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Document E2012C1122(01)

Bekanntmachung Der EFTA-Überwachungsbehörde — Leitlinien für vertikale Beschränkungen

ABl. C 362 vom 22.11.2012, p. 1–55 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

22.11.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 362/1


Bekanntmachung Der EFTA-Überwachungsbehörde — Leitlinien für vertikale Beschränkungen

2012/C 362/01

INHALTSVERZEICHNIS

 

 

Rdnr.

Seite

I.

EINLEITUNG

1-7

3

1.

Zweck der Leitlinien

1-4

3

2.

Anwendbarkeit von Artikel 53 des EWR-Abkommens auf vertikale Vereinbarungen

5-7

4

II.

GRUNDSÄTZLICH NICHT UNTER ARTIKEL 53 ABSATZ 1 DES EWR-ABKOMMENS FALLENDE VERTIKALE VEREINBARUNGEN

8-22

4

1.

De-minimis-Vereinbarungen und Vereinbarungen zwischen KMU

8-11

4

2.

Handelsvertreterverträge

12-21

5

2.1

Definition von Handelsvertreterverträgen

12-17

5

2.2

Anwendung von Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens auf Handelsvertreterverträge

18-21

7

3.

Zuliefervereinbarungen

22

8

III.

ANWENDUNG DER GVO

23-73

8

1.

Durch die GVO geschaffene Rechtssicherheit

23

8

2.

Geltungsbereich der GVO

24-46

8

2.1

Definition von vertikalen Vereinbarungen

24-26

8

2.2

Vertikale Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern

27-28

10

2.3

Vereinigungen von Einzelhändlern

29-30

10

2.4

Vertikale Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums

31-45

11

2.5

Verhältnis zu anderen GVO

46

14

3.

Kernbeschränkungen nach der GVO

47-59

14

4.

Einzelne Kernbeschränkungen, die gegebenenfalls nicht unter das Verbot von Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen oder die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllen

60-64

19

5.

Nicht nach der GVO freigestellte Beschränkungen

65-69

20

6.

Abtrennbarkeit von Vertragsbestimmungen

70-71

21

7.

Produktportfolios, die über dasselbe Vertriebssystem verkauft werden

72-73

21

IV.

ENTZUG DER GRUPPENFREISTELLUNG UND NICHTANWENDUNG DER GVO

74-85

21

1.

Entzug der Gruppenfreistellung

74-78

21

2.

Nichtanwendung der GVO

79-85

22

V.

MARKTABGRENZUNG UND BERECHNUNG DER MARKTANTEILE

86-95

23

1.

Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Definition des relevanten Marktes

86

23

2.

Relevanter Markt für die Berechnung der 30 %-Marktanteilsschwelle nach der GVO

87-92

24

3.

Berechnung der Marktanteile nach der GVO

93-95

25

VI.

DURCHSETZUNG DES WETTBEWERBSRECHTS IM EINZELFALL

96-229

25

1.

Grundlagen der Prüfung

96-127

25

1.1.

Negative Auswirkungen vertikaler Beschränkungen

100-105

27

1.2.

Positive Auswirkungen vertikaler Beschränkungen

106-109

28

1.3.

Prüfungsmethoden

110-127

30

1.3.1.

Faktoren, die für die Prüfung nach Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens relevant sind

111-121

31

1.3.2.

Faktoren, die für die Prüfung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens relevant sind

122-127

33

2.

Beurteilung bestimmter vertikaler Beschränkungen

128-229

34

2.1.

Markenzwang

129-150

34

2.2.

Alleinvertrieb

151-167

38

2.3.

Kundenbeschränkung

168-173

42

2.4.

Selektiver Vertrieb

174-188

43

2.5.

Franchising

189-191

47

2.6.

Alleinbelieferung

192-202

48

2.7.

Vorauszahlungen für den Zugang

203-208

50

2.8.

Produktgruppenmanagement-Vereinbarungen

209-213

51

2.9.

Kopplungsbindung

214-222

52

2.10.

Beschränkungen für den Weiterverkaufspreis

223-229

54

A.

Diese Bekanntmachung stützt sich auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) und das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (Überwachungs- und Gerichtshofübereinkommen).

B.

Die Europäische Kommission hat die Bekanntmachung „Leitlinien für vertikale Beschränkungen“ (1) veröffentlicht. In diesem rechtlich nicht bindenden Akt werden die Grundsätze dargelegt, auf die sich die Europäische Kommission bei der Beurteilung vertikaler Beschränkungen gemäß Artikel 101 AEUV stützt.

C.

Nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde ist die vorerwähnte Bekanntmachung EWR-relevant. In dem Bestreben, im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum gleiche Wettbewerbsbedingungen aufrechtzuerhalten und eine einheitliche Anwendung der EWR-Wettbewerbsregeln zu gewährleisten, nimmt die EFTA-Überwachungsbehörde in Ausübung ihrer Befugnis nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b des Überwachungs- und Gerichtshofübereinkommens vorliegende Bekanntmachung an. Bei der Anwendung der einschlägigen EWR-Vorschriften auf Einzelfälle wird die Überwachungsbehörde sich nach den in dieser Bekanntmachung niedergelegten Grundsätzen und Regeln richten.

D.

Diese Bekanntmachung ersetzt die frühere Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde „Leitlinien für vertikale Beschränkungen“ (2).

I.   EINLEITUNG

1.   Zweck der Leitlinien

(1)

In diesen Leitlinien sind die Grundsätze dargelegt, die bei der Beurteilung vertikaler Vereinbarungen im Sinne von Artikel 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (nachstehend „Artikel 53“ genannt) befolgt werden. Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a des in Punkt 2 des Anhangs XIV des EWR-Abkommens (Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 (3)) über die Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (nachstehend „Gruppenfreistellung“ oder „GVO“ genannt) definiert den Begriff „vertikale Vereinbarungen“ (siehe Randnummern 24 bis 46). Die Leitlinien gelten unbeschadet der gleichzeitig möglichen Anwendung von Artikel 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (nachstehend „Artikel 54“ genannt) auf vertikale Vereinbarungen. Die Leitlinien sind folgendermaßen gegliedert:

In Abschnitt II (Randnummern 8 bis 22) werden vertikale Vereinbarungen beschrieben, die im Allgemeinen nicht unter Artikel 53 Absatz 1 fallen.

In Abschnitt III (Randnummern 23 bis 73) wird die Anwendung der GVO erläutert.

In Abschnitt IV (Randnummern 74 bis 85) werden die Grundsätze für den Entzug der Gruppenfreistellung und für die Nichtanwendung der GVO erläutert.

In Abschnitt V (Randnummern 86 bis 95) werden die Marktabgrenzung und die Berechnung der Marktanteile behandelt.

In Abschnitt VI (Randnummern 96 bis 229) werden die allgemeinen Grundlagen der Prüfung vertikaler Vereinbarungen sowie die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts im Einzelfall erläutert.

(2)

Die hier dargestellten Leitlinien werden zur Würdigung vertikaler Vereinbarungen herangezogen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen betreffen können, wobei bestimmte vertikale Wettbewerbsbeschränkungen überwiegend im Warenhandel zur Anwendung kommen. Vertikale Vereinbarungen können auch für Zwischen- und Endprodukte (Waren und Dienstleistungen) geschlossen werden. Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich die Analysen und Aussagen in diese Leitlinien auf sämtliche Arten von Waren und Dienstleistungen und auf alle Handelsstufen. In diesem Sinne umfasst der Begriff „Produkt“ folglich sowohl Waren als auch Dienstleistungen. Die Begriffe „Anbieter“ und „Abnehmer“ werden für sämtliche Handelsstufen verwendet. Vereinbarungen mit Endverbrauchern, die nicht als Unternehmen tätig sind, sind vom Geltungsbereich der GVO und der Leitlinien ausgenommen, da Artikel 53 des EWR-Abkommens nur auf Vereinbarungen zwischen Unternehmen anwendbar ist.

(3)

Diese Leitlinien sollen den Unternehmen Orientierungshilfen für die Selbstprüfung von vertikalen Vereinbarungen nach Maßgabe der EWR-Wettbewerbsvorschriften an die Hand geben. Die hier erläuterten Grundsätze haben den Umständen des Einzelfalls gebührend Rechnung zu tragen und sind nicht schematisch anzuwenden. So wird jeder Fall unter Berücksichtigung des jeweiligen Sachverhalts gewürdigt.

(4)

Die Leitlinien berühren nicht die Rechtsprechung des EFTA-Gerichtshofs zur Anwendung von Artikel 53 auf vertikale Vereinbarungen oder des Gerichts und des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Anwendung von Artikel 53 des EWR-Abkommens und Artikel 101 AEUV auf vertikale Vereinbarungen. Die EFTA-Überwachungsbehörde wird die Anwendung der GVO und der Leitlinien auf der Grundlage von Marktinformationen von Wirtschaftsbeteiligten und von nationalen Wettbewerbsbehörden weiterhin beobachten und kann die Leitlinien von Zeit zu Zeit überprüfen und bei Bedarf an neue Entwicklungen anpassen.

2.   Anwendbarkeit von Artikel 53 des EWR-Abkommens auf vertikale Vereinbarungen

(5)

Artikel 53 des EWR-Abkommens findet Anwendung auf vertikale Vereinbarungen, die geeignet sind, den Handel zwischen den Vertragsparteien zu beeinträchtigen und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (nachstehend „vertikale Beschränkungen“ genannt) (4). Artikel 53 schafft einen Rechtsrahmen für die Würdigung vertikaler Beschränkungen, weil er die Unterscheidung zwischen wettbewerbswidrigen und wettbewerbsfördernden Auswirkungen ermöglicht. Während Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens Vereinbarungen verbietet, die den Wettbewerb spürbar einschränken oder verfälschen, können nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens Vereinbarungen, bei denen die positiven Auswirkungen die wettbewerbswidrigen überwiegen, von diesem Verbot freigestellt werden (5).

(6)

Die meisten vertikalen Beschränkungen sind nur dann wettbewerbsrechtlich bedenklich, wenn auf einer oder mehreren Handelsstufen kein ausreichender Wettbewerb besteht, d. h. wenn der Anbieter oder der Abnehmer oder beide ein gewisses Maß an Marktmacht besitzen. Vertikale Beschränkungen sind in der Regel mit weniger Nachteilen verbunden als horizontale Beschränkungen und ermöglichen zudem erhebliche Effizienzgewinne.

(7)

Artikel 53 des EWR-Abkommens soll sicherstellen, dass Unternehmen bestimmte Vereinbarungen, im konkreten Fall vertikale Vereinbarungen, nicht zur Einschränkung des Wettbewerbs und damit zum Nachteil der Verbraucher einsetzen. Der Würdigung vertikaler Beschränkungen kommt ferner vor dem Hintergrund des globalen Ziels der Schaffung eines integrierten Markts im räumlichen Geltungsbereich des EWR-Abkommens eine besondere Bedeutung zu. Der Wettbewerb im Europäischen Wirtschaftsraum erhält durch die zunehmende Marktintegration wertvolle Impulse. Daher sollten Unternehmen daran gehindert werden, neue Schranken zwischen Vertragsparteien zu errichten, wo staatliche Barrieren erfolgreich abgebaut worden sind.

II.   GRUNDSÄTZLICH NICHT UNTER ARTIKEL 53 ABSATZ 1 DES EWR-ABKOMMENS FALLENDE VERTIKALE VEREINBARUNGEN

1.   De-minimis-Vereinbarungen und Vereinbarungen zwischen KMU

(8)

Vereinbarungen, die nicht geeignet sind, den Handel zwischen Vertragsparteien spürbar zu beeinträchtigen, oder die keine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, fallen nicht unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens. Die GVO ist allerdings nur auf Vereinbarungen anwendbar, die unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen. Die Anwendung der Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens nicht spürbar beschränken (de minimis) (6) oder künftiger Bekanntmachungen über De-minimis-Vereinbarungen wird von den Leitlinien nicht berührt.

(9)

Vorbehaltlich der in der De-minimis-Bekanntmachung genannten Voraussetzungen, die Kernbeschränkungen und die Problematik der kumulativen Wirkung betreffen, fallen vertikale Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die nicht im Wettbewerb miteinander stehen und deren jeweiliger Anteil am relevanten Markt weniger als 15 % beträgt, grundsätzlich nicht unter das Verbot von Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens (7). Dies impliziert jedoch nicht die Vermutung, dass vertikale Vereinbarungen zwischen Unternehmen mit einem höheren Marktanteil automatisch gegen Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens verstoßen. Auch Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die die Marktanteilsschwelle von 15 % überschreiten, haben möglicherweise keine merklichen Auswirkungen auf den Handel zwischen Vertragsparteien oder stellen keine spürbare Wettbewerbsbeschränkung dar (8). Derartige Vereinbarungen sind in ihrem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zu prüfen. Die Kriterien für die Würdigung von Vereinbarungen im Einzelfall werden unter den Randnummern 96 bis 229 beschrieben.

(10)

Bei Vorliegen von Kernbeschränkungen im Sinne der De-minimis-Bekanntmachung gilt das Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens gegebenenfalls auch für Vereinbarungen zwischen Unternehmen mit einem Marktanteil unterhalb der 15 %-Schwelle, sofern der Handel zwischen Vertragsparteien und der Wettbewerb spürbar beeinträchtigt bzw. eingeschränkt werden. In diesem Zusammenhang ist die ständige Rechtsprechung des EFTA-Gerichtshofs, des Gerichtshofs und des Gerichts maßgebend (9). Ferner wird auf die Notwendigkeit verwiesen, gegebenenfalls die positiven und negativen Auswirkungen von Kernbeschränkungen (siehe Randnummer 47) zu würdigen.

(11)

Mit Ausnahme der Fälle, in denen eine kumulative Wirkung gegeben ist und Kernbeschränkungen vorliegen, sind vertikale Vereinbarungen zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nach der Definition im Anhang zur Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (10) nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde selten geeignet, den Handel zwischen Vertragsparteien oder den Wettbewerb im Sinne des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens spürbar zu beeinträchtigen bzw. einzuschränken, so dass sie grundsätzlich nicht unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen. In Fällen, in denen solche Vereinbarungen dennoch den Verbotstatbestand des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens erfüllen, wird die EFTA-Überwachungsbehörde in der Regel wegen des mangelnden Interesses für den Europäischen Wirtschaftsraum kein Prüfverfahren einleiten, sofern die betreffenden Unternehmen nicht in einem wesentlichen Teil des räumlichen Geltungsbereichs des EWR-Abkommens gemeinsam oder allein eine marktbeherrschende Stellung innehaben.

2.   Handelsvertreterverträge

2.1    Definition von Handelsvertreterverträgen

(12)

Ein Handelsvertreter ist eine juristische oder natürliche Person, die mit der Vollmacht ausgestattet ist, im Auftrag einer anderen Person (des Auftraggebers) entweder im eigenen Namen oder im Namen des Auftraggebers Verträge auszuhandeln und/oder zu schließen, die Folgendes zum Gegenstand haben:

den Ankauf von Waren oder Dienstleistungen durch den Auftraggeber oder

den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen des Auftraggebers.

(13)

Entscheidend für die Frage, ob Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens anwendbar ist, ist das finanzielle oder geschäftliche Risiko, das der Handelsvertreter bezüglich der ihm vom Auftraggeber übertragenen Tätigkeiten trägt (11). Dabei ist es unerheblich, ob der Vertreter für einen oder für mehrere Auftraggeber handelt. Auch die Einstufung des Handelsvertretervertrags durch die Unterzeichner oder die einzelstaatlichen Gesetze ist für die wettbewerbsrechtliche Würdigung belanglos.

(14)

Im Hinblick auf die Anwendung des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens sind drei Arten finanzieller oder geschäftlicher Risiken für die Einstufung als Handelsvertreterverträge von Bedeutung. Erstens gibt es Risiken, die – wie die Finanzierung von Lagerbeständen – unmittelbar mit den Verträgen zusammenhängen, die der Vertreter für den Auftraggeber geschlossen und/oder ausgehandelt hat. Zweitens sind Risiken zu nennen, die mit marktspezifischen Investitionen verbunden sind, also mit Investitionen, die für die Art der vom Vertreter auszuführenden Tätigkeit erforderlich sind und die dieser benötigt, um den betreffenden Vertrag schließen und/oder aushandeln zu können. Solche Investitionen stellen normalerweise versunkene Kosten dar, weil sie nach Aufgabe des betreffenden Geschäftsfelds nicht für andere Geschäfte genutzt oder nur mit erheblichem Verlust veräußert werden können. Drittens existieren insofern Risiken in Verbindung mit anderen Tätigkeiten auf demselben sachlich relevanten Markt, als der Auftraggeber vom Handelsvertreter verlangt, diese durchzuführen, allerdings nicht im Namen des Auftraggebers, sondern auf eigenes Risiko.

(15)

Für die Anwendung von Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens gilt eine Vereinbarung als Handelsvertretervertrag, wenn der Handelsvertreter bezüglich der Verträge, die er im Namen des Auftraggebers schließt und/oder aushandelt, bezüglich marktspezifischer Investitionen für diesen Tätigkeitsbereich und bezüglich anderer Tätigkeiten, die der Auftraggeber für denselben sachlich relevanten Markt als erforderlich erachtet, keine oder nur unbedeutende Risiken trägt. Risiken, die mit der Erbringung von Handelsvertreterleistungen generell zusammenhängen, wie z. B. die Abhängigkeit des Einkommens des Handelsvertreters von seinem Erfolg als Vertreter oder von allgemeinen Investitionen in Geschäftsräume oder Personal, sind für die Würdigung irrelevant.

(16)

Eine Vereinbarung wird für die Anwendung von Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens im Allgemeinen als Handelsvertretervertrag betrachtet, wenn das Eigentum an erworbenen oder verkauften Vertragswaren nicht auf den Handelsvertreter übergeht, wenn der Handelsvertreter die Vertragsdienstleistungen nicht selbst erbringt und wenn der Vertreter

a)

sich nicht an den Kosten, einschließlich Beförderungskosten, beteiligt, die mit der Lieferung/Erbringung bzw. dem Erwerb der Vertragswaren oder -dienstleistungen verbunden sind. Dies schließt nicht aus, dass der Handelsvertreter Beförderungsleistungen erbringt, sofern die Kosten vom Auftraggeber übernommen werden;

b)

nicht auf eigene Kosten oder eigenes Risiko Vertragswaren lagert, was die Kosten für die Finanzierung der Lagerbestände und für den Verlust von Lagerbeständen einschließt, und unverkaufte Waren unentgeltlich an den Auftraggeber zurückgeben kann, sofern der Handelsvertreter nicht für Verschulden haftet, (wenn er es z. B. versäumt, zumutbare Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, um den Verlust von Lagerbeständen zu vermeiden);

c)

gegenüber Dritten keine Haftung für Schäden übernimmt, die durch das verkaufte Produkt verursacht wurden (Produkthaftung), es sei denn, er ist als Handelsvertreter dafür verantwortlich;

d)

d) keine Haftung dafür übernimmt, dass die Kunden ihre Vertragspflichten erfüllen, mit Ausnahme des Verlustes der Provision des Handelsvertreters, sofern dieser nicht für Verschulden haftet (wenn er es z. B. versäumt, zumutbare Sicherheitsmaßnahmen oder Diebstahlsicherungen vorzusehen oder zumutbare Maßnahmen zu treffen, um Diebstähle dem Auftraggeber oder der Polizei zu melden, oder es unterlässt, dem Auftraggeber alle ihm bekannten Informationen hinsichtlich der Zahlungsverlässlichkeit seiner Kunden zu übermitteln);

e)

weder unmittelbar noch mittelbar verpflichtet ist, in verkaufsfördernde Maßnahmen zu investieren und sich z. B. an den Werbeaufwendungen des Auftraggebers zu beteiligen;

f)

nicht in marktspezifische Ausrüstungen, Räumlichkeiten oder Mitarbeiterschulungen investiert, wie z. B. einen Kraftstofftank im Fall des Kraftstoffeinzelhandels oder spezielle Software für den Verkauf von Policen im Fall von Versicherungsvermittlern, es sei denn, der Auftraggeber übernimmt diese Kosten in vollem Umfang;

g)

keine anderen Tätigkeiten auf Verlangen des Auftraggebers auf demselben sachlich relevanten Markt wahrnehmen muss, es sei denn, der Auftraggeber übernimmt die Kosten hierfür in vollem Umfang.

(17)

Diese Aufstellung ist nicht erschöpfend. Sofern der Handelsvertreter jedoch eines oder mehrere der in Randnummern 14, 15 und 16 genannten Risiken oder Kosten zu tragen hat, kann die Vereinbarung zwischen Vertreter und Auftraggeber nicht als Handelsvertretervertrag gewertet werden. Die Frage des Risikos muss im Einzelfall beantwortet werden, wobei vorzugsweise auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten und weniger auf die Rechtsform abzustellen ist. Aus praktischen Erwägungen sollten bei der Beurteilung der Risiken zuerst die vertragsspezifischen Risiken geprüft werden. Hat der Vertreter die vertragsspezifischen Risiken zu tragen, so lässt sich daraus schließen, dass er ein unabhängiger Händler ist. Gehen die vertragsspezifischen Risiken nicht zu Lasten des Handelsvertreters, so ist zu prüfen, wer die Risiken trägt, die mit marktspezifischen Investitionen verbunden sind. Sofern der Handelsvertreter weder vertragsspezifische Risiken noch mit marktspezifischen Investitionen verbundene Risiken zu tragen hat, sind die Risiken in Verbindung mit anderen auf demselben sachlich relevanten Markt erforderlichen Tätigkeiten zu prüfen.

2.2    Anwendung von Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens auf Handelsvertreterverträge

(18)

Bei Handelsvertreterverträgen, die der Definition in Abschnitt 2.1. entsprechen, sind die Ankaufs- und die Verkaufsfunktionen des Vertreters Teil der Tätigkeiten des Auftraggebers. Da der Auftraggeber die geschäftlichen und finanziellen Risiken trägt, die mit dem Verkauf und Ankauf der Vertragswaren und -dienstleistungen verbunden sind, fallen sämtliche dem Vertreter auferlegten Verpflichtungen bezüglich der im Namen des Auftraggebers geschlossenen und/oder ausgehandelten Verträge nicht unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens. Folgende Verpflichtungen des Handelsvertreters werden grundsätzlich als untrennbarer Bestandteil eines Handelsvertretervertrags angesehen, da jede für sich die Befugnis des Auftraggebers betrifft, die Tätigkeiten des Vertreters in Bezug auf die Vertragswaren bzw. Vertragsdienstleistungen festzulegen, was unerlässlich ist, wenn der Auftraggeber die Risiken übernehmen und in der Lage sein soll, die Geschäftsstrategie festzulegen:

a)

Beschränkungen hinsichtlich des Gebiets, in dem der Vertreter die fraglichen Waren oder Dienstleistungen verkaufen darf;

b)

Beschränkungen hinsichtlich der Kunden, an die der Vertreter die fraglichen Waren oder Dienstleistungen verkaufen darf;

c)

die Preise und die Bedingungen, zu denen der Vertreter die fraglichen Waren oder Dienstleistungen verkaufen oder ankaufen muss.

(19)

Handelsvertreterverträge regeln nicht nur die Bedingungen, zu denen der Vertreter die Vertragswaren oder -dienstleistungen für den Auftraggeber verkauft oder ankauft, sondern enthalten oftmals auch Bestimmungen, die das Verhältnis zwischen dem Vertreter und dem Auftraggeber betreffen. Dies gilt insbesondere für Klauseln, die den Auftraggeber daran hindern, andere Vertreter für eine bestimmte Art von Geschäft, Kunden oder Gebiet zu ernennen (Alleinvertreterklauseln) und/oder Bestimmungen, die den Vertreter daran hindern, als Vertreter oder Händler für Unternehmen tätig zu werden, die mit dem Auftraggeber im Wettbewerb stehen (Markenzwangklauseln). Da Handelsvertreter und Auftraggeber verschiedene Unternehmen sind, können Bestimmungen, die das Verhältnis zwischen ihnen regeln, gegen Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens verstoßen. Alleinvertreterklauseln dürften in der Regel keine wettbewerbsschädigenden Auswirkungen entfalten. Markenzwangklauseln und Wettbewerbsverbote, einschließlich derjenigen für die Zeit nach Vertragsablauf, betreffen den Wettbewerb zwischen verschiedenen Marken und können unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen, wenn sie zur (kumulativen) Abschottung des relevanten Marktes führen, auf dem die Vertragswaren oder -dienstleistungen verkauft oder gekauft werden (siehe insbesondere Abschnitt VI.2.1). Auf derartige Bestimmungen ist möglicherweise die GVO anwendbar, sofern die Voraussetzungen in Artikel 5 der GVO erfüllt sind. Ferner können im Einzelfall Effizienzgewinne im Sinne von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens geltend gemacht werden (siehe beispielsweise Randnummern 144 bis 148).

(20)

Ein Handelsvertretervertrag kann aber auch in Fällen, in denen der Auftraggeber alle damit verbundenen finanziellen und geschäftlichen Risiken übernimmt, unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen, wenn er kollusive Verhaltensweisen fördert. Dies dürfte u. a. dann der Fall sein, wenn mehrere Auftraggeber die Dienste derselben Handelsvertreter in Anspruch nehmen und gemeinsam andere davon abhalten, diese ebenfalls in Anspruch zu nehmen, oder wenn sie die Handelsvertreter zur Kollusion bei der Marketingstrategie oder zum Austausch vertraulicher Marktdaten untereinander benutzen.

(21)

In Fällen, in denen der Handelsvertreter ein oder mehrere der unter Randnummer 16 beschriebenen Risiken trägt, gilt die Vereinbarung zwischen dem Vertreter und dem Auftraggeber für die Zwecke des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens nicht als Handelsvertretervertrag. Der Vertreter wird folglich als unabhängiges Unternehmen betrachtet, und die Vereinbarung zwischen dem Vertreter und dem Auftraggeber fällt somit wie jede andere vertikale Vereinbarung unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens.

3.   Zuliefervereinbarungen

(22)

Zuliefervereinbarungen werden zwischen Auftragnehmer und Zulieferer geschlossen. Der Auftragnehmer liefert technologisches Wissen oder Ausrüstungen an den Zulieferer, der auf dieser Grundlage bestimmte Produkte für den Auftragnehmer herstellt. Zulieferverträge werden in der Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Beurteilung von Zulieferverträgen nach Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens (12) (nachstehend „Bekanntmachung über Zulieferverträge“) behandelt. Dieser weiterhin anwendbaren Bekanntmachung zufolge fallen Zulieferverträge, in denen sich der Zulieferer verpflichtet, bestimmte Produkte ausschließlich für den Auftraggeber bereitzustellen, grundsätzlich nicht unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens, sofern die technologischen Kenntnisse oder die Ausrüstungen für den Zulieferer unerlässlich sind, um die Produkte bereitstellen zu können. Andere dem Zulieferer auferlegte Beschränkungen, wie der Verzicht auf eigene Forschungs- und Entwicklung oder die Nutzung ihrer Ergebnisse oder die Verpflichtung, grundsätzlich nicht für Dritte tätig zu werden, können allerdings von Artikel 53 erfasst werden (13).

III.   ANWENDUNG DER GVO

1.   Durch die GVO geschaffene Rechtssicherheit

(23)

Die meisten vertikalen Beschränkungen sind nur dann wettbewerbsrechtlich bedenklich, wenn auf einer oder mehreren Handelsstufen kein ausreichender Wettbewerb besteht, d. h. wenn der Anbieter oder der Abnehmer oder beide ein gewisses Maß an Marktmacht besitzen. Vorausgesetzt, diese Beschränkungen beinhalten keine Kernbeschränkungen, d. h. keine bezweckten Beschränkungen, so begründet die GVO für vertikale Vereinbarungen eine Vermutung der Rechtmäßigkeit, die allerdings vom Marktanteil des Anbieters und des Abnehmers abhängt. Entscheidendes Kriterium für die Anwendbarkeit der GVO ist nach Artikel 3 der GVO der Anteil des Anbieters an dem Markt, auf dem die Vertragswaren oder -dienstleistungen angeboten werden, sowie der Anteil des Abnehmers an dem Markt, auf dem er die Vertragswaren oder -dienstleistungen bezieht, die die Anwendbarkeit der Gruppenfreistellung begründen. Die GVO ist nur anwendbar, wenn der Marktanteil des Anbieters und jener des Abnehmers 30 % nicht übersteigen. Abschnitt V dieser Leitlinien enthält entsprechende Erläuterungen, wie der relevante Markt zu definieren ist und die Marktanteile zu berechnen sind. Liegt der Marktanteil über 30 %, wird nicht vermutet, dass vertikale Vereinbarungen unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen oder die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 nicht erfüllen; allerdings wird auch nicht vermutet, dass vertikale Vereinbarungen, die unter Artikel 53 Absatz 1 fallen, in der Regel die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 erfüllen.

2.   Geltungsbereich der GVO

2.1    Definition von vertikalen Vereinbarungen

(24)

Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a der GVO definiert eine vertikale Vereinbarung als „eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise, die zwischen zwei oder mehr Unternehmen, von denen jedes für die Zwecke der Vereinbarung oder der abgestimmten Verhaltensweise auf einer anderen Ebene der Produktions- oder Vertriebskette tätig ist, geschlossen wird und die die Bedingungen betrifft, zu denen die beteiligten Unternehmen bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können“.

(25)

Die Definition vertikaler Vereinbarungen in Randnummer 24 beruht auf vier zentralen Elementen:

a)

Die GVO ist auf Vereinbarungen zwischen Unternehmen und auf abgestimmte Verhaltensweisen anwendbar. Einseitige Handlungen beteiligter Unternehmen fallen nicht unter die GVO. Sie können aber unter Artikel 54 des EWR-Abkommens fallen, der die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung verbietet. Eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 53 des EWR-Abkommens liegt bereits dann vor, wenn die Beteiligten ihrer gemeinsamen Absicht Ausdruck verliehen haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten. Hierbei ist die Ausdrucksform unerheblich, sofern sie den Willen der beteiligten Unternehmen getreu wiedergibt. Ist keine explizite Vereinbarung über eine Willensübereinstimmung auffindbar, obliegt es der EFTA-Überwachungsbehörde nachzuweisen, dass das einseitige Handeln eines Unternehmens mit Zustimmung der übrigen beteiligten Unternehmen erfolgte. Bei vertikalen Vereinbarungen kann die Zustimmung zu einem bestimmten einseitigen Handeln auf zwei Wegen erklärt werden: Im ersten Fall leitet sich die Zustimmung aus den Befugnissen ab, die den beteiligten Unternehmen im Rahmen einer vorab getroffenen Vereinbarung übertragen werden. Wenn die vorab getroffene Vereinbarung vorsieht oder einem beteiligten Unternehmen die Möglichkeit einräumt, nachfolgend ein bestimmtes einseitiges Verhalten zu verfolgen, das für ein anderes Unternehmen bindend ist, so kann hieraus die Zustimmung dieses Unternehmens zu dem Verhalten abgeleitet werden (14). Wurde, zweitens, eine derart explizite Zustimmung nicht erteilt, so kann die EFTA-Überwachungsbehörde das Vorliegen einer stillschweigenden Zustimmung nachweisen. Zu diesem Zweck ist zuerst darzulegen, dass ein beteiligtes Unternehmen die Mitwirkung des anderen Unternehmens bei der Verwirklichung seines einseitigen Handelns ausdrücklich oder stillschweigend verlangt, und zweitens ist nachzuweisen, dass das andere beteiligte Unternehmen dieser Forderung nachgekommen ist, indem es dieses einseitige Verhalten in die Praxis umgesetzt hat (15). Beispielsweise ist von einer stillschweigenden Zustimmung zum einseitigen Handeln eines Anbieters auszugehen, wenn dieser einseitig eine Lieferverringerung ankündigt, um parallelen Handel auszuschließen, und die Händler ihre Aufträge unverzüglich verringern und sich aus dem parallelen Handel zurückziehen. Dieser Schluss kann allerdings nicht gezogen werden, wenn die Händler weiterhin parallelen Handel betreiben oder nach neuen Möglichkeiten für parallelen Handel suchen. Bei vertikalen Vereinbarungen kann eine stillschweigende Zustimmung gleichermaßen aus dem Grad des Zwangs abgeleitet werden, den ein beteiligtes Unternehmen ausübt, um sein einseitiges Handeln bei dem oder den anderen an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen durchzusetzen, in Kombination mit der Anzahl an Händlern, die das einseitige Handeln des Anbieters praktisch umsetzen. So weist beispielsweise ein System von Überwachung und Bestrafung, das ein Anbieter einführt, um jene Händler abzustrafen, die sein einseitiges Handeln nicht unterstützen, auf eine stillschweigende Zustimmung zum einseitigen Handeln des Anbieters hin, weil es dem Anbieter durch dieses System möglich ist, seine Strategie umzusetzen. Beide in dieser Randnummer genannten Möglichkeiten, eine stillschweigende Zustimmung zu erhalten, können gemeinsam Anwendung finden.

b)

Eine Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise betrifft zwei oder mehr Unternehmen. Vertikale Vereinbarungen mit Endverbrauchern, die nicht als Unternehmen auftreten, fallen nicht unter der GVO. In der Regel fallen Vereinbarungen mit Endverbrauchern auch nicht unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens, weil dieser nur für Vereinbarungen zwischen Unternehmen, für Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und für aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gilt. Dies gilt unbeschadet der möglichen gleichzeitigen Anwendung des Artikels 54 des EWR-Abkommens.

c)

Die Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise besteht zwischen Unternehmen, die für die Zwecke der Vereinbarung auf unterschiedlichen Stufen der Produktions- oder Vertriebskette tätig sind. Dies bedeutet z. B., dass ein Unternehmen einen Rohstoff herstellt, den ein anderes als Vorleistung verwendet, oder dass es sich bei dem ersten Unternehmen um einen Hersteller, dem zweiten um einen Großhändler und dem dritten um einen Einzelhändler handelt. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass ein Unternehmen auf mehr als einer Stufe der Produktions- oder Vertriebskette tätig ist.

d)

Die Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen regeln die Bedingungen, zu denen die beteiligten Unternehmen – der Anbieter und der Abnehmer – „bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können“. Hierin spiegelt sich der Zweck der GVO wider, nämlich Bezugs- und Vertriebsvereinbarungen zu erfassen. Derartige Vereinbarungen regeln die Bedingungen für den Bezug, Verkauf oder Weiterverkauf der vom Anbieter bereitgestellten Waren oder Dienstleistungen und/oder die Bedingungen für den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen, die diese Waren oder Dienstleistungen enthalten, durch den Abnehmer. Sowohl die vom Anbieter bereitgestellten Waren oder Dienstleistungen als auch die daraus resultierenden Waren oder Dienstleistungen werden als Vertragswaren bzw. -dienstleistungen im Sinne der GVO angesehen. Damit sind alle vertikalen Vereinbarungen erfasst, die sich auf sämtliche Waren und Dienstleistungen, Zwischen- und Endprodukte, beziehen. Die einzige Ausnahme bildet die Kfz-Industrie, solange für diesen Wirtschaftszweig eine eigene Gruppenfreistellung wie der in Punkt 4 Buchstabe b des Anhangs XIV des EWR-Abkommens genannte Rechtsakt über die Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Aufkommens auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor (Verordnung (EU) Nr. 461/2010 der Kommission vom 27. Mai 2010 (16)) oder eine Nachfolgeregelung gilt. Die vom Anbieter bereitgestellten Waren oder Dienstleistungen können vom Abnehmer weiterverkauft oder zur Herstellung eigener Waren oder Dienstleistungen eingesetzt werden.

(26)

Die GVO gilt auch für Waren, die zum Zwecke der Vermietung an Dritte verkauft und angekauft werden. Miet- und Leasingvereinbarungen als solche fallen jedoch nicht unter die GVO, da der Anbieter keine Waren oder Dienstleistungen an den Abnehmer verkauft. Generell erfasst die GVO keine Beschränkungen oder Verpflichtungen, die nicht die Bedingungen für den Bezug, Verkauf oder Weiterverkauf betreffen und die die beteiligten Unternehmen gegebenenfalls in eine ansonsten vertikale Vereinbarung aufgenommen haben, wie z. B. die Einschränkung des Rechts beteiligter Unternehmen, eigenständige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchzuführen. Nach Artikel 2 Absätze 2 bis 5 der GVO sind bestimmte andere vertikale Vereinbarungen direkt oder indirekt von der Gruppenfreistellung nach der GVO ausgenommen.

