EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 15.10.2020
COM(2020) 680 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION
Vorkehrungen für die Strategien zur Impfung gegen COVID-19 und die Bereitstellung von Impfstoffen
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Document 52020DC0680
COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE EUROPEAN PARLIAMENT AND THE COUNCIL Preparedness for COVID-19 vaccination strategies and vaccine deployment
MITTEILUNG DER KOMMISSION AND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Vorkehrungen für die Strategien zur Impfung gegen COVID-19 und die Bereitstellung von Impfstoffen
MITTEILUNG DER KOMMISSION AND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Vorkehrungen für die Strategien zur Impfung gegen COVID-19 und die Bereitstellung von Impfstoffen
COM/2020/680 final
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 15.10.2020
COM(2020) 680 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION
Vorkehrungen für die Strategien zur Impfung gegen COVID-19 und die Bereitstellung von Impfstoffen
1.AUF DEM WEG ZU SICHEREN IMPFSTOFFEN GEGEN COVID-19
Die Art und Weise, wie wir leben, miteinander umgehen, öffentliche Räume nutzen und arbeiten, wurde durch die Coronavirus-Krise auf den Kopf gestellt. Kein Bereich unseres Lebens ist unberührt geblieben. Europa hat massive Bemühungen unternommen, um die Coronavirus-Pandemie zu bewältigen, den Binnenmarkt zu schützen und grenzübergreifende Lösungen bereitzustellen.
Aber jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um in unserer Wachsamkeit nachzulassen. Nach einer Phase niedriger Übertragungsraten, in denen die Länder die ergriffenen gesundheitspolitischen Maßnahmen stufenweise wieder aufheben konnten, steigen die Infektionsraten seit August wieder EU-weit an. 1
Anfangs korrelierte der Anstieg mit den gestiegenen Testraten in den Ländern sowie mit der Übertragung unter jungen Menschen, die keine oder nur milde Symptome zeigen, aber nun stellt die Mehrheit der EU-Länder einen besorgniserregenden Anstieg der Infektionen in der Gesamtbevölkerung fest wie auch eine Zunahme der Anzahl der stationären Behandlungen, der schweren Verläufe und der Letalität. Angesichts des drastischen Anstiegs der COVID-19-Fälle in Teilen Europas, der hauptsächlich auf junge Erwachsene zurückzuführen ist, rufen die Gesundheitsbehörden vieler Mitgliedstaaten alle Bürgerinnen und Bürger und insbesondere die jungen Menschen dazu auf, mehr dafür zu tun, die Ausbreitung des Virus zu stoppen.
Mit Stand am 11. Oktober 2 wurden in der EU/im EWR und im Vereinigten Königreich mehr als 4 Mio. COVID-19-Fälle verzeichnet. Außerdem weisen beinahe alle Länder in diesem Gebiet hohe Werte oder anhaltende Anstiege bei ihrer 14-Tage-Melderate für COVID-19-Fälle auf. In über der Hälfte der Länder werden hohe Zahlen oder anhaltende Anstiege bei den über 65-Jährigen beobachtet, und die Zahl der Belegung von Krankenhausbetten oder Intensivstationen und/oder der Neueinweisungen aufgrund von COVID-19 ist in der Hälfte der Länder hoch oder steigt. Die 14-Tage-Mortalitätsrate ist über einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen angestiegen, wobei fast die Hälfte der Länder hohe Zahlen oder anhaltende Zunahmen verzeichnen.
Nicht-pharmazeutische Maßnahmen 3 sind zwar von entscheidender Bedeutung, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, aber mit ihnen lässt sich das Virus nicht nachhaltig eindämmen. Die Grenzen solcher Maßnahmen in der Praxis lassen sich daran ablesen, dass die Bürgerinnen und Bürger „pandemiemüde“ sind; sie sind es müde, die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen wie Abstandhalten und die Beschränkung sozialer Kontakte. Nichtsdestotrotz haben diese außergewöhnlichen Maßnahmen Leben gerettet und sind auch weiterhin notwendig. Wie Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union 2020 4 betont hat, muss Europa in der COVID-19-Pandemie auch weiterhin mit extremer Vorsicht, mit großer Verantwortung und großer Geschlossenheit agieren und gestützt auf die daraus gezogenen Lehren dafür sorgen, dass die EU für künftige Krisen besser gewappnet ist und effektiver auf grenzübergreifende Gesundheitsgefahren reagieren kann.
Die Entwicklung und zügige globale Bereitstellung sicherer und wirksamer Impfstoffe gegen COVID-19 ist nach wie vor ein wesentliches Element bei der Bewältigung und der endgültigen Beendigung der Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit. 5 Sobald ein sicherer und wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht, wird die Impfung eine zentrale Rolle bei der Rettung von Menschenleben spielen, indem sie die Pandemie eindämmt, die Gesundheitssysteme schützt und den Wiederaufbau unserer Wirtschaft unterstützt. Die Entwicklung eines Impfstoffs ist hochkomplex und dauert in der Regel rund 10 Jahre, doch die Anstrengungen konzentrieren sich darauf, dies innerhalb von 12 bis 18 Monaten – und vielleicht sogar noch schneller – zu schaffen, ohne Abstriche bei der Sicherheit, der Qualität oder der Wirksamkeit zu machen. Die Verfügbarkeit eines sicheren Impfstoffs für alle Europäerinnen und Europäer sicherzustellen, ist weiterhin eine der obersten Prioritäten der Europäischen Kommission.
Europa ist im Begriff zu lernen, mit der Pandemie zu leben, und es ist unabdingbar, dass die Mitgliedstaaten eine gemeinsame Impfstrategie für die Bereitstellung von Impfstoffen verfolgen wie auch evidenzbasierte und verhältnismäßige nicht-pharmazeutische Maßnahmen anwenden, um die Infektionsraten auf einem beherrschbaren Niveau zu halten. Beide Ansätze sollten an die lokalen und regionalen Gegebenheiten angepasst werden. Gleichzeitig ist eine Koordinierung auf EU-Ebene vonnöten, um unsere Anstrengungen zu harmonisieren, Solidarität zu gewährleisten und zu zeigen sowie auf bestmögliche Weise das vollständige Funktionieren des Binnenmarktes und eine gute Verwaltung des öffentlichen Gesundheitswesens im Hinblick auf COVID-19 und andere Bereiche sicherzustellen und alle EU-Bürgerinnen und -Bürger – unabhängig von ihrem Wohnort – zu schützen. Auf der außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates vom 2. Oktober forderten die Mitgliedstaaten den Rat und die Europäische Kommission auf, die allgemeinen Koordinierungsbemühungen und die Arbeit zur Entwicklung und Verteilung eines Impfstoffs auf EU-Ebene weiter zu intensivieren. 6
Im Juli hat die Kommission eine Mitteilung betreffend kurzfristige Vorsorgemaßnahmen der EU im Gesundheitsbereich 7 angenommen mit dem Ziel, Europa bei der Vorsorge gegen und Eindämmung weiterer potenzieller COVID-19-Ausbrüche zu unterstützen, Leben zu retten und Lebensgrundlagen zu erhalten sowie die Zeitspanne zu überbrücken, bis ein sicherer und wirksamer Impfstoff für die allgemeine Verwendung bereitsteht. Darin sind Schlüsselmaßnahmen in sechs konkreten Bereichen dargelegt. Die wirksame Umsetzung dieser Maßnahmen erfordert die Koordinierung und einen effektiven Informationsaustausch unter den Mitgliedstaaten. Einer der wesentlichen Aktionspunkte, die Europa umsetzen muss, um die Coronavirus-Pandemie zu überwinden, ist die Beschleunigung der Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung von Impfstoffen gegen COVID-19. Die im Juni veröffentlichte EU-Strategie für COVID-19-Impfstoffe 8 zeichnet den Weg vor. Die darin enthaltenen Empfehlungen sind nach wie vor maßgeblich und alle Mitgliedstaaten sind aufgefordert, sie zu befolgen.
