

Teil II: Informationen während der Fahrt

Dienstleistungen im Zug

Nächster Haltebahnhof

Verspätungen

Wichtigste Anschlussverbindungen

Sicherheit


ANHANG III

MINDESTNORMEN FÜR DIE QUALITÄT DER DIENSTE

Informationen und Fahrkarten

Pünktlichkeit der Verkehrsdienste, allgemeine Grundsätze für die Bewältigung von Betriebsstörungen

Zugausfälle

Sauberkeit des Fahrzeugmaterials und der Bahnhofseinrichtungen (Luftqualität in den Wagen, Hygiene der sanitären Einrichtungen usw.)

Befragung zur Kundenzufriedenheit

Beschwerdebearbeitung, Erstattungen und Ausgleichszahlungen bei Nichterfüllung der Dienstqualitätsnormen

Hilfeleistung für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität


3.12.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 315/42


VERORDNUNG (EG) Nr. 1372/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 23. Oktober 2007

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 577/98 des Rates zur Durchführung einer Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte in der Gemeinschaft

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 285 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Im Rahmen der Strategie von Lissabon und bestätigt durch deren Zwischenbewertung im Jahr 2005 muss Europa seine Politik weiter auf Wachstum und Beschäftigung ausrichten, um die Ziele von Lissabon zu verwirklichen.

(2)

Die Entwicklung der Gemeinschaft und das Funktionieren des Binnenmarkts führen zu einem erweiterten Bedarf an vergleichbaren Daten, mit denen die Auswirkungen der Struktur und der Verteilung der Löhne auf den Arbeitsmarkt untersucht werden können, vor allem, um die Fortschritte beim wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zu analysieren.

(3)

Um die ihr übertragenen Aufgaben durchzuführen, benötigt die Kommission Daten über die Höhe der Löhne nach sozioökonomischen Merkmalen und im Verhältnis zu verschiedenen Formen der bezahlten Beschäftigung, die zur Analyse und zum Verständnis des Arbeitsmarktes und der sich in der Struktur der Arbeitskräfte vollziehenden Veränderungen wesentlich sind. In diesem Zusammenhang wird allgemein anerkannt, dass es von Vorteil ist, wenn Daten über Löhne nach Dezilen im Verhältnis zu anderen Beschäftigungsmerkmalen zur Verfügung stehen.

(4)

Die gemeinschaftliche Arbeitskräfteerhebung ist im Wesentlichen die erste und verlässlichste Bezugsquelle für Arbeitsmarktinformationen in der Europäischen Union, und Informationen über Löhne als grundlegende Variable zur Erklärung von Verhaltensmustern auf dem Arbeitsmarkt sollten ein Standardelement dieser Erhebung sein, um eine tiefer gehende Analyse der Arbeitsmärkte zu ermöglichen.

(5)

Der durch den Beschluss 89/382/EWG, Euratom des Rates (2) eingesetzte Ausschuss für das Statistische Programm wurde gemäß Artikel 3 jenes Beschlusses gehört.

(6)

Die Verordnung (EG) Nr. 577/98 des Rates (3) sollte deshalb entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 577/98 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe l erhält folgende Fassung:

„(l)

Lohn für die Haupttätigkeit;“.

2.

Artikel 6 erhält folgende Fassung:

„Artikel 6

Übermittlung der Ergebnisse

Die Mitgliedstaaten übermitteln Eurostat spätestens zwölf Wochen nach Ende des Bezugszeitraums die Ergebnisse der Erhebung ohne direkte Identifikatoren.

Die dem Erhebungsmerkmal ‚Lohn für die Haupttätigkeit‘ entsprechenden Daten können Eurostat innerhalb von 21 Monaten nach Ende des Bezugszeitraums übermittelt werden, wenn zur Bereitstellung dieser Informationen Verwaltungsdaten verwendet werden.“

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 23. Oktober 2007.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LOBO ANTUNES


(1)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 10. Juli 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 9. Oktober 2007

(2)  ABl. L 181 vom 28.6.1989, S. 47.

(3)  ABl. L 77 vom 14.3.1998, S. 3. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2257/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 336 vom 23.12.2003, S. 6).


RICHTLINIEN

3.12.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 315/44


RICHTLINIE 2007/58/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 23. Oktober 2007

zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft sowie der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

nach dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags, aufgrund des vom Vermittlungsausschuss am 31. Juli 2007 gebilligten gemeinsamen Entwurfs (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (4) wurde eine erleichterte Anpassung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft an die Anforderungen des Binnenmarktes sowie die Steigerung ihrer Effizienz bezweckt.

(2)

Die Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (5) betrifft die Grundsätze und Verfahren für die Festlegung und Berechnung von Wegeentgelten im Eisenbahnverkehr und die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn.

(3)

Die Kommission hatte in ihrem Weißbuch „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ ihre Absicht bekundet, die Verwirklichung des Binnenmarkts für Eisenbahnverkehrsdienste fortzusetzen und hierzu eine Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste vorzuschlagen.

(4)

Zweck der vorliegenden Richtlinie ist es, den Markt für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste auf der Schiene innerhalb der Gemeinschaft zu öffnen; daher sollte diese Richtlinie nicht Verkehrsdienste zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland betreffen. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten in der Lage sein, Verkehrsdienste, die im Transit durch die Gemeinschaft erbracht werden, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszunehmen.

(5)

Die derzeitige Lage der grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrsdienste stellt sich sehr unterschiedlich dar. Einerseits steht der Verkehr von Fernzügen (zum Beispiel Nachtzügen) vor Schwierigkeiten, und mehrere dieser Verbindungen wurden in jüngerer Zeit von den sie betreibenden Eisenbahnunternehmen eingestellt, um die Verluste zu begrenzen. Andererseits war im Markt für grenzüberschreitende Hochgeschwindigkeitsverkehrsdienste eine erhebliche Zunahme des Verkehrsaufkommens zu verzeichnen, die sich mit der Verdoppelung und der weiteren Verflechtung des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes bis 2010 noch fortsetzen wird. In beiden Fällen gibt es jedoch einen starken Wettbewerbsdruck durch Billigfluganbieter. Es ist daher unabdingbar, den Wettbewerb zwischen Eisenbahnunternehmen zu fördern und auf diese Weise Impulse für neue Initiativen zu geben.

(6)

Eine Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste ist nicht möglich ohne detaillierte Bestimmungen für den Zugang zur Infrastruktur, ohne erhebliche Fortschritte im Bereich der Interoperabilität und ohne einen strengen Rahmen für die Sicherheit des Eisenbahnverkehrs auf nationaler und europäischer Ebene. Alle diese Voraussetzungen sind nunmehr mit der Umsetzung der folgenden Richtlinien gegeben: Richtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG (6), Richtlinie 2004/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates (7), Richtlinie 2001/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG (8), der Richtlinie 2001/14/EG und der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft (9). Eine gefestigte Handhabung dieses neuen rechtlichen Rahmens muss zu dem Datum, das für die Öffnung des Markts für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste vorgeschlagen wird, gewährleistet sein. Das wird eine bestimmte Zeit in Anspruch nehmen. Daher sollte das Zieldatum für die Öffnung des Marktes der 1. Januar 2010 sein.

(7)

Die Zahl der Eisenbahnverbindungen ohne Zwischenhalte ist sehr klein. Auf Strecken mit Zwischenhalten ist es unabdingbar, neuen Marktteilnehmern zu erlauben, Fahrgäste an Zwischenhalten aufzunehmen und abzusetzen, um sicherzustellen, dass solche Verkehrsdienste eine realistische Chance haben, rentabel zu sein und potenzielle Wettbewerber nicht gegenüber den bisherigen Marktteilnehmern, die Fahrgäste an Zwischenhalten aufnehmen und absetzen dürfen, zu benachteiligen. Dieses Recht sollte die gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Wettbewerbsvorschriften unberührt lassen.

(8)

Die Einführung neuer, allgemein zugänglicher grenzüberschreitender Eisenbahnverbindungen mit Zwischenhalten sollte nicht dafür benutzt werden, eine Marktöffnung für inländische Personenverkehrsdienste zu bewirken, sondern sich lediglich auf zusätzliche Zwischenhalte auf der grenzüberschreitenden Strecke konzentrieren. Dementsprechend sollte deren Einführung Verkehrsdienste betreffen, deren Hauptzweck in der grenzüberschreitenden Beförderung von Fahrgästen liegt. Bei der Bestimmung des Hauptzwecks des Verkehrsdienstes sollten Kriterien wie beispielsweise der Anteil am Umsatz und am Fahrgastaufkommen (ermittelt anhand der Fahrgastzahlen im inländischen oder grenzüberschreitenden Verkehr und der Streckenlänge) berücksichtigt werden. Diese Bestimmung sollte durch die jeweilige nationale Regulierungsstelle auf Antrag eines Betroffenen vorgenommen werden.

(9)

Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (10) sieht die Möglichkeit vor, dass Mitgliedstaaten und lokale Gebietskörperschaften Verträge über öffentliche Dienstleistungen vergeben. Diese Verträge können ausschließliche Rechte zur Durchführung bestimmter Dienste umfassen. Es ist daher erforderlich, die Kohärenz zwischen den Bestimmungen der genannten Verordnung und dem Grundsatz der Öffnung grenzüberschreitender Personenverkehrsdienste für den Wettbewerb zu gewährleisten.

(10)

Die Öffnung grenzüberschreitender Personenverkehrsdienste für den Wettbewerb, die das Recht einschließen, Fahrgäste zwischen beliebigen Bahnhöfen auf der Strecke eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes — auch zwischen Bahnhöfen in demselben Mitgliedstaat — zu befördern, könnte sich auf die Organisation und die Finanzierung von Personenverkehrsdiensten auf der Schiene auswirken, die im Rahmen eines Vertrags über öffentliche Dienstleistungen erbracht werden. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, das Zugangsrecht zum Markt einzuschränken, wenn dieses Recht das wirtschaftliche Gleichgewicht dieser Verträge über öffentliche Dienstleistungen gefährden würde und wenn die in Artikel 30 der Richtlinie 2001/14/EG genannte zuständige Regulierungsstelle einem entsprechenden Antrag der zuständigen Behörden, die den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen geschlossen haben, auf der Grundlage einer objektiven wirtschaftlichen Analyse stattgibt.

(11)

Einige Mitgliedstaaten sind bereits dazu übergegangen, den Markt für Personenverkehrsdienste auf der Schiene durch transparente, wettbewerbliche Ausschreibungsverfahren für die Erbringung bestimmter Leistungen dieser Art zu öffnen. Es sollte nicht von ihnen verlangt werden, einen völlig uneingeschränkten Zugang zu grenzüberschreitenden Personenverkehrsdiensten zu gewähren, da der Wettstreit um das Nutzungsrecht für bestimmte Bahnstrecken einen ausreichenden Nachweis des Marktwertes solcher Dienste erbracht hat.

(12)

Bei der Beurteilung der Frage, ob das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrags über öffentliche Dienstleistungen gefährdet sein könnte, sollten vorab festgelegte Kriterien berücksichtigt werden, wie beispielsweise die Auswirkungen auf die Rentabilität von Verkehrsdiensten, auf die sich ein Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erstreckt, einschließlich der dadurch verursachten Auswirkungen auf die Nettokosten für die zuständige Behörde, die den Vertrag geschlossen hat, die Fahrgastnachfrage, die Fahrpreisgestaltung, die Regelungen für den Fahrscheinverkauf, die Lage und die Anzahl der Halte auf beiden Seiten der Grenze sowie die Fahrzeiten und die Häufigkeit der geplanten neuen Verbindung. Unter Beachtung dieser Beurteilung und der Entscheidung der zuständigen Regulierungsstelle können die Mitgliedstaaten das angestrebte Recht auf Zugang zu grenzüberschreitenden Personenverkehrsdiensten gewähren, ändern oder verweigern; hierzu gehört auch die Erhebung eines Entgelts vom Betreiber eines neuen grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes im Einklang mit der wirtschaftlichen Analyse, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts sowie gemäß dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung.

(13)

Als Beitrag zur Erbringung von Personenverkehrsdiensten auf Strecken, die eine öffentliche Dienstleistungsverpflichtung erfüllen, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, den für diese Dienste zuständigen Behörden zu gestatten, eine Abgabe für Personenverkehrsdienste, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, zu erheben. Diese Abgabe sollte zur Finanzierung von öffentlichen Dienstleistungsverpflichtungen im Rahmen von im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht geschlossenen Verträgen über öffentliche Dienstleistungen beitragen. Sie sollte nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts und insbesondere den Grundsätzen der Fairness, der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit erhoben werden.

(14)

Die Funktionsweise der Regulierungsstelle sollte dergestalt sein, dass jeder Interessenkonflikt und jede Mitwirkung an der Vergabe des betreffenden Vertrags über öffentliche Dienstleistungen vermieden wird. Insbesondere sollte ihre funktionelle Unabhängigkeit gewährleistet sein, wenn aus organisatorischen oder rechtlichen Gründen eine enge Beziehung zu der zuständigen Behörde besteht, die bei der Vergabe des betreffenden Vertrags über öffentliche Dienstleistungen mitwirkt. Die Zuständigkeit der Regulierungsstelle sollte dahin gehend erweitert werden, dass sie die Befugnis erhält, den Zweck eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes und gegebenenfalls etwaige wirtschaftliche Auswirkungen auf bestehende Verträge über öffentliche Dienstleistungen zu bewerten.

(15)

Diese Richtlinie stellt eine weitere Etappe auf dem Weg zur Öffnung des Schienenverkehrsmarktes dar. Einige Mitgliedstaaten haben bereits den Markt für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste auf ihrem Hoheitsgebiet geöffnet. Diese Richtlinie sollte in diesem Zusammenhang nicht so verstanden werden, dass diese Mitgliedstaaten verpflichtet werden, vor dem 1. Januar 2010 Zugangsrechte für Eisenbahnunternehmen zu erteilen, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, in dem keine vergleichbaren Rechte erteilt werden.

(16)

Um Investitionen in Dienstleistungen zu fördern, die spezialisierte Infrastrukturen wie etwa Hochgeschwindigkeitsverbindungen nutzen, brauchen die Antragsteller Planungsmöglichkeiten und Rechtssicherheit, die der Bedeutung der umfangreichen langfristigen Investitionen gerecht werden. Daher sollte es diesen Unternehmen möglich sein, Rahmenverträge mit einer Laufzeit von in der Regel bis zu 15 Jahren abzuschließen.

(17)

Die nationalen Regulierungsstellen sollten nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/14/EG Informationen austauschen und in Einzelfällen gegebenenfalls ihre Beurteilungsgrundsätze und ihre Beurteilungspraxis in der Frage, ob das wirtschaftliche Gleichgewicht eines Vertrags über öffentliche Dienstleistungen gefährdet ist, koordinieren. Ausgehend von ihrer Erfahrung sollten sie schrittweise Leitlinien entwickeln.

(18)

Die Anwendung dieser Richtlinie sollte auf der Grundlage eines Berichts bewertet werden, der zwei Jahre nach der Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste von der Kommission vorzulegen ist. Dieser Bericht sollte auch die Entwicklung des Marktes einschließlich des Stands der Vorbereitungen für die weitergehende Öffnung des Schienenverkehrsmarktes für Personverkehrsdienste beschreiben. In diesem Bericht sollte die Kommission auch die verschiedenen Modelle für die Organisation dieses Marktes sowie die Auswirkungen dieser Richtlinie auf Verträge für öffentliche Dienstleistungen sowie deren Finanzierung analysieren. Dabei sollte die Kommission die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sowie die immanenten Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten (Netzdichte, Passagierzahlen, durchschnittliche Reiseentfernung) berücksichtigen. In diesem Bericht sollte die Kommission gegebenenfalls ergänzende Maßnahmen vorschlagen, um eine Öffnung zu erleichtern und die Auswirkungen der Maßnahmen zu bewerten.

(19)

Die zur Durchführung der Richtlinien 91/440/EWG und 2001/14/EG erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (11) erlassen werden.

(20)

Insbesondere sollte die Kommission die Befugnis erhalten, die Anhänge der genannten Richtlinien anzupassen. Da es sich hierbei um Maßnahmen von allgemeiner Tragweite handelt, die eine Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen der genannten Richtlinien bewirken, sind diese Maßnahmen nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle des Artikels 5a des Beschlusses 1999/468/EG zu erlassen.

(21)

Für Mitgliedstaaten, die über kein Eisenbahnsystem verfügen und auch in nächster Zukunft nicht über ein solches verfügen werden, wäre die Verpflichtung zur Umsetzung und Durchführung der Richtlinien 91/440/EWG und 2001/14/EG unverhältnismäßig und zwecklos. Daher sollten diese Mitgliedstaaten von der Verpflichtung zur Umsetzung und Durchführung der genannten Richtlinien ausgenommen werden, solange sie über kein Eisenbahnsystem verfügen.

(22)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, weil die Notwendigkeit besteht, gerechte und nicht diskriminierende Bedingungen für den Zugang zur Infrastruktur sicherzustellen und der offensichtlich internationalen Dimension wichtiger Bestandteile des Eisenbahnnetzes Rechnung zu tragen, und daher wegen der Notwendigkeit eines koordinierten länderübergreifenden Vorgehens besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(23)

Nach Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung (12) sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen.