2.2    Vertikale Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern

(27)

„Vertikale Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern“ sind nach Artikel 2 Absatz 4 der GVO ausdrücklich von der Freistellung ausgeschlossen. Sie sind, was mögliche Kollusionswirkungen betrifft, Gegenstand der Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde zur Anwendbarkeit von Artikel 53 des EWR-Abkommens auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (17). Die vertikalen Elemente solcher Vereinbarungen sind jedoch nach den vorliegenden Leitlinien zu beurteilen. Ein Wettbewerber ist laut der Definition in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c der GVO „ein tatsächlicher oder potenzieller Wettbewerber“. Zwei Unternehmen gelten als tatsächliche Wettbewerber, wenn sie auf demselben relevanten Markt tätig sind. Ein Unternehmen gilt als potenzieller Wettbewerber eines anderen Unternehmens, wenn wahrscheinlich ist, dass es, wenn keine Vereinbarung geschlossen wird, im Falle eines geringfügigen aber dauerhaften Anstiegs der relativen Preise innerhalb kurzer Zeit und in der Regel binnen höchstens eines Jahres die notwendigen Zusatzinvestitionen durchführen bzw. die notwendigen Umstellungskosten auf sich nehmen würde, um in den relevanten Markt, auf dem das andere Unternehmen tätig ist, einzutreten. Diese Einschätzung muss auf realistischen Annahmen beruhen; die rein theoretische Möglichkeit eines Marktzutritts reicht nicht aus (18). Ein Händler, der einem Hersteller Spezifikationen erteilt, damit dieser bestimmte Waren unter dem Markennamen des Händlers herstellt, ist nicht als Hersteller dieser Eigenmarkenwaren anzusehen.

(28)

Nach Artikel 2 Absatz 4 der GVO gilt der grundsätzliche Ausschluss vertikaler Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern von der Anwendung der GVO in zwei Fällen nicht. Diese Ausnahmen betreffen nichtwechselseitige Vereinbarungen. Solche Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern sind nach der GVO freistellungsfähig, wenn a) der Anbieter zugleich Hersteller und Händler von Waren ist, der Abnehmer dagegen Händler, jedoch kein Wettbewerber auf der Herstellungsstufe ist, oder b) der Anbieter ein auf mehreren Handelsstufen tätiger Dienstleister ist, während der Abnehmer auf der Einzelhandelsstufe tätig ist, jedoch kein Wettbewerber auf der Handelsstufe ist, auf der er die Vertragsdienstleistungen bezieht. Die erste Ausnahme erfasst somit auch den zweigleisigen Vertrieb, d. h. Fälle, in denen der Hersteller seine Waren im Wettbewerb mit unabhängigen Händlern zugleich selbst vertreibt. Im Falle eines zweigleisigen Vertriebs wird die Auffassung vertreten, dass etwaige Auswirkungen auf das Wettbewerbsverhältnis zwischen Hersteller und Einzelhändler auf Einzelhandelsebene im Allgemeinen weniger bedeutsam sind als die potenziellen Auswirkungen der vertikalen Liefervereinbarung auf den Wettbewerb auf Hersteller- oder Einzelhandelsebene. Die zweite Ausnahme gilt Fälle, die mit dem zweigleisigen Vertrieb vergleichbar sind, und zwar wenn ein Anbieter zugleich als Anbieter von Waren und Dienstleistungen auf der Ebene des Abnehmers tätig ist.

2.3    Vereinigungen von Einzelhändlern

(29)

Nach Artikel 2 Absatz 2 der GVO gilt die Freistellung auch für vertikale Vereinbarungen von Unternehmensvereinigungen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, womit alle übrigen Vereinbarungen von Unternehmensvereinigungen vom Geltungsbereich der GVO ausgeschlossen sind. Vertikale Vereinbarungen zwischen einer Unternehmensvereinigung und ihren Mitgliedern oder zwischen einer solchen Vereinigung und Anbietern fallen nur dann unter die GVO, wenn alle Mitglieder der Vereinigung Einzelhändler (für Waren, nicht für Dienstleistungen) sind und kein Mitglied mehr als 50 Mio. EUR Umsatz erzielt. Einzelhändler sind Händler, die Waren an den Endverbraucher weiterverkaufen. Die kartellrechtliche Würdigung nach Artikel 53 des EWR-Abkommens dürfte in der Regel auch nicht anders ausfallen, wenn der Umsatz einiger Mitglieder einer solchen Unternehmensvereinigung über der genannten Umsatzschwelle von 50 Mio. EUR liegt und wenn auf diese Mitglieder insgesamt weniger als 15 % des Gesamtumsatzes aller Mitglieder der Vereinigung entfällt.

(30)

Unternehmensvereinigungen können sowohl horizontale als auch vertikale Vereinbarungen schließen. Horizontale Vereinbarungen sind nach den Grundsätzen der Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 53 des EWR-Abkommens auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (19) zu würdigen. Ergibt diese Würdigung, dass eine Zusammenarbeit zwischen Unternehmen beim Bezug oder beim Vertrieb zulässig ist, dann sind weiterhin die vertikalen Vereinbarungen zu untersuchen, die die Vereinigung mit den Anbietern oder mit ihren Mitgliedern geschlossen hat. Die letztgenannte Würdigung erfolgt nach Maßgabe der GVO und der vorliegenden Leitlinien. So sind horizontale Vereinbarungen, die zwischen den Mitgliedern einer Vereinigung geschlossen wurden, oder Entscheidungen der Vereinigung, wie z. B. jene, die Mitglieder zum Einkauf bei der Vereinigung verpflichten, oder Beschlüsse, mit denen den Mitgliedern Gebiete mit Ausschließlichkeitsbindung zugewiesen werden, zunächst als horizontale Vereinbarungen zu würdigen. Nur wenn diese Prüfung zu dem Ergebnis führt, dass eine horizontale Vereinbarung zulässig ist, wird es notwendig, die vertikalen Vereinbarungen zwischen der Vereinigung und den einzelnen Mitgliedern oder zwischen der Vereinigung und den Anbietern zu untersuchen.

2.4    Vertikale Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums

(31)

Die GVO gilt gemäß ihrem Artikel 2 Absatz 3 auch für vertikale Vereinbarungen, die Bestimmungen enthalten, die die Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums auf den Abnehmer oder die Nutzung solcher Rechte durch den Abnehmer betreffen, womit alle sonstigen vertikalen Vereinbarungen mit Bestimmungen über solche Rechte nicht unter die GVO fallen. Die Freistellung gilt nur dann für vertikale Vereinbarungen mit Bestimmungen über Rechte des geistigen Eigentums, wenn die folgenden fünf Voraussetzungen erfüllt sind, d. h. wenn diese Bestimmungen

a)

Bestandteil einer vertikalen Vereinbarung sind, die die Bedingungen, zu denen die beteiligten Unternehmen bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen dürfen, enthält;

b)

die Übertragung solcher Rechte auf den Abnehmer oder die Lizenzierung zu deren Nutzung durch den Abnehmer betreffen;

c)

nicht den Hauptgegenstand der Vereinbarung bilden;

d)

unmittelbar die Nutzung, den Verkauf oder den Weiterverkauf von Waren oder Dienstleistungen durch den Abnehmer oder dessen Kunden betreffen (bei Franchiseverträgen, bei denen der Zweck der Nutzung der Rechte des geistigen Eigentums in der Vermarktung liegt, werden die Waren oder Dienstleistungen vom Hauptfranchisenehmer bzw. von den Franchisenehmern angeboten);

e)

im Verhältnis zu den Vertragswaren oder -dienstleistungen keine Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, die denselben Zweck wie vertikale Beschränkungen haben, die nicht unter die GVO fallen.

(32)

Durch solche Bedingungen ist sichergestellt, dass die Freistellung nach der GVO nur für vertikale Vereinbarungen gilt, mit denen sich die Nutzung, der Verkauf oder der Weiterverkauf von Waren oder Dienstleistungen durch die Übertragung oder Lizenzierung von Rechten des geistigen Eigentums für den Abnehmer effizienter gestalten lässt. Beschränkungen hinsichtlich der Übertragung oder Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums können freigestellt sein, wenn die betreffende Vereinbarung den Bezug oder den Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen zum Hauptgegenstand hat.

(33)

Die erste Voraussetzung stellt klar, dass die fraglichen Rechte des geistigen Eigentums im Rahmen einer Vereinbarung über den Bezug oder Vertrieb von Waren bzw. Dienstleistungen gewährt werden müssen, nicht jedoch im Rahmen einer Vereinbarung über die Übertragung oder Lizenzierung von Rechten des geistigen Eigentums für die Herstellung von Waren und auch nicht im Rahmen reiner Lizenzvereinbarungen. Die Freistellung nach der GVO gilt somit u. a. nicht für

a)

Vereinbarungen, in denen ein beteiligtes Unternehmen einem anderen ein Rezept überlässt und eine Lizenz für die Herstellung eines Getränks anhand dieses Rezepts erteilt;

b)

Vereinbarungen, in denen ein beteiligtes Unternehmen einem anderen eine Schablone oder eine Mutterkopie überlässt und eine Lizenz zur Herstellung und zum Vertrieb von Kopien erteilt;

c)

reine Lizenzverträge für die Nutzung eines Marken- oder sonstigen Zeichens zu Merchandising-Zwecken;

d)

Sponsorenverträge über das Recht, sich selbst als offiziellen Sponsor einer Veranstaltung zu nennen;

e)

Urheberrechtslizenzen im Rundfunkbereich im Zusammenhang mit dem Recht, Veranstaltungen aufzunehmen und/oder zu übertragen.

(34)

Die zweite Voraussetzung stellt klar, dass die Freistellung nicht gilt, wenn der Abnehmer dem Anbieter die Rechte des geistigen Eigentums überlässt, und zwar unabhängig davon, ob die Rechte die Art der Herstellung oder des Vertriebs betreffen. Vereinbarungen über die Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums auf den Anbieter, die gegebenenfalls Einschränkungen im Hinblick auf den Absatz des Anbieters enthalten, fallen nicht unter die GVO. Insbesondere Zulieferverträge, die den Transfer von Know-how auf einen Zulieferer beinhalten (20), fallen nicht unter die GVO (siehe Randnummer 22). Vertikale Vereinbarungen dagegen, mit denen der Abnehmer dem Anbieter lediglich Spezifikationen zur Verfügung stellt, mit denen die bereitzustellenden Waren oder Dienstleistungen beschrieben werden, sind nach der GVO vom Verbot ausgenommen.

(35)

Die dritte Voraussetzung legt fest, dass die Freistellung nach der GVO nur für Vereinbarungen gilt, die die Übertragung oder Lizenzierung von Rechten des geistigen Eigentums nicht zum Hauptgegenstand haben. Eigentlicher Gegenstand der Vereinbarung muss der Bezug, der Vertrieb oder der Weiterverkauf von Waren oder Dienstleistungen sein, und etwaige Bestimmungen über Rechte des geistigen Eigentums dürfen lediglich der Durchführung der vertikalen Vereinbarung dienen.

(36)

Die vierte Voraussetzung erfordert, dass die Bestimmungen über die Rechte des geistigen Eigentums die Nutzung, bzw. den Verkauf oder Weiterverkauf von Waren oder Dienstleistungen für den Abnehmer oder dessen Kunden erleichtern. Die Waren oder Dienstleistungen für die Nutzung oder den Weiterverkauf werden gewöhnlicherweise vom Lizenzgeber geliefert, können aber auch vom Lizenznehmer bei einem dritten Anbieter gekauft werden. Die Bestimmungen über die Rechte des geistigen Eigentums betreffen üblicherweise die Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen. Das ist beispielsweise der Fall bei Franchisevereinbarungen, bei denen der Franchisegeber dem Franchisenehmer Waren zum Weiterverkauf verkauft und darüber hinaus für die Vermarktung der Waren eine Lizenz zur Nutzung seines Markenzeichens und Know-hows erteilt. Auch erfasst ist der Fall, in dem der Anbieter eines Konzentrats dem Abnehmer eine Lizenz zur Verdünnung des Konzentrats und zur Abfüllung der daraus hergestellten Flüssigkeit zum Verkauf als Getränk erteilt.

(37)

Die fünfte Voraussetzung verdeutlicht insbesondere, dass die Bestimmungen über die Rechte des geistigen Eigentums nicht denselben Zweck haben dürfen, wie die Kernbeschränkungen, die in Artikel 4 der GVO aufgeführt sind, bzw. wie Beschränkungen, die nach Artikel 5 der GVO nicht freistellungsfähig sind (Randnummern 47 bis 69 dieser Leitlinien).

(38)

Rechte des geistigen Eigentums, bei denen anzunehmen ist, dass sie der Durchführung vertikaler Vereinbarungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 3 der GVO dienen, betreffen hauptsächlich drei Bereiche: Markenzeichen, Urheberrechte und Know-how.

Markenzeichen

(39)

Markenzeichenlizenzen werden Händlern u. a. für den Vertrieb von Produkten des Lizenzgebers in einem bestimmten Gebiet erteilt. Handelt es sich um eine ausschließliche Lizenz, so stellt der betreffende Vertrag eine Alleinvertriebsvereinbarung dar.

Urheberrechte

(40)

Wiederverkäufer von Waren, für die ein Urheberrecht besteht (Bücher, Software usw.), können vom Inhaber des Rechts dazu verpflichtet werden, nur unter der Voraussetzung weiterzuverkaufen, dass der Abnehmer – sei es ein anderer Wiederverkäufer oder der Endnutzer – das Urheberrecht nicht verletzt. Soweit derartige Verpflichtungen für den Wiederverkäufer überhaupt unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen, sind sie nach der GVO freigestellt.

(41)

Vereinbarungen über die Lieferung von Kopien einer Software auf einem materiellen Träger zum Zweck des Weiterverkaufs, mit denen der Wiederverkäufer keine Lizenz für Rechte an der Software erwirbt, sondern lediglich das Recht, die Kopien weiterzuverkaufen, sind im Hinblick auf die Anwendung der GVO als Vereinbarungen über die Lieferung von Waren zum Weiterverkauf anzusehen. Bei dieser Art des Vertriebs wird die die Software betreffende Lizenzvereinbarung nur zwischen dem Inhaber der Urheberrechte und dem Nutzer der Software geschlossen, wobei die rechtliche Vermutung geschaffen wird, dass der Nutzer durch die Entsiegelung des Softwareprodukts die Bestimmungen der Vereinbarung annimmt.

(42)

Abnehmer von Hardware, die mit urheberrechtlich geschützter Software geliefert wird, können vom Urheberrechtsinhaber dazu verpflichtet werden, nicht gegen das Urheberrecht zu verstoßen, und daher die Software nicht zu kopieren oder weiterzuverkaufen oder in Verbindung mit einer anderen Hardware zu verwenden. Derartige Beschränkungen sind, soweit sie unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen, nach der GVO freigestellt.

Know-how

(43)

Franchisevereinbarungen sind mit Ausnahme von Herstellungsfranchisen das deutlichste Beispiel für die Weitergabe von Know-how an den Abnehmer zu Marketingzwecken (21). Sie enthalten Lizenzen zur Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums an Marken- oder sonstigen Zeichen und von Know-how zum Zwecke der Nutzung und des Vertriebs von Waren bzw. der Erbringung von Dienstleistungen. Neben der Lizenz für die Nutzung dieser Rechte des geistigen Eigentums gewährt der Franchisegeber dem Franchisenehmer während der Laufzeit der Vereinbarung fortlaufend kommerzielle oder technische Unterstützung in Form von Beschaffungsleistungen, Schulungsmaßnahmen, Immobilienberatung, Finanzplanung usw. Die Lizenz und die Unterstützung sind Bestandteile der Geschäftsmethode, für die die Franchise erteilt wird.

(44)

Lizenzbestimmungen in Franchisevereinbarungen fallen unter die GVO, wenn alle fünf unter Randnummer 31 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind in der Regel erfüllt, da bei den die meisten Franchisevereinbarungen (einschließlich Verträgen mit Hauptfranchisenehmern) der Franchisegeber dem Franchisenehmer Waren und/oder Dienstleistungen bereitstellt und insbesondere kommerzielle und technische Unterstützung gewährt. Die überlassenen Rechte des geistigen Eigentums helfen dem Franchisenehmer, die Produkte, die ihm entweder der Franchisegeber selbst oder ein von diesem beauftragtes Unternehmen liefert, weiterzuverkaufen oder zu nutzen und die daraus resultierenden Waren oder Dienstleistungen weiterzuverkaufen. Franchisevereinbarungen, die ausschließlich oder in erster Linie die Vergabe von Lizenzen für die Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums betreffen, fallen nicht unter die GVO. In der Regel wird die EFTA-Überwachungsbehörde aber auch auf diese Vereinbarungen die in der GVO und in den Leitlinien dargelegten Grundsätze anwenden.

(45)

Die folgenden Verpflichtungen des Franchisenehmers in Bezug auf Rechte des geistigen Eigentums werden grundsätzlich als zum Schutz des geistigen Eigentums des Franchisegebers notwendig angesehen und sind durch die GVO freigestellt, soweit sie unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen:

a)

die Verpflichtung, weder unmittelbar noch mittelbar in einem ähnlichen Geschäftsbereich tätig zu werden;

b)

die Verpflichtung, keine Anteile am Kapital eines Wettbewerbers zu erwerben, sofern dies dem Franchisenehmer ermöglichen würde, das geschäftliche Verhalten des Unternehmens zu beeinflussen;

c)

die Verpflichtung, das vom Franchisegeber mitgeteilte Know-how nicht an Dritte weiterzugeben, solange dieses Know-how nicht öffentlich zugänglich ist;

d)

die Verpflichtung, dem Franchisegeber alle bei der Nutzung der Franchise gewonnenen Erfahrungen mitzuteilen und ihm sowie anderen Franchisenehmern die nichtausschließliche Nutzung des auf diesen Erfahrungen beruhenden Know-hows zu gestatten;

e)

die Verpflichtung, dem Franchisegeber Verletzungen seiner Rechte des geistigen Eigentums mitzuteilen, für die er Lizenzen gewährt hat, gegen Rechtsverletzer selbst rechtliche Schritte einzuleiten oder den Franchisegeber in einem Rechtsstreit gegen Verletzer zu unterstützen;

(f)

die Verpflichtung, das vom Franchisegeber mitgeteilte Know-how nicht für andere Zwecke als die Nutzung der Franchise zu verwenden;

g)

die Verpflichtung, Rechte und Pflichten aus der Franchisevereinbarung nur mit Erlaubnis des Franchisegebers auf Dritte zu übertragen.

2.5    Verhältnis zu anderen GVOen

(46)

Nach Artikel 2 Absatz 5 gilt die GVO „nicht für vertikale Vereinbarungen, deren Gegenstand in den Geltungsbereich einer anderen GVO fällt, es sei denn, dies ist in einer solchen GVO vorgesehen.“ Die GVO gilt somit nicht für vertikale Vereinbarungen, die unter den in Punkt 5 von Anhang XIV zum EWR-Abkommen genannten Rechtsakt (Verordnung (EG) Nr. 772/2004 der Kommission vom 27. April 2004 (22)) über die Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen, unter den in Punkt 4 Buchstabe b von Anhang XIV zum EWR-Abkommen genannten Rechtsakt (Verordnung (EG) Nr. 461/2010 der Kommission vom 27. Mai 2010 (23)) über die Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, unter den in Punkt 6 von Anhang XIV zum EWR-Abkommen genannten Rechtsakt (Verordnung (EG) Nr. 2658/2000 der Kommission vom 29. November 2000 (24)) die Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens auf Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen oder unter den in Punkt 7 von Anhang XIV zum EWR-Abkommen genannten Rechtsakt (Verordnung (EG) Nr. 2659/2000 der Kommission vom 29. November 2000 (25)) über die Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens auf Gruppen von Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung oder künftig anwendbare GVOen fallen, es sei denn, dies ist in einem solchem Rechtsakt vorgesehen.

3.   Kernbeschränkungen nach der GVO

(47)

In Artikel 4 der GVO sind Kernbeschränkungen aufgeführt, die bewirken, dass jede vertikale Vereinbarung, die eine solche Beschränkung enthält, als Ganzes vom Geltungsbereich der GVO ausgeschlossen ist (26). Ist eine Kernbeschränkung in eine Vereinbarung aufgenommen worden, so wird vermutet, dass die Vereinbarung unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fällt. Da ferner vermutet wird, dass die Vereinbarung die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens wahrscheinlich nicht erfüllt, findet die GVO keine Anwendung. Unternehmen haben jedoch die Möglichkeit, im Einzelfall nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens wettbewerbsfördernde Wirkungen nachzuweisen (27). Wenn die Unternehmen substantiiert vortragen, dass sich die zu erwartenden Effizienzgewinne aus der Aufnahme der Kernbeschränkung in die Vereinbarung ergeben und dass grundsätzlich alle Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind, muss die EFTA-Überwachungsbehörde die wahrscheinlichen negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb würdigen, bevor sie abschließend prüft, ob die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind (28).

(48)

Die in Artikel 4 Buchstabe a der GVO beschriebene Kernbeschränkung betrifft die Preisbindung der zweiten Hand oder vertikale Preisbindung, d. h. Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen, die unmittelbar oder mittelbar die Festsetzung von Fest- oder Mindestweiterverkaufspreisen oder Fest- oder Mindestpreisniveaus bezwecken, die die Abnehmer einzuhalten haben. Die Beschränkung ist eindeutig, wenn der Weiterverkaufspreis durch Vertragsbestimmungen oder abgestimmte Verhaltensweisen direkt festgesetzt wird. Eine vertikale Preisbindung kann jedoch auch auf indirektem Wege durchgesetzt werden. Beispiele hierfür sind Abmachungen über Absatzspannen oder über Nachlässe, die der Händler auf ein vorgegebenes Preisniveau höchstens gewähren darf, Bestimmungen, nach denen die Gewährung von Nachlässen oder die Erstattung von Werbeaufwendungen durch den Anbieter von der Einhaltung eines vorgegebenen Preisniveaus abhängig gemacht wird oder der vorgeschriebene Weiterverkaufspreis an die Weiterverkaufspreise von Wettbewerbern gebunden wird, sowie Drohungen, Einschüchterung, Warnungen, Strafen, Verzögerung oder Aussetzung von Lieferungen und Vertragskündigung bei Nichteinhaltung eines bestimmten Preisniveaus. Direkte oder indirekte Maßnahmen zur Preisfestsetzung sind noch wirksamer, wenn sie mit Maßnahmen zur Ermittlung von Händlern kombiniert werden, die die Preise unterbieten, z. B. Preisüberwachungssysteme oder die Verpflichtung für Einzelhändler, andere Mitglieder des Vertriebsnetzes zu melden, die vom Standardpreisniveau abweichen. Ähnlich lässt sich die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung von Preisen in Verbindung mit Maßnahmen effektiver gestalten, die dem Abnehmer weniger Anreiz zur Senkung des Weiterverkaufspreises geben, wenn also z. B. der Anbieter auf das Produkt einen empfohlenen Abgabepreis aufdruckt oder den Abnehmer zur Anwendung einer Meistbegünstigungsklausel gegenüber Kunden verpflichtet. Die gleichen indirekten „unterstützenden“ Maßnahmen können so angewandt werden, dass auch die Vorgabe von Preisobergrenzen oder das Aussprechen von Preisempfehlungen auf eine vertikale Preisbindung hinausläuft. Allerdings wird der Umstand, dass der Anbieter eine bestimmte unterstützende Maßnahme anwendet oder dem Abnehmer eine Liste mit Preisempfehlungen oder Preisobergrenzen übergibt, für sich genommen nicht als Tatbestand gesehen, der eine vertikale Preisbindung bewirkt.

(49)

Bei Handelsvertreterverträgen legt üblicherweise der Auftraggeber den Verkaufspreis fest, da die Ware nicht in das Eigentum des Handelsvertreters übergeht. Dagegen ist eine Bestimmung, die es dem Vertreter untersagt oder nur mit Einschränkungen gestattet, seine – feste oder veränderliche – Provision mit dem Kunden zu teilen, in einer Vereinbarung, die nicht für die Zwecke der Anwendung des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens als Handelsvertretervertrag angesehen werden kann (siehe Randnummern 12 bis 21), eine Kernbeschränkung im Sinne des Artikels 4 Buchstabe a der GVO. Um zu vermeiden, dass diese Kernbeschränkung in die Vereinbarung aufgenommen wird, sollte der Handelsvertreter also die Freiheit haben, den vom Kunden tatsächlich zu zahlenden Preis zu senken, ohne dass dadurch das Einkommen des Auftraggebers geschmälert wird (29).

(50)

Die in Artikel 4 Buchstabe b der GVO beschriebene Kernbeschränkung betrifft Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die unmittelbar oder mittelbar eine Beschränkung des Verkaufs durch einen an der Vereinbarung beteiligten Abnehmer oder seine Kunden bezwecken, indem das Gebiet oder die Kundengruppe beschränkt wird, in das oder an die der Abnehmer oder seine Kunden die Vertragswaren oder -dienstleistungen verkaufen dürfen. Hier geht es um die Aufteilung von Märkten nach Gebieten oder Kundengruppen. Eine solche Marktaufteilung kann durch direkte Verpflichtungen bewirkt werden, z. B. die Verpflichtung, nicht an bestimmte Kundengruppen oder an Kunden in bestimmten Gebieten zu verkaufen, oder die Verpflichtung, Bestellungen solcher Kunden an andere Händler weiterzuleiten. Sie lässt sich aber auch durch indirekte Maßnahmen erreichen, mit denen der Händler dazu gebracht werden soll, nicht an die betreffenden Kunden zu verkaufen, z. B. durch Verweigerung oder Reduzierung von Prämien oder Nachlässen, Beendigung der Belieferung, Verringerung der Liefermenge oder Beschränkung der Liefermenge auf die Nachfrage innerhalb der zugewiesenen Gebiete bzw. Kundengruppen, Androhung der Vertragskündigung, höhere Preise für auszuführende Produkte, Beschränkung des Anteils von Produkten, die ausgeführt werden dürfen, oder Gewinnausgleichsverpflichtungen. Ähnliches wird auch bewirkt, wenn der Anbieter keine EWR-weiten Garantieleistungen vorsieht, zu denen in der Regel alle Händler – auch bei Produkten, die von anderen Händlern in ihr Gebiet verkauft wurden – verpflichtet sind und wofür sie vom Anbieter eine Vergütung bekommen (30). Diese Praktiken werden um so eher als Beschränkung des Verkaufs durch den Abnehmer einzustufen sein, wenn der Anbieter gleichzeitig ein Überwachungssystem – z. B. durch Verwendung unterschiedlicher Etiketten oder von Seriennummern – handhabt, mit dem der tatsächliche Bestimmungsort der gelieferten Waren überprüft werden soll. Jedoch sind Verpflichtungen des Wiederverkäufers in Bezug auf die Anzeige des Markennamens des Anbieters nicht als Kernbeschränkung zu betrachten. Da Artikel 4 Buchstabe b der GVO nur die Beschränkung des Verkaufs durch den Abnehmer oder seine Kunden betrifft, gilt in gleicher Weise, dass die Beschränkung des Verkaufs durch den Anbieter vorbehaltlich der Ausführungen in Randnummer 59 zum Verkauf von Ersatzteilen im Zusammenhang mit Artikel 4 Buchstabe e der GVO auch keine Kernbeschränkung ist. Artikel 4 Buchstabe b gilt unbeschadet der Beschränkung bezüglich des Orts der Niederlassung des Abnehmers. Der Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung geht somit nicht verloren, wenn vereinbart wurde, dass der Abnehmer seine Vertriebsstelle(n) und Lager auf eine bestimmte Anschrift, einen bestimmten Ort bzw. ein bestimmtes Gebiet beschränkt.

(51)

Zu der in Artikel 4 Buchstabe b der GVO beschriebenen Kernbeschränkung gibt es vier Ausnahmebestimmungen. Nach der ersten Ausnahme in Artikel 4 Buchstabe b Ziffer i kann der Anbieter den aktiven Verkauf durch einen an der Vereinbarung beteiligten Abnehmer in Gebiete oder an Kundengruppen beschränken, die er ausschließlich einem anderen Abnehmer zugewiesen oder sich selbst vorbehalten hat. Ein Gebiet oder eine Kundengruppe ist ausschließlich zugewiesen, wenn sich der Anbieter verpflichtet, sein Produkt nur an einen Händler zum Vertrieb in einem bestimmten Gebiet oder an eine bestimmte Kundengruppe zu verkaufen, und der Alleinvertriebshändler, unabhängig von den Verkäufen des Anbieters, vor aktivem Verkauf in sein Gebiet oder an seine Kundengruppe durch alle anderen Abnehmer des Anbieters innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums geschützt wird. Der Anbieter darf die mit einem Ausschließlichkeitsrecht verbundene Zuweisung eines Gebietes und einer Kundengruppe beispielsweise dadurch miteinander verknüpfen, dass er einem Händler den Alleinvertrieb an eine bestimmte Kundengruppe in einem bestimmten Gebiet überlässt. Der Schutz des Alleinvertriebs in zugewiesenen Gebieten oder an zugewiesene Kundengruppen darf jedoch den passiven Verkauf in diesen Gebieten oder an diese Kunden nicht verhindern. Für die Anwendung des Artikels 4 Buchstabe b der GVO definiert die EFTA-Überwachungsbehörde den „aktiven“ und den „passiven“ Verkauf wie folgt:

„Aktiver“ Verkauf bedeutet die aktive Ansprache einzelner Kunden, z. B. mittels Direktwerbung einschließlich Massen-E-Mails oder persönlichen Besuchs, oder die aktive Ansprache einer bestimmten Kundengruppe oder von Kunden in einem bestimmten Gebiet mittels Werbung in den Medien, über das Internet oder mittels anderer verkaufsfördernder Maßnahmen, die sich gezielt an die betreffende Kundengruppe oder gezielt an die Kunden in dem betreffenden Gebiet richten. Werbung oder verkaufsfördernde Maßnahmen, die für den Abnehmer nur interessant sind, wenn sie (auch) eine bestimmte Kundengruppe oder Kunden in einem bestimmten Gebiet erreichen, gelten als „aktiver“ Verkauf an diese Kundengruppe oder an die Kunden in diesem bestimmten Gebiet.

„Passiver“ Verkauf bedeutet die Erledigung unaufgeforderter Bestellungen einzelner Kunden, d. h. das Liefern von Waren an bzw. das Erbringen von Dienstleistungen für solche Kunden. Allgemeine Werbe- oder Verkaufsförderungsmaßnahmen, die Kunden in Gebieten oder Kundengruppen, die anderen Händlern (ausschließlich) zugewiesen sind, erreichen, die aber eine vernünftige Alternative zur Ansprache von Kunden außerhalb dieser Gebiete oder Kundengruppen, z. B. im eigenen Gebiet, darstellen, sind passive Verkäufe. Allgemeine Werbe- oder Verkaufsförderungsmaßnahmen werden als vernünftige Alternative zur Ansprache dieser Kunden angesehen, wenn es für den Abnehmer auch dann attraktiv wäre, die entsprechenden Investitionen zu tätigen, wenn Kunden in den Gebieten oder Kundengruppen, die anderen Händlern (ausschließlich) zugewiesen sind, nicht erreicht würden.

(52)

Da im Vergleich zu den bisherigen Verkaufsmethoden über das Internet mehr oder andere Kunden schnell und effektiv angesprochen werden können, werden bestimmte Beschränkungen über die Nutzung des Internets als (Weiter-)Verkaufsbeschränkungen behandelt. Prinzipiell muss es jedem Händler erlaubt sein, das Internet für den Verkauf von Produkten zu nutzen. Eine eigene Website wird in der Regel als Form des passiven Verkaufs angesehen, da damit den Kunden ein angemessenes Mittel zur Verfügung gestellt wird, den Händler zu erreichen. Der Umstand, dass eine Website Wirkungen auch über das eigene Gebiet oder die eigene Kundengruppe des Händlers hinaus haben kann, ist eine Folge der technischen Entwicklung, d. h. des einfachen Internetzugangs von jedem beliebigen Ort aus. Das Aufsuchen der Website eines Händlers und die Kontaktaufnahme mit diesem durch einen Kunden, aus der sich der Verkauf einschließlich Bereitstellung eines Produkts ergibt, gelten als passiver Verkauf. Gleiches gilt, wenn ein Kunde sich (automatisch) vom Händler informieren lässt und dies zu einem Verkauf führt. Für sich genommen ändern die auf der Website oder in der Korrespondenz wählbaren Sprachen nichts am passiven Charakter des Verkaufs. Da in den folgenden Beispielen Händler daran gehindert werden können, mehr und andere Kunden zu erreichen, liegt nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde eine Kernbeschränkung des passiven Verkaufs beispielsweise vor

a)

wenn vereinbart wird, dass der Händler/Alleinvertriebshändler verhindert, dass Kunden aus einem anderen Gebiet/Alleinvertriebsgebiet seine Website einsehen können, oder dass er auf seiner Website eine automatische Umleitung auf die Website des Herstellers oder anderer Händler/Alleinvertriebshändler einrichtet; dies schließt nicht aus, dass vereinbart wird, dass die Website des Händlers zusätzlich Links zu Websites anderer Händler und/oder Anbieter enthält;

b)

wenn vereinbart wird, dass der Händler/Alleinvertriebshändler Internet-Transaktionen von Verbrauchern unterbricht, sobald ihre Kreditkarte eine Adresse erkennen lässt, die nicht im Gebiet/Alleinvertriebsgebiet des Händlers liegt;

c)

wenn vereinbart wird, dass der Händler den über das Internet getätigten Teil der Gesamtverkäufe begrenzt; dies hindert den Anbieter weder, vom Abnehmer zu verlangen (ohne die Online-Verkäufe des Händlers zu beschränken), dass er das Produkt mindestens in einem nach Wert oder Menge bestimmten absoluten Umfang offline verkauft, um einen effizienten Betrieb seines physischen Verkaufspunkts zu gewährleisten, noch sicherzustellen, dass das Online-Geschäft des Händlers mit dem Vertriebsmodell des Anbieters im Einklang steht (siehe die Randnummern 54 und 56); der absolute Umfang der geforderten Offline-Verkäufe kann für alle Abnehmer identisch sein oder anhand objektiver Kriterien, beispielsweise der Größe des Abnehmers im Vertriebsnetz oder seiner geografischen Lage, im Einzelfall festgelegt sein;

d)

wenn vereinbart wird, dass der Händler für Produkte, die er online weiterverkaufen will, einen höheren Preis zahlt als für Produkte, die offline verkauft werden sollen. Dies schließt nicht aus, dass der Anbieter mit dem Abnehmer eine feste Gebühr vereinbart (d. h. keine variable Gebühr, die mit erzieltem Offline-Umsatz steigen würde, da dies indirekt zu einem Doppelpreissystem führen würde), um dessen Offline- oder Online-Verkaufsanstrengungen zu unterstützen.

(53)

Eine Beschränkung der Internetnutzung für die Händler, die Partei der Vereinbarung sind, ist insoweit mit der GVO vereinbar, als Werbung im Internet oder die Nutzung des Internets zu einem aktiven Verkauf unter anderem in Alleinvertriebsgebiete oder an bestimmte Kunden führen kann. Nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde ist gezielt an bestimmte Kunden gerichtete Online-Werbung eine Form des aktiven Verkaufs an diese Kunden. So sind gebietsspezifische Banner auf Websites Dritter eine Form des aktiven Verkaufs in das Gebiet, in dem diese Banner erscheinen. Bemühungen, die sich gezielt an ein bestimmtes Gebiet oder eine bestimmte Kundengruppe richten, werden generell als aktiver Verkauf in dieses Gebiet oder an diese Kundengruppe betrachtet. Zahlungen für eine Suchmaschine oder an einen Online-Werbeanbieter, damit Werbung gezielt an Nutzer in einem bestimmten Gebiet erscheinen, gelten als aktiver Verkauf in dieses Gebiet.

(54)

Jedoch kann der Anbieter nach der GVO Qualitätsanforderungen an die Verwendung des Internets zum Weiterverkauf seiner Waren stellen, genauso wie er Qualitätsanforderungen an Geschäfte, den Versandhandel oder Werbe- und Verkaufsförderungsmaßnahmen im Allgemeinen stellen kann. Dies kann insbesondere für den selektiven Vertrieb von Bedeutung sein. Nach der GVO kann der Anbieter zum Beispiel von seinen Händlern verlangen, dass sie über einen oder mehrere physische Verkaufspunkte oder Ausstellungsräume verfügen, wenn sie Mitglied des Vertriebssystems werden wollen. Spätere Änderungen einer solchen Bedingung sind nach der GVO ebenfalls möglich, es sei denn, es soll durch sie bezweckt werden, den Online-Verkauf der Händler direkt oder indirekt zu beschränken. Ebenso darf ein Anbieter verlangen, dass seine Händler für den Online-Vertrieb der Vertragsprodukte nur im Einklang mit den Normen und Voraussetzungen, die zwischen dem Anbieter und seinen Händlern für deren Nutzung des Internets vereinbart wurden, Plattformen Dritter nutzen. Befindet sich die Website des Händlers zum Beispiel auf der Plattform eines Dritten, könnte der Anbieter verlangen, dass Kunden die Website des Händlers nicht über eine Website aufrufen, die den Namen oder das Logo dieser Plattform tragen.

