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Agrar- und Lebensmittelversorgungskette – unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Richtlinie (EU) 2019/633 über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette

WAS IST DER ZWECK DIESER RICHTLINIE?

  • Die Richtlinie enthält eine Mindestliste verbotener unlauterer Handelspraktiken in Beziehungen zwischen Käufern und Lieferanten in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette sowie Mindestvorschriften für die Durchsetzung dieser Verbote.
  • Ziel der Richtlinie ist es, größere Unternehmen davon abzuhalten, kleine und mittlere Lieferanten wegen ihrer schwächeren Verhandlungsposition auszubeuten, und zu verhindern, dass die Kosten solcher Praktiken an die Primärerzeuger weitergegeben werden.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Die Vorschriften schützen kleine und mittlere Lieferanten sowie größere Lieferanten, deren Jahresumsatz 350 Mio. € nicht übersteigt. Der Schutz hängt von der am Jahresumsatz gemessenen relativen Größe des Lieferanten und des Käufers ab. Diese Lieferanten werden nach Umsatz in fünf Unterkategorien eingeteilt:

  • bis zu 2 Mio. €;
  • 2-10 Mio. €;
  • 10-50 Mio. €;
  • 50-150 Mio. €; und
  • 150-350 Mio. €.

Verbot unlauterer Handelspraktiken

Die Richtlinie verbietet die folgenden unlauteren Handelspraktiken unter allen Umständen:

  • Zahlung später als 30 Tage für verderbliche Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse;
  • Zahlung später als 60 Tage für andere Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse;
  • kurzfristige Stornierungen von Bestellungen verderblicher Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse;
  • einseitige Änderungen der Bedingungen der Liefervereinbarung durch den Käufer;
  • vom Käufer verlangte Zahlungen, die nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Agrar- und Lebensmittelerzeugnisses stehen;
  • vom Käufer verlangte Zahlungen für die Qualitätsminderung oder den Verlust von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen, wenn die Qualitätsminderung oder der Verlust nicht durch Fahrlässigkeit oder Verschulden des Lieferanten verursacht wurden;
  • Verweigerung der schriftlichen Bestätigung der Bedingungen einer Liefervereinbarung durch den Käufer, für die der Lieferant eine schriftliche Bestätigung verlangt hat;
  • Missbrauch der Geschäftsgeheimnisse des Lieferanten durch den Käufer;
  • Vergeltungsmaßnahmen kommerzieller Art des Käufers gegen den Lieferanten, wenn der Lieferant seine vertraglichen oder gesetzlichen Rechte geltend macht;
  • Übertragung der Kosten für die Bearbeitung von Kundenbeschwerden auf die Erzeugnisse des Lieferanten, obwohl weder fahrlässig noch vorsätzlich ein Verschulden des Lieferanten vorliegt.

Die Richtlinie verbietet die folgenden unlauteren Handelspraktiken, es sei denn, diese sind zuvor klar und eindeutig zwischen dem Lieferanten und dem Käufer vereinbart worden:

  • Der Käufer schickt nicht verkaufte Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse an den Lieferanten zurück, ohne für diese nicht verkauften Erzeugnisse oder für die Beseitigung dieser Erzeugnisse oder für beides zu bezahlen.
  • Vom Lieferanten wird eine Zahlung dafür verlangt, dass seine Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse gelagert, zum Verkauf angeboten, gelistet oder auf dem Markt bereitgestellt werden.
  • Der Käufer verlangt vom Lieferanten, dass dieser die Kosten für Preisnachlässe bei Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen, die der Käufer im Rahmen einer Verkaufsaktion verkauft, trägt.
  • Der Käufer verlangt vom Lieferanten, dass dieser für die Werbung bzw. die Vermarktung von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen durch den Käufer zahlt.
  • Der Käufer verlangt vom Lieferanten eine Zahlung für das Personal für die Einrichtung der Räumlichkeiten, in denen die Erzeugnisse des Lieferanten verkauft werden.

Beschwerden und Vertraulichkeit

Die EU-Länder benennen nationale Durchsetzungsbehörden. Lieferanten können Beschwerden bei der Durchsetzungsbehörde ihres eigenen Landes oder des Landes des Käufers einreichen, der im Verdacht steht, an einer verbotenen Handelspraktik beteiligt zu sein.

Die Durchsetzungsbehörde muss auf Antrag des Beschwerdeführers die erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Identität des Beschwerdeführers sowie alle sonstigen Informationen, deren Offenlegung den Interessen des Beschwerdeführers oder der Lieferanten schaden würde, zu schützen.

Befugnisse der zuständigen Behörden

Durchsetzungsbehörden müssen über folgende Befugnisse und Fachkenntnisse verfügen:

  • die Befugnis, Untersuchungen einzuleiten und durchzuführen;
  • die Befugnis, von Käufern und Lieferanten Informationen zu verlangen;
  • die Befugnis, unangekündigte Nachprüfungen vor Ort durchzuführen;
  • die Befugnis, im gegebenen Fall die Einstellung einer verbotenen Handelspraktik zu verlangen;
  • die Befugnis, gegen den Urheber des Verstoßes Maßnahmen zur Verhängung von Geldbußen und anderen Sanktionen, einschließlich einstweiliger Verfügungen, zu verhängen oder diesbezügliche Verfahren zu veranlassen;
  • die Befugnis, getroffene Entscheidungen zu veröffentlichen.

Die EU-Länder können die freiwillige Nutzung wirksamer alternativer Streitbeilegungsverfahren unterstützen.

Die EU-Länder müssen sicherstellen, dass die Durchsetzungsbehörden miteinander und mit der Kommission wirksam zusammenarbeiten und dass sie einander bei Untersuchungen mit grenzüberschreitender Dimension Amtshilfe leisten.

Die Europäische Kommission wird von dem gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 eingesetzten Ausschuss für die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte unterstützt (siehe die Zusammenfassung „Die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte in der EU“).

WANN TRITT DIE RICHTLINIE IN KRAFT?

Sie muss von den EU-Ländern bis spätestens am 1. Mai 2021 in nationales Recht umgesetzt werden. Die EU-Länder müssen die Maßnahmen spätestens am 1. November 2021 anwenden.

HINTERGRUND

Siehe auch:

HAUPTDOKUMENT

Richtlinie (EU) 2019/633 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette (ABl. L 111 vom 25.4.2019, S. 59-72)

VERBUNDENE DOKUMENTE

Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. L 157 vom 15.6.2016, S. 1-18)

Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671-854)

Nachfolgende Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. L 48 vom 23.2.2011, S. 1-10)

Letzte Aktualisierung: 29.08.2019

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