Systemrelevante Zahlungsverkehrssysteme (SIPS)
ZUSAMMENFASSUNG DER DOKUMENTE:
Verordnung (EU) Nr. 795/2014 zu den Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (EZB/2014/28)
Beschluss (EU) 2019/1349 zum Verfahren und zu den Bedingungen für die Ausübung bestimmter Befugnisse im Zusammenhang mit der Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme durch eine zuständige Behörde (EZB/2019/25)
Beschluss (EU) 2017/2098 zu Verfahrensfragen für die Anordnung von Korrekturmaßnahmen bei Nichteinhaltung der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2017/33)
Beschluss (EU) 2017/2097 zur Methodik für die Berechnung von Sanktionen für Verstöße gegen die Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (EZB/2017/35)
WAS IST DER ZWECK DIESER VERORDNUNG UND DER BESCHLÜSSE?
- Die Verordnung (EU) Nr. 795/2014 legt die Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (SIPS) fest.
- Der Beschluss (EU) 2019/1349 legt das Verfahren und die Bedingungen für die Ausübung bestimmter Befugnisse im Zusammenhang mit der Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme durch zuständige Behörden fest.
- Der Beschluss (EU) 2017/2098 legt das Verfahren für die Anordnung von Korrekturmaßnahmen bei Nichteinhaltung der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 fest.
- Der Beschluss (EU) 2017/2097 legt die Methodik für die Berechnung von Sanktionen für Verstöße gegen die Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme fest.
WICHTIGE ECKPUNKTE
Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 erlässt der EZB-Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Gründen versehene Beschlüsse, in denen festgelegt wird, welche Zahlungsverkehrssysteme* systemrelevant sind. Das Verfahren zur Einstufung eines Zahlungsverkehrssystems als systemrelevant ist eindeutig festgelegt. Die EZB führt jährlich eine Überprüfung und Einstufung durch und stellt eine Liste der systemrelevanten Zahlungsverkehrssysteme zusammen, die auf der Website der EZB veröffentlicht wird.
Ein Zahlungsverkehrssystem wird als systemrelevant eingestuft, wenn
- es gemäß der Richtlinie 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen als ein solches System angemeldet werden kann (siehe Zusammenfassung);
- es über ein Kalenderjahr bestimmte quantitative Kriterien erfüllt.
Darüber hinaus kann der EZB-Rat in Ausnahmefällen ein Zahlungsverkehrssystem auf der Grundlage eines fundierten und begründeten Urteils als systemrelevant einstufen.
SIPS-Betreiber* müssen
- sicherstellen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen sie tätig sind, ein hohes Maß an Sicherheit für ihre Tätigkeiten bieten;
- über dokumentierte Ziele verfügen, welche die Sicherheit und Effizienz ihres Systems in den Vordergrund stellen;
- über wirksame und dokumentierte Regelungen für die Unternehmensführung und -kontrolle verfügen;
- sicherstellen, dass die Aufgaben und Zuständigkeiten ihrer Verwaltungs- oder Aufsichtsräte klar definiert sind – die Zusammensetzung der Räte und ihres Vorstands muss Integrität und eine angemessene Mischung aus technischen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen sowohl in Bezug auf SIPS als auch auf die Finanzmärkte im Allgemeinen gewährleisten.
