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Document E2008C0788

    Beschluss der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 788/08/KOL vom 17. Dezember 2008 über die 67. Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Änderung der Kapitel über die Referenz- und Abzinsungssätze und über die staatliche Beihilfen in Form von Garantien und durch Einfügung eines neues Kapitels über die Rückforderung von rechtswidrigen und mit dem EWR-Abkommen unvereinbare staatliche Beihilfen, über staatliche Beihilfen zugunsten von Kinofilmen und anderen audiovisuellen Werken und über staatliche Beihilfen für Eisenbahnunternehmen

    ABl. L 105 vom 21.4.2011, p. 32–78 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 30/06/2014

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2008/788(2)/oj

    21.4.2011   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 105/32


    BESCHLUSS DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

    Nr. 788/08/KOL

    vom 17. Dezember 2008

    über die 67. Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Änderung der Kapitel über die Referenz- und Abzinsungssätze und über die staatliche Beihilfen in Form von Garantien und durch Einfügung eines neues Kapitels über die Rückforderung von rechtswidrigen und mit dem EWR-Abkommen unvereinbare staatliche Beihilfen, über staatliche Beihilfen zugunsten von Kinofilmen und anderen audiovisuellen Werken und über staatliche Beihilfen für Eisenbahnunternehmen

    DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE (1)

    GESTÜTZT AUF das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (2), insbesondere auf die Artikel 61 bis 63 und das Protokoll 26,

    GESTÜTZT AUF das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (3), insbesondere auf Artikel 24 und auf Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b dieses Abkommens,

    IN ERWÄGUNG NACHSTEHENDER GRÜNDE:

    NACH Artikel 24 des Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommens setzt die Überwachungsbehörde die Vorschriften des EWR-Abkommens über staatliche Beihilfen in Kraft.

    NACH Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b des Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommens gibt die EFTA-Überwachungsbehörde Mitteilungen und Leitlinien zu den im EWR-Abkommen geregelten Materien heraus, soweit letzteres Abkommen oder das Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen dies ausdrücklich vorsehen oder die EFTA-Überwachungsbehörde dies für notwendig erachtet.

    GEMÄSS Artikel 1 in Teil I des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen (4) überprüft die Überwachungsbehörde fortlaufend die in den EFTA-Staaten bestehenden Beihilferegelungen und schlägt alle geeigneten Maßnahmen vor, die für die fortschreitende Weiterentwicklung oder das Funktionieren des EWR-Übereinkommens erforderlich sind.

    DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE hat wie erwähnt am 19. Januar 1994 verfahrens- und materiellrechtliche Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen erlassen (5).

    AM 15. November 2007 verabschiedete die Europäische Kommission die Bekanntmachung über „Rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen: Gewährleistung der Umsetzung von Rückforderungsentscheidungen der Kommission in den Mitgliedstaaten“ (6).

    AM 19. Januar 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Mitteilung zur Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (7).

    AM 16. Juni 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Mitteilung zur Verlängerung der Geltungsdauer der Mitteilung über Folgemaßnahmen zur Mitteilung der Kommission aus dem Jahr 2001 zu bestimmten Rechtsfragen im Zusammenhang mit Kinofilmen und anderen audiovisuellen Werken (8).

    AM 20. Juni 2008 verabschiedete die Europäische Kommission eine Bekanntmachung über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Bürgschaften (9).

    AM 22. Juli 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Mitteilung zu den gemeinschaftlichen Leitlinien für staatliche Beihilfen an Eisenbahnunternehmen (10).

    DIESE MITTEILUNGEN und Bekanntmachungen sind von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum.

    DIE EWR-REGELN für staatliche Beihilfen sind im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum einheitlich anzuwenden.

    GEMÄSS ZIFFER II unter der Überschrift „ALLGEMEINES“ am Ende des Anhangs XV zum EWR-Abkommen erlässt die Überwachungsbehörde nach Konsultation mit der Europäischen Kommission Rechtsakte, die den von der Europäischen Kommission erlassenen Rechtsakten entsprechen, um einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.

    DIE Europäische Kommission wurde konsultiert.

    DIE ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE hat die EFTA-Staaten mit Schreiben an Island, Liechtenstein und Norwegen konsultiert —

    BESCHLIESST:

    Artikel 1

    Das Kapitel über die Referenz- und Abzinsungssätze in den Leitlinien für staatliche Beihilfen wird geändert. Das neue Kapitel ist im Anhang I zu diesem Beschluss wiedergegeben.

    Artikel 2

    Das Kapitel der Leitlinien für staatliche Beihilfen über die staatlichen Beihilfen in Form von Garantien wird geändert. Das neue Kapitel ist im Anhang II zu diesem Beschluss wiedergegeben.

    Artikel 3

    Die Leitlinien für staatliche Beihilfen werden durch die Einfügung eines neuen Kapitels über staatliche Beihilfen für Eisenbahnunternehmen geändert. Das neue Kapitel ist im Anhang III zu diesem Beschluss wiedergegeben.

    Artikel 4

    Die Leitlinien für staatliche Beihilfen werden durch die Einfügung eines neuen Kapitels über die Rückforderung von rechtswidrigen und mit dem EWR-Abkommen unvereinbaren staatliche Beihilfen geändert. Das neue Kapitel ist im Anhang IV zu diesem Beschluss wiedergegeben.

    Artikel 5

    Die Leitlinien für staatliche Beihilfen werden durch die Einfügung eines neuen Kapitels über staatliche Beihilfen zugunsten von Kinofilmen und anderen audiovisuellen Werken geändert. Das neue Kapitel ist im Anhang V zu diesem Beschluss wiedergegeben.

    Artikel 6

    Das vorhandene Kapitel der Leitlinien für staatliche Beihilfen über Beschwerden – Formblatt für Beschwerden über mutmaßlich rechtswidrige staatliche Beihilfen – wird gestrichen.

    Artikel 7

    Nur die englischen Texte sind verbindlich.

    Brüssel, den 17. Dezember 2008

    Für die EFTA-Überwachungsbehörde

    Per SANDERUD

    Präsident

    Kristján A. STEFÁNSSON

    Mitglied des Kollegiums


    (1)  Nachstehend als „die Überwachungsbehörde“ bezeichnet.

    (2)  Nachstehend als „das EWR-Abkommen“ bezeichnet.

    (3)  Nachstehend als „das Überwachungs- und Gerichtshofabkommen“ bezeichnet.

    (4)  Nachstehend als „Protokoll 3“ bezeichnet.

    (5)  Leitlinien für die Anwendung und Auslegung der Artikel 61 und 62 des EWR-Abkommens und des Artikels 1 des Protokolls 3 zum Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs, angenommen und bekannt gegeben von der EFTA-Überwachungsbehörde am 19. Januar 1994, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union (nachstehend als ABl. bezeichnet) L 231 vom 3.9.1994, S. 1, und EWR-Beilage Nr. 32 vom 3.9.1994, S. 1. Die Leitlinien wurden am 8.10.2008 zuletzt geändert. Nachstehend als „Leitfaden für staatliche Beihilfen“ bezeichnet. Die aktualisierte Fassung dieses Leitfadens kann auf der Website der Überwachungsbehörde eingesehen werden: http://www.eftasurv.int/state-aid/legal-frameword/state-aid-guidelines/

    (6)  ABl. C 272 vom 15.11.2007, S. 4.

    (7)  ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6.

    (8)  ABl. C 134 vom 16.6.2007, S. 5.

    (9)  ABl. C 155 vom 20.6.2008, S. 10.

    (10)  ABl. C 184 vom 22.7.2008, S. 13.


    ANHANG I

    REFERENZ- UND ABZINSUNGSSÄTZE  (1)

    Im Rahmen der Kontrolle staatlicher Beihilfen verwendet die Überwachungsbehörde Referenz- und Abzinsungssätze. Die Referenz- und Abzinsungssätze werden anstelle des Marktzinses verwendet und dienen zur Berechnung des Subventionsäquivalents von Beihilfen, v. a. wenn sie in mehreren Tranchen gezahlt werden, sowie zur Berechnung der Beihilfeelemente von Zinszuschussregelungen. Ebenfalls zum Einsatz kommen sie bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit der De-minimis-Regel und den Gruppenfreistellungsverordnungen.

    Die Überwachungsbehörde nimmt die folgende Methode zur Festsetzung der Referenzsätze an:

    Berechnungsgrundlage: IBOR für ein Jahr

    Der Basissatz beruht auf den Geldmarktzinsen für ein Jahr. Die Überwachungsbehörde vorbehält sich das Recht, in Fällen, in denen dies sinnvoll erscheint, kürzere oder längere Laufzeiten zu verwenden.

    Sind derartige Sätze nicht verfügbar, werden die dreimonatigen Geldmarktzinsen verwendet.

    Wenn keine verlässlichen oder gleichwertigen Daten zur Verfügung stehen oder unter außergewöhnlichen Umständen kann die Überwachungsbehörde in enger Zusammenarbeit mit dem (den) betreffenden EFTA-Staat(en) und im Prinzip auf der Grundlage der Daten der Zentralbank des jeweiligen EFTA-Staats eine andere Berechnungsgrundlage festlegen.

    Margen

    In Abhängigkeit vom Rating des betreffenden Unternehmens und den vorhandenen Sicherheiten (2) sind grundsätzlich die folgenden Margen anzuwenden.

    Darlehensmargen in Basispunkten

    Ratingkategorie

    Besicherung

    Hoch

    Normal

    Gering

    Sehr gut (AAA-A)

    60

    75

    100

    Gut (BBB)

    75

    100

    220

    Zufriedenstellend (BB)

    100

    220

    400

    Schwach (B)

    220

    400

    650

    Schlecht/Finanzielle Schwierigkeiten (CCC und darunter)

    400

    650

    1 000 (3)

    Normalerweise werden dem Basissatz 100 Basispunkte hinzugefügt. Dies gilt für 1. Darlehen an Unternehmen mit zufriedenstellendem Ratung und hoher Besicherung oder 2. Darlehen an Unternehmen mit gutem Rating und normaler Besicherung.

    Bei Darlehensnehmern, die keine Bonitätsgeschichte und kein auf einem Bilanzansatz basierendes Rating haben, wie bestimmte Projektgesellschaften oder Start-up-Unternehmen, sollte der Basissatz (in Abhängigkeit von den vorhandenen Sicherheiten) um mindestens 400 Basispunkte angehoben werden, und die Marge darf nicht niedriger sein als diejenige, die auf die Muttergesellschaft anwendbar wäre.

    Ratings brauchen nicht von speziellen Rating-Agenturen eingeholt zu werden – nationale Ratingsysteme und von Banken zur Feststellung von Ausfallquoten verwendete Ratingsysteme können ebenfalls akzeptiert werden (4).

    Die genannten Margen können von Zeit zu Zeit geändert werden, um der Marktsituation Rechnung zu tragen.

    Aktualisierung

    Einmal im Jahr wird der Referenzsatz aktualisiert. Im Rahmen dieser Aktualisierung wird der Basissatz auf der Grundlage des im September, Oktober und November des Vorjahres festgestellten IBOR für ein Jahr berechnet. Der in dieser Weise festgelegte Basissatz gilt ab dem 1. Januar. Um erheblichen plötzlichen Schwankungen Rechnung zu tragen, wird außerdem immer dann eine Aktualisierung vorgenommen, wenn der über die drei Vormonate berechnete Durchschnittssatz um mehr als 15 % vom geltenden Satz abweicht. Dieser neue Satz tritt am ersten Tag des zweiten Monats in Kraft, der auf den für die Berechnung verwendeten Monat folgt.

    Abzinsungssatz: Berechnung des Nettogegenwartswerts

    Der Referenzsatz ist auch als Abzinsungssatz für die Berechnung von Gegenwartswerten zu verwenden. Dazu wird grundsätzlich der Basissatz zuzüglich einer festen Marge von 100 Basispunkten verwendet.

    Diese Methode tritt am 1. Januar 2009 in Kraft.