(24)

Die Richtlinien 91/440/EWG und 2001/14/EG sollten daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 91/440/EWG wird wie folgt geändert:

1.

In Artikel 2 wird folgender Absatz angefügt:

„(4)   Die Mitgliedstaaten können Eisenbahnverkehrsdienste, die im Transit durch die Gemeinschaft erbracht werden und außerhalb des Gemeinschaftsgebiets beginnen und enden, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausnehmen.“

2.

In Artikel 3 wird der vierte Gedankenstrich gestrichen.

3.

In Artikel 3 wird nach dem fünften Gedankenstrich folgender Gedankenstrich eingefügt:

„—

‚grenzüberschreitender Personenverkehrsdienst‘ ein Dienst zur Beförderung von Fahrgästen, bei dem der Zug mindestens eine Grenze eines Mitgliedstaats überquert, und dessen Hauptzweck die Beförderung von Fahrgästen zwischen Bahnhöfen in verschiedenen Mitgliedstaaten ist; der Zug kann zusammengesetzt und/oder getrennt werden, und die verschiedenen Zugteile können unterschiedliche Ursprungs- oder Zielorte haben, sofern alle Wagen mindestens eine Grenze überqueren;“.

4.

In Artikel 3 wird nach dem sechsten Gedankenstrich folgender Gedankenstrich eingefügt:

„—

‚Transit‘ die Durchfahrt durch das Gemeinschaftsgebiet ohne Be- oder Entladen von Gütern und/oder ohne Aufnahme oder Absetzen von Fahrgästen im Gemeinschaftsgebiet;“.

5.

In Artikel 5 Absatz 3 wird der erste Gedankenstrich gestrichen.

6.

In Artikel 8 Absatz 1 werden die Worte „und internationalen Gruppierungen“ gestrichen.

7.

Artikel 10 Absatz 1 wird gestrichen.

8.

In Artikel 10 werden die folgenden Absätze eingefügt:

„(3a)   Die Eisenbahnunternehmen, die unter Artikel 2 fallen, erhalten spätestens ab dem 1. Januar 2010 das Recht auf Zugang zur Infrastruktur in allen Mitgliedstaaten, um grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste zu erbringen. Bei der Durchführung eines grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes haben die Eisenbahnunternehmen das Recht, Fahrgäste an beliebigen Bahnhöfen auf der grenzüberschreitenden Strecke aufzunehmen und an einem anderen abzusetzen, auch an Bahnhöfen in demselben Mitgliedstaat.

Das Recht auf Zugang zur Infrastruktur der Mitgliedstaaten, in denen der Anteil des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene mehr als die Hälfte des Personenverkehrumsatzes der Eisenbahnunternehmen dieses Mitgliedstaats ausmacht, ist spätestens ab dem 1. Januar 2012 zu erteilen.

Die in Artikel 30 der Richtlinie 2001/14/EG genannte(n) zuständige(n) Regulierungsstelle(n) bestimmt (bestimmen) auf Antrag der jeweils zuständigen Behörden und/oder der betroffenen Eisenbahnunternehmen, ob der Hauptzweck des Verkehrsdienstes in der Beförderung von Fahrgästen zwischen Bahnhöfen in verschiedenen Mitgliedstaaten liegt.

(3b)   Die Mitgliedstaaten können das in Absatz 3a festgelegte Zugangsrecht auf Strecken zwischen einem Ursprungsort und einem Zielort, die Gegenstand eines oder mehrerer mit dem geltenden Gemeinschaftsrecht vereinbarer Verträge über öffentliche Dienstleistungen sind, einschränken. Eine derartige Einschränkung darf das Recht zur Beförderung von Fahrgästen zwischen beliebigen Bahnhöfen auf der Strecke eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes, auch zwischen Bahnhöfen in demselben Mitgliedstaat, nur in dem Fall einschränken, in dem die Ausübung dieses Rechts das wirtschaftliche Gleichgewicht eines Vertrags über öffentliche Dienstleistungen gefährden würde.

Die Frage, ob das wirtschaftliche Gleichgewicht gefährdet würde, wird von der (den) in Artikel 30 der Richtlinie 2001/14/EG genannten Regulierungsstelle(n) auf der Grundlage einer objektiven wirtschaftlichen Analyse und vorab festgelegter Kriterien auf Antrag eines der folgenden Beteiligten beurteilt:

der zuständigen Behörde(n), die den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen geschlossen hat (haben);

anderer betroffener zuständiger Behörden, die zur Einschränkung des Zugangsrechts nach Maßgabe dieses Artikels befugt sind;

des Infrastrukturbetreibers oder

des den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erfüllenden Eisenbahnunternehmens.

Die zuständigen Behörden und die den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erfüllenden Eisenbahnunternehmen stellen der (den) zuständigen Regulierungsstelle(n) die Informationen zur Verfügung, die diese nach vernünftigem Ermessen für die Entscheidungsfindung benötigt (benötigen). Die Regulierungsstelle prüft die zur Verfügung gestellten Informationen, hört gegebenenfalls alle Betroffenen an und unterrichtet die Betroffenen von ihrer mit einer Begründung versehenen Entscheidung innerhalb einer vorher festgelegten angemessenen Frist, auf jeden Fall jedoch spätestens zwei Monate nach Eingang aller entscheidungserheblichen Informationen. Die Regulierungsstelle teilt die Gründe für ihre Entscheidung mit und gibt an, in welchem Zeitraum und unter welchen Bedingungen:

die jeweils zuständige(n) Behörde(n),

der Infrastrukturbetreiber,

das den Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erfüllende Eisenbahnunternehmen oder

das den Zugang beantragende Eisenbahnunternehmen

eine erneute Prüfung der Entscheidung verlangen können.

(3c)   Die Mitgliedstaaten können auch das Recht zur Beförderung von Fahrgästen zwischen beliebigen Bahnhöfen innerhalb desselben Mitgliedstaats auf der Strecke eines grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes einschränken, wenn im Rahmen eines vor dem 4. Dezember 2007 nach einem fairen wettbewerblichen Ausschreibungsverfahren und im Einklang mit den einschlägigen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts geschlossenen Konzessionsvertrags ausschließliche Rechte für die Beförderung von Fahrgästen zwischen diesen Bahnhöfen eingeräumt wurden. Diese Einschränkung darf während der ursprünglichen Laufzeit des Vertrags oder 15 Jahre lang angewendet werden, je nachdem, welcher Zeitraum kürzer ist.

(3d)   Diese Richtlinie verpflichtet keinen Mitgliedstaat, vor dem 1. Januar 2010 Eisenbahnunternehmen und ihren direkt oder indirekt kontrollierten Tochterunternehmen, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, in dem keine vergleichbaren Zugangsrechte erteilt werden, das Zugangsrecht nach Absatz 3a zu erteilen.

(3e)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die gerichtliche Nachprüfbarkeit der in den Absätzen 3b, 3c und 3d genannten Entscheidungen zu gewährleisten.

(3f)   Unbeschadet des Absatzes 3b können die Mitgliedstaaten gemäß den Bedingungen dieses Artikels die für den Personenverkehr auf der Schiene zuständige Behörde ermächtigen, bei den Eisenbahnunternehmen, die Personenverkehrsdienste anbieten, auf den Betrieb von Strecken, die in den Zuständigkeitsbereich dieser Behörde fallen und zwischen zwei Bahnhöfen in diesem Mitgliedstaat liegen, eine Abgabe zu erheben.

In diesem Fall haben die Eisenbahnunternehmen, die inländische oder grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste auf der Schiene anbieten, die gleiche Abgabe auf den Betrieb von Strecken zu entrichten, die in den Zuständigkeitsbereich dieser Behörde fallen.

Die Abgabe dient der Behörde als Ausgleichsleistung für die öffentliche Dienstleistungsverpflichtung, im Rahmen von im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht geschlossenen Verträgen über öffentliche Dienstleistungen. Die Einnahmen aus solchen Abgaben, die als Ausgleichsleistung gezahlt werden, dürfen einen Betrag nicht übersteigen, der erforderlich ist, um die bei der Erfüllung der betreffenden öffentlichen Dienstleistungsverpflichtungen angefallenen Kosten unter Berücksichtigung der entsprechenden Quittungen und einer angemessenen Gewinnmarge für die Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder zum Teil zu decken.

Die Abgabe muss mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang stehen und insbesondere den Grundsätzen der Fairness, der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit, insbesondere zwischen dem durchschnittlichen Preis der Dienstleistung für Personen und der Höhe der Abgabe, entsprechen. Der Gesamtbetrag der gemäß diesem Absatz erhobenen Abgaben darf die wirtschaftliche Rentabilität des Personenverkehrsdienstes auf der Schiene, auf den sie erhoben werden, nicht gefährden.

Die zuständigen Behörden bewahren die Informationen auf, die sie benötigen, um zu gewährleisten, dass die Herkunft und die Verwendung der Abgaben nachverfolgt werden können. Die Mitgliedstaaten stellen der Kommission diese Informationen zur Verfügung.“

9.

Artikel 10 Absatz 8 erhält folgende Fassung:

„(8)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen bis zum 1. Januar 2009 einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie vor.

In diesem Bericht werden folgende Aspekte behandelt:

die Durchführung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten, insbesondere ihre Auswirkungen auf die in Absatz 3a Unterabsatz 2 genannten Mitgliedstaaten, sowie die tatsächliche Funktionsweise der verschiedenen beteiligten Stellen;

die Marktentwicklungen, insbesondere internationale Verkehrstrends, Tätigkeiten und Marktanteile aller (einschließlich neuer) Marktteilnehmer.“

10.

In Artikel 10 wird folgender Absatz angefügt:

„(9)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen bis zum 31. Dezember 2012 einen Bericht über die Umsetzung der Absätze 3a bis 3f vor.

Die Anwendung dieser Richtlinie wird auf der Grundlage eines Berichts bewertet, der von der Kommission zwei Jahre nach der Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste vorzulegen ist.

Dieser Bericht bewertet auch die Entwicklung des Marktes einschließlich des Stands der Vorbereitungen für die weitergehende Öffnung des Schienenverkehrsmarktes. In diesem Bericht analysiert die Kommission ebenfalls die verschiedenen Modelle für die Organisation dieses Marktes sowie die Auswirkungen dieser Richtlinie auf Verträge für öffentliche Dienstleistungen sowie deren Finanzierung. Dabei berücksichtigt die Kommission die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (13) sowie die immanenten Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten (Netzdichte, Passagierzahlen, durchschnittliche Reiseentfernung). Die Kommission schlägt in diesem Bericht gegebenenfalls ergänzende Maßnahmen vor, um eine solche Öffnung zu erleichtern und bewertet die Auswirkungen der Maßnahmen.

11.

Artikel 11 Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2)   Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie, die die Anpassung der Anhänge betreffen, werden nach dem in Artikel 11a Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.“

12.

Artikel 11a Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.“

13.

In Artikel 15 wird folgender Absatz angefügt:

„Malta und Zypern sind von der Pflicht zur Umsetzung und Durchführung dieser Richtlinie ausgenommen, solange in ihrem Staatsgebiet kein Eisenbahnsystem besteht.“

Artikel 2

Die Richtlinie 2001/14/EG wird wie folgt geändert:

1.

In Artikel 1 Absatz 3 wird folgender Buchstabe angefügt:

„e)

Beförderungsleistungen in Form von Eisenbahnverkehrsdiensten, die im Transit durch das Gebiet der Gemeinschaft erbracht werden.“

2.

In Artikel 2 wird folgender Buchstabe angefügt:

„n)

‚Transit‘ die Durchfahrt durch das Gemeinschaftsgebiet ohne Be- oder Entladen von Gütern und/oder ohne Aufnahme oder Absetzen von Fahrgästen im Gemeinschaftsgebiet.“

3.

In Artikel 13 wird folgender Absatz angefügt:

„(4)   Beabsichtigt ein Antragsteller, Fahrwegkapazität mit dem Ziel zu beantragen, einen grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienst im Sinne von Artikel 3 der Richtlinie 91/440/EWG zu betreiben, so setzt er die betreffenden Betreiber der Infrastruktur und die betreffenden Regulierungsstellen davon in Kenntnis. Damit der Zweck eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes zur Beförderung von Fahrgästen zwischen Bahnhöfen in verschiedenen Mitgliedstaaten und mögliche wirtschaftliche Auswirkungen auf bestehende Verträge über öffentliche Dienstleistungen bewertet werden können, sorgen die Regulierungsstellen dafür, dass die zuständigen Behörden, die Personenverkehrsdienste auf der Schiene vergeben haben, die Gegenstand eines Vertrags über öffentliche Dienstleistungen sind, und andere betroffene zuständige Behörden, die zur Einschränkung des Zugangsrechts gemäß Artikel 10 Absatz 3b der Richtlinie 91/440/EWG befugt sind, sowie die Eisenbahnunternehmen, die auf der Strecke dieses grenzüberschreitenden Personenverkehrsdienstes einen Vertrag über öffentliche Dienstleistungen erfüllen, darüber unterrichtet werden.“

4.

Artikel 17 Absatz 5 erhält folgende Fassung:

„(5)   Rahmenverträge haben grundsätzlich eine Laufzeit von fünf Jahren und können um die gleichen Zeiträume wie die ursprüngliche Laufzeit verlängert werden. Der Betreiber der Infrastruktur kann einer kürzeren oder längeren Laufzeit in besonderen Fällen zustimmen. Jede Laufzeit von über fünf Jahren ist durch das Bestehen geschäftlicher Verträge, besonderer Investitionen oder Risiken zu rechtfertigen.

(5a)   Für Dienste auf besonderen Fahrwegen im Sinne des Artikels 24, die vom Antragsteller gebührend begründete, erhebliche und langfristige Investitionen erfordern, können Rahmenverträge eine Laufzeit von 15 Jahren haben. Eine längere Laufzeit als 15 Jahre ist nur in Ausnahmefällen zulässig, und zwar insbesondere bei umfangreichen und langfristigen Investitionen, vor allem wenn die Investitionen mit vertraglichen Verpflichtungen, einschließlich eines mehrjährigen Abschreibungsplans, einhergehen.

Aufgrund der Anforderungen des Antragstellers kann es in einem solchen Fall erforderlich sein, die Angaben zu den Fahrwegkapazitäten — unter anderem die Nutzungshäufigkeit, den Umfang und die Qualität der Zugtrassen —, die dem Antragsteller für die Laufzeit des Rahmenvertrags zur Verfügung zu stellen sind, genau festzulegen. Der Betreiber der Infrastruktur kann die reservierte Fahrwegkapazität verringern, wenn die Nutzung dieser Fahrwegkapazität in einem Zeitraum von mindestens einem Monat unterhalb des Schwellenwerts nach Artikel 27 liegt.

Ab dem 1. Januar 2010 kann auf der Grundlage der Fahrwegkapazitäten, die von Antragstellern genutzt werden, die vor dem 1. Januar 2010 Dienste betreiben, ein erster, einmal verlängerbarer Rahmenvertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren geschlossen werden, um geleisteten besonderen Investitionen oder dem Bestehen von geschäftlichen Verträgen Rechnung zu tragen. Die in Artikel 30 genannte Regulierungsstelle ist für die Genehmigung des Inkrafttretens eines solchen Rahmenvertrags verantwortlich.“

5.

In Artikel 30 Absatz 1 wird vor dem letzten Satz folgender Satz eingefügt:

„Darüber hinaus ist die Regulierungsstelle funktionell unabhängig von allen zuständigen Behörden, die bei der Vergabe von Verträgen über öffentliche Dienstleistungen mitwirken.“

6.

Artikel 34 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie, die die Anpassung der Anhänge betreffen, werden nach dem in Artikel 35 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.“

7.

Artikel 35 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.“

8.

In Artikel 38 wird folgender Absatz angefügt:

„Malta und Zypern sind von der Pflicht zur Umsetzung und Durchführung dieser Richtlinie ausgenommen, solange in ihrem Staatsgebiet kein Eisenbahnsystem besteht.“

Artikel 3

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens ab dem 4. Juni 2009 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

(3)   Die Bestimmungen des Artikels 1 Nummern 2, 5, 6 und 7 gelten ab dem 1. Januar 2010.

Artikel 4

Diese Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 5

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 23. Oktober 2007.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LOBO ANTUNES


(1)  ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 56.

(2)  ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 26.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 28. September 2005 (ABl. C 227 E vom 21.9.2006, S. 460), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 24. Juli 2006 (ABl. C 289 E vom 28.11.2006, S. 30), Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 18. Januar 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. September 2007 und Beschluss des Rates vom 26. September 2007.

(4)  ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/103/EG (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 344).

(5)  ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/49/EG (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44. Berichtigte Fassung im ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 16).

(6)  ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 1.

(7)  ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 164. Berichtigte Fassung im ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 58.

(8)  ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 26.

(9)  ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44. Berichtigte Fassung im ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 16.

(10)  Siehe Seite 1 dieses Amtsblatts.

(11)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Geändert durch den Beschluss 2006/512/EG (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).

(12)  ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.