SIPS-Betreiber müssen
- ein solides Rahmenwerk zur umfassenden Ermittlung, Messung, Überwachung und Steuerung möglicher Risiken – einschließlich des Liquiditäts- oder Kreditrisikos und der allgemeinen Geschäfts- oder Betriebsrisiken – einrichten und aufrechterhalten;
- sich dazu verpflichten, als Sicherheiten nur Barmittel oder Vermögenswerte mit geringen Kredit-, Liquiditäts- und Marktrisiken zu akzeptieren, die bestimmte Bedingungen erfüllen;
- Vorschriften und Verfahren anwenden, um
- sicherzustellen, dass die Endabrechnung spätestens am Fälligkeitstag entweder in Zentralbankgeld oder in Vermögenswerten mit geringem oder keinem Kredit- und Liquiditätsrisiko erfolgt,
- ihren Verpflichtungen weiterhin nachkommen zu können, wenn ein Teilnehmer ausfällt,
- Verfahren zur Sicherstellung der Geldabrechnung einzurichten;
- Verfahren zur Sicherstellung der Geldabrechnung einrichten;
- ihre eigenen Vermögenswerte und die der Teilnehmer bei beaufsichtigten und regulierten Stellen (sogenannten „Verwahrern“) halten, die für den vollständigen Schutz dieser Vermögenswerte zuständig sind;
- ihre eigene Anlagestrategie bestimmen, besichert durch hochrangige Schuldner*;
- für ihre Dienste diskriminierungsfreie Zugangs- und Teilnahmekriterien einrichten und offenlegen, die jährlich überprüft werden;
- über ein Verfahren zur Ermittlung und Deckung des Bedarfs der von ihnen bedienten Märkte verfügen;
- klare und umfassende Regeln und Verfahren festlegen, die den Teilnehmern vollständig offengelegt werden.
Hat ein SIPS-Betreiber die Verordnung nicht eingehalten, kann die zuständige Behörde* Korrekturmaßnahmen erlassen und/oder die EZB Sanktionen verhängen. Den Rahmen dafür bilden die Beschlüsse (EU) 2017/2098 und (EU) 2017/2097.
Gemäß dem Beschluss (EU) 2019/1349 der EZB können die zuständigen Behörden:
- SIPS-Betreiber dazu verpflichten,
- alle Informationen und Dokumente zur Gewährleistung der Einhaltung der Verordnung oder des reibungslosen Betriebs des Zahlungsverkehrssystems bereitzustellen,
- einen unabhängigen Sachverständigen zur Untersuchung oder Überprüfung des SIPS-Betriebs zu benennen;
- eine kontinuierliche und/oder Ad-hoc-Überwachung durchführen, um sicherzustellen, dass die SIPS-Betreiber alle Anforderungen erfüllen;
- mit anderen Behörden zusammenarbeiten, um die Zuständigkeiten im Rahmen des Beschlusses auszuüben.
Gemäß dem Beschluss (EU) 2017/2098 kann die zuständige Behörde einem SIPS-Betreiber bei Nichteinhaltung der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 Korrekturmaßnahmen auferlegen. In dem Beschluss werden die dafür relevanten Verfahrensfragen dargelegt. Die Nichtumsetzung der Korrekturmaßnahmen durch den SIPS-Betreiber kann zur Verhängung einer Sanktion durch die EZB führen.
Der Beschluss (EU) 2017/2097 legt die von der EZB anzuwendende Methodik für die Berechnung der Höhe der Sanktionen fest, die gegen den SIPS-Betreiber bei Verstößen gegen die Verordnung (EU) Nr. 795/2014 zu verhängen sind. In diesem Beschluss wird der Grundbetrag auf 50 % der Summe der Folgebeträge festgesetzt:
- 1 % des Umsatzes,
- 0,0001 % des Wertes der verarbeiteten Zahlungen.
Außerdem werden in dem Beschluss auch die Obergrenzen für die Höhe der Sanktionen und die Dauer der zu verhängenden Zwangsgelder festgelegt.
WANN TRETEN DIE VERORDNUNG UND DIE BESCHLÜSSE IN KRAFT?
- Die Verordnung (EU) Nr. 795/2014 ist am 12. August 2014 in Kraft getreten.
- Der Beschluss (EU) 2019/1349 ist am 5. September 2019 in Kraft getreten.
- Die Beschlüsse (EU) 2017/2098 und (EU) 2017/2097 sind am 6. Dezember 2017 in Kraft getreten.
Seitdem wurden sie geändert, um den Entwicklungen Rechnung zu tragen.
