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Document E2011C0364

Beschluss der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 364/11/KOL vom 23. November 2011 über den Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens zur Freistellung des isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds Íbúðalánasjóður (Housing Financing Fund — HFF) von der Zahlung einer staatlichen Bürgschaftsprämie (Island)

ABl. L 82 vom 22.3.2012, p. 16–20 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2011/364(2)/oj

22.3.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 82/16


BESCHLUSS DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

Nr. 364/11/KOL

vom 23. November 2011

über den Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens zur Freistellung des isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds Íbúðalánasjóður (Housing Financing Fund — HFF) von der Zahlung einer staatlichen Bürgschaftsprämie (Island)

DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE (NACHSTEHEND „DIE BEHÖRDE“) —

GESTÜTZT AUF das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (das EWR-Abkommen), insbesondere auf Artikel 61 und Protokoll 26,

GESTÜTZT AUF Artikel 1 Absatz 3 von Teil I und Artikel 7 Absatz 2 von Teil II des Protokolls 3 zum Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen) (Protokoll 3),

GESTÜTZT AUF die konsolidierte Fassung des Beschlusses der Überwachungsbehörde Nr. 195/04/KOL vom 14. Juli 2004 über die Durchführungsbestimmungen des Artikels 27 in Teil II des Protokolls 3 (Beschluss über die Durchführungsbestimmungen), (1)

NACH AUFFORDERUNG der Beteiligten zur Stellungnahme, (2)

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   SACHLAGE

1.   Verfahren

(1)

Mit Schreiben vom 28. September 2007 (Vorgangsnr. 442805) ersuchte die Behörde die isländischen Behörden um Informationen über staatliche Bürgschaften und die Verpflichtung zur Zahlung einer staatlichen Bürgschaftsprämie nach dem isländischen Gesetz zu staatlichen Bürgschaften. Mit Schreiben der Mission Islands bei der Europäischen Union vom 24. Oktober 2007, dem ein Schreiben des isländischen Finanzministeriums mit selbem Datum beigefügt war und das die Behörde am 25. Oktober 2007 entgegennahm und registrierte (Vorgangsnr. 448739 und 449598), kamen die isländischen Behörden dieser Aufforderung nach.

(2)

Die Rechtssache war Gegenstand mehrerer Gespräche zwischen den Vertretern der Behörde und Islands am 7. September 2007 in Brüssel und am 29. Oktober 2007 in Reykjavik sowie zwischen Vertretern der Behörde und der Icelandic Financial Services Association während der Sitzung am 6. März 2008 in Brüssel.

(3)

Der Beschluss Nr. 406/08/KOL der Behörde vom 27. Juni 2008 zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens im Hinblick auf die Freistellung des isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds von der Zahlung einer staatlichen Bürgschaftsprämie wurde im Amtsblatt der Europäischen Union und in der EWR-Beilage veröffentlicht. (3) Mit dem Beschluss forderte die Behörde die Beteiligten zur Stellungnahme auf. Die Behörde hat keine diesbezüglichen Stellungnahmen von Beteiligten erhalten. Mit Schreiben vom 8. September 2008 (Vorgangsnr. 490696) übermittelten die isländischen Behörden ihre Stellungnahmen zum Beschluss Nr. 406/08/KOL.

(4)

Die Behörde setzte die Bearbeitung der Sache im Oktober 2008 aufgrund des Zusammenbruchs des isländischen Bankensektors aus. Es gab allerdings Gespräche über die Sache bei einer Paket-Sitzung in Reykjavik am 4. und 5. November 2009. Im Anschluss an diese Sitzung wurde durch die Behörde am 16. November 2009 ein Schreiben versandt, um an die Einreichung von Informationen zu einer Vereinbarkeitsprüfung der betreffenden Maßnahme zu erinnern. Diese Auskünfte wurden von den isländischen Behörden mit Schreiben vom 7. Dezember 2009 (Vorgangsnr. 539538) erteilt.

(5)

In einer Paralleluntersuchung zu dem isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds (HFF) gewährten staatlichen Beihilfemaßnahmen gelangte die Behörde im Beschluss Nr. 405/08/KOL vom 27. Juni 2008 (4) zu dem Schluss, dass die dem HFF gewährte staatliche Bürgschaft eine bestehende Beihilfe darstellt. In der Folge verabschiedete die Behörde am 18. Juli 2011 den Beschluss Nr. 247/11/KOL über einen Vorschlag für zweckdienliche Maßnahmen im Rahmen der Finanzierung des isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds Íbúðalánasjóður (Housing Financing Fund, HHF) (5), unter anderem in Form der staatlichen Bürgschaft.