In der Strategie wurde eine Vorfinanzierungsmöglichkeit zugunsten von Impfstoffherstellern vorgeschlagen, durch die die Entwicklung und Herstellung vielversprechender Impfstoffkandidaten beschleunigt sowie sichergestellt werden soll, dass die Mitgliedstaaten zu den bestmöglichen Konditionen auf diese Impfstoffe zugreifen können. Dementsprechend hat die Kommission im Namen der Mitgliedstaaten Vereinbarungen mit einzelnen Impfstoffherstellern getroffen, denen zufolge sie im Rahmen von Abnahmegarantien Impfstoffdosen kauft und/oder sich das Recht auf den Ankauf von Impfstoffdosen sichert. 9 Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bestehen drei Verträge 10 , die den Erwerb eines Impfstoffs ermöglichen, sobald dieser nachweislich sicher und wirksam ist, und zwar mit den Firmen Astra Zeneca, Sanofi-GSK und Johnson & Johnson. Im Oktober 2020 steht die Kommission auch in Verhandlungen mit anderen Impfstoffherstellern (CureVac, Moderna und BioNTech/Pfizer) über den Abschluss ähnlicher Vereinbarungen; die entsprechenden Sondierungsgespräche wurden bereits erfolgreich abgeschlossen. Alle drei mit Impfstoffherstellern genehmigten Verträge enthalten Bestimmungen, in deren Rahmen die Mitgliedstaaten im Interesse einer globalen Solidarität Impfstoffdosen an Drittländer spenden oder weiterverkaufen können.
Bisher hat sich die Kommission den Zugang zu folgenden potenziellen Impfstoffen gegen COVID-19 gesichert:
·AstraZeneca: 300 Mio. Dosen
·Sanofi-GSK: Option für den Ankauf von 300 Mio. Dosen.
·Johnson & Johnson: 200 Mio. Dosen
Derzeit ist nicht bekannt, welcher potenzielle Impfstoff, falls überhaupt, den Entwicklungs- und Zulassungsprozess erfolgreich durchlaufen und damit das Wirksamkeits- und Sicherheitserfordernis für das Inverkehrbringen in der EU erfüllen wird. Um die Krise überwinden zu können, benötigt Europa ein breites Portfolio an Impfstoffkandidaten, um die Chancen der raschen Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung eines Impfstoffs für alle Europäerinnen und Europäer zu maximieren.
Ein solches Portfolio wird Impfstoffe mit unterschiedlichen technologischen Ansätzen umfassen, um die größtmöglichen Chancen zu gewährleisten, einen erfolgreichen Impfstoff gegen COVID-19 zu erhalten. An diesem vollständigen Portfolio müssen sich alle Mitgliedstaaten beteiligen. Die Abnahmegarantien enthalten eine Bestimmung betreffend die faire Verteilung der Impfstoffdosen auf die Mitgliedstaaten, wodurch gewährleistet wird, dass jedes Land entsprechend einem bevölkerungsbezogenen Verteilungsschlüssel anteilig Dosen erhält, sofern die beteiligten Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Abnahmegarantien nichts anderes vereinbaren. Ein breiteres Impfstoffportfolio ermöglicht den Mitgliedstaaten die besten Chancen darauf, so rasch wie nur möglich über wirksame und sichere Impfstoffe in den benötigten Mengen zu verfügen, aber hierzu werden zusätzliche Mittel benötigt. Daher sind alle Mitgliedstaaten aufgefordert, die Mittelausstattung des Soforthilfeinstruments aufzustocken.
Um die Europäische Union und ihre Bürgerinnen und Bürger auf die Situation vorzubereiten, wenn bzw. falls ein sicherer und wirksamer Impfstoff bereitsteht, hat die Kommission entsprechend den in den EU-Verträgen festgelegten Befugnissen Schlüsselelemente festgelegt, die die Mitgliedstaaten bei ihren Impfstrategien betreffend COVID-19 berücksichtigen sollten. Mit diesen Leitgedanken werden die Mitgliedstaaten dabei unterstützt, mögliche Herausforderungen und Lücken mit Blick auf die effektive Bereitstellung und Akzeptanz eines sicheren Impfstoffs gegen COVID-19 zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Technisch harmonisierte und politisch abgestimmte Impfstrategien sollten letztlich zu einer hohen Durchimpfung betreffend COVID-19 in der EU führen. Besondere Bedeutung wird einer effektiven, einheitlichen, transparenten und umfassenden Information über die Impfstoffe und ihre Verfügbarkeit zukommen.
Des Weiteren wird die Kommission einen koordinierten Ansatz für die Verteilung der Impfstoffe auf die EU-Mitgliedstaaten festlegen. Mit einer von der Kommission und den Mitgliedstaaten beschlossenen Verteilungsmethode 11 wird sichergestellt, dass alle Mitgliedstaaten abhängig von ihrer Bevölkerungsgröße gleichberechtigten Zugang zu den verfügbaren Dosen haben.
Sobald Impfstoffe gegen COVID-19 bereitstehen und auf EU-Ebene zugelassen sind, werden alle Mitgliedstaaten gleichzeitig darauf zugreifen können. Zu Beginn der Bereitstellung und bis die Produktion aufgestockt werden kann, wird die Gesamtzahl der Impfstoffdosen begrenzt. Bis dahin besteht eine vorrangige Maßnahme darin, zu entscheiden, welche Gruppen beim Zugang zu Impfstoffen Priorität haben sollten.
Es muss sichergestellt werden, dass Europa vorbereitet ist, und dabei besteht eine Priorität der Kommission darin, einen gleichberechtigten und globalen Zugang zu einem sicheren und wirksamen Impfstoff für alle zu unterstützen und den Impfstoff zu einem globalen öffentlichen Gut zu machen. Die EU-Strategie für COVID-19-Impfstoffe geht Hand in Hand mit dem Engagement der EU für weltweite Solidarität. Um gemeinsam mit internationalen Partnern für einen gleichberechtigten Zugang zu weltweiten und erschwinglichen COVID-19-Impfstoffen überall auf der Welt für alle zu sorgen, die sie benötigen, hat die Kommission am 18. September ihre Beteiligung an der weltweiten COVAX-Fazilität bestätigt, die zum Ziel hat, die Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung von Impfstoffen gegen COVID-19 zu beschleunigen und weltweit einen fairen und gleichberechtigten Zugang dazu zu gewährleisten. 12 Gemeinsam mit ihren Mitgliedstaaten, der COVAX-Fazilität, der GAVI und der Weltgesundheitsorganisation wird die Kommission für einen frühzeitigen Zugang zu Impfstoffen und die Möglichkeit sorgen, diese zuzulassen und wirksam an Partnerländer in der Welt zu verteilen. Zudem hat die Kommission seit Mai 2020 im Rahmen der weltweiten Corona-Krisenreaktion, der globalen Aktion für den universellen Zugang zu Tests, Behandlungen und Impfstoffen gegen das Coronavirus sowie für die weltweite Erholung, fast 16 Mrd. EUR mobilisiert. Für die COVAX-Fazilität als solche hat sie bisher 400 Mio. EUR bereitgestellt. Im Rahmen ihres Beitrags zur weltweiten Corona-Krisenreaktion kann die EU mit ihrer humanitären Luftbrücke dazu beitragen, die bedürftigsten Bevölkerungsgruppen auf der Welt mit Impfstoffen und medizinischer Ausrüstung zu versorgen.