(55)

Zu der in Artikel 4 Buchstabe b der GVO beschriebenen Kernbeschränkung gibt es drei weitere Ausnahmebestimmungen. Alle drei lassen die Beschränkung des aktiven wie des passiven Verkaufs zu. Nach der ersten Ausnahmebestimmung ist es zulässig, den Verkauf an Endverbraucher durch einen Großhändler zu beschränken, damit der Anbieter die Großhandels- und die Einzelhandelsstufe getrennt halten kann. Diese Ausnahmebestimmung schließt es jedoch nicht aus, dass der Großhändler an bestimmte, z. B. größere, Endverbraucher verkauft, während ihm gleichzeitig der Verkauf an andere (alle anderen) Endverbraucher untersagt wird. Nach der zweiten Ausnahmebestimmung kann ein Anbieter auf Märkten mit selektivem Vertriebssystem einem Vertragshändler auf allen Handelsstufen den Verkauf an nicht zugelassene Händler untersagen, die in einem Gebiet angesiedelt sind, in dem das System betrieben wird oder in dem der Anbieter die Vertragsprodukte noch nicht verkauft (Artikel 4 Buchstabe b Ziffer iii spricht von einem „vom Anbieter für den Betrieb dieses Systems festgelegten Gebiet“). Nach der dritten Ausnahmebestimmung kann ein Anbieter den Weiterverkauf von Teilen an Wettbewerber des Anbieters durch einen Abnehmer, dem diese Teile zur Weiterverwendung geliefert werden, beschränken. Der Begriff „Teile“ schließt alle Zwischenprodukte ein; der Begriff „Weiterverwendung“ bezieht sich auf alle Vorleistungen für die Herstellung von Waren.

(56)

Die unter Artikel 4 Buchstabe c der GVO beschriebene Kernbeschränkung schließt die Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs an gewerbliche oder sonstige Endverbraucher durch Mitglieder eines selektiven Vertriebsnetzes aus; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit, einem Mitglied des Netzes den Verkauf von einer nicht zugelassenen Niederlassung aus zu untersagen. Dies bedeutet, dass Händlern in einem selektiven Vertriebssystem im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe e der GVO nur dann Beschränkungen in Bezug auf den Verkauf an Verbraucher bzw. deren Vertreter auferlegt werden dürfen, wenn es dem Schutz eines andernorts betriebenen Alleinvertriebsystems dient (siehe Randnummer 51). Innerhalb eines selektiven Vertriebssystems sollte es den Händlern freistehen, sowohl aktiv als auch passiv und auch mit Hilfe des Internets an alle Endverbraucher zu verkaufen. Die EFTA-Überwachungsbehörde sieht daher jede Verpflichtung als Kernbeschränkung an, die die Vertragshändler davon abhält, das Internet zu benutzen, um mehr und andere Kunden zu erreichen, indem ihnen Kriterien für Online-Verkäufe auferlegt werden, die insgesamt den Kriterien für Verkäufe im physischen Verkaufspunkt nicht gleichwertig sind. Dies bedeutet nicht, dass die Kriterien für Online- und Offline-Verkäufe identisch sein müssen, sondern dass mit ihnen dieselben Ziele verfolgt und vergleichbare Ergebnisse erzielt werden sollten und dass die unterschiedlichen Kriterien im unterschiedlichen Wesen dieser beiden Vertriebswege begründet sein müssen. Dies lässt sich mit folgenden Beispielen veranschaulichen: Um Verkäufe an nicht zugelassene Händler zu verhindern, kann ein Anbieter seinen Vertragshändlern untersagen, mehr als eine bestimmte Menge Vertragsprodukte an einen einzelnen Endverbraucher zu verkaufen. Diese Untersagung kann eventuell für Online-Verkäufe strenger sein, wenn es für einen nicht zugelassenen Händler leichter ist, diese Produkte über das Internet zu erlangen. Entsprechend kann sie aber auch strenger sein, wenn es leichter ist, sie über ein Geschäft zu beziehen. Um die rechtzeitige Bereitstellung von Vertragsprodukten zu gewährleisten, kann ein Anbieter für Offline-Verkäufe die sofortige Bereitstellung der Produkte verlangen. Auch wenn dies für Online-Verkäufe nicht in ähnlicher Weise auferlegt werden kann, hat der Anbieter die Möglichkeit, für diese Verkäufe realistische Bereitstellungsfristen anzugeben. Für Online-Verkäufe müssen gegebenenfalls spezifische Auflagen formuliert werden, die sich auf die Einrichtung einer Online-Kundendienststelle, die Übernahme der Kosten bei Rückgabe eines Produkts oder auch die Anwendung sicherer Zahlungssysteme beziehen.

(57)

In einem Gebiet, in dem der Anbieter einen selektiven Vertrieb betreibt, darf dieses System nicht mit Alleinvertrieb kombiniert werden, da dies zu einer Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs durch die Händler nach Artikel 4 Buchstabe c der GVO führen würde, wobei für die Standortwahl für das Geschäft bestimmte Auflagen gemacht werden dürfen. Vertragshändler können daran gehindert werden, ihre Geschäftstätigkeit von anderen Räumlichkeiten aus auszuüben oder eine neue Verkaufsstätte an einem anderen Standort zu eröffnen. In diesem Zusammenhang kann der Umstand, dass der Händler eine eigene Website nutzt, nicht der Eröffnung einer neuen Verkaufsstätte an einem anderen Standort gleichgestellt werden. Handelt es sich um eine mobile Verkaufsstätte, so kann ein Gebiet festgelegt werden, außerhalb dessen die mobile Verkaufsstätte nicht betrieben werden darf. Außerdem kann sich der Anbieter verpflichten, nur einen Händler oder eine begrenzte Zahl von Händlern in einem bestimmten Teil des Gebiets zu beliefern, in dem das selektive Vertriebssystem betrieben wird.

(58)

Bei der in Artikel 4 Buchstabe d der GVO beschriebenen Kernbeschränkung geht es um die Beschränkung von Querlieferungen zwischen Vertragshändlern eines selektiven Vertriebssystems. Dies bedeutet, dass eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise weder unmittelbar noch mittelbar die Verhinderung oder Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs von Vertragsprodukten unter den Vertragshändlern bezwecken darf. Es muss den Vertragshändlern freistehen, die Vertragsprodukte von anderen Vertragshändlern innerhalb des Netzes zu beziehen, die auf derselben oder auf einer anderen Handelsstufe tätig sind. Der selektive Vertrieb darf also nicht mit vertikalen Beschränkungen einhergehen, mit denen die Händler gezwungen werden sollen, die Vertragsprodukte ausschließlich aus einer bestimmten Quelle zu beziehen. Ebenso wenig darf innerhalb eines selektiven Vertriebsnetzes der Verkauf des Produkts an Vertragseinzelhändler durch Vertragsgroßhändler beschränkt werden.

(59)

Die in Artikel 4 Buchstabe e der GVO beschriebene Kernbeschränkung betrifft Vereinbarungen, die es Endverbrauchern, unabhängigen Reparaturbetrieben und Dienstleistern untersagen oder nur mit Einschränkungen gestatten, Ersatzteile unmittelbar vom Hersteller zu beziehen. Eine Vereinbarung zwischen einem Ersatzteilehersteller und einem Abnehmer, der die Teile in seine eigenen Produkte einbaut (Erstausrüster), darf den Verkauf dieser Ersatzteile durch den Hersteller an Endverbraucher, unabhängige Reparaturbetriebe oder Dienstleister weder unmittelbar noch mittelbar verhindern oder beschränken. Indirekte Beschränkungen können insbesondere dann vorliegen, wenn der Anbieter der Ersatzteile in seiner Freiheit beschränkt wird, technische Angaben und Spezialausrüstungen bereitzustellen, die für die Verwendung von Ersatzteilen durch Endverbraucher, unabhängige Reparaturbetriebe oder Dienstleister notwendig sind. Die Vereinbarung darf jedoch bezüglich der Lieferung der Ersatzteile an Reparaturbetriebe und Dienstleister, die der Erstausrüster mit der Reparatur oder Wartung seiner eigenen Waren betraut hat, Beschränkungen enthalten. Das heißt, dass der Erstausrüster von den Mitgliedern seines eigenen Reparatur- und Kundendienstnetzes verlangen kann, die Ersatzteile von ihm zu beziehen.

4.   Einzelne Kernbeschränkungen, die gegebenenfalls nicht unter das Verbot von Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen oder die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllen

(60)

In Ausnahmefällen können Kernbeschränkungen für eine Vereinbarung einer bestimmten Art oder Beschaffenheit (31) als objektiv notwendig und angemessen angesehen werden, so dass sie nicht unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn sie erforderlich sind, um zum Beispiel einem aus Sicherheits- oder Gesundheitsgründen bestehenden öffentlichen Verbot, gefährliche Stoffe an bestimmte Kunden abzugeben, nachzukommen. Darüber hinaus haben Unternehmen die Möglichkeit, im Einzelfall die Einrede der Effizienz nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens zu erheben. In diesem Abschnitt wird anhand von Beispielen auf (Weiter-)Verkaufsbeschränkungen eingegangen; Preisbindungen zweiter Hand sind Gegenstand von Abschnitt VI.2.10.

(61)

Ein Händler, der als Erster eine neue Marke verkauft oder als Erster eine bestehende Marke auf einem neuen Markt verkauft, so dass von einem echten Eintritt in den relevanten Markt gesprochen werden kann, muss möglicherweise beträchtliche Mittel aufwenden, wenn für das betreffende Produkt im Allgemeinen oder für das betreffende Produkt von diesem Hersteller vorher keine Nachfrage bestand. Diese Aufwendungen gehen häufig verloren, so dass es durchaus möglich ist, dass ein Händler die Vertriebsvereinbarung nicht schließen würde, wenn er nicht für einen bestimmten Zeitraum vor (aktiven und) passiven Verkäufen durch andere Händler in sein Gebiet oder an seine Kundengruppe geschützt wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein auf einem nationalen Markt etablierter Hersteller in einen anderen nationalen Markt eintritt und seine Produkte mit Hilfe eines Alleinvertriebshändlers einführt und dieser Händler für die Markteinführung und die Positionierung der Marke auf dem neuen Markt Investitionen tätigen muss. Wenn der Händler beträchtliche Mittel aufwenden muss, um den neuen Markt zu erschließen bzw. aufzubauen, fallen die für die Wiedereinholung dieser Investitionen erforderlichen Beschränkungen passiver Verkäufe durch andere Händler in dieses Gebiet oder an diese Kundengruppe, in den ersten zwei Jahren, in denen der Händler die Vertragswaren oder -dienstleistungen in diesem Gebiet oder an diese Kundengruppe verkauft, im Allgemeinen nicht unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens, selbst wenn in der Regel gilt, dass solche Kernbeschränkungen unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen.

(62)

Bei echten Markteinführungstests, mit denen ermittelt werden soll, wie ein neues Produkt in einem kleineren Gebiet oder bei einer kleineren Kundengruppe ankommt, und bei gestaffelter Einführung eines neuen Produkts, können den Vertragshändlern, denen der Vertrieb des neuen Produkts auf dem Testmarkt übertragen wurde oder die an der/den ersten Runde(n) der gestaffelten Einführung teilnehmen, für den für die Markterprobung bzw. die gestaffelte Einführung erforderlichen Zeitraum Beschränkungen in Bezug auf den aktiven Verkauf außerhalb des Testmarkts auferlegt werden, ohne dass diese unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen.

(63)

Innerhalb eines selektiven Vertriebssystems müssen Querlieferungen von Vertragswaren von anderen Vertragshändlern an andere Vertragshändler innerhalb des Netzes möglich sein. (siehe Randnummer 58). Wenn jedoch Vertragsgroßhändler, die in verschiedenen Gebieten angesiedelt sind, in „ihren“ Gebieten in verkaufsfördernde Maßnahmen investieren müssen, um den Verkauf von Vertragseinzelhändlern zu unterstützen, und es sich als unpraktisch erwiesen hat, konkrete Anforderungen an verkaufsfördernde Maßnahmen vertraglich festzulegen, könnten im Einzelfall Beschränkungen von aktiven Verkäufen des Großhändlers an Vertragseinzelhändler in Gebieten anderer Großhändler, mit denen mögliches Trittbrettfahren unterbunden werden soll, die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllen.

(64)

Die Vereinbarung, dass ein Händler für Produkte, die er online weiterverkaufen will, einen höheren Preis zahlen soll als für Produkte, die offline verkauft werden sollen („Doppelpreissystem“), ist eine Kernbeschränkung (siehe Randnummer 52). Dennoch kann eine solche Vereinbarung unter bestimmten Umständen die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 erfüllen. Solche bestimmten Umstände können vorliegen, wenn ein Hersteller mit seinen Händlern ein solches Doppelpreissystem vereinbart und deshalb für Produkte, die online verkauft werden sollen, einen höheren Preis verlangt, weil Online-Verkäufe für den Hersteller mit erheblich höheren Kosten verbunden sind als offline verkaufte Produkte. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn Offline-Verkäufe bereits die Installation vor Ort durch den Händler beinhalten, was bei online verkauften Produkten nicht der Fall ist, so dass im Falle von Online-Verkäufen beim Hersteller mehr Kundenbeschwerden anfallen und Haftungsansprüche geltend gemacht werden. In diesem Zusammenhang berücksichtigt die EFTA-Überwachungsbehörde ebenfalls, inwieweit die Beschränkung den Internetverkauf einschränken und den Händler daran hindern könnte, mehr und andere Kunden zu erreichen.

5.   Nicht nach der GVO freigestellte Beschränkungen

(65)

Mit Artikel 5 der GVO werden bestimmte Verpflichtungen von der Freistellung durch die GVO auch dann ausgeschlossen, wenn die einschlägige Marktanteilsschwelle nicht überschritten ist. Die Freistellung gilt jedoch für den übrigen Teil der vertikalen Vereinbarung, wenn sich die betreffenden Verpflichtungen abtrennen lassen.

(66)

Die erste Ausschlussbestimmung – Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der GVO – betrifft Wettbewerbsverbote. Dabei handelt es sich um wettbewerbswidrige Absprachen, die vorsehen, dass der Abnehmer, gemessen am Beschaffungswert des Vorjahres mehr als 80 % der Vertragswaren und -dienstleistungen sowie deren Substitute vom Anbieter oder von einem anderen vom Anbieter bezeichneten Unternehmen bezieht (siehe Definition in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d der GVO). Dies bedeutet, dass der Abnehmer keine bzw. nur sehr begrenzte (für weniger als 20 % seiner Gesamteinkäufe) Möglichkeiten hat, Waren oder Dienstleistungen von Wettbewerbern zu beziehen. Liegen im ersten Jahr nach Abschluss der Vereinbarung keine Einkaufsdaten des Abnehmers für das Jahr vor Abschluss der Vereinbarung vor, so kann der Gesamtjahresbedarf geschätzt werden. Solche Wettbewerbsverbote fallen, wenn sie für eine unbestimmte Dauer oder für mehr als fünf Jahre vereinbart werden, nicht unter die GVO. Dasselbe gilt für Wettbewerbsverbote, die über einen Zeitraum von fünf Jahren hinaus stillschweigend verlängert werden können (siehe Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 2). Im Allgemeinen gilt die Freistellung für Wettbewerbsverbote, die für fünf Jahre oder einen kürzeren Zeitraum vereinbart werden, wenn nichts vorliegt, was den Abnehmer daran hindert, das Wettbewerbsverbot nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums tatsächlich zu beenden. Wenn z. B. eine Vereinbarung ein fünfjähriges Wettbewerbsverbot vorsieht und der Anbieter dem Abnehmer ein Darlehen gewährt, sollte die Tilgung des Darlehens den Abnehmer nicht daran hindern, das Wettbewerbsverbot nach Ablauf der Frist effektiv zu beenden. Ebenso sollte ein Abnehmer die Möglichkeit haben, Ausrüstungen, die er vom Anbieter erhalten hat und die nicht vertragsspezifisch sind, nach dem Ende des Wettbewerbsverbots zum Marktwert zu übernehmen.

(67)

Die Fünfjahresfrist gilt nicht, wenn die Waren oder Dienstleistungen vom Abnehmer „in Räumlichkeiten und auf Grundstücken verkauft werden, die im Eigentum des Anbieters stehen oder von diesem von nicht mit dem Abnehmer verbundenen Dritten gemietet oder gepachtet worden sind“. In diesen Fällen kann das Wettbewerbsverbot solange gelten, wie der Abnehmer die Verkaufsstätte nutzt (Artikel 5 Absatz 2 der GVO). Der Grund für diese Ausnahmebestimmung liegt darin, dass von einem Anbieter normalerweise nicht erwartet werden kann, dass er den Verkauf konkurrierender Produkte in den Räumlichkeiten und auf den Grundstücken, die in seinem Eigentum stehen, ohne seine Erlaubnis zulässt. Analog gelten dieselben Grundsätze, wenn der Abnehmer seine Produkte über eine mobile Verkaufsstelle („Laden auf Rädern“) verkauft, die im Eigentum des Anbieters steht und die der Anbieter von nicht mit dem Abnehmer verbundenen Dritten gemietet oder gepachtet hat. Künstliche Konstruktionen wie die zeitlich begrenzte Übertragung von Eigentumsrechten an Räumlichkeiten und Grundstücken des Händlers an den Anbieter, mit der die Fünfjahresfrist umgangen werden soll, fallen nicht unter diese Ausnahmebestimmung.

(68)

Die zweite Ausschlussbestimmung – Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der GVO – betrifft Wettbewerbsverbote für den Abnehmer nach Ablauf der Vereinbarung. Solche Verpflichtungen sind in der Regel nicht nach der GVO vom Kartellverbot freigestellt, es sei denn, sie sind für den Schutz des Know-hows unerlässlich, das der Anbieter dem Abnehmer übertragen hat, sie beschränken sich auf die Verkaufsstätte, von der aus der Abnehmer während der Vertragslaufzeit seine Geschäfte betrieben hat, und sie sind auf höchstens ein Jahr begrenzt (siehe Artikel 5 Absatz 3 der GVO). Nach der Definition in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe g der GVO muss das Know-how „wesentlich“ sein, d. h. Kenntnisse umfassen, die „für den Abnehmer bei der Verwendung, dem Verkauf oder dem Weiterverkauf der Vertragswaren oder -dienstleistungen bedeutsam und nützlich“ sind.

(69)

Die dritte Ausschlussbestimmung – Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c der GVO – betrifft den Verkauf konkurrierender Waren in einem selektiven Vertriebssystem. Die GVO gestattet die Verknüpfung von selektivem Vertrieb mit einem Wettbewerbsverbot, das es den Händlern grundsätzlich untersagt, Produkte konkurrierender Marken zu verkaufen. Eine Vertragsbestimmung hingegen, mit der der Anbieter seine Vertragshändler unmittelbar oder mittelbar daran hindert, Produkte zum Zwecke des Weiterverkaufs von bestimmten konkurrierenden Anbietern zu beziehen, fällt nicht unter die GVO. Mit dem Ausschluss dieser Verpflichtung von der Freistellung soll verhindert werden, dass mehrere Anbieter, die dieselben Verkaufsstätten eines selektiven Vertriebsnetzes nutzen, einen bestimmten Wettbewerber oder bestimmte Wettbewerber davon abhalten, beim Vertrieb ihrer Produkte auf diese Verkaufsstätten zurückzugreifen (Marktausschluss eines konkurrierenden Anbieters in Form eines kollektiven Boykotts) (32).

6.   Abtrennbarkeit von Vertragsbestimmungen

(70)

Mit der GVO werden vertikale Vereinbarungen unter der Voraussetzung vom Kartellverbot freigestellt, dass sie keine Kernbeschränkungen im Sinne des Artikels 4 der GVO enthalten bzw. dass in ihrem Rahmen keine Kernbeschränkungen praktiziert werden. Enthält eine vertikale Vereinbarung eine oder mehrere solcher Kernbeschränkungen, so fällt die gesamte Vereinbarung nicht unter die GVO, da Kernbeschränkungen nicht abtrennbar sind.

(71)

Die nach Artikel 5 der GVO nicht freigestellten Beschränkungen sind dagegen abtrennbar. Das heißt, dass der Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung nur in Bezug auf den Teil der vertikalen Vereinbarung verlorengeht, der die Voraussetzungen des Artikels 5 der GVO nicht erfüllt.

7.   Produktportfolios, die über dasselbe Vertriebssystem verkauft werden

(72)

Vertreibt ein Anbieter mehrere Waren oder Dienstleistungen über ein und dieselbe Vertriebsvereinbarung, so kann es angesichts der Marktanteilsschwelle vorkommen, dass die Vereinbarung nicht in Bezug auf alle, sondern nur auf einige Produkte aufgrund der GVO vom Kartellverbot freigestellt ist. In diesem Fall gilt die GVO nur in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen, bei denen die Voraussetzungen für die Anwendung der GVO erfüllt sind.

(73)

In Bezug auf die übrigen Waren und Dienstleistungen gelten die normalen Wettbewerbsregeln, d. h.,

a)

es besteht keine Gruppenfreistellung, aber auch keine Vermutung der Rechtswidrigkeit;

b)

wenn eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens vorliegt, eine Freistellung aber ausgeschlossen ist, kann geprüft werden, ob geeignete Abhilfemaßnahmen möglich sind, die die Wettbewerbsprobleme im Zusammenhang mit dem bestehenden Vertriebssystem lösen können;

c)

ist keine Abhilfe möglich, so muss der Anbieter andere Vertriebsregelungen treffen.

Diese Sachlage kann auch entstehen, wenn Artikel 54 des EWR-Abkommens in Bezug auf bestimmte Produkte Anwendung findet, auf andere dagegen nicht.

IV.   ENTZUG DER GRUPPENFREISTELLUNG UND NICHTANWENDUNG DER GVO

1.   Entzug der Gruppenfreistellung

(74)

Die mit der GVO begründete Vermutung der Rechtmäßigkeit kann entzogen werden, wenn eine vertikale Vereinbarung alleine oder in Verbindung mit vergleichbaren Vereinbarungen konkurrierender Anbieter oder Abnehmer unter das Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fällt und nicht alle Voraussetzungen für eine Freistellung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt.

(75)

Die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens können insbesondere dann nicht erfüllt sein, wenn der Zugang zu dem relevanten Markt oder der Wettbewerb auf diesem Markt durch die kumulative Wirkung paralleler Netze von gleichartigen vertikalen Vereinbarungen konkurrierender Anbieter oder Abnehmer in erheblichem Maße beschränkt wird. Parallele Netze vertikaler Vereinbarungen sind als gleichartig anzusehen, wenn sie Beschränkungen enthalten, die ähnliche Auswirkungen auf den Markt haben. Eine solche Situation ist z. B. gegeben, wenn auf einem bestimmten Markt einige Anbieter einen rein qualitativen, andere dagegen einen rein quantitativen Selektivvertrieb betreiben. Dies kann auch eintreten, wenn auf einem bestimmten Markt durch die kumulative Anwendung qualitativer Kriterien leistungsfähigere Händler vom Markt ausgeschlossen werden. In diesem Fall sind bei der Würdigung die wettbewerbswidrigen Auswirkungen zu berücksichtigen, die sich aus jedem einzelnen Netz von Vereinbarungen ergeben. Gegebenenfalls gilt der Entzug nur für ein bestimmtes qualitatives Kriterium oder nur für die quantitative Begrenzung der Anzahl der Vertragshändler.

(76)

Die Verantwortung für eine kumulative wettbewerbswidrige Wirkung kann nur denjenigen Unternehmen angelastet werden, die einen spürbaren Beitrag hierzu leisten. Vereinbarungen zwischen Unternehmen, deren Beitrag zur kumulativen Wirkung unerheblich ist, fallen nicht unter das Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens (33) und unterliegen damit nicht dem Entzugsmechanismus. Die Würdigung eines solchen Beitrags erfolgt nach den unter den Randnummern 128 bis 229 dargelegten Kriterien.

(77)

Bei Entzug der Freistellung liegt die Beweislast bei der EFTA-Überwachungsbehörde, die nachweisen muss, dass die Vereinbarung gegen Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens verstößt und eine oder mehrere der Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens nicht erfüllt. Eine Entzugsentscheidung bewirkt, dass die Freistellung für die betreffenden Vereinbarungen erst dann entfällt, wenn der Entzug wirksam wird (ex nunc).

(78)

Für den Entzug der Freistellung vertikaler Vereinbarungen, die den Wettbewerb auf räumlich relevanten Märkten beschränken, die größer sind als das Gebiet eines EWR-Staats, sind die Europäische Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde entsprechend den Bestimmungen von Artikel 56 des EWR-Abkommens über die Zuständigkeiten der beiden Behörden ausschließlich zuständig. Handelt es sich bei dem räumlich relevanten Markt um das Gebiet oder ein Teilgebiet eines einzelnen EWR-Staats, so haben die zuständige Überwachungsbehörde und der betreffende EWR-Staat die konkurrierende Zuständigkeit für den Entzug.

2.   Nichtanwendung der GVO

(79)

Nach Artikel 6 der GVO kann die EFTA-Überwachungsbehörde mittels einer Empfehlung erklären, dass die GVO nicht gilt, wenn parallele Netze gleichartiger vertikaler Beschränkungen mehr als 50 % des relevanten Marktes abdecken. Eine solche Empfehlung ist an den EFTA-Staat oder die EFTA-Staaten gerichtet, auf den bzw. die sich der relevante Markt erstreckt.

(80)

Während der Entzug des Rechtsvorteils der Gruppenfreistellung den Erlass eines Beschlusses erfordert, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 53 des EWR-Abkommens durch ein einzelnes Unternehmen festgestellt wird, bewirkt eine Empfehlung nach Artikel 6 der GVO lediglich, dass die Anwendung der GVO und der damit verbundene Rechtsvorteil in Bezug auf die betreffenden Beschränkungen und Märkte aufgehoben und die volle Anwendbarkeit von Artikel 53 Absätze 1 und 3 des EWR-Abkommens wiederhergestellt werden. Nachdem der EFTA-Staat oder die EFTA-Staaten die Empfehlung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Nichtanwendung der GVO auf bestimmte vertikale Beschränkungen auf einem konkreten Markt angenommen haben, sind für die Anwendung von Artikel 53 des EWR-Abkommens auf einzelne Vereinbarungen die durch die einschlägige Rechtsprechung des EFTA-Gerichtshofs, des Gerichtshofs und des Gerichts entwickelten Kriterien sowie die Bekanntmachungen bzw. Mitteilungen und die bisherige Entscheidungspraxis der EFTA-Überwachungsbehörde maßgebend. In geeigneten Fällen wird die EFTA-Überwachungsbehörde eine Entscheidung in einem Einzelfall erlassen, die als Orientierungshilfe für sämtliche Unternehmen auf dem betreffenden Markt dienen kann.

(81)

Zum Zwecke der Berechnung der 50 %–Marktabdeckungsquote muss jedes einzelne Netz vertikaler Vereinbarungen berücksichtigt werden, das Beschränkungen oder Kombinationen von Beschränkungen mit ähnlichen Auswirkungen auf den Markt enthält. Artikel 6 der GVO bestimmt nicht, dass die EFTA-Überwachungsbehörde eingreifen muss, wenn die Quote von 50 % überschritten wird. Die Nichtanwendung ist grundsätzlich angemessen, wenn zu erwarten ist, dass der Zugang zu oder der Wettbewerb auf dem relevanten Markt spürbar beschränkt wird. Dies trifft insbesondere zu, wenn parallele selektive Vertriebsnetze mehr als 50 % eines Marktes abdecken und eine Marktabschottung wahrscheinlich machen, da Auswahlkriterien angewandt werden, die aufgrund der Beschaffenheit der betreffenden Waren nicht erforderlich sind oder die bestimmte Formen des Vertriebs dieser Waren diskriminieren.

(82)

Hinsichtlich der Notwendigkeit einer Verordnung nach Artikel 6 der GVO wird die EFTA-Überwachungsbehörde erwägen, ob ein Entzug der Freistellung im Einzelfall nicht die bessere Lösung ist. Dies kann konkret von der Anzahl der konkurrierenden Unternehmen abhängen, deren Vereinbarungen zu einer kumulativen Wirkung auf einem bestimmten Markt beitragen, oder von der Zahl der betroffenen räumlichen Märkte innerhalb des EWR.

(83)

In einer in Artikel 6 der GVO genannten Empfehlung muss deren Geltungsbereich eindeutig festgelegt sein. Dies bedeutet, dass die EFTA-Überwachungsbehörde zum einen den sachlich und räumlich relevanten Markt und zum anderen die Art der vertikalen Beschränkung definieren muss, auf die die GVO keine Anwendung mehr findet. Im letztgenannten Fall kann sie den Geltungsbereich der Empfehlung auf das Wettbewerbsproblem abstimmen, das sie damit lösen möchte. Während z. B. im Hinblick auf die 50 %-Quote alle parallelen Netze von Markenzwangregelungen zu berücksichtigen sind, kann die EFTA-Überwachungsbehörde den Geltungsbereich der Empfehlung über die Nichtanwendung der GVO auf die Wettbewerbsverbote beschränken, die eine bestimmte Dauer überschreiten. Damit könnten Vereinbarungen mit kürzerer Dauer bzw. Beschränkungen, die den Markt weniger stark abschotten, unberührt bleiben. Ebenso kann die Empfehlung über die Nichtanwendung der GVO auf zusätzliche Beschränkungen begrenzt werden, die auf einem bestimmten Markt in Kombination mit dem selektiven Vertrieb praktiziert werden, z. B. dem Abnehmer auferlegte Wettbewerbsverbote oder Mengenvorgaben. Gegebenenfalls kann die EFTA-Überwachungsbehörde auch das Marktanteilsniveau angeben, bis zu dem in einem konkreten Marktumfeld davon ausgegangen werden kann, dass ein einzelnes Unternehmen nicht erheblich zur kumulativen Wirkung beiträgt.

(84)

Nach Artikel 6 der GVO, die in das EWR-Abkommen aufgenommen worden ist (siehe die Anpassung in Punkt 2 des Anhangs XIV des EWR-Abkommens), muss die EFTA-Überwachungsbehörde einen Übergangszeitraum von drei Monaten festsetzen, bevor eine Empfehlung über die Nichtanwendung der Gruppenfreistellung als von dem EFTA-Staat bzw. den EFTA-Staaten, an den (die) die Empfehlung gerichtet war, automatisch akzeptiert betrachtet wird. Akzeptiert ein EFTA-Staat oder ein angeschriebener EFTA-Staat die Empfehlung oder antwortet er nicht fristgerecht, wird ihm gemäß dem Abkommen die rechtliche Verpflichtung auferlegt, die Empfehlung innerhalb von drei Monaten nach ihrer Ausstellung umzusetzen. Dies sollte die betroffenen Unternehmen in die Lage versetzen, ihre Vereinbarungen nach Maßgabe der Empfehlung über die Nichtanwendung zu ändern.

(85)

Die Freistellung der betreffenden Vereinbarungen bleibt unberührt, solange die Empfehlung über die Nichtanwendung der GVO nicht gilt.

V.   MARKTABGRENZUNG UND BERECHNUNG DER MARKTANTEILE

1.   Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Definition des relevanten Marktes

(86)

Die Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (34) enthält Orientierungshilfen zu den Regeln, Kriterien und Beweismitteln, die die EFTA-Überwachungsbehörde bei der Abgrenzung des betroffenen Marktes anwendet. Die Bekanntmachung, auf die in diesen Leitlinien nicht weiter eingegangen wird, sollte als Grundlage für die Klärung von Fragen der Marktabgrenzung dienen. In den vorliegenden Leitlinien werden nur Fragen angesprochen, die sich im Zusammenhang mit vertikalen Beschränkungen ergeben und nicht in der Bekanntmachung behandelt sind.

2.   Relevanter Markt für die Berechnung der 30 %-Marktanteilsschwelle nach der GVO

(87)

Nach Artikel 3 der GVO ist für die Anwendung der Gruppenfreistellung der Marktanteil des Anbieters und des Abnehmers maßgebend. Die GVO findet nur Anwendung, wenn sowohl der Anteil des Anbieters an dem Markt, auf dem er die Vertragsprodukte an den Abnehmer verkauft, als auch der Anteil des Abnehmers an dem Markt, auf dem er die Vertragsprodukte bezieht, höchstens 30 % beträgt. Für Vereinbarungen zwischen kleinen und mittleren Unternehmen ist es in der Regel nicht notwendig, Marktanteile zu berechnen (siehe Randnummer 11).

(88)

Um den Marktanteil eines Unternehmens zu ermitteln, muss der relevante Markt festgelegt werden, auf dem das Unternehmen die Vertragsprodukte verkauft bzw. bezieht. Dazu müssen der sachlich und der räumlich relevante Markt abgegrenzt werden. Der sachlich relevante Markt umfasst alle Waren oder Dienstleistungen, die von den Abnehmern hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Preise sowie des Verwendungszwecks als austauschbar angesehen werden. Der räumlich relevante Markt umfasst das Gebiet, in dem die beteiligten Unternehmen an der Nachfrage und Bereitstellung relevanter Waren oder Dienstleistungen teilnehmen, in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von benachbarten Gebieten durch merklich andere Wettbewerbsbedingungen unterscheidet.

(89)

Der sachlich relevante Markt hängt in erster Linie von der Substituierbarkeit aus Sicht der Abnehmer ab. Wird das bereitgestellte Produkt als Vorleistung für andere Produkte eingesetzt und ist es im Endprodukt im Allgemeinen nicht mehr wiederzuerkennen, so richtet sich die Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes in der Regel nach den Präferenzen der direkten Abnehmer. Die Kunden der Abnehmer haben normalerweise keine besondere Präferenz für bestimmte vom Abnehmer verwendete Vorleistungen. Vertikale Beschränkungen, die der Anbieter und der Abnehmer der Vorleistung miteinander vereinbaren, betreffen üblicherweise nur den Verkauf und den Bezug des Zwischenprodukts, nicht aber den Verkauf des daraus hervorgehenden Produkts. Beim Vertrieb von Endprodukten bestimmen in der Regel die Präferenzen der Endverbraucher, was die direkten Abnehmer als Substitute ansehen. Ein Händler, der als Wiederverkäufer agiert, kann beim Bezug von Endprodukten die Präferenzen der Endverbraucher nicht außer Acht lassen. Außerdem betreffen vertikale Beschränkungen auf der Ebene des Vertriebs zumeist nicht nur den Verkauf von Produkten durch den Anbieter an den Abnehmer, sondern auch den Weiterverkauf dieser Produkte. Da in der Regel unterschiedliche Vertriebsformen miteinander im Wettbewerb stehen, werden die Märkte im Allgemeinen nicht anhand der angewandten Vertriebsform abgegrenzt. In den Fällen, in denen Anbieter grundsätzlich ganze Produktpaletten verkaufen, kann die Palette den Markt bilden, wenn solche Paletten – und nicht die darin enthaltenen Einzelprodukte – von den Abnehmern als Substitute angesehen werden. Da Händler gewerbliche Abnehmer sind, ist der räumliche Großhandelsmarkt üblicherweise umfangreicher als der Einzelhandelsmarkt, auf dem das Produkt an die Endverbraucher weiterverkauft wird. Dies führt häufig zur Abgrenzung nationaler oder noch größerer Großhandelsmärkte. Bei homogenen Marktbedingungen und sich überschneidenden örtlichen bzw. regionalen Absatzgebieten können die Einzelhandelsmärkte jedoch auch größer als das Suchgebiet der Endverbraucher sein.

(90)

Wird eine vertikale Vereinbarung zwischen drei Unternehmen geschlossen, die auf unterschiedlichen Handelsstufen tätig sind, so muss, damit die Vereinbarung nach der GVO vom Kartellverbot freigestellt ist, ihr jeweiliger Marktanteil 30 % oder weniger betragen. Für den Fall, dass ein Unternehmen im Rahmen einer Mehrparteienvereinbarung die Vertragswaren oder -dienstleistungen von einer Vertragspartei bezieht und sie anschließend an eine andere Vertragspartei verkauft, gilt die Freistellung nach Artikel 3 Absatz 2 der GVO nur, wenn der Anteil des Unternehmens an dem relevanten Markt sowohl als Anbieter als auch als Abnehmer jeweils nicht mehr als 30 % beträgt. Wenn z. B. zwischen einem Hersteller, einem Großhändler (oder einer Einzelhändlervereinigung) und einem Einzelhändler ein Wettbewerbsverbot vereinbart wird, dürfen die Marktanteile des Herstellers und des Großhändlers (bzw. der Einzelhändlervereinigung) auf ihren jeweiligen nachgelagerten Märkten den Schwellenwert von 30 % nicht überschreiten und der Marktanteil des Großhändlers (oder der Einzelhändlervereinigung) und des Einzelhändlers darf auf ihren jeweiligen Bezugsmärkten nicht mehr als 30 % betragen, damit die Freistellung nach der GVO gilt.