2.   Beschreibung der geprüften Maßnahmen

2.1.   Beihilfeempfänger

(6)

Der Wohnraumfinanzierungsfonds Íbúðalánasjóður (HFF) ist eine öffentlich-rechtliche Einrichtung, die nach Maßgabe des isländischen Wohnraumgesetzes Nr. 44/1998 (lög um húsnæðismál) als unabhängige Einrichtung arbeitet (6). Der HFF wird von einem Vorstand geleitet und fällt in den Zuständigkeitsbereich des Sozialministers. Aufgabe des HFF ist die sichere und gleichberechtigte Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum. Dies geschieht durch Hypothekendarlehen für Einzelpersonen und Darlehen für Unternehmen, die Wohnraum vermieten, sowie durch allgemeine Regelungen für Wohnraumangelegenheiten. Es werden Mittel bereitgestellt, die der Bevölkerung den erschwinglichen Erwerb oder das kostengünstige Mieten von Wohnraum erleichtern sollten (vgl. Artikel 1 des Wohnraumgesetzes).

(7)

Der HFF wird nicht direkt vom Staat finanziert, sondern finanziert sich durch Erträge auf sein Eigenkapital (d. h. Ratenzahlungen, Zinsen und Zahlungen im Zusammenhang mit der Preisindexbindung für gewährte Darlehen), durch Zinszahlungen auf die Ausgabe und den Verkauf von an der isländischen Börse notierten Anleihen des HFF (íbúðarbréf) sowie durch von den Kunden entrichtete Gebühren für Dienstleistungen. Ferner profitiert der HFF von einer staatlichen Bürgschaft, die sich aus der Tatsache ableitet, dass der Staat als Eigner des HFF uneingeschränkt für dessen Schulden haftet (7). Zudem erhält der HFF unmittelbar aus dem öffentlichen Haushalt Zinsstützungen als Ausgleich für Verluste aus der Vergabe von Darlehen zu unterhalb des Marktniveaus liegenden Zinssätzen an Unternehmen, die zur Vermietung vorgesehenen Wohnraum bauen und anbieten.

(8)

Eine ausführlichere Beschreibung des HFF-Systems nach Maßgabe des Wohnraumgesetzes ist dem Beschluss Nr. 405/08/KOL der Überwachungsbehörde zu entnehmen.

2.2.   Staatliche Bürgschaft

(9)

Nach Artikel 4 des Wohnraumgesetzes ist der Wohnraumfinanzierungsfonds eine öffentlich-rechtliche Einrichtung. Nach den ungeschriebenen allgemeinen Regeln des isländischen öffentlichen Rechts, das für sämtliche staatlichen Einrichtungen gilt, bürgt der Staat für alle Verbindlichkeiten des Fonds. Die Bürgschaft gilt für sämtliche staatlichen Einrichtungen, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Gründung, von ihrer Tätigkeit oder von jeglicher Veränderung dieser Tätigkeit. Wie bereits erwähnt, leitet sich die Bürgschaft aus der Tatsache ab, dass der Staat als Eigner des HFF uneingeschränkt für dessen Schulden haftet. Der Staat haftet also für sämtliche Verbindlichkeiten des HFF, denn die Bürgschaft ist weder an bestimmte finanzielle Transaktionen des HFF gebunden noch auf einen festen Höchstbetrag beschränkt. Dies spiegelt sich auch in Artikel 5 Absatz 3 des Insolvenzgesetzes Nr. 21/1991 (lög um gjaldþrotaskipti o.fl.) wider, das einen Konkurs oder andere Insolvenzverfahren bei Einrichtungen wie dem HFF ausschließt.