    (1)  Das vorliegende Kapitel entspricht der Mitteilung der Kommission über die Überarbeitung der Methode für die Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze, ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2008:014:0006:0009:DE:PDF

    (2)  Unter einer normalen Besicherung wird der Umfang der Besicherung verstanden, die Kreditinstitute in der Regel als Sicherheit für ihr Darlehen verlangen. Der Umfang der Besicherung lässt sich als Verlustquote bei Ausfall (LGD) angeben; dies ist die erwartete Höhe des Verlusts in Prozent der Forderung an den Schuldner, unter Berücksichtigung der aus den Sicherheiten und dem Konkursvermögen eintreibbaren Beträgen; infolgedessen verhält sich die Verlustquote bei Ausfall umgekehrt proportional zum Wert der Sicherheiten. In diesem Kapitel wird angenommen, dass eine „hohe Besicherung“ eine LGD von bis zu 30 %, eine „normale“ Besicherung eine LGD zwischen 31 und 59 % und eine „geringe“ Besicherung eine LGD von mindestens 60 % bedeutet. Weitere Einzelheiten zum Begriff „LGD“: vgl. Basel II: International Convergence of Capital Measurement and Capital Standards: A Revised Framework — Comprehensive Version, zu finden unter: http://www.bis.org/publ/bcbs128.pdf

    (3)  Vorbehaltlich der Anwendung der besonderen Bestimmungen für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen, die festgehalten sind in den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. L 97 vom 15.4.2005, S. 41), insbesondere Punkt 24 Buchstabe a zu einem „Zinssatz verlangt werden, der mindestens den Zinssätzen vergleichbar ist, die für Darlehen an gesunde Unternehmen zu beobachten sind, insbesondere den von der Überwachungsbehörde festgelegten Referenzzinssätzen“. Daher wird bei Rettungsbeihilfen der IBOR für ein Jahr zuzüglich mindestens 100 Basispunkten angewendet.

    (4)  Zu einem Vergleich der am häufigsten verwendeten Rating-Mechanismen vgl. Tabelle 1 in Arbeitspapier Nr. 207 der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich: http://www.bis.org/publ/work207.pdf


    ANHANG II

    GARANTIEN  (1)

    1.   EINLEITUNG

    1.1.   Hintergrund

    In diesem Kapitel wird die überarbeitete Politik der EFTA-Überwachungsbehörde im Bereich staatlicher Beihilfen in Form von Garantien (der im Folgenden verwendete Ausdruck „Garantien“ umfasst auch Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften) dargelegt. Dadurch sollen sich die EFTA-Staaten ein klareres Bild über die Grundsätze verschaffen können, von denen sich die EFTA-Überwachungsbehörde bei der Auslegung der Artikel 61 und 62 des EWR-Abkommens sowie Protokoll 3 des Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommens und deren Anwendung auf staatliche Garantien leiten lassen will. Diese Grundsätze sind im vorhandenen Kapitel der Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (2) niedergelegt. Aufgrund der Erfahrungen, die seit dem Jahr 2000 bei der Anwendung des vorgenannten Kapitels gewonnen wurden, erscheint es angezeigt, die Politik der EFTA-Überwachungsbehörde in diesem Bereich neu zu definieren. In diesem Zusammenhang möchte die EFTA-Überwachungsbehörde unter anderem an die jüngste Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission in mehreren Beihilfesachen (3) erinnern, wonach im Falle von Garantieregelungen das Verlustrisiko für jede Garantie einzeln zu bewerten ist. Die EFTA-Überwachungsbehörde ist im Interesse der Berechenbarkeit ihrer Entscheidungen sowie der Sicherstellung der Gleichbehandlung weiterhin bestrebt, ihre Politik in diesem Bereich möglichst transparent zu gestalten. Insbesondere möchte die EFTA-Überwachungsbehörde den kleinen und mittleren Unternehmen (im Folgenden „KMU“ genannt) und den EFTA-Staaten die Gewissheit geben, dass staatliche Garantien bei Erhebung bestimmter, je nach Bonitätseinstufung der Unternehmen unterschiedlicher Mindestentgelte (sog. Safe-Harbour-Prämien) nicht als Beihilfe gelten, die in den Anwendungsbereich von Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens fallen. Umgekehrt könnte die Erhebung geringerer Prämien als Beihilfeelement gewertet werden.

    1.2.   Garantieformen

    Garantien werden in der Regel für Kredite oder sonstige finanzielle Verpflichtungen übernommen, die Kreditnehmer mit Kreditgebern vereinbaren wollen. Garantien können einzeln oder im Rahmen von Garantieregelungen übernommen werden.

    Je nach Rechtsgrundlage, Art der garantierten Transaktion, Laufzeit u. ä. lassen sich jedoch verschiedene Formen von Garantien unterscheiden. Dazu gehören unter anderem:

    allgemeine Garantien, d. h. Garantien für Unternehmen, im Gegensatz zu Garantien für eine bestimmte Transaktion, bei der es sich unter anderem um einen Kredit oder eine Kapitalinvestition handeln kann,

    Garantien, die durch ein bestimmtes Instrument bereitgestellt werden, im Gegensatz zu Garantien, die an die Rechtsform des Unternehmens geknüpft sind;

    unmittelbar übernommene Garantien oder Rückgarantien, die für einen Erstbürgen übernommen werden;

    unbeschränkte Garantien im Gegensatz zu betraglich und/oder zeitlich begrenzten Garantien. Als Beihilfe in Form einer Garantie wertet die EFTA-Überwachungsbehörde auch die günstigeren Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, deren Rechtsform einen Konkurs oder andere Insolvenzverfahren ausschließt oder dem Unternehmen eine ausdrückliche staatliche Garantie oder Verlustübernahme durch den Staat verschafft. Dasselbe gilt für den Erwerb einer staatlichen Beteiligung an einem Unternehmen, wenn dabei anstatt der üblichen begrenzten Haftung eine unbegrenzte Haftung übernommen wird;

    Garantien, die sich eindeutig aus vertraglichen Bestimmungen (beispielsweise Verträgen, finanziellen Unterstützungserklärungen) oder anderen Rechtsquellen ergeben, im Gegensatz zu Garantien, die sich weniger deutlich erkennen lassen (beispielsweise Begleitschreiben, mündliche Zusagen usw.), wobei der Umfang der Absicherung durch diese Garantien möglicherweise unterschiedlich ist.

    Insbesondere im letztgenannten Fall sind die Garantien aufgrund des Fehlens angemessener rechtlicher oder buchhalterischer Aufzeichnungen nur sehr schwer rückverfolgbar. Dies gilt sowohl im Hinblick auf den Begünstigten als auch auf den Staat bzw. die öffentliche Einrichtung als Garanten und damit im Hinblick auf die Dritten zur Verfügung stehenden Informationen.

    1.3.   Gliederung und Anwendungsbereich des Kapitels

    Für die Zwecke dieses Kapitels gelten folgende Begriffsbestimmungen:

    (a)   „Garantieregelung“: ist ein Instrument, das ohne weitere Durchführungsmaßnahmen ermöglicht, Garantien für Unternehmen zu übernehmen, sofern bestimmte Voraussetzungen im Hinblick auf die Laufzeit und die Höhe der Garantie, die zugrunde liegende Transaktion und die Art oder die Größe des Unternehmens (zum Beispiel KMU) erfüllt sind.

    (b)   „Einzelgarantie“: Garantie für ein Unternehmen, die nicht auf der Grundlage einer Garantieregelung übernommen wird.

    Die Abschnitte 3 und 4 dieses Kapitels gelten unmittelbar für Garantien, die sich auf eine bestimmte finanzielle Transaktion wie einen Kredit beziehen. Da solche Garantien häufig vorkommen und sich in der Regel quantifizieren lassen, hält die EFTA-Überwachungsbehörde ihre beihilferechtliche Einstufung für besonders wichtig.

    Da es sich bei der garantierten Transaktion in den meisten Fällen um einen Kredit handelt, wird im Folgenden in diesem Kapitel der Hauptbegünstigte der Garantie als „Kreditnehmer“ bezeichnet und die Instanz, deren Risiko sich durch die staatliche Garantie verringert, als „Kreditgeber“. Durch die Verwendung dieser beiden Begriffe soll auch der Grundgedanke dieser Mitteilung leichter verständlich gemacht werden, da allgemein bekannt ist, wie ein Kredit im Wesentlichen funktioniert. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Abschnitte 3 und 4 nur für Kreditgarantien gelten. Sie finden vielmehr auf alle Garantien Anwendung, bei denen es zu einer ähnlichen Risikoübertragung kommt, wie beispielsweise im Falle einer Kapitalinvestition, sofern das maßgebliche Risikoprofil (ggf. einschließlich einer mangelnden Besicherung) berücksichtigt wird.

    Dieses Kapitel gilt für alle Wirtschaftszweige einschließlich Verkehr unbeschadet der besonderen Vorschriften, die für Garantien in den einzelnen Wirtschaftszweigen bestehen.

    Dieses Kapitel gilt nicht für Ausfuhrkreditbürgschaften.

    1.4.   Sonstige Garantieformen

    Beinhalten bestimmte Garantieformen (siehe Punkt 1.2) eine Risikoübertragung auf den Garanten und weisen sie eine oder mehrere der unter Punkt 1.3 aufgeführten Eigenschaften nicht auf (wie beispielsweise Versicherungsbürgschaften), so muss eine Einzelfallprüfung durchgeführt werden, bei der soweit notwendig die maßgeblichen Abschnitte dieses Kapitels bzw. die in diesem Kapitel dargelegten Methoden Anwendung finden.

    1.5.   Neutralität

    Dieses Kapitel gilt unbeschadet des Artikels 125 des EWR-Abkommens und lässt somit die Eigentumsordnung in den EFTA-Staaten unberührt. Das EWR-Abkommen verhält sich neutral gegenüber öffentlichem und privatem Eigentum.

    Insbesondere reicht die bloße Tatsache, dass sich ein Unternehmen weitgehend im Eigentum der öffentlichen Hand befindet, nicht aus, um auf das Vorliegen einer staatlichen Garantie schließen zu können, sofern explizite oder implizite Garantieelemente fehlen.

    2.   ANWENDBARKEIT VON ARTIKEL 61 ABSATZ 1

    2.1.   Allgemeine Erwägungen

    Nach Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommens sind Beihilfen der EG-Mitgliedstaaten oder der EFTA-Staaten aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit der Funktionsweise des EWR-Abkommens unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Vertragsparteien beeinträchtigen.

    Diese allgemeinen Kriterien gelten auch für Garantien. Wie andere Formen von Unterstützung können auch Garantien, die unmittelbar vom Staat (nämlich von gesamtstaatlichen, regionalen oder kommunalen Behörden) übernommen werden, sowie Garantien, die von anderen staatlich kontrollierten Einrichtungen wie beispielsweise Unternehmen mit staatlichen Mitteln gewährt werden und öffentlichen Behörden zugerechnet werden können (4), staatliche Beihilfen darstellen.

    Im Interesse einer zweifelsfreien Auslegung sollte der Begriff „staatliche Mittel“ im Zusammenhang mit staatlichen Garantien präzisiert werden. Eine staatliche Garantie bietet den Vorteil, dass das Risiko, auf das sich die Garantie bezieht, vom Staat getragen wird. Diese Risikoträgerfunktion sollte normalerweise durch eine angemessene Prämie vergütet werden. Verzichtet der Staat ganz oder teilweise auf eine solche Prämie, so ist dies ein Vorteil für das Unternehmen und ein Verlust staatlicher Ressourcen. Selbst wenn im Rahmen einer Garantie keinerlei Zahlungen des Staates erfolgen, kann also trotzdem eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens vorliegen. Die Beihilfe wird bei Übernahme der Garantie gewährt und nicht erst dann, wenn die Garantie in Anspruch genommen wird oder aufgrund der Garantie Zahlungen erfolgen. Ob eine Garantie eine staatliche Beihilfe darstellt und, falls dies der Fall ist, auf welchen Betrag sie sich beläuft, muss zum Zeitpunkt der Übernahme der Garantie beurteilt werden.

    In diesem Zusammenhang weist die EFTA-Überwachungsbehörde darauf hin, dass die beihilferechtliche Würdigung nichts über die Vereinbarkeit einer bestimmten Maßnahme mit anderen Bestimmungen des EWR-Abkommens aussagt.