(13)  ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1.“


3.12.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 315/51


RICHTLINIE 2007/59/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 23. Oktober 2007

über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags, aufgrund des vom Vermittlungsausschuss am 31. Juli 2007 gebilligten gemeinsamen Entwurfs (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft (4) bauen die Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnunternehmen ihre eigenen Sicherheitsmanagementsysteme in der Weise auf, dass im Eisenbahnsystem mindestens die gemeinsamen Sicherheitsziele erreicht, die nationalen Sicherheitsvorschriften sowie die Sicherheitsanforderungen der technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) erfüllt und die einschlägigen Teile der gemeinsamen Sicherheitsmethoden angewendet werden. Im Rahmen dieser Sicherheitsmanagementsysteme sind u. a. Schulungsprogramme für das Personal und Systeme vorgesehen, die sicherstellen, dass die Qualifikation des Personals aufrechterhalten und die Arbeit ordnungsgemäß ausgeführt wird.

(2)

Gemäß der Richtlinie 2004/49/EG benötigt ein Eisenbahnunternehmen für den Zugang zur Infrastruktur eine Sicherheitsbescheinigung.

(3)

Nach der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (5) haben zugelassene Eisenbahnunternehmen seit dem 15. März 2003 das Recht auf Zugang zum transeuropäischen Netz für den Schienengüterverkehr und werden spätestens ab 2007 das Recht auf Zugang zum gesamten Netz für inländische und grenzüberschreitende Güterverkehrsdienste haben. Diese schrittweise Ausweitung der Zugangsrechte wird unweigerlich eine Zunahme des grenzüberschreitenden Einsatzes von Triebfahrzeugführern mit sich bringen. Dadurch wächst der Bedarf an Triebfahrzeugführern, die für Dienste in mehr als einem Mitgliedstaat ausgebildet und zertifiziert sind.

(4)

Eine von der Kommission im Jahr 2002 durchgeführte Studie hat jedoch große Unterschiede in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern aufgezeigt. Um diese Unterschiede zu beseitigen und gleichzeitig den gegenwärtigen hohen Sicherheitsstandard des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft zu erhalten, sollten daher Gemeinschaftsvorschriften über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern erlassen werden.

(5)

Diese Gemeinschaftsvorschriften sollten darüber hinaus zur Umsetzung der Strategien der Gemeinschaft in Bezug auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik beitragen und gleichzeitig Wettbewerbsverzerrungen ausschließen.

(6)

Diese gemeinsamen Bestimmungen sollten vor allem darauf ausgerichtet sein, den Triebfahrzeugführern den Wechsel zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten, aber auch zwischen unterschiedlichen Eisenbahnunternehmen zu erleichtern und ganz allgemein die Anerkennung der Fahrerlaubnisse und der harmonisierten Zusatzbescheinigungen durch alle Beteiligten im Eisenbahnsektor zu vereinfachen. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass Mindestanforderungen festgelegt werden, die der Bewerber erfüllen muss, um eine Fahrerlaubnis und eine harmonisierte Zusatzbescheinigung zu erlangen.

(7)

Diese Richtlinie folgt und baut weitgehend auf der historischen gemeinsamen Vereinbarung vom 27. Januar 2004 zwischen der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über bestimmte Aspekte der Einsatzbedingungen des fahrenden Personals im interoperablen grenzüberschreitenden Verkehr (6).

(8)

Selbst wenn ein Mitgliedstaat Triebfahrzeugführer, die ausschließlich in bestimmten Kategorien von Eisenbahnsystemen, -netzen und -infrastrukturen eingesetzt werden, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausschließt, so sollte das keineswegs die Verpflichtung dieses Mitgliedstaats einschränken, die Gültigkeit der Fahrerlaubnisse für das gesamte Gebiet der Europäischen Union bzw. die Gültigkeit der harmonisierten Zusatzbescheinigungen für die betreffende Infrastruktur anzuerkennen.

(9)

Es sollten jedenfalls die Anforderungen an das Mindestalter für Triebfahrzeugführer, die physische und arbeitspsychologische Eignung des Bewerbers, seine Berufserfahrung und sein Wissen in bestimmten, für das Führen eines Zuges relevanten Bereichen sowie die Kenntnis der Infrastrukturen und der dort verwendeten Sprache vorgeschrieben werden.

(10)

Zur Verbesserung der Kostenwirksamkeit sollte die Ausbildung, die Triebfahrzeugführer zur Erlangung einer harmonisierten Zusatzbescheinigung absolvieren müssen, soweit möglich und unter Sicherheitsgesichtspunkten wünschenswert, auf die besonderen Dienste konzentriert werden, die vom Triebfahrzeugführer zu erbringen sind, beispielsweise Rangierbetrieb, Wartungsarbeiten, Personen- oder Güterverkehrdienste. Bei der Beurteilung der Durchführung dieser Richtlinie sollte die Europäische Eisenbahnagentur (nachstehend „Agentur“ genannt) der Frage nachgehen, ob die im Anhang aufgeführten Ausbildungsanforderungen geändert werden sollten, um der sich abzeichnenden neuen Struktur des Marktes besser Rechnung zu tragen.

(11)

Die Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber, die harmonisierte Zusatzbescheinigungen ausstellen, können selbst Schulungsmaßnahmen für die allgemeinen beruflichen Kenntnisse, die Sprachkenntnisse sowie die Kenntnis der Fahrzeuge und der Infrastruktur anbieten. Bei den Prüfungen sollten Interessenkonflikte jedoch vermieden werden, ohne dass ausgeschlossen wird, dass ein Prüfer dem die harmonisierte Zusatzbescheinigung ausstellenden Eisenbahnunternehmen oder Infrastrukturbetreiber angehört.

(12)

Im Einklang mit Artikel 13 Absatz 4 der Richtlinie 2004/49/EG sind Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber für die Berufsausbildung der Triebfahrzeugführer, die sie beschäftigen, verantwortlich. Die Eisenbahnunternehmen und die Infrastrukturbetreiber sollten zu diesem Zweck im Einklang mit Artikel 13 Absatz 3 der genannten Richtlinie die von diesen Triebfahrzeugführern schon absolvierte Berufsausbildung sowie die schon erworbenen Fachkenntnisse berücksichtigen. Es ist auch wichtig, sicherzustellen, dass eine ausreichende Anzahl an Triebfahrzeugführern ausgebildet wird. In diesem Zusammenhang ist es jedoch erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die von einem Eisenbahnunternehmen oder Infrastrukturbetreiber für die Ausbildung eines Triebfahrzeugführers getätigte Investition nicht auf unberechtigte Weise einem anderen Eisenbahnunternehmen oder Infrastrukturbetreiber zugute kommt, wenn der Triebfahrzeugführer sie freiwillig für dieses andere Eisenbahnunternehmen oder diesen anderen Infrastrukturbetreiber verlässt. Diese Maßnahmen können verschiedenster Art sein, wie zum Beispiel nationale Rechtsvorschriften, Tarifverträge, Vertragsklauseln zwischen dem Triebfahrzeugführer und dem Arbeitgeber, oder, falls der Triebfahrzeugführer dem zustimmt, Vereinbarungen über die Bedingungen für die Übernahme von Triebfahrzeugführern von einem Unternehmen durch ein anderes Unternehmen.

(13)

Die Befähigung des Personals sowie die Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften werden im Rahmen der Interoperabilitäts-Richtlinien behandelt, insbesondere als Teil der TSI „Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung“. Die Kohärenz zwischen den TSI und den Anhängen der vorliegenden Richtlinie muss gewährleistet werden. Die Kommission wird dies durch Änderung oder Anpassung der maßgeblichen TSI an die vorliegende Richtlinie und ihre Anhänge unter Anwendung der Verfahren erreichen, die in der Richtlinie 96/48/EG des Rates vom 23. Juli 1996 über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems (7) und in der Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Interoperabilität des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems (8) vorgesehen sind.

(14)

Um die Freizügigkeit zu vergrößern und die Sicherheit im gemeinschaftlichen Eisenbahnverkehr zu erhöhen, sollte dem anderen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben im Triebfahrzeug oder im Zug betrauten Zugpersonal besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das andere mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betraute Zugpersonal die Minimalanforderungen der TSI „Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung“ erfüllt. Unter Berücksichtigung der nationalen Umsetzungspläne, die die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser TSI zu notifizieren haben, sollte die Agentur die möglichen Optionen für die Zertifizierung anderen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betrauten Zugpersonals feststellen und eine Folgenabschätzung dieser Optionen vornehmen. Auf der Grundlage dieses Berichts sollte die Kommission gegebenenfalls einen Vorschlag über die Bedingungen und Verfahren der Zertifizierung des anderen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben im Triebwagen oder im Zug betrauten Zugpersonals vorlegen.

(15)

Die mit dieser Richtlinie eingeführten Anforderungen im Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis und der harmonisierten Zusatzbescheinigung sollten lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für die Berechtigung eines Triebfahrzeugführers, Züge zu führen, betreffen. Alle anderen das Eisenbahnunternehmen, den Infrastrukturbetreiber, die Infrastruktur und die Fahrzeuge betreffenden rechtlichen Anforderungen, die mit den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften vereinbar sind und in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, sollten ebenfalls erfüllt sein, bevor ein Triebfahrzeugführer einen Zug auf einer bestimmten Infrastruktur führen darf.

(16)

Diese Richtlinie sollte weder die Anwendung der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (9) noch die der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (10) berühren.

(17)

Damit die erforderliche Einheitlichkeit und Transparenz gewährleistet ist, sollte die Gemeinschaft ein einheitliches, von allen Mitgliedstaaten gegenseitig anerkanntes Modell für die Zertifizierung festlegen, durch die sowohl die Erfüllung bestimmter Mindestanforderungen durch die Triebfahrzeugführer als auch ihre Fachkenntnisse und Sprachkenntnisse bescheinigt werden, wobei die Erteilung der Fahrerlaubnisse den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und die Ausstellung der harmonisierten Zusatzbescheinigungen den Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreibern überlassen sein sollte.

(18)

Die Agentur sollte ferner prüfen, ob an Stelle der Fahrerlaubnis und der harmonisierten Zusatzbescheinigungen eine Chipkarte eingesetzt werden kann. Eine solche Chipkarte hätte den Vorteil, diese beiden Elemente zu kombinieren, und könnte auch für andere Anwendungen entweder im Bereich der Sicherheit oder für die Personalverwaltung der Triebfahrzeugführer eingesetzt werden.

(19)

Die Sicherheitsbehörden sollten sämtliche in der Fahrerlaubnis, der harmonisierten Zusatzbescheinigung und den Registern der Fahrerlaubnisse und harmonisierten Zusatzbescheinigungen enthaltenen Informationen nutzen, um die Bewertung des Verfahrens zur Zertifizierung des Personals gemäß den Artikeln 10 und 11 der Richtlinie 2004/49/EG zu erleichtern und die in jenen Artikeln vorgesehene Erteilung von Sicherheitsbescheinigungen zu beschleunigen.

(20)

Die Beschäftigung von Triebfahrzeugführern, die entsprechend dieser Richtlinie zertifiziert sind, sollte die Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber nicht von der Pflicht befreien, ein System zur Überwachung und internen Kontrolle der Befähigung und des Verhaltens ihrer Triebfahrzeugführer gemäß Artikel 9 und Anhang III der Richtlinie 2004/49/EG einzurichten, wobei die Beschäftigungsaspekte Teil dieses Systems sein sollten. Die harmonisierte Zusatzbescheinigung sollte Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber nicht von ihrer Verantwortung für alle Aspekte der Sicherheit und insbesondere für die Ausbildung ihres Personals entbinden.

(21)

Einige Unternehmen erbringen die Dienstleistung des Triebfahrzeugführers für Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber. In diesen Fällen sollte die Verantwortung dafür, dass ein Triebfahrzeugführer eine Fahrerlaubnis und eine Bescheinigung entsprechend dieser Richtlinie besitzt, bei dem Eisenbahnunternehmen oder dem Infrastrukturbetreiber liegen, das bzw. der den Triebfahrzeugführer unter Vertrag nimmt.

(22)

Für das weitere wirksame Funktionieren des Eisenbahnverkehrs ist es erforderlich, dass die Fahrberechtigungen von Triebfahrzeugführern, die ihren Beruf bereits vor Inkrafttreten dieser Richtlinie ausgeübt haben, während eines Übergangszeitraums weiterhin Bestand haben.

(23)

Bei der Ersetzung von Fahrberechtigungen, die Triebfahrzeugführern vor Beginn der Anwendung der einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie erteilt wurden, durch harmonisierte Zusatzbescheinigungen oder Fahrerlaubnisse gemäß dieser Richtlinie sollte unnötiger Verwaltungs- und Finanzaufwand so weit wie möglich vermieden werden. Bereits erteilte Fahrberechtigungen sollten deshalb im Rahmen des Möglichen aufrechterhalten werden. Die erteilende Stelle sollte den Qualifikationen und Erfahrungen der jeweiligen Triebfahrzeugführer oder Gruppe von Triebfahrzeugführern Rechnung tragen, wenn diese Fahrberechtigungen zu ersetzen sind. Die erteilende Stelle sollte anhand der Qualifikationen und/oder Erfahrungen entscheiden, ob es bei einem Triebfahrzeugführer oder einer Gruppe von Triebfahrzeugführern erforderlich ist, dass sie eine zusätzliche Prüfung und/oder Schulung absolvieren, bevor sie ihre die Fahrberechtigungen ersetzenden Fahrerlaubnisse oder harmonisierten Zusatzbescheinigungen erhalten können. Die erteilende Stelle sollte deshalb entscheiden können, ob die Qualifikationen und/oder Erfahrungen für die Erteilung der vorgeschriebenen Fahrerlaubnisse und harmonisierten Zusatzbescheinigungen ausreichen, ohne dass eine weitere Prüfung oder Schulung erforderlich ist.

(24)

Wenn ein Triebfahrzeugführer den Arbeitgeber wechselt, sollte ebenfalls unnötiger Verwaltungs- und Finanzaufwand vermieden werden. Ein Eisenbahnunternehmen, das einen Triebfahrzeugführer einstellt, sollte den bereits erworbenen Qualifikationen Rechnung tragen und zusätzliche Prüfungen und Schulungsmaßnahmen so weit wie möglich vermeiden.

(25)

Unbeschadet der allgemeinen Regelung zur gegenseitigen Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (11), die bis zum Ende des Übergangszeitraums weiter Anwendung findet, sollte die vorliegende Richtlinie hinsichtlich der Fahrberechtigungen, die Triebfahrzeugführern vor Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erteilt wurden, kein Recht auf gegenseitige Anerkennung begründen.

(26)

Die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (12) erlassen werden.

(27)

Insbesondere sollte die Kommission die Befugnis erhalten, die Bedingungen und Kriterien für die Umsetzung dieser Richtlinie aufzustellen. Da es sich hierbei um Maßnahmen von allgemeiner Tragweite handelt, die eine Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie oder eine Ergänzung dieser Richtlinie durch Hinzufügung neuer nicht wesentlicher Bestimmungen bewirken, sind diese Maßnahmen nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle des Artikels 5a des Beschlusses 1999/468/EG zu erlassen.

(28)

Wenn aus Gründen äußerster Dringlichkeit die Fristen, die normalerweise im Rahmen des Regelungsverfahrens mit Kontrolle Anwendung finden, nicht eingehalten werden können, sollte die Kommission die Möglichkeit haben, bei der Festlegung gemeinschaftlicher Kriterien für die Auswahl der Prüfer und Prüfungen gemäß sowie bei der Anpassung der Anhänge an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt gemäß dieser Richtlinie das Dringlichkeitsverfahren des Artikels 5a Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG anzuwenden.

(29)

Nach Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung (13) sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen.

(30)

Die Mitgliedstaaten sollten Kontrollen der Einhaltung dieser Richtlinie und geeignete Maßnahmen für den Fall vorsehen, dass ein Triebfahrzeugführer gegen Bestimmungen dieser Richtlinie verstößt.

(31)

Die Mitgliedstaaten sollten geeignete Sanktionen für Verstöße gegen einzelstaatliche Vorschriften, die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassen werden, vorsehen.

(32)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung eines gemeinsamen Rechtsrahmens für die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge des Personen- und Güterverkehrverkehrs führen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Richtlinie besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(33)

Aus Gründen der Kostenwirksamkeit könnte es sich als zweckmäßig erweisen, Triebfahrzeugführer, die ausschließlich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingesetzt werden, für einen befristeten Zeitraum von der Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie auszunehmen, die sich auf die Verpflichtung dieser Triebfahrzeugführer beziehen, Fahrerlaubnisse und harmonisierte Zusatzbescheinigungen entsprechend dieser Richtlinie zu besitzen. Die Bedingungen für diese Ausnahmen sollten klar festgelegt werden.