2.BEDEUTUNG SICHERER UND WIRKSAMER IMPFSTOFFE GEGEN COVID-19
Der Bedarf an einem Impfstoff gegen COVID-19 wird jeden Tag dringlicher, und Experten und Wissenschaftler auf der ganzen Welt arbeiten rund um die Uhr auf erfolgreiche Impfstoffe hin, gleichzeitig werden jedoch bei den Standards für die Qualität, die Sicherheit und die Wirksamkeit von Impfstoffen keine Abstriche gemacht. Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger hat für die Europäische Kommission oberste Priorität und dies wird immer so bleiben. Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit sind grundlegende Anforderungen an jeden Impfstoff und jedes Arzneimittel und Voraussetzung für den Zugang zum EU-Markt. Die Sicherheitsanforderungen an COVID-19-Impfstoffe sind unverändert ebenso hoch wie für jeden anderen Impfstoff in der EU, und daran werden auch die durch die Pandemie bedingte Lage oder Dringlichkeit nichts ändern.
Eine der wichtigsten Säulen der EU-Strategie für COVID-19-Impfstoffe zielt genau darauf ab. Der Regelungsrahmen der EU, in dem hohe Standards und strenge Anforderungen festgelegt sind, enthält Flexibilitätsbestimmungen für Notlagen. So kann die Entwicklung, Zulassung und Bereitstellung von Impfstoffen beschleunigt werden, aber gleichzeitig werden keine Abstriche bei den Standards für die Qualität, die Sicherheit und die Wirksamkeit des Impfstoffs gemacht. Dies ist die Voraussetzung für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger.
Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit des Impfstoffs sind die Grundlagen für Entwicklung und Zulassung eines jeden Impfstoffs, und die Impfstoffhersteller sind verpflichtet, der Europäischen Arzneimittelagentur im Rahmen des Zulassungsverfahrens der EU ausführliche Unterlagen und Daten vorzulegen. Dies schließt solide Daten aus klinischen Prüfungen ein. Anschließend führt die Agentur eine umfassende und unabhängige wissenschaftliche Bewertung durch und gestützt auf diese Evaluierung kann die Europäische Kommission dann die erforderliche Zulassung erteilen.
Mit Blick auf COVID-19 hat die Europäische Arzneimittelbehörde Schnellprüfverfahren eingeführt, um Anträge schnell bewerten zu können, wobei aber die Fundiertheit der wissenschaftlichen Stellungnahmen und die gleichen hohen Standards für Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit gewährleistet werden wie bei allen Arzneimitteln. Mit der COVID-19-Pandemie-Taskforce der Europäischen Arzneimittelagentur wurde eine Fachgruppe eingerichtet, die wissenschaftliche Beratung zu klinischen Prüfungen und zur Produktentwicklung anbietet und die eingehenden Daten fortlaufend überprüft („rolling review“), um die Bewertung eines vielversprechenden Impfstoffs zu beschleunigen. Nach dem regulären Verfahren müssen alle Daten betreffend die Wirksamkeit, die Sicherheit und die Qualität eines Arzneimittels sowie alle erforderlichen Unterlagen zu Beginn der Bewertung in Form eines förmlichen Zulassungsantrags vorgelegt werden. Im Fall der fortlaufenden Überprüfung werden Daten aus laufenden Studien überprüft, sobald sie verfügbar sind, noch bevor ein förmlicher Antrag gestellt wird. Dadurch wird die reguläre Bewertungsdauer erheblich verkürzt, weil sich die meisten Daten schnell überprüfen lassen und gleichzeitig wird der Grundsatz der Qualität, der Sicherheit und der Wirksamkeit gewahrt. Regulär stellt der Entwickler einen förmlichen Antrag auf Zulassung, sobald das Datenpaket vollständig ist. 13
Nach der Zulassung müssen die Sicherheit und die Wirksamkeit des Impfstoffs gemäß dem EU-Recht überwacht werden. Im Rahmen dieser Überwachung werden von den für Impfprogramme zuständigen Behörden Studien durchgeführt. Solche Studien können auch im Rahmen der Bedingungen für die Aufrechterhaltung ihrer Zulassung von den Unternehmen verlangt werden. Weitere Daten müssen zentral erfasst werden, um die Auswirkung und Wirksamkeit von COVID-19-Impfstoffen vom Standpunkt der öffentlichen Gesundheit aus zu bewerten, wenn diese in der Bevölkerung eingesetzt werden. Dies wird entscheidend sein, um die Pandemie zu bewältigen und unter den Europäerinnen und Europäern Vertrauen aufzubauen.
Die Europäische Arzneimittelagentur ergreift in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, der Kommission sowie europäischen und internationalen Partnern verschärfte Maßnahmen zur Sicherheitsüberwachung speziell in Bezug auf COVID-19-Impfstoffe. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, ihre nationalen Überwachungsdaten betreffend unerwünschte Nebenwirkungen (falls zutreffend) an die übrigen Mitgliedstaaten und die europäischen Behörden weiterzuleiten. Mit diesen Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass alle neuen, nach dem Inverkehrbringen gesammelten Informationen so schnell wie möglich zentral erfasst, gesichtet und bewertet werden und zeitnah geeignete Regulierungsmaßnahmen für den Schutz der Patientinnen und Patienten und der öffentlichen Gesundheit getroffen werden. Daher sollte ein europäisches Netz für klinische Impfstoffprüfungen eingerichtet werden, das sich schwerpunktmäßig mit Phase-3-Studien (Wirksamkeit und Sicherheit) und Phase-4-Studien (fortlaufende Bewertung von Sicherheit und Wirksamkeit nach der Einführung) befassen soll.
Neben dem Aspekt der Sicherheit wird die Überwachung und Bekämpfung von COVID-19 verstärkte Überwachungssysteme auf EU-Ebene erfordern, in die Daten einfließen, die sowohl die Epidemiologie der Seuche als auch die Durchimpfungsraten in den Zielgruppen abdecken. Jedes Überwachungssystem muss der Datenschutz-Grundverordnung entsprechen, sofern damit personenbezogene Daten verarbeitet werden. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) sollte eine aktive koordinierende Rolle innerhalb der Datenschutzbehörden der EU übernehmen, um so zur einheitlichen Anwendung der Datenschutzvorschriften innerhalb der Europäischen Union in Krisenzeiten beizutragen. Hohe Durchimpfungsraten werden auch ein wichtiger Indikator für die Akzeptanz der Impfstoffe bzw. den Zugang zu ihnen sein. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten und die Europäische Arzneimittelagentur ergreifen in enger Zusammenarbeit mit der Kommission, den Mitgliedstaaten sowie europäischen und internationalen Partnern verstärkte Maßnahmen zur Überwachung der Wirksamkeit, der Sicherheit und der Auswirkungen des Impfstoffs sowie der Durchimpfungsrate speziell in Bezug auf COVID-19-Impfstoffe. Dies umfasst die Einrichtung einer strukturierten Plattform für die Überwachung von Impfstoffen (auch COVID-19-Impfstoffen) nach dem Inverkehrbringen.
3.ELEMENTE WIRKSAMER COVID-19-IMPFSTRATEGIEN
Die Kommission ist im Begriff, den Zugang zu sicheren, wirksamen und hochwertigen COVID-19-Impfstoffen für alle EU-Bürgerinnen und -Bürger zu sichern. Genauso wichtig sind aber die erfolgreiche Bereitstellung und eine ausreichende Akzeptanz solcher Impfstoffe. Die Mitgliedstaaten sollten einige vorbereitende Maßnahmen treffen, damit die Durchführung so effizient und gezielt wie möglich erfolgen kann, sobald ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht.