(91)

Ein Hersteller, der sowohl Erstausrüstungen als auch die entsprechenden Reparatur- oder Ersatzteile produziert, dürfte auf dem Anschlussmarkt (Reparatur- und Ersatzteile für seine Ausrüstungen) oftmals auch der einzige oder wichtigste Anbieter sein. Dieselbe Situation kann entstehen, wenn der Anbieter (Erstausrüster) die Herstellung der Reparatur- oder Ersatzteile einem Zulieferer überlässt. Der relevante Markt im Sinne der GVO können hier entweder ein das Ersatzteilgeschäft einschließender Erstausrüstermarkt oder zwei getrennte Märkte – der Erstausrüster- und der Anschlussmarkt – sein; dies hängt vom jeweiligen Sachverhalt (z. B. den Auswirkungen der jeweiligen Beschränkung, der Lebensdauer der Ausrüstung oder der Höhe der Reparatur- bzw. Austauschkosten) ab (35). In der Praxis gilt es festzustellen, ob ein erheblicher Teil der Abnehmer bei ihrer Wahl die über die Lebenszeit des Produkts anfallenden Kosten mit berücksichtigt. Sollte dies der Fall sein, deutet dies darauf hin, dass es einen gemeinsamen Markt für Originalausrüstungen und Ersatzteile gibt.

(92)

Enthält die vertikale Vereinbarung über die Lieferung der Vertragswaren hinaus auch Bestimmungen in Bezug auf Rechte des geistigen Eigentums (z. B. über die Nutzung der Marke des Anbieters), die dem Abnehmer bei der Vermarktung der Vertragswaren helfen, so ist für die Anwendung der GVO der Anteil des Anbieters an dem Markt, auf dem er die Vertragswaren verkauft, von Bedeutung. Ein Franchisegeber, der keine weiterzuverkaufende Waren liefert, sondern ein Paket von Dienstleistungen und Waren in Verbindung mit Bestimmungen über Rechte des geistigen Eigentums bereitstellt, d. h. die Geschäftsmethode, für die die Franchise erteilt wird, muss den Marktanteil zugrunde legen, den er als Anbieter einer Geschäftsmethode hat. Dazu muss er seinen Anteil an dem Markt berechnen, auf dem die Geschäftsmethode eingesetzt wird, d. h. wo die Franchisenehmer die Methode anwenden, um Endverbrauchern Waren oder Dienstleistungen anzubieten. Der Franchisegeber muss seinen Marktanteil am Wert der Waren oder Dienstleistungen messen, die die Franchisenehmer auf diesem Markt bereitstellen. Wettbewerber auf Märkten dieser Art können Unternehmen sein, die andere Geschäftsmethoden aufgrund von Franchiseverträgen anbieten, aber auch Anbieter substituierbarer Waren oder Dienstleistungen, die kein Franchising praktizieren. So müsste ein Franchisegeber auf einem Markt für Schnellimbissdienste, sofern ein solcher existiert und unbeschadet der Abgrenzung eines solchen Marktes, seinen Marktanteil anhand der Absatzdaten der betreffenden Franchisenehmer auf diesem Markt ermitteln.

3.   Berechnung der Marktanteile nach der GVO

(93)

Bei der Berechnung von Marktanteilen ist grundsätzlich vom Wert auszugehen. Liegen keine Angaben zum Wert vor, so können auch solide Schätzungen vorgenommen werden. Diese Schätzungen können auf anderen verlässlichen Marktdaten wie z. B. Mengenangaben beruhen (siehe Artikel 7 Buchstabe a der GVO).

(94)

Die Herstellung eines Zwischenprodukts zur Verwendung im eigenen Unternehmen (Eigenproduktion) kann bei der wettbewerbsrechtlichen Untersuchung ein sehr wichtiger Anhaltspunkt für das Vorliegen von Wettbewerbsdruck oder die Stärkung der Marktstellung eines Unternehmens sein. Bei der Marktabgrenzung und der Berechnung des Marktanteils für Zwischenprodukte (Waren und Dienstleistungen) wird die Eigenproduktion jedoch nicht berücksichtigt.

(95)

Ist jedoch der Hersteller eines Endprodukts zugleich auch als Händler auf dem Markt tätig (zweigleisiger Vertrieb), so müssen bei der Marktabgrenzung und der Berechnung des Marktanteils die Waren mit einbezogen werden, die der Hersteller über vertikal integrierte Händler und Handelsvertreter verkauft (siehe Artikel 7 Buchstabe c der GVO). „Integrierte Händler“ sind verbundene Unternehmen im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der GVO (36).

VI.   DURCHSETZUNG DES WETTBEWERBSRECHTS IM EINZELFALL

1.   Grundlagen der Prüfung

(96)

Außerhalb des Geltungsbereichs der GVO muss geprüft werden, ob im Einzelfall die Vereinbarung unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fällt, und wenn ja, ob die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind. Sofern sie keine Wettbewerbsbeschränkungen bezwecken und insbesondere keine Kernbeschränkungen enthalten, besteht keine Vermutung, dass vertikale Vereinbarungen, die wegen Überschreitens der Marktanteilsschwelle nicht von der GVO erfasst sind, unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen oder die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens nicht erfüllen. Die wahrscheinlichen Auswirkungen müssen für jede Vereinbarung einzeln geprüft werden. Die Unternehmen sollten diese Prüfung selbst vornehmen. Vereinbarungen, die entweder den Wettbewerb nicht im Sinne des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens beschränken oder die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllen, sind zulässig und durchsetzbar. Nach Artikel 1 Absatz 2 des in Punkt 3 des Artikels 3 Absatz 1 des Protokolls 21 zum EWR-Abkommen genannten Rechtsakts (Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 (37)) zur Durchführung der in den Artikeln 53 und 54 des EWR-Abkommens und in Artikel 1 Absatz 2 von Kapitel II des Protokolls 4 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen niedergelegten Wettbewerbsregeln ist für eine Einzelfreistellung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens eine Anmeldung nicht erforderlich. Nimmt die EFTA-Überwachungsbehörde eine Einzelprüfung vor, so trägt sie die Beweislast dafür, dass die betreffende Vereinbarung gegen Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens verstößt. Die Unternehmen, die sich auf Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens berufen, tragen die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen dieses Absatzes erfüllt sind. Wenn nachgewiesen ist, dass wettbewerbswidrige Auswirkungen wahrscheinlich sind, können die Unternehmen substantiiert vortragen, dass Effizienzgewinne zu erwarten sind, und erläutern, warum ein bestimmtes Vertriebssystem unerlässlich ist, um wahrscheinliche Vorteile für die Verbraucher hervorzubringen, ohne den Wettbewerb auszuschalten, bevor die EFTA-Überwachungsbehörde feststellt, ob die Vereinbarung die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt.

(97)

Um festzustellen, ob eine vertikale Vereinbarung eine Beschränkung des Wettbewerbs bewirkt, wird die Situation, die auf dem relevanten Markt mit den vertikalen Beschränkungen tatsächlich oder wahrscheinlich bestehen wird, mit der Situation verglichen, die ohne die in der Vereinbarung vorgesehenen vertikalen Beschränkungen bestehen würde. Bei der Prüfung im Einzelfall berücksichtigt die EFTA-Überwachungsbehörde gegebenenfalls sowohl tatsächliche als auch wahrscheinliche Auswirkungen. Damit vertikale Vereinbarungen eine Beschränkung des Wettbewerbs bewirken, müssen sie den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb in einem solchen Umfang beeinträchtigen, dass auf dem relevanten Markt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit negative Auswirkungen auf Preise, Produktion, Innovation oder Bandbreite oder Qualität von Waren und Dienstleistungen zu erwarten sind. Die wahrscheinlichen negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb müssen spürbar sein (38). Spürbare wettbewerbswidrige Auswirkungen sind wahrscheinlich, wenn mindestens eines der beteiligten Unternehmen eine gewisse Marktmacht hat oder erlangt und die Vereinbarung zur Begründung, Erhaltung oder Verstärkung dieser Marktmacht beiträgt oder es den beteiligten Unternehmen ermöglicht, diese Marktmacht auszunutzen. Marktmacht ist die Fähigkeit, über einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum die Preise oberhalb des Wettbewerbsniveaus bzw. die Produktion im Hinblick auf Produktmengen, Produktqualität und -bandbreite oder Innovation unterhalb des Wettbewerbsniveaus zu halten. Für die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens muss in der Regel ein geringeres Maß an Marktmacht vorliegen als für die Feststellung der Marktbeherrschung im Sinne des Artikels 54 des EWR-Abkommens.

(98)

Vertikale Beschränkungen schaden dem Wettbewerb im Allgemeinen weniger als horizontale Beschränkungen. Dass vertikale Beschränkungen weniger Besorgnis erregen, liegt vor allem darin begründet, dass horizontale Beschränkungen Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern betreffen können, die gleiche oder substituierbare Waren oder Dienstleistungen herstellen bzw. erbringen. Bei horizontalen Geschäftsbeziehungen kann die Ausübung von Marktmacht durch ein Unternehmen, das für sein Produkt einen höheren Preis durchsetzt, für die Wettbewerber Vorteile bringen. Dies ist möglicherweise ein Anreiz für konkurrierende Unternehmen, sich gegenseitig zu wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen zu ermuntern. Bei vertikalen Geschäftsbeziehungen ist das Produkt des einen eine Vorleistung für den anderen, mit anderen Worten, die Tätigkeiten der an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen ergänzen einander. Dies bedeutet, dass die Ausübung von Marktmacht durch das auf dem vorgelagerten oder das auf dem nachgelagerten Markt tätige Unternehmen in der Regel die Nachfrage nach dem Produkt des anderen beeinträchtigt. Die an einer Vereinbarung beteiligten Unternehmen haben somit gewöhnlich einen Anreiz, die Ausübung von Marktmacht durch die übrigen Beteiligten zu unterbinden.

(99)

Diese selbstdisziplinierende Wirkung sollte jedoch nicht überschätzt werden. Hat ein Unternehmen keine Marktmacht, so kann es seine Gewinne nur dadurch erhöhen, dass es versucht, seine Herstellungs- und Vertriebsverfahren mit oder ohne Hilfe vertikaler Beschränkungen zu verbessern. Da die an einer vertikalen Vereinbarung beteiligten Unternehmen einander bei der Vermarktung eines Produkts ergänzen, ermöglichen vertikale Beschränkungen erhebliche Effizienzgewinne. Verfügt ein Unternehmen dagegen über Marktmacht, so kann es außerdem versuchen, seine Gewinne zu Lasten seiner direkten Wettbewerber zu steigern, indem es deren Kosten in die Höhe treibt und zum Nachteil seiner Abnehmer und letztlich der Verbraucher versucht, sich einen Teil ihres Zugewinns anzueignen. Dies ist möglich, wenn sich das auf dem vorgelagerten und das auf dem nachgelagerten Markt tätige Unternehmen den zusätzlichen Gewinn teilen oder wenn eines der beiden vertikale Beschränkungen nutzt, um sich den gesamten zusätzlichen Gewinn anzueignen.

1.1    Negative Auswirkungen vertikaler Beschränkungen

(100)

Durch das Wettbewerbsrecht des Europäischen Wirtschaftsraums sollen die folgenden negativen Auswirkungen vertikaler Beschränkungen auf den Markt verhindert werden:

a)

wettbewerbswidriger Ausschluss anderer Anbieter oder anderer Abnehmer vom Markt durch Errichtung von Schranken für Marktzutritt oder Expansion;

b)

Aufweichung des Wettbewerbs zwischen dem Anbieter und seinen Wettbewerbern und/oder Erleichterung der Kollusion (39) zwischen diesen Anbietern, häufig auch als Verringerung des Markenwettbewerbs bezeichnet;

c)

Aufweichung des Wettbewerbs zwischen dem Abnehmer und seinen Wettbewerbern und/oder Erleichterung der Kollusion zwischen diesen Wettbewerbern, häufig auch als Verringerung des markeninternen Wettbewerbs bezeichnet, wenn sie den Wettbewerb zwischen Händlern auf der Grundlage der Marke oder des Produkts desselben Anbieters betrifft;

d)

Behinderung der Marktintegration, vor allem Einschränkung der Möglichkeiten für die Verbraucher, Waren oder Dienstleistungen in einem EU-Mitgliedstaat oder EFTA-Staat ihrer Wahl zu beziehen.

(101)

Marktabschottung, Aufweichung des Wettbewerbs und Kollusion auf Herstellerebene können den Verbrauchern insbesondere dadurch schaden, dass die Großhandelspreise der Produkte steigen, die Auswahl an Produkten schrumpft, die Qualität der Produkte sinkt oder die Produktinnovation zurückgeht. Marktabschottung, Aufweichung des Wettbewerbs und Kollusion auf Händlerebene können den Verbrauchern insbesondere dadurch schaden, dass die Einzelhandelspreise der Produkte steigen, die Auswahl an Preis-Dienstleistungskombinationen und Vertriebsformen geringer wird, Verfügbarkeit und Qualität der Einzelhandelsdienstleistungen sinken und die Vertriebsinnovation zurückgeht.

(102)

Auf einem Markt, auf dem die einzelnen Händler nur die Marke(n) eines Anbieters vertreiben, führt eine Verringerung des Wettbewerbs zwischen den Händlern derselben Marke zu einer Verringerung des markeninternen Wettbewerbs, hat aber möglicherweise keine negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen den Händlern im Allgemeinen. Wenn in einem solchen Fall starker Markenwettbewerb herrscht, ist es unwahrscheinlich, dass eine Verringerung des markeninternen Wettbewerbs negative Auswirkungen auf die Verbraucher hat.

(103)

Ausschließlichkeitsvereinbarungen beeinträchtigen den Wettbewerb in der Regel mehr als nichtausschließliche Vereinbarungen. Alleinvertriebsvereinbarungen sehen ausdrücklich vor oder führen praktisch dazu, dass eine Partei ausschließlich oder fast ausschließlich mit einer anderen Partei Verträge abschließt. So verpflichtet ein Wettbewerbsverbot den Abnehmer, nur eine einzige Marke zu beziehen. Mengenvorgaben hingegen lassen dem Abnehmer einen gewissen Spielraum, auch konkurrierende Produkte zu beziehen. Mengenvorgaben wirken daher unter Umständen weniger abschottend als Wettbewerbsverbote.

(104)

Für Nichtmarkenwaren und -dienstleistungen vereinbarte vertikale Beschränkungen sind in der Regel weniger schädlich als Beschränkungen, die den Vertrieb von Markenwaren und -dienstleistungen betreffen. Markenwaren sind durch stärkere Produktdifferenzierung und geringere Substituierbarkeit gekennzeichnet, was die Nachfrageelastizität reduziert und mehr Spielraum für Preiserhöhungen bietet. Die Unterscheidung zwischen Markenprodukten (Waren oder Dienstleistungen) und Nichtmarkenprodukten dürfte in vielen Fällen jener für Zwischen- und Endprodukte entsprechen.

(105)

Eine Kombination mehrerer vertikaler Beschränkungen verstärkt in aller Regel deren negative Auswirkungen. Bestimmte Kombinationen können aber für den Wettbewerb günstiger sein, als wenn die betreffenden Beschränkungen einzeln zum Tragen kämen. So kann der Händler in einem Alleinvertriebssystem versucht sein, den Preis für seine Produkte anzuheben, wenn sich der markeninterne Wettbewerb verringert. Mengenvorgaben oder Obergrenzen für die Weiterverkaufspreise können solche Preiserhöhungen in Grenzen halten. Etwaige negative Auswirkungen vertikaler Beschränkungen werden noch verstärkt, wenn mehrere Anbieter und deren Abnehmer ihre Geschäfte in ähnlicher Weise organisieren, und führen zu sogenannten kumulativen Wirkungen.

1.2.    Positive Auswirkungen vertikaler Beschränkungen

(106)

Es sollte unbedingt darauf hingewiesen werden, dass vertikale Beschränkungen auch positive Auswirkungen haben können, und zwar insbesondere durch die Förderung eines nicht über den Preis ausgetragenen Wettbewerbs und durch die Verbesserung der Qualität von Dienstleistungen. Kann ein Unternehmen keine Marktmacht ausüben, so muss es versuchen, Gewinnsteigerungen durch die Verbesserung seiner Herstellungs- oder Vertriebsmethoden zu erzielen. Vertikale Beschränkungen können in dieser Hinsicht nützlich sein, da die marktüblichen Beziehungen zwischen unabhängigen Kontrahenten wie Anbieter und Abnehmer, bei denen lediglich der Preis und die Menge für ein bestimmtes Geschäft vereinbart werden, oft zu einem suboptimalen Investitions- und Absatzniveau führen können.

(107)

Diese Leitlinien sollen einen allgemeinen Überblick darüber geben, wann vertikale Beschränkungen vertretbar sein können; sie erheben jedoch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Der Rückgriff auf bestimmte vertikale Beschränkungen kann aus folgenden Gründen gerechtfertigt sein:

a)

Lösung des „Trittbrettfahrer-Problems“: Das Trittbrettfahren, bei dem ein Vertriebshändler von den Verkaufsförderungsbemühungen eines anderen Händlers profitiert, ist vor allem im Groß- und im Einzelhandel anzutreffen. Zur Vermeidung dieses Problems bieten sich Alleinvertriebsvereinbarungen oder ähnliche Beschränkungen an. Trittbrettfahrer gibt es auch unter Anbietern. Wenn z. B. ein Anbieter in verkaufsfördernde Maßnahmen in den Räumlichkeiten des Abnehmers (in der Regel auf der Einzelhandelsebene) investiert, werden auch Kunden angelockt, die Produkte konkurrierender Anbieter kaufen. In diesem Fall könnten Beschränkungen in Form eines Wettbewerbsverbots die Lösung sein (40).

Probleme treten aber nur dort auf, wo es tatsächlich um Trittbrettfahren geht. Trittbrettfahren unter Abnehmern ist lediglich bei der Kundenberatung vor dem Verkauf und bei verkaufsfördernden Maßnahmen möglich, nicht jedoch beim Kundendienst nach dem Verkauf, den der Händler seinen Kunden einzeln in Rechnung stellen kann. Das Produkt wird in der Regel relativ neu oder technisch komplex sein oder der Ruf des Produkts muss ein wichtiger Faktor für die Nachfrage sein, da die Kunden sonst von vorhergehenden Käufen sehr gut wissen dürften, was sie benötigen. Außerdem muss es ein relativ hochwertiges Produkt sein, da es sich für den Kunden sonst nicht lohnt, sich erst in einem Geschäft über das Produkt zu informieren, um es dann in einem anderen zu kaufen. Schließlich darf es für den Anbieter nicht praktisch sein, allen Abnehmern durch Vertrag tatsächliche Verpflichtungen in Bezug auf verkaufsfördernde Maßnahmen oder Service aufzuerlegen.

Trittbrettfahren unter Anbietern beschränkt sich ferner auf ganz bestimmte Situationen, d. h. vor allem auf Fälle, in denen die verkaufsfördernden Maßnahmen in den Räumlichkeiten des Abnehmers stattfinden und allgemein (nicht markenspezifisch) sind.

b)

„Erschließung neuer Märkte“ bzw. „Einstieg in neue Märkte“: Will ein Hersteller in einen neuen räumlichen Markt eintreten, also z. B. seine Produkte zum ersten Mal in ein anderes Land ausführen, so muss der Händler unter Umständen besondere Anlaufinvestitionen tätigen, um die betreffende Marke auf dem Markt einzuführen. Um einen Händler vor Ort von diesen Investitionen zu überzeugen, muss ihm der Hersteller gegebenenfalls einen Gebietsschutz gewähren, damit die Investitionen durch vorübergehend höhere Preise wieder hereingeholt werden können. Händler auf anderen Märkten sollten dann für einen begrenzten Zeitraum am Absatz auf dem neuen Markt gehindert werden (siehe auch Randnummer 61 in Abschnitt III.4). Hierbei handelt es sich um einen Sonderfall des unter Buchstabe a beschriebenen Trittbrettfahrer-Problems.

c)

Lösung des „Problems der Gütesiegel-Trittbrettfahrer“: In einigen Branchen haben bestimmte Einzelhändler den Ruf, nur Qualitätsprodukte zu führen. In bestimmten Fällen kann der Absatz über solche Einzelhändler für die Einführung eines neuen Produkts von entscheidender Bedeutung sein. Wenn der Hersteller seinen Absatz in der Anfangsphase nicht auf derartige Vorzeigegeschäfte beschränken kann, läuft er Gefahr, von der Beschaffungsliste gestrichen zu werden und mit der Produkteinführung zu scheitern. Deshalb kann es gerechtfertigt sein, vorübergehend eine Beschränkung in Form des Alleinvertriebs oder des selektiven Vertriebs für den Zeitraum zuzulassen, der ausreicht, um die Einführung des neuen Produkts auf dem Markt zu gewährleisten, jedoch nicht so lang ist, dass eine weite Verbreitung verhindert würde. Derartige Vorteile lassen sich vorzugsweise mit sogenannten Erfahrungsgütern oder komplexen Produkten erreichen, für deren Kauf der Endverbraucher verhältnismäßig viel Geld ausgeben muss.

d)

Lösung des sogenannten „Hold-up'-Problems“: In einigen Fällen muss der Anbieter oder der Abnehmer in kundenspezifische Maßnahmen wie Spezialausrüstungen oder Schulungen investieren. Dies gilt z. B. für einen Teilehersteller, der neue Maschinen und Werkzeuge bauen muss, um eine besondere Anforderung eines seiner Kunden zu erfüllen. Dabei werden die erforderlichen Investitionen gegebenenfalls erst zugesagt, wenn besondere Lieferregelungen getroffen worden sind.

Wie in den anderen Beispielen für Trittbrettfahrerei muss jedoch auch hier eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein, damit die Gefahr einer unzureichenden Investition konkret oder erheblich ist. Erstens müssen die Investitionen vertragsspezifisch sein („relationship-specific investments“). Eine Anlage des Anbieters gilt nur dann als vertragsspezifisch, wenn der Anbieter sie nach Vertragsablauf nicht zur Belieferung anderer Kunden nutzen und nur mit hohem Verlust verkaufen kann. Eine Anlage des Abnehmers gilt nur dann als vertragsspezifisch, wenn der Abnehmer sie nach Vertragsablauf nicht zum Bezug und/oder zur Verwendung von Produkten anderer Anbieter nutzen und nur mit hohem Verlust verkaufen kann. Eine Investition ist somit vertragsspezifisch, wenn sie z. B. nur zur Herstellung eines markenspezifischen Teils oder zur Lagerung einer bestimmten Marke, nicht aber zur Herstellung oder zum Weiterverkauf alternativer Produkte gewinnbringend genutzt werden kann. Zweitens muss es sich um eine langfristige Investition handeln, die nicht kurzfristig wieder hereingeholt werden kann. Drittens muss die Investition asymmetrisch sein, d. h. die beteiligten Unternehmen investieren unterschiedlich hohe Beträge. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so gibt es in der Regel einen triftigen Grund für eine vertikale Beschränkung während des Zeitraums, der nötig ist, um die Investition abzuschreiben. Die angemessene vertikale Beschränkung wird ein Wettbewerbsverbot oder eine Mengenvorgabe sein, wenn die Investition vom Anbieter vorgenommen wird, bzw. ein Alleinvertriebsvereinbarung, eine mit Ausschließlichkeitsrechten verbundene Zuweisung von Kundengruppen oder eine Alleinbelieferungsvereinbarung, wenn die Investition vom Abnehmer getätigt wird.

e)

Lösung des „Hold-up'-Problems bei der Übertragung von wesentlichem Know-how“: Einmal übertragenes Know-how kann nicht zurückgenommen werden; dennoch möchte der Übertragende verhindern, dass es zugunsten seiner Wettbewerber oder von seinen Wettbewerbern genutzt wird. Die Übertragung von Know-how, das dem Abnehmer nicht einfach zugänglich war sowie wesentlich und für die Durchführung der betreffenden Vereinbarung unerlässlich ist, kann eine Beschränkung in Form eines Wettbewerbsverbots rechtfertigen, die unter normalen Umständen nicht unter das Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen würde.

f)

Lösung des Problems der „vertikalen externen Auswirkungen“: Möglicherweise kann ein Einzelhändler den Gewinn, den er mit seiner verkaufsfördernden Maßnahme erwirtschaftet, nicht ganz behalten, sondern muss ihn zum Teil an den Hersteller weitergeben. Von jedem Stück Ware, das ein Einzelhändler durch Senkung seines Weiterverkaufspreises oder durch verstärkte Verkaufsanstrengungen zusätzlich verkauft, profitiert der Hersteller, wenn sein Großhandelspreis über seinen Produktionsgrenzkosten liegt. Solche Maßnahmen des Einzelhändlers können somit positive externe Auswirkungen zugunsten des Herstellers haben, aus dessen Sicht der Einzelhändler möglicherweise zu hohe Preise verlangt und/oder zu geringe Verkaufsanstrengungen unternimmt. Die negativen externen Auswirkungen zu hoher Einzelhändlerpreise – auch als „Problem der doppelten Gewinnmaximierung“ bekannt – können dadurch vermieden werden, dass dem Einzelhändler eine Obergrenze für den Weiterverkaufspreis vorgegeben wird. Zur Steigerung der Verkaufsanstrengungen des Einzelhändlers bieten sich der selektive Vertrieb, der Alleinvertrieb oder ähnliche Beschränkungen an (41).

g)

„Größenvorteile beim Vertrieb“: Ein Hersteller, der Größenvorteile erzielen und auf diese Weise den Einzelhandelspreis für sein Produkt senken möchte, wird möglicherweise versuchen, den Weiterverkauf seiner Produkte auf eine begrenzte Anzahl von Händlern zu beschränken. Dies könnte er über Vertragsklauseln erreichen, die einen Alleinvertrieb, Mengenvorgaben in Form von Mindestbezugsmengen, einen selektiven Vertrieb mit Mengenvorgaben oder einen Alleinbezug vorsehen.

h)

„Unzulänglichkeiten der Kapitalmärkte“: Die Bereitstellung von Kapital durch die üblichen Anbieter – Banken oder Aktienmärkte – kann unzulänglich sein, wenn deren Kenntnisse über die Bonität des Darlehensnehmers oder die Grundlagen zur Sicherung des Darlehens unzureichend sind. Der Abnehmer oder der Anbieter verfügt gegebenenfalls über bessere Informationen und – dank einer Geschäftsbeziehung mit Ausschließlichkeitsbindung – über zusätzliche Sicherheiten für seine Investitionen. Gewährt der Anbieter dem Abnehmer ein Darlehen, so kann es vorkommen, dass er ihm auch ein Wettbewerbsverbot oder eine Mengenvorgabe auferlegt. Umgekehrt kann der Abnehmer dem Anbieter ein Darlehen gewähren und dieses mit einer Alleinbelieferungspflicht oder Mengenvorgabe verbinden.

i)

„Einheitlichkeit und Qualität“: Vertikale Beschränkungen können auch zur Schaffung eines Markenimages beitragen, indem den Händlern bestimmte Standards zur Sicherung der Produkteinheitlichkeit und -qualität auferlegt werden, und damit die Attraktivität des Produkts für den Endverbraucher erhöhen und seinen Absatz steigern. Dies ist z. B. bei selektivem Vertrieb und Franchising der Fall.

(108)

Die unter Randnummer 107 beschriebenen neun Situationen machen deutlich, dass vertikale Vereinbarungen unter bestimmten Voraussetzungen geeignet sind, einen Beitrag zur Erzielung von Effizienzgewinnen und zur Erschließung neuer Märkte zu leisten, der etwaige negative Auswirkungen aufwiegen kann. Dies gilt insbesondere für vertikale Beschränkungen von begrenzter Dauer, die die Einführung neuer komplexer Produkte erleichtern oder bestimmte vertragsspezifische Investitionen schützen helfen. Eine vertikale Beschränkung muss manchmal so lange aufrechterhalten werden, wie der Anbieter den Abnehmer mit seinem Produkt beliefert (siehe insbesondere die unter Randnummer 107 unter den Buchstaben a, e, f, g und i beschriebenen Situationen).

(109)

Die verschiedenen Formen vertikaler Beschränkungen sind in hohem Maße austauschbar, so dass ein und dasselbe Effizienzproblem durch verschiedene vertikale Beschränkungen gelöst werden kann. So lassen sich z. B. Größenvorteile im Vertrieb erreichen, indem man auf den Alleinvertrieb, den selektiven Vertrieb, Mengenvorgaben oder den Alleinbezug zurückgreift. Jedoch können die negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb je nach gewählter vertikaler Beschränkung unterschiedlich sein, was bei der Klärung der Frage eine Rolle spielt, ob eine Beschränkung im Sinne des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens unerlässlich ist.

1.3.    Prüfungsmethoden

(110)

Die Prüfung vertikaler Beschränkungen umfasst grundsätzlich die folgenden vier Schritte: (42)

a)

Zunächst müssen die beteiligten Unternehmen die Anteile des Anbieters und des Abnehmers auf den Märkten, auf denen sie die Vertragsprodukte (weiter)verkaufen bzw. beziehen, ermitteln.

b)

Liegt weder der Anteil des Anbieters noch der Anteil des Abnehmers am relevanten Markt über der 30 %-Schwelle, so fällt die betreffende vertikale Vereinbarung unter die GVO, sofern sie keine dort aufgeführten Kernbeschränkungen oder nicht freigestellten Beschränkungen enthält.

c)

Beträgt der Anteil des Anbieters und/oder des Abnehmers am relevanten Markt mehr als 30 %, so ist zu prüfen, ob die vertikale Vereinbarung unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fällt.

d)

Ist dies der Fall, so muss untersucht werden, ob die vertikale Vereinbarung die Voraussetzungen für eine Freistellung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt.

1.3.1.   Faktoren, die für die Prüfung nach Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens relevant sind

(111)

In Fällen, in denen die Marktanteilsschwelle von 30 % überschritten wird, führt die EFTA-Überwachungsbehörde eine vollständige wettbewerbsrechtliche Untersuchung durch. Für die Klärung der Frage, ob eine vertikale Vereinbarung zu einer spürbaren Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens führt, sind insbesondere die nachstehenden Faktoren maßgebend:

a)

Art der Vereinbarung;

b)

Marktstellung der beteiligten Unternehmen;

c)

Marktstellung der Wettbewerber;

d)

Marktstellung der Abnehmer der Vertragsprodukte;

e)

Marktzutrittsschranken;

f)

Marktreife;

g)

Handelsstufe;

h)

Beschaffenheit des Produkts;

i)

sonstige Faktoren.

(112)

Das Gewicht der einzelnen Faktoren kann von Fall zu Fall schwanken und hängt von allen übrigen Faktoren ab. Während z. B. ein hoher Marktanteil der beteiligten Unternehmen in der Regel ein guter Indikator für Marktmacht ist, muss ein hoher Anteil an Märkten mit niedrigen Zutrittsschranken nicht unbedingt auf Marktmacht hindeuten. Deshalb ist es nicht möglich, feste Regeln für die Gewichtung der einzelnen Faktoren aufzustellen.

(113)

Da vertikale Vereinbarungen sehr unterschiedlich gestaltet sein können, muss die Art der Vereinbarung anhand der in ihr enthaltenen Beschränkungen, ihrer Laufzeit und des Prozentsatzes der von den Beschränkungen betroffenen Gesamtverkäufe auf dem Markt geprüft werden. Dabei darf die Prüfung nicht auf den Wortlaut der Vereinbarung beschränkt bleiben. Das Vorliegen impliziter Beschränkungen kann z. B. daraus abgeleitet werden, wie die Vereinbarung von den beteiligten Unternehmen umgesetzt wird und welche Anreize sie ihnen bietet.

(114)

Die Marktstellung der beteiligten Unternehmen ist ein Anhaltspunkt dafür, in welchem Maße der Anbieter, der Abnehmer oder beide über Marktmacht verfügen. Je größer ihr Marktanteil, desto ausgeprägter wird auch ihre Marktmacht sein. Dies gilt insbesondere, wenn sich im Marktanteil Kostenvorteile oder andere Wettbewerbsvorteile gegenüber Wettbewerbern niederschlagen. Solche Wettbewerbsvorteile können sich beispielsweise aus einer Vorreiterrolle auf dem Markt (z. B. Erstanbieter mit Standortvorteil), wichtigen Patenten, überlegener Technologie, Markenführerschaft oder einer überlegenen Produktpalette ergeben.

(115)

Dieselben Indikatoren – Marktanteil und mögliche Wettbewerbsvorteile – werden auch zur Ermittlung der Marktstellung konkurrierender Unternehmen herangezogen. Je stärker und je zahlreicher die Wettbewerber, desto geringer die Gefahr, dass die an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen einzeln Marktmacht ausüben und den Markt abschotten oder den Wettbewerb aufweichen können. Es ist auch zu prüfen, ob die Wettbewerber über wirksame und zeitnahe Gegenstrategien verfügen, auf die sie bei Bedarf zurückgreifen würden. Dagegen kann ein Markt, in dem die Konkurrenz aus verhältnismäßig wenigen Unternehmen besteht, die in Bezug auf Größe, Kosten, FuE-Potenzial usw. etwa gleich stark sind, ein höheres Kollusionsrisiko mit sich bringen. Schwankende Marktanteile oder Marktanteile, die sich abrupt ändern, deuten im Allgemeinen auf intensiven Wettbewerb hin.

(116)

Die Marktstellung der Kunden der an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen lässt darauf schließen, ob einer oder mehrere dieser Kunden über Nachfragemacht verfügen. Auch hier ist die erste Messgröße der Marktanteil des Kunden auf dem Beschaffungsmarkt. Dieser Anteil spiegelt die Bedeutung seiner Nachfrage für in Frage kommende Anbieter wider. Andere Bezugsgrößen betreffen die Stellung des Kunden auf seinem Weiterverkaufsmarkt und schließen Merkmale wie eine weite räumliche Verbreitung seiner Verkaufsstätten, Eigenmarken einschließlich Händlermarken und sein Markenimage bei den Endverbrauchern mit ein. Unter bestimmten Umständen kann die Nachfragemacht die beteiligten Unternehmen daran hindern, Marktmacht auszuüben, und damit ein anderenfalls bestehendes Wettbewerbsproblem lösen. Dies gilt insbesondere, wenn starke Kunden die Möglichkeit und den Anreiz haben, im Falle einer geringen, aber stetigen Erhöhung der relativen Preise neue Bezugsquellen auf den Markt zu bringen. Wenn die nachfragestarken Kunden lediglich günstige Bedingungen für sich selbst aushandeln oder Preissteigerungen an ihre Kunden weitergeben, verhindert ihre Stellung nicht die Ausübung von Marktmacht durch die an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen.

(117)

Marktzutrittsschranken werden daran gemessen, inwieweit etablierte Unternehmen ihren Preis über das Niveau des Marktpreises anheben können, ohne den Einstieg neuer Anbieter in den Markt zu provozieren. Ohne Marktzutrittsschranken würden solche Preissteigerungen und die damit verbundenen Gewinne durch den leicht und rasch möglichen Marktzutritt anderer Unternehmen zunichtegemacht. Die Zutrittsschranken können in der Regel als niedrig eingestuft werden, wenn innerhalb von ein bis zwei Jahren mit einem erfolgreichen Markteinstieg zu rechnen ist, der die Ausübung von Marktmacht verhindert oder erschwert. Marktzutrittsschranken können sich aus einer Vielzahl von Faktoren ergeben, z. B. aus Größen- und Verbundvorteilen, staatlichen Vorschriften (vor allem in Bezug auf die Festlegung ausschließlicher Rechte), staatlichen Beihilfen, Einfuhrzöllen, Rechten des geistigen Eigentums, Eigentum an Ressourcen, bei denen das Angebot aufgrund natürlicher Gegebenheiten knapp ist (43), wesentlichen Einrichtungen, Erstanbietervorteilen oder durch eine durch langfristige massive Werbung erwirkte Markentreue der Verbraucher. Vertikale Beschränkungen und die Einbindung in einen Vertikalkonzern können ebenfalls wie eine Schranke wirken, die den Marktzutritt erschwert und (potenzielle) Wettbewerber ausschließt. Marktzutrittsschranken kann es auf der Anbieter- oder auf der Abnehmerebene oder auf beiden Ebenen gleichzeitig geben. Die Antwort auf die Frage, ob der eine oder andere Faktor als Zutrittsschranke einzustufen ist, hängt vor allem davon ab, ob damit versunkene Kosten („sunk costs“) verbunden sind. Hierbei handelt es sich um Kosten, die ein Unternehmen zu tragen hat, das in einen Markt eintritt oder auf einem Markt tätig ist, die aber unwiederbringlich sind, wenn das Unternehmen aus dem Markt austritt. Zu diesen Kosten zählen Werbeaufwendungen zur Bindung der Verbraucher an eine bestimmte Marke, es sei denn, das aus dem Markt ausscheidende Unternehmen kann seinen Markennamen ohne Verlust verkaufen oder anderweitig verwenden. Je höher die versunkenen Kosten, desto sorgfältiger müssen potenzielle neue Anbieter die mit dem Marktzutritt verbundenen Risiken erwägen und umso plausibler können die auf dem Markt etablierten Unternehmen behaupten, es mit den neuen Konkurrenten aufnehmen zu können, da ein Marktaustritt der neuen Wettbewerber aufgrund dieser Kosten sehr teuer würde. Sind z. B. Händler durch ein Wettbewerbsverbot an einen Hersteller gebunden, so kommt die Abschottung stärker zum Tragen, wenn der potenzielle Konkurrent für den Aufbau eines eigenen Vertriebsnetzes versunkene Kosten zu tragen hat. Grundsätzlich ist jeder Marktzutritt mit versunkenen Kosten verbunden, die jedoch unterschiedlich hoch ausfallen können. Deshalb wird bei der wettbewerbsrechtlichen Prüfung ein bestehender Wettbewerb in der Regel als wirksamer und gewichtiger eingestuft als potenzieller Wettbewerb.