    2.2.   Beihilfe für den Kreditnehmer

    Beihilfebegünstigter ist in der Regel der Kreditnehmer. Wie unter Punkt 2.1 dargelegt, sollte die Risikoträgerfunktion normalerweise durch eine angemessene Prämie vergütet werden. Muss der Kreditnehmer keine Prämie oder nur eine niedrige Prämie zahlen, so wird ihm ein Vorteil verschafft. Im Vergleich zu einem Szenario ohne Garantie versetzt ihn die staatliche Garantie in die Lage, Gelder zu günstigeren finanziellen Konditionen aufzunehmen, als sie normalerweise auf den Finanzmärkten verfügbar sind. Üblicherweise erhält der Kreditnehmer aufgrund der staatlichen Garantie einen niedrigeren Zinssatz, und/oder er braucht weniger Sicherheiten zu leisten. In einigen Fällen würde der Kreditnehmer ohne eine staatliche Garantie überhaupt kein kreditwilliges Finanzinstitut finden. Staatliche Garantien können somit den Aufbau neuer Unternehmen erleichtern und bestimmte Unternehmen in die Lage versetzen, Gelder aufzunehmen, um ihren Geschäftsbereich auszuweiten. Ebenso können sie einem mit Zahlungsschwierigkeiten konfrontierten Unternehmen helfen, weiter im Geschäft zu bleiben, anstatt umstrukturiert oder aufgelöst zu werden, wodurch möglicherweise der Wettbewerb verzerrt wird.

    2.3.   Beihilfe für den Kreditgeber

    2.3.1.

    Auch wenn die Beihilfe für gewöhnlich den Kreditnehmer begünstigt, ist nicht auszuschließen, dass sie unter bestimmten Umständen auch unmittelbar dem Kreditgeber zugute kommt. Insbesondere wenn beispielsweise für einen bereits gewährten Kredit oder eine sonstige bereits eingegangene finanzielle Verpflichtung im Nachhinein eine staatliche Garantie übernommen wird, ohne dass die Konditionen des Kredits oder der finanziellen Verpflichtung entsprechend angepasst werden, oder wenn ein garantierter Kredit dazu benutzt wird, um einen anderen, nicht garantierten Kredit an dasselbe Kreditinstitut zurückzuzahlen, kann die Garantie auch eine Beihilfe für den Kreditgeber darstellen, da die Kredite stärker gesichert werden. Umfasst die Garantie eine Beihilfe für den Kreditgeber, so ist zu berücksichtigen, dass es sich bei einer solchen Beihilfe grundsätzlich um eine Betriebsbeihilfe handeln könnte.

    2.3.2.

    Garantien unterscheiden sich insofern von anderen staatlichen Beihilfen wie Zuschüssen und Steuerbefreiungen, als der Staat bei einer Garantie auch mit dem Kreditgeber in ein Rechtsverhältnis tritt. Daher sind die möglichen Folgen rechtswidrig gewährter staatlicher Beihilfen für Dritte zu prüfen. Bei staatlichen Kreditgarantien betrifft dies hauptsächlich die kreditgebenden Finanzinstitute. Im Falle von Garantien für Anleihen, die zur Beschaffung von Kapital für Unternehmen ausgegeben werden, betrifft dies die Finanzinstitute, die an der Ausgabe der Anleihen beteiligt sind. Ob die Rechtswidrigkeit der Beihilfe das Rechtsverhältnis zwischen Staat und Dritten berührt, ist nach innerstaatlichem Recht zu prüfen. Nationale Gerichte müssen unter Umständen prüfen, ob innerstaatliche Rechtsvorschriften der Erfüllung der Garantieverträge entgegenstehen, wobei sie nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde dem Verstoß gegen das EWR-Recht Rechnung zu tragen hätten. Kreditnehmer könnten dementsprechend ein Interesse daran haben, sich grundsätzlich zur Vorsicht zu vergewissern, dass bei der Gewährung von Bürgschaften die EWR-Wettbewerbsregeln für staatliche Beihilfen beachtet werden. Der EFTA-Staat sollte in der Lage sein, eine für eine Einzelbürgschaft oder eine Bürgschaftsregelung von der EFTA-Überwachungsbehörde erteilte Fallnummer und schließlich auch eine nicht vertrauliche Abschrift des Beschlusses der EFTA-Überwachungsbehörde zusammen mit dem entsprechenden Verweis auf das Amtsblatt der Europäischen Union zu übermitteln. Die EFTA-Überwachungsbehörde wird ihrerseits alles unternehmen, um auf transparente Weise Informationen über von ihr genehmigte Garantiefälle und -regelungen verfügbar zu machen.

    3.   UMSTÄNDE, DIE DAS VORLIEGEN EINER BEIHILFE AUSSCHLIESSEN

    3.1.   Allgemeine Erwägungen

    Verschafft eine einzelne staatliche Garantie oder eine vom Staat erlassene Garantieregelung einem Unternehmen keinen Vorteil, so handelt es sich nicht um eine staatliche Beihilfe.

    Der Europäische Gerichtshof hat in seiner jüngsten Rechtsprechung (5) bestätigt, dass sich die Europäische Kommission bei der Prüfung der Frage, ob eine Garantie oder eine Garantieregelung einen Vorteil verschafft, auf den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers stützen muss. Somit ist zu berücksichtigen, welche Möglichkeiten ein begünstigtes Unternehmen tatsächlich hat, sich entsprechende Finanzmittel auf dem Kapitalmarkt zu beschaffen. Eine staatliche Beihilfe liegt nicht vor, wenn eine neue Finanzierungsquelle zu Bedingungen zugänglich gemacht wird, die unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen für einen privaten Marktteilnehmer annehmbar wären (6).

    Damit leichter beurteilt werden kann, ob eine Maßnahme mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers im Einklang steht, führt die EFTA-Überwachungsbehörde in diesem Abschnitt mehrere ausreichende Voraussetzungen dafür auf, dass keine staatliche Beihilfe vorliegt. Auf Einzelgarantien wird unter Punkt 3.2 eingegangen; ein vereinfachtes Vorgehen im Falle von KMU wird unter Punkt 3.3 dargelegt. Auf Garantieregelungen wird unter Punkt 3.4 eingegangen; ein vereinfachtes Vorgehen im Falle von KMU wird unter Punkt 3.5 dargelegt.

    3.2.   Einzelgarantien

    Im Falle einer einzelnen staatlichen Garantie reicht es nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde aus, dass die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind, um das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe auszuschließen:

    (a)

    Der Kreditnehmer befindet sich nicht in finanziellen Schwierigkeiten.

    Bei der Prüfung der Frage, ob sich der Kreditnehmer in finanziellen Schwierigkeiten befindet, sollte die Definition im Kapitel der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (7) zugrunde gelegt werden. Bei KMU, die vor weniger als drei Jahren gegründet wurden, wird für die Zwecke dieses Kapitels nicht davon ausgegangen, dass sie sich in Schwierigkeiten befinden.

    (b)

    Der Umfang der Garantie kann zum Zeitpunkt ihrer Übernahme ermittelt werden.

    Dies bedeutet, dass die Garantie an eine bestimmte finanzielle Transaktion geknüpft, auf einen festen Höchstbetrag beschränkt und von begrenzter Laufzeit sein muss.

    (c)

    Die Garantie deckt höchstens 80 % des ausstehenden Kreditbetrages oder der sonstigen ausstehenden finanziellen Verpflichtung; diese Beschränkung gilt nicht für Garantien für Schuldtitel (8).

    Ist eine finanzielle Verpflichtung vollständig durch eine staatliche Garantie gedeckt, so ist nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde der Anreiz für den Kreditgeber geringer, das mit der Kreditvergabe verbundene Risiko ordnungsgemäß zu bewerten, abzusichern und so gering wie möglich zu halten und insbesondere die Bonität des Kreditnehmers ordnungsgemäß zu prüfen. Eine entsprechende Risikobewertung wird unter Umständen mangels entsprechender Mittel nicht in allen Fällen vom staatlichen Garanten übernommen. Aufgrund dieses fehlenden Anreizes, das Risiko des Kreditausfalls so gering wie möglich zu halten, sind Kreditgeber unter Umständen eher dazu bereit, Kredite mit einem höheren als dem marktüblichen Risiko zu vergeben, was dazu führen kann, dass sich der Anteil der laufenden staatlichen Garantien mit hohem Risiko erhöht.

    Diese Beschränkung auf 80 % gilt nicht für staatliche Garantien zur Finanzierung von Unternehmen, deren Tätigkeit sich auf die Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (9) beschränkt, mit der sie ordnungsgemäß betraut wurden, sofern die Garantie von der Behörde gegeben wird, die den Auftrag erteilt hat. Die Beschränkung auf 80 % findet Anwendung, wenn das betreffende Unternehmen andere Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringt oder anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht.

    Damit gewährleistet ist, dass der Kreditgeber tatsächlich einen Teil des Risikos trägt, müssen die beiden folgenden Aspekte berücksichtigt werden:

    wenn sich der Umfang des Kredits oder der finanziellen Verpflichtung mit der Zeit verringert, weil beispielsweise mit der Rückzahlung des Kredits begonnen wird, muss der garantierte Betrag entsprechend herabgesetzt werden, damit die Garantie zu keinem Zeitpunkt mehr als 80 % des ausstehenden Kreditbetrags oder der ausstehenden finanziellen Verpflichtung deckt,

    Verluste müssen anteilig in der gleichen Weise vom Kreditgeber und vom Garanten getragen werden. Ebenso müssen Netto-Verwertungserlöse (d. h. Erlöse abzüglich der Bearbeitungskosten), die von der Verwertung von durch den Kreditnehmer gestellten Sicherheiten herrühren, anteilig zur Deckung der Verluste des Kreditgebers und des Garanten verwendet werden. Bei Garantien, bei denen etwaige Verluste zunächst dem Garanten und erst dann dem Kreditgeber zugewiesen werden, wird davon ausgegangen, dass sie ein Beihilfeelement enthalten können.

    Sofern ein EFTA-Staat bei einer Garantie den Schwellenwert von 80 % überschreiten will und geltend macht, dass es sich nicht um eine staatliche Beihilfe handelt, sollte er seinen Standpunkt beispielsweise anhand der Vereinbarungen für die gesamte Transaktion ordnungsgemäß begründen und die Garantie bei der EFTA-Überwachungsbehörde anmelden, damit ordnungsgemäß geprüft werden kann, ob der Tatbestand einer staatlichen Beihilfe erfüllt ist.

    (d)

    Für die Garantie wird ein marktübliches Entgelt gezahlt.

    Wie unter Punkt 2.1 dargelegt, sollte die Risikoträgerfunktion normalerweise durch eine angemessene Prämie für den garantierten bzw. rückgarantierten Betrag vergütet werden. Wird für die Garantie ein Entgelt gezahlt, das mindestens der entsprechenden, als Vergleichsmaßstab dienenden Garantieprämie auf den Finanzmärkten entspricht, so umfasst die Garantie keine staatliche Beihilfe.

    Lässt sich auf den Finanzmärkten keine entsprechende Garantieprämie als Vergleichsmaßstab finden, so sind die gesamten Finanzierungskosten des garantierten Kredits einschließlich der Kreditzinsen und der Garantieprämie mit dem marktüblichen Entgelt für einen vergleichbaren nicht garantierten Kredit zu vergleichen.

    Zur Ermittlung des entsprechenden marktüblichen Entgelts ist in beiden Fällen den Merkmalen der Garantie und des Kredits Rechnung zu tragen. Dazu gehören der Betrag und die Laufzeit der Transaktion, die vom Kreditnehmer geleistete Sicherheit und andere sich auf die Bewertung der Einbringungsquote auswirkende Aspekte, die Ausfallwahrscheinlichkeit aufgrund der finanziellen Lage des Kreditnehmers, der Geschäftsbereich des Kreditnehmers, Prognosen und andere wirtschaftliche Faktoren. Diese Analyse sollte es ermöglichen, den Kreditnehmer in eine bestimmte Risikoklasse einzuordnen. Diese Klassifizierung kann von einer international anerkannten Rating-Agentur bereitgestellt werden oder gegebenenfalls anhand interner Ratings der kreditgebenden Bank vorgenommen werden. Die EFTA-Überwachungsbehörde weist auf den Zusammenhang zwischen Rating und Ausfallquote hin, den internationale Finanzinstitutionen herstellen, deren Arbeiten auch öffentlich zugänglich sind (10). Zur Prüfung der Frage, ob die Prämie marktkonform ist, kann der EFTA-Staat die Entgelte, die ähnlich eingestufte Unternehmen auf dem Markt zahlen, zum Vergleich heranziehen.