(34)

Für Mitgliedstaaten, die nicht über ein Eisenbahnsystem verfügen und auch in nächster Zukunft nicht über ein solches verfügen werden, wäre die Verpflichtung zur Umsetzung und Durchführung dieser Richtlinie unverhältnismäßig und sinnlos. Daher sollten diese Mitgliedstaaten von der Verpflichtung zur Umsetzung und Durchführung dieser Richtlinie freigestellt werden, solange sie nicht über ein Eisenbahnsystem verfügen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ZWECK, GELTUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Zweck

In dieser Richtlinie werden die Voraussetzungen und Verfahren für die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen, festgelegt. In ihr wird geregelt, welche Aufgaben den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, den Triebfahrzeugführern und anderen Betroffenen des Sektors, insbesondere Eisenbahnunternehmen, Infrastrukturbetreibern und Ausbildungszentren, zukommen.

Artikel 2

Geltungsbereich

(1)   Diese Richtlinie gilt für die Triebfahrzeugführer, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft für ein Eisenbahnunternehmen, das über eine Sicherheitsbescheinigung verfügen muss, oder für einen Infrastrukturbetreiber, der über eine Sicherheitsgenehmigung verfügen muss, führen.

(2)   Die Mitgliedstaaten dürfen Güterzüge nicht aufgrund innerstaatlicher Vorschriften für sonstiges Zugpersonal in Güterzügen daran hindern, Grenzen zu überqueren oder Inlandsverkehrsdienste in ihrem Hoheitsgebiet zu erbringen.

(3)   Unbeschadet des Artikels 7 können die Mitgliedstaaten von den Maßnahmen, die sie zur Durchführung dieser Richtlinie treffen, Triebfahrzeugführer ausnehmen, die ausschließlich in folgenden Bereichen eingesetzt werden:

a)

Untergrundbahnen, Straßenbahnen und andere Stadtbahnsysteme;

b)

Netzen, die vom übrigen Eisenbahnsystem funktional getrennt sind und die nur für die Personen- und Güterbeförderung im örtlichen Verkehr, Stadt- oder Vorortverkehr bestimmt sind;

c)

Eisenbahninfrastruktur im Privateigentum, die ausschließlich zur Nutzung durch den Eigentümer der Infrastruktur für den eigenen Güterverkehr besteht;

d)

Streckenabschnitten, die für Instandhaltungs-, Erneuerungs- oder Modernisierungsarbeiten für den normalen Verkehr vorübergehend gesperrt sind.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)

„zuständige Behörde“ die Sicherheitsbehörde gemäß Artikel 16 der Richtlinie 2004/49/EG;

b)

„Triebfahrzeugführer“ eine Person, die in der Lage und befugt ist, Züge, einschließlich Lokomotiven, Rangierlokomotiven, Bauzügen, Eisenbahnfahrzeugen für Unterhaltungsarbeiten und Zügen für den Personen- oder Güterverkehr, selbstständig, verantwortlich und sicher zu führen;

c)

„anderes mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betrautes Zugpersonal“ das im Zug befindliche Personal, das keine Triebfahrzeugführer ist, aber zur Sicherheit des Zuges, der Fahrgäste und der beförderten Güter beiträgt;

d)

„Eisenbahnsystem“ das System, das durch die Strecken und ortsfeste Anlagen umfassende Eisenbahninfrastruktur und durch die auf dieser Infrastruktur verkehrenden Fahrzeuge jeder Kategorie und Herkunft gebildet wird, wie es in den Richtlinien 96/48/EG und 2001/16/EG definiert wurde;

e)

„Infrastrukturbetreiber“ jede Stelle oder jedes Unternehmen, die bzw. das gemäß Artikel 3 der Richtlinie 91/440/EWG insbesondere für die Einrichtung und die Unterhaltung von Eisenbahninfrastruktur oder Teilen davon zuständig ist und auch die Führung der Betriebsleit- und Sicherheitssysteme der Infrastruktur umfassen kann. Die Funktionen des Infrastrukturbetreibers in einem Schienennetz oder in Teilen davon können verschiedenen Stellen oder Unternehmen übertragen werden;

f)

„Eisenbahnunternehmen“ jedes Eisenbahnunternehmen im Sinne der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Infrastrukturkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (14) sowie jedes sonstige öffentlich-rechtliche oder private Unternehmen, dessen Tätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss. Dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktionsleistung sicherstellen;

g)

„technische Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI)“ die Spezifikationen, die für jedes Teilsystem oder Teile davon zur Erfüllung der grundlegenden Anforderungen und zur Gewährleistung der Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems und des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems im Sinne der Richtlinien 96/48/EG und 2001/16/EG gelten;

h)

„Agentur“ die durch die Verordnung (EG) Nr. 881/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (15) vom 29. April 2004 errichtete Europäische Eisenbahnagentur;

i)

„Sicherheitsbescheinigung“ die Bescheinigung, die einem Eisenbahnunternehmen von einer zuständigen Behörde gemäß Artikel 10 der Richtlinie 2004/49/EG erteilt wurde;

j)

„Bescheinigung“ die harmonisierte Zusatzbescheinigung, in der aufgeführt ist, auf welcher Infrastruktur der Inhaber fahren und welche Fahrzeuge er führen darf;

k)

„Sicherheitsgenehmigung“ die Genehmigung, die einem Infrastrukturbetreiber von einer zuständigen Behörde gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2004/49/EG erteilt wird;

l)

„Ausbildungszentrum“ eine von der zuständigen Behörde für die Erteilung der Lehrgänge zugelassene oder anerkannte Stelle.

KAPITEL II

ZERTIFIZIERUNG VON TRIEBFAHRZEUGFÜHRERN

Artikel 4

Gemeinschaftsmodell für die Zertifizierung

(1)   Jeder Triebfahrzeugführer muss die für das Führen eines Zuges erforderliche Eignung und Qualifikation besitzen und folgende Dokumente vorweisen können:

a)

eine Fahrerlaubnis, aus der hervorgeht, dass der Triebfahrzeugführer die Mindestvoraussetzungen in Bezug auf medizinische Anforderungen, Grundausbildung und allgemeine berufliche Kenntnisse erfüllt. Die Fahrerlaubnis enthält die persönlichen Daten des Triebfahrzeugführers, die ausstellende Behörde und die Gültigkeitsdauer. Bis zur Festlegung des Gemeinschaftsmodells für die Zertifizierung nach Absatz 4 hat die Fahrerlaubnis den Anforderungen des Anhangs I zu entsprechen;

b)

eine oder mehrere Bescheinigungen, in der bzw. denen aufgeführt ist, auf welcher Infrastruktur der Inhaber welche Fahrzeuge führen darf. Jede Bescheinigung hat den Anforderungen des Anhangs I zu entsprechen.

(2)   Die vorgeschriebene Bescheinigung für einen bestimmten Teil der Infrastruktur ist jedoch in den nachstehend aufgeführten Ausnahmefällen nicht erforderlich, sofern ein anderer Triebfahrzeugführer, der über eine gültige Bescheinigung für die betreffende Infrastruktur verfügt, während des Fahrbetriebs neben dem Triebfahrzeugführer sitzt:

a)

vom Infrastrukturbetreiber festgelegte Umleitung von Zügen oder Instandhaltung der Gleise aufgrund von Störungen des Eisenbahndienstes;

b)

einmalige Sonderfahrten mit historischen Zügen;

c)

einmalige Sonderfahrten im Güterverkehr, sofern der Infrastrukturbetreiber zustimmt;

d)

Auslieferung oder Vorführung eines neuen Zuges oder Triebfahrzeugs;

e)

Ausbildungs- und Prüfungsfahrten von Triebfahrzeugführern.

Der Rückgriff auf diese Möglichkeit liegt in der Entscheidung des Eisenbahnunternehmens und kann weder von dem betreffenden Infrastrukturbetreiber noch von der zuständigen Behörde vorgeschrieben werden.

Wird ein zusätzlicher Fahrer auf die vorstehend festgelegte Weise eingesetzt, so ist das dem Infrastrukturbetreiber zuvor mitzuteilen.

(3)   Die Bescheinigung berechtigt zum Führen von Eisenbahnfahrzeugen einer oder mehrerer der folgenden Klassen:

a)

Klasse A: Rangierlokomotiven, Bauzüge, Eisenbahnfahrzeuge für Unterhaltungsarbeiten und alle anderen Lokomotiven während des Rangierbetriebs;

b)

Klasse B: Personen- und/oder Güterverkehr.

Eine Bescheinigung kann eine Genehmigung für alle Kategorien enthalten, die alle Codes nach Absatz 4 abdeckt.

(4)   Bis zum 4. Dezember 2008 legt die Kommission auf der Grundlage eines von der Agentur erarbeiteten Entwurfs ein Gemeinschaftsmodell für die Fahrerlaubnis, die Bescheinigung und die beglaubigte Kopie der Bescheinigung fest und bestimmt auch deren äußere Merkmale; dabei trägt die Kommission Maßnahmen für den Fälschungsschutz Rechnung. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 32 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

Bis zum 4. Dezember 2008 legt die Kommission nach dem in Artikel 32 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle auf der Grundlage einer Empfehlung der Agentur die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung im Zusammenhang mit den Gemeinschaftscodes für die verschiedenen Typen in den Kategorien A und B nach Absatz 3 des vorliegenden Artikels fest.

Artikel 5

Maßnahmen gegen Betrug

Die zuständigen Behörden und die ausstellenden Stellen ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um der Fälschung von Fahrerlaubnissen und Bescheinigungen und der Manipulation der in Artikel 22 vorgesehenen Register vorzubeugen.

Artikel 6

Eigentum, Sprache und ausstellende Stellen

(1)   Die Fahrerlaubnis ist Eigentum des Inhabers und wird von der zuständigen Behörde im Sinne des Artikels 3 Buchstabe a ausgestellt. Wenn eine zuständige Behörde oder ihr Vertreter eine Fahrerlaubnis in einer Landessprache ausstellt, die keine Gemeinschaftssprache ist, stellt sie bzw. er eine zweisprachige Fassung der Fahrerlaubnis aus, bei der eine Gemeinschaftssprache verwendet wird.

(2)   Die Bescheinigung wird vom Eisenbahnunternehmen oder vom Infrastrukturbetreiber ausgestellt, das bzw. der den Triebfahrzeugführer beschäftigt oder unter Vertrag genommen hat. Die Bescheinigung ist Eigentum des ausstellenden Eisenbahnunternehmens oder Infrastrukturbetreibers; der Triebfahrzeugführer hat jedoch gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Richtlinie 2004/49/EG einen Anspruch auf Ausstellung einer beglaubigten Kopie. Wenn ein Eisenbahnunternehmen oder ein Infrastrukturbetreiber eine Bescheinigung in einer Landessprache ausstellt, die keine Gemeinschaftssprache ist, stellt es bzw. er eine zweisprachige Fassung der Bescheinigung aus, bei der eine Gemeinschaftssprache verwendet wird.

Artikel 7

Geografischer Geltungsbereich

(1)   Eine Fahrerlaubnis gilt für das gesamte Gebiet der Gemeinschaft.

(2)   Eine Bescheinigung gilt ausschließlich für die in ihr aufgeführten Infrastrukturen und Fahrzeuge.

Artikel 8

Anerkennung der Zertifizierungsdokumente von Triebfahrzeugführern aus Drittländern

Zertifizierungsdokumente von Triebfahrzeugführern aus Drittländern, die ausschließlich in grenzüberschreitenden Abschnitten des Eisenbahnsystems eines Mitgliedstaats eingesetzt werden, können von diesem Mitgliedstaat im Rahmen bilateraler Vereinbarungen mit dem betreffenden Drittland anerkannt werden.

KAPITEL III

VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE ERTEILUNG DER FAHRERLAUBNIS UND DER BESCHEINIGUNG

Artikel 9

Mindestanforderungen

(1)   Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ist, dass der Bewerber die in den Artikeln 10 und 11 genannten Mindestanforderungen erfüllt. Voraussetzung für die Erteilung einer Bescheinigung und für deren weitere Gültigkeit ist, dass der Bewerber Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und die in den Artikeln 12 und 13 genannten Mindestanforderungen erfüllt.

(2)   Ein Mitgliedstaat kann für die Erteilung von Fahrerlaubnissen in seinem Hoheitsgebiet strengere Anforderungen festlegen. Dessen ungeachtet erkennt er die von anderen Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnisse gemäß Artikel 7 an.

Abschnitt I

Fahrerlaubnis

Artikel 10

Mindestalter

Die Mitgliedstaaten schreiben für die Bewerber um eine Fahrerlaubnis ein Mindestalter vor, das mindestens 20 Jahre beträgt. Die Mitgliedstaaten können jedoch Bewerbern, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, eine Fahrerlaubnis erteilen, die nur im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der sie erteilt hat, gültig ist.

Artikel 11

Grundlegende Anforderungen

(1)   Der Bewerber muss eine mindestens neunjährige Schulausbildung (Primar- und Sekundarstufe) sowie eine Grundausbildung, die der Stufe 3 gemäß der Entscheidung 85/368/EWG des Rates vom 16. Juli 1985 über die Entsprechungen der beruflichen Befähigungsnachweise zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften (16) entspricht, erfolgreich abgeschlossen haben.

(2)   Der Bewerber muss seine physische Eignung im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung nachweisen, die je nach Festlegung durch den Mitgliedstaat entweder von einem gemäß Artikel 20 zugelassenen oder anerkannten Arzt oder unter dessen Aufsicht durchgeführt wird. Diese Untersuchung erstreckt sich mindestens auf die in Anhang II Abschnitte 1.1, 1.2, 1.3 und 2.1 aufgeführten Punkte.

(3)   Der Bewerber muss seine arbeitspsychologische Eignung im Rahmen einer Untersuchung nachweisen, die je nach Festlegung durch den Mitgliedstaat entweder von einem gemäß Artikel 20 zugelassenen oder anerkannten Psychologen oder Arzt oder unter dessen Aufsicht durchgeführt wird. Diese Untersuchung erstreckt sich mindestens auf die in Anhang II Abschnitt 2.2 aufgeführten Punkte.

(4)   Der Bewerber muss seine allgemeinen Fachkenntnisse im Rahmen einer Prüfung nachgewiesen haben, die mindestens die in Anhang IV aufgeführten allgemeinen Themen umfasst.

Abschnitt II

Bescheinigung

Artikel 12

Sprachkenntnisse

Der Bewerber muss die in Anhang VI vorgeschriebenen Sprachkenntnisse vorweisen, welche für die Infrastrukturen geprüft werden, für die die Bescheinigung beantragt wird.

Artikel 13

Berufliche Qualifikation

(1)   Der Bewerber muss eine Prüfung seiner beruflichen Kenntnisse und seiner Befähigung für die Fahrzeuge bestanden haben, für die die Bescheinigung angestrebt wird. Diese Prüfung muss mindestens die in Anhang V aufgeführten allgemeinen Themen umfassen.

(2)   Der Bewerber muss eine Prüfung seiner beruflichen Kenntnisse und seiner Befähigung für die jeweiligen Infrastrukturen bestanden haben, für die die Bescheinigung angestrebt wird. Diese Prüfung muss mindestens die in Anhang VI aufgeführten Themen umfassen. Gegebenenfalls werden in dieser Prüfung auch die Sprachkenntnisse gemäß Anhang VI Abschnitt 8 geprüft.

(3)   Der Bewerber wird vom Eisenbahnunternehmen oder vom Infrastrukturbetreiber für dessen in der Richtlinie 2004/49/EG vorgeschriebenes Sicherheitsmanagementsystem geschult.

KAPITEL IV

VERFAHREN FÜR DIE ERTEILUNG DER FAHRERLAUBNIS UND DER BESCHEINIGUNG

Artikel 14

Erteilung der Fahrerlaubnis

(1)   Die zuständige Behörde macht das Verfahren zur Erteilung einer Fahrerlaubnis öffentlich bekannt.

(2)   Alle Anträge auf Erteilung einer Fahrerlaubnis sind vom Bewerber selbst oder von einer Stelle in seinem Namen bei der zuständigen Behörde einzureichen.

(3)   Der Antrag bei der zuständigen Behörde kann auf die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis, auf eine Aktualisierung der Einzelangaben in der Fahrerlaubnis, auf eine Erneuerung oder auf die Ausstellung eines Duplikats gerichtet sein.

(4)   Die zuständige Behörde erteilt die Fahrerlaubnis so bald wie möglich, spätestens jedoch einen Monat nach Eingang aller erforderlichen Unterlagen.

(5)   Die Fahrerlaubnis ist vorbehaltlich des Artikels 16 Absatz 1 zehn Jahre lang gültig.

(6)   Die Fahrerlaubnis wird in einem einzigen Original erteilt. Jede Art der Vervielfältigung, ausgenommen der Fall eines Antrags auf Ausstellung eines Duplikats durch die zuständige Behörde, ist verboten.

Artikel 15

Ausstellung der Bescheinigung

Jedes Eisenbahnunternehmen und jeder Infrastrukturbetreiber richtet im Rahmen seines Sicherheitsmanagementsystems Verfahren für die Ausstellung oder Aktualisierung der Bescheinigungen gemäß dieser Richtlinie ein sowie Beschwerdeverfahren, die es den Triebfahrzeugführern ermöglichen, die Überprüfung einer Entscheidung über die Ausstellung, Aktualisierung, Aussetzung oder Entziehung einer Bescheinigung zu verlangen.