(118)

Ein reifer Markt ist ein Markt, der schon seit Längerem besteht, auf dem die angewandten Techniken bekannt und weitverbreitet sind und im Wesentlichen unverändert bleiben, auf dem keine wichtigen Markenneuerungen stattfinden und die Nachfrage relativ stabil ist oder zurückgeht. Auf solchen Märkten sind negative Auswirkungen wahrscheinlicher als auf dynamischeren Märkten.

(119)

Bei der Handelsstufe ist zu unterscheiden, ob es sich um Zwischen- oder Endprodukte (Waren und Dienstleistungen) handelt. Zwischenprodukte werden an Unternehmen verkauft, die sie als Vorleistung für andere Waren oder Dienstleistungen einsetzen. Sie sind im Endprodukt in der Regel nicht wiederzuerkennen. Die Abnehmer von Zwischenprodukten sind üblicherweise gut informierte Kunden, die die Qualität eines Produkts beurteilen können und deshalb weniger auf Marke oder Image achten. Endprodukte dagegen werden direkt oder indirekt an Endverbraucher verkauft, für die Marken oder Imagefragen oft wichtiger sind. Da Händler (Groß- oder Einzelhändler) den Bedarf der Endverbraucher befriedigen müssen, kann der Wettbewerb stärker beeinträchtigt werden, wenn sie vom Verkauf einer oder mehrerer Marken ausgeschlossen werden, als wenn Abnehmer von Zwischenprodukten daran gehindert werden, konkurrierende Produkte von bestimmten Anbietern zu kaufen.

(120)

Insbesondere auf der Ebene der Endprodukte spielt die Beschaffenheit des Produkts bei der Würdigung der zu erwartenden negativen und positiven Auswirkungen eine wichtige Rolle. Bei der Ermittlung der wahrscheinlichen negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb ist von Bedeutung, ob die Produkte auf dem betreffenden Markt eher gleichartig oder verschiedenartig sind, ob sie teuer sind und das Budget des Verbrauchers stark belasten oder ob sie billig sind und ob es sich um Produkte handelt, die nur einmal oder wiederholt bezogen werden. Vertikale Beschränkungen dürften eher negative Auswirkungen haben, wenn das Produkt heterogen und billig ist und nur einmal gekauft wird.

(121)

Bei der Würdigung einzelner Beschränkungen müssen aber auch noch andere Faktoren berücksichtigt werden. So ist u. a. zu prüfen, ob die Vereinbarung in Verbindung mit anderen gleichartigen Vereinbarungen den Markt abschottet (kumulative Wirkung), ob sie „erzwungen“ (im Wesentlichen unterliegt nur ein Unternehmen den Beschränkungen oder Verpflichtungen) oder „vereinbart“ wurde (beide Unternehmen stimmen Beschränkungen oder Verpflichtungen zu), welche gesetzlichen Bestimmungen gelten und ob ein Verhalten vorliegt, das auf Kollusion in Form einer Preisführerschaft, einer Vorankündigung von Preisänderungen und einer Diskussion über den „richtigen“ Preis hindeutet oder diese erleichtern könnte, ob die Preise infolge überschüssiger Kapazitäten starr sind, ob Preisdiskriminierung betrieben wird und ob es in der Vergangenheit zu Kollusion kam.

1.3.2.   Faktoren, die für die Prüfung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens relevant sind

(122)

Wettbewerbsbeschränkende vertikale Vereinbarungen können auch in Form von Effizienzgewinnen wettbewerbsfördernde Auswirkungen haben, die die wettbewerbswidrigen Auswirkungen überwiegen. Diese Prüfung wird im Rahmen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens vorgenommen, der eine Ausnahmeregelung zum Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens darstellt. Damit diese Ausnahmeregelung zur Anwendung kommt, müssen aus der vertikalen Vereinbarung objektive wirtschaftliche Vorteile hervorgehen, müssen die Wettbewerbsbeschränkungen für das Erzielen von Effizienzgewinnen unerlässlich sein, müssen die Verbraucher angemessen an den Effizienzgewinnen beteiligt sein und darf die Vereinbarung den beteiligten Unternehmen nicht die Möglichkeit eröffnen, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten (44).

(123)

Die Prüfung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfolgt in dem konkreten Zusammenhang der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen (45) und auf der Grundlage des zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebenen Sachverhalts. Wesentliche Änderungen des Sachverhalts werden bei der Prüfung berücksichtigt. Die Ausnahmeregelung des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens findet Anwendung, solange die vier Voraussetzungen erfüllt sind, und findet keine Anwendung mehr, wenn dies nicht mehr der Fall ist (46). Bei der Anwendung des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens im Einklang mit diesen Grundsätzen sind auch die Investitionen der beteiligten Unternehmen zu berücksichtigen sowie der Zeitaufwand und die Beschränkungen, die für eine effizienzsteigernde Investition und deren Amortisierung erforderlich sind.

(124)

Die erste Voraussetzung des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfordert eine Prüfung der durch die Vereinbarung entstehenden objektiven Effizienzgewinne. Wie in Abschnitt 1.2 erläutert, können vertikale Vereinbarungen häufig zur Erzielung von Effizienzgewinnen beitragen, indem sie die Art und Weise verbessern, wie die beteiligten Unternehmen ihre einander ergänzenden Tätigkeiten ausüben.

(125)

Bei der Prüfung der Unerlässlichkeit im Sinne des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens wird die EFTA-Überwachungsbehörde insbesondere untersuchen, ob einzelne Beschränkungen es möglich machen, die Herstellung, den Bezug und/oder den (Weiter-)Verkauf der Vertragsprodukte effizienter zu gestalten, als dies ohne die betreffende Beschränkung der Fall wäre. Dabei ist den Marktverhältnissen und den Umständen, mit denen die beteiligten Unternehmen konfrontiert sind, Rechnung zu tragen. Unternehmen, die sich auf Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens berufen, brauchen nicht auf hypothetische oder theoretische Alternativen einzugehen. Sie müssen jedoch darlegen und nachweisen, warum offensichtlich realistische und deutlich weniger restriktiv erscheinende Alternativen erheblich weniger effizient wären. Würde eine Alternative, die wirtschaftlich realistisch und weniger restriktiv erscheint, zu erheblichen Effizienzeinbußen führen, so wird die fragliche Beschränkung als unerlässlich betrachtet.

(126)

Die Voraussetzung, dass die Verbraucher angemessen an den Effizienzgewinnen beteiligt sein müssen, impliziert, dass die Verbraucher der Produkte, die im Rahmen der vertikalen Vereinbarung bezogen und/oder (weiter)verkauft werden, zumindest einen Ausgleich für die negativen Auswirkungen der Vereinbarung erhalten müssen (47). Dies bedeutet, dass die Effizienzgewinne etwaige negative Auswirkungen der Vereinbarung auf Preise, Produktion und andere relevante Faktoren in vollem Umfang ausgleichen müssen.

(127)

Die letzte Voraussetzung des Artikels 53Absatz 3 des EWR-Abkommens, nach der die Vereinbarung den beteiligten Unternehmen keine Möglichkeiten eröffnen darf, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten, setzt eine Untersuchung des noch vorhandenen Wettbewerbsdrucks auf den Markt und der Auswirkungen der Vereinbarung auf solche Wettbewerbsquellen voraus. Bei der Prüfung der letzten Voraussetzung des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens muss der Zusammenhang zwischen Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens und Artikel 54 des EWR-Abkommens berücksichtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung darf die Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens der Anwendung von Artikel 54 des EWR-Abkommens nicht entgegenstehen (48). Da sowohl Artikel 53 als auch Artikel 54 des EWR-Abkommens das Ziel verfolgen, einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt aufrechtzuerhalten, ist Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens im Interesse der Kohärenz so auszulegen, dass jede Anwendung der Ausnahmeregelung auf wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen, die als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung anzusehen sind, ausgeschlossen wird (49). Die vertikale Vereinbarung darf den wirksamen Wettbewerb nicht ausschalten, indem alle bzw. fast alle bestehenden Quellen tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbs ausgeschlossen werden. Die Konkurrenz zwischen Unternehmen ist ein wichtiger Faktor wirtschaftlicher Effizienz, u. a. auch für dynamische Effizienzgewinne in Form von Innovationen. Ohne sie hätte das marktbeherrschende Unternehmen keinen Anreiz, sich um Effizienzgewinne zu bemühen und diese weiterzugeben. Gibt es keinen Restwettbewerb und droht in absehbarer Zeit kein Markteintritt, wird dem Schutz der Konkurrenz und des Wettbewerbsprozesses Vorrang vor möglichen Effizienzgewinnen eingeräumt. Eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung, die eine marktbeherrschende, monopolähnliche Stellung aufrechterhält, schafft oder verstärkt, kann normalerweise nicht mit damit einhergehenden Effizienzgewinnen gerechtfertigt werden.

2.   Beurteilung bestimmter vertikaler Beschränkungen

(128)   Die häufigsten vertikalen Beschränkungen und Kombinationen aus vertikalen Beschränkungen werden nachstehend mit Hilfe der in den Randnummern 96 bis 127 dargelegten Kriterien erläutert. Es gibt andere Beschränkungen und Kombinationen, auf die in diesen Leitlinien nicht weiter eingegangen wird. Sie werden jedoch nach denselben Grundsätzen behandelt und auf ihre Auswirkungen auf den Markt hin geprüft.

2.1.    Markenzwang

(129)   Unter die Bezeichnung „Markenzwang“ fallen Vereinbarungen, deren zentrales Element darin besteht, dass der Abnehmer verpflichtet ist oder veranlasst wird, seine Bestellungen für ein bestimmtes Produkt auf einen Anbieter zu konzentrieren. Dieses Element findet sich u. a. in Wettbewerbsverboten und Mengenvorgaben für den Abnehmer wieder. Einer Abmachung mit Wettbewerbsverbot liegt die Verpflichtung bzw. eine Anreizregelung zugrunde, die den Abnehmer veranlasst, mehr als 80 % seines Bedarfs auf einem bestimmten Markt bei einem einzigen Anbieter zu decken. Dies bedeutet nicht, dass der Abnehmer nur direkt von dem betreffenden Anbieter beziehen kann, sondern vielmehr, dass er keine konkurrierenden Waren oder Dienstleistungen kaufen, weiterverkaufen oder in eigene Produkte einbauen darf. Mengenvorgaben sind eine schwächere Form des Wettbewerbsverbots; sie bewirken, dass der Abnehmer seinen Bedarf aufgrund von Anreizen oder Verpflichtungen, die er mit dem Anbieter vereinbart hat, weitgehend bei einem Anbieter deckt. Erscheinungsformen sind u. a. Mindestbezugsanforderungen, Auflagen für die Lagerhaltung oder eine nichtlineare Preisfestsetzung wie bedingte Rabatte oder zweiteilige Tarife (Grundgebühr und variable Preiskomponente). Die sogenannte „englische Klausel“, die den Abnehmer verpflichtet, ein günstigeres Angebot zu melden und darauf nur einzugehen, wenn der bindende Anbieter nicht in das günstigere Angebot des Dritten eintritt, dürfte die gleiche Wirkung wie ein Markenzwang haben, und zwar vor allem dann, wenn der Abnehmer den Namen des günstigeren Anbieters preisgeben muss.

(130)   Markenzwang kann zur Abschottung des Marktes gegenüber konkurrierenden oder potenziellen Abnehmern führen, den Wettbewerb aufweichen und Kollusion unter Anbietern, die gleichartige Vereinbarungen handhaben (kumulative Wirkung) erleichtern und, sollte es sich beim Anbieter um einen Wiederverkäufer handeln, der die Endverbraucher bedient, zu einem Verlust an Markenwettbewerb führen. Alle diese wettbewerbsbeschränkenden Szenarien wirken sich unmittelbar auf den Markenwettbewerb aus.

(131)   Markenzwang ist nach der GVO freigestellt, wenn sowohl der Marktanteil des Anbieters als auch der Marktanteil des Abnehmers nicht mehr als 30 % beträgt und das Wettbewerbsverbot auf fünf Jahre befristet ist. Jenseits der genannten Marktanteilsschwelle und Wettbewerbsverbotsdauer gelten für die Würdigung individueller Fälle die Erwägungen im nachstehenden Teil dieses Abschnitts.

(132)   Vereinbarungen mit Markenzwang für einen bestimmten Anbieter können insbesondere dann zu einer wettbewerbswidrigen Marktabschottung führen, wenn ohne diese Bindung erheblicher Wettbewerbsdruck von Wettbewerbern ausgeht, die zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugsbindung entweder noch nicht auf dem Markt vertreten sind oder aber den Kunden noch nicht das gesamte benötigte Angebot bieten können. So ist denkbar, dass Wettbewerber nicht den gesamten Bedarf eines Kunden decken können, weil der betreffende Anbieter zumindest für einen Teil der Nachfrage am Markt ein unvermeidlicher Handelspartner ist, weil etwa seine Marke bei vielen Endverbrauchern besonders beliebt ist („Must Stock Item“) oder weil die Kapazitäten der anderen Anbieter so knapp sind, dass ein Teil der Nachfrage nur von dem betreffenden Anbieter gedeckt werden kann (50).

(133)   Können hingegen die Wettbewerber unter gleichen Bedingungen um die gesamte Nachfrage jedes einzelnen Kunden konkurrieren, wird der wirksame Wettbewerb in der Regel durch Vereinbarungen mit Markenzwang nicht beeinträchtigt, es sei denn, den Abnehmern wird der Anbieterwechsel durch die Marktabdeckung und die Dauer dieser Vereinbarungen mit Markenzwang erschwert. Je höher die Bindungsquote (der Marktanteil der Produkte, die aufgrund eines Markenzwangs abgesetzt werden) ist, desto ausgeprägter dürfte die Marktabschottung ausfallen. Das gleiche gilt für die Laufzeit der Vereinbarungen mit Markenzwang. Bei Vereinbarungen mit Markenzwang von einer Dauer von weniger als einem Jahr, die von Unternehmen in nicht marktbeherrschender Stellung gehandhabt werden, wird grundsätzlich angenommen, dass diese unter dem Strich keine spürbaren wettbewerbswidrigen Auswirkungen haben. Bei Vereinbarungen mit Markenzwang von einer Dauer von ein bis fünf Jahren, die Unternehmen in nicht marktbeherrschender Stellung anwenden, ist gewöhnlich eine sorgfältige Gegenüberstellung der wettbewerbsfördernden und -widrigen Auswirkungen erforderlich. Beträgt die Dauer mehr als fünf Jahre, ist davon auszugehen, dass die Verbote bei den meisten Investitionsarten nicht als für die Erzielung der behaupteten Effizienzgewinne erforderlich betrachtet werden bzw. dass diese Gewinne nicht ausreichen, um die Abschottungswirkung zu kompensieren. Die Wahrscheinlichkeit einer wettbewerbswidrigen Marktabschottung aufgrund von Vereinbarungen mit Markenzwang steigt, wenn marktbeherrschende Unternehmen beteiligt sind.

(134)   Bei der Würdigung der Marktmacht des Anbieters muss die „Marktstellung der Wettbewerber“ in Betracht gezogen werden. Bei hinreichend zahlreichen und starken Wettbewerbern ist nicht mit spürbaren wettbewerbswidrigen Wirkungen zu rechnen. Ein Marktausschluss von Wettbewerbern, die eine vergleichbare Marktstellung einnehmen und die ähnlich attraktive Produkte anbieten können, ist eher unwahrscheinlich. In einem solchen Fall könnte es allerdings zum Ausschluss potenzieller neuer Anbieter kommen, wenn nämlich mehrere große Anbieter mit ihren Abnehmern Verträge schließen, die einen Markenzwang enthalten (kumulative Wirkung). Unter diesen Bedingungen könnten Vereinbarungen mit Markenzwang auch die Kollusion unter konkurrierenden Anbietern erleichtern. Fallen die Vereinbarungen dieser Anbieter jeweils für sich genommen unter die Gruppenfreistellung, so kann es erforderlich sein, die Freistellung zu entziehen, um die nachteilige kumulative Wirkung zu beseitigen. Sind weniger als 5 % des Marktes durch die betreffende Vereinbarung gebunden, ist im Allgemeinen nicht von einem spürbaren Beitrag zur kumulativen Abschottungswirkung auszugehen.

(135)   Beträgt der Marktanteil des größten Anbieters weniger als 30 % und decken die fünf größten Anbieter zusammen weniger als 50 % des Marktes ab, ist eine einfache oder kumulative wettbewerbswidrige Wirkung unwahrscheinlich. Gelingt es einem potenziellen Wettbewerber nicht, in den Markt einzusteigen und rentabel zu wirtschaften, dürfte dies auf andere Faktoren als Markenzwang (z. B. Präferenzen der Verbraucher) zurückzuführen sein.

(136)   „Marktzutrittsschranken“ sind ein wichtiger Aspekt bei der Prüfung, ob ein Markt tatsächlich abgeschottet wird. Wenn es für konkurrierende Anbieter relativ einfach ist, neue oder andere Abnehmer für ihr Produkt zu finden, ist eine Marktabschottung eher unwahrscheinlich. Häufig bestehen aber sowohl auf der Produktions- als auch auf der Vertriebsebene erhebliche Marktzutrittsschranken.

(137)   „Gegengewichtige Marktmacht“ ist insofern von Belang, als einflussreiche Abnehmer sich nicht ohne weiteres von Bezugsquellen für konkurrierende Waren oder Dienstleistungen abschneiden lassen. Um die Kunden zu überzeugen, einem Markenzwang zuzustimmen, muss der Anbieter sie unter Umständen ganz oder teilweise für den Wettbewerbsnachteil entschädigen, der ihnen durch die Ausschließlichkeitsbindung entsteht. Wird ein solcher Ausgleich gewährt, kann es für den einzelnen Kunden von Interesse sein, mit dem Anbieter einen solchen Markenzwang einzugehen. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass alle Vereinbarungen mit Markenzwang allen Kunden auf dem betreffenden Markt und den Endverbrauchern zum Vorteil gereichen. Dies wird vor allem dann unwahrscheinlich Fall sein, wenn es viele Kunden gibt und alle Vereinbarungen mit Markenzwang zusammengenommen den Markteintritt bzw. die Expansion konkurrierender Unternehmen verhindern.

(138)   Schließlich ist die „Handelsstufe“ von Belang. Bei Zwischenprodukten ist eine Marktabschottung weniger wahrscheinlich. Handelt es sich bei dem Anbieter eines Zwischenprodukts nicht um ein Unternehmen in marktbeherrschender Stellung, so bleibt den Wettbewerbern ein erheblicher Teil „ungebundener“ Nachfrage. Bei einer kumulativen Wirkung kann auch dann eine wettbewerbswidrige Abschottungswirkung entstehen, wenn keine marktbeherrschende Stellung gegeben ist. Eine kumulative Wirkung ist unwahrscheinlich, solange weniger als 50 % des Marktes gebunden sind.

(139)   Betrifft eine Vereinbarung die Lieferung eines Endprodukts auf der Großhandelsstufe, so hängt die Wahrscheinlichkeit eines Wettbewerbsproblems weitgehend von der Art des Großhandels und den Marktzutrittsschranken im Großhandel ab. Es besteht keine konkrete Abschottungsgefahr, wenn konkurrierende Hersteller problemlos einen eigenen Großhandelsbetrieb aufbauen können. Die Höhe der Zutrittsschranken hängt teilweise von der Art des Großhandels ab, d. h. von der Frage, ob Großhändler allein mit dem Produkt, das Gegenstand der Vereinbarung ist (z. B. Speiseeis), rentabel wirtschaften können, oder ob es für sie einträglicher wäre, eine ganze Palette von Produkten (z. B. Tiefkühlprodukte generell) zu anzubieten. Im letzteren Fall ist es der Aufbau einer eigenen Großhandelsorganisation für einen Hersteller, der nur ein Produkt anbietet, unwirtschaftlich. Unter solchen Umständen kann es durchaus zu wettbewerbswidrigen Auswirkungen kommen. Zusätzlich können kumulative Wirkungen auftreten, wenn mehrere Anbieter die Mehrheit der verfügbaren Großhändler binden.

(140)   Bei Endprodukten ist eine Abschottung im Allgemeinen eher auf der Einzelhandelsstufe wahrscheinlich, da Hersteller, die Verkaufsstätten ausschließlich zum Absatz ihrer eigenen Produkte einrichten wollen, erhebliche Marktzutrittsschranken zu überwinden haben. Außerdem können Vereinbarungen mit Markenzwang im Einzelhandel einen Rückgang beim Markenwettbewerb in den Verkaufsstätten bewirken. Aus diesen Gründen können sich für Endprodukte auf der Einzelhandelsebene spürbare wettbewerbswidrige Auswirkungen ergeben, wenn unter Berücksichtigung aller übrigen maßgeblichen Faktoren ein nicht marktbeherrschender Anbieter 30 % des relevanten Marktes oder mehr durch entsprechende Vereinbarungen an sich bindet. Bei einem marktbeherrschenden Unternehmen kann bereits die Bindung eines bescheidenen Teils des Marktes erhebliche wettbewerbswidrige Wirkungen nach sich ziehen.

(141)   Auch auf der Einzelhandelsstufe kann es zu einer kumulativen Abschottung kommen. Liegt der Marktanteil eines jeden Anbieters unter 30 %, ist eine kumulative wettbewerbswidrige Wirkung unwahrscheinlich, wenn insgesamt weniger als 40 % des Marktes durch die Vereinbarungen gebunden sind; in einem solchen Fall ist ein Entzug des Rechtsvorteils der GVO unwahrscheinlich. Der genannte Wert kann auch höher ausfallen, wenn noch andere Faktoren wie die Anzahl der Wettbewerber, Marktzutrittsschranken usw. berücksichtigt werden. Liegt der Marktanteil einzelner Unternehmen über der in der GVO festgelegten Schwelle und nimmt kein Unternehmen eine beherrschende Stellung ein, so ist eine kumulative wettbewerbswidrige Abschottungswirkung unwahrscheinlich, wenn insgesamt weniger als 30 % des gesamten Marktes gebunden sind.

(142)   Betreibt der Abnehmer seine Geschäfte in Räumlichkeiten und auf Grundstücken, die dem Anbieter gehören oder die dieser von einem Dritten gemietet hat, der mit dem Abnehmer nicht in Verbindung steht, dürften die Möglichkeiten, wirksame Maßnahmen zur Beseitigung einer etwaigen Abschottungswirkung zu treffen, begrenzt sein. In diesem Fall ist ein Vorgehen der EFTA-Überwachungsbehörde unwahrscheinlich, solange keine Marktbeherrschung vorliegt.

(143)   In Branchen, in denen der Verkauf von mehr als einer Marke an ein und derselben Verkaufsstätte schwer möglich ist, lässt sich ein gegebenenfalls auftretendes Abschottungsproblem besser durch die Begrenzung der Vertragsdauer lösen.

(144)   Werden spürbare wettbewerbswidrige Wirkungen festgestellt, so ist zu klären, ob eine Freistellung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens in Betracht kommt. Bei Wettbewerbsverboten können insbesondere die Effizienzgewinne von Bedeutung sein, die unter Randnummer 107 Buchstabe a (Trittbrettfahrerei unter Anbietern), Buchstaben d und e („Hold-up“-Probleme) sowie Buchstabe h (Unzulänglichkeiten der Kapitalmärkte) beschrieben wurden.

(145)   Im Falle eines Effizienzgewinns im Sinne von Randnummer 107 Buchstaben a, d und h könnte eine dem Abnehmer auferlegte Mengenvorgabe möglicherweise eine Alternative sein, die den Wettbewerb weniger stark einschränkt. Ein Wettbewerbsverbot wiederum kann sich als der einzig mögliche Weg erweisen, um einen Effizienzgewinn im Sinne von Randnummer 107 Buchstabe e (Lösung des „Hold-up“-Problems in Verbindung mit der Übertragung von Know-how) zu erzielen.

(146)   Bei vertragsspezifischen Investitionen des Anbieters (Randnummer 107 Buchstabe d) erfüllen Vereinbarungen mit Wettbewerbsverbot oder Mengenvorgaben während des Abschreibungszeitraums grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Freistellung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens. Handelt es sich dabei um sehr umfangreiche Investitionen, kann ein Wettbewerbsverbot begründet sein, das länger als fünf Jahre dauert. Eine vertragsspezifische Investition liegt beispielsweise vor, wenn der Anbieter eine Anlage errichtet oder umstellt, mit der nur Bauteile für einen bestimmten Abnehmer gefertigt werden können. Allgemeine oder marktspezifische Investitionen in (zusätzliche) Kapazitäten sind normalerweise nicht vertragsspezifisch. Wenn aber ein Anbieter speziell in Verbindung mit der Tätigkeit eines bestimmten Abnehmers neue Anlagen installiert (z. B. ein Blechdosenhersteller, der in oder neben den Räumlichkeiten, in denen ein Lebensmittelhersteller seine Produkte abfüllt, eine neue Dosenmaschine aufstellt), können diese nur insofern rentabel betrieben werden, als sie für den betreffenden Kunden produzieren; in diesem Fall wäre die Investition vertragsspezifisch.

(147)   Allein die Tatsache, dass ein Anbieter dem Abnehmer ein Darlehen gewährt oder Ausrüstungen überlässt, die nicht vertragsspezifisch sind, reicht in der Regel nicht aus, um die Freistellung einer wettbewerbswidrigen Marktabschottungsmaßnahme vom Kartellverbot zu rechtfertigen. Im Falle von Unzulänglichkeiten der Kapitalmärkte kann es vorteilhafter sein, ein Darlehen beim Anbieter des betreffenden Produkts aufzunehmen als bei einer Bank (siehe Randnummer 107 Buchstabe h). Doch selbst wenn der Anbieter des Produkts der effizientere Kapitalgeber wäre, sollte das Darlehen mit möglichst wenigen Einschränkungen gewährt werden, und der Abnehmer sollte folglich nicht daran gehindert werden, jederzeit und ohne Sanktionen befürchten zu müssen, das Wettbewerbsverbot aufzuheben und das Restdarlehen zu tilgen.

(148)   Der Effizienzgewinn im Zusammenhang mit der Übertragung von wesentlichem Know-how (Randnummer 107 Buchstabe e) rechtfertigt in der Regel ein Wettbewerbsverbot für die gesamte Dauer der Liefervereinbarung, so z. B. beim Franchising.

(149)   Beispiel für die Wirkung von Wettbewerbsverboten

Ein marktführendes Unternehmen hält auf einem nationalen Markt bei einem Impulskonsum-Produkt einen Marktanteil von 40 % und verkauft 90 % seiner Produkte über gebundene Einzelhändler (damit sind 36 % des Marktes gebunden). Die Einzelhändler sind aufgrund der mit dem Unternehmen geschlossenen Vereinbarungen verpflichtet, ihren Bedarf vier Jahre lang ausschließlich beim Marktführer zu decken. Der Marktführer ist in den dicht besiedelten Gebieten wie der Hauptstadt besonders stark vertreten. Auf seine zehn Wettbewerber, von denen einige nur in bestimmten Regionen vertreten sind, entfallen jeweils sehr viel kleinere Marktanteile, im Höchstfall 12 %. Diese zehn Wettbewerber setzen weitere 10 % der Produktmenge über gebundene Verkaufsstätten ab. Der Markt zeichnet sich durch ausgeprägte Marken- und Produktdifferenzierung aus. Der Marktführer vertreibt die stärksten Marken. Er führt als einziger regelmäßige landesweite Werbekampagnen durch. Er stellt den gebundenen Einzelhändlern spezielles Mobiliar zur Ausstellung seines Produkts zur Verfügung.

Diese Situation führt dazu, dass insgesamt 46 % des Marktes (36 % + 10 %) für potenzielle neue Anbieter und für auf dem Markt etablierte Unternehmen ohne gebundene Verkaufsstätten unzugänglich, also abgeschottet, sind. Noch schwieriger gestaltet sich der Markteinstieg für potenzielle neue Anbieter in den von ihnen möglicherweise bevorzugten dicht besiedelten Gebieten, weil dort die Marktabschottung noch ausgeprägter ist. Außerdem führt das Fehlen von Markenwettbewerb in den Verkaufsstätten angesichts der ausgeprägten Marken- und Produktdifferenzierung und der hohen Kosten der Beschaffung von Informationen in Bezug auf den Produktpreis zu einem zusätzlichen Wohlfahrtsverlust für die Verbraucher. Aufgrund der Ausschließlichkeitsbindung der Verkaufsstätte sind mögliche Effizienzgewinne, die der Marktführer auf verringerte Transportkosten und eventuell ein Hold-up -Problem beim speziellen Mobiliar zurückführt, begrenzt und wiegen die negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht auf. Die Effizienzgewinne sind beschränkt, weil die Transportkosten nicht mit der Ausschließlichkeitsbindung, sondern mit der Liefermenge zusammenhängen und weil das Mobiliar weder besonderes Know-how beinhaltet noch markenspezifisch ist. Aus diesen Gründen ist es unwahrscheinlich, dass die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind.

(150)   Beispiel für die Wirkung von Mengenvorgaben

Hersteller X (Marktanteil: 40 %) setzt 80 % seiner Produktion aufgrund von Verträgen ab, die die Wiederverkäufer verpflichten, mindestens 75 % ihres Bedarfs an dem betreffenden Produkttyp bei ihm zu decken. Als Gegenleistung stellt der Hersteller Kredite und Ausrüstungen zu günstigen Bedingungen bereit. Die Verträge haben eine Laufzeit von fünf Jahren, in denen die Kredite in gleichen Raten abzuzahlen sind. Nach Ablauf von zwei Jahren können die Abnehmer den Vertrag mit einer Frist von sechs Monaten kündigen, wenn sie den Kredit vollständig tilgen und die Ausrüstungen zum Marktwert übernehmen. Am Ende der fünfjährigen Laufzeit gehen die Ausrüstungen ins Eigentum des Abnehmers über. Die Wettbewerber – zwölf an der Zahl und zumeist kleinere Hersteller (der größte hält einen Marktanteil von 20 %) – schließen ähnliche Verträge mit unterschiedlichen Laufzeiten. Die Verträge der Hersteller, die weniger als 10 % Marktanteil halten, haben eine längere Laufzeit und weniger großzügige Kündigungsbedingungen. Die Abnehmer können nach den Verträgen, die sie mit Hersteller X geschlossen haben, 25 % ihres Bedarfs bei Wettbewerbern decken. In den letzten drei Jahren erfolgte der Marktzutritt zweier neuer Hersteller, die zusammen einen Marktanteil von rund 8 % erobert haben, indem sie u. a. eine Reihe von Wiederverkäufern aus ihren Kreditbindungen befreiten und selbst vertraglich an sich banden.

24 % des Marktes sind durch die Vereinbarungen von Hersteller X (0,75 × 0,8 × 40 %), weitere 25 % durch die Vereinbarungen der übrigen Hersteller gebunden. Damit sind sowohl potentielle Wettbewerber als auch etablierte Anbieter, die keine Verkaufsstätten an sich gebunden haben, zumindest in den ersten zwei Jahren der Laufzeit der Lieferverträge von 49 % des Marktes ausgeschlossen. Die Erfahrung zeigt, dass die Wiederverkäufer häufig auf Schwierigkeiten stoßen, wenn sie einen Kredit bei einer Bank aufnehmen wollen, und zumeist zu klein sind, um sich Kapital auf anderen Wegen, etwa durch die Emission von Aktien, zu beschaffen. Außerdem kann Hersteller X nachweisen, dass er seinen Absatz besser planen und Transportkosten einsparen kann, wenn er den Verkauf auf eine kleine Zahl von Wiederverkäufern begrenzt. In Anbetracht der Effizienzgewinne und des Umstands, dass die Abnehmer von Hersteller X laut Vertrag 25 % ihres Bedarfs anderweitig decken können, der realen Möglichkeit einer vorzeitigen Vertragskündigung, des unlängst erfolgten Markteintritts neuer Hersteller und der Tatsache, dass rund die Hälfte der Wiederverkäufer nicht gebunden sind, dürfte die vom Hersteller X gehandhabte Mengenvorgabe (75 %) die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllen.

2.2    Alleinvertrieb

(151)   Bei einer Alleinvertriebsvereinbarung verpflichtet sich der Anbieter, seine Produkte zum Zwecke des Weiterverkaufs in einem bestimmten Gebiet nur an einen Händler zu verkaufen. Gleichzeitig schränkt die Vereinbarung üblicherweise die Möglichkeiten des Händlers ein, die Produkte aktiv in anderen Gebieten mit Ausschließlichkeitsbindungen zu verkaufen. Die Gefahren für den Wettbewerb liegen hauptsächlich darin, dass der markeninterne Wettbewerb verringert und der Markt aufgeteilt wird, was vor allem der Preisdiskriminierung Vorschub leisten kann. Verfahren die meisten oder alle Anbieter nach dem Prinzip des Alleinvertriebs, kann es leichter zu einer Aufweichung des Wettbewerbs und zu Kollusion kommen, und zwar sowohl zwischen Anbietern als auch zwischen Händlern. Außerdem kann der Alleinvertrieb zum Ausschluss anderer Händler und somit zu einem Wettbewerbsverlust auf dieser Ebene führen.

(152)   Alleinvertriebsvereinbarungen sind nach der GVO vom Kartellverbot freigestellt, wenn sowohl der Anbieter als auch der Abnehmer auf seinem Markt nicht mehr als 30 % Marktanteil hält; dies gilt selbst dann, wenn eine Vereinbarung noch andere vertikale Beschränkungen wie ein auf fünf Jahre befristetes Wettbewerbsverbot, Mengenvorgaben oder Alleinbezugsverpflichtungen enthält. Vereinbarungen, in denen Alleinvertrieb mit selektivem Vertrieb verknüpft wird, sind nur dann freistellungsfähig, wenn der aktive Verkauf in anderen Gebieten keinen Beschränkungen unterliegt. Für die Würdigung von Alleinvertriebsverträgen in Einzelfällen, in denen die Marktanteilsschwelle der GVO (30 %) überschritten wird, werden im nachstehenden Teil dieses Abschnitts einige Anhaltspunkte gegeben.

(153)   Die Marktstellung des Anbieters und seiner Wettbewerber ist von größter Bedeutung, weil ein Verlust an markeninternem Wettbewerb nur dann Probleme aufwirft, wenn der Markenwettbewerb eingeschränkt ist. Je stärker die „Marktstellung des Anbieters“ ist, desto gravierender wiegt der Verlust an markeninternem Wettbewerb. Bei Überschreitung der 30 %-Schwelle droht möglicherweise eine erhebliche Verringerung des markeninternen Wettbewerbs. Damit die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind, müssen bei einer Einschränkung des markeninternen Wettbewerbs gegebenenfalls konkrete Effizienzgewinne nachgewiesen werden.

(154)   Die „Marktposition der Wettbewerber“ kann in zweifacher Hinsicht von Belang sein. Eine starke Konkurrenz bedeutet grundsätzlich, dass die Einschränkung des markeninternen Wettbewerbs durch ausreichenden Markenwettbewerb kompensiert wird. Sind am Markt jedoch nur wenige Wettbewerber tätig, die – gemessen an den Faktoren Marktanteil, Kapazität und Vertriebsnetz – auch noch eine ähnliche Position haben, besteht die Gefahr der Kollusion und/oder einer Aufweichung des Wettbewerbs. Diese Gefahr kann durch den Verlust an markeninternem Wettbewerb noch größer werden, und zwar insbesondere dann, wenn mehrere Anbieter gleichartige Vertriebssysteme betreiben. Alleinvertrieb mehrerer Marken – verschiedene Anbieter überlassen ein und demselben Händler den Alleinvertrieb in einem bestimmten Gebiet – kann die Kollusionsgefahr und die Gefahr einer Aufweichung des Wettbewerbs weiter erhöhen. Erhält ein Händler das ausschließliche Recht zum Vertrieb von zwei oder mehr konkurrierenden und starken Produkten im selben Gebiet, könnte dadurch der Wettbewerb zwischen den betreffenden Marken erheblich eingeschränkt werden. Je größer der kumulative Marktanteil der Marken, die von ein und demselben Alleinvertriebshändler vertrieben werden, desto größer ist die Gefahr der Kollusion und/oder der Aufweichung des Wettbewerbs und desto stärker ist die Einschränkung des Markenwettbewerbs. Liegt der Alleinvertrieb mehrerer Marken bei einem Einzelhändler, besteht die Gefahr, dass dieser nicht unbedingt die Preissenkungen, die ein Hersteller bei seinem Markenprodukt vornimmt, an den Endverbraucher weitergibt, da dies seinen Absatz und Gewinn in Bezug auf die übrigen Markenprodukte schmälern würde. Im Vergleich zu einer Situation, in der keine Vereinbarungen über den Alleinvertrieb mehrerer Marken bestehen, ist den Herstellern somit wenig an einem Preiswettbewerb untereinander gelegen. Eine kumulative Wirkung wie in den beschriebenen Fällen kann ein Grund für den Entzug des Rechtsvorteils der GVO sein, auch wenn der Marktanteil der Anbieter und Abnehmer unter dem einschlägigen Schwellenwert der GVO liegt.