    Die EFTA-Überwachungsbehörde wird somit nicht akzeptieren, dass die Garantieprämie auf einen einheitlichen Prozentsatz festgesetzt wird, von dem geltend gemacht wird, dass er einem allgemeinen Branchenstandard entspricht.

    3.3.   Bewertung von Einzelgarantien für KMU

    Handelt es sich bei dem Kreditnehmer um ein KMU (11), so kann die EFTA-Überwachungsbehörde abweichend von Punkt 3.2 Buchstabe d eine vereinfachte Methode zur Prüfung der Frage akzeptieren, ob eine Kreditgarantie eine Beihilfe beinhaltet. Sind alle Voraussetzungen nach Punkt 3.2 Buchstaben a, b und c erfüllt, so wird davon ausgegangen, dass es sich bei einer staatlichen Garantie nicht um eine staatliche Beihilfe handelt, wenn die in der folgenden Tabelle aufgeführten jährlichen Mindestprämien („Safe-Harbour-Prämien“ (12), die von der Bonitätseinstufung des Kreditnehmers abhängig sind (13), auf den vom Staat tatsächlich garantierten Betrag angewandt werden:

    Bonität

    Standard & Poor’s

    Fitch

    Moody’s

    Jährliche Safe-Harbour-Prämie

    Höchste Bonität

    AAA

    AAA

    Aaa

    0,4 %

    Sehr starke Fähigkeit zur Erfüllung von Zahlungsverbindlichkeiten

    AA +

    AA +

    Aa 1

    0,4 %

    AA

    AA

    Aa 2

    AA –

    AA –

    Aa 3

    Starke Fähigkeit zur Erfüllung von Zahlungsverbindlichkeiten

    A +

    A +

    A 1

    0,55 %

    A

    A

    A 2

    A –

    A –

    A 3

    Angemessene Fähigkeit zur Erfüllung von Zahlungsverbindlichkeiten

    BBB +

    BBB +

    Baa 1

    0,8 %

    BBB

    BBB

    Baa 2

    BBB –

    BBB –

    Baa 3

    Bonität kann von nachtteiligen Entwicklungen beeinflusst werden

    BB +

    BB +

    Ba 1

    2,0 %

    BB

    BB

    Ba 2

    BB –

    BB –

    Ba 3

    Bonität wird wahrscheinlich durch nachtteilige Entwicklungen beeinflusst

    B +

    B +

    B 1

    3,8 %

    B

    B

    B 2

    B –

    B –

    B 3

    6,3 %

    Bonität hängt von anhaltend günstigen Bedingungen ab

    CCC +

    CCC +

    Caa 1

    Keine jährliche Safe-Harbour-Prämie möglich

    CCC

    CCC

    Caa 2

    CCC –

    CCC –

    Caa 3

    CC

    CC

     

     

    C

     

    In oder nahe Zahlungsverzug

    SD

    DDD

    Ca

    Keine jährliche Safe-Harbour-Prämie möglich

    D

    DD

    C

     

    D

     

    Die Safe-Harbour-Prämien beziehen sich auf den zu Beginn eines jeden Jahres vom Staat tatsächlich garantierten bzw. rückgarantierten Betrag. Sie sind als Mindestprämien zu verstehen, die Unternehmen, deren Kreditratings mindestens den in der Tabelle angegebenen Bonitätsstufen entsprechen, in Rechnung zu stellen sind (14).

    Wird eine einzige Abschlussprämie gezahlt, so wird davon ausgegangen, dass die Kreditgarantie keine Beihilfe beinhaltet, wenn diese Prämie mindestens dem Gegenwartswert der künftigen Garantieprämien, wie oben angegeben, entspricht, wobei der entsprechende Referenzsatz als Abzinsungssatz zugrunde gelegt wird (15).

    Wie der Tabelle zu entnehmen ist, kann diese vereinfachte Methode nicht bei Unternehmen angewandt werden, deren Bonität mit CCC/Caa oder schlechter eingestuft ist.

    Für KMU, die keine Bonitätsgeschichte und kein auf einem Bilanzansatz basierendes Rating haben, wie bestimmte Projektgesellschaften oder Start-up-Unternehmen, wird die Safe-Harbour-Prämie auf 3,8 % festgesetzt, wobei diese Prämie niemals niedriger sein darf als diejenige, die für die Muttergesellschaft oder die Muttergesellschaften anwendbar wäre.

    Diese Margen können von Zeit zu Zeit geändert werden, um der Marktsituation Rechnung zu tragen.

    3.4.   Garantieregelungen

    Nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde stellt eine staatliche Garantieregelung keine staatliche Beihilfe dar, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

    (a)

    Die Regelung gilt nicht für Kreditnehmer, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden (Näheres siehe Punkt 3.2 Buchstabe a).

    (b)

    Der Umfang der Garantien kann zum Zeitpunkt ihrer Übernahme ermittelt werden. Dies bedeutet, dass die Garantien an eine bestimmte finanzielle Transaktion geknüpft, auf einen festen Höchstbetrag beschränkt und von begrenzter Laufzeit sein müssen.

    (c)

    Die Garantien decken höchstens 80 % des ausstehenden Kreditbetrags oder der sonstigen ausstehenden finanziellen Verpflichtung (Einzelheiten und Ausnahmen siehe Punkt 3.2 Buchstabe c).

    (d)

    Der Regelung liegt eine realistische Risikobewertung zugrunde, so dass sie sich aufgrund der von den Begünstigten gezahlten Prämien aller Wahrscheinlichkeit nach finanziell selbst trägt. Die Tatsache, dass eine Regelung sich finanziell selbst trägt, und die angemessene Risikoorientierung sind für die EFTA-Überwachungsbehörde Hinweise dafür, dass die nach der Regelung zu entrichtenden Garantieprämien marktkonform sind.

    Dies bedeutet, dass bei jeder neuen Garantie eine Risikobewertung anhand aller maßgeblichen Faktoren (Bonität des Kreditnehmers, Sicherheiten, Laufzeit der Garantie usw.) vorgenommen werden muss. Aufgrund dieser Risikobewertung müssen Risikoklassen festgelegt werden, die Garantie muss einer der Risikoklassen (16) zugeordnet werden, und für den garantierten bzw. rückgarantierten Betrag ist die entsprechende Garantieprämie in Rechnung zu stellen.

    (e)

    Damit fortlaufend ordnungsgemäß beurteilt werden kann, ob sich die Regelung finanziell selbst trägt, muss mindestens einmal jährlich anhand der tatsächlichen Ausfallquote der Regelung über einen aus wirtschaftlicher Sicht angemessenen Zeitraum überprüft werden, ob die Höhe der Prämien angemessen ist; besteht die Gefahr, dass sich die Regelung finanziell nicht mehr selbst trägt, sind die Prämien entsprechend anzupassen. Diese Anpassung kann alle bereits übernommenen und künftigen Garantien oder nur künftige Garantien betreffen.

    (f)

    Um als marktkonform zu gelten, müssen die Prämien die mit der Gewährung der Garantie verbundenen normalen Risiken, die Verwaltungskosten und die jährliche Vergütung eines angemessenen Kapitalbetrags abdecken, selbst wenn dieses Kapital gar nicht oder nur teilweise hinterlegt wird.

    Die Verwaltungskosten sollten mindestens die Kosten für die anfängliche Risikobewertung sowie für die Risikoüberwachung und das Risikomanagement umfassen, die mit der Übernahme und der Verwaltung der Garantie verbunden sind.

    Zur Vergütung des Kapitalbetrags merkt die EFTA-Überwachungsbehörde an, dass Garanten üblicherweise Eigenkapitalvorschriften unterliegen und im Einklang mit diesen Vorschriften Eigenkapital hinterlegen müssen, damit sie im Falle von Schwankungen bei den jährlichen garantiebedingten Verlusten nicht zahlungsunfähig werden. Für staatliche Garantieregelungen gelten diese Vorschriften in der Regel nicht, so dass entsprechende Rücklagen entfallen. Mit anderen Worten wird immer dann, wenn die garantiebedingten Verluste die Prämieneinnahmen übersteigen, das Defizit einfach aus dem Staatshaushalt gedeckt. Durch diese staatliche Gewährleistung für die Regelung sind die Bedingungen günstiger als für einen normalen Garanten. Damit diese Ungleichheit vermieden und der Staat eine Vergütung für das von ihm übernommene Risiko erhält, müssen die Garantieprämien nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde die Vergütung eines angemessenen Kapitalbetrags umfassen.

    Nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde muss sich dieser Kapitalbetrag auf 8 % (17) der ausstehenden Garantien belaufen. Bei Garantien für Unternehmen mit einem Rating von AAA/AA- (Aaa/Aa3) kann das zu vergütende Kapital auf 2 % der ausstehenden Garantien herabgesetzt werden. Bei Garantien für Unternehmen mit einem Rating von A+/A- (A1/A3) kann das zu vergütende Kapital auf 4 % der ausstehenden Garantien herabgesetzt werden.

    Die normale Vergütung dieses Kapitals umfasst eine Risikoprämie zuzüglich möglicherweise des risikofreien Zinssatzes.

    Die Risikoprämie ist dem Staat in allen Fällen für den angemessenen Kapitalbetrag zu zahlen. Die EFTA-Überwachungsbehörde ist, aufgrund ihrer Erfahrungen sowie aufgrund der Erfahrungen der Europäischen Kommission, der Auffassung, dass sich eine übliche Risikoprämie für Eigenkapital auf mindestens 400 Basispunkte beläuft (18) und dass diese Risikoprämie in der den Begünstigten in Rechnung gestellten Garantieprämie enthalten sein sollte.

    Wenn das Kapital – wie bei den meisten staatlichen Garantieregelungen – nicht für die Regelung zur Verfügung gestellt wird und der Staat somit keinen Beitrag in bar leistet, muss der risikofreie Zinssatz nicht berücksichtigt werden. Wenn das betreffende Kapital dagegen tatsächlich vom Staat zur Verfügung gestellt wird, muss der Staat Kreditzinsen zahlen, und diese Barmittel kommen der Regelung – möglicherweise durch Investition – zugute. Daher muss dem Staat für den bereitgestellten Betrag auch der risikofreie Zinssatz gezahlt werden. Außerdem sollte dieses Entgelt zu Lasten der im Rahmen der Regelung erzielten Einnahmen gehen und muss sich nicht zwangsläufig in den Garantieprämien niederschlagen (19). Nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde kann der als übliche Kapitalrendite zugrunde gelegte Ertrag einer zehnjährigen Staatsanleihe als angemessene Ersatzgröße für den risikofreien Zinssatz verwendet werden.

    (g)

    Im Interesse der Transparenz muss in der Regelung festgelegt sein, unter welchen Bedingungen künftige Garantien übernommen werden; dazu gehören Bestimmungen über die Förderfähigkeit von Unternehmen nach Maßgabe ihrer Bonität sowie gegebenenfalls ihres Geschäftsbereichs und ihrer Größe sowie über Höchstbetrag und Laufzeit der Garantien.

    3.5.   Bewertung von Garantieregelungen für KMU

    Damit der besonderen Lage von KMU Rechnung getragen und insbesondere durch den Rückgriff auf Garantieregelungen deren Zugang zu Finanzierungsquellen verbessert wird, stehen speziell für KMU zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

    Anwendung der Safe-Harbour-Prämien, wie sie für Einzelgarantien für KMU festgelegt sind;

    Bewertung der Garantieregelungen als solche, so dass eine Einheitsprämie angewandt werden kann und sich eine individuelle Risikoeinstufung der begünstigen KMU erübrigt.