Die Parteien können sich an die zuständige Behörde oder an eine unabhängige Beschwerdestelle wenden, sollte keine Einigung erzielt werden.

Das Eisenbahnunternehmen bzw. der Infrastrukturbetreiber aktualisiert die Bescheinigung unverzüglich, wenn dem Inhaber der Bescheinigung zusätzliche Genehmigungen für bestimmte Fahrzeuge oder Infrastrukturen erteilt wurden.

Artikel 16

Regelmäßige Überprüfungen

(1)   Zur Aufrechterhaltung der Gültigkeit der Fahrerlaubnis hat sich der Inhaber regelmäßigen Überprüfungen und bzw. oder Kontrollen der in Artikel 11 Absätze 2 und 3 genannten Anforderungen zu unterziehen. Bei den medizinischen Anforderungen ist die Mindesthäufigkeit nach Anhang II Abschnitt 3.1 einzuhalten. Diese ärztlichen Untersuchungen werden von einem gemäß Artikel 20 zugelassenen oder anerkannten Arzt oder unter dessen Aufsicht durchgeführt. Für die allgemeinen beruflichen Kenntnisse gilt Artikel 23 Absatz 8.

Bei Erneuerung einer Fahrerlaubnis überprüft die zuständige Behörde anhand des Registers nach Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe a, ob der Triebfahrzeugführer die Anforderungen des Unterabsatzes 1 des vorliegenden Absatzes erfüllt hat.

(2)   Zur Aufrechterhaltung der Gültigkeit der Bescheinigung hat sich der Inhaber regelmäßigen Überprüfungen und bzw. oder Kontrollen der in den Artikeln 12 und 13 genannten Anforderungen zu unterziehen. Die Häufigkeit dieser Überprüfungen und/oder Kontrollen ist vom Eisenbahnunternehmen oder vom Infrastrukturbetreiber, das bzw. der den Triebfahrzeugführer beschäftigt oder unter Vertrag genommen hat, gemäß seinem internen Sicherheitsmanagementsystem festzulegen, wobei die in Anhang VII vorgesehene Mindesthäufigkeit einzuhalten ist.

Bei jeder dieser Überprüfungen bestätigt die Stelle, die die Bescheinigung ausgestellt hat, durch einen Vermerk auf der Bescheinigung selbst und einen entsprechenden Eintrag im Register nach Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a, dass der Triebfahrzeugführer die Anforderungen des Unterabsatzes 1 des vorliegenden Absatzes erfüllt hat.

(3)   Versäumt der Triebfahrzeugführer eine regelmäßige Überprüfung oder ergibt die Überprüfung ein negatives Ergebnis, so gilt das Verfahren des Artikels 18.

Artikel 17

Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses

Wenn ein Triebfahrzeugführer nicht länger für ein Eisenbahnunternehmen oder einen Infrastrukturbetreiber arbeitet, setzt das Eisenbahnunternehmen oder der Infrastrukturbetreiber die zuständige Behörde unverzüglich davon in Kenntnis.

Die Fahrerlaubnis bleibt gültig, solange die Voraussetzungen des Artikels 16 Absatz 1 weiterhin erfüllt sind.

Die Bescheinigung wird ungültig, wenn ihr Inhaber nicht länger als Triebfahrzeugführer beschäftigt ist. Der Inhaber erhält jedoch eine beglaubigte Kopie der Bescheinigung und sämtlicher Nachweise seiner Ausbildung, seiner Qualifikation, seiner Berufserfahrung und seiner beruflichen Befähigung. Bei der Ausstellung einer Bescheinigung an einen Triebfahrzeugführer trägt ein Eisenbahnunternehmen oder ein Infrastrukturbetreiber diesen Unterlagen Rechnung.

Artikel 18

Überwachung von Triebfahrzeugführern durch Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber

(1)   Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber sind zu verpflichten, dafür zu sorgen und zu überprüfen, dass die Fahrerlaubnisse und die Bescheinigungen der von ihnen beschäftigten oder unter Vertrag genommenen Triebfahrzeugführer gültig sind.

Sie richten ein System zur Überwachung ihrer Triebfahrzeugführer ein. Stellen die Ergebnisse einer solchen Überwachung die berufliche Befähigung eines Triebfahrzeugführers und die Aufrechterhaltung der Fahrerlaubnis oder der Bescheinigung in Frage, so ergreift das Eisenbahnunternehmen bzw. der Infrastrukturbetreiber unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen.

(2)   Ist ein Triebfahrzeugführer der Ansicht, dass sein Gesundheitszustand seine berufliche Eignung in Frage stellt, so hat er je nach Sachlage unverzüglich das Eisenbahnunternehmen oder den Infrastrukturbetreiber zu unterrichten.

Sobald ein Eisenbahnunternehmen oder ein Infrastrukturbetreiber davon Kenntnis hat oder von einem Arzt darüber unterrichtet wird, dass der Gesundheitszustand eines Triebfahrzeugführers sich so weit verschlechtert hat, dass seine berufliche Eignung in Frage gestellt ist, ergreift es bzw. er unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen, einschließlich der Untersuchung nach Anhang II Abschnitt 3.1. und, gegebenenfalls, der Entziehung der Bescheinigung sowie der Aktualisierung des Registers nach Artikel 22 Absatz 2. Darüber hinaus hat es bzw. er dafür zu sorgen, dass ein Triebfahrzeugführer während seines Dienstes zu keinem Zeitpunkt unter dem Einfluss von Stoffen steht, die seine Konzentration, seine Aufmerksamkeit oder sein Verhalten beeinträchtigen können. Die zuständige Behörde ist in jedem Fall unverzüglich zu unterrichten, wenn eine Arbeitsunfähigkeit länger als drei Monate andauert.

KAPITEL V

AUFGABEN UND ENTSCHEIDUNGEN DER ZUSTÄNDIGEN BEHÖRDE

Artikel 19

Aufgaben der zuständigen Behörde

(1)   Die zuständige Behörde nimmt in transparenter und nicht diskriminierender Weise folgende Aufgaben wahr:

a)

Erteilung und Aktualisierung von Fahrerlaubnissen und Ausstellung von Duplikaten gemäß den Artikeln 6 und 14;

b)

Durchführung regelmäßiger Überprüfungen und bzw. oder Kontrollen gemäß Artikel 16 Absatz 1;

c)

Aussetzung und Entziehung von Fahrerlaubnissen und — an die ausstellende Stelle gerichtete — begründete Aufforderungen zur Aussetzung von Bescheinigungen gemäß Artikel 29;

d)

Anerkennung von Personen oder Stellen gemäß den Artikeln 23 und 25, sofern sie vom jeweiligen Mitgliedstaat hierfür bestellt wurden;

e)

Gewährleistung, dass ein Register der gemäß Artikel 20 zugelassenen oder anerkannten Personen und Stellen veröffentlicht und aktualisiert wird;

f)

Führung und Aktualisierung des in Artikel 16 Absatz 1 und Artikel 22 Absatz 1 vorgesehenen Fahrerlaubnisregisters;

g)

Überwachung des Verfahrens für die Zertifizierung der Triebfahrzeugführer gemäß Artikel 26;

h)

Durchführung von Kontrollen gemäß Artikel 29;

i)

Festlegung nationaler Kriterien für Prüfer nach Artikel 25 Absatz 5.

Im Vorfeld der Erteilung einer Fahrerlaubnis reagiert die zuständige Behörde umgehend auf Informationsanfragen und legt unverzüglich etwaige Ersuchen um zusätzliche Informationen vor.

(2)   Die zuständige Behörde darf die in Absatz 1 Buchstaben c, g und i genannten Aufgaben nicht an Dritte übertragen.

(3)   Die Übertragung von Aufgaben an Dritte erfolgt in transparenter und nicht diskriminierender Weise und darf nicht zu Interessenkonflikten führen.

(4)   Überträgt die zuständige Behörde die in Absatz 1 Buchstabe a oder b genannten Aufgaben einem Eisenbahnunternehmen oder gibt sie ihm diese Aufgaben in Auftrag, so muss mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt sein:

a)

Das Eisenbahnunternehmen erteilt nur den eigenen Triebfahrzeugführern Fahrerlaubnisse;

b)

das Eisenbahnunternehmen ist in dem betroffenen Hoheitsgebiet für keine der ihm übertragenen oder in Auftrag gegebenen Aufgaben ausschließlich zuständig.

(5)   Überträgt die zuständige Behörde Aufgaben oder gibt sie diese in Auftrag, so sind die ermächtigten Vertreter oder Auftragnehmer zu verpflichten, bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben den Verpflichtungen der zuständigen Behörde aus dieser Richtlinie nachzukommen.

(6)   Überträgt die zuständige Behörde Aufgaben oder gibt sie diese in Auftrag, so richtet sie ein Kontrollsystem ein, mit dem überprüft wird, wie diese Aufgaben ausgeführt worden sind, und gewährleistet die Einhaltung der in den Absätzen 2, 4 und 5 festgelegten Bedingungen.

Artikel 20

Zulassung und Anerkennung

(1)   Nach dieser Richtlinie zugelassene Personen oder Stellen werden von einer vom betreffenden Mitgliedstaat benannten Akkreditierungsstelle zugelassen. Die Zulassung erfolgt anhand der Kriterien Unabhängigkeit, Sachverstand und Unparteilichkeit, beispielsweise anhand der einschlägigen europäischen Normen der Reihe EN 45 000, sowie aufgrund der Auswertung der von den Bewerbern vorgelegten Unterlagen, in denen sie ihre Fähigkeiten in dem betreffenden Bereich nachweisen.

(2)   Alternativ zur Zulassung nach Absatz 1 kann ein Mitgliedstaat vorsehen, dass die im Rahmen dieser Richtlinie anerkannten Personen oder Stellen von der zuständigen Behörde oder einer vom betreffenden Mitgliedstaat benannten Stelle anerkannt werden. Die Anerkennung erfolgt anhand der Kriterien Unabhängigkeit, Sachverstand und Unparteilichkeit. In den Fällen, in denen der spezielle Sachverstand äußerst selten ist, ist jedoch eine Ausnahme von dieser Regel nach einer befürwortenden Stellungnahme der Kommission zulässig, die diese nach dem in Artikel 32 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren abgibt.

Das Kriterium der Unabhängigkeit findet keine Anwendung bei der Ausbildung im Sinne von Artikel 23 Absätze 5 und 6.

(3)   Die zuständige Behörde sorgt für die Veröffentlichung und Aktualisierung eines Registers der Personen und Stellen, die im Rahmen dieser Richtlinie zugelassen oder anerkannt worden sind.

Artikel 21

Entscheidungen der zuständigen Behörde

(1)   Die zuständige Behörde hat ihre Entscheidungen zu begründen.

(2)   Die zuständige Behörde sorgt dafür, dass ein Verwaltungsbeschwerdeverfahren eingerichtet wird, das es dem Arbeitgeber und dem Triebfahrzeugführer ermöglicht, die Überprüfung von Entscheidungen über alle im Rahmen dieser Richtlinie gestellten Anträgen zu verlangen.

(3)   Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um eine gerichtliche Überprüfung der von der zuständigen Behörde getroffenen Entscheidungen sicherzustellen.

Artikel 22

Register und Datenaustausch

(1)   Die zuständigen Behörden sind zu verpflichten,

a)

ein Register aller erteilten, aktualisierten, erneuerten, geänderten, abgelaufenen, ausgesetzten, entzogenen oder als verloren, gestohlen oder zerstört gemeldeten Fahrerlaubnisse zu führen. Dieses Register enthält für jede Fahrerlaubnis die in Anhang I Abschnitt 4 vorgeschriebenen Angaben, die mit Hilfe der jedem Triebfahrzeugführer zugewiesenen nationalen Kennnummer zugänglich sind. Das Register ist regelmäßig zu aktualisieren;

b)

den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten, der Agentur oder jedem Arbeitgeber von Triebfahrzeugführern auf begründete Anfrage Auskunft über den Status der Fahrerlaubnisse zu erteilen.

(2)   Die Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber sind zu verpflichten,

a)

ein Register aller ausgestellten, aktualisierten, erneuerten, geänderten, abgelaufenen, ausgesetzten, entzogenen oder als verloren, gestohlen oder zerstört gemeldeten Bescheinigungen zu führen oder dafür zu sorgen, dass ein solches Register geführt wird. Dieses Register enthält die in Anhang I Abschnitt 4 vorgeschriebenen Angaben jeder Bescheinigung sowie die Angaben zu den regelmäßigen Überprüfungen gemäß Artikel 16. Das Register ist regelmäßig zu aktualisieren;

b)

mit der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen sind, zusammenzuarbeiten, um Informationen mit der zuständigen Behörde auszutauschen und ihr Zugang zu den angeforderten Daten zu geben;

c)

den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten auf deren Anfrage Auskünfte über den Inhalt dieser Bescheinigungen zu erteilen, sofern das aufgrund ihrer grenzüberschreitenden Tätigkeiten erforderlich ist.

(3)   Der Triebfahrzeugführer hat Zugang zu seinen in den Registern der zuständigen Behörden sowie in den Registern der Eisenbahnunternehmen gespeicherten Daten und erhält auf Antrag eine Kopie dieser Daten.

(4)   Die zuständigen Behörden arbeiten mit der Agentur zusammen, um die Interoperabilität der in den Absätzen 1 und 2 genannten Register sicherzustellen.

Dazu legt die Kommission bis zum 4. Dezember 2008 auf der Grundlage eines von der Agentur erarbeiteten Entwurfs die Eckdaten der einzurichtenden Register fest, wie die zu registrierenden Daten, das Format dieser Daten und das Datenaustauschprotokoll, die Zugriffsrechte, die Dauer der Speicherung der Daten sowie das zu befolgende Verfahren bei Insolvenz. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 32 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

(5)   Die zuständigen Behörden, Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnunternehmen stellen sicher, dass die Register nach den Absätzen 1 und 2 und die Art der Nutzung dieser Register der Richtlinie 95/46/EG entsprechen.

(6)   Die Agentur stellt sicher, dass das nach Absatz 2 Buchstaben a und b eingeführte System der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 entspricht.

KAPITEL VI

AUSBILDUNG UND PRÜFUNG DER TRIEBFAHRZEUGFÜHRER

Artikel 23

Ausbildung

(1)   Die Ausbildung von Triebfahrzeugführern umfasst einen Teil, der sich auf die Fahrerlaubnis bezieht und die allgemeinen beruflichen Fertigkeiten gemäß Anhang IV zum Gegenstand hat, und einen Teil, der sich auf die Bescheinigung bezieht und die speziellen beruflichen Fertigkeiten gemäß den Anhängen V und VI zum Gegenstand hat.

(2)   Die Ausbildungsmethode muss den Kriterien des Anhangs III genügen.

(3)   Die Ziele dieser Ausbildung sind im Einzelnen für die Fahrerlaubnis in Anhang IV und für die Bescheinigung in den Anhängen V und VI festgelegt. Diese einzelnen Ausbildungsziele können ergänzt werden

a)

entweder durch die einschlägigen TSI, die im Einklang mit der Richtlinie 96/48/EG oder der Richtlinie 2001/16/EG erlassen werden. In diesem Fall stellt die Kommission die Übereinstimmung zwischen den TSI und den Anhängen IV, V und VI sicher, oder

b)

durch die von der Agentur gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 881/2004 vorgeschlagenen Kriterien. Diese Kriterien zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 32 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

(4)   Gemäß Artikel 13 der Richtlinie 2004/49/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Bewerber einen fairen und nicht diskriminierenden Zugang zu der Ausbildung haben, die zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis und die Ausstellung der Bescheinigung erforderlich ist.

(5)   Ausbildungsaufgaben im Bereich der allgemeinen beruflichen Kenntnisse nach Artikel 11 Absatz 4, Sprachkenntnisse nach Artikel 12 und beruflichen Kenntnisse für die Fahrzeuge nach Artikel 13 Absatz 1 werden von Personen oder Stellen wahrgenommen, die gemäß Artikel 20 zugelassen oder anerkannt sind.

(6)   Ausbildungsaufgaben im Bereich der Infrastrukturkenntnisse nach Artikel 13 Absatz 2, einschließlich der Streckenkenntnis und der Kenntnis der Betriebsvorschriften und -verfahren, werden von Personen oder Stellen wahrgenommen, die von dem Mitgliedstaat zugelassen oder anerkannt sind, in dem sich die Infrastruktur befindet.

(7)   Bei der Fahrerlaubnis gilt für die Anerkennung der beruflichen Qualifikation von Triebfahrzeugführern, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind und ihren Ausbildungsnachweis in einem Drittland erworben haben, weiterhin die durch die Richtlinie 2005/36/EG festgelegte allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise.

(8)   Es ist ein Verfahren der ständigen Weiterbildung einzurichten, um sicherzustellen, dass die Befähigung des Personals aufrechterhalten wird entsprechend Anhang III Nummer 2 Buchstabe e der Richtlinie 2004/49/EG.

Artikel 24

Ausbildungskosten

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die von einem Eisenbahnunternehmen oder Infrastrukturbetreiber für die Berufsausbildung eines Triebfahrzeugführers getätigte Investition nicht auf unberechtigte Weise einem anderen Eisenbahnunternehmen oder Infrastrukturbetreiber zugute kommt, wenn der Triebfahrzeugführer sie freiwillig für dieses andere Eisenbahnunternehmen oder diesen anderen Infrastrukturbetreiber verlässt.