Die Vorbereitungsmaßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten für die nächste entscheidende Phase sind von größter Bedeutung. Die Weltgesundheitsorganisation hat einschlägige Leitlinien für die Europäische Region der Weltgesundheitsorganisation erstellt, an denen sich die Gesundheitsministerien, ihre Dienststellen, die nationalen beratenden Impf-Fachausschüsse und die zuständigen Behörden des öffentlichen und privaten Sektors bei der Vorbereitung der Bereitstellung von COVID-19-Impfstoffen und der Impfung orientieren können 14 .
Sobald ein oder mehrere COVID-19-Impfstoffe bereitstehen, muss sichergestellt werden, dass die Impfdienste die Impfstoffe innerhalb einer bestimmten Frist und im Einklang mit der sich rasch ändernden Seuchenlage auf geordnete Weise ausliefern und verteilen können. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Impfdienste in ausreichendem Maße mit den für ihre Arbeit benötigten Ressourcen ausgestattet sind, sowohl in Bezug auf qualifizierte Mitarbeiter, die COVID-19-Impfstoffe verabreichen, als auch in Bezug auf die Ausstattung mit der erforderlichen medizinischen und Schutzausrüstung. In Bezug auf die erforderliche Personalausstattung sollten die Mitgliedstaaten bereits Neueinstellungen und Schulungsprogramme in Erwägung ziehen, die möglicherweise Studierende oder im Ruhestand befindliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschließen. In Bezug auf die Ausstattung mit medizinischer und Schutzausrüstung sollte auf potenzielle Herstellungsengpässe geachtet werden. Die Mitgliedstaaten sollten von den von der Kommission im Namen der beteiligten Mitgliedstaaten abgeschlossenen Rahmenverträgen zur gemeinsamen Beschaffung Gebrauch machen, die ihnen die Bestellung von Material ermöglichen, das sie für die Impfung gegen COVID-19 benötigen. Darüber hinaus werden die von den Mitgliedstaaten im Rahmen der rescEU-Initiative, die Teil des Katastrophenschutzverfahrens der Union ist, bereitgehaltenen Notvorräte an medizinischen Gegenmaßnahmen weiter aufgestockt.
Auf dieser Grundlage sollten Impfdienstleistungen für die Zielpopulationen leicht zugänglich gemacht werden, sowohl in Bezug auf die Erschwinglichkeit – die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die kostenlose Abgabe von COVID-19-Impfstoffen zu erwägen – als auch auf die Erreichbarkeit vor Ort. Die Bürgerinnen und Bürger sollten auf klare Weise über die konkreten Schritte zur Inanspruchnahme von Impfstoffen – auch über zentralisierte Strukturen, sofern möglich, und über zentrale Anlaufstellen – informiert werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Informationen auf gut nachvollziehbare Weise und zeitnah über die einschlägigen Medien abgerufen werden können. Die erforderlichen Infrastruktur- und Kommunikationsmaßnahmen sollten nun geplant werden, damit sie Ende 2020 durchgeführt werden können.
Bei der Planung der Infrastruktur sollte berücksichtigt werden, dass COVID-19-Impfstoffe andere Eigenschaften haben und andere Lager- und Transportbedingungen für sie gelten und dass in der Praxis höchstwahrscheinlich keine Einheitslösung umsetzbar ist. Für einige Impfstoffe gelten bestimmte Temperaturanforderungen (Minustemperaturen bis zu -70º C), und es ist davon auszugehen, dass Unterschiede bei den Impfstoffeigenschaften unterschiedliche Packungsgrößen sowie bestimmte Transportbedingungen erfordern. Daher sollten die Mitgliedstaaten ihre Regelungen überprüfen und beachten, dass möglicherweise Kühlketten und Kühltransporte ausgebaut und die Kapazitäten für die dezentrale wie auch die zentrale Lagerung aufgestockt werden müssen. Daher ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass ein Portfolio von Impfstoffen mit unterschiedlichen Eigenschaften und Anforderungen bereitgestellt wird. Die Kommission kann die Mitgliedstaaten bei diesem Prozess unterstützen, indem sie ihnen alle Unionsinstrumente, die über logistische und Transportkapazitäten umfassen, wie das Katastrophenschutzverfahren der Union, zur Verfügung stellt.
Um die Beschleunigung der Bereitstellung von COVID-19-Impfstoffen zu erleichtern, sobald diese zugelassen sind, hat die Kommission mit den Mitgliedstaaten und der Europäischen Arzneimittel-Agentur über Flexibilisierungsregelungen bezüglich Kennzeichnung und Verpackung beraten, die für einen befristeten Zeitraum in Anspruch genommen werden können, wo dies möglich ist. Wie in der EU-Strategie für COVID-19-Impfstoffe festgelegt ist, können solche flexiblen Bestimmungen eine raschere Bereitstellung des Impfstoffs unterstützen, und zwar durch eine Erhöhung der Produktionskapazität, eine Verringerung der Transportkosten, eine Optimierung der Lagerkapazitäten, eine bessere Verteilung der Dosen auf die Mitgliedstaaten und die Begrenzung möglicher Folgen für die Herstellung von Routine-Impfstoffen. Beispiele für diese Flexibilisierung sind Verpackungen mit Mehrfachdosen von COVID-19-Impfstoffen, die Möglichkeit, die Informationen auf der Verpackung und in der Kennzeichnung in nur einer EU-Amtssprache auszuweisen, und die Option, die Packungsbeilage auszudrucken und unabhängig von der Packung an jeden einzelnen Patienten zu verteilen, der eine Dosis erhält. Um den Impfstoff zügiger verteilen zu können, kann die Kommission diese Flexibilisierung nutzen, wenn sie die Bedingungen für die Kennzeichnung und die Verpackungen von COVID-19-Impfstoffen festlegt, und die Länder sollten die Bürgerinnen und Bürger auf deutliche und effiziente Weise darüber informieren.
Zur Überwachung der Wirksamkeit der Impfstrategien müssen die Mitgliedstaaten geeignete Register führen. Auf diese Weise werden die Impfdaten anforderungsgemäß erfasst, was die Überwachung nach dem Inverkehrbringen und die „Echtzeit“-Überwachung ermöglicht. Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, dass die elektronischen Immunisierungsinformationssysteme oder sonstige Impfregister auf dem aktuellen Stand sind und den Datenschutzbestimmungen in vollem Umfang entsprechen.
Da bei einer Reihe von COVID-19-Impfstoffen voraussichtlich zwei Impfdurchgänge erforderlich sein werden, ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten ein effektives Rückrufsystem einrichten. Ebenso wichtig wird es sein, die Bevölkerung über die Medien und die häufigsten Kommunikationskanäle (Online-Plattformen) eingehend über die Risiken und den Nutzen aufzuklären sowie die nötigen Daten zu erfassen, damit diejenigen Personen, die nicht innerhalb der vorgesehenen Frist die zweite Impfung erhalten, erinnert und zurückverfolgt werden können. Solche Maßnahmen sind grundlegend für die effektive Einführung eines sicheren Impfstoffs.
Um eine ausreichende Akzeptanz für die sicheren COVID-19-Impfstoffe zu erzielen, muss bereits jetzt damit begonnen werden, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Impfstoffe aufzubauen. Mangelndes Vertrauen hat in der jüngsten Vergangenheit zu unzureichenden Durchimpfungsraten, beispielsweise gegen wichtige Kinderkrankheiten, geführt, was erneute Ausbrüche von Krankheiten zur Folge hatte, die durch Impfung verhindert werden können, wie etwa Masern. Die Probleme aufgrund der wachsenden Impfskepsis wurden bereits dargelegt, zum Beispiel in der Mitteilung der Kommission über die verstärkte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von durch Impfung vermeidbaren Krankheiten 15 , in dem 2018 veröffentlichten Bericht der EU zum Vertrauen in Impfstoffe 16 sowie in dem Bericht von Wellcome Global Monitor zum Vertrauen in Impfstoffe aus demselben Jahr 17 . Dies ist keinesfalls ein neues Phänomen.