    Beide Möglichkeiten können unter den folgenden Voraussetzungen genutzt werden:

    Anwendung von Safe-Harbour-Prämien bei Garantieregelungen für KMU

    Im Einklang mit dem vorgeschlagenen vereinfachten Vorgehen bei Einzelgarantien kann auch bei Garantieregelungen für KMU im Prinzip davon ausgegangen werden, dass sie sich finanziell selbst tragen und keine staatliche Beihilfe darstellen, wenn die unter Punkt 3.3 aufgeführten, nach Maßgabe der Bonität der Unternehmen festgesetzten Safe-Harbour-Prämien angewandt werden (20). Darüber hinaus müssen auch die Voraussetzungen nach Punkt 3.4 Buchstaben a, b, c und g erfüllt sein. Die Voraussetzungen nach Punkt 3.4 Buchstaben d, e und f gelten aufgrund der Anwendung der unter Punkt 3.3 aufgeführten jährlichen Mindestprämien als erfüllt.

    Anwendung von Einheitsprämien bei Garantieregelungen für KMU

    Die EFTA-Überwachungsbehörde ist sich bewusst, dass eine Risikobewertung jedes einzelnen Kreditnehmers kostspielig und möglicherweise nicht angemessen ist, wenn die Regelung eine Vielzahl von Kleinkrediten betrifft, für die sie als Instrument des Risikopoolings dient.

    Sofern sich eine Regelung nur auf Garantien für KMU bezieht und der garantierte Betrag 2,5 Mio. EUR pro Unternehmen im Rahmen der betreffenden Regelung nicht überschreitet, kann die EFTA-Überwachungsbehörde abweichend von Punkt 3.4 Buchstabe d eine einheitliche Garantieprämie für alle Kreditnehmer akzeptieren. Jedoch kann nur dann davon ausgegangen werden, dass die im Rahmen einer solchen Regelung übernommenen Garantien keine staatlichen Beihilfen darstellen, wenn sich die Regelung finanziell selbst trägt und wenn zugleich alle übrigen Voraussetzungen nach Punkt 3.4 Buchstaben a, b und c sowie Buchstaben e, f und g erfüllt sind.

    3.6.   Keine automatische Qualifizierung als Beihilfe

    Sind die unter den Punkten 3.2 bis 3.5 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist die entsprechende Garantie oder Garantieregelung nicht automatisch als staatliche Beihilfe zu werten. Bestehen Zweifel, ob eine geplante Garantie oder Garantieregelung eine staatliche Beihilfe darstellt, so sollte sie bei der EFTA-Überwachungsbehörde angemeldet werden.

    4.   GARANTIEN MIT EINEM BEIHILFEELEMENT

    4.1.   Allgemeine Erwägungen

    Steht eine Einzelgarantie oder eine Garantieregelung nicht mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers im Einklang, so wird davon ausgegangen, dass sie eine staatliche Beihilfe beinhaltet. Daher muss das Beihilfeelement berechnet werden, um prüfen zu können, ob die Beihilfe aufgrund bestimmter Freistellungsbestimmungen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann. Grundsätzlich entspricht das Beihilfeelement der Differenz zwischen dem marktüblichen Entgelt für die einzeln oder im Rahmen einer Regelung gewährte Garantie und dem tatsächlich gezahlten Entgelt für diese Maßnahme.

    Die entsprechenden jährlichen Bar-Subventionsäquivalente sind mit Hilfe des Referenzsatzes auf ihren Gegenwartswert abzuzinsen und dann zu addieren, um das Gesamt-Subventionsäquivalent zu ermitteln.

    Bei der Berechnung des Beihilfeelements einer Garantie trägt die EFTA-Überwachungsbehörde den folgenden Aspekten besonders Rechnung:

    (a)

    Im Falle von Einzelgarantien, ob sich der Kreditnehmer in finanziellen Schwierigkeiten befindet. Im Falle von Garantieregelungen, ob die Förderkriterien der Regelung den Ausschluss solcher Unternehmen vorsehen (Näheres siehe Punkt 3.2 Buchstabe a).

    Die EFTA-Überwachungsbehörde stellt fest, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Garant, wenn überhaupt, zum Zeitpunkt der Übernahme der Garantie aufgrund des Ausfallrisikos eine hohe Prämie in Rechnung stellen würde. Sollte das Ausfallrisiko besonders hoch sein, gibt es möglicherweise keine solche marktübliche Prämie, und in Ausnahmefällen kann das Beihilfeelement der Garantie genauso hoch sein wie die Garantiesumme.

    (b)

    Ob der Umfang jeder Garantie zum Zeitpunkt ihrer Übernahme ermittelt werden kann.

    Dies bedeutet, dass die Garantie an eine bestimmte finanzielle Transaktion geknüpft, auf einen festen Höchstbetrag beschränkt und von begrenzter Laufzeit sein muss. In diesem Zusammenhang ist die EFTA-Überwachungsbehörde grundsätzlich der Auffassung, dass unbeschränkte Garantien nicht mit Artikel 61 des EWR-Abkommens vereinbar sind.

    (c)

    Ob die Garantie mehr als 80 % jedes ausstehenden Kreditbetrages oder jeder sonstigen ausstehenden finanziellen Verpflichtung deckt (Einzelheiten und Ausnahmen siehe Punkt 3.2 Buchstabe c).

    Damit gewährleistet ist, dass der Kreditgeber wirklich einen Anreiz hat, das mit dem Kreditgeschäft verbundene Risiko ordnungsgemäß zu bewerten, abzusichern und zu minimieren und insbesondere die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers ordnungsgemäß zu prüfen, sollten nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde mindestens 20 % des Betrags nicht staatlich garantiert werden (21). Daher wird die EFTA-Überwachungsbehörde Garantien oder Garantieregelungen, durch die eine finanzielle Transaktion zur Gänze (oder fast zur Gänze) abgedeckt wird, generell eingehender prüfen, sofern der EFTA-Staat diesen Umfang der Absicherung nicht ordnungsgemäß begründet – beispielsweise mit der Art der Transaktion.

    (d)

    Ob die besonderen Merkmale der Garantie und des Kredits (oder der sonstigen finanziellen Verpflichtung) bei der Ermittlung der marktüblichen Garantieprämie, die mit der tatsächlich gezahlten Prämie verglichen wird, um das Beihilfeelement zu berechnen, berücksichtigt wurden (Näheres siehe Punkt 3.2 Buchstabe d).

    4.2.   Beihilfeelement von Einzelgarantien

    Im Falle einer Einzelgarantie entspricht das Bar-Subventionsäquivalent der Differenz zwischen dem marktüblichen Entgelt für die Garantie und dem tatsächlich gezahlten Entgelt.

    Werden auf dem Markt keine Garantien für die betreffende Art von Transaktionen gewährt, so kann kein marktübliches Entgelt für die Garantie herangezogen werden. In diesem Fall ist das Beihilfeelement in der gleichen Weise zu berechnen wie das Subventionsäquivalent eines zinsvergünstigten Darlehens, nämlich als Differenz zwischen dem marktüblichen Zinssatz, der für das betreffende Unternehmen ohne die Garantie gegolten hätte, und dem im Wege der staatliche Garantie tatsächlich angewandten Zinssatz nach Abzug etwaiger Prämienzahlungen. Kann kein marktüblicher Zinssatz herangezogen werden und möchte der EFTA-Staat den Referenzsatz als Ersatzgröße anwenden, so betont die EFTA-Überwachungsbehörde, dass für die Berechnung der Beihilfeintensität einer Einzelgarantie das Kapitel über die Referenzsätze der Leitlinien der Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen (22) gilt. Somit ist der Zuschlag gebührend zu berücksichtigen, um den der Ausgangssatz zu erhöhen ist, damit dem mit dem garantierten Geschäft verbundenen Risikoprofil, dem Garantienehmer und der geleisteten Sicherheit Rechnung getragen wird.

    4.3.   Beihilfeelement von Einzelgarantien für KMU

    Im Falle von KMU kann auch die vereinfachte Bewertungsmethode nach Punkt 3.3 angewandt werden. Sollte in einem solchen Fall die Prämie für eine bestimmte Garantie nicht dem Mindestsatz nach Maßgabe der Bonitätsstufe entsprechen, so wird die Differenz zwischen diesem Mindestsatz und der in Rechnung gestellten Prämie als Beihilfe betrachtet. Erstreckt sich die Garantie über mehr als ein Jahr, so werden die jährlichen Differenzbeträge mit Hilfe des maßgeblichen Referenzsatzes abgezinst (23).

    Eine Abweichung von diesen Regeln kann die EFTA-Überwachungsbehörde nur in Fällen akzeptieren, die der EFTA-Staat eindeutig belegt und ordnungsgemäß begründet. Dessen ungeachtet muss auch in solchen Fällen ein risikogestützter Ansatz verfolgt werden.

    4.4.   Beihilfeelement von Garantieregelungen

    Im Falle von Garantieregelungen entspricht das Bar-Subventionsäquivalent jeder auf der Grundlage der Regelung gewährten Garantie der Differenz zwischen der (gegebenenfalls) tatsächlich in Rechnung gestellten Prämie und der Prämie, die im Rahmen einer entsprechenden mit Punkt 3.4 im Einklang stehenden Regelung ohne Beihilfeelement zu erheben wäre. Die vorgenannten theoretischen Prämien, auf deren Grundlage das Beihilfeelement berechnet wird, müssen somit die normalen mit der Garantie verbundenen Risiken sowie die Verwaltungs- und die Kapitalkosten abdecken (24). Mit dieser Methode zur Berechnung des Subventionsäquivalents soll sichergestellt werden, dass der ermittelte Gesamtbetrag der Beihilfe im Rahmen der Regelung auch mittel- und langfristig dem Betrag entspricht, das die Behörden zur Deckung des Defizits der Regelung einsetzen.

    Da bei staatlichen Garantieregelungen unter Umständen zum Zeitpunkt der Bewertung der Regelung noch nicht bekannt ist, wie die einzelnen Garantien ausgestaltet sein werden, ist das Beihilfeelement unter Bezugnahme auf die Bestimmungen der Garantieregelung zu beurteilen.

    Die Beihilfeelemente von Bürgschaftsregelungen können auch nach Methoden berechnet werden, die von der EFTA-Überwachungsbehörde nach ihrer Anmeldung gemäß einem in das EWR-Abkommen aufgenommene Rechtsakte über staatliche Beihilfen wie der Verordnung (EG) Nr. 1628/2006 der Kommission vom 24. Oktober 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf regionale Investitionsbeihilfen der Mitgliedstaaten (25) bereits genehmigt wurden, sofern in der genehmigten Methode ausdrücklich auf die Art der Garantie und die Art der betreffenden garantierten Transaktionen Bezug genommen wird.

    Eine Abweichung von diesen Regeln kann die EFTA-Überwachungsbehörde nur in Fällen akzeptieren, die der EFTA-Staat eindeutig belegt und ordnungsgemäß begründet. Dessen ungeachtet muss auch in solchen Fällen ein risikogestützter Ansatz verfolgt werden.

    4.5.   Beihilfeelement von Garantieregelungen für KMU

    Die beiden unter Punkt 3.5 dargelegten vereinfachten Möglichkeiten im Falle von Garantieregelungen für KMU können unter den folgenden Voraussetzungen auch für die Beihilfenberechnung genutzt werden:

    Anwendung von Safe-Harbour-Prämien bei Garantieregelungen für KMU

    Im Falle von KMU kann auch die vereinfachte Bewertungsmethode nach Punkt 3.5 angewandt werden. Sollte in einem solchen Fall die Prämie für bestimmte auf der Grundlage der Garantieregelung übernommene Garantien nicht dem Mindestsatz nach Maßgabe der Bonitätsstufe entsprechen (26), so wird die Differenz zwischen diesem Mindestsatz und der in Rechnung gestellten Prämie als Beihilfe betrachtet (27). Erstreckt sich die Garantie über mehr als ein Jahr, so werden die jährlichen Differenzbeträge mit Hilfe des maßgeblichen Referenzsatzes abgezinst (28).