(10)

Die allgemeinen Anmerkungen zu der Vorlage, die als Gesetz Nr. 121/1997 zu staatlichen Bürgschaften (lög um ríkisábyrgðir) verabschiedet wurde, enthalten folgende Aussage:

„Dies beruht auf der unzweideutigen Regel des isländischen Rechts, wonach der Staat für die Verbindlichkeiten seiner Einrichtungen und Unternehmen haftet, sofern diese Bürgschaft nicht durch eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung eingeschränkt wird […] oder sich die Haftbarkeit des Staates im Fall einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf seine Kapitaleinlage beschränkt.“ (8)

(11)

Die staatliche Bürgschaft wurde auch Vorgängern des Wohnraumfinanzierungsfonds gewährt: der staatlichen Wohnraumbehörde, dem staatlichen Wohnungsbaufonds und dem von der Wohnraumbehörde verwalteten Wohnraumfonds für Arbeitnehmer sowie dem staatlichem Wohnraum-Verwaltungsrat (vgl. Gesetz Nr. 97/1993, betreffend die staatliche Wohnraumbehörde (lög um Húsnæðisstofnun ríkisins)).

2.3.   Staatliche Bürgschaftsprämie

(12)

Zum Gründungszeitpunkt weder des Wohnraumfinanzierungsfonds noch seiner Vorgänger war eine Risiko- oder Bürgschaftsprämie Gegenstand der unbegrenzten staatlichen Bürgschaft zur Deckung aller Verbindlichkeiten. Seit der Schaffung des Wohnraumfinanzierungsfonds werden den isländischen Behörden zufolge die einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts so ausgelegt, dass der Wohnraumfinanzierungsfonds von Zahlungen für die gewährte staatliche Bürgschaft befreit ist (9).

(13)

Das provisorische Gesetz Nr. 68/1987 zu steuerlichen Maßnahmen beinhaltete erstmals die allgemeine Verpflichtung, Bürgschaftsprämien für staatliche Bürgschaften, die nicht Gegenstand der Risikoprämie waren, an den Staat zu zahlen. Hierauf forderte der Artikel 8 des Gesetzes Nr. 37/1961 zu staatlichen Bürgschaften (lög um ríkisábyrgðir), geändert durch das Gesetz Nr. 65/1988 zu staatlichen Bürgschaften (lög um breyting á lögum nr. 37/1961, um ríkisábyrgðir, með síðari breytingum), von Banken, Kreditfonds, Finanzinstituten, Unternehmen und ähnlichen Einrichtungen, die nach dem Gesetz als Staatsbesitz oder aus anderen Gründen staatliche Bürgschaften genießen, die Zahlung einer Bürgschaftsprämie an den Staat im Verhältnis zu ihren Verpflichtungen gegenüber ausländischen Einrichtungen. Die Prämie wurde, basierend auf dem Quartalsdurchschnitt, auf eine vierteljährliche Zahlung von 0,0625 % der Kapitalsumme der ausländischen Verpflichtungen festgesetzt (vgl. Artikel 8 Absatz 2 des Gesetzes Nr. 37/1961) (10).

(14)

Ursprünglich wurden auf inländische Verpflichtungen keine derartigen Prämien erhoben. Mit dem Gesetz Nr. 121/1997 zu staatlichen Bürgschaften (11) wurde allerdings eine Pflicht zur Zahlung einer Prämie in Höhe von 0,0375 % der inländischen Verpflichtungen eingeführt. Diese wurde später durch das Gesetz Nr. 180/2000 auf 0,0625 % erhöht (12).

(15)

Das Gesetz Nr. 121/1997 sah darüber hinaus die Freistellung von der Prämienzahlung für staatliche Bürgschaften im Zusammenhang mit von der Abteilung für Wohnungsanleihen der staatlichen Wohnraumbehörde ausgegebenen Wohnungsanleihen vor. Was die weiteren Verbindlichkeiten des Wohnraumfinanzierungsfonds betrifft, so wurden durch das zusätzliche Haushaltsgesetz für das Jahr 2001 dem Wohnraumfinanzierungsfonds rückwirkend die Schulden aus nicht geleisteten Prämienzahlungen erlassen, die durch Gesetz Nr. 121/1997 aufgelaufen waren. Schließlich wurde durch das Gesetz Nr. 70/2000, das am 26. Mai 2000 in Kraft trat, eine allgemeine Freistellung des Wohnraumfinanzierungsfonds von der Zahlung einer staatlichen Bürgschaftsprämie im Zusammenhang mit allen Verpflichtungen festgesetzt.

(16)

Detailliertere Ausführungen zur Rechtslage bei staatlichen Bürgschaften und zu den daraus hervorgehenden Änderungen der allgemein anwendbaren Prämiensätze sowie den besonderen Vorschriften für den Wohnraumfinanzierungsfonds sind dem Beschluss Nr. 406/08/KOL der Überwachungsbehörde zu entnehmen.