Wie die Kommission in ihrer Mitteilung über die Bekämpfung von Desinformation im Zusammenhang mit COVID-19 18 aufgezeigt hat, lässt die Falsch- und Desinformation bezüglich eines möglichen COVID-19-Impfstoffs nicht nach, was den späteren Einsatz und die Akzeptanz von Impfstoffen wahrscheinlich erschweren wird. Die Koordinierung und die Zusammenarbeit mit den Akteuren auf EU-Ebene und auf globaler Ebene, gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation und den Online-Plattformen, wird von zentraler Bedeutung für die Überwachung und Bekämpfung der Desinformation über COVID-19 und für die wirksame Reaktion auf Falschinformationen sein. Klare, frühzeitige Information und ein proaktiver Ansatz im Hinblick auf falsche oder irreführende Informationen sind unerlässlich. Darüber hinaus wird die Kommission bis Ende des Jahres 2020 in ihrem Aktionsplan für die europäische Demokratie auf das Phänomen der Desinformation eingehen.
Trotz umfassender Einhaltung hoher Qualitäts-, Sicherheits- und Wirksamkeitsstandards wird es zudem allein das derzeit hohe Tempo der Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen wahrscheinlich besonders schwierig machen, Vertrauen in solche Impfstoffe aufzubauen, da die Bürgerinnen und Bürger Bedenken haben, was die Sicherheit von Impfstoffen anbelangt, die innerhalb so kurzer Zeit entwickelt wurden. Die Mitgliedstaaten müssen bereits jetzt damit beginnen, den Bürgerinnen und Bürgern objektive, präzise, faktenbasierte und gezielte Informationen über die Bedeutung von COVID-19-Impfstoffen zu vermitteln. Es muss erklärt werden, dass solche Impfstoffe voraussichtlich unser einzig wirklicher Ausweg aus der anhaltenden Pandemie sind und dass aufgrund des strengen EU-Marktzulassungsverfahrens keine Abstriche bei der Sicherheit oder der Wirksamkeit gemacht werden. Zeitnahe, kontinuierliche und kohärente Informationen über die Entwicklung von Impfstoffen sowie die Zulassungs-, Einführungs-, Bereitstellungs- und Sicherheitsüberwachungsverfahren fördern das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger darauf, dass alles getan wird, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe zu gewährleisten.
Die parallele Markteinführung mehrerer nachweislich sicherer und wirksamer Impfstoffe sowie deren Verteilung werden eine große Herausforderung darstellen, die eine enge Zusammenarbeit und eine konzertierte Aktion aller Mitgliedstaaten erfordert. Es wäre von erheblichem Nutzen, wenn koordinierte, EU-weite Studien zur Wirksamkeits- und Sicherheitsüberwachung von COVID-19-Impfstoffen durchgeführt würden. Diskussionen auf nationaler Ebene können durch den Daten- und Informationsaustausch im Rahmen der Zusammenarbeit der bestehenden nationalen Sachverständigengruppen der EU/des EWR für Immunisierungsfragen 19 unterstützt werden. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) kann bei Themen wie Impfstrategien helfen, durch die systematische Überprüfung von Berichten zu verfügbarer Evidenz Unterstützung leisten und einschlägige Indikatoren für die Leistungs- und Erfassungsmessung festlegen.
Es ist von größter Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten in dieser globalen Gesundheitskrise ihr Wissen und ihre Erfahrungen austauschen. Die Kommission unterstützt im Rahmen des Gesundheitssicherheitsausschusses die Mitgliedstaaten bei der Koordinierung ihrer Anstrengungen und ihrer Reaktionen auf die Pandemie. Während die Zuständigkeit für die Gesundheitspolitik bei den Mitgliedstaaten liegt und die nationalen Strategien aufgrund bestimmter Faktoren – zum Beispiel Unterschiede bei den Kapazitäten der Gesundheitssysteme, bei der Bevölkerungsstruktur oder der epidemiologischen Lage – voneinander abweichen können, ist es nichtdestotrotz wichtig, die Koordinierung der nationalen Reaktionen auf die Pandemie sicherzustellen. Dies umfasst auch die Verteilung und den Einsatz von COVID-19-Impfstoffen nach deren Zulassung. In diesem Zusammenhang muss die Kooperation zwischen den Gesundheitsbehörden der Mitgliedstaaten und den Katastrophenschutzbehörden gewährleistet sein. Das Zentrum für die Koordinierung von Notfallmaßnahmen könnte die Mitgliedstaaten hierbei unterstützen, auch durch Überwachungstätigkeiten und Informationsaustausch. Die Kommission hat mit den Mitgliedstaaten eng zusammengearbeitet, um Anforderungen festzulegen, Strategien zu entwickeln sowie Informationen und bewährte Verfahren auszutauschen. Ferner ist die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung und Dienste, einschließlich des Gesundheitswesens, eine der vorgesehenen Leitinitiativen der Aufbau- und Resilienzfazilität.
VORGESCHLAGENE MAẞNAHMEN |
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Zeitplan |
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ØDie Mitgliedstaaten sollten die Kapazitäten der Impfdienste zur Bereitstellung von COVID-19-Impfstoffen sicherstellen, einschließlich geschulten Personals sowie medizinischer und persönlicher Schutzausrüstung. |
Oktober bis November 2020 |
ØDie Mitgliedstaaten sollten den leichten Zugang der Zielgruppen zu den Impfstoffen gewährleisten, sowohl im Hinblick auf Erschwinglichkeit als auch physische Erreichbarkeit. |
Oktober bis Dezember 2020 |
ØDie Mitgliedstaaten sollten sich auf den Einsatz von Impfstoffen mit unterschiedlichen Eigenschaften sowie Lagerungs- und Beförderungsanforderungen vorbereiten und die erforderliche Impf-Infrastruktur überprüfen, vor allem in Bezug auf die Kühlkette sowie die Kapazitäten für die Beförderung und Lagerung bei entsprechender Kühlung. |
Ab Oktober |
ØDie Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass sich die Immunisierungsinformationssysteme und sonstigen Impfregister auf dem aktuellen Stand befinden und für die Verarbeitung von Impfdaten bereitstehen. |
Ab Oktober |
ØDie Mitgliedstaaten sollten für eine klare Kommunikation zu Nutzen, Risiken und Bedeutung von COVID-19-Impfstoffen sorgen und auf diese Weise das Vertrauen der Öffentlichkeit fördern. -Die Mitgliedstaaten sollten bewährte Verfahren zur wirksamen Bekämpfung der Impfskepsis ermitteln und austauschen. -Die Mitgliedstaaten sollten mit Angehörigen der Gesundheitsberufe zusammenarbeiten, da diese vertrauenswürdige Quellen in Impfangelegenheiten sind. |
Ab Oktober |
ØDie Mitgliedstaaten sollten ihre Anstrengungen zur Bekämpfung der Falsch- und Desinformation bezüglich eines möglichen COVID-19-Impfstoffs koordinieren, wobei sie mit internationalen Stellen und den Online-Plattformen zusammenarbeiten sollten. Die Kommission sollte diese Bemühungen unterstützen. |