    Anwendung von Einheitsprämien bei Garantieregelungen für KMU

    In Anbetracht des begrenzteren Umfangs der Wettbewerbsverzerrungen, die von staatlichen Beihilfen im Rahmen einer Garantieregelung für KMU verursacht werden können, kann die EFTA-Überwachungsbehörde im Falle einer Beihilferegelung, die sich nur auf Garantien für KMU bezieht und bei der der garantierte Betrag 2,5 Mio. EUR pro Unternehmen im Rahmen der betreffenden Regelung nicht überschreitet, abweichend von Punkt 4.4 akzeptieren, dass die Beihilfeintensität der Regelung als Ganzes ermittelt wird, ohne dass jede einzelne Garantie oder Risikoklasse innerhalb der Regelung bewertet werden muss (29).

    5.   VEREINBARKEIT STAATLICHER BEIHILFEN IN FORM VON GARANTIEN MIT DEM FUNKTIONIEREN DES EWR-ABKOMMENS

    5.1.   Allgemeine Erwägungen

    Staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens sind von der EFTA-Überwachungsbehörde darauf zu untersuchen, ob sie mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbar sind oder nicht. Bevor diese Prüfung erfolgen kann, muss der Begünstigte der Beihilfe bekannt sein.

    5.2.   Bewertung

    Ob diese Beihilfe mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbar ist oder nicht, wird von der EFTA-Überwachungsbehörde anhand derselben Regeln geprüft, die sie bei andersartigen Beihilfemaßnahmen anwendet. Welche konkreten Kriterien bei der Prüfung der Vereinbarkeit zugrunde gelegt werden, hat die EFTA-Überwachungsbehörde in den Leitlinien für staatliche Beihilfen im Einzelnen erläutert (30). Bei der Prüfung werden insbesondere die Beihilfeintensität, die besonderen Merkmale der Begünstigten und die verfolgten Ziele berücksichtigt.

    5.3.   Bedingungen

    Die EFTA-Überwachungsbehörde wird nur solchen Garantien zustimmen, deren Inanspruchnahme an bestimmte vertragliche Voraussetzungen geknüpft ist, die bis zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens oder eines ähnlichen Verfahrens reichen können. Die Parteien vereinbaren diese Voraussetzungen bei Übernahme der Garantie. Sollte der EFTA-Staat beabsichtigen, die Inanspruchnahme der Garantie an andere als die ursprünglich bei Übernahme der Garantie vereinbarten Voraussetzungen zu knüpfen, so wird dies mit der Gewährung einer neuen Beihilfe gleichstellt, die gemäß Artikel 1 Absatz 3 in Teil I des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen anzumelden ist.

    6.   BERICHTE DER EFTA-STAATEN AN DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

    Damit im Einklang mit den allgemeinen Verpflichtungen zur Beihilfenkontrolle (31) neue Entwicklungen auf den Finanzmärkten verfolgt werden können und der Tatsache Rechnung getragen wird, dass der Wert staatlicher Garantien schwierig zu beurteilen ist und sich mit der Zeit ändert, ist es besonders wichtig, dass von der EFTA-Überwachungsbehörde genehmigte staatliche Garantieregelungen einer fortlaufenden Überprüfung gemäß Artikel 62 Absatz 1 des EWR-Abkommens unterzogen werden. Daher sind die EFTA-Staaten gegenüber der EFTA-Überwachungsbehörde berichtspflichtig.

    Im Falle von Garantieregelungen mit Beihilfeelement sind die Berichte spätestens am Ende der Laufzeit der Garantieregelung und bei Anmeldung einer Änderung der Regelung vorzulegen. Die EFTA-Überwachungsbehörde kann es jedoch im Einzelfall für angemessen erachten, häufiger Berichte anzufordern.

    Im Falle von Garantieregelungen, die gemäß Beschluss der EFTA-Überwachungsbehörde keine Beihilfen darstellen, kann die EFTA-Überwachungsbehörde im betreffenden Beschluss die Vorlage solcher Berichte anordnen, so dass Häufigkeit und Gegenstand der Berichte auf Einzelfallgrundlage festgelegt werden; dies gilt insbesondere im Falle von Regelungen, für die keine verlässlichen Daten aus der Vergangenheit vorliegen.

    Die Berichte müssen mindestens folgende Angaben enthalten:

    (a)

    Anzahl und Höhe der übernommenen Garantien;

    (b)

    Anzahl und Höhe der am Ende des Bezugszeitraums ausstehenden Garantien;

    (c)

    Anzahl und Höhe der in Anspruch genommenen Garantien auf jährlicher Grundlage (einzeln aufzuführen);

    (d)

    jährliche Einnahmen:

    (1)

    Prämieneinnahmen;

    (2)

    Verwertungserlöse;

    (3)

    sonstige Einnahmen (z. B. Erträge aus Einlagen oder Investitionen);

    (e)

    jährliche Kosten:

    (1)

    Verwaltungskosten;

    (2)

    Leistungen im Zusammenhang mit in Anspruch genommenen Garantien;

    (f)

    jährliche Überschüsse/Verluste (Differenz zwischen Einnahmen und Kosten); und

    (g)

    akkumulierte Überschüsse/Verluste seit Inkrafttreten der Regelung (32).

    Im Falle von Einzelgarantien sind die relevanten Angaben – im Wesentlichen die Angaben unter den Buchstaben d bis g – in ähnlicher Weise zu übermitteln.

    Die EFTA-Überwachungsbehörde weist die EFTA-Staaten darauf hin, dass die ordnungsgemäße Berichterstattung zu einem späten Zeitpunkt in allen Fällen voraussetzt, dass die erforderlichen Daten ab Beginn der Anwendung der Regelung ordnungsgemäß gesammelt und auf jährlicher Grundlage zusammengefasst worden sind.

    Die EFTA-Staaten werden ferner darauf aufmerksam gemacht, dass sich die EFTA-Überwachungsbehörde im Falle von einzeln oder auf der Grundlage von Garantieregelungen übernommenen Garantien ohne Beihilfeelement ungeachtet der Tatsache, dass keine Anmeldepflicht besteht, beispielsweise aufgrund einer Beschwerde veranlasst sehen kann zu überprüfen, dass eine solche Garantie/Garantieregelung tatsächlich kein Beihilfeelement enthält. In einem solchen Fall fordert die EFTA-Überwachungsbehörde bei dem betreffenden EFTA-Staat ähnliche Informationen an wie für die Berichte (siehe oben).

    Müssen im Einklang mit Berichtspflichten, die aufgrund von Gruppenfreistellungsverordnungen, Leitlinien oder Gemeinschaftsrahmen im Bereich staatlicher Beihilfen bestehen, bereits Berichte vorgelegt werden, so ersetzen diese die im Zusammenhang mit Garantien vorzulegenden Berichte, sofern sie die oben genannten Angaben enthalten.

    7.   UMSETZUNGSMASSNAHMEN

    Die EFTA-Überwachungsbehörde fordert die EFTA-Staaten auf, ihre bestehenden Garantiemaßnahmen, soweit es um neue Garantien geht, bis zum 1. Januar 2010 diesem Kapitel anzupassen.


    (1)  Das vorliegende Kapitel entspricht der Bekanntmachung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (ABl. C 155 vom 20.6.2008, S. 10 und Berichtigung der Bekanntmachung veröffentlicht im ABl. C 244 vom 25.9.2008, S. 32) und ersetzt das bestehende Kapitel der Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen über staatliche Garantien (ABl. L 274 vom 26.10.2000, S. 29 und EWR-Beilage Nr. 48 vom 26.10.2000, S. 45).

    (2)  ABl. L 274 vom 26.10.2000, S. 29 und EWR-Beilage Nr. 48 vom 26.10.2000, S. 45. Das vorliegende Kapitel entsprach der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (ABl. C 71 vom 11.3.2000, S. 14).

    (3)  Siehe beispielsweise Entscheidung 2003/706/EG der Kommission vom 23. April 2003 betreffend die von Deutschland durchgeführten — Beihilferegelungen „Bürgschaftsregelungen des Landes Brandenburg von 1991 und 1994“ — Beihilfe C 45/98 (ex NN 45/97) (ABl. L 263 vom 14.10.2003, S. 1); Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2003, Bürgschaftssysteme für Schiffsfinanzierungen — Deutschland (Sache N 512/03) (ABl. C 62 vom 11.3.2004, S. 3); Entscheidung 2006/599/EG der Kommission vom 6. April 2005, über die Beihilferegelung, die Italien zugunsten der Schiffsfinanzierung durchführen will (ABl. L 244 vom 7.9.2006, S. 17).

    (4)  Siehe Rechtssache C-482/99, Frankreich/Kommission (Stardust), Slg. 2002, S. I-4397.

    (5)  Siehe Rechtssache C-482/99, siehe Fußnote 4.

    (6)  Siehe Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen über staatliche Holdinggesellschaften (ABl. L 231 vom 3.9.1994, S. 1, EWR-Beilage Nr. 32 vom 3.9.1994, S. 1). Die vorliegenden Leitlinien beruhen sich auf die Anwendung der [ex-]Artikel 92 und 93 des EG-Vertrags auf Beteiligungen der öffentlichen Hand (Bulletin der Europäischen Gemeinschaften Nr. 9-1984), aufgenommen in Ziffer 9 des Anhangs XV des EWR-Abkommens. Siehe auch verbundene Rechtssachen 296/82 und 318/82, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek BV/Kommission, Slg. 1985, S. 809, Randnr. 17. Siehe auch Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen über staatliche Beihilfen im Luftverkehr (ABl. L 124 vom 23.5.1996, S. 41 (Punkt 30), EWR-Beilage Nr. 23 vom 23.5.1996, S. 86 (Punkt 30). Diese Leitlinien beschreiben die Anwendung von Kriterien, die denen in der Mitteilung der Kommission zur Anwendung der Artikel 92 und 93 des EG-Vertrags sowie des Artikels 61 des EWR-Abkommens auf staatliche Beihilfen im Luftverkehr (ABl. C 350 vom 10.12.1994, S. 5), Punkte 25 und 26, entsprechen.

    (7)  ABl. L 97 vom 15.4.2005, S. 41 und EWR-Beilage Nr. 18 vom 14.4.2005, S. 1. Das Kapitel entspricht den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2).

    (8)  Der Begriff „Schuldtitel“ ist definiert in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38), der in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 120/2005 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 30.9.2005 zur Änderung des Anhangs IX des EWR-Abkommens aufgenommen wurde (ABl. L 339 vom 22.12.2005, S. 26 und EWR-Beilage Nr. 66 vom 22.12.2005, S. 15). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2008/22/EG (ABl. L 76 vom 19.3.2008, S. 50) (noch nicht in das EWR-Abkommen aufgenommen).

    (9)  Eine solche Dienstleistung von allgemeinem Interesse muss den einschlägigen EWR-Vorschriften entsprechen, so der Entscheidung 2005/842/EG der Europäischen Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden (ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67), die in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 91/2006 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses zur Änderung des Anhangs XV des EWR-Abkommens (ABl. L 289 vom 19.10.2006, S. 31 und EWR-Beilage Nr. 52 vom 19.10.2006, S. 24) aufgenommen wurde, sowie des Kapitels der Leitlinien für staatliche Beihilfen über Beihilfen als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (ABl. L 109 vom 26.4.2007, S. 44 und EWR-Beilage Nr. 20 vom 26.4.2007, S. 1). Das vorliegende Kapitel entspricht dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (ABl. C 297 vom 29.11.2005, S. 4).

    (10)  Wie Tabelle 1 mit den Kreditratings von Rating-Agenturen in dem Arbeitspapier Nr. 207 der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, abrufbar unter: http://www.bis.org/publ/work207.pdf.

    (11)  Als „KMU“ gelten kleine und mittlere Unternehmen im Sinne des Kapitels der Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Die Definition entspricht derjenigen der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36). Siehe auch Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 33), aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 88/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses zur Änderung des Anhangs XV des EWR-Abkommens (ABl. L 266 vom 3.10.2002, S. 56 und EWR-Beilage Nr. 49 vom 3.10.2002, S. 42). Diese Verordnung wurde zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1976/2006 der Kommission (ABl. L 368 vom 23.12.2006, S. 85), aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 28/2007 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (ABl. L 209 vom 9.8.2007, S. 50 und EWR-Beilage Nr. 38 vom 9.8.2007, S. 33).