3.   Gründe für die Einleitung des Verfahrens

(17)

Im Beschluss Nr. 406/08/KOL beschreibt die Behörde, dass die staatliche Bürgschaft zugunsten des Wohnraumfinanzierungsfonds, die bereits vor Inkrafttreten des EWR-Abkommens am 1. Januar 1994 bestand, als solche nicht im Zuge des Verfahrens zu Bürgschaftsprämien im Hinblick auf neue Beihilfen behandelt wurde, sondern in einem gesonderten Verfahren für bestehende Beihilfen (Sache 64865, nun Sache 70382). Im Beschluss Nr. 406/08/KOL geht es darum, dass der Wohnraumfinanzierungsfonds von der Zahlung einer Bürgschaftsprämie freigestellt ist, die von anderen ähnlich strukturierten Unternehmen zu leisten ist. In diesem Zusammenhang war es der vorläufigen Ansicht der Behörde zufolge für die Bewertung der fraglichen Beihilfemaßnahmen als neu oder bestehend nicht von Bedeutung, ob das Gesetz zu staatlichen Bürgschaften die Situation des Wohnraumfinanzierungsfonds in Bezug auf die Prämienzahlung tatsächlich änderte oder nicht. Es wurde als ausschlaggebend eingestuft, dass das neue Gesetz Nr. 121/1997 zu staatlichen Bürgschaften ein neues System einführte, in dem der Wohnraumfinanzierungsfonds zum ersten Mal günstiger behandelt wurde, als im Regelfall für von der impliziten staatlichen Bürgschaft profitierende Unternehmen vorgesehen ist. Daher war es die vorläufige Einschätzung der Behörde, dass jeder aus der nach Artikel 7 des Gesetzes Nr. 121/1997 gewährten Freistellung hervorgehende Vorteil eine neue Beihilfemaßnahme darstellen würde. Gleiches gelte für die Freistellung von Prämienzahlungen in Bezug auf andere Tätigkeiten des Wohnraumfinanzierungsfonds, vgl. Gesetz Nr. 70/2000 zur Änderung des Gesetzes Nr. 121/1997 sowie das zusätzliche Haushaltsgesetz 2001.

(18)

Nach der vorläufigen Beurteilung der Behörde stellt die Freistellung des Wohnraumfinanzierungsfonds von der Zahlung der Bürgschaftsprämie eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens dar. Die folgenden Beihilfeelemente wurden im Zuge der Entscheidung zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens ausgemacht:

i)

Freistellung von Prämienzahlungen (von Anfang an oder nachträglich) für die staatliche Bürgschaft in Höhe von vierteljährlich 0,0625 % der ausländischen Verpflichtungen in Bezug auf Wohnungsanleihen und andere Verpflichtungen aus dem Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis heute;

ii)

Freistellung von Prämienzahlungen (von Anfang an oder nachträglich) für die staatliche Bürgschaft in Höhe von vierteljährlich 0,0375 % der inländischen Verpflichtungen in Bezug auf Wohnungsanleihen und andere Verpflichtungen aus dem Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zum 10. Januar 2001;

iii)

Freistellung von Prämienzahlungen für die staatlichen Bürgschaft in Höhe von vierteljährlich 0,0625 % der inländischen Verpflichtungen des Wohnraumfinanzierungsfonds aus dem Zeitraum vom 11. Januar 2001 bis heute.

(19)

Darüber hinaus hatte die Behörde Zweifel an der Vereinbarkeit der oben genannten Beihilfeelemente mit dem EWR-Abkommen. Die Behörde erklärte, dass ein Teil der Darlehen zur Finanzierung von Wohneigentum als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Sinne von Artikel 59 Absatz 2 des EWR-Abkommens gelten und daher möglicherweise beihilfefähig sein könnte, doch ist nach vorläufiger Beurteilung der Behörde die allgemeine Darlehensregelung des HFF zu weit gefasst, um die Bedingungen des Artikels 59 Absatz 2 zu erfüllen. Der Behörde wurden keine Informationen vorgelegt, die die Annahme nahelegen könnten, dass der Markt nicht in der Lage wäre, Wohnraumfinanzierung zu angemessenen Bedingungen bereitzustellen. Nach der allgemeinen Darlehensregelung des HFF stehen die Darlehen jedem zur Verfügung, unabhängig von Einkommen und Vermögenswerten des Darlehensnehmers sowie von Größe und Wert des zu finanzierenden Wohneigentums. Auch können die Darlehen überall vergeben werden, unabhängig davon, ob lokale Wohnraumfinanzierung ohne weiteres zur Verfügung steht oder nicht.