(2)   Die Umsetzung dieses Artikels wird im Rahmen des Berichts gemäß Artikel 33 berücksichtigt, insbesondere Buchstabe f.

Artikel 25

Prüfungen

(1)   Die Prüfungen zur Kontrolle der geforderten Qualifikationen und die entsprechenden Prüfer werden wie folgt festgelegt:

a)

Prüfungen und Prüfer für die Fahrerlaubnis: durch die zuständige Behörde, wenn diese das Verfahren zur Erteilung einer Fahrerlaubnis gemäß Artikel 14 Absatz 1 festlegt;

b)

Prüfungen und Prüfer für die Bescheinigung: durch das Eisenbahnunternehmen oder den Infrastrukturbetreiber, wenn diese das Verfahren zur Ausstellung der Bescheinigung gemäß Artikel 15 festlegen.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Prüfungen werden von sachkundigen Prüfern vorgenommen, die gemäß Artikel 20 zugelassen oder anerkannt sind, wobei die Prüfungen so durchzuführen sind, dass Interessenkonflikte ausgeschlossen sind.

(3)   Die Bewertung der Kenntnis der Infrastrukturen, einschließlich der Streckenkenntnis und der Kenntnis der Betriebsvorschriften, erfolgt durch Personen oder Stellen, die von dem Mitgliedstaat, in dem sich die Infrastrukturen befinden, zugelassen oder anerkannt sind.

(4)   Die in Absatz 1 genannten Prüfungen werden so organisiert, dass jeder Interessenkonflikt vermieden wird, unbeschadet der Möglichkeit, dass der Prüfer dem Eisenbahnunternehmen oder dem Infrastrukturbetreiber angehört, das bzw. der die Bescheinigung ausstellt.

(5)   Für die Auswahl der Prüfer und Prüfungen können auf der Grundlage eines von der Agentur ausgearbeiteten Entwurfs gemeinschaftliche Kriterien zugrunde gelegt werden. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung sind nach dem in Artikel 32 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle zu erlassen. Aus Gründen äußerster Dringlichkeit kann die Kommission auf das in Artikel 32 Absatz 4 genannte Dringlichkeitsverfahren zurückgreifen.

Fehlen solche gemeinschaftliche Kriterien, so legen die zuständigen Behörden nationale Kriterien fest.

(6)   Die Ausbildung wird mit einer theoretischen und einer praktischen Prüfung abgeschlossen. Das Fahrkönnen wird auf Fahrten im Streckennetz bewertet. Simulatoren können auch zur Prüfung der Anwendung der Betriebsvorschriften und der Leistung des Triebfahrzeugführers in besonders schwierigen Situationen eingesetzt werden.

KAPITEL VII

BEURTEILUNG

Artikel 26

Qualitätsnormen

Die zuständigen Behörden sorgen dafür, dass alle Tätigkeiten, die mit der Ausbildung, der Beurteilung der Fähigkeiten und der Aktualisierung von Fahrerlaubnissen und Bescheinigungen im Zusammenhang stehen, im Rahmen eines Systems von Qualitätsnormen ständig überwacht werden. Das gilt nicht für Tätigkeiten, die bereits von den Sicherheitsmanagementsystemen erfasst werden, die von Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreibern gemäß der Richtlinie 2004/49/EG eingerichtet wurden.

Artikel 27

Unabhängige Beurteilung

(1)   In jedem Mitgliedstaat wird in Abständen von höchstens fünf Jahren eine unabhängige Beurteilung der Verfahren zum Erwerb und zur Beurteilung der Fachkenntnisse und der Fähigkeiten sowie des Systems für die Erteilung von Fahrerlaubnissen und die Ausstellung von Bescheinigungen vorgenommen. Das gilt nicht für Tätigkeiten, die bereits von den Sicherheitsmanagementsystemen erfasst werden, die von Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreibern gemäß der Richtlinie 2004/49/EG eingerichtet wurden. Die Beurteilung wird von qualifizierten Personen vorgenommen, die selber die betreffenden Tätigkeiten nicht ausüben.

(2)   Die Ergebnisse dieser unabhängigen Beurteilungen werden ordnungsgemäß dokumentiert und den betroffenen zuständigen Behörden vorgelegt. Falls erforderlich, ergreifen die Mitgliedstaaten Maßnahmen, um alle bei der unabhängigen Beurteilung aufgedeckten Mängel zu beheben.

KAPITEL VIII

ZERTIFIZIERUNG VON ANDEREM ZUGPERSONAL

Artikel 28

Bericht zu anderem Zugpersonal

(1)   Die Agentur benennt in einem Bericht, der bis zum 4. Juni 2009 unter Berücksichtigung der TSI „Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung“ gemäß den Richtlinien 96/48/EG und 2001/16/EG vorzulegen ist, das Anforderungsprofil und die Aufgaben des anderen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betrauten Zugpersonals, dessen berufliche Qualifikationen zur Eisenbahnsicherheit beitragen, die mittels eines Systems von Genehmigungen und bzw. oder Bescheinigungen, das dem durch diese Richtlinie geschaffenen System vergleichbar sein kann, auf Gemeinschaftsebene geregelt werden sollten.

(2)   Auf der Grundlage dieses Berichts unterbreitet die Kommission bis zum 4. Juni 2010 einen Bericht und gegebenenfalls einen Vorschlag über das in Absatz 1 genannte System von Bescheinigungen für das andere Zugpersonal.

KAPITEL IX

KONTROLLEN UND SANKTIONEN

Artikel 29

Kontrollen durch die zuständige Behörde

(1)   Die zuständige Behörde kann jederzeit Vorkehrungen treffen, um an Bord von Zügen, die in ihrem Zuständigkeitsbereich verkehren, zu überprüfen, ob der Triebfahrzeugführer die gemäß dieser Richtlinie erteilten Dokumente vorweisen kann.

(2)   Ungeachtet der Überprüfung nach Absatz 1 kann die zuständige Behörde bei fahrlässigem Verhalten des jeweiligen Triebfahrzeugführers am Arbeitsplatz prüfen, ob der Triebfahrzeugführer die Anforderungen des Artikels 13 erfüllt.

(3)   Die zuständige Behörde kann Untersuchungen durchführen, um zu überprüfen, ob die in ihrem Zuständigkeitsbereich tätigen Triebfahrzeugführer, Eisenbahnunternehmen, Infrastrukturbetreiber, Prüfer und Ausbildungszentren diese Richtlinie einhalten.

(4)   Stellt die zuständige Behörde fest, dass ein Triebfahrzeugführer eine oder mehrere geforderte Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, so ergreift sie folgende Maßnahmen:

a)

im Falle einer von der zuständigen Behörde erteilten Fahrerlaubnis: Die zuständige Behörde setzt die Fahrerlaubnis aus. Diese Aussetzung erfolgt je nach Umfang der für die Sicherheit des Eisenbahnverkehrs verursachten Probleme vorübergehend oder auf Dauer. Sie unterrichtet unter Angabe der Gründe umgehend den betroffenen Triebfahrzeugführer und seinen Arbeitgeber von ihrer Entscheidung, wobei das Beschwerderecht nach Artikel 21 unberührt bleibt. Die zuständige Behörde teilt mit, nach welchem Verfahren die Fahrerlaubnis wiedererlangt werden kann;

b)

im Falle einer Fahrerlaubnis, die von einer zuständigen Behörde in einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde: Die zuständige Behörde wendet sich an jene Behörde und verlangt unter Angabe von Gründen entweder eine zusätzliche Kontrolle oder die Aussetzung der Fahrerlaubnis. Die ersuchende zuständige Behörde unterrichtet die Kommission und die anderen zuständigen Behörden von ihrem Ersuchen. Die Behörde, die die betreffende Fahrerlaubnis erteilt hat, prüft das Ersuchen innerhalb von vier Wochen und teilt der ersuchenden Behörde ihre Entscheidung mit. Die Behörde, die die betreffende Fahrerlaubnis erteilt hat, unterrichtet die Kommission und die anderen zuständigen Behörden von dieser Entscheidung. Bis zur Mitteilung der Entscheidung der Behörde, die die Fahrerlaubnis erteilt hat, kann jede zuständige Behörde dem betreffenden Triebfahrzeugführer den Fahrbetrieb in ihrem Zuständigkeitsbereich untersagen;

c)

im Falle einer Bescheinigung: Die zuständige Behörde wendet sich an die ausstellende Stelle und verlangt entweder eine zusätzliche Kontrolle oder die Aussetzung der Bescheinigung. Die erteilende Stelle ergreift die erforderlichen Maßnahmen und erstattet der zuständigen Behörde innerhalb von vier Wochen Rückmeldung. Bis zur Vorlage der Rückmeldung der ausstellenden Stelle kann die zuständige Behörde dem betreffenden Triebfahrzeugführer den Fahrbetrieb in ihrem Zuständigkeitsbereich untersagen und unterrichtet hiervon die Kommission und die anderen zuständigen Behörden.

Wenn die zuständige Behörde der Auffassung ist, dass ein bestimmter Triebfahrzeugführer eine erhebliche Gefährdung der Sicherheit des Eisenbahnverkehrs darstellt, ergreift sie auf jeden Fall unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen, indem sie beispielsweise den Infrastrukturbetreiber auffordert, den Zug anzuhalten, und dem Triebfahrzeugführer den Fahrbetrieb in ihrem Zuständigkeitsbereich so lange wie nötig untersagt. Sie unterrichtet die Kommission und die anderen zuständigen Behörden von jeder solchen Entscheidung.

In allen Fällen aktualisiert die zuständige Behörde oder die zu diesem Zweck benannte Stelle das Register nach Artikel 22.

(5)   Ist eine zuständige Behörde der Auffassung, dass eine von einer zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats gemäß Absatz 4 getroffene Entscheidung die einschlägigen Kriterien nicht erfüllt, so wird die Kommission mit dieser Frage befasst, die dann innerhalb von drei Monaten dazu Stellung nimmt. Dem betreffenden Mitgliedstaat werden erforderlichenfalls geeignete Abhilfemaßnahmen vorgeschlagen. Bei Meinungsverschiedenheiten oder in Streitfällen wird der in Artikel 32 Absatz 1 genannte Ausschuss mit dieser Frage befasst, und die Kommission trifft nach dem in Artikel 32 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren die notwendigen Maßnahmen. Ein Mitgliedstaat kann das Fahrverbot für den betreffenden Triebfahrzeugführer in seinem Hoheitsgebiet nach Absatz 4 aufrechterhalten, bis die Angelegenheit gemäß dem vorliegenden Absatz abgeschlossen ist.

Artikel 30

Sanktionen

Unbeschadet anderer in dieser Richtlinie vorgesehener Sanktionen und Verfahren legen die Mitgliedstaaten für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Durchsetzung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig, nicht diskriminierend und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen diese Bestimmungen der Kommission spätestens zu dem in Artikel 36 Absatz 1 Unterabsatz 1 genannten Zeitpunkt mit und melden ihr spätere Änderungen unverzüglich.

KAPITEL X

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 31

Anpassung der Anhänge

(1)   Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt werden nach dem in Artikel 32 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen. Aus Gründen äußerster Dringlichkeit kann die Kommission auf das in Artikel 32 Absatz 4 genannte Dringlichkeitsverfahren zurückgreifen.

(2)   Betreffen diese Änderungen die Gesundheit, die Sicherheitskriterien oder die Berufsqualifikationen, so stellt. die Kommission sicher, dass die Sozialpartner vor dem Erlass der Änderungen angehört werden.

Artikel 32

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von dem durch Artikel 21 der Richtlinie 96/48/EG eingesetzten Ausschuss unterstützt.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

(4)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1, 2, 4 und 6 sowie Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Artikel 33

Bericht

Die Agentur beurteilt die Entwicklung der gemäß dieser Richtlinie vorgenommenen Zertifizierung von Triebfahrzeugführern. Sie legt der Kommission spätestens vier Jahre nach Festlegung der Eckdaten der Register nach Artikel 22 Absatz 4 einen Bericht vor, in dem sie gegebenenfalls Systemverbesserungen bei folgenden Punkten vorschlägt:

a)

Verfahren für die Erteilung von Fahrerlaubnissen und die Ausstellung von Bescheinigungen,

b)

Zulassung von Ausbildungszentren und Prüfern,

c)

das von den zuständigen Behörden eingerichtete Qualitätssicherungssystem,

d)

gegenseitige Anerkennung von Befähigungsnachweisen,

e)

Angemessenheit der Ausbildungsanforderungen in den Anhängen IV, V und VI in Bezug auf die Marktstruktur und auf die in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a genannten Klassen,

f)

Vernetzung von Registern und Mobilität auf dem Arbeitsmarkt.

Darüber hinaus kann die Agentur in diesem Bericht gegebenenfalls Maßnahmen für die theoretische und praktische Prüfung der Fachkenntnisse der Bewerber um die harmonisierte Bescheinigung für Fahrzeuge und die entsprechenden Infrastrukturen empfehlen.

Die Kommission ergreift anhand dieser Empfehlungen die geeigneten Maßnahmen und schlägt erforderlichenfalls Änderungen dieser Richtlinie vor.

Artikel 34

Einsatz von Chipkarten

Die Agentur prüft bis zum 4. Dezember 2012 die Möglichkeit des Einsatzes einer Chipkarte, die die Fahrerlaubnis und die Bescheinigungen nach Artikel 4 miteinander kombiniert, und erstellt eine Kosten-Nutzen-Analyse.

Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie, die die technischen und betriebsbezogenen Spezifikationen einer solchen Chipkarte betreffen, werden auf der Grundlage eines von der Agentur ausgearbeiteten Entwurfs nach dem in Artikel 32 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

Bedarf die Inbetriebnahme der Chipkarte keiner Änderung dieser Richtlinie oder ihrer Anhänge, so werden die Spezifikationen der Chipkarte nach dem in Artikel 32 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren erlassen.

Artikel 35

Zusammenarbeit

Die Mitgliedstaaten unterstützen sich gegenseitig bei der Durchführung dieser Richtlinie. Die zuständigen Behörden arbeiten in dieser Durchführungsphase zusammen.

Die Agentur fördert diese Zusammenarbeit und organisiert zu diesem Zweck geeignete Zusammenkünfte mit Vertretern der zuständigen Behörden.

Artikel 36

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 4. Dezember 2009 nachzukommen. Sie übermitteln der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. Die Kommission setzt die anderen Mitgliedstaaten davon in Kenntnis.

(3)   Malta und Zypern sind von der Pflicht zur Umsetzung und Durchführung dieser Richtlinie ausgenommen, solange in ihrem Hoheitsgebiet kein Eisenbahnsystem besteht.

Artikel 37

Schrittweise Durchführung und Übergangszeiträume

Die Durchführung dieser Richtlinie erfolgt in folgenden Schritten:

1.

Die Register nach Artikel 22 werden innerhalb von zwei Jahren nach Festlegung der Eckdaten der Register im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 eingerichtet.

2.

a)

Innerhalb von zwei Jahren nach Festlegung der Eckdaten der Register im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 werden Triebfahrzeugführern, die im grenzüberschreitenden Verkehr, im Kabotageverkehr oder im Frachtverkehr in einem anderen Mitgliedstaat eingesetzt werden oder in mindestens zwei Mitgliedstaaten tätig sind, Bescheinigungen oder Fahrerlaubnisse unbeschadet der Nummer 3 nach Maßgabe dieser Richtlinie erteilt bzw. ausgestellt.

Ab demselben Zeitpunkt müssen sich alle Triebfahrzeugführer, die die vorstehend aufgeführten Dienstleistungen erbringen — auch jene, denen noch keine Fahrerlaubnis gemäß dieser Richtlinie erteilt wurde oder die noch nicht gemäß dieser Richtlinie zertifiziert sind —, den regelmäßigen Überprüfungen nach Artikel 16 unterziehen.

b)

Innerhalb von zwei Jahren nach Einrichtung der Register gemäß Nummer 1 müssen alle neuen Fahrerlaubnisse und Bescheinigungen unbeschadet der Nummer 3 nach Maßgabe dieser Richtlinie erteilt bzw. ausgestellt werden.

c)

Innerhalb von sieben Jahren nach Einrichtung der Register gemäß Nummer 1 müssen alle Triebfahrzeugführer im Besitz von Fahrerlaubnissen und Bescheinigungen sein, die dieser Richtlinie entsprechen. Die erteilenden bzw. ausstellenden Stellen berücksichtigen hierbei die gesamten beruflichen Befähigungen, die jeder einzelne Triebfahrzeugführer bereits erworben hat, so dass diese Vorschrift keinen unnötigen Verwaltungs- und Finanzaufwand verursacht. Triebfahrzeugführern bereits erteilte Fahrberechtigungen sind so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Die erteilenden bzw. ausstellenden Stellen können allerdings gegebenenfalls für einzelne Triebfahrzeugführer oder Gruppen von Triebfahrzeugführern beschließen, dass zusätzliche Prüfungen und bzw. oder Ausbildungen erforderlich sind, damit Fahrerlaubnisse und bzw. oder Bescheinigungen gemäß dieser Richtlinie erteilt werden können.