    (12)  Diese Safe-Harbour-Prämien werden im Einklang mit den Darlehensmargen für Unternehmen mit ähnlichem Rating ermittelt, die im Kapitel der Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen über die Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze festgesetzt wurden. Die vorliegenden Leitlinien entsprechen der Mitteilung der Kommission über die Überarbeitung der Methode für die Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6). Auf der Grundlage der von der Kommission in Auftrag gegebenen einschlägigen Studie (http://ec.europa.eu/comm/competition/state_aid/studies_reports/full_report.pdf — siehe S. 23 und S. 156-159 der Studie) wurde einer generellen Senkung um 20 Basispunkte Rechnung getragen. Diese Senkung entspricht dem Margenunterschied zwischen einem Darlehen und einer Garantie im Falle eines vergleichbaren Risikos, so dass den darlehensspezifischen Zusatzkosten Rechnung getragen wird.

    (13)  Die Tabelle bezieht sich auf die Ratingstufen von Standard & Poor's, Fitch und Moody's, auf die sich der Bankensektor bei der Zuordnung seines eigenen Ratingsystems, wie unter Punkt 3.2 Buchstabe d beschrieben, am häufigsten stützt. Ratings brauchen jedoch nicht von diesen speziellen Rating-Agenturen eingeholt zu werden. Nationale Ratingsysteme und von Banken zur Feststellung von Ausfallquoten verwendete Ratingsysteme können ebenfalls akzeptiert werden, sofern sie die Ausfallwahrscheinlichkeit über ein Jahr angeben, da die Rating-Agenturen diesen Wert zur Einstufung von Unternehmen verwenden. Andere Systeme sollten eine ähnliche Bewertung unter Zugrundelegung dieses Schlüssels gewährleisten.

    (14)  Einem Unternehmen, dem eine Bank ein Kreditrating von BBB-/Baa 3 zuordnet, ist beispielsweise eine jährliche Garantieprämie in Höhe von mindestens 0,8 %, bezogen auf den zu Beginn jeden Jahres vom Staat tatsächlich garantierten Betrag, in Rechnung zu stellen.

    (15)  Siehe die Leitlinien in Fußnote 12, in der es heißt: „Der Referenzsatz ist auch als Abzinsungssatz für die Berechnung von Gegenwartswerten zu verwenden. Dazu wird grundsätzlich der Basissatz zuzüglich einer festen Marge von 100 Basispunkten verwendet.“ (S. 4).

    (16)  Weitere Einzelheiten siehe Fußnote 13.

    (17)  Entsprechend den Bestimmungen über die in Artikel 75 der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 1), die in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 65/2008 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses zur Änderung des Anhangs IX des EWR-Abkommens aufgenommen wurde (ABl. L 257 vom 25.9.2008, S. 27 und EWR-Beilage Nr. 58 vom 25.9.2008, S. 9), festgelegten Kapitalanforderungen, gelesen im Zusammenhang mit deren Anhang VI, Absatz 41 und ff.).

    (18)  Bei einer Garantie in Höhe von 100 für ein Unternehmen mit einem Rating von BBB ergeben sich somit notwendige Rücklagen in Höhe von 8. Bei Anwendung von 400 Basispunkten (oder 4 %) auf diesen Betrag ergeben sich jährliche Kapitalkosten von 8 % × 4 % = 0,32 % des garantierten Betrages, die sich entsprechend auf den Preis der Garantie auswirken. Beläuft sich beispielsweise die im Rahmen der Regelung für das Unternehmen zugrunde gelegte 1-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit auf 0,35 % und werden die jährlichen Verwaltungskosten auf 0,1 % veranschlagt, so beläuft sich der Preis der Garantie, bei dem davon ausgegangen wird, dass keine Beihilfe vorliegt, auf 0,77 % pro Jahr.

    (19)  Sofern der risikofreie Satz 5 % beträgt, belaufen sich die jährlichen Kosten der Rücklagen für dieselbe Garantie von 100 mit erforderlichen Rücklagen von 8 auf 8 % x (4 %+5 %) = 0,72 % des garantierten Betrags. Unter denselben Annahmen (Ausfallwahrscheinlichkeit von 0,35 % und Verwaltungskosten von 0,1 %) würde sich der Preis der Garantie auf 0,77 % pro Jahr belaufen, und an den Staat sollte ein zusätzliches, zu Lasten der Regelung gehendes Entgelt von 0,4% gezahlt werden.

    (20)  Dieses schließt die Bestimmung ein, dass diese Safe-Harbour-Prämie für KMU, die keine Bonitätsgeschichte und kein auf einem Bilanzansatz basierendes Rating haben, auf 3,8 % festgesetzt wird, wobei diese Prämie niemals niedriger sein darf als diejenige, die für die Muttergesellschaft(en) anwendbar wäre.

    (21)  Dies gilt unter der Annahme, dass das Unternehmen dem Staat und dem Kreditinstitut die entsprechenden Sicherheiten bietet.

    (22)  Siehe das in Fußnote 12 genannte Kapitel.

    (23)  Weitere Einzelheiten siehe Fußnote 15.

    (24)  Die Berechnung lässt sich für die einzelnen Risikoklassen wie folgt zusammenfassen: Differenz zwischen a) der ausstehenden Garantiesumme, multipliziert mit dem Risikofaktor der Risikoklasse (unter „Risiko“ ist die Wahrscheinlichkeit der Zahlungsunfähigkeit nach Einbeziehung aller Verwaltungs- und Kapitalkosten zu verstehen), was der marktüblichen Prämie entspricht, und b) aller Prämienzahlungen, d. h. (Garantiesumme × Risiko) – Prämienzahlungen.

    (25)  ABl. L 302 vom 1.11.2006, S. 29. Aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 157/2006 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (ABl. L 89 vom 29.3.2007, S. 33, EWR-Beilage Nr. 15 vom 29.3.2007, S. 26).

    (26)  Dieses schließt die Möglichkeit ein, dass diese Safe-Harbour-Prämie für KMU, die keine Bonitätsgeschichte und kein auf einem Bilanzansatz basierendes Rating haben, auf 3,8 % festgesetzt wird, wobei diese Prämie niemals niedriger sein darf als diejenige, die für die Muttergesellschaft(en) anwendbar wäre.

    (27)  Die Berechnung lässt sich für die einzelnen Risikoklassen wie folgt zusammenfassen: ausstehende Garantiesumme multipliziert mit der Differenz zwischen a) dem Safe-Harbour-Prämiensatz für die betreffende Risikoklasse und b) dem tatsächlich gezahlten Prämiensatz, d. h. Garantiesumme × (Safe-Harbour-Prämie – tatsächlich gezahlte Prämie).

    (28)  Weitere Einzelheiten siehe Fußnote 12.

    (29)  Diese Berechnung lässt sich unabhängig von der Risikoklasse wie folgt zusammenfassen: Differenz zwischen a) der ausstehenden Garantiesumme, multipliziert mit dem Risikofaktor der Regelung (unter „Risiko“ ist die Wahrscheinlichkeit der Zahlungsunfähigkeit nach Einbeziehung aller Verwaltungs- und Kapitalkosten zu verstehen) und b) aller Prämienzahlungen, d. h. (Garantiesumme × Risiko) – Prämienzahlungen.

    (30)  Siehe die Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen unter http://www.eftasurv.int/state-aid/legal-framework/state-aid-guidelines/.

    (31)  Wie insbesondere die Bestimmungen im Beschluss Nr. 195/04/KOL der EFTA-Überwachungsbehörde vom 14.7.2004 (ABl. L 139 vom 25.5.2006, S. 37, EWR-Beilage Nr. 26 vom 25.5.2006, S. 1), wie zuletzt geändert durch Beschluss Nr. 789/08/KOL der Überwachungsbehörde vom 17.12.2008, Abl. L 340 vom 22.12.2010, S. 1, EWR-Beilage Nr. 72 vom 22.12.2010, S. 1. Dieser Beschluss entspricht der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 271/2008 (ABl. L 82 vom 25.3.2008, S. 1). Die Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission wurde im EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 123/2005 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses zur Änderung des Anhangs XV und des Protokolls 26 des EWR-Abkommens übernommen (ABl. L 339 vom 22.12.2005, S. 32, EWR-Beilage Nr. 66 vom 22.12.2005, S. 18).

    (32)  Sofern die Regelung seit mehr als 10 Jahren angewandt wird, sind nur die jährlichen Verluste/Überschüsse aus den letzten 10 Jahren anzugeben.


    ANHANG III

    LEITLINIEN FÜR STAATLICHE BEIHILFEN AN EISENBAHNUNTERNEHMEN  (1)

    1.   EINLEITUNG

    1.1   Allgemeiner Kontext: der Eisenbahnsektor

    (1)

    Als sicheres und umweltverträgliches Verkehrsmittel verfügt die Eisenbahn über einzigartige Vorteile. Daher kann die Schiene einen wesentlichen Beitrag zu einem zukunftsfähigen Verkehr im Europäischen Wirtschaftsraum leisten.

    (2)

    Im Weißbuch der Europäischen Kommission „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ (2) und der dazugehörigen Halbzeitbilanz (3) wird darauf hingewiesen, dass ein dynamischer Eisenbahnsektor für den Aufbau eines leistungsfähigen, sicheren und umweltfreundlichen Personen- und Güterverkehrssystems, das zur Verwirklichung eines langfristig gedeihlichen europäischen Binnenmarkts beiträgt, von großer Bedeutung ist. Die Entschließung des Beratenden EWR-Ausschusses und der Bericht „An Ambitious Transport Policy“ (4) heben ebenfalls die Bedeutung eines dynamischen Eisenbahnsektors für den EWR hervor. Die Überlastung der Straßen in den Städten und in manchen Gebieten des EWR, die Notwendigkeit, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, sowie die steigenden Ölpreise machen deutlich, wie wichtig die Förderung des Schienenverkehrs ist. Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuweisen, dass die im des EWR-Abkommens (5) und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft festgelegten Umweltziele auch im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik verfolgt werden müssen (6).

    (3)

    Dem europäischen Schienenverkehr mangelt es jedoch an Attraktivität. Von den 1960er Jahren bis zum Ende des 20. Jahrhunderts verzeichnete die Eisenbahn einen anhaltenden Rückgang. Im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern hat sowohl die Personen- als auch die Güterbeförderung abgenommen. In absoluten Zahlen ist der Schienengüterverkehr sogar geschrumpft, da im Jahr 2000 weniger Güter befördert wurden als noch 1970. Die alteingesessenen Eisenbahnunternehmen waren nicht in der Lage, die von ihren Kunden geforderte Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit zu bieten, so dass die Schiene gegenüber anderen Verkehrsträgern, vor allem der Straße, an Terrain verlor (7). Dagegen hat der Schienenpersonenverkehr absolut zwar weiterhin zugenommen, jedoch in sehr bescheidenem Maße verglichen mit dem Wachstum im Straßen- und im Luftverkehr (8).

    (4)

    Dieser Trend scheint sich in jüngster Zeit zwar umgekehrt zu haben (9), doch bis zu einem leistungs- und wettbewerbsfähigen Schienenverkehr ist es noch ein langer Weg. Insbesondere im Schienengüterverkehr bestehen nach wie vor erhebliche Schwierigkeiten, die Maßnahmen auf staatlicher Ebene erfordern (10).

    (5)

    Der relative Rückgang des europäischen Schienenverkehrs liegt zum großen Teil an der historisch gewachsenen und im Wesentlichen durch nationale und monopolistische Strukturen geprägten Organisation des Verkehrsangebots.