4.   Stellungnahmen der isländischen Behörden

(20)

Die Stellungnahmen der isländischen Regierung konzentrieren sich auf den Sachverhalt, dass alle fraglichen Beihilfeelemente in direktem Zusammenhang mit der impliziten staatlichen Bürgschaft zugunsten des HFF stünden, die bereits als bestehende Beihilfe gewertet wurde. Den isländischen Behörden zufolge seien jegliche Gebührenzahlungen integraler Bestandteil der staatlichen Bürgschaft als solche. Daher bestünde angesichts des Nichtvorhandenseins von abtrennbaren und wesentlichen Änderungen an der staatlichen Bürgschaft oder der Gebührenzahlung keine neue Beihilfe und der Sachverhalt solle innerhalb des Verfahrens für bestehende Beihilfe geklärt werden. Die isländische Regierung äußerte ferner die Ansicht, dass selbst in dem Fall, dass vom Bestehen einer neuen Beihilfe auszugehen wäre, diese aufgrund des sozialen Charakters des HFF und der Tatsache, dass die dem HFF gewährte Beihilfe die durch die Altmark-Rechtsprechung (13) aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, als vereinbare Beihilfe zu werten wäre.

(21)

In Bezug auf die durch Gesetz Nr. 68/1987 eingeführte Verpflichtung zur Prämienzahlung auf staatliche Bürgschaften für ausländische Verpflichtungen bestimmter Finanzinstitute argumentieren die isländischen Behörden, der Wohnraumfinanzierungsfonds habe keinerlei Prämie gezahlt, da er niemals ausländische Verpflichtungen gehabt habe.

(22)

Darüber hinaus stütze sich die Verpflichtung zu Prämienzahlungen für andere inländische Verpflichtungen als Wohnungsanleihen nach Gesetz Nr. 121/1997 der Ansicht der isländischen Behörden zufolge auf eine „fragwürdige rechtliche Basis“ („based on questionable legal basis“), da für die Vorgänger des Wohnraumfinanzierungsfonds nie die Zahlung einer Bürgschaftsprämie vorgesehen gewesen sei. Die isländischen Behörden weisen des Weiteren auf den rückwirkenden Erlass der Schulden des HFF aus nicht gezahlten Bürgschaftsprämien durch das zusätzliche Haushaltsgesetz im Jahr 2001 hin. Daran sei zu erkennen, dass der HFF nach Absicht des Gesetzgebers schon immer von der Zahlung einer Bürgschaftsprämie hätte befreit sein sollen.

(23)

Und letztlich sei die Freistellung des HFF von der staatlichen Bürgschaftsprämie aufgrund der Tatsache erfolgt, dass der HFF eine Zinsmarge von 0,0375 % auf Hypothekenanleihen als Sicherheit für Verpflichtungen in Verbindung mit Wohnungsanleihen erhob (14). Die isländischen Behörden nennen das eine „besondere staatliche Bürgschaftsgebühr“ („special state guarantee fee“). Diese fließe in einen speziellen Reservefonds.

II.   WÜRDIGUNG

(24)

Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens lautet wie folgt:

„Soweit in diesem Abkommen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind Beihilfen der EG-Mitgliedstaaten oder der EFTA-Staaten oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Vertragsparteien beeinträchtigen.“

(25)

Demzufolge setzt die Einstufung von Maßnahmen als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens voraus, dass diese Maßnahmen Zuschüsse des Staates oder aus staatlichen Mitteln umfassen, dem begünstigten Unternehmen einen Vorteil verschaffen, einen selektiven Charakter aufweisen, den Wettbewerb verfälschen und geeignet sind, den Handel zwischen Vertragsparteien zu beeinträchtigen.