3.

Triebfahrzeugführer, denen Fahrberechtigungen gemäß den vor Anwendung der Nummer 2 Buchstaben a und b geltenden Bestimmungen erteilt wurden, dürfen ihre berufliche Tätigkeit aufgrund ihrer Fahrberechtigungen und ohne Anwendung dieser Richtlinie bis zum Ablauf von sieben Jahren nach Einrichtung der in Nummer 1 genannten Register weiter ausüben.

Die Mitgliedstaaten können Triebfahrzeugführer in Ausbildung, die vor Anwendung der Nummer 2 Buchstaben a und b mit einem zugelassenen allgemein- und berufsbildenden Programm oder mit einem zugelassenen berufsbildenden Lehrgang begonnen haben, nach den geltenden einzelstaatlichen Vorschriften zertifizieren.

Die zuständige Behörde bzw. die zuständigen Behören kann bzw. können in der vorliegenden Nummer genannte Triebfahrzeugführer und Triebfahrzeugführer in Ausbildung in Ausnahmefällen vom Erfordernis der Erfüllung der medizinischen Anforderungen nach Anhang II befreien. Die Gültigkeit einer Fahrerlaubnis, die aufgrund einer solchen Befreiung erteilt wurde, ist auf das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats zu begrenzen.

4.

Die zuständigen Behörden, die Eisenbahnunternehmen und die Infrastrukturbetreiber stellen sicher, dass schrittweise eine regelmäßige Überprüfung der Triebfahrzeugführer, die nicht über Fahrerlaubnisse und Bescheinigungen im Sinne dieser Richtlinie verfügen, eingeführt wird, die der in Artikel 16 vorgesehenen Überprüfung vergleichbar ist.

5.

Für Mitgliedstaaten, die das beantragen, ersucht die Kommission in Abstimmung mit dem betreffenden Mitgliedstaat die Agentur, eine Kosten-Nutzen-Analyse der Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie auf Triebfahrzeugführer durchzuführen, die ausschließlich auf Strecken im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats fahren. Die Kosten-Nutzen-Analyse deckt einen Zeitraum von zehn Jahren ab. Sie wird der Kommission bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Einrichtung des in Nummer 1 genannten Registers unterbreitet.

Zeigt die Kosten-Nutzen-Analyse, dass die Kosten der Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie auf solche Triebfahrzeugführer die Vorteile überwiegen, so erlässt die Kommission nach dem in Artikel 32 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren binnen sechs Monaten nach Vorlage der Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Analyse eine Entscheidung. In dieser Entscheidung kann vorgesehen werden, dass Nummer 2 Buchstaben b und c des vorliegenden Artikels während eines Zeitraums von bis zu zehn Jahren im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats nicht auf solche Triebfahrzeugführer anzuwenden ist.

Spätestens 24 Monate vor Ablauf dieses befristeten Befreiungszeitraums kann die Kommission unter Berücksichtigung einschlägiger Entwicklungen im Eisenbahnsektor des betreffenden Mitgliedstaats die Agentur nach dem in Artikel 32 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren ersuchen, eine weitere Kosten-Nutzen-Analyse vorzunehmen, die der Kommission spätestens zwölf Monate vor Ablauf des befristeten Befreiungszeitraums zu unterbreiten ist. Die Kommission erlässt dann eine Entscheidung gemäß dem in Unterabsatz 2 der vorliegenden Nummer beschriebenen Verfahren.

Artikel 38

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 39

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 23. Oktober 2007.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LOBO ANTUNES


(1)  ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 64.

(2)  ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 26.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 28. September 2005 (ABl. C 227 E vom 21.9.2006, S. 464), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 14. September 2006 (ABl. C 289 E vom 28.11.2006, S. 42), Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 18. Januar 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. September 2007 und Beschluss des Rates vom 26. September 2007.

(4)  ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44. Berichtigte Fassung im ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 16.

(5)  ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/103/EG (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 344).

(6)  ABl. L 195 vom 27.7.2005, S. 18.

(7)  ABl. L 235 vom 17.9.1996, S. 6. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/32/EG der Kommission (ABl. L 141 vom 2.6.2007, S. 63).

(8)  ABl. L 110 vom 20.4.2001, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/32/EG.

(9)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(10)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

(11)  ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/100/EG des Rates (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 141).

(12)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Geändert durch den Beschluss 2006/512/EG (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).

(13)  ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.

(14)  ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/49/EG.

(15)  ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 1. Berichtigte Fassung im ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 3.

(16)  ABl. L 199 vom 31.7.1985, S. 56.


ANHANG I

GEMEINSCHAFTSMODELL DER FAHRERLAUBNIS UND DER HARMONISIERTEN ZUSATZBESCHEINIGUNG

1.   MERKMALE DER FAHRERLAUBNIS

Die äußeren Merkmale der Fahrerlaubnis für Triebfahrzeugführer entsprechen den ISO-Normen 7810 und 7816-1.

Die Karte besteht aus Polycarbonat.

Die Verfahren, mit denen die Merkmale der Fahrerlaubnisse auf Übereinstimmung mit den internationalen Normen geprüft werden, entsprechen der ISO-Norm 10373.

2.   INHALT DER FAHRERLAUBNIS

Die Vorderseite der Fahrerlaubnis enthält folgende Angaben:

a)

in großen Schrifttypen die Aufschrift „Fahrerlaubnis für Triebfahrzeugführer“ in der (den) Sprache(n) des Mitgliedstaats, der die Fahrerlaubnis ausstellt;

b)

den Namen des Mitgliedstaats, der die Fahrerlaubnis ausstellt;

c)

das Unterscheidungszeichen des Mitgliedstaats, der die Fahrerlaubnis ausstellt, gemäß dem Ländercode nach ISO 3166, im Negativdruck in einem blauen Rechteck, umgeben von zwölf gelben Sternen;

d)

Angaben, die bei Erteilung der Fahrerlaubnis unter Verwendung folgender Nummerierung einzutragen sind:

i)

Name des Inhabers;

ii)

Vorname(n) des Inhabers;

iii)

Geburtsdatum und Geburtsort des Inhabers;

iv)

Ausstellungsdatum der Fahrerlaubnis,

Datum, an dem die Fahrerlaubnis ungültig wird,

Bezeichnung der Behörde, die die Fahrerlaubnis ausstellt,

Personalnummer des Inhabers bei seinem Arbeitgeber (fakultative Angabe);

v)

Nummer der Fahrerlaubnis, die den Zugriff auf Daten im nationalen Register ermöglicht;

vi)

Lichtbild des Inhabers;

vii)

Unterschrift des Inhabers;

viii)

Wohnort, Wohnsitz oder Postanschrift des Inhabers (fakultative Angabe);

e)

die Aufschrift „Modell der Europäischen Gemeinschaften“ in der (den) Sprache(n) des Mitgliedstaats, der die Fahrerlaubnis ausstellt, und die Aufschrift „Fahrerlaubnis für Triebfahrzeugführer“ in den anderen Sprachen der Gemeinschaft in gelbem Druck als Hintergrund der Fahrerlaubnis;

f)

die Referenzfarben:

blau: Pantone Reflex Blue,

gelb: Pantone Yellow;

g)

gegebenenfalls zusätzliche Angaben oder gesundheitlich bedingte Verwendungsbeschränkungen, die gemäß Anhang II von einer zuständigen Behörde ausgesprochen wurden, in kodierter Form.

Die Codes werden von der Kommission nach dem in Artikel 32 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren auf der Grundlage einer Empfehlung der Agentur festgelegt.

3.   BESCHEINIGUNG

Die Bescheinigung enthält folgende Angaben:

a)

Name des Inhabers;

b)

Vorname(n) des Inhabers;

c)

Geburtsdatum und Geburtsort des Inhabers;

d)

Ausstellungsdatum der Bescheinigung,

Datum, an dem die Bescheinigung ungültig wird,

Bezeichnung der Stelle, die die Bescheinigung ausstellt,

Personalnummer des Inhabers bei seinem Arbeitgeber (fakultative Angabe);

e)

Nummer der Bescheinigung, die den Zugriff auf Daten im nationalen Register ermöglicht;

f)

Lichtbild des Inhabers;

g)

Unterschrift des Inhabers;

h)

Wohnort, Wohnsitz oder Postanschrift des Inhabers (fakultative Angabe);

i)

Name und Anschrift des Eisenbahnunternehmens oder Infrastrukturbetreibers, für die der Triebfahrzeugführer Züge führen darf;

j)

Zugklasse, die der Inhaber führen darf;

k)

Fahrzeugtypen, die der Inhaber führen darf;

l)

Infrastrukturen, auf denen der Inhaber fahren darf;

m)

gegebenenfalls zusätzliche Angaben oder Einschränkungen;

n)

Sprachkenntnisse.

4.   MINDESTANGABEN IN DEN NATIONALEN REGISTERN

a)

Angaben zur Fahrerlaubnis:

alle in der Fahrerlaubnis aufgeführten Angaben sowie die Angaben zur Überprüfung der Einhaltung der in den Artikeln 11 und 16 genannten Anforderungen.

b)

Angaben zur Bescheinigung:

alle in der Bescheinigung aufgeführten Angaben sowie die Angaben zur Überprüfung der Einhaltung der in den Artikeln 12, 13 und 16 genannten Anforderungen.


ANHANG II

MEDIZINISCHE ANFORDERUNGEN

1.   ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN

1.1.   Ein Triebfahrzeugführer darf nicht unter gesundheitlichen Störungen leiden oder Arzneimittel, Drogen oder Stoffe nehmen, die Folgendes auslösen können:

plötzliche Bewusstlosigkeit;

Verminderung der Aufmerksamkeit oder der Konzentration;

plötzliche Handlungsunfähigkeit;

Verlust des Gleichgewichts oder der Koordination;

erhebliche Einschränkung der Mobilität.

1.2.   Sehvermögen

Folgende Anforderungen an das Sehvermögen müssen erfüllt sein:

Fern-Sehschärfe mit oder ohne Sehhilfe: 1,0; mindestens 0,5 für das schlechtere Auge;

maximale Korrektur-Linsenstärke: Hyperopie + 5/Myopie — 8. Abweichungen sind in Ausnahmefällen und nach Einholung einer Stellungnahme eines Augenarztes zulässig. Die Entscheidung wird dann vom Arzt getroffen;

Sehvermögen nahe und mittlere Entfernung: ausreichend, mit oder ohne Sehhilfe;

Kontaktlinsen und Brillen sind zulässig, sofern sie regelmäßig von einem Spezialisten überprüft werden;

normale Farbwahrnehmung: Verwendung eines anerkannten Tests wie des Ishihara-Tests, erforderlichenfalls ergänzt durch einen anderen anerkannten Test;

Sichtfeld: vollständig;

Sehvermögen beider Augen: effektiv; nicht erforderlich, wenn der Betreffende über eine angemessene Anpassung und ausreichende Kompensationserfahrung verfügt. Nur erforderlich, wenn der Betreffende das binokulare Sehvermögen nach Aufnahme der Tätigkeit verloren hat;

binokulares Sehvermögen: effektiv;

Erkennen farbiger Signale: Die Prüfung erfolgt auf der Grundlage der Erkennung einzelner Farben, nicht auf der Grundlage relativer Unterschiede;

Kontrastempfindlichkeit: gut;

keine fortschreitenden Augenkrankheiten;

Linsenimplantate, Keratotomien und Keratektomien sind nur zulässig, wenn sie jährlich oder in vom Arzt festgelegten regelmäßigen Abständen überprüft werden;

Unempfindlichkeit gegen Blendung;

farbige Kontaktlinsen und fotochromatische Linsen sind nicht zulässig. Linsen mit UV-Filter sind zulässig.

1.3.   Anforderungen an das Hör- und Sprachvermögen

Ausreichendes, durch ein Audiogramm nachgewiesenes Hörvermögen, d. h.:

ausreichendes Hörvermögen für ein Telefongespräch und die Fähigkeit, akustische Warnsignale und Funkmeldungen zu hören.

Dafür gelten folgende Richtwerte:

Es darf kein Hördefizit von über 40 dB bei 500 und 1 000 Hz vorliegen;

es darf kein Hördefizit von über 45 dB bei 2 000 Hz bei dem Ohr, das die schlechtere Schallleitung aufweist, vorliegen;

keine Anomalie des Vestibularapparats;

keine chronische Sprachstörung (aufgrund der Notwendigkeit, Mitteilungen laut und deutlich auszutauschen);

die Verwendung von Hörhilfen ist in bestimmten Fällen zulässig.

1.4.   Schwangerschaft

Schwangerschaft ist im Fall einer geringen Toleranz oder eines pathologischen Befunds als Grund für den vorübergehenden Ausschluss von Triebfahrzeugführerinnen zu betrachten. Die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz von schwangeren Triebfahrzeugführerinnen sind einzuhalten.

2.   MINDESTINHALT DER EINSTELLUNGSUNTERSUCHUNG

2.1.   Ärztliche Untersuchungen

allgemeine ärztliche Untersuchung;

Untersuchung der sensorischen Funktionen (Sehvermögen, Hörvermögen, Farbwahrnehmung);

Blut- oder Urinanalysen, unter anderem, um eine eventuelle Zuckerkrankheit festzustellen, soweit sie zur Beurteilung der körperlichen Eignung des Bewerbers erforderlich sind;

Ruhe-Elektrokardiogramm (EKG);

Untersuchung auf psychotrope Stoffe, wie beispielsweise verbotene Drogen oder psychotrope Arzneimittel, sowie auf Alkoholmissbrauch, die die berufliche Eignung in Frage stellen;

kognitive Fähigkeiten: Aufmerksamkeit und Konzentration; Gedächtnis; Wahrnehmungsfähigkeit; Urteilsvermögen;

Kommunikation;

psychomotorische Fähigkeiten: Reaktionsgeschwindigkeit, Koordination der Hände.

2.2.   Arbeitspsychologische Untersuchungen

Die arbeitspsychologischen Untersuchungen sollen dem Eisenbahnunternehmen bei der Einstellung von Mitarbeitern und bei der Personalverwaltung helfen. Was den Inhalt der psychologischen Beurteilung anbelangt, so muss bei der Untersuchung festgestellt werden, dass der Bewerber keine nachgewiesenen arbeitspsychologischen Defizite, insbesondere in Bezug auf seine Einsatzfähigkeit, und keine relevanten Persönlichkeitsfaktoren aufweist, die eine sichere Ausübung seiner Tätigkeit beeinträchtigen könnten.

3.   REGELMÄSSIGE UNTERSUCHUNGEN NACH DER EINSTELLUNG

3.1.   Häufigkeit

Die ärztliche Untersuchung (körperliche Eignung) wird bis zum Alter von 55 Jahren mindestens alle drei Jahre durchgeführt, danach jährlich.

Zusätzlich zu dieser Häufigkeit erhöht der nach Artikel 20 zugelassene oder anerkannte Arzt die Häufigkeit der Untersuchungen, wenn der Gesundheitszustand des Mitarbeiters es erfordert.

Unbeschadet des Artikels 16 Absatz 1 wird eine entsprechende ärztliche Untersuchung durchgeführt, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis oder einer Bescheinigung die in Anhang II Abschnitt 1 genannten medizinischen Anforderungen nicht mehr erfüllt.

Die körperliche Eignung wird regelmäßig und nach jedem Arbeitsunfall sowie bei Arbeitsunterbrechungen nach einem Unfall mit Personen überprüft. Der nach Artikel 20 zugelassene oder anerkannte Arzt kann — insbesondere nach einer krankheitsbedingten Arbeitsunterbrechung von mindestens 30 Tagen — die Durchführung einer entsprechenden zusätzlichen ärztlichen Untersuchung beschließen. Der Arbeitgeber muss den nach Artikel 20 zugelassenen oder anerkannten Arzt auffordern, die körperliche Eignung des Triebfahrzeugführers zu überprüfen, wenn er den Triebfahrzeugführer aus Sicherheitsgründen vom Dienst entbinden musste.

3.2.   Mindestinhalt der regelmäßigen ärztlichen Untersuchung

Erfüllt ein Triebfahrzeugführer die Kriterien der Einstellungsuntersuchung, so umfassen die regelmäßigen Untersuchungen mindestens

eine allgemeine ärztliche Untersuchung;

eine Untersuchung der sensorischen Funktionen (Sehvermögen, Hörvermögen, Farbwahrnehmung);

eine Blut- oder Urinanalyse zur Feststellung von Diabetes mellitus und anderen Krankheiten entsprechend dem Ergebnis der klinischen Untersuchung;

eine Untersuchung auf Drogen, sofern klinisch angezeigt.

Ferner muss bei Triebfahrzeugführern, die älter als 40 Jahre sind, ein Ruhe-EKG durchgeführt werden.


ANHANG III

AUSBILDUNGSMETHODE

Die Ausbildung sollte eine ausgewogene Aufteilung in theoretische Aspekte (Unterricht und Vorführungen) und praktische Aspekte (Ausbildung am Arbeitsplatz, Fahrten unter Aufsicht und ohne Aufsicht auf Gleisen, die zu Ausbildungszwecken gesperrt sind) aufweisen.