(155)   „Marktzutrittsschranken“, die Anbieter unter Umständen daran hindern, neue Vertriebseinheiten zu gründen oder alternative Händler einzuschalten, sind für die Würdigung etwaiger wettbewerbswidriger Auswirkungen von Alleinvertriebsvereinbarungen weniger wichtig. Ein Ausschluss anderer Anbieter vom Markt ist nicht gegeben, solange der Alleinvertrieb nicht mit einem Markenzwang verknüpft wird.

(156)   Der Marktausschluss anderer Händler ist unproblematisch, wenn der das Alleinvertriebssystem betreibende Anbieter in ein und demselben Markt viele Alleinvertriebshändler einschaltet und diesen keine Beschränkungen im Hinblick auf den Verkauf an andere, nicht gebundene Händler auferlegt. Der Ausschluss anderer Händler kann jedoch zum Problem werden, wenn die Abnehmer auf dem nachgelagerten Markt „Nachfragemacht“ und Marktmacht haben, wie dies insbesondere bei sehr großen Gebieten der Fall ist, in denen der Alleinvertriebshändler der einzige Abnehmer auf dem gesamten Markt ist. Ein Beispiel hierfür wäre eine Supermarktkette, die im Lebensmitteleinzelhandel eines Landes als einziger Händler für eine führende Marke übrig bleibt. Der Marktausschluss anderer Händler vom Markt kann sich im Falle des Alleinvertriebs mehrerer Marken verschärfen.

(157)   „Nachfragemacht“ kann auch die Gefahr einer Kollusion unter den Abnehmern erhöhen, wenn nämlich wichtige Abnehmer, die gegebenenfalls in verschiedenen Gebieten operieren, einem oder mehreren Anbietern Alleinvertriebsklauseln aufdrängen.

(158)   Die „Reife des Marktes“ ist von Belang, denn ein Verlust an markeninternem Wettbewerb sowie Preisdiskriminierungen können auf einem reifen Markt ein schwerwiegendes Problem sein, während sie sich auf einem Markt mit wachsender Nachfrage, immer neuen Techniken und schwankenden Marktanteilen der Unternehmen weniger stark auswirken.

(159)   Die „Handelsstufe“ ist bedeutsam, da es bei den möglichen negativen Auswirkungen Unterschiede zwischen der Großhandels- und der Einzelhandelsstufe geben kann. Alleinvertrieb wird hauptsächlich beim Absatz von Endprodukten (Waren und Dienstleistungen) angewandt. Ein Verlust an markeninternem Wettbewerb ist im Einzelhandel besonders wahrscheinlich, wenn es um große Gebiete geht, da die Endverbraucher dann kaum die Möglichkeit haben dürften, beim Erwerb des Produkts einer namhaften Marke zwischen einem Händler, der zu hohem Preis hochwertigen Service bietet, und einem Händler, der bei einem niedrigen Preis wenig Service bietet, zu wählen.

(160)   Ein Hersteller, der einem Großhändler den Alleinvertrieb überlässt, wird dies normalerweise für ein größeres Gebiet tun, z. B. für einen ganzen EU-Mitgliedstaat oder EFTA-Staat. Solange der Großhändler das Produkt ohne Einschränkungen an Einzelhändler auf dem nachgelagerten Markt verkaufen kann, sind keine spürbaren wettbewerbswidrigen Auswirkungen zu erwarten. Etwaige Verluste an markeninternem Wettbewerb auf der Großhandelsstufe können leicht durch Effizienzgewinne bei Logistik, Verkaufsförderung usw. aufgewogen werden, vor allem wenn der Hersteller aus einem anderen Land stammt. Die Gefahren des gleichzeitigen Alleinvertriebs mehrerer Marken für den Markenwettbewerb sind jedoch auf der Großhandelsstufe größer als auf der Einzelhandelsstufe. Wird ein Einzelhändler der Alleinvertriebshändler für eine große Zahl von Anbietern, kann dies nicht nur zu einer Einschränkung des Wettbewerbs zwischen diesen Marken, sondern auch zu einem Marktausschluss auf Großhandelsebene führen.

(161)   Wie in Randnummer 155 dargelegt, ist ein Ausschluss anderer Anbieter vom Markt nicht gegeben, solange der Alleinvertrieb nicht mit einem Markenzwang verknüpft wird. Aber selbst wenn der Alleinvertrieb mit Markenzwang verbunden wäre, ist ein wettbewerbswidriger Ausschluss anderer Anbieter vom Markt unwahrscheinlich; ein Ausschluss könnte eventuell auftreten, wenn der Markenzwang für ein dichtes Netz von Alleinvertriebshändlern gilt, die jeweils nur ein kleines Gebiet abdecken, oder eine kumulative Wirkung besteht. Dies kann dazu führen, dass die Grundsätze über Markenzwang in Abschnitt 2.1. angewandt werden müssen. Hat die Kombination aus Alleinvertrieb und Markenzwang dagegen keine nennenswerte Abschottungswirkung, kann sie sogar wettbewerbsfördernd wirken, weil der Anreiz für den Alleinvertriebshändler, seine Bemühungen auf die betreffende Marke zu konzentrieren, größer wird. Ist eine solche Abschottungswirkung nicht gegeben, kann die Kombination aus Alleinvertrieb und Wettbewerbsverbot demnach für die gesamte Laufzeit der betreffenden Vereinbarung durchaus die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllen; dies gilt insbesondere für die Großhandelsstufe.

(162)   Eine Verknüpfung von Alleinvertrieb und Alleinbezug erhöht die Gefahr des Verlustes an markeninternem Wettbewerb und einer Aufteilung von Märkten, was insbesondere der Preisdiskriminierung Vorschub leisten kann. Alleinvertrieb als solcher engt schon die Möglichkeiten der Kunden ein, Preisunterschiede auszunutzen, weil er die Zahl der Vertriebshändler begrenzt und gewöhnlich auch deren Freiheit in Bezug auf aktive Verkäufe einschränkt. Der Alleinbezug wiederum, der die Händler zwingt, die Produkte der betreffenden Marke direkt beim Hersteller zu beziehen, nimmt darüber hinaus den Alleinvertriebshändlern etwaige Möglichkeiten, Preisunterschiede auszunutzen, da er sie am Bezug der Produkte bei anderen dem System angeschlossenen Händlern hindert. Damit erhält der Anbieter mehr Möglichkeiten, den markeninternen Wettbewerb zu begrenzen und gleichzeitig unterschiedliche Verkaufsbedingungen anzuwenden, es sei denn, die Kombination aus Alleinvertrieb und Alleinbezug ermöglicht Effizienzgewinne, die sich in niedrigeren Preisen für die Endverbraucher niederschlagen.

(163)   Für die Würdigung etwaiger wettbewerbswidriger Auswirkungen von Alleinvertriebsvereinbarungen ist die „Beschaffenheit des Produktes“ nicht besonders relevant. Sie ist jedoch von Bedeutung, wenn es um die Beurteilung möglicher Effizienzgewinne geht, nachdem spürbare wettbewerbswidrige Auswirkungen festgestellt wurden.

(164)   Alleinvertrieb kann vor allem dann mit Effizienzgewinnen einhergehen, wenn von den Händlern Investitionen zum Schutz oder Aufbau des Markenimages verlangt werden. Im Allgemeinen fallen Effizienzgewinne am ehesten bei neuen und bei komplexen Produkten an sowie bei Produkten, deren Qualitätseigenschaften vor dem Verbrauch (sogenannte Erfahrungsgüter) oder sogar nach dem Verbrauch (sogenannte Vertrauensgüter) schwierig zu beurteilen sind. Der Alleinvertrieb kann außerdem Einsparungen bei den Logistikkosten mit sich bringen, da bei Transport und Vertrieb Größenvorteile genutzt werden können.

(165)   Beispiel für die Wirkung des Alleinvertriebs auf der Großhandelsstufe

Auf dem Markt für ein langlebiges Konsumgut ist Unternehmen A Marktführer. A verkauft sein Produkt über Großhändler mit Ausschließlichkeitsbindung. Bei kleineren EU-Mitgliedstaaten oder EFTA-Staaten entsprechen deren Gebiete dem gesamten Staatsgebiet und bei größeren EU-Mitgliedstaaten oder EFTA-Staaten einer Region. Diese Alleinvertriebshändler verkaufen an alle Einzelhändler in ihrem jeweiligen Gebiet, nicht aber an den Endverbraucher. Sie sind für die Verkaufsförderung in ihren jeweiligen Märkten zuständig, dazu gehören neben dem Sponsoring von örtlichen Veranstaltungen auch Maßnahmen, mit denen die neuen Produkte den Einzelhändlern in den jeweiligen Gebieten erläutert und ihnen der Erwerb nahegelegt werden. Auf dem betreffenden Markt entwickeln sich Technologie, Produktion und Innovation relativ rasch; ferner spielt die Betreuung von Einzelhändlern und Endverbrauchern vor dem Verkauf eine wichtige Rolle. Die Großhändler sind nicht gezwungen, ihren gesamten Bedarf an Produkten der Marke von Anbieter A beim Hersteller selbst zu beziehen; Groß- wie Einzelhändler haben die Wahl bei der Kaufentscheidung, da die Transportkosten im Verhältnis zum Wert des Produkts verhältnismäßig gering sind. Die Großhändler unterliegen keinem Wettbewerbsverbot. Die Einzelhändler verkaufen zugleich Produkte von Marken konkurrierender Anbieter, und auf der Einzelhandelsstufe bestehen keine Allein- oder Selektivvertriebsvereinbarungen. Unternehmen A deckt EU-weit rund 50 % aller Verkäufe an Großhändler ab. Im Einzelhandel der einzelnen Länder kommt es auf Marktanteile zwischen 40 % und 60 %. A hat auf jedem nationalen Markt sechs bis zehn Wettbewerber; die größten von ihnen – Anbieter B, C und D – sind mit Marktanteilen zwischen 5 % und 20 % ebenfalls in jedem EFTA-Staat vertreten. Die restlichen Anbieter sind jeweils inländische Hersteller mit kleineren Marktanteilen. Während B, C und D ein ähnliches Vertriebsnetz haben wie A, verkaufen die kleinen inländischen Hersteller ihre Produkte in der Regel direkt an die Einzelhändler.

Im in diesem Beispiel beschriebenen Großhandel ist die Gefahr eines Verlusts an markeninternem Wettbewerb und einer Preisdiskriminierung gering. Die Möglichkeit, Preisunterschiede auszunutzen, wird nicht eingeschränkt, und das Fehlen markeninternen Wettbewerbs ist auf der Großhandelsstufe nicht sehr bedeutsam. Auf der Einzelhandelsstufe wird weder der Wettbewerb innerhalb einer Marke noch der zwischen Marken behindert. Auch bleibt der Markenwettbewerb durch die Ausschließlichkeitsbindungen im Großhandel weitgehend unberührt. Selbst wenn wettbewerbswidrige Auswirkungen bestehen, ist es daher in diesem Fall wahrscheinlich, dass die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind.

(166)   Beispiel für die Wirkung des Alleinvertriebs mehrerer Marken auf einem oligopolistischen Markt

Auf einem nationalen Markt für ein Endprodukt gibt es vier Marktführer mit einem Marktanteil von jeweils rund 20 %. Alle vier verkaufen ihr Produkt über Alleinvertriebshändler auf der Einzelhandelsstufe. Die Einzelhändler erhalten für die Stadt (bzw. den Stadtteil im Falle großer Städte), in der ihre Verkaufsstätte liegt, Gebietsschutz. In den meisten Gebieten überlassen die vier Marktführer ein und demselben Einzelhändler den Alleinvertrieb („Alleinvertrieb mehrerer Marken“), der sich auf das Produkt spezialisiert hat und dessen Geschäfte sich häufig in zentraler Lage befinden. Die restlichen 20 % des nationalen Marktes entfallen auf kleine inländische Hersteller, von denen der größte landesweit einen Marktanteil von 5 % besitzt. Diese inländischen Produzenten setzen ihre Produkte in der Regel über andere Einzelhändler ab, weil die Alleinvertriebshändler der vier großen Anbieter im Allgemeinen kaum Interesse daran zeigen, billigere Produkte weniger bekannter Marken zu vertreiben. Auf dem Markt besteht eine starke Marken- und Produktdifferenzierung. Die vier Marktführer veranstalten große landesweite Werbekampagnen und verfügen jeweils über ein solides Markenimage, während die kleineren Hersteller für ihre Produkte nicht landesweit werben. Der Markt ist ziemlich reif und durch eine stabile Nachfrage sowie keine nennenswerte Produktinnovation und technische Entwicklung gekennzeichnet. Das Produkt ist verhältnismäßig einfach.

Auf einem solchen oligopolistischen Markt besteht die Gefahr der Kollusion unter den vier Marktführern, die durch den Alleinvertrieb mehrerer Marken erhöht wird. Der markeninterne Wettbewerb ist durch den Gebietsschutz begrenzt. Wettbewerb zwischen den vier führenden Marken findet auf der Einzelhandelsstufe nur in begrenztem Umfang statt, da in jedem Gebiet nur ein Einzelhändler den Preis für alle vier Marken festlegt. Der Alleinvertrieb mehrerer Marken bringt es mit sich, dass der Einzelhändler nicht unbedingt daran interessiert sein wird, Preissenkungen, die ein Hersteller bei seinem Markenprodukt vornimmt, an den Endverbraucher weiterzugeben, da dies seinen Absatz und Gewinn in Bezug auf die übrigen Markenprodukte schmälern würde. Den Herstellern ist somit wenig an einem Preiswettbewerb untereinander gelegen. Preiswettbewerb zwischen Marken gibt es im Wesentlichen nur bei den Produkten der unbedeutenderen Hersteller, die kein so ausgeprägtes Markenimage haben. Die potenziellen Effizienzgewinne eines (gemeinsamen) Alleinvertriebs halten sich in Grenzen, da das Produkt relativ einfach ist, der Weiterverkauf keine besonderen Investitionen oder Schulungsmaßnahmen erfordert und Werbung in erster Linie auf der Herstellerebene getrieben wird.

Obwohl der Marktanteil von jedem der Marktführer unter dem zulässigen Wert liegt, sind die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens möglicherweise nicht erfüllt, so dass gegebenenfalls bei Vereinbarungen mit Händlern, deren Anteil am Beschaffungsmarkt unter 30 % liegt, der Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung entzogen werden muss.

(167)   Beispiel für die Wirkung einer Kombination aus Alleinvertrieb und Alleinbezug

Hersteller A ist europäischer Marktführer für ein sperriges langlebiges Konsumgut; sein Marktanteil liegt im Einzelhandel der meisten Mitgliedstaaten zwischen 40 % und 60 %. In EU-Mitgliedstaaten oder EFTA-Staaten, in denen Hersteller A einen hohen Marktanteil hat, gibt es weniger Wettbewerber mit kleineren Marktanteilen. Die Wettbewerber sind jeweils nur auf einem oder zwei nationalen Märkten vertreten. Die langfristige Strategie von Hersteller A ist es, sein Produkt über nationale Tochtergesellschaften an Alleinvertriebshändler auf der Einzelhandelsstufe zu verkaufen, die jedoch keine Befugnis haben, aktiv auf dem Gebiet des jeweils anderen Vertriebshändlers zu verkaufen. Der Anreiz für die Händler besteht somit darin, für das Produkt zu werben und Kundenberatung vor dem Verkauf anzubieten. Seit kurzem sind die Einzelhändler zudem verpflichtet, die Produkte von Hersteller A ausschließlich bei dessen jeweiliger nationaler Tochtergesellschaft, die sich im Land der Einzelhändler befindet, zu beziehen. Sie sind die wichtigsten Wiederverkäufer des fraglichen Produkts von Hersteller A in ihrem jeweiligen Gebiet. Sie führen konkurrierende Marken, aber mit unterschiedlich hohem Einsatz und wechselndem Erfolg. Seit Einführung des Alleinbezugs wendet Hersteller A auf Märkten mit geringerem Wettbewerbsdruck im Höchstpreissegment unterschiedliche Preise an, wobei der Preisunterschied 10 % bis 15 % betragen kann. Die Märkte sind nachfrage- wie auch angebotsseitig relativ stabil, und es gibt keine nennenswerten technischen Weiterentwicklungen.

Der Gebietsschutz auf der Einzelhandelsebene führt in den Hochpreissegmenten zu einem Verlust an markeninternem Wettbewerb, der durch die den Einzelhändlern auferlegte Alleinbezugsverpflichtung noch verschärft wird. Die Alleinbezugsverpflichtung hilft, Märkte und Gebiete voneinander zu trennen, weil sie den Alleinvertriebshändlern des Einzelhandels, den wichtigsten Wiederverkäufern dieser Art von Produkt, keine Möglichkeit lässt, Preisunterschiede auszunutzen. Die Einzelhändler können auch nicht aktiv auf dem Gebiet des jeweils anderen Vertriebshändlers verkaufen und neigen dazu, nicht in andere Gebiete zu liefern. Dies hat eine Preisdiskriminierung ermöglicht, ohne dass der Gesamtumsatz gestiegen ist. Die Möglichkeiten der Verbraucher oder unabhängigen Händler, Preisunterschiede auszunutzen, sind wegen der Sperrigkeit des Produkts begrenzt.

Während die für die Ernennung von Alleinvertriebshändlern geltend gemachten potenziellen Effizienzgewinne insbesondere auch im Hinblick auf die besonderen Anreize für Einzelhändler überzeugend sein mögen, dürften die geltend gemachten möglichen Effizienzgewinne bei der Verbindung von Alleinvertrieb und Alleinbezug und insbesondere bezüglich der möglichen Effizienzgewinne beim Alleinbezug, die sich im Wesentlichen auf Größenvorteile beim Transport beziehen, kaum die negativen Auswirkungen einer Preisdiskriminierung und des Verlusts an markeninternem Wettbewerb aufwiegen. Aus diesen Gründen ist es unwahrscheinlich, dass die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind.

2.3.    Kundenbeschränkung

(168)   Bei Ausschließlichkeitsvereinbarungen, in denen der Kundenkreis durch Kundenbeschränkungsklauseln eingegrenzt wird, verpflichtet sich der Anbieter, seine Produkte zum Zwecke des Weiterverkaufs an eine bestimmte Gruppe von Kunden nur einem Händler anzubieten. Gleichzeitig schränkt die Vereinbarung in der Regel die Möglichkeiten für den Vertriebshändler ein, die Produkte aktiv an andere Kundengruppen (für die Ausschließlichkeitsbindungen bestehen) zu verkaufen. Die GVO enthält keine Vorgaben dazu, wie eine Kundengruppe, für die Ausschließlichkeitsbindungen bestehen, zu definieren ist; so kann es sich um eine bestimmte Art von Kunden handeln, die sich nach der beruflichen Tätigkeit richtet, oder aber um eine Liste bestimmter Kunden, die anhand einer oder mehrerer objektiver Kriterien zusammengestellt wurde. Die Gefahren für den Wettbewerb liegen hauptsächlich darin, dass der markeninterne Wettbewerb verringert und der Markt aufgeteilt wird, was vor allem der Preisdiskriminierung Vorschub leisten kann. Wenden die meisten oder alle Anbieter solche Kundenbeschränkungsklauseln an, kann es leichter zu einer Aufweichung des Wettbewerbs und zu Kollusion kommen, und zwar sowohl unter Anbietern als auch unter Händlern. Außerdem kann die Kundenbeschränkung zum Marktausschluss anderer Händler und somit zu einem Wettbewerbsverlust auf dieser Ebene führen.

(169)   Vereinbarungen mit Kundenbeschränkungsklauseln sind nach der GVO freigestellt, wenn sowohl der Anbieter als auch der Abnehmer auf seinem Markt nicht mehr als 30 % Marktanteil hält; dies gilt selbst dann, wenn die Vereinbarung noch andere vertikale Beschränkungen wie Wettbewerbsverbot, Mengenvorgaben oder Alleinbezugsverpflichtungen enthält. Eine Kombination aus Kundenbeschränkung und selektivem Vertrieb stellt in der Regel eine Kernbeschränkung dar, da der aktive Verkauf an Endverbraucher durch die Vertragshändler normalerweise nicht erlaubt wird. Für die Einschätzung von Kundenbeschränkungsklauseln in Fällen, in denen die Marktanteilsschwelle von 30 % überschritten wird, gelten die Orientierungshilfen für die Würdigung von Alleinvertriebsvereinbarungen (Randnummern 151 bis 167), vorbehaltlich der Ausführungen im nachstehenden Teil dieses Abschnitts.

(170)   Kundenbeschränkungsklauseln engen in der Regel die Möglichkeiten der Kunden ein, Preisunterschiede auszunutzen. Da jeder Vertragshändler nur eine bestimmte Kundengruppe bedient, kann sich für Nichtvertragshändler, die nicht zu dieser Gruppe gehören, die Beschaffung des Produkts und die Ausnutzung von Preisunterschieden als schwierig erweisen.

(171)   Die Kundenbeschränkung wird hauptsächlich bei Zwischenprodukten und – im Falle von Endprodukten – auf der Großhandelsstufe praktiziert, wo sich Kundengruppen anhand ihrer unterschiedlichen Anforderungen an das Produkt abgrenzen lassen.

(172)   Durch die Beschränkung des Kundenkreises können vor allem dann Effizienzgewinne erzielt werden, wenn die Händler verpflichtet werden, z. B. in besondere Ausrüstungen oder Fertigkeiten oder in spezielles Know-how zu investieren, um den Anforderungen ihres Kundenstammes gerecht zu werden. Die Abschreibungsdauer bei solchen Investitionen bietet einen Hinweis darauf, für welchen Zeitraum eine Kundenbeschränkung gerechtfertigt ist. Die Kundenbeschränkung ist grundsätzlich am ehesten dort angebracht, wo es sich um neue oder komplexe Produkte oder um Produkte handelt, die an die Bedürfnisse des einzelnen Kunden angepasst werden müssen. Erkennbare Unterschiede sind bei Zwischenprodukten wahrscheinlicher, das heißt bei Produkten, die an verschiedene Arten von gewerblichen Abnehmern verkauft werden. Die Bindung an eine bestimmte Gruppe von Endverbrauchern dürfte kaum zu Effizienzgewinnen führen.

(173)   Beispiel für die Wirkung von Kundenbeschränkungsklauseln

Ein Unternehmen hat eine hochmoderne Sprinkleranlage entwickelt. Zurzeit hat die Firma auf dem Markt für Sprinkleranlagen einen Anteil von 40 %. Als sie mit dem Verkauf der neuen Anlage begann, hielt sie mit einem älteren Produkt einen Marktanteil von 20 %. Die Installation des neuen Anlagetyps hängt von der Art und dem Verwendungszweck des Gebäudes (Bürogebäude, Chemiefabrik, Krankenhaus usw.) ab. Die Firma verfügt über mehrere zugelassene Vertragshändler für den Verkauf und die Installation der Sprinkleranlage. Jeder Händler musste seine Beschäftigten im Hinblick auf die allgemeinen und besonderen Anforderungen an den Einbau der Sprinkleranlage in den Gebäuden einer bestimmten Kundengruppe von Kunden schulen. Um die Spezialisierung der Händler sicherzustellen, wies die Firma jedem Händler eine bestimmte Kundengruppe zu und untersagte ihm aktive Verkäufe an die zugewiesenen Kundengruppen anderer Händler. Nach fünf Jahren schließlich dürfen die Alleinvertriebshändler aktiv an sämtliche Kundengruppen verkaufen, d. h., die Kundenbeschränkung entfällt. Der Anbieter darf dann seinerseits auch an neue Händler verkaufen. Der Markt ist recht dynamisch: Zwei Unternehmen sind erst kürzlich in den Markt eingetreten, und es gibt verschiedene technische Neuerungen. Auch die Wettbewerber – mit Marktanteilen zwischen 5 % und 25 % – modernisieren ihre Produkte.

Da der Alleinvertrieb von begrenzter Dauer ist und den Händlern hilft, ihre Investitionen zu amortisieren und ihre Verkaufsbemühungen zunächst, um das Geschäft kennenzulernen, auf eine bestimmte Kundengruppe zu konzentrieren, und da mögliche wettbewerbswidrige Auswirkungen wegen der Dynamik des Marktes offensichtlich geringfügig sind, dürften die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens in diesem Fall erfüllt sein.

2.4.    Selektiver Vertrieb

(174)   Durch Selektivvertriebsvereinbarungen werden, wie bei Alleinvertriebsvereinbarungen, einerseits die Anzahl der zugelassenen Händler (Vertragshändler) und andererseits die Weiterverkaufsmöglichkeiten beschränkt. Der Unterschied zum Alleinvertrieb besteht darin, dass die Beschränkung der Händlerzahl nicht von der Anzahl der Gebiete abhängt, sondern von Auswahlkriterien, die in erster Linie mit der Beschaffenheit des Produkts zusammenhängen. Anders als beim Alleinvertrieb schränkt die Weiterverkaufsbeschränkung nicht den aktiven Verkauf in einem bestimmten Gebiet ein, sondern jeglichen Verkauf an Nichtvertragshändler, so dass nur Vertragshändler sowie Endverbraucher als Kunden in Frage kommen. Selektiver Vertrieb kommt praktisch nur beim Absatz von Marken-Endprodukten zum Tragen.

(175)   Die Gefahren für den Wettbewerb bestehen in einem Verlust an markeninternem Wettbewerb und – vor allem bei Vorliegen einer kumulativen Wirkung – im Ausschluss einer bestimmten Kategorie bzw. bestimmter Kategorien von Händlern sowie in einer Aufweichung des Wettbewerbs und der Erleichterung von Kollusion unter Anbietern oder Abnehmern. Um feststellen zu können, ob selektiver Vertrieb wettbewerbswidrige Auswirkungen haben könnte, die unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen, muss zwischen rein qualitativem Selektivvertrieb und quantitativem Selektivvertrieb unterschieden werden. Bei rein qualitativem Selektivvertrieb werden die Händler ausschließlich nach objektiven qualitativen Kriterien ausgewählt, die sich nach den Anforderungen des betreffenden Produkts – z. B. in Bezug auf die Verkäuferschulung, den in der Verkaufstätte gebotenen Service oder ein bestimmtes Spektrum der angebotenen Produkte – richten (51). Durch die Anwendung solcher Kriterien wird die Zahl der Händler nicht unmittelbar begrenzt. Vereinbarungen, die einen rein qualitativen Selektivvertrieb zum Gegenstand haben, fallen mangels wettbewerbswidriger Auswirkungen grundsätzlich nicht unter das Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens, sofern sie drei Voraussetzungen erfüllen. Erstens muss die Beschaffenheit des fraglichen Produkts einen selektiven Vertrieb bedingen, d. h., ein solches Vertriebssystem muss ein rechtmäßiges Erfordernis zur Wahrung der Qualität und zur Gewährleistung des richtigen Gebrauchs des betreffenden Produkts sein. Zweitens müssen die Wiederverkäufer aufgrund objektiver Kriterien qualitativer Art ausgewählt werden, die einheitlich festzulegen, allen potenziellen Wiederverkäufern zur Verfügung zu stellen und unterschiedslos anzuwenden sind. Drittens dürfen die aufgestellten Kriterien nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist (52). Beim quantitativen Selektivvertrieb kommen noch Kriterien hinzu, die die Anzahl der in Frage kommenden Händler unmittelbarer beschränken, weil beispielsweise ein Mindest- oder Höchstumsatz vorgeschrieben oder die Händlerzahl ausdrücklich begrenzt wird.

(176)   Vereinbarungen über qualitativen wie quantitativen Selektivvertrieb sind nach der GVO freigestellt, wenn sowohl der Anbieter als auch der Abnehmer auf seinem Markt nicht mehr als 30 % Marktanteil hält; dies gilt selbst dann, wenn sie mit anderen vertikalen Beschränkungen wie z. B. Wettbewerbsverboten oder Alleinvertriebsverpflichtungen einhergehen, sofern die Möglichkeiten für die Vertragshändler, aktiv an andere Vertragshändler oder an Endverbraucher zu verkaufen, nicht eingeschränkt werden. Die Freistellung solcher Vereinbarungen nach der GVO gilt unabhängig von der Art des Produkts und der Art der Auswahlkriterien. Erfordert das betreffende Produkt aufgrund seiner Beschaffenheit (53) aber keinen selektiven Vertrieb oder nicht die Anwendung der gewählten Auswahlkriterien (wie z. B. der Bedingung, dass der Händler über einen oder mehrere physische Verkaufspunkte verfügen oder bestimmte Dienstleistungen erbringen muss), so hat ein solches Vertriebssystem in der Regel keine effizienzsteigernde Wirkung, die ausreichen würde, um einen erheblichen Verlust an markeninternem Wettbewerb aufzuwiegen. Treten spürbare wettbewerbswidrige Auswirkungen auf, wird der Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung wahrscheinlich entzogen. Im nachstehenden Teil dieses Abschnitts werden Anhaltspunkte dafür gegeben, wie selektive Vertriebsbindungen in Fällen zu würdigen sind, in denen die GVO nicht greift oder mehrere, gleichzeitig angewandte, Systeme des selektiven Vertriebs eine kumulative Wirkung entfalten.

(177)   Die Marktstellung des Anbieters und seiner Wettbewerber ist für die Würdigung möglicher wettbewerbswidriger Auswirkungen von größter Bedeutung, da der Verlust an markeninternem Wettbewerb nur dann zu einem Problem wird, wenn der Wettbewerb zwischen den Marken begrenzt ist. Je stärker die Marktstellung des Anbieters, desto problematischer der Verlust an markeninternem Wettbewerb. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Anzahl der selektiven Vertriebsnetze, die in ein und demselben Markt gehandhabt werden. Bedient sich nur ein Anbieter eines solchen Systems, hat der quantitative Selektivvertrieb gewöhnlich in der Gesamtbilanz keine negativen Auswirkungen, sofern die Vertragswaren aufgrund ihrer Beschaffenheit den selektiven Vertrieb erfordern und die angewandten Auswahlkriterien notwendig sind, um den wirksamen Vertrieb der fraglichen Waren zu gewährleisten. In der Praxis wird diese Vertriebsmethode allerdings häufig gleichzeitig von mehreren Anbietern in ein und demselben Markt angewandt.

(178)   Die Marktstellung der Wettbewerber kann in zweifacher Hinsicht von Belang sein und spielt vor allem dann eine Rolle, wenn es zu einer kumulativen Wirkung kommt. Ein starker Wettbewerb bedeutet grundsätzlich, dass die Einschränkung des markeninternen Wettbewerbs durch ausreichenden Markenwettbewerb problemlos kompensiert wird. Wenn jedoch die meisten großen Anbieter ihre Produkte selektiv vertreiben, sind ein erheblicher Verlust an markeninternem Wettbewerb, der mögliche Ausschluss bestimmter Kategorien von Händlern vom Markt und ein erhöhtes Risiko der Kollusion zwischen den größten Anbietern die Folge. Die Gefahr, dass leistungsfähigere Händler vom Markt ausgeschlossen werden, ist beim selektiven Vertrieb seit jeher größer als beim Alleinvertrieb, da bei ersterem der Verkauf an Nichtvertragshändler Beschränkungen unterliegt. Damit soll ein geschlossenes Vertriebssystem geschaffen werden, das Lieferungen an Nichtvertragshändler unmöglich macht. Deshalb ist der selektive Vertrieb ein besonders geeignetes Mittel, um dem Wettbewerbsdruck zu entgehen, den Discountbetriebe (ob Offline- oder Online-Händler) auf die Gewinnspannen des Herstellers und der Vertragshändler ausüben. Der Ausschluss solcher Vertriebsmethoden, ob aufgrund kumulativer Anwendung des selektiven Vertriebs oder aufgrund dessen Anwendung durch einen einzelnen Anbieter mit einem Marktanteil von über 30 %, reduziert Möglichkeiten der Verbraucher, die mit diesen Vertriebsmethoden verbundenen Vorteile wie niedrigere Preise, mehr Transparenz und besserer Zugang in Anspruch zu nehmen.

(179)   Ergeben sich aus selektiven Vertriebssystemen, die jedes für sich genommen nach der GVO freigestellt sind, kumulative Wirkungen, so kann der Entzug der Freistellung oder eine Erklärung der Nichtanwendung der GVO erwogen werden. Eine kumulative Wirkung ist jedoch unwahrscheinlich, wenn solche Systeme weniger als 50 % eines Marktes abdecken. Doch selbst wenn diese Marktabdeckungsquote überschritten wird, dürften keine Probleme auftreten, solange die Summe der Marktanteile der fünf größten Anbieter (CR5) unter 50 % liegt. Werden beide Schwellen – 50 % Marktabdeckung und 50 % Marktanteil (CR5) – überschritten, richtet sich die Würdigung danach, ob alle fünf Anbieter selektiven Vertrieb handhaben. Je stärker die Wettbewerber sind, die sich nicht des selektiven Vertriebs bedienen, desto unwahrscheinlicher ist der Ausschluss anderer Vertriebshändler vom Markt. Setzen alle fünf Anbieter auf selektiven Vertrieb, können insbesondere Vereinbarungen, bei denen quantitative Kriterien zum Tragen kommen und die die Zahl der Vertragshändler unmittelbar begrenzen oder die qualitative Kriterien anlegen (z. B. die Bedingung, dass der Händler über einen oder mehrere physische Verkaufspunkte verfügen oder bestimmte Dienstleistungen erbringen muss), was den Ausschluss bestimmter Vertriebsmethoden bewirkt, Probleme für den Wettbewerb bereiten. Die Voraussetzungen für eine Freistellung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens gelten in der Regel als nicht erfüllt, wenn die fraglichen Selektivvertriebssysteme den Zugang neuer Vertriebshändler (insbesondere Discounter oder reine Internethändler, die den Verbrauchern niedrigere Preise anbieten), die in der Lage sind, die fraglichen Produkte angemessen zu verkaufen, zum Markt verwehren und dadurch den Vertrieb zugunsten bestimmter bestehender Kanäle und zum Schaden der Endverbraucher einschränken. Indirektere Formen des quantitativen Selektivvertriebs, die sich z. B. aus der Verknüpfung rein qualitativer Kriterien mit der Vorgabe eines Mindestwerts für das jährliche Einkaufsvolumen der Händler ergeben, dürften mit weniger negativen Auswirkungen verbunden sein, wenn der vorgegebene Wert keinen erheblichen Teil des vom Händler erzielten Umsatzes aus dem Verkauf des betreffenden Produkts ausmacht und nicht über das hinausgeht, was für den Anbieter notwendig ist, um seine vertragsspezifischen Investitionen zu amortisieren und/oder Größenvorteile im Vertrieb zu erzielen. Bei Anbietern mit einem Marktanteil von weniger als 5 % wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass sie keinen erheblichen Beitrag zu einer kumulativen Wirkung leisten.

(180)   „Marktzutrittsschranken“ sind hauptsächlich beim Marktausschluss von Nichtvertragshändlern von Interesse. Sie dürften in der Regel hoch sein, da selektiver Vertrieb üblicherweise von Markenproduktherstellern praktiziert wird. Es erfordert im Allgemeinen viel Zeit und erhebliche Investitionen seitens der ausgeschlossenen Händler, eigene Marken auf den Markt zu bringen oder ihren Bedarf bei alternativen Quellen zu decken.

(181)   „Nachfragemacht“ kann die Gefahr der Kollusion unter Händlern erhöhen, was bei der Würdigung möglicher wettbewerbswidriger Auswirkungen selektiver Vertriebsbindungen stark ins Gewicht fallen kann. Zu einem Ausschluss leistungsfähigerer Einzelhändler vom Markt kann es insbesondere dann kommen, wenn eine gut aufgestellte Händlerorganisation einem Anbieter Kriterien aufdrängt, um den Vertrieb zum Vorteil ihrer Mitglieder einzuschränken.

(182)   Nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c der GVO darf der Anbieter den Vertragshändlern weder unmittelbar noch mittelbar untersagen, die Marken bestimmter konkurrierender Anbieter zu verkaufen. Mit dieser Bestimmung soll insbesondere eine Kollusion auf horizontaler Ebene verhindert werden, die bewirkt, dass führende Anbieter durch Schaffung eines exklusiven Clubs von Marken bestimmte Marken vom Markt ausschließen. Es ist unwahrscheinlich, dass eine solche Verpflichtung vom Kartellverbot freigestellt werden kann, wenn der Marktanteil der fünf größten Anbieter 50 % oder mehr beträgt, es sei denn keiner der Anbieter, die eine Verpflichtung dieser Art vorsehen, gehört zu den fünf größten.