Ab Oktober |
ØDie Mitgliedstaaten und die Gesundheitsbehörden sollten sich auf die Durchführung von Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen – unabhängig von Wirtschaftsinteressen – wie folgt vorbereiten: -Aufbau der erforderlichen Netzwerke zur Datenerfassung und Evidenzanalyse, und zwar, soweit möglich, auch in statistisch repräsentativer Form für verschiedene Zielgruppen, zum Beispiel Erwerbstätige -Gewährleistung von Mechanismen zur Feststellung und Prüfung von Problemen im Zusammenhang mit der Sicherheit von Impfstoffen sowie zur Reaktion darauf -Gewährleistung von Mechanismen zur kontinuierlichen Bewertung von Risiken und Nutzen -Vorbereitung der Teilnahme an groß angelegten, EU-weiten Studien zur Wirksamkeits- und Sicherheitsüberwachung, koordiniert durch die Europäische Arzneimittel-Agentur und das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten |
Oktober bis 2022 |
ØZusammenarbeit der nationalen Sachverständigengruppen der EU/des EWR für Immunisierungsfragen, koordiniert durch das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten, zur Unterstützung der nationalen Anstrengungen mittels Daten- und Informationsaustausch |
Laufende Maßnahme |
ØDie Mitgliedstaaten und die Gesundheitsbehörden sollten mit technischer Unterstützung durch das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten Systeme zur Erfassung der Daten zur Durchimpfungsrate bei den Zielgruppen einrichten und die Durchimpfungsrate in Echtzeit anhand von Einzeldaten, auch mittels des elektronischen Impfregisters, unter Einhaltung der Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten überwachen. |
Laufende Maßnahme |
ØDie Mitgliedstaaten sollten ihre Anstrengungen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie im Rahmen des Gesundheitssicherheitsausschusses, koordiniert durch die Europäische Kommission, abstimmen. Die Kooperation zwischen den Gesundheitsbehörden und den Katastrophenschutzbehörden sollte gewährleistet sein. |
Laufende Maßnahme |
4.MÖGLICHE PRIORITÄRE GRUPPEN FÜR DIE ANFANGSPHASEN DES EINSATZES VON IMPFSTOFFEN
Wenn wirksame, sichere Impfstoffe gegen COVID-19 verfügbar werden, wird die erste Auslieferungsphase von den vorhandenen Produktionskapazitäten abhängig sein. Die Mitgliedstaaten werden entscheiden müssen, welche Gruppen prioritären Zugang zu den COVID-19-Impfstoffen erhalten sollten, damit möglichst viele Menschenleben gerettet werden. Bei diesen Entscheidungen sollten zwei Kriterien im Fokus stehen: der Schutz der am stärksten gefährdeten Gruppen und Einzelpersonen sowie die Verlangsamung und schließlich das Aufhalten der Verbreitung der Krankheit.
Die Mitgliedstaaten und Sachverständigenorganisationen haben mit der Erstellung von Aktionsplänen und Priorisierungslisten begonnen, basierend auf den Erkenntnissen aus der ersten Phase der Pandemie, was die Auswirkungen auf verschiedene Bevölkerungsgruppen und Gemeinschaften anbelangt. So hat beispielsweise der Strategische Beirat der Weltgesundheitsorganisation für Immunisierungsfragen (Strategic Advisory Group of Experts on Immunization) einen Orientierungsrahmen für die Zuteilung und Priorisierung von COVID-19-Impfstoffen veröffentlicht, der sich auf die Kerngrundsätze stützt und an verschiedenen Zielen ausrichtet. 20 Außerdem hat die National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine unlängst ihren Abschlussbericht herausgegeben, in dem für die Vereinigten Staaten ein Zuteilungsrahmen in vier Phasen empfohlen wird. 21
Aufbauend auf solchen Konzepten sowie dem derzeitigen Wissen über die Eigenschaften des Coronavirus und der von ihm verursachten Krankheit enthält die nachstehende Tabelle ohne Angabe einer Reihenfolge Beispiele für prioritäre Gruppen, die von den Ländern zu berücksichtigen sind, wenn der Einsatz von COVID-19-Impfstoffen Realität wird. Weitere Empfehlungen zur Priorisierung und zu bestimmten Impfstoffen werden möglich sein, sobald produktspezifische Details bekannt sind, wie zum Beispiel Spezifität und Eigenschaften von Impfstoffen, deren Wirksamkeit und Nutzenbewertung für bestimmte Gruppen sowie die Anforderungen bezüglich Lagerung und Lieferkette.
Diese Unbekannten bei den erwarteten Leistungsprofilen verschiedener Impfstoffe und den verschiedenen Zielgruppen erfordern es umso mehr, mit Impfstoffportfolios zu arbeiten. So sollte beispielsweise ein Impfstoff gegen einen schweren Krankheitsverlauf bei gefährdeten Gruppen zum Einsatz kommen, wohingegen ein Impfstoff gegen die Übertragung des Virus bei Gruppen Verwendung finden sollte, die eher Überträger des Virus sind. Dieser Aspekt sollte in den Impfstrategien und den damit verbundenen Zielen berücksichtigt werden. Dies ist entscheidend, um die Verfügbarkeit einer breiten Palette unterschiedlicher Impfstoffe und den Zugang zu diesen zu gewährleisten, insbesondere im Hinblick auf die Auswahl und Priorisierung verschiedener Zielgruppen. Bei einigen Gruppen können spezifische Strategien erforderlich sein, zum Beispiel bei jungen Menschen, die in letzter Zeit immer häufiger positiv getestet wurden und somit wahrscheinlich zur Verbreitung des Coronavirus beitragen. Die Mitgliedstaaten werden angehalten, die jungen Menschen aufzuklären und sicherzustellen, dass diesen der Ernst der Lage bewusst ist.
Weitere Elemente, welche die Entscheidungsprozesse auf Länderebene bestimmen und beeinflussen werden, sind beispielsweise die länderspezifische epidemiologische Lage zum Zeitpunkt des Einsatzes der Impfstoffe, die demografische Situation, die Auslieferungssysteme für Impfstoffe sowie die Anforderungen und Kapazitäten des Gesundheitssystems. Zudem wird es mit zunehmender Verfügbarkeit der Impfstoffe nötig sein, die Impfstrategien und ihre Ziele entsprechend anzupassen. Zum Beispiel liegt der Schwerpunkt der Strategien anfangs wahrscheinlich auf der Senkung der Sterbe- und Krankheitsraten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie und auf der Aufrechterhaltung wesentlicher Dienstleistungen; mit steigender Durchimpfungsrate steht dann möglicherweise die Verringerung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Einschränkungen und Auswirkungen im Mittelpunkt. Diese Flexibilität in der Zielsetzung sollten die Länder bei der Entwicklung ihrer Impfstrategien einplanen. Unerlässlich ist außerdem ein anpassungsfähiges, flexibles Impfkonzept, um auf rasche Änderungen der epidemiologischen Lage auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene reagieren zu können.