HINTERGRUND
- Zahlungsverkehrssysteme spielen eine wichtige Rolle für die Stabilität und Effizienz des Finanzsektors und der Wirtschaft des Euro-Währungsgebiets insgesamt. Sie sind weitgehend unsichtbar und gewährleisten den sicheren Fluss elektronischer Zahlungen vom Zahler zum Zahlungsempfänger und zwischen Finanzinstituten.
- Die Gewährleistung des reibungslosen Betriebs von Zahlungsverkehrssystemen gehört zu den gesetzlichen Aufgaben des Eurosystems.
- Gemäß den allgemeinen Grundsätzen für Finanzmarktinfrastrukturen sollten SIPS einer wirksamen Aufsicht unterliegen, da sie Systemrisiken* auslösen können, wenn sie nicht ausreichend gegen die Risiken, denen sie ausgesetzt sind, geschützt werden. Darüber hinaus benötigen die zuständigen Behörden ausreichende Befugnisse und Ressourcen, um ihre jeweiligen Aufgaben zu erfüllen, einschließlich der Anordnung von Korrekturmaßnahmen.
- Die EZB stuft ein Zahlungsverkehrssystem als systemrelevant ein, wenn Störungen innerhalb dieses Systems Störungen bei den Teilnehmern oder allgemein im Finanzsystem auslösen könnten. Neben einer Handvoll systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme gibt es im Euroraum 38 nicht systemrelevante Zahlungsverkehrssysteme.
- Weiterführende Informationen:
SCHLÜSSELBEGRIFFE
Zahlungsverkehrssystem: eine formelle Vereinbarung zwischen drei oder mehr Teilnehmern mit gemeinsamen Regeln und standardisierten Modalitäten für die Ausführung von Überweisungsaufträgen zwischen den Teilnehmern.
SIPS-Betreiber: die juristische Person, die rechtlich für den Betrieb eines SIPS verantwortlich ist.
Schuldner: jemand, der eine vertragliche Verpflichtung an einen anderen schuldet oder für diesen übernimmt.
Zuständige Behörde: die Europäische Zentralbank oder eine nationale Zentralbank des Eurosystems mit primärer Aufsichtsverantwortung.
Systemrisiko: das Risiko, dass ein Teilnehmer oder der SIPS-Betreiber seinen jeweiligen Verpflichtungen in einem SIPS nicht nachkommt, führt dazu, dass andere Teilnehmer und/oder der SIPS-Betreiber nicht in der Lage sind, ihren Verpflichtungen bei Fälligkeit nachzukommen, was zu Spillover-Effekten führen kann, welche die Stabilität des Finanzsystems oder das Vertrauen in das Finanzsystem gefährden.
HAUPTDOKUMENTE
Verordnung (EU) Nr. 795/2014 der Europäischen Zentralbank vom 3. Juli 2014 zu den Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (EZB/2014/28) (ABl. L 217 vom 23.7.2014, S. 16-30)
Nachfolgende Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 795/2014 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.
Beschluss (EU) 2019/1349 der Europäischen Zentralbank vom 26. Juli 2019 zum Verfahren und zu den Bedingungen für die Ausübung bestimmter Befugnisse im Zusammenhang mit der Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme durch eine zuständige Behörde (EZB/2019/25) (ABl. L 214 vom 16.8.2019, S. 16-24)
Siehe konsolidierte Fassung.
Beschluss (EU) 2017/2098 der Europäischen Zentralbank vom 3. November 2017 zu Verfahrensfragen für die Anordnung von Korrekturmaßnahmen bei Nichteinhaltung der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2017/33) (ABl. L 299 vom 16.11.2017, S. 34-37)
Siehe konsolidierte Fassung.
Beschluss (EU) 2017/2097 der Europäischen Zentralbank vom 3. November 2017 zur Methodik für die Berechnung von Sanktionen für Verstöße gegen die Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (EZB/2017/35) (ABl. L 299 vom 16.11.2017, S. 31-33)
VERBUNDENE DOKUMENTE
Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (ABl. L 166 vom 11.6.1998, S. 45-50)
Siehe konsolidierte Fassung.
Letzte Aktualisierung: 30.08.2021