(183)   Ein Ausschluss anderer Anbieter ist normalerweise unproblematisch, solange diese auf dieselben Händler zurückgreifen können, d. h., solange das Selektivvertriebssystem nicht mit Markenzwang einhergeht. Bei einem dichten Vertragshändlernetz oder im Falle einer kumulativen Wirkung kann eine Kombination aus selektivem Vertrieb und Wettbewerbsverbot den Ausschluss anderer Anbieter vom Markt bewirken. In diesem Fall finden die in Abschnitt 2.1. in Bezug auf den Markenzwang dargelegten Grundsätze Anwendung. Doch selbst wenn die Selektivvertriebsvereinbarung nicht mit einem Wettbewerbsverbot verknüpft ist, kann der Ausschluss konkurrierender Anbieter vom Markt noch Probleme verursachen, wenn nämlich die größten Anbieter nicht nur rein qualitative Auswahlkriterien verwenden, sondern den Händlern bestimmte zusätzliche Verpflichtungen – z. B. ihren Produkten ein Minimum an Regalfläche vorzubehalten oder zu gewährleisten, dass ein bestimmter Anteil am Gesamtumsatz des Händlers auf den Absatz ihrer Produkte entfällt – auferlegen. Das Problem dürfte sich nicht stellen, wenn weniger als 50 % des Marktes durch selektive Vertriebssysteme abgedeckt sind oder – im Falle einer höheren Abdeckungsquote – die Summe der Marktanteile der fünf größten Anbieter weniger als 50 % beträgt.

(184)   Die Reife des Marktes ist ein wichtiger Faktor, denn ein Verlust an markeninternem Wettbewerb und ein möglicher Ausschluss von Anbietern oder Händlern können in einem reifen Markt ein schwerwiegendes Problem darstellen, während sie sich in einem Markt mit wachsender Nachfrage, kontinuierlich neuen Techniken und schwankenden Marktanteilen der Unternehmen weniger stark auswirken.

(185)   Selektiver Vertrieb kann rationell sein, wenn aufgrund von Größenvorteilen beim Transport Logistikkosten eingespart werden können, und zwar unabhängig von der Beschaffenheit des Produkts (Randnummer 107 Buchstabe g). Dies stellt bei Selektivvertriebssystemen normalerweise jedoch nur einen geringfügigen Effizienzgewinn dar. Wenn es allerdings darum geht, das Trittbrettfahrerproblem zwischen Händlern zu lösen (Randnummer 107 Buchstabe a) oder ein Markenimage zu kreieren (Randnummer 107 Buchstabe i) ist vor allem die Beschaffenheit des Produkts von Bedeutung. Effizienzgewinne können am ehesten bei neuen und bei komplexen Produkten sowie bei Produkten, deren Qualitätseigenschaften vor oder auch nach dem Verbrauch schwierig zu beurteilen sind (Erfahrungs- bzw. Vertrauensgüter), geltend gemacht werden. Die Verknüpfung von selektivem Vertrieb mit einer Standortklausel, die einen Vertragshändler gegen andere Vertragshändler schützen soll, die ein Geschäft in ihrer Nähe eröffnen, dürfte besonders dann die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllen, wenn sie zum Schutz umfangreicher vertragsspezifischer Investitionen der Vertragshändler erforderlich ist (Randnummer 107 Buchstabe d).

(186)   Damit jeweils die Beschränkung gewählt wird, die den Wettbewerb am wenigsten beeinträchtigt, ist zu überlegen, ob sich dieselben Effizienzgewinne bei vergleichbarem Kostenaufwand nicht auch auf andere Weise – beispielsweise allein durch Service-Anforderungen – erzielen lassen.

(187)   Beispiel für den quantitativen selektiven Vertrieb

Auf einem Markt für langlebige Konsumgüter verkauft der Marktführer, der einen Marktanteil von 35 % besitzt, sein Produkt (Marke A) über ein selektives Vertriebsnetz an die Endverbraucher. Die Vertragshändler müssen mehrere Kriterien erfüllen: Sie müssen geschultes Personal beschäftigen und Kundenberatung vor dem Verkauf bieten; im Geschäft muss es einen besonderen Bereich für den Verkauf des Produkts und ähnlicher Spitzentechnologieprodukte geben, und es muss dort eine breite Palette von Modellen des Anbieters angeboten und auf ansprechende Weise aufgestellt werden. Die Anzahl der Händler, die zu dem Vertriebsnetz zugelassen werden können, ist insofern direkt beschränkt, als eine Höchstzahl von Händlern je Einwohnerzahl eines Bezirks oder eines Stadtgebiets festgelegt wurde. Hersteller A hat sechs Wettbewerber auf dem Markt. Die größten Hersteller (B, C und D) haben einen Marktanteil von 25 %, 15 % bzw. 10 %. A ist der einzige Hersteller, der sich des selektiven Vertriebs bedient. Die Vertragshändler für Marke A bieten stets auch einige konkurrierende Marken an. Diese werden aber auch in sehr vielen Geschäften verkauft, die nicht dem selektiven Vertriebsnetz von A angeschlossen sind. Die Vertriebswege sind dabei unterschiedlich: Die Marken B und C werden beispielsweise hauptsächlich in den von A zugelassenen Läden verkauft, aber auch in anderen Geschäften, die hochwertigen Service bieten, sowie in Verbrauchergroßmärkten. Marke D wird hauptsächlich in Geschäften mit hochwertigem Service verkauft. Die Technologie entwickelt sich auf diesem Markt recht schnell, und die großen Anbieter sichern ihren Produkten durch Werbung ein wirksames Qualitätsimage.

Das selektive Vertriebssystem deckt hier 35 % des Marktes ab. Der Markenwettbewerb wird durch das Vertriebssystem von A nicht unmittelbar beeinträchtigt. Der markeninterne Wettbewerb in Bezug auf Marke A ist möglicherweise reduziert; die Verbraucher haben aber Zugang zu Einzelhändlern mit wenig Service und niedrigen Preisen, die die Marken B und C anbieten, deren Qualitätsimage mit dem von Marke A vergleichbar ist. Auch ist anderen Marken der Zugang zu Einzelhändlern mit hoher Serviceleistung nicht verschlossen, da die Möglichkeiten für zugelassene Händler, konkurrierende Marken anzubieten, nicht eingeschränkt sind und die aufgrund quantitativer Kriterien vorgenommene Begrenzung der Anzahl der Einzelhändler für Marke A dazu führt, dass für konkurrierende Marken andere Einzelhändler mit hochwertigem Service zur Verfügung stehen. In Anbetracht der Service-Anforderungen und der Effizienzgewinne, die diese bieten dürften, sowie der begrenzten Auswirkungen auf den markeninternen Wettbewerb sind die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens wahrscheinlich erfüllt.

(188)   Beispiel für den selektiven Vertrieb mit kumulativer Wirkung

Beispiel: Auf einem Markt für einen bestimmten Sportartikel gibt es sieben Hersteller mit einem Marktanteil von 25 %, 20 %, 15 %, 10 %, 8 % bzw. 7 %. Während die fünf größten Anbieter ihre Produkte im Wege des quantitativen Selektivvertriebs absetzen, bedienen sich die beiden kleinsten anderer Vertriebssysteme; damit sind 85 % des Marktes durch selektive Vertriebsbindungen abgedeckt. Die Kriterien für die Zulassung zu den Netzen des Selektivvertriebs der einzelnen Hersteller sind bemerkenswert einheitlich: Die Händler müssen über einen oder mehrere physische Verkaufspunkte verfügen, und diese Geschäfte müssen geschultes Personal beschäftigen und Kundenberatung vor dem Verkauf bieten, und es muss im Geschäft einen besonderen Bereich für den Verkauf des betreffenden Artikels geben, der eine bestimmte Mindestgröße haben muss. In dem Laden muss eine breite Palette von Produkten der fraglichen Marke angeboten und der Artikel auf ansprechende Weise aufgestellt werden, das Geschäft muss in einer Geschäftsstraße liegen, und diese Art von Artikel muss mindestens 30 % des Gesamtumsatzes des Geschäfts ausmachen. Im Allgemeinen ist ein und derselbe Händler Vertragshändler für den selektiven Vertrieb aller fünf Marken. Die Marken der beiden Hersteller, die ohne Selektivvertrieb arbeiten, werden in der Regel von weniger spezialisierten Einzelhändlern mit wenig Service verkauft. Der Markt ist stabil, und zwar sowohl angebots- als auch nachfrageseitig; Markenimage und Produktdifferenzierung sind sehr ausgeprägt. Während die fünf Marktführer über ein gutes Markenimage verfügen, das durch Werbung und Sponsoring aufgebaut wurde, zielt die Absatzstrategie der beiden kleinen Hersteller auf preisgünstigere Produkte ohne besonderes Markenimage ab.

Auf diesem Markt ist allgemeinen Discountern und reinen Internethändlern der Zugang zu den fünf führenden Marken verwehrt. Die Vorgabe, dass dieser Typ Artikel mit mindestens 30 % zum Umsatz der Händler beiträgt, und die Kriterien in Bezug auf Präsentation und verkaufsfördernden Kundendienst schließen nämlich die meisten Discounter vom Vertragshändlernetz aus. Die Bedingung, dass Händler über einen oder mehrere physische Verkaufspunkteverfügen müssen, schließt reine Internethändler vom Händlernetz aus. Die Verbraucher haben infolgedessen nur die Wahl, die fünf führenden Marken in Läden mit hoher Serviceleistung und hohen Preisen zu kaufen. Dies hat einen Verlust an Wettbewerb zwischen den fünf führenden Marken zur Folge. Der Umstand, dass die Marken der zwei kleinsten Hersteller in Läden mit wenig Service und niedrigen Preisen gekauft werden können, fängt den Verlust nicht auf, weil die Marken der fünf Marktführer ein viel besseres Image haben. Der Markenwettbewerb wird auch dadurch eingeschränkt, dass ein und derselbe Händler gleichzeitig mehrere Marken vertreibt. Obwohl markeninterner Wettbewerb bis zu einem gewissen Grad vorhanden und die Anzahl der Einzelhändler nicht direkt begrenzt ist, sind die Kriterien doch so streng, dass für den Vertrieb der fünf führenden Marken in jedem Gebiet nur eine kleine Anzahl von Einzelhändlern zur Verfügung steht.

Die mit diesen quantitativen Selektivvertriebssystemen verbundenen Effizienzgewinne sind gering: Das Produkt ist nicht sehr komplex und rechtfertigt keinen besonders hochwertigen Service. Sofern die Hersteller nicht nachweisen können, dass ihre Selektivvertriebssysteme mit eindeutigen Effizienzgewinnen einhergehen, ist es wahrscheinlich, dass in dem hier beschriebenen Fall der Rechtsvorteil der GVO entzogen werden muss, da die kumulative Wirkung geringere Wahlmöglichkeiten und höhere Preise für die Verbraucher bedeutet.

2.5.    Franchising

(189)   Franchisevereinbarungen beinhalten Lizenzen für Rechte des geistigen Eigentums, die sich insbesondere auf Marken oder sonstige Zeichen und Know-how beziehen, zum Zwecke der Nutzung und des Vertriebs von Waren oder Dienstleistungen. Üblicherweise gewährt der Franchisegeber dem Franchisenehmer neben der Lizenz für die Rechte des geistigen Eigentums auch kommerzielle und technische Unterstützung für die Vertragslaufzeit. Die Lizenzgabe und Gewährung kommerzieller bzw. technischer Unterstützung bilden feste Bestandteile des Franchising-Geschäftskonzepts. Der Franchisegeber erhält in der Regel eine Franchisegebühr vom Franchisenehmer für die Nutzung eines bestimmten Geschäftskonzepts. Franchisevereinbarungen können es dem Franchisegeber ermöglichen, mit einem begrenzten Investitionsaufwand ein einheitliches Netz für den Vertrieb seiner Produkte aufzubauen. Neben den Bestimmungen zum Geschäftskonzept enthalten Franchisevereinbarungen in der Regel eine Kombination unterschiedlicher vertikaler Beschränkungen hinsichtlich der Produkte, die vertrieben werden, insbesondere Selektivvertrieb und/oder Wettbewerbsverbot und/oder Alleinvertrieb oder eine Kombination aus schwächeren Formen derselben.

(190)   In Franchisevereinbarungen enthaltene Lizenzbestimmungen in Bezug auf Rechte des geistigen Eigentums fallen, wie in den Randnummern 24 bis 46 beschrieben, unter die GVO. Genau wie bei den einzelnen vertikalen Beschränkungen für den Bezug, Verkauf und Weiterverkauf von Waren und Dienstleistungen, die in einer Franchisevereinbarung enthalten sein können (d. h. Selektivvertrieb, Wettbewerbsverbot oder Alleinvertrieb), gilt die Freistellung vom Kartellverbot nach der GVO nur, wenn der Marktanteil nicht mehr als 30 % beträgt (54). Die Hinweise, die im Hinblick auf diese Art von Beschränkungen gegeben wurden, gelten auch für Franchisevereinbarungen mit folgenden zwei Besonderheiten:

a)

Je weitreichender der Transfer von Know-how, desto wahrscheinlicher ist es, dass durch die Beschränkungen Effizienzgewinne geschaffen werden und/oder diese für den Schutz des Know-hows unerlässlich sind, so dass die Beschränkungen die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllen.

b)

Ein Wettbewerbsverbot in Bezug auf die vom Franchisenehmer erworbenen Waren oder Dienstleistungen fällt nicht unter das Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens, wenn diese Verpflichtung notwendig ist, um die Einheitlichkeit und den Ruf des Franchisesystems zu erhalten. In solchen Fällen ist auch die Dauer des Wettbewerbsverbots im Hinblick auf das Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens irrelevant, solange sie nicht über die Laufzeit der Franchisevereinbarung selbst hinausgeht.

(191)   Beispiel für Franchisevereinbarungen

Ein Hersteller hat eine neue Form des Bonbonverkaufs in sogenannten „Fun Shops“ entwickelt, in denen die Bonbons nach den Wünschen der Verbraucher gefärbt werden. Der Bonbonhersteller hat auch die Maschinen zum Bonbonfärben entwickelt und stellt selbst die nötigen Lebensmittelfarben her, deren Qualität und Frische für die Produktion guter Bonbons von entscheidender Bedeutung sind. Der Hersteller hat seine Bonbons erfolgreich vermarktet, indem er sie über eine Reihe von eigenen Einzelhandelsgeschäften absetzte, die alle unter demselben Markennamen firmierten und ein einheitliches „fun“-Image verbreiteten (Design der Läden, gemeinsame Werbung usw.). Zur Umsatzsteigerung lancierte der Hersteller ein Franchisesystem. Die Franchisenehmer sind verpflichtet, Bonbons, Lebensmittelfarben und Färbeanlage vom Hersteller zu kaufen, ihre Geschäfte mit identischer Aufmachung und unter demselben Markennamen zu betreiben, eine Franchisegebühr zu entrichten, zur gemeinsamen Werbung beizutragen und die Vertraulichkeit der vom Franchisegeber erstellten Betriebsanleitung zu gewährleisten. Außerdem dürfen sie nur in den anerkannten Räumlichkeiten und nur an Endverbraucher oder andere Franchisenehmer verkaufen; der Verkauf markenfremder Bonbons ist ihnen untersagt. Der Franchisegeber darf seinerseits in einem bestimmten Vertragsgebiet keine anderen Franchisenehmer zulassen oder selbst ein Einzelhandelsgeschäft betreiben. Er ist ferner verpflichtet, seine Produkte, die Geschäftsperspektiven und die Betriebsanleitung zu aktualisieren bzw. weiterzuentwickeln und diese Verbesserungen allen Franchisenehmern im Einzelhandel zur Verfügung zu stellen. Die Franchisevereinbarungen werden für zehn Jahre abgeschlossen.

Bonbon-Einzelhändler kaufen ihre Ware im Inland ein, und zwar entweder von inländischen Herstellern, die sich auf die Geschmackspräferenzen der Verbraucher des betreffenden Landes eingestellt haben, oder von Großhändlern, die ihre Ware neben inländischen auch von ausländischen Produzenten beziehen. Auf diesem Markt konkurrieren die Erzeugnisse des Franchisegebers mit anderen Bonbonmarken. Auf den Franchisegeber entfallen 30 % aller Bonbons, die an Einzelhändler verkauft werden. Wettbewerbsdruck entsteht durch eine Reihe nationaler und internationaler Marken, die teilweise von großen diversifizierten Nahrungsmittelkonzernen hergestellt werden. Es bestehen viele potenzielle Bonbonverkaufsstellen in Form von Tabakläden, Lebensmittelläden, Cafeterias und Süßwarengeschäften. Bei Maschinen zum Einfärben von Lebensmitteln hält der Franchisegeber einen Marktanteil von weniger als 10 %.

Bei den meisten der in den Franchisevereinbarungen enthaltenen Verpflichtungen kann darauf geschlossen werden, dass sie notwendig sind, um geistiges Eigentum zu schützen bzw. die Einheitlichkeit und den Ruf des Franchisenetzes zu erhalten, so dass sie nicht unter das Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen. Die Beschränkungen in Bezug auf den Verkauf (Gebietsschutz und selektiver Vertrieb) sind ein Anreiz für die Franchisenehmer, in die Färbemaschine und das Franchisekonzept zu investieren, und tragen, auch wenn sie zu diesem Zweck nicht unbedingt erforderlich sind, zumindest dazu bei, die Einheitlichkeit des Netzes zu bewahren und damit den Verlust an markeninternem Wettbewerb auszugleichen. Das Wettbewerbsverbot, durch das anderen Bonbonmarken der Zugang zu den Geschäften für die gesamte Vertragsdauer verwehrt wird, ermöglicht es dem Franchisegeber, die Läden einheitlich zu gestalten und zu vermeiden, dass Wettbewerber von seinem Markennamen profitieren. Es hat keine gravierende Marktabschottung zur Folge, da andere Bonbonhersteller auf eine sehr große Zahl potenzieller Verkaufsstätten zurückgreifen können. Soweit die in den Franchisevereinbarungen dieses Franchisegebers enthaltenen Verpflichtungen unter das Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen, dürften sie die Voraussetzungen für eine Freistellung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllen.

2.6    Alleinbelieferung

(192)   Unter die Bezeichnung „Alleinbelieferung“ fallen Beschränkungen, deren zentrales Element darin besteht, dass der Anbieter verpflichtet ist oder dazu angehalten wird, die Vertragsprodukte ausschließlich oder hauptsächlich an einen Abnehmer oder für einen bestimmten Verwendungszweck zu verkaufen. Dies kann in Form einer Alleinbelieferungsklausel erfolgen, die den Anbieter dazu verpflichtet, für die Zwecke des Weiterverkaufs oder für einen bestimmten Verwendungszweck nur an einen Abnehmer zu verkaufen, aber auch die Form einer Mengenvorgabe für den Anbieter annehmen, in deren Rahmen der Anbieter und der Abnehmer Anreize vereinbaren, die den Anbieter dazu veranlassen, seine Verkäufe im Wesentlichen auf einen Abnehmer zu konzentrieren. Die Lieferung von Zwischenprodukten mit Ausschließlichkeitsbindung wird häufig auch als „industrial supply“ bezeichnet.

(193)   Alleinbelieferungsvereinbarungen sind nach der GVO vom Kartellverbot freigestellt, wenn sowohl der Anbieter als auch der Abnehmer auf seinem Markt nicht mehr als 30 % Marktanteil hält; dies gilt selbst dann, wenn die Vereinbarung noch andere vertikale Beschränkungen wie z. B. ein Wettbewerbsverbot enthält. Im nachstehenden Teil dieses Abschnitts werden Anhaltspunkte gegeben, wie in einzelnen Fällen, in denen die Marktanteilsschwelle überschritten wird, bei der Würdigung von Alleinbelieferungsverpflichtungen vorzugehen ist.

(194)   Die größte Gefahr für den Wettbewerb besteht bei der Alleinbelieferung in der wettbewerbswidrigen Abschottung des Marktes für andere Abnehmer. Mögliche Auswirkungen ähneln jenen von Alleinvertriebsvereinbarungen, insbesondere wenn der Alleinvertriebshändler der einzige Abnehmer auf dem gesamten Markt ist (siehe Abschnitt 2.2 und insbesondere Randnummer 156). Es ist somit wichtig, den Marktanteil des Abnehmers im vorgelagerten Beschaffungsmarkt zu kennen, um einschätzen zu können, ob dieser in der Lage wäre, dem Anbieter Alleinbelieferungsverpflichtungen aufzuerlegen, die anderen Abnehmern den Zugang zu einer bestimmten Lieferquelle verschließen würden. Ob ein wettbewerbsrechtliches Problem entstehen könnte, hängt jedoch vor allem von der Stellung des Abnehmers auf dem nachgelagerten Markt ab. Hat der Abnehmer dort keine Marktmacht, so ist nicht mit spürbaren negativen Auswirkungen auf die Verbraucher zu rechnen. Negative Auswirkungen sind jedoch möglich, wenn der Marktanteil des Abnehmers auf dem vorgelagerten Beschaffungs- oder nachgelagerten Vertriebsmarkt über 30 % liegt. Doch auch wenn der Marktanteil des Abnehmers die 30 %-Schwelle im vorgelagerten Markt nicht übersteigt, können insbesondere in Fällen, in denen diese Schwelle im nachgelagerten Markt überschritten wird und sich die Alleinvertriebsvereinbarung auf einen bestimmten Verwendungszweck für die Vertragsprodukte bezieht, erhebliche Abschottungswirkungen auftreten. Verpflichtungen, Produkte ausschließlich oder überwiegend an einen Abnehmer zu liefern, der im nachgelagerten Markt eine beherrschende Stellung innehat, können schnell erhebliche wettbewerbswidrige Auswirkungen zur Folge haben.

(195)   Neben der „Stellung des Abnehmers“ im vor- und im nachgelagerten Markt spielt aber auch die Frage eine Rolle, in welchem Umfang und wie lange der Abnehmer eine Alleinbelieferungsklausel anwendet. Je mehr Lieferungen gebunden sind und je länger die Bindung dauert, desto ausgeprägter dürfte die Abschottungswirkung sein. Bei Alleinbelieferungsvereinbarungen mit einer Dauer von weniger als fünf Jahren, die Unternehmen in nicht marktbeherrschender Stellung anwenden, ist gewöhnlich eine sorgfältige Gegenüberstellung der wettbewerbsfördernden und -schädigenden Auswirkungen erforderlich. Beträgt die Dauer mehr als fünf Jahre, ist davon auszugehen, dass die Vereinbarungen bei den meisten Investitionsarten nicht als für die Erzielung der behaupteten Effizienzgewinne erforderlich betrachtet werden bzw. dass diese Gewinne nicht ausreichen, um die Abschottungswirkung zu kompensieren.

(196)   Die „Stellung der konkurrierenden Abnehmer im vorgelagerten Markt“ ist von Bedeutung, da es nur wahrscheinlich ist, dass diese aus wettbewerbsfeindlichen Motiven (Kostentreiberei) aus dem Markt ausgeschlossen werden, wenn sie erheblich kleiner sind als der den Ausschluss bewirkende Abnehmer. Ein Marktausschluss konkurrierender Abnehmer ist dagegen unwahrscheinlich, wenn die Wettbewerber über vergleichbare Nachfragemacht verfügen und den Anbietern ähnliche Absatzmöglichkeiten bieten können. In einem solchen Fall wären gegebenenfalls nur potenzielle neue Anbieter vom Markt ausgeschlossen, denen es nicht gelingt, sich Lieferquellen zu sichern, weil mehrere große Abnehmer Alleinbelieferungsverträge mit den meisten Anbietern in dem betreffenden Markt geschlossen haben. Eine solche kumulative Wirkung kann den Entzug des Rechtsvorteils der Gruppenfreistellung nach sich ziehen.

(197)   „Marktzutrittschranken“ auf der Ebene der Anbieter sind ein wichtiger Aspekt für die Klärung der Frage, ob es tatsächlich zu einer Marktabschottung kommt. Ist es für konkurrierende Abnehmer rationell, die Ware oder Dienstleistung im Wege der vertikalen Integration über ein verbundenes Unternehmen im vorgelagerten Markt selbst zu beschaffen, dürfte der Ausschluss kein wirkliches Problem darstellen. Häufig aber bestehen beträchtliche Marktzutrittsschranken.

(198)   „Gegenmacht von Anbietern“ ist von Bedeutung, da wichtige Anbieter sich nicht leicht von anderen Abnehmern abschneiden lassen. Die Gefahr einer Marktabschottung besteht daher hauptsächlich dann, wenn die Anbieter schwach und die Abnehmer stark sind. Bei starken Anbietern kann Alleinbelieferung in Verbindung mit Wettbewerbsverboten auftreten. Bei dieser Kombination kommen die Regeln zum Tragen, die in Bezug auf den Markenzwang formuliert wurden. Haben beide Seiten vertragsspezifische Investitionen vornehmen müssen („Hold-up“-Problem), kann eine Verbindung aus Alleinbelieferungspflicht und Wettbewerbsverbot (d. h. gegenseitige ausschließliche Bindung in Alleinbelieferungsvereinbarungen) oft gerechtfertigt sein, insbesondere dann, wenn keine marktbeherrschende Stellung vorliegt.

(199)   Schließlich sind auch die „Handelsstufe“ und die „Beschaffenheit des Produkts“ wichtige Marktausschlussfaktoren. Eine wettbewerbswidrige Abschottung des Marktes ist bei Zwischenprodukten oder bei homogenen Produkten weniger wahrscheinlich. Im erstgenannten Fall kann ein vom Markt ausgeschlossener Hersteller, der eine bestimmte Vorleistung benötigt, in der Regel flexibler auf die Nachfrage seiner Kunden reagieren als der Groß- oder Einzelhändler, der die Nachfrage des Endverbrauchers zu befriedigen hat, für den Marken unter Umständen sehr wichtig sind. Bei homogenen Produkten ist der Verlust einer möglichen Lieferquelle für die ausgeschlossenen Abnehmer weniger bedeutsam als bei heterogenen Produkten, die unterschiedliche Merkmale und Qualitätseigenschaften aufweisen. Bei Marken-Endprodukten oder differenzierten Zwischenprodukten in Märkten mit Zutrittsschranken können Alleinbelieferungsverpflichtungen spürbare wettbewerbswidrige Auswirkungen haben, wenn die Wettbewerber des Abnehmers im Vergleich zu diesem klein sind; dies gilt selbst dann, wenn der Abnehmer im nachgelagerten Markt keine marktbeherrschende Stellung einnimmt.

(200)   Effizienzgewinne sind bei „Hold-up“-Problemen (Randnummer 107 Buchstaben d und e) zu erwarten, und zwar mit größerer Wahrscheinlichkeit bei Zwischen- als bei Endprodukten. Effizienzgewinne anderer Art sind weniger wahrscheinlich. Etwaige Größenvorteile beim Vertrieb (Randnummer 107 Buchstabe g) dürften keine Rechtfertigung für Alleinbelieferungsverpflichtungen bieten.

(201)   Zur Lösung von „Hold-up“-Problemen und mehr noch zur Erzielung von Größenvorteilen im Vertrieb gibt es durchaus weniger wettbewerbsbeschränkende Alternativen zur Alleinbelieferung, z. B. Mengenvorgaben für den Anbieter (Mindestliefermengen usw.).

(202)   Beispiel für Alleinbelieferung

Auf einem Markt für einen bestimmten Komponententyp (Zwischenprodukte) kommt Anbieter A mit Abnehmer B überein, mit eigenem Know-how und erheblichen Investitionen in neue Maschinen sowie mit Hilfe der von Abnehmer B vorgegebenen Spezifikationen einen neuen Typ von Bauteilen zu entwickeln. B muss erhebliche Investitionen tätigen, um die neue Komponente in sein Produkt einzubauen. Es wird vereinbart, dass A das neue Produkt ab dessen Markteinführung fünf Jahre lang ausschließlich an B verkauft. B darf das Produkt während desselben Zeitraums nur von A beziehen. Frühere Generationen des Produkts dürfen A und B jedoch weiterhin an andere Kunden verkaufen bzw. bei anderen Anbietern beziehen. Der Marktanteil von Abnehmer B auf dem vorgelagerten Komponentenmarkt und auf dem nachgelagerten Endproduktmarkt beträgt jeweils 40 %. Der Komponentenanbieter hat einen Marktanteil von 35 %. Zwei weitere Komponentenanbieter halten rund 20 % bis 25 % Marktanteil; daneben gibt es noch eine Reihe kleinerer Anbieter.

Wegen der erheblichen Investitionen dürfte die Vereinbarung in Anbetracht der Effizienzgewinne und der geringen Marktabschottungswirkung die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllen. Andere Abnehmer werden nur von dem Markt für eine bestimmte Version des Produkts eines Anbieters ausgeschlossen, der einen Marktanteil von 35 % hat; außerdem gibt es noch andere Bauteileanbieter, die ähnliche neue Produkte entwickeln könnten. Desgleichen beschränkt sich der Ausschluss anderer Anbieter nur auf den Teil des Beschaffungsmarkts, den Abnehmer B besetzt, d. h. höchstens 40 %.

2.7.    Vorauszahlungen für den Zugang

(203)   Bei Vorauszahlungen für den Zugang handelt es sich um feste Gebühren, die Anbieter im Rahmen einer vertikalen Beziehungen zu Beginn eines bestimmten Zeitraums an Händler für den Zugang zu ihren Vertriebsnetzen und für Service-Leistungen, die Einzelhändler Anbietern erbringen, zahlen. Hierzu zählen unter anderem Listungsgebühren (55), die sogenannten „Pay-to-Stay“-Gebühren (56) oder auch Entgelte für den Zugang zu Werbekampagnen eines Händlers. Derartige Vorauszahlungen fallen unter die GVO, wenn sowohl der Anbieter als auch der Abnehmer auf seinem Markt nicht mehr als 30 % Marktanteil hält. Im nachstehenden Teil dieses Abschnitts werden Anhaltspunkte gegeben, wie in einzelnen Fällen, in denen diese Marktanteilsschwelle überschritten wird, bei der Würdigung von Vorauszahlungen für den Zugang vorzugehen ist.

(204)   Vorauszahlungen für den Zugang können manchmal, falls diese Zahlungen die Anbieter dazu anhalten, ihre Produkte nur über einen oder eine kleine Zahl von Händler zu vertreiben, manchmal zu einem wettbewerbswidrigen Marktausschluss anderer Händler führen. Eine hohe Gebühr kann dazu führen, dass ein Anbieter einen wesentlichen Teil seiner Verkäufe über seinen Händler abwickelt, um diese Kosten zu decken. In diesem Fall könnten diese Vorauszahlungen dieselbe Marktabschottungswirkung auf dem nachgelagerten Markt haben wie eine Art Alleinbelieferungsklausel. Etwaige negative Auswirkungen werden wie jene von Alleinbelieferungsverpflichtungen gewürdigt (siehe insbesondere Randnummern 194 bis 199).

(205)   Außerdem können in Ausnahmefällen Vorauszahlungen für den Zugang zu einem wettbewerbswidrigen Marktausschluss anderer Anbieter führen, wenn die allgemeine Verwendung derartiger Zahlungen kleineren Marktteilnehmer den Markteintritt erschwert. Etwaige negative Auswirkungen werden wie jene von Markenzwang gewürdigt (siehe insbesondere Randnummern 132 bis 141).

(206)   Zusätzlich zu einer möglichen Marktabschottung kann durch diese Vorauszahlungen eine Aufweichung des Wettbewerbs und Kollusion zwischen Händlern begünstigt werden. Diese Zahlungen veranlassen die Anbieter mit großer Wahrscheinlichkeit dazu, ihre Preise für die Vertragsprodukte zu erhöhen, da sie diese Kosten decken müssen. Höhere Lieferpreise könnten das Interesse der Einzelhändler, auf dem nachgelagerten Markt preislich zu konkurrieren, schmälern, während die Gewinne der Händler aufgrund der Vorauszahlungen steigen. Für eine solche Einschränkung des Wettbewerbs zwischen Händlern mittels kumulativer Verwendung von Vorauszahlungen für den Zugang bedarf es in der Regel eines stark konzentrierten Vertriebsmarkts.

(207)   Gleichzeitig könnten Vorauszahlungen für den Zugang in vielen Fällen zu einer effizienten Regalflächenzuweisung für neue Produkte beitragen. Händler sind häufig nicht so gut über die Erfolgschancen eines neu einzuführenden Produkts informiert wie die Anbieter, so dass nicht immer eine richtige Anzahl von Produkten vorgesehen wird. Vorauszahlungen könnten genutzt werden, um die Informationsasymmetrie zwischen Anbietern und Händlern abzubauen, indem Anbietern ausdrücklich erlaubt wird, sich direkt um Regalfläche zu bemühen. Auf diese Weise erhält der Händler Hinweise darüber, welche Produkte den größten Erfolg versprechen könnten, da ein Anbieter nur dann eine Vorabgebühr für den Zugang zahlen wird, wenn die Produkteinführung mit einem geringen Misserfolgsrisiko verbunden ist.

(208)   Aufgrund der in Randnummer 207 genannten Informationsasymmetrie könnten die Anbieter außerdem versuchen, von den Verkaufsförderungsbemühungen des Händlers zu profitieren, um suboptimale Produkte einzuführen. Kann sich das Produkt nicht durchsetzen, zahlen die Händler einen Teil der damit verbundenen Kosten. Die Verwendung von Vorabgebühren für den Zugang könnte Trittbrettfahrer vermeiden, indem das Misserfolgsrisiko eines Produkts wieder auf die Anbieterseite verlagert und dadurch zu einer optimalen Produkteinführungsrate beigetragen wird.

2.8.    Produktgruppenmanagement-Vereinbarungen

(209)   Hierbei handelt es sich um Vereinbarungen, mit denen ein Händler in Verbindung mit einer Vertriebsvereinbarung dem Anbieter als „Category Captain“ die Federführung über das Marketing einer bestimmten Gruppe von Produkten, zu denen im Allgemeinen nicht nur die Produkte des Anbieters, sondern auch die Produkte seiner Wettbewerber zählen, überträgt. Der „Category Captain“ könnte folglich u. a. Einfluss nehmen auf die Produktplatzierung und die Verkaufsförderung für das Produkt im Geschäft sowie auf die Produktauswahl für das Geschäft. Produktgruppenmanagement-Vereinbarungen (Category Management Agreements) fallen unter die GVO, wenn sowohl der Anbieter als auch der Abnehmer auf seinem Markt nicht mehr als 30 % Marktanteil hält. Im nachstehenden Teil dieses Abschnitts werden Anhaltspunkte gegeben, wie in einzelnen Fällen, in denen diese Marktanteilsschwelle überschritten wird, bei der Würdigung von solchen Vereinbarungen vorzugehen ist.

(210)   Während Produktgruppenmanagement-Vereinbarungen in den meisten Fällen unproblematisch sind, können sie manchmal den Wettbewerb zwischen Anbietern verzerren und letztendlich zu einem wettbewerbswidrigen Marktausschluss anderer Anbieter führen, wenn der „Category Captain“ aufgrund seiner möglichen Einflussnahme auf Marketingentscheidungen des Händlers in der Lage ist, den Vertrieb von Produkten konkurrierender Anbieter zu beschränken oder zu erschweren. Während der Händler in den meisten Fällen kein Interesse daran haben dürfte, seine Auswahl an Produkten einzuschränken, wenn er auch konkurrierende Produkte unter seiner eigenen Marke (Händlermarke) verkauft, könnten für ihn auch Anreize bestehen, bestimmte Anbieter (insbesondere für Produkte der mittleren Preisklasse) auszuschließen. Etwaige negative Auswirkungen dieser Abschottung des vorgelagerten Marktes werden wie jene von Vereinbarungen mit Markenzwang gewürdigt (siehe insbesondere Randnummern 132 bis 141), indem Aspekte wie Abdeckung des Marktes durch diese Vereinbarungen, Marktstellung der konkurrierenden Anbieter und etwaige kumulative Anwendung solcher Vereinbarungen geprüft werden.

(211)   Darüber hinaus könnten Produktgruppenmanagement-Vereinbarungen Kollusion zwischen Händlern begünstigen, wenn derselbe Anbieter als „Category Captain“ für alle oder fast alle konkurrierenden Händler eines Marktes fungiert und diesen Händlern einen einheitlichen Bezugsrahmen für ihre Marketingentscheidung geben würde.

(212)   Außerdem könnte diese Art von Vereinbarungen eine Kollusion zwischen Anbietern befördern, indem ihnen mehr Gelegenheiten gegeben werden, über Einzelhändler wichtige Marktinformationen (z. B. Informationen über künftige Preisfestsetzung, geplante Verkaufsförderungsmaßnahmen und Werbekampagnen) auszutauschen (57).

(213)   Produktgruppenmanagement-Vereinbarungen können jedoch auch Effizienzgewinne bringen, da sie den Händlern die Möglichkeit eröffnen, die Marketingkenntnisse der Anbieter in Bezug auf eine bestimmte Produktgruppe zu nutzen und Größenvorteile zu erzielen, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass eine optimale Auswahl an Produkten zum gewünschten Zeitpunkt und direkt in den Regalen steht. Da sich das Produktgruppenmanagement an den Gewohnheiten der Kunden orientiert, könnten entsprechende Vereinbarungen zu einer hohen Kundenzufriedenheit führen, da sie es ermöglichen, der Nachfrageerwartung besser Rechnung zu tragen. Je stärker der Markenwettbewerb und je geringer die Umstellungskosten der Verbraucher, desto größer sind in der Regel die wirtschaftlichen Vorteile, die durch das Produktgruppenmanagement erzielt werden können.