VON DEN MITGLIEDSTAATEN ZU BERÜCKSICHTIGENDE PRIORITÄRE GRUPPEN (ohne Reihenfolge) |
BEGRÜNDUNG |
Beschäftigte im Gesundheitswesen und in der Langzeitpflege |
Systemrelevante Arbeitskräfte mit stark erhöhtem Infektionsrisiko Wahrnehmung zentraler Aufgaben bei der Bekämpfung der Pandemie |
Über 60-Jährige |
Altersbedingt erhöhtes Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs bzw. erhöhtes Sterberisiko Vor allem Personen in einer Wohnsituation mit hohem Risiko, zum Beispiel in Langzeitpflegeeinrichtungen |
Gefährdete Personen infolge chronischer Krankheiten, Begleiterkrankungen und sonstiger Vorerkrankungen |
Erhöhtes Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs bzw. erhöhtes Sterberisiko Beispiele für Risikofaktoren: Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Asthma, Herzerkrankungen, Schwangerschaft |
Systemrelevante Arbeitskräfte außerhalb des Gesundheitswesens |
Zum Beispiel Lehrkräfte, Erzieher/-innen, Arbeitskräfte im Agrar- und Lebensmittelsektor, Arbeitskräfte im Transportwesen sowie Arbeitskräfte im Polizeidienst und im Katastrophenschutz |
Gruppen ohne Möglichkeit physischer Distanzierung |
Zum Beispiel Schlafsäle, Haftanstalten, Flüchtlingslager |
Arbeitskräfte ohne Möglichkeit physischer Distanzierung |
Zum Beispiel Fabriken, Fleischzerlegungsbetriebe und Schlachthöfe |
Gefährdete sozioökonomische Gruppen und andere Gruppen mit höherem Risiko |
Zum Beispiel sozial benachteiligte Gemeinschaften, die entsprechend den nationalen Gegebenheiten zu definieren sind |
Somit wird wahrscheinlich zu Beginn der Impfprogramme ein mehrstufiger Ansatz erforderlich sein. Sobald die Produktion von Impfstoffen steigt und Umfang und Tempo der Versorgung mit Impfstoffen dem Bedarf zu entsprechen beginnen, wird es wichtig sein, mit der Bewertung der Populationsimmunität und des möglicherweise damit einhergehenden Schutzes zu beginnen. Nach derzeitigem Wissensstand ist noch unklar, ob die Impfprogramme eine Populationsimmunität bewirken werden; abhängen wird dies von den spezifischen Impfstoffen, die in der EU zugelassen werden, und von der erzielten Durchimpfungsrate.
VORGESCHLAGENE MAẞNAHMEN |
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Zeitplan |
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ØDie Mitgliedstaaten sollten eine Prioritätenliste für die Impfung, Identifizierung und Erfassung wichtiger Bevölkerungsgruppen und Gemeinschaften festlegen, idealerweise mit einem mehrstufigen/mehrphasigen Ansatz. Eine solche Liste sollte flexibel sein, damit Anpassungen und Aktualisierungen möglich sind, sobald Details zu den Impfstoffen zur Verfügung stehen, und damit epidemiologische Entwicklungen berücksichtigt werden können. |
Laufende Maßnahme |
ØDie Mitgliedstaaten sollten Modellierungen entwickeln und vornehmen (z. B. für die Bedarfsplanung und Impfmaßnahmen), und zwar vorzugsweise in einem Kontext, der den europaweiten Wissensaufbau und Erfahrungsaustausch ermöglicht. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten arbeitet an einem mathematischen Modell zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei den Entscheidungen über die Planung des Einsatzes von COVID-19-Impfstoffen. |
Oktober bis Dezember 2020 |
ØDie Mitgliedstaaten sollten regelmäßig die kritischen Faktoren, zum Beispiel die epidemiologische Lage auf nationaler und subnationaler Ebene, neue Erkenntnisse über das Virus und seine Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die tatsächliche Durchimpfungsrate und die betreffenden Gruppen, die Kapazitäten in Bezug auf die Impfstofflagerung und die Lieferkette sowie die für die Impfung der Bevölkerung benötigten (Personal-) Ressourcen überprüfen und dementsprechend die Impfziele, Vorgaben, Prioritäten und Strategien definieren, neu bewerten und anpassen. |
Laufende Maßnahme |
ØDie Mitgliedstaaten sollten ihre Erkenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf die Entwicklung und Umsetzung von Impfstrategien, insbesondere was die Definition und Erfassung prioritärer Gruppen angeht, im Rahmen des Gesundheitssicherheitsausschusses, koordiniert durch die Europäische Kommission, austauschen. |
Laufende Maßnahme |
5. ÜBERBRÜCKENDE MAẞNAHMEN: AUF DEM WEG ZUR BREITEN VERFÜGBARKEIT VON IMPFSTOFFEN
Während auf zugelassene, sichere und wirksame Impfstoffe gegen COVID-19 gewartet wird und gleichzeitig andere wesentliche Dienstleistungen und Programme der Gesundheitsversorgung und der öffentlichen Gesundheit aufrechterhalten werden, muss die EU weiter dafür Sorge tragen, dass die Übertragung des Virus verlangsamt wird. Dies geschieht hauptsächlich durch Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, den Schutz gefährdeter Gruppen und die Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für die Befolgung der beschlossenen Maßnahmen.
Bis zur Verfügbarkeit eines sicheren, wirksamen COVID-19-Impfstoffs und aller Voraussicht nach auch während der gesamten Phase der Bereitstellung und Verteilung von Impfstoffen werden nicht-pharmazeutische Maßnahmen weiterhin das wichtigste Instrument sein, um Ausbrüche von COVID-19 zu bekämpfen und zu kontrollieren.
Des Weiteren ist es entscheidend, dass die europäischen Gesundheitssysteme in der Lage sind, in geeigneter Weise auf sich möglicherweise verschlechternde epidemiologische Entwicklungen zu reagieren. In diesem Zusammenhang erinnert die Kommission an die in der Mitteilung über kurzfristige Vorsorgemaßnahmen der EU im Gesundheitsbereich im Hinblick auf COVID-19-Ausbrüche beschriebenen Maßnahmen, denen zur Überbrückung bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffs in ausreichenden Mengen für eine breit angelegte Impfung weiterhin größte Bedeutung zukommt.
Während der Bereich der öffentlichen Gesundheit in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, haben die Kommission und die EU-Agenturen eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Reaktionen der Mitgliedstaaten auf COVID-19 zu unterstützen. Tests, Kontaktverfolgung und Überwachung bleiben integraler Bestandteil des Managements der Übertragung des Coronavirus und der Unterbrechung von Infektionsketten. Die Kommission und die Mitgliedstaaten haben sich unlängst auf abgestimmte Teststrategien und -methoden geeinigt. 22 Dies ist ein gutes Beispiel für einen flexiblen, koordinierten Ansatz, der nunmehr von den Mitgliedstaaten nur noch umgesetzt werden muss. Weitere Beispiele für im Rahmen der EU koordinierte Maßnahmen, die derzeit entwickelt werden, sind eine EU-Plattform für digitalisierte Passagierlokalisierungsformulare sowie Initiativen zur Gewährleistung der Interoperabilität zwischen Kontaktverfolgungs- und Warn-Apps. All dies zusammen wird grundlegend zur sicheren Mobilität aller EU-Bürgerinnen und -Bürger beitragen.
Medizinische Gegenmaßnahmen, zum Beispiel die Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung und von Therapeutika, werden ebenfalls nach wie vor entscheidend sein. Die Mitgliedstaaten und die Kommission müssen sicherstellen, dass Probleme in Bezug auf die Lieferung und Verfügbarkeit dieser Produkte sowie auf den Zugang zu ihnen bewältigt werden, und zwar in der gesamten EU sowie in Nachbarländern. Die Kommission wird mit den Mitgliedstaaten und der Wirtschaft zusammenarbeiten, um auf den bereits durchgeführten Arbeiten der Clearingstelle für medizinisches Gerät aufzubauen und Erkenntnisse über den Bedarf an grundlegendem medizinischem Gerät und dessen Verfügbarkeit zu gewinnen.
Zugleich haben die Mitgliedstaaten und die übrigen Unterzeichner der Vereinbarung über die gemeinsame Beschaffung bereits jetzt Zugang zu den laufenden gemeinsamen öffentlichen Ausschreibungen zur Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung, Beatmungsgeräten und Labormaterial; weitere öffentliche Ausschreibungen zur Beschaffung von Arzneimitteln und Impfstoffen für Intensivstationen, auch zur Unterstützung breit angelegter Impfkampagnen, werden folgen. Die Unterstützung in den Bereichen Transport und Logistik zur Gewährleistung einer korrekten und angemessenen Verteilung von Impfstoffen sollten ebenfalls weiterhin hohe Priorität genießen. Die Kommission sollte den Mitgliedstaaten in diesem Bereich soweit erforderlich weitere Unterstützung leisten und dabei von den ihr zur Verfügung stehenden Instrumenten in vollem Umfang Gebrauch machen. Wenngleich das Konzept der EU zur Unterstützung der Mitgliedstaaten durch die Bildung von Kapazitätspuffern in der Gesundheitsversorgung den Fokus vorrangig auf die Stärkung von Solidaritätsmechanismen legte, kann die Bedeutung nicht-pharmazeutischer Maßnahmen nicht hoch genug eingeschätzt werden, da sie Leben retten.