(26)

Nach den Leitlinien der Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen über staatliche Garantien (15) können Garantien, die unmittelbar vom Staat (nämlich von gesamtstaatlichen, regionalen oder kommunalen Behörden) übernommen werden, staatliche Beihilfen darstellen. Zudem stellen günstigere Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, deren Rechtsform einen Konkurs oder andere Insolvenzverfahren ausschließt oder die durch eine ausdrückliche staatliche Garantie oder eine Verlustübernahme durch den Staat abgesichert sind, einen Vorteil in Form eines unbefristeten Obligos des Staates dar, was als unbeschränkte staatliche Garantie bezeichnet wird (16). Des Weiteren gilt:

„Eine staatliche Garantie bietet den Vorteil, dass das Risiko, auf das sich die Garantie bezieht, vom Staat getragen wird. Diese Risikoträgerfunktion sollte normalerweise durch eine angemessene Prämie vergütet werden. Verzichtet der Staat ganz oder teilweise auf eine solche Prämie, so ist dies ein Vorteil für das Unternehmen und ein Verlust staatlicher Ressourcen.“ (17)

(27)

Die Behörde gelangt im Beschluss Nr. 247/11/KOL zu dem Schluss, dass die implizite und unbeschränkte staatliche Bürgschaft zugunsten des HFF eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 61 Abschnitt 1 des EWR-Abkommens darstellt, da sie zu einem Verlust staatlicher Ressourcen seitens des isländischen Staates und wirtschaftlichen Vorteilen für den HFF führt. Die Behörde verwies auf den Sachverhalt, dass gemäß den Leitlinien der Behörde über staatliche Garantien Unternehmen, deren Rechtsform einen Konkurs oder andere Insolvenzverfahren ausschließt oder die durch eine ausdrückliche staatliche Garantie oder eine Verlustübernahme durch den Staat abgesichert sind, als Beihilfeempfänger angesehen werden können. Ferner ist es nicht erforderlich, dass der Staat im Rahmen der betreffenden Garantie Zahlungen leistet. Die Beihilfe wird bei Übernahme der Garantie gewährt und nicht erst dann, wenn die Garantie in Anspruch genommen wird oder aufgrund der Garantie Zahlungen erfolgen (18).

(28)

Angesichts der unmittelbaren Verbindung zwischen dem Vorhandensein von Beihilfeelementen in einer aus einer staatlichen Bürgschaft bestehenden Maßnahme und der Notwendigkeit, für ein solches staatliches Eingreifen eine (marktübliche) Prämie festzulegen (und zu entrichten), stellt sich die zentrale Frage, ob die Freistellung von der Zahlung einer Bürgschaftsgebühr im Vergleich zu den von einer Bürgschaft als solcher ausgehenden Vorteilen als separates Beihilfeelement zu werten ist. Eine angemessene Prämie kann die dem Beihilfeempfänger gewährten Vorteile zumindest teilweise ausgleichen. Wäre für die vorliegende Bürgschaft die Festlegung einer marktüblichen Prämie entsprechend dem für den Staat von der Bürgschaft ausgehenden Risiko möglich gewesen und hätte der HFF diese Prämie entrichtet, so wären die Voraussetzungen in Artikel 61 Abschnitt 1 des EWR-Abkommens in Bezug auf den Einsatz staatlicher Mittel und einen wirtschaftlichen Vorteil für den HFF nicht erfüllt worden. Daher ist die Prämie ein wesentlicher Aspekt bei der Berechnung der Höhe der in Form einer Bürgschaft gewährten staatlichen Beihilfe. Selbiges lässt sich aus den Leitlinien über staatliche Garantien wie oben beschrieben schlussfolgern.

(29)

Die isländischen Behörden äußerten in ihren Stellungnahmen zu der Entscheidung zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens (Beschluss Nr. 406/08/KOL) eine ähnliche Sichtweise. Darüber hinaus betonten die isländischen Behörden, dass das Gesetz zu staatlichen Bürgschaften eine allgemeine Rechtsvorschrift über die Bedingungen für die Gewährung einer staatlichen Bürgschaft sein sollte. Durch das Gesetz wurden keine Bürgschaften als solche gewährt, sondern lediglich die Voraussetzungen für Bürgschaften festgelegt (19).