2.9    Kopplungsbindung

(214)   Die Kopplungsbindung bezieht sich auf Situationen, in denen Kunden, die ein Produkt (Kopplungsprodukt) kaufen, auch ein ausgewähltes anderes Produkt (gekoppeltes Produkt) kaufen müssen, das entweder von dem Anbieter selbst oder aber von einem von ihm benannten Unternehmen angeboten wird. Eine Kopplungsbindung kann eine missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 54 des EWR-Abkommens darstellen (58). Kopplung kann aber auch eine vertikale Beschränkung im Sinne des Artikels 53 des EWR-Abkommens darstellen, wenn sie in Bezug auf das gekoppelte Produkt eine Verpflichtung von der Art des Markenzwangs (siehe Randnummern 129 bis 150) bewirkt. Nur auf diesen letzten Fall wird in den vorliegenden Leitlinien eingegangen.

(215)   Ob die Produkte als getrennte Produkte angesehen werden, hängt von der Verbrauchernachfrage ab. Zwei getrennte Produkte liegen dann vor, wenn ohne die Kopplung eine große Anzahl von Kunden das Kopplungsprodukt kaufen würden bzw. gekauft hätten, ohne auch das gekoppelte Produkt beim selben Anbieter zu erwerben, so dass jedes der beiden Produkte unabhängig vom anderen hergestellt werden kann (59). Als direkter Beweis für die Existenz zweier getrennter Produkte kann der Umstand gelten, dass Verbraucher, wenn sie die Wahl haben, das Kopplungs- und das gekoppelte Produkt von unterschiedlichen Quellen beziehen; ein indirekter Beweis wäre u. a. die Marktpräsenz von Unternehmen, die auf die Fertigung oder den Verkauf des gekoppelten Produkts (ohne das Kopplungsprodukt) bzw. jedes einzelnen der vom marktbeherrschenden Unternehmen gebündelten Produkte spezialisiert sind (60), oder aber der Nachweis dafür, dass Unternehmen mit geringer Marktmacht vor allem auf funktionierenden Wettbewerbsmärkten diese Produkte tendenziell nicht koppeln bzw. bündeln. Ein Beispiel: Da Kunden Schuhe mit Schnürsenkeln kaufen wollen, es für Händler aber nicht möglich ist, neue Schuhe mit Schnürsenkeln ihrer Wahl zu versehen, ist es für Schuhhersteller zum Handelsbrauch geworden, Schuhe mit Senkeln zu liefern. Der Verkauf von Schuhen mit den dazugehörigen Schnürsenkeln ist somit kein Kopplungsgeschäft.

(216)   Produktkopplung kann zu einer wettbewerbswidrigen Marktabschottung auf dem Markt für das Kopplungsprodukt, dem Markt für das gekoppelte Produkt oder auf beiden Märkten führen. Die Marktausschlusswirkung hängt davon ab, inwieweit der Absatz auf dem Markt für das gekoppelte Produkt durch entsprechende Bindungen abgedeckt wird. Bei der Klärung der Frage, ob spürbare Abschottungswirkungen im Sinne des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens vorliegen, sind die Kriterien für die wettbewerbsrechtliche Würdigung von Vereinbarungen mit Markenzwang heranzuziehen. Kopplungsvereinbarungen beinhalten zumindest eine Art von Mengenvorgabe für das gekoppelte Produkt, die dem Abnehmer auferlegt wird. Wenn in Bezug auf das gekoppelte Produkt außerdem ein Wettbewerbsverbot vereinbart wird, wird die mögliche Abschottungswirkung noch größer. Die Kopplung kann zu weniger Wettbewerb um Abnehmer führen, die das gekoppelte Produkt, nicht jedoch das Kopplungsprodukt kaufen wollen. Gibt es für die Wettbewerber des Anbieters auf dem Markt für das gekoppelte Produkt nicht genügend Kunden, die nur das gekoppelte Produkt kaufen würden, kann die Kopplung für diese Kunden letztlich zu höheren Preisen führen. Handelt es sich bei dem gekoppelten Produkt um ein wichtiges Komplementärprodukt für die Kunden des Kopplungsprodukts, können eine Reduzierung anderer Anbieter des gekoppelten Produkts und die dadurch bewirkte geringere Verfügbarkeit dieses Produkts den Eintritt in den Kopplungsmarkt erschweren.

(217)   Darüber hinaus können Kopplungsgeschäfte Preise zur Folge haben, die über dem freien Marktpreis liegen; dies gilt insbesondere für die drei folgenden Situationen: Wenn, erstens, das Kopplungs- und das gekoppelte Produkt in variablen Mengen als Vorleistung für einen Produktionsprozess verwendet werden, könnten die Kunden auf eine Erhöhung des Preises für das Kopplungsprodukt reagieren, indem sie verstärkt das gekoppelte Produkt nachfragen und gleichzeitig ihre Nachfrage nach dem Kopplungsprodukt reduzieren. Durch Kopplung der beiden Produkte kann der Anbieter versuchen, diese Substitution zu unterbinden, um im Endeffekt in der Lage zu sein, seine Preise zu erhöhen. Zweitens, die Kopplungsvereinbarung lässt zu, dass je nach Verwendung des Kopplungsprodukts durch den Kunden unterschiedliche Preise angewandt werden (z. B. Kopplung der Lieferung von Tintenpatronen an den Kauf von Fotokopiermaschinen). Drittens, bei Verträgen mit langer Laufzeit oder bei Anschlussmärkten, auf denen Erstausrüstungen erst nach langer Zeit ersetzt werden, können die Kunden die Folgen der Kopplung nur schwer kalkulieren.

(218)   Die Kopplungsbindung ist nach der GVO vom Kartellverbot freigestellt, wenn der Anbieter weder für das gekoppelte Produkt noch für das Kopplungsprodukt einen Marktanteil von mehr als 30 % hält und wenn der Marktanteil des Abnehmers auf dem entsprechenden vorgelagerten Markt nicht mehr als 30 % beträgt. Sie kann mit anderen vertikalen Beschränkungen kombiniert werden, die keine Kernbeschränkungen nach der GVO darstellen, z. B. mit einem Wettbewerbsverbot oder mit Mengenvorgaben für das Kopplungsprodukt oder mit einer Alleinbezugsverpflichtung. Im nachstehenden Teil dieses Abschnitts wird dargestellt, wie Kopplungsvereinbarungen zu würdigen sind, wenn im Einzelfall die Marktanteilsschwelle überschritten wird.

(219)   Bei der Würdigung etwaiger wettbewerbswidriger Wirkungen ist die „Marktstellung des Anbieters“ auf dem Markt für das Kopplungsprodukt natürlich von größter Bedeutung. Im Allgemeinen wird diese Form der Vereinbarung vom Anbieter durchgesetzt. Eine starke Marktstellung des Anbieters bei dem Kopplungsprodukt ist der Hauptgrund dafür, dass sich der Abnehmer einer Kopplungsbindung kaum entziehen kann.

(220)   Bei der Würdigung der Marktmacht des Anbieters ist die „Marktstellung seiner Wettbewerber“ auf dem Markt für das Kopplungsprodukt von Belang. Ist die Konkurrenz hinreichend zahlreich und stark, sind keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen zu erwarten, da die Abnehmer genügend Alternativen haben, um die betreffenden Produkte ohne das gekoppelte Produkt zu beziehen, sofern nicht andere Anbieter eine ähnliche Praxis verfolgen. Außerdem sind Marktzutrittsschranken bei dem Kopplungsprodukt für die Ermittlung der Marktstellung des Anbieters von Bedeutung. Wird die Kopplungsbindung mit einem Wettbewerbsverbot für das Kopplungsprodukt kombiniert, so ist eine erhebliche Stärkung der Marktstellung des Anbieters die Folge.

(221)   Auch die „Nachfragemacht“ spielt eine Rolle, da große Abnehmer sich nicht leicht zwingen lassen, eine Kopplungsbindung einzugehen, ohne sich selbst zumindest einen Teil der möglichen Effizienzgewinne zu sichern. Kopplungsvereinbarungen, die nicht effizienzsteigernd wirken, sind daher vor allem für Abnehmer mit geringer Nachfragemacht eine Gefahr.

(222)   Werden spürbare wettbewerbswidrige Auswirkungen festgestellt, so ist zu klären, ob die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind. Kopplungsbindungen können durch gemeinsame Herstellung oder gemeinsamen Vertrieb zu Effizienzgewinnen beitragen. Wird das gekoppelte Produkt nicht vom Anbieter hergestellt, so kann ein Effizienzgewinn auch dadurch entstehen, dass dieser das Produkt in großen Mengen bezieht. Um die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens zu erfüllen, muss für eine Kopplungsbindung nachgewiesen werden, dass zumindest ein Teil der dabei erzielten Kosteneinsparungen an den Verbraucher weitergegeben werden, was normalerweise nicht der Fall ist, wenn sich der Einzelhändler regelmäßig Lieferungen identischer oder gleichwertiger Produkte zu besseren Konditionen sichern kann als sie der Anbieter, der die Kopplung praktiziert, bietet. Ein Effizienzgewinn ist auch in Fällen möglich, in denen Kopplungsbindungen zur Einhaltung bestimmter Produktstandards (Einheitlichkeit und Qualität; Randnummer 107 Buchstabe i) beitragen. Dabei muss jedoch nachgewiesen werden, dass die positiven Auswirkungen nicht ebenso effizient dadurch erzielt werden können, dass der Abnehmer ohne den obligatorischen Bezug bei dem Anbieter oder einem von diesem benannten Unternehmen verpflichtet wird, Produkte zu nutzen oder weiterzuverkaufen, die bestimmte Mindestqualitätsanforderungen erfüllen. Die Anforderungen in Bezug auf die Erfüllung bestimmter Qualitätsnormen würden in der Regel nicht unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen. Eine Klausel, mit der der Anbieter des Kopplungsprodukts dem Abnehmer vorschreibt, bei welchen Anbietern er das gekoppelte Produkt zu beziehen hat, weil z. B. keine Mindestqualitätsanforderungen formuliert werden können, wird möglicherweise auch nicht in Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens erfasst; dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Anbieter des Kopplungsprodukts aus der Benennung der Anbieter für den Bezug des gekoppelten Produkts keinen direkten (finanziellen) Vorteil zieht.

2.10    Beschränkungen für den Weiterverkaufspreis

(223)   Wie in Abschnitt III.3 erläutert, wird die Preisbindung der zweiten Hand oder vertikale Preisbindung, d. h. Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen, die unmittelbar oder mittelbar die Festsetzung von Fest- oder Mindestweiterverkaufspreisen oder Fest- oder Mindestpreisniveaus bezwecken, die die Abnehmer einzuhalten haben, wie eine Kernbeschränkung behandelt. Ist eine Preisbindung zweiter Hand in eine Vereinbarung aufgenommen worden, so wird vermutet, dass die Vereinbarung den Wettbewerb einschränkt und somit unter Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens fällt. Da ferner vermutet wird, dass die Vereinbarung die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens wahrscheinlich nicht erfüllt, findet die GVO keine Anwendung. Im Einzelfall kann ein Unternehmen jedoch die Einrede der Effizienz nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erheben. Die Unternehmen müssen substantiiert vortragen, dass sich die zu erwartenden Effizienzgewinne aus der Aufnahme der Preisbindung zweiter Hand in die Vereinbarung ergeben, und nachweisen, dass grundsätzlich alle Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind. Anschließend muss die EFTA-Überwachungsbehörde die wahrscheinlichen negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb konkret prüfen, bevor sie abschließend feststellt, ob die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind.

(224)   Eine Preisbindung der zweiten Hand kann den Wettbewerb in mehrerer Hinsicht einschränken. Erstens kann sie zu Kollusion zwischen Anbietern führen, indem die Preistransparenz auf dem Markt verbessert wird und es somit einfacher ist festzustellen, ob ein Anbieter von dem abgesprochenen Gleichgewicht abweicht, indem er seine Preise senkt. Darüber hinaus kann sie Anbietern den Anreiz nehmen, ihre Preise für Händler zu senken, da sie in Anbetracht des festgelegten Weiterverkaufspreises keine weiteren Vorteile aus Verkaufssteigerungen ziehen. Eine solche negative Auswirkung ist besonders wahrscheinlich, wenn ein Markt besonders anfällig für Kollusion ist, was der Fall wäre, wenn die Hersteller ein enges Oligopol bilden, und für einen wesentlichen Teil des Marktes Preisbindungen zweiter Hand bestehen. Zweitens, durch Ausschaltung des markeninternen Preiswettbewerbs kann die Preisbindung der zweiten Hand außerdem eine Kollusion zwischen den Abnehmern, d. h. auf Vertriebsebene, begünstigen. Starke und gut organisierte Händler könnten in der Lage sein, einen oder mehrere Anbieter dazu zu zwingen/zu überzeugen, ihren Weiterverkaufspreis oberhalb des Preises des freien Marktes festzulegen und ihnen auf diese Weise helfen, ihr abgesprochenes Gleichgewicht zu erreichen bzw. zu stabilisieren. Dieser Verlust an Preiswettbewerb erscheint besonders problematisch, wenn die Preisbindung der zweiten Hand vom Abnehmer ausgeht, da davon auszugehen ist, da sich deren kollektive horizontale Interessen negativ auf den Verbraucher auswirken. Drittens, ganz allgemein besteht die Gefahr, dass eine Preisbindung der zweiten Hand den Wettbewerb zwischen Herstellern und/oder zwischen Einzelhändlern aufweicht; dies gilt insbesondere dann, wenn die Hersteller ihre Produkte über dieselben Händler vertreiben und alle oder viele dieser Händler eine Preisbindung zweiter Hand anwenden. Viertens, durch eine Preisbindung der zweiten Hand werden alle oder bestimmte Händler unmittelbar darin gehindert, ihre Weiterverkaufspreise für die jeweilige Marke zu senken. Somit ist ein Preisanstieg eine direkte Folge einer Preisbindung der zweiten Hand. Fünftens, eine Preisbindung der zweiten Hand kann den Druck auf die Margen der Hersteller verringern, insbesondere wenn der Hersteller ein Problem hat, seine Zusagen einzuhalten, d. h., er hat ein Interesse daran, seine Preise für nachfolgende Händler zu senken. In einer solchen Situation könnte es ein Hersteller vorziehen, einer Preisbindung der zweiten Hand zuzustimmen, um so zusagen zu können, die Preise für nachfolgende Händler nicht zu senken, und gleichzeitig den Druck auf seine eigenen Margen zu nehmen. Sechstens, ein Hersteller mit Marktmacht könnte eine Preisbindung zweiter Hand einführen, um kleinere Konkurrenten vom Markt auszuschließen. Die durch eine Preisbindung zweiter Hand entstehende höhere Marge für die betreffende Marke kann Händler dazu veranlassen, bei der Beratung ihrer Kunden eher diese Marke zu empfehlen als eine Marke eines anderen Wettbewerbers, selbst wenn eine solche Empfehlung nicht im Interesse dieser Kunden wäre, oder die Marken anderer Wettbewerber überhaupt nicht zu verkaufen. Zudem kann eine Preisbindung der zweiten Hand auf Vertriebsebene Dynamik und Innovation hemmen. Indem der Preiswettbewerb zwischen Händlern verhindert wird, könnte die Preisbindung der zweiten Hand leistungsfähigere Einzelhändler daran hindern, mit niedrigen Preisen in den Markt einzutreten und/oder eine ausreichende Größe zu erreichen. Außerdem könnte durch eine solche Preisbindung der Markteintritt bzw. die Expansion von auf Niedrigpreisen basierenden Vertriebsformen (z. B. Discounter) verhindert oder erschwert werden.

(225)   Während Preisbindungen der zweiten Hand einerseits den Wettbewerb einschränken können, ermöglichen sie doch auch und insbesondere dann, wenn sie vom Anbieter kommen, Effizienzgewinne, die nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens zu würdigen sind. So kann eine Preisbindung der zweiten Hand für einen Hersteller, der ein neues Produkt auf den Markt bringen will, hilfreich sein, um in der Einführungsphase, in der die Nachfrage sich entwickelt, die Händler dafür zu gewinnen, ihm zu helfen, das betreffende Produkt gezielt anzubieten. Eine Preisbindung der zweiten Hand kann den Händlern die Mittel an die Hand geben, ihre Verkaufsbemühungen zu intensivieren; besteht für die Händler auf diesem Markt Wettbewerbsdruck, so könnten sie eher dazu geneigt sein, die allgemeine Nachfrage nach dem Produkt zu steigern und – auch im Interesse der Verbraucher – für eine erfolgreiche Markteinführung zu sorgen (61). Entsprechend könnten feste Weiterverkaufspreise und nicht nur Preisobergrenzen erforderlich sein, um in einem Franchisesystem oder einem ähnlichen Vertriebssystem mit einheitlichen Vertriebsmethoden eine kurzfristige Sonderangebotskampagne (in den meisten Fällen zwei bis sechs Wochen) zu koordinieren, die auch den Verbrauchern zugute kommt. Unter bestimmten Umständen könnte die durch die Preisbindung zweiter Hand gewonnene zusätzliche Marge die Einzelhändler in die Lage versetzen, eine (zusätzliche) Kundenberatung vor dem Verkauf anzubieten, insbesondere wenn es um Erfahrungsgüter oder komplizierte Produkte geht. Wenn genügend Kunden solche Beratungsdienste in Anspruch nehmen, bevor sie ihre Wahl treffen, allerdings dann das Produkt zu einem billigeren Preis bei Einzelhändlern kaufen, die eine derartige Beratung nicht anbieten (und denen also auch keine zusätzlichen Kosten entstehen), dann könnten Einzelhändler mit hoher Serviceleistung diese Beratungsdienste, die die Nachfrage nach den Produkt des Anbieters steigern, einschränken oder abstellen. Preisbindungen zweiter Hand könnten helfen, derartiges Trittbrettfahren auf der Vertriebsebene zu verhindern. Als Teil des Nachweises, dass die Voraussetzungen des Artikels 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens erfüllt sind, müssen die Parteien deshalb überzeugend darlegen, dass die Vereinbarung mit Preisbindung zweiter Hand nicht nur ein Mittel, sondern auch einen Anreiz darstellt, um etwaiges Trittbrettfahren von Einzelhändlern in Bezug auf diese Dienstleistungen auszuschalten, und dass die angebotene Kundenberatung vor dem Verkauf den Kunden insgesamt zugute kommt.

(226)   An den Wiederverkäufer gerichtete Preisempfehlungen oder die Verpflichtung des Wiederverkäufers, nicht über einen bestimmten Preis hinauszugehen, sind nach der GVO vom Kartellverbot freigestellt, wenn die Marktanteile einer jeden Vertragspartei jeweils nicht mehr als 30 % betragen und sofern sich diese nicht infolge der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen durch eine der beteiligten Parteien als Mindest- oder Festpreis auswirken. Für die Fälle, in denen dieser Schwellenwert überschritten wird, und die Fälle, in denen der Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung entzogen wird, werden im nachstehenden Teil dieses Abschnitts Anhaltspunkte gegeben.

(227)   Die von Preisobergrenzen oder -empfehlungen ausgehende Gefahr für den Wettbewerb besteht darin, dass der angegebene Wert als Orientierungspreis dient, an den sich die meisten oder alle Wiederverkäufer halten und/oder dass diese Preise den Wettbewerb aufweichen oder eine Kollusion zwischen Anbietern begünstigen.

(228)   Ein wichtiger Faktor bei der Würdigung möglicher wettbewerbswidriger Auswirkungen von Obergrenzen und Empfehlungen in Bezug auf den Weiterverkaufspreis ist auch die Marktstellung des Anbieters. Je stärker dessen Position, desto größer ist die Gefahr, dass solche Angaben ein mehr oder weniger einheitliches Preisniveau unter den Wiederverkäufern bedingt, weil diese den jeweils angegebenen Wert als Orientierungspreis verwenden können. Den Wiederverkäufern fällt es unter Umständen schwer, von dem abzuweichen, was sie für den von einem namhaften Anbieter bevorzugten Wiederverkaufspreis halten.

(229)   Werden in Verbindung mit Preisobergrenzen oder -empfehlungen spürbare wettbewerbswidrige Auswirkungen festgestellt, so ist zu klären, ob eine Freistellung nach Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens in Betracht kommt. Bei Preisobergrenzen könnte sich der unter Randnummer 107 Buchstabe f beschriebene Effizienzgewinn (Vermeidung doppelter Gewinnmaximierung) von besonderer Bedeutung sein. Ein Höchstpreis könnte helfen sicherzustellen, dass sich die betreffende Marke besser gegen andere Marken (einschließlich der eigenen Markenprodukte), die von demselben Händler vertrieben werden, behaupten kann.


(1)  ABl. C 130 vom 19.5.2010, S. 1.

(2)  ABl. C 122 vom 23.5.2002, S. 1, und EWR-Beilage zum ABl. Nr. 26 vom 23.5.2002, S. 7.

(3)  ABl. L 102 vom 23.4.2010, S. 1, durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 77/2010 vom 11. Juni 2010 in das EWR-Abkommen aufgenommen (ABl. L 244 vom 16.9.2010, S. 35, und EWR-Beilage zum ABl. Nr. 49 vom 16.9.2010, S. 34).

(4)  Siehe u. a. Urteile des Europäischen Gerichtshofs in den verbundenen Rechtssachen 56/64 und 58/64, Consten und Grundig/Kommission, Slg. 1966, S. 299; in der Rechtssache 56/65, Technique Minière / Maschinenbau Ulm, Slg. 1966, S. 235; sowie Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache T-77/92, Parker Pen / Commission, Slg. 1994, II-549.

(5)  Siehe Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Leitlinien zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens, durch Beschluss Nr. 123/04/KOL (ABl. C 208 vom 6.9.2007, S. 1 und EWR-Beilage zum Amtsblatt Nr. 42 vom 6.9.2007, S. 1) angenommen, mit einer Darstellung der allgemeinen Methoden und der Auslegung der Bedingungen für die Anwendung von Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens und insbesondere Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens.

(6)  ABl. C 67 vom 20.3.2003, S. 20, und EWR-Beilage zum ABl. Nr. 15 vom 20.3.2003, S. 11.

(7)  Für Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern gilt beim Marktanteil eine Bagatellschwelle von 10 % bezogen auf den gemeinsamen Anteil der Unternehmen an den betreffenden relevanten Märkten.

(8)  Siehe Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache T-7/93, Langnese-Iglo GmbH / Kommission, Slg. 1995, II-1533, Randnr. 98.

(9)  Siehe Urteile des Gerichtshofs in der Rechtssache 5/69, Völk / Vervaecke, Slg. 1969, S. 295; in der Rechtssache 1/71, Cadillon / Höss, Slg. 1971, S. 351 und in der Rechtssache C-306/96, Javico / Yves Saint Laurent, Slg. 1998, I-1983, Randnrn. 16 und 17.

(10)  ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36, durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 131/2004 in das EWR-Abkommen aufgenommen (ABl. L 64 vom 10.3.2005, S. 67, und EWR-Beilage zum ABl. vom 10.3.2005, S. 49).

(11)  Siehe Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache T-325/01, Daimler Chrysler / Kommission, Slg. 2005, II-3319. Urteile des Gerichtshofs in der Rechtssache C-217/05, Confederación Espanola de Empresarios de Estaciones de Servicio / CEPSA, Slg. 2006, I-11987; und Rechtssache C-279/06 CEPSA Estaciones de Servicio SA / LV Tobar e Hijos SL, Slg. 2008, I-6681.

(12)  Anhang VIII des Beschlusses Nr. 3/94/KOL (ABl. L 153 vom 18.6.1994, S. 30, und EWR-Beilage Nr. 15 vom 18.6.1994, S. 29).

(13)  Siehe Nummer 3 der Bekanntmachung über die Beurteilung von Zulieferverträgen.

(14)  Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juli 2006 in der Rechtssache C-74/04, Kommission / Volkswagen AG, Slg. 2006, I-6585.

(15)  Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache T-41/96, Bayer AG / Kommission, Slg. 2000, II-3383.

(16)  ABl. L 129 vom 28.5.2010, S. 52, durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 91/2010 in Anhang XIV Punkt 4 Buchstabe b aufgenommen (ABl. L 277 vom 21.10.2010, S. 44, und EWR-Beilage zum Amtsblatt Nr. 59 vom 21.10.2010, S. 13).

(17)  ABl. C 266 vom 31.10.2002, S. 1, und EWR-Beilage zum ABl. Nr. 55 vom 31.10.2002, S. 1.

(18)  Siehe Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts im Europäischen Wirtschaftsraum, ABl. L 200 vom 16.7.1998, S. 46, und EWR-Beilage zum Amtsblatt Nr. 28 vom 16.7.1998, S. 3. Randnrn. 20 bis 24; Dreizehnter Bericht der Kommission über die Wettbewerbspolitik, Ziffer 55, und Entscheidung 90/410/EWG der Kommission in der Sache IV/32.009 – Elopak/Metal Box–Odin, ABl. L 209 vom 8.8.1990, S. 15.

(19)  Siehe Randnummer 27.

(20)  Siehe Bekanntmachung über Zulieferverträge (oben Randnr. 22).

(21)  Randnrn. 43 bis 45 gelten analog für andere Arten von Vertriebsvereinbarungen, die die Weitergabe von wesentlichem Know-how vom Anbieter an den Abnehmer beinhalten.

(22)  ABl. L 123 vom 27.4.2004, S. 11, durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 142/2004 in das EWR-Abkommen aufgenommen (ABl. L 198 vom 28.7.2005, S. 42, und EWR-Beilage zum ABl. Nr. 38 vom 28.7.2005, S. 24).

(23)  Siehe Randnummer 25.

(24)  ABl. L 304 vom 5.12.2000, S. 3, durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 113/2000 in das EWR-Abkommen aufgenommen (ABl. L 52 vom 22.2.2001, S. 38, und EWR-Beilage zum ABl. Nr. 9 vom 22.2.2001, S. 5).

(25)  ABl. L 304 vom 5.12.2000, S. 7, durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 113/2000 in das EWR-Abkommen aufgenommen (ABl. L 52 vom 22.2.2001, S. 38, und EWR-Beilage zum ABl. Nr. 9 vom 22.2.2001, S. 5).

(26)  Diese Liste von Kernbeschränkungen gilt für vertikale Vereinbarungen, die den Handel innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums betreffen; zu vertikalen Vereinbarungen in Bezug auf Ausfuhren außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums oder Einfuhren/Wiedereinfuhren von außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums siehe Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-306/96, Javico / Yves Saint Laurent, SLG. 1998, I-1983. In diesem Urteil heißt es in Randnr. 20: „Folglich kann eine Vereinbarung, durch die sich der Händler gegenüber dem Hersteller verpflichtet, die Vertragserzeugnisse auf einem außerhalb der Gemeinschaft gelegenen Markt zu verkaufen, nicht als eine Vereinbarung angesehen werden, die eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt und geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen“.

(27)  Siehe insbesondere die Randnrn. 106 bis 109, in denen die mit vertikalen Beschränkungen zu erzielenden Effizienzgewinne allgemein beschrieben werden, und Abschnitt VI.2.10 zu Beschränkungen für den Weiterverkaufspreis. Siehe hierzu Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Leitlinien zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens durch Beschluss Nr. 123/04/KOL (ABl. C 208 vom 6.9.2007, S. 1, und EWR-Beilage zum Amtsblatt Nr. 42 vom 6.9.2007, S. 1) angenommen.

(28)  Auch wenn es sich aus rechtlicher Sicht um zwei getrennte Schritte handelt, können sie in der Praxis ein iterativer Prozess sein, in dem die beteiligten Unternehmen und die EFTA-Überwachungsbehörde ihre Argumente in mehreren Schritten ausführen und verbessern.

(29)  Siehe z. B. Entscheidung 91/562/EWG der Kommission in der Rechtssache IV/32.737 – Eirpage (ABl. L 306 vom 7.11.1991, S. 22), insbesondere Randnr. 6.

(30)  Entscheidet der Anbieter, seinen Händlern keine Vergütung für Dienstleistungen zu zahlen, die sie im Rahmen EWR-weiter Garantieleistungen erbringen, kann mit diesen Händlern vereinbart werden, dass ein Händler, der außerhalb des ihm zugewiesenen Gebiets Verkäufe tätigt, dem Händler, dem das betreffende Gebiet zugewiesen ist, eine Gebühr zahlt, die sich nach den Kosten der erbrachten (oder zu erbringenden) Dienstleistungen richtet und zusätzlich eine angemessene Gewinnmarge enthält. Ein solches System stellt nicht unbedingt eine Beschränkung des Verkaufs eines Händlers außerhalb seines Gebiets dar (siehe Urteil des Gerichts vom 13. Januar 2004 in der Rechtssache T-67/01, JCB Service / Kommission, Slg. 2004, II-49, Randnrn. 136-145).

(31)  Siehe Randnr. 18 der Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Leitlinien zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens durch Beschluss Nr. 123/04/KOL (ABl. C 208 vom 6.9.2007, S. 1, und EWR-Beilage zum Amtsblatt Nr. 42 vom 6.9.2007, S. 1) angenommen.

(32)  Zur Veranschaulichung indirekter Maßnahmen, die eine solche Ausschlusswirkung haben, siehe die Entscheidung 92/428/EWG der Kommission in der Sache IV/33.542 – Parfum Givenchy (ABl. L 236 vom 19.8.1992, S. 11).

(33)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Februar 1991 in der Rechtssache C-234/89, Stergios Delimitis / Henninger Bräu AG, Slg. 1991, I-935.

(34)  Beschluss Nr. 46/98/KOL (ABl. L 200 vom 16.7.1998, S. 46, und EWR-Beilage zum Amtsblatt Nr. 28 vom 16.7.1998, S. 3).

(35)  Siehe z. B. die Entscheidung der Kommission in der Sache Pelikan/Kyocera, (1995), KOM(96) 126 (nicht veröffentlicht), Ziffer 87, sowie die Entscheidung Nr. 91/595/EWG der Kommission in der Sache IV/M.12 – Varta/Bosch (ABl. L 320 vom 22.11.1991, S. 26), die Entscheidung der Kommission in der Sache IV/M.1094 – Caterpillar/Perkins Engines (ABl. C 94 vom 28.3.1998, S. 23) und die Entscheidung der Kommission in der Sache IV/M.768 – Lucas/Varity (ABl. C 266 vom 13.9.1996, S. 6). Siehe ferner die Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts im Europäischen Wirtschaftsraum Marktes (siehe Randnr. 86), Randnr. 56.

(36)  Für die Abgrenzung des Marktes und die Berechnung der Marktanteile ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, ob der integrierte Händler auch Produkte von Wettbewerbern verkauft.

(37)  ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1, durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 130/2004 in das EWR-Abkommen aufgenommen (ABl. L 64 vom 10.3.2005, S. 57, und EWR-Beilage zum ABl. Nr. 12 vom 10.3.2005, S. 42, in Kraft getreten am19.5.2005.

(38)  Siehe Abschnitt II.1.

(39)  Der Begriff umfasst sowohl die explizite Kollusion als auch die stillschweigende Kollusion (bewusstes Parallelverhalten).

(40)  Ob die Verbraucher insgesamt tatsächlich von den zusätzlichen Verkaufsförderungsanstrengungen profitieren, hängt davon ab, ob die zusätzlichen verkaufsfördernden Maßnahmen informieren und überzeugen und damit vielen neuen Kunden zugutekommen oder ob sie hauptsächlich Kunden erreichen, die bereits wissen, was sie kaufen wollen, und für die die zusätzlichen verkaufsfördernden Maßnahmen nur eine Preiserhöhung bedeuten.

(41)  Siehe jedoch vorige Fußnote.

(42)  Diese Schritte sind allerdings nicht als rechtliche Argumentation gedacht, der die EFTA-Überwachungsbehörde in dieser Reihenfolge folgen muss, um zu einer Entscheidung zu gelangen.

(43)  Siehe Entscheidung 97/26/EG der Kommission in der Sache IV/M.619 – Gencor/Lonrho, ABl. L 11 vom 14.1.1997, S. 30.

(44)  Siehe die Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Leitlinien zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens durch Beschluss Nr. 123/04/KOL (ABl. C 208 vom 6.9.2007, S. 1, und EWR-Beilage zum Amtsblatt Nr. 42 vom 6.9.2007, S. 1) angenommen.

(45)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 1985 in den verbundenen Rechtssachen 25/84 und 26/84, Ford, Slg. 1985, S. 2725.

(46)  Siehe hierzu beispielsweise die Entscheidung 1999/242/EG der Kommission in der Sache IV/36.237 – TPS, ABl. L 90 vom 2.4.1999, S. 6. Ebenso gilt das Verbot des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens nur so lange, wie die Vereinbarung eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt.

(47)  Siehe die Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Leitlinien zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens durch Beschluss Nr. 123/04/KOL (ABl. C 208 vom 6.9.2007, S. 1, und EWR-Beilage zum Amtsblatt Nr. 42 vom 6.9.2007, S. 1) angenommen.

(48)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 16. März 2000 in den verbundenen Rechtssachen C-395/96 P und C-396/96 P, Compagnie Maritime Belge, Slg. 2000, I-1365, Randnr. 130. Ebenso wenig verhindert die Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 die Anwendung der Vertragsbestimmungen des EWR-Abkommens über den freien Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr. Diese Bestimmungen lassen sich unter bestimmten Umständen auf Vereinbarungen, Beschlüsse und abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne des Artikels 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens anwenden. Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 19. Februar 2002 in der Rechtssache C-309/99, Wouters, Slg. 2002, I-1577, Randnr. 120.

(49)  Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T-51/89, Tetra Pak (I), Slg. 1990, II-309. Siehe auch Randnr. 106 der Bekanntmachung der EFTA-Überwachungsbehörde über die Leitlinien zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 3 des EWR-Abkommens durch Beschluss Nr. 123/04/KOL (ABl. C 208 vom 6.9.2007, S. 1, und EWR-Beilage zum Amtsblatt Nr. 42 vom 6.9.2007, S. 1) angenommen.

(50)  Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2003 in der Rechtssache T-65/98, Van den Bergh Foods / Kommission, Slg. 2003, II 4653, Randnrn. 104 und 156.

(51)  Siehe Urteil des Gerichts erster Instanz vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T-88/92, Groupement d'achat Édouard Leclerc / Kommission, Slg. 1996, II-1961.

(52)  Siehe Urteile des Gerichtshofs vom 11. Dezember 1980 in der Rechtssache 31/80, L'Oréal / PVBA, Slg. 1980, S. 3775, Rdnrn. 15 und 16; vom 25. Oktober 1977 in der Rechtssache 26/76, Metro / Kommission (Metro I), Slg. 1977, S. 1875, Randnrn. 20 und 21; vom 25. Oktober 1983 in der Rechtssache 107/82, AEG / Kommission, Slg. 1983, S. 3151, Randnr. 35 und Urteil des Gerichts erster Instanz vom 27. Februar 1992 in der Rechtssache T-19/91, Vichy / Kommission, Slg. 1992, II-415, Rdnr. 65.

(53)  Siehe zum Beispiel Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T-19/92, Groupement d'achat Edouard Leclerc / Kommission, Slg. 1996, II-1851, Randnrn. 112 bis 123; Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T-88/92, Groupement d'achat Édouard Leclerc / Kommission, Slg. 1996, II-1961, Randnrn. 106 bis 117 sowie die in der voranstehenden Fußnote zitierten Entscheidungen.

(54)  Siehe auch Randnrn. 86 bis 95, insbesondere die Randnr. 92.

(55)  Hierbei handelt es sich um feste Gebühren, die Hersteller an die Einzelhändler für Regalplatz zahlen.

(56)  Pauschalbeträge, mit denen sichergestellt wird, dass ein bestehendes Produkt für einen weiteren Zeitraum im Regal verbleibt.

(57)  Der direkte Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern fällt nicht unter die GVO (siehe Artikel 2 Absatz 4 der GVO und Randnrn. 27 und 28 dieser Leitlinien).

(58)  Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-333/94 P, Tetra Pak / Kommission, Slg. 1996, I-5951, Rdnr. 37. Siehe auch Mitteilung der Kommission – Erläuterungen zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel 82 des EG-Vertrags auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen, ABl. C 45 vom 24.2.2009, S. 7.

(59)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 17. September 2007 in der Rechtssache T-201/04, Microsoft / Kommission, Slg. 2007, II-3601, Randnrn. 917, 921 und 922.

(60)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 12. Dezember 1991 in der Rechtssache T-30/89, Hilti / Kommission, Slg. 1991, II-1439, Randnr. 67.

(61)  Dies setzt voraus, dass es für den Anbieter nicht sinnvoll ist, alle Abnehmer vertraglich zu verkaufsfördernden Maßnahmen zu verpflichten (siehe auch Randnr. 107 Buchstabe a).


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