Als die COVID-19-Pandemie Europa erreichte, traten Lücken bei den gesundheitspolitischen Vorsorgemaßnahmen der EU deutlich zutage. Die Strukturen und Mechanismen des Rahmens der EU für Gesundheitssicherheit bei schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren erleichterten den Informationsaustausch über die Entwicklung der Pandemie und unterstützten die ergriffenen spezifischen nationalen Maßnahmen. Allerdings war ihre Fähigkeit beschränkt, eine zeitnahe gemeinsame Reaktion auf EU-Ebene zu veranlassen, die wesentlichen Aspekte der Risikokommunikation zu koordinieren und die Solidarität unter den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Aus diesem Grund beabsichtigt die Kommission demnächst die Vorlage von Legislativvorschlägen – die konkrete, greifbare Maßnahmen ermöglichen –, um das Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten und den Rahmen für Gesundheitssicherheit, das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten sowie die Europäische Arzneimittel-Agentur zu stärken. Des Weiteren arbeitet die Kommission an einem Vorschlag zum Aufbau einer „BARDA“ 23 der EU, die im Bereich der biomedizinischen Forschung, Vorbereitung und Reaktion tätig werden soll, wie Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union angekündigt hat. Dies dürfte ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu einem höheren Maß an offener strategischer Autonomie bei der Entwicklung und Einführung pharmazeutischer Produkte sowie bei Gegenmaßnahmen zu Gesundheitsgefahren im Allgemeinen sein.
Abschließend ist festzuhalten, dass während und auch noch einige Zeit nach der Überbrückungsphase, bis sichere und wirksame COVID-19-Impfstoffe zur allgemeinen Verfügung stehen, die Anstrengungen entsprechend den epidemiologischen Entwicklungen fortgesetzt und verstärkt werden sollten, um zu gewährleisten, dass die Verbreitung des Coronavirus so weit wie möglich eingedämmt wird. Eine bessere Diagnostik wird die Erkennung und die Kontaktverfolgung, die zeitnahe, spezifische Reaktion auf lokalisierte Ausbrüche und Cluster sowie die Prävention der Exposition größerer Gruppen, zum Beispiel auf Flughäfen oder in Flugzeugen, unterstützen. Verbesserte Behandlungen werden zur Senkung der Sterblichkeitsrate, insbesondere in den derzeitigen Risikogruppen, beitragen und so die Gesundheitssysteme entlasten, wodurch wiederum die Kapazitäten für die Behandlung anderer Krankheiten und die Rettung von Leben steigen.
Sobald sichere, wirksame und hochwertige COVID-19-Impfstoffe zugelassen sind und auf den europäischen Markt gebracht werden, wird die Solidarität bei der öffentlichen Beschaffung und bei der Einrichtung eines großen COVID-19-Impfstoffportfolios dazu beitragen, Europa und die ganze Welt aus der „Notstandsphase“ der Pandemie herauszuführen. Sobald verfügbar, sollten die Impfstoffportfolios als Orientierung für die Umsetzung der Impfstrategien dienen, die derzeit von den Mitgliedstaaten entwickelt werden. Die Strategien sollten anhand der in dieser Mitteilung beschriebenen Schlüsselparameter aufeinander abgestimmt werden. Vorsorge und Koordination bleiben unverzichtbar, um die Pandemie zu überwinden und Leben zu retten.
Seit dem 31. Dezember 2019 wurden mit Stand am 11. Oktober 2020 in der EU/im EWR und im Vereinigten Königreich 4 051 387 Fälle von COVID-19 gemeldet (entsprechend den geltenden Falldefinitionen und Teststrategien der betroffenen Länder), darunter 195 217 Todesfälle (Quelle: täglich aktualisierte Bestandsaufnahme des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), https://www.ecdc.europa.eu/en/cases-2019-ncov-eueea ).
Diese umfassen Masken, Aufforderungen und Empfehlungen, zu Hause zu bleiben, das Sperren öffentlicher Plätze, Beschränkungen der zulässigen Personenzahl bei Versammlungen in Innenräumen und unter freiem Himmel, Home-Office-Regelungen sowie die Anpassung von Arbeitsplätzen (zu Letzterem siehe die Leitlinien der EU-OSHA unter folgendem Link: https://osha.europa.eu/en/highlights/covid-19-guidance-workplace ).
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/SPEECH_20_1655
Die EU fördert die Entwicklung von Impfstoffen gegen COVID-19 durch die direkte Förderung von Forschungsprojekten, die Bereitstellung von Kreditfinanzierungsvereinbarungen der Europäischen Investitionsbank für Impfstoffentwickler sowie durch die Unterstützung der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations ( CEPI , Koalition für Innovationen zur Vorsorge gegen Epidemien).
https://www.consilium.europa.eu/media/45919/021020-euco-final-conclusions-de.pdf
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1602083349633&uri=CELEX:52020DC0318
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1597339415327&uri=CELEX:52020DC0245
Finanziert aus dem Soforthilfeinstrument (ESI), Rechtsgrundlage (2016): https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2016/369/oj ; Aktivierung im Jahr 2020.
Am 14. August hat die Kommission eine erste Abnahmegarantie mit dem Pharmaunternehmen AstraZeneca für 300 Mio. Dosen eines potenziellen Impfstoffes gegen COVID-19 vereinbart. Am 18. September wurde ein zweiter Vertrag mit Sanofi-GSK betreffend eine Option für den Ankauf von bis zu 300 Mio. Dosen des Impfstoffs von Sanofi-GSK durch alle Mitgliedstaaten unterzeichnet. Am 8. Oktober genehmigte die Kommission eine Abnahmegarantie mit Pharmaceutica NV, einem zu Johnson & Johnson gehörenden Pharmaunternehmen der Janssen-Gruppe, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, Impfstoffe für 200 Millionen Menschen anzukaufen.
Diese wurde von der Kommission und den Mitgliedstaaten im Rahmen der Vereinbarung über das gemeinsame EU-Konzept zur Beschaffung von COVID-19-Impfstoffen beschlossen, die am 17. Juni von der Kommission angenommen und von allen Mitgliedstaaten gebilligt wurde.
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_1694
In hinreichend begründeten Fällen kann zur Schließung medizinischer Versorgungslücken für Arzneimittel, die zur Behandlung, Vorbeugung oder ärztlichen Diagnose von zu schwerer Invalidität führenden oder lebensbedrohenden Krankheiten bestimmt sind, eine Zulassung erteilt werden, ehe umfassende klinische Daten vorliegen, sofern der Nutzen der sofortigen Verfügbarkeit des betreffenden Arzneimittels auf dem Markt das Risiko überwiegt, das sich daraus ergibt, dass nach wie vor zusätzliche Daten erforderlich sind. In Krisensituationen kann eine Zulassung solcher Arzneimittel erteilt werden, selbst wenn noch keine vollständigen vorklinischen oder pharmazeutischen Daten vorgelegt wurden.
WHO Europe, Strategic considerations in preparing for deployment of COVID-19 vaccine and vaccination in the WHO European Region, 21. September 2020.
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=COM%3A2018%3A245%3AFIN
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52020JC0008
https://www.nap.edu/catalog/25917/framework-for-equitable-allocation-of-covid-19-vaccine
Biomedical Advanced Research and Development Authority.