(30)

Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist die Behörde der Ansicht, dass die Freistellung des HFF von der Zahlung einer staatlichen Bürgschaftsprämie aufgrund der besonderen Art der in einer staatlichen Garantie enthaltenen Beihilfeelemente keine von der impliziten und unbeschränkten staatlichen Bürgschaft des isländischen Staates getrennte staatliche Beihilfemaßnahme im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens darstellt. Die Nichtzahlung einer Prämie ist Teil des gewährten Vorteils und des Einsatzes staatlicher Mittel im Rahmen der dem HFF gewährten staatlichen Bürgschaft. Angesichts der Tatsache, dass die aus der staatlichen Bürgschaft entstehenden Vorteile im Verfahren zu der bestehenden staatlichen Beihilfe (vgl. Sache 70382 (ehemals 64865), Beschluss Nr. 247/11/KOL) von der Behörde behandelt werden, ist das förmliche Prüfverfahren hinsichtlich der Freistellung des HFF von der Zahlung einer staatlichen Bürgschaftsprämie gegenstandslos und kann eingestellt werden —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Das förmliche Prüfverfahren zur Freistellung des isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds von der Zahlung einer staatlichen Bürgschaftsprämie wird eingestellt.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Republik Island gerichtet.

Artikel 3

Nur der englische Text ist verbindlich.

Geschehen zu Brüssel am 23. November 2011.

Für die EFTA-Überwachungsbehörde

Oda Helen SLETNES

Präsidentin

Sverrir Haukur GUNNLAUGSSON

Mitglied des Kollegiums


(1)  Abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:123:0037:0121:DE:PDF

(2)  Beschluss Nr. 406/08/KOL der EFTA-Überwachungsbehörde vom 27. Juni 2008 zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens im Hinblick die Freistellung des isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds von der Zahlung einer staatlichen Bürgschaftsprämie, veröffentlicht im ABl. C 64 vom 19.3.2009, S. 21, und in der EWR-Beilage Nr. 15 vom 19.3.2009, S. 9.

(3)  Siehe Fußnote 2 für die Veröffentlichungsangaben.

(4)  Beschluss der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 405/08/KOL vom 27. Juni 2008 über den Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens zum isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds (ABl. L 79 vom 25.3.2010, S. 40, und EWR-Beilage Nr. 14 vom 25.3.2010, S. 20).

(5)  Eine nicht vertrauliche Fassung des Beschlusses Nr. 247/11/KOL steht auf der Website der Behörde zur Verfügung: http://www.eftasurv.int/media/decisions/247-11-COL.pdf

(6)  Der Vorläufer des HFF, die staatliche Wohnraumbehörde, wurde 1980 eingerichtet.

(7)  Rechtssache E-9/04, Isländischer Banken- und Wertpapierhändlerverband („Bankers' and Securities Dealers Association of Iceland“) gegen EFTA-Überwachungsbehörde, Amtlicher Bericht des EFTA-Gerichtshofs aus 2006, S. 42, Abs. 72.

(8)  Inoffizielle Übersetzung der Behörde. Der isländische Originaltext befindet sich im Internet unter folgender Adresse: http://www.althingi.is/altext/122/s/0099.html.

(9)  Siehe Seite 4 der Stellungnahme vom 8.9.2008 (Vorgangsnr. 490696).

(10)  Darlehen, auf die eine Risikoprämie gezahlt wurde, gewisse Ausfuhrbürgschaften und Verpflichtungen aus Guthabenüberschuss in eigener Währung bildeten keine Grundlage für die Berechnung der Bürgschaftsprämie (vgl. Artikel 9 Absatz 2 des Gesetzes Nr. 37/1961).

(11)  In Kraft getreten am 1.1.1998.

(12)  In Kraft getreten am 11.1.2001.

(13)  Rechtssache C-280/00, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Slg. 2003, I-7747.

(14)  Ursprünglich sollten nicht alle staatlich verbürgten Verbindlichkeiten des Wohnraumfinanzierungsfonds von der Bürgschaftsprämie freigestellt werden.

(15)  Siehe Anhang II in http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:105:0032:0078:DE:PDF

(16)  Siehe Kapitel 1.2 Punkt 4 der Leitlinien über staatliche Garantien und Kapitel 7.2 Abschnitt 2 der Leitlinien für staatliche Beihilfen über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf öffentliche Unternehmen in der verarbeitenden Industrie, verfügbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:1994:231:0001:0084:DE:PDF

(17)  Kapitel 2.1 der Leitlinien über staatliche Garantien.

(18)  Siehe vorige Fußnote.

(19)  Schreiben vom 8.9.2008, S. 5.


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