Die computergestützte Ausbildung ist für das individuelle Lernen der Betriebsvorschriften, der Signalsysteme usw. zulässig.

Der Einsatz von Simulatoren ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, kann aber bei der Ausbildung von Triebfahrzeugführern sehr nützlich sein, da dadurch insbesondere das Verhalten in außergewöhnlichen Arbeitssituationen und selten anzuwendende Regeln geübt werden können. Simulatoren bieten den besonderen Vorzug eines „Learning-by-doing“ für Ereignisse, die nicht in der Realität trainiert werden können. Grundsätzlich sollten Simulatoren der neuesten Generation eingesetzt werden.

Beim Erwerb von Streckenkenntnissen sollte der Auszubildende bevorzugt einen anderen Triebfahrzeugführer über einen ausreichenden Zeitraum bei Tag- und Nachtfahrten begleiten. Als alternative Ausbildungsmethode können u. a. auch Videos eingesetzt werden, die die Strecke aus der Sicht des Triebfahrzeugführers zeigen.


ANHANG IV

ALLGEMEINE FACHKENNTNISSE UND ANFORDERUNGEN FÜR DIE FAHRERLAUBNIS

Die allgemeine Ausbildung umfasst folgende Ziele:

Erwerb von theoretischen und praktischen Kenntnissen der Eisenbahntechnik, einschließlich der Sicherheitsgrundsätze und -philosophie der Betriebsvorschriften;

Erwerb von theoretischen und praktischen Kenntnissen der mit dem Eisenbahnbetrieb verbundenen Risiken und der verschiedenen Mittel zur Risikovermeidung;

Erwerb von theoretischen und praktischen Kenntnissen der Leitgrundsätze für eine oder mehrere Betriebsarten;

Erwerb von theoretischen und praktischen Kenntnissen von Zügen, ihrer Zusammensetzung und der technischen Anforderungen für Triebfahrzeuge, Güterwagen, Reisezugwagen und sonstige Fahrzeuge.

Der Triebfahrzeugführer muss insbesondere in der Lage sein,

die konkreten Anforderungen an die Arbeit als Triebfahrzeugführer, die Bedeutung dieses Berufs sowie die damit verbundenen beruflichen und persönlichen Anforderungen (lange Arbeitszeiten, Abwesenheit von zu Hause usw.) zu beurteilen;

die Sicherheitsvorschriften für das Personal anzuwenden;

die verschiedenen Fahrzeuge zu unterscheiden;

Arbeitsmethoden zu kennen und präzise anzuwenden;

die Referenz- und Anwendungsunterlagen zu kennen (Verfahrenshandbuch und Streckenhandbuch gemäß der TSI „Verkehrsbetrieb“, Handbuch für Triebfahrzeugführer, Pannenratgeber usw.);

sich Verhaltensweisen anzueignen, die mit der sicherheitsrelevanten Verantwortung vereinbar sind;

die bei einem Unfall mit Personenschaden anzuwendenden Verfahren zu kennen;

die mit dem Eisenbahnverkehr im Allgemeinen verbundenen Gefahren zu kennen;

die Grundsätze der Betriebssicherheit zu kennen;

die Grundlagen der Elektrotechnik anzuwenden.


ANHANG V

FAHRZEUGBEZOGENE FACHKENNTNISSE UND ANFORDERUNGEN FÜR DIE BESCHEINIGUNG

Nach Abschluss einer spezifischen fahrzeugbezogenen Ausbildung muss der Triebfahrzeugführer in der Lage sein, die folgenden Aufgaben auszuführen.

1.   PRÜFUNGEN UND KONTROLLEN VOR FAHRTANTRITT

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

die Unterlagen und die erforderliche Ausrüstung zusammenzustellen;

die Funktionsfähigkeit des Triebfahrzeugs zu überprüfen;

die Eintragungen in den Borddokumenten des Triebfahrzeugs zu überprüfen;

sich mittels der vorgesehenen Prüfungen und Kontrollen zu vergewissern, dass das Triebfahrzeug in der Lage ist, die erforderliche Zugkraft zu erbringen, und dass die Sicherheitseinrichtungen ordnungsgemäß funktionieren;

bei Übergabe eines Triebfahrzeugs oder bei Fahrtantritt die Verfügbarkeit und Funktionsfähigkeit der vorgeschriebenen Schutz- und Sicherheitseinrichtungen zu überprüfen;

die eventuell vorgesehenen laufenden vorbeugenden Wartungsarbeiten vorzunehmen.

2.   KENNTNIS DER FAHRZEUGE

Um ein Triebfahrzeug führen zu können, muss der Triebfahrzeugführer alle ihm zur Verfügung stehenden Bedienelemente und Anzeigen kennen, und zwar insbesondere jene für

das Antriebssystem,

das Bremssystem,

die für die Betriebssicherheit relevanten Einrichtungen.

Um Unregelmäßigkeiten an Fahrzeugen zu erkennen und zu lokalisieren, diese zu melden und festzulegen, welche Reparaturarbeiten erforderlich sind, sowie in bestimmten Fällen selbst Maßnahmen zu ergreifen, muss der Triebfahrzeugführer Folgendes kennen:

mechanischer Aufbau,

Aufhängung und Kupplungsvorrichtungen,

Laufwerk,

Sicherheitsausrüstung,

Kraftstoffbehälter, Kraftstoffversorgung, Abgassysteme,

die Bedeutung der Kennzeichnungen im Inneren und im Außenbereich der Fahrzeuge, insbesondere die Bedeutung der für die Beförderung gefährlicher Güter benutzten Symbole,

Fahrtaufzeichnungssysteme,

Strom- und Druckluftsysteme,

Stromabnehmer und Hochspannungssysteme,

Kommunikationseinrichtungen (Funkverbindung Betriebsstelle–Zug usw.),

Fahrtvorbereitungen,

die Bestandteile der Fahrzeuge und deren Funktion sowie die spezifischen Vorrichtungen für die Wagons, insbesondere das System zum Anhalten des Zuges durch Entlüftung der Bremsleitung,

Bremssystem,

die speziellen Bestandteile von Triebfahrzeugen,

Kraftübertragung, Motoren und Getriebe.

3.   BREMSPROBE

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

vor Fahrtantritt zu überprüfen und zu berechnen, dass die Bremsleistung des Zuges der anhand der Wagenpapiere für die Strecke vorgeschriebenen Bremsleistung entspricht;

die Funktionsfähigkeit der verschiedenen Komponenten des Bremssystems des Triebfahrzeugs und des Zuges erforderlichenfalls vor Fahrtantritt, bei Antritt der Fahrt und während der Fahrt zu überprüfen.

4.   FAHRSTUFE UND HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT DES ZUGES IN BEZUG AUF DIE STRECKENMERKMALE

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

die ihm vor Fahrtantritt übermittelten Informationen zu berücksichtigen;

die Fahrstufe und die Höchstgeschwindigkeit des Zuges nach Maßgabe variabler Elemente wie Geschwindigkeitsbegrenzungen, Witterungsbedingungen oder eventueller Änderungen der Signalgebung festzulegen.

5.   FÜHREN DES ZUGES OHNE SCHÄDIGUNG VON ANLAGEN UND FAHRZEUGEN

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

alle zur Verfügung stehenden Steuerungssysteme gemäß den geltenden Regeln zu nutzen;

den Zug unter Berücksichtigung der jeweiligen Reibungs- und Leistungsfaktoren anzufahren;

die Bremsen zur Verlangsamung und zum Anhalten ohne Schädigung von Fahrzeugen und Anlagen einzusetzen.

6.   STÖRUNGEN

Der Triebfahrzeugführer muss

in der Lage sein, ungewöhnliche Vorkommnisse in Bezug auf das Fahrverhalten des Zuges zu registrieren;

in der Lage sein, den Zug zu überprüfen und Hinweise auf Störungen zu erkennen und zu differenzieren und entsprechend ihrer jeweiligen Bedeutung darauf zu reagieren und die Behebung dieser Störungen zu versuchen, wobei in allen Fällen die Sicherheit von Bahnverkehr und Personen Vorrang haben muss;

die verfügbaren Sicherungs- und Kommunikationsmittel kennen.

7.   BETRIEBSBEDINGTE STÖRFÄLLE UND UNFÄLLE, BRÄNDE UND UNFÄLLE MIT PERSONENSCHADEN

Der Triebfahrzeugführer muss

in der Lage sein, bei Unfällen mit Personenschaden Maßnahmen zur Sicherung des Zuges zu ergreifen und Hilfe anzufordern;

in der Lage sein, festzustellen, ob der Zug gefährliche Güter befördert, und diese auf der Grundlage der Zugdokumente und der Wagonlisten zu bestimmen;

die Verfahren zur Räumung eines Zuges im Notfall kennen.

8.   BEDINGUNGEN FÜR DIE WIEDERAUFNAHME DES FAHRBETRIEBS NACH EINEM STÖRFALL MIT FAHRZEUGEN

Nach einem Störfall muss der Triebfahrzeugführer in der Lage sein, zu beurteilen, ob und unter welchen Bedingungen das Fahrzeug weiterfahren kann, so dass er den Infrastrukturbetreiber so rasch wie möglich über diese Bedingungen unterrichten kann.

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein, zu beurteilen, ob eine Begutachtung durch einen Experten notwendig ist, bevor der Zug weiterfahren kann.

9.   STILLSTAND DES ZUGES

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit der Zug oder ein Teil des Zuges sich — selbst unter ungünstigsten Bedingungen — nicht unvermittelt in Bewegung setzen kann.

Darüber hinaus muss der Triebfahrzeugführer die Maßnahmen kennen, mit denen ein Zug oder ein Teil des Zuges, der sich unvermittelt in Bewegung gesetzt hat, angehalten werden kann.


ANHANG VI

INFRASTRUKTURBEZOGENE FACHKENNTNISSE UND ANFORDERUNGEN FÜR DIE BESCHEINIGUNG

Infrastrukturbezogene Inhalte

1.   BREMSPROBE

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein, vor Fahrtantritt zu überprüfen und zu berechnen, dass die Bremsleistung des Zuges der anhand der Wagenpapiere für die Strecke vorgeschriebenen Bremsleistung entspricht.

2.   FAHRSTUFE UND HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT DES ZUGES IN BEZUG AUF DIE STRECKENMERKMALE

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

die erhaltenen Informationen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder eventuelle Änderungen der Signalgebung zur Kenntnis zu nehmen;

die Fahrstufe und die Höchstgeschwindigkeit des Zuges auf der Grundlage der Streckenmerkmale festzulegen.

3.   KENNTNIS DER STRECKE

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein, vorausschauend zu fahren und in Bezug auf Sicherheit und andere Elemente der Aufgabenerfüllung, wie Pünktlichkeit und wirtschaftliche Aspekte, angemessen zu reagieren. Daher muss er über gute Kenntnisse der Strecken und Bahnanlagen sowie der gegebenenfalls vereinbarten alternativen Streckenführungen verfügen.

Folgende Aspekte sind wichtig:

Betriebsführung (Gleiswechsel, Richtungsbetrieb usw.),

Streckenüberprüfung anhand der relevanten Unterlagen,

Identifizierung der für die jeweilige Betriebsart nutzbaren Gleise,

geltende Verkehrsvorschriften und Bedeutung des Signalsystems,

Betriebssystem,

Blocksystem und diesbezügliche Regelungen,

Bezeichnung der Bahnhöfe sowie Lage und Fernerkennung von Bahnhöfen und Stellwerken im Sinne des vorausschauenden Fahrens,

Anzeige von Übergängen zwischen Betriebssystemen oder Energieversorgungssystemen,

Geschwindigkeitsbegrenzungen für die verschiedenen Zugklassen,

topografische Streckenprofile,

besondere Bremsbedingungen wie beispielsweise bei Strecken mit starkem Gefälle,

betriebliche Besonderheiten wie Sondersignale, Schilder, Bedingungen für die Abfahrt usw.

4.   SICHERHEITSVORSCHRIFTEN

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

den Zug nur dann in Bewegung zu setzen, wenn alle vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt sind (Fahrplan, Abfahrtbefehl oder -signal, erforderlichenfalls Betätigung von Signalen usw.);

die Signale an der Strecke und Signale im Führerraum zu beachten, sie unverzüglich und fehlerfrei zu erkennen und entsprechend zu handeln;

den Zug gemäß den spezifischen Betriebsarten sicher zu fahren: spezielle Fahrstufen auf Anweisung, vorübergehende Geschwindigkeitsbeschränkungen, Verkehr in Gegenrichtung, Genehmigung zum Überfahren von Signalen in Gefahrensituationen, Rangieren, Wenden, Verkehr in Baustellenbereichen usw.;

die fahrplanmäßigen oder zusätzlichen Halte zu beachten und erforderlichenfalls bei diesen Halten Leistungen für Fahrgäste zu erbringen, insbesondere Öffnen und Schließen der Türen.

5.   FÜHREN DES ZUGES

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

jederzeit die Position des Zuges auf der befahrenen Strecke zu kennen;

die Bremsen zur Verlangsamung und zum Anhalten ohne Schädigung von Fahrzeugen und Anlagen einzusetzen;

die Fahrstufe des Zuges gemäß Fahrplan sowie möglicher Energiesparanweisungen und unter Berücksichtung der Merkmale des Triebfahrzeugs, des Zuges, der Strecke und der Umwelt zu regeln.

6.   STÖRUNGEN

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

soweit das Führen des Zuges es gestattet, ungewöhnliche Vorkommnisse in Bezug auf die Infrastruktur und das Umfeld (Signale, Gleise, Energieversorgung, Bahnübergänge, Gleisumgebung, sonstiger Verkehr) zu registrieren;

die Entfernung zu sichtbaren Hindernissen einzuschätzen;

den Infrastrukturbetreiber schnellstmöglich über den Ort und die Art der beobachteten Störungen zu unterrichten und sicherzustellen, dass diese Informationen richtig verstanden wurden;

unter Berücksichtigung der Infrastruktur die Sicherheit von Zugverkehr und Personen zu gewährleisten oder darauf gerichtete Maßnahmen zu treffen, wann immer es erforderlich ist.

7.   BETRIEBSBEDINGTE STÖRFÄLLE UND UNFÄLLE, BRÄNDE UND UNFÄLLE MIT PERSONENSCHADEN

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

bei Unfällen mit Personenschaden Maßnahmen zur Sicherung des Zuges zu ergreifen und Hilfe anzufordern;

im Falle eines Brandes den Haltepunkt des Zuges zu bestimmen und erforderlichenfalls bei der Evakuierung der Fahrgäste zu helfen;

schnellstmöglich alle nützlichen Informationen über den Brand weiterzuleiten, wenn er den Brand nicht selbst unter Kontrolle bringen kann;

den Infrastrukturbetreiber so rasch wie möglich über diese Bedingungen zu unterrichten;

zu beurteilen, ob und unter welchen Bedingungen das Fahrzeug angesichts des Zustands der Infrastruktur weiterfahren kann.

8.   SPRACHPRÜFUNGEN

Triebfahrzeugführer, die sich mit dem Infrastrukturbetreiber über kritische Sicherheitsfragen austauschen müssen, müssen über Kenntnisse der vom betreffenden Infrastrukturbetreiber angegebenen Sprache verfügen. Ihre Sprachkenntnisse müssen ihnen eine aktive und effiziente Kommunikation im Routinebetrieb, in schwierigen Situationen und im Notfall erlauben.

Sie müssen in der Lage sein, die Mitteilungen und die Kommunikationsmethode gemäß der TSI „Verkehrsbetrieb“ zu verwenden. Triebfahrzeugführer müssen in der Lage sein, sich auf dem Niveau der Stufe 3 der folgenden Tabelle zu verständigen:

Sprach- und Kommunikationsniveau

Die mündliche Ausdrucksfähigkeit in einer bestimmten Sprache lässt sich in fünf Stufen unterteilen:

Stufe

Beschreibung

5

kann die Art der Äußerung an jeden Gesprächspartner anpassen

kann einen Standpunkt vertreten

kann verhandeln

kann überzeugen

kann beraten

4

kann völlig unerwartete Situationen meistern

kann Vermutungen äußern

kann einen begründeten Standpunkt äußern

3

kann praktische Situationen mit einem unerwarteten Element meistern

kann beschreiben

kann ein einfaches Gespräch weiterführen

2

kann einfache praktische Situationen meistern

kann Fragen stellen

kann Fragen beantworten

1

kann mit Hilfe auswendig gelernter Sätze sprechen


ANHANG VII

HÄUFIGKEIT DER PRÜFUNGEN

Bei regelmäßigen Überprüfungen ist folgende Mindesthäufigkeit einzuhalten:

a)

Sprachkenntnisse (nur für Nichtmuttersprachler): alle drei Jahre oder nach jeder Abwesenheit von mehr als einem Jahr;

b)

Infrastrukturkenntnisse (einschließlich Streckenkenntnis und Kenntnis der Betriebsvorschriften): alle drei Jahre und immer dann, wenn eine bestimmte Strecke länger als ein Jahr nicht befahren wurde;

c)

Fahrzeugkenntnisse: alle drei Jahre.


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