    (6)

    Wegen fehlender Konkurrenz in den nationalen Netzen hatten die Eisenbahngesellschaften keine Veranlassung, ihre Betriebskosten zu senken und neue Dienste zu entwickeln. Ihre erwirtschafteten Erträge reichten nicht aus, um sämtliche Kosten abzudecken und die nötigen Investitionen zu tätigen, die daher in manchen Fällen ausblieben. In einigen Fällen wurden die Unternehmen von den EFTA-Staaten verpflichtet zu investieren, obwohl ihre Eigenmittel nicht ausreichten. Die Folge war eine erhebliche Verschuldung der Unternehmen, die wiederum ihre Entwicklung beeinträchtigte.

    (7)

    Weitere Hindernisse für die Entwicklung des Eisenbahnverkehrs in Europa waren die unzureichende Normung und Interoperabilität der Schienennetze, während die Unternehmen im Straßen- und im Luftverkehr eine Palette internationaler Dienstleistungen entwickelt hatten. Der Europäische Wirtschaftsraum hat einen Flickenteppich nationaler Eisenbahnnetze mit unterschiedlichen Spurweiten und inkompatiblen Signalgebungs- und Sicherheitssystemen übernommen, die den Eisenbahnunternehmen die Möglichkeit nehmen, von den Größenvorteilen zu profitieren, die sich ergäben, wenn Infrastruktur und Fahrzeuge anstatt für 27 nationale Einzelmärkte (11) nur für einen großen Markt konzipiert werden müssten.

    (8)

    Der Europäische Wirtschaftsraum betreibt eine Politik zur Wiederbelebung des Eisenbahnsektors auf drei Ebenen, indem er

    (a)

    schrittweise die Voraussetzungen zur Liberalisierung der Schienenverkehrsmärkte schafft;

    (b)

    die Normung und technische Harmonisierung der europäischen Schienennetze fördert, um eine vollständige Interoperabilität in Europa zu erreichen;

    (c)

    Finanzhilfen gewährt (im Rahmen des TEN-V-Programms und der Strukturfonds).

    (9)

    Auf diese Weise hat der Europäische Wirtschaftsraum die Schienenverkehrsmärkte schrittweise dem Wettbewerb geöffnet. Im Jahr 2001 wurde ein erstes Paket von Liberalisierungsmaßnahmen beschlossen, das folgende Richtlinien umfasst: die Richtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (12), die Richtlinie 2001/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen (13), die Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (14). Diesem Paket folgte 2004 ein zweites Paket, zu dem folgende Rechtsakte gehören: die Verordnung (EG) Nr. 881/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Errichtung einer Europäischen Eisenbahnagentur (15), die Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (16), die Richtlinie 2004/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Änderung der Richtlinie 96/48/EG des Rates über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems und der Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Interoperabilität des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems (17) und die Richtlinie 2004/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (18). 2007 wurde ein drittes Paket erlassen, zu dem folgende Rechtsakte gehören: die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (19), die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (20), die Richtlinie 2007/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft sowie der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (21) und die Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen (22) folgten. Der Schienengüterverkehr wurde am 15. März 2003 zunächst auf dem transeuropäischen Schienengüterverkehrsnetz für den Wettbewerb geöffnet, bevor am 1. Januar 2006 der gesamte grenzüberschreitende Schienengüterverkehr und am 1. Januar 2007 die Kabotagedienste liberalisiert wurden. Das dritte Eisenbahnpaket sieht vor, ab 1. Januar 2010 auch den grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr dem Wettbewerb zu öffnen. In einigen EFTA-Staaten wie Deutschland, Italien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich findet bei den innerstaatlichen Personenverkehrsdiensten (teilweise) bereits heute ein Wettbewerb statt.

    (10)

    Mit den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (23) wird für die Akteure des Eisenbahnsektors ein neuer institutioneller und organisatorischer Rahmen geschaffen, der Folgendes umfasst:

    (a)

    Eisenbahnunternehmen (24) und Infrastrukturbetreiber (25) werden organisatorisch und auf Ebene der Rechnungsführung voneinander getrennt;

    (b)

    unabhängige Geschäftsführung der Eisenbahnunternehmen;

    (c)

    die Eisenbahnunternehmen werden nach den für Handelsgesellschaften geltenden Grundsätzen geführt;

    (d)

    eine ausgeglichene Finanzstruktur der Eisenbahnunternehmen, der ein solider Geschäftsplan zugrunde liegt;

    (e)

    mit den Regeln über staatliche Beihilfen im Einlang stehende Finanzmaßnahmen der EFTA-Staaten (26).

    (11)

    Neben diesem Liberalisierungsprozess haben die Europäische Kommission und der Gemeinsame EWR-Ausschuss auf einer zweiten Ebene die Interoperabilität der europäischen Eisenbahnnetze vorangetrieben. Begleitet wurde dies von EWR-Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit des Eisenbahnverkehrs (27).

    (12)

    Auf der dritten Ebene wird der Schienenverkehr mit öffentlichen Finanzhilfen gefördert. Angesichts der hohen Umstellungskosten im Eisenbahnsektor sind diese Hilfen nach Auffassung der Europäischen Kommission unter bestimmten Umständen gerechtfertigt.

    (13)

    Sie weist darauf hin, dass für den Schienenverkehr immer öffentliche Zuschüsse von bedeutendem Umfang gewährt worden seien.

    (14)

    Staatliche Beihilfen im Eisenbahnsektor sind zulässig, wenn sie zur Verwirklichung eines integrierten, interoperablen und wettbewerbsorientierten Marktes im Europäischen Wirtschaftsraum beitragen und den EWR-Zielen einer dauerhaft umweltverträglichen Mobilität dienen. Die Europäische Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde müssen in diesem Zusammenhang sicherstellen, dass die öffentlichen Finanzhilfen keine Wettbewerbsverfälschungen verursachen, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufen. Sie können in bestimmten Fällen die EFTA-Staaten auffordern, parallel zu der Gewährung von Beihilfen Verpflichtungen im Hinblick auf die Verwirklichung von Zielen des EWR einzugehen.

    1.2   Ziel und Anwendungsbereich der Leitlinien

    (15)

    Die vorliegenden Leitlinien dienen als Orientierungshilfe hinsichtlich der Frage, inwieweit unter den oben beschriebenen Bedingungen gewährte staatliche Beihilfen für Eisenbahnunternehmen im Sinne der Richtlinie 91/440/EWG mit dem EWR-Abkommen vereinbar sind. Mit Blick auf Kapitel 3 gelten die Leitlinien ferner für Unternehmen, die Personenbeförderungsdienste im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr durchführen. Sie stützen sich insbesondere auf die Grundsätze, die vom Gemeinschaftsgesetzgeber in den drei Eisenbahnpaketen festgelegt wurden. Ihr Ziel ist es, vor dem Hintergrund der EWR-Marktöffnung die Transparenz öffentlicher Finanzierungen und die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmungen der staatlichen Beihilfen zu verbessern. Die Gewährung öffentlicher Finanzmittel zugunsten von Infrastrukturbetreibern fällt nicht unter die vorliegenden Leitlinien.

    (16)

    Gemäß Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens sind Beihilfen der EG-Mitgliedstaaten oder der EFTA-Staaten gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen EFTA-Staaten beeinträchtigen. In bestimmten Situationen können solche Beihilfen, wenn sie dem gemeinsamen EWR-Interesse dienen, jedoch gerechtfertigt sein. Einige dieser Situationen, die den Verkehrssektor und andere Wirtschaftszweige betreffen, werden in Artikel 61 Absatz 3 des EWR-Abkommens aufgeführt.

    (17)

    Darüber hinaus sind gemäß Artikel 49 des EWR-Abkommens Beihilfen mit dem EWR vereinbar, „die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs oder der Abgeltung bestimmter, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes zusammenhängender Leistungen entsprechen“. Dieser Artikel stellt eine Sondervorschrift in der Systematik des EWR-Abkommens dar. Aufgrund des entsprechenden Artikels 73 des EG-Vertrags wurden vom Gemeinschaftsgesetzgeber zwei Rechtsakte für den Verkehrssektor erlassen. Es handelt sich dabei um die Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (28) und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates vom 4. Juni 1970 über Beihilfen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr (29). Auch in der Verordnung (EWG) Nr. 1192/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über gemeinsame Regeln für die Normalisierung der Konten der Eisenbahnunternehmen (30) ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten den Eisenbahnunternehmen (31) bestimmte Ausgleichsleistungen gewähren können.

    (18)

    Gemäß Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 ergreifen die EFTA-Staaten, unbeschadet der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1192/69, nur in den in der Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 vorgesehenen Fällen und unter den dort genannten Voraussetzungen Koordinierungsmaßnahmen oder erlegen mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundene Belastungen auf, die die Gewährung von Beihilfen im Sinne von Artikel 49 des EWR-Abkommens zur Folge haben. Daraus folgt nach dem Altmark-Urteil des Europäischen Gerichtshofes (32), dass staatliche Beihilfen, die nicht aufgrund der Verordnungen (EWG) Nr. 1107/70, (EWG) Nr. 1191/70 oder (EWG) Nr. 1192/69 genehmigt werden können, nicht auf der Grundlage von Artikel 73 des EWR-Abkommens für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werden können (33). Außerdem ist daran zu erinnern, dass Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, die im Widerspruch zu den sich aus Artikel 49 des EWR-Abkommens ergebenden Vorschriften stehen, weder auf Grundlage des Artikels 59 Absatz 2 noch einer sonstigen Bestimmung für vereinbar mit dem EWR-Abkommen erklärt werden können (34).

    (19)

    Mit dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (nachstehend „Verordnung über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen“) (35), durch die die Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 aufgehoben wurden, am 3. Dezember 2009 entsteht ein neuer rechtlicher Rahmen. Fragen im Zusammenhang mit Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen sind somit nicht Gegenstand dieser Leitlinien.

    (20)

    Nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 kann Artikel 49 des EWR-Abkommens unmittelbar als Rechtsgrundlage herangezogen werden, um die Zulässigkeit von Beihilfen zu prüfen, die nicht unter die Verordnung über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen fallen, unter anderem Beihilfen zur Koordinierung des Schienengüterverkehrs. Für die Prüfung, ob Beihilfen für die Koordinierung des Verkehrs mit Artikel 49 des EWR-Abkommens vereinbar sind, sollten deshalb einheitliche Kriterien geschaffen werden. Ziel dieser Leitlinien ist unter anderem die Festlegung von Kriterien sowie von Intensitätsschwellen. Angesichts des Wortlauts des Artikels 49 muss die EFTA-Überwachungsbehörde den EFTA-Staaten bei Überschreitung der festgelegten Grenzwerte allerdings die Möglichkeit geben nachzuweisen, dass die betreffenden Maßnahmen notwendig und verhältnismäßig sind.

    (21)

    Die vorliegenden Leitlinien betreffen die Anwendung der Artikel 49 und 61 des EWR-Abkommens und ihre Durchführung im Bereich der Gewährung öffentlicher Finanzmittel zugunsten von Eisenbahnunternehmen im Sinne der Richtlinie 91/440/EWG. Dabei wird auf folgende Aspekte eingegangen: staatliche Förderung der Eisenbahnunternehmen durch Finanzierung von Infrastruktur (Kapitel 2), Beihilfen zur Anschaffung und Erneuerung von Fahrzeugen (Kapitel 3), staatliche Schuldentilgung zur finanziellen Sanierung der Eisenbahnunternehmen (Kapitel 4), Beihilfen zur Umstrukturierung von Eisenbahnunternehmen (Kapitel 5), Beihilfen für die Koordinierung des Verkehrs (Kapitel 6) sowie staatliche Bürgschaften zugunsten von Eisenbahnunternehmen (Kapitel 7). Nicht behandelt werden dagegen Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, zu der noch keine Entscheidungspraxis weder der Europäischen Kommission noch der EFTA-Überwachungsbehörde vorhanden ist (36).

    2.   STAATLICHE FÖRDERUNG DER EISENBAHNUNTERNEHMEN DURCH FINANZIERUNG VON SCHIENENINFRASTRUKTUR

    (22)

    Für die Entwicklung des europäischen Eisenbahnsektors ist die Schieneninfrastruktur von herausragender Bedeutung. Sowohl im Hinblick auf die Interoperabilität als auch auf die Sicherheit und den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsverkehrs sind erhebliche Investitionen unverzichtbar (37).

    (23)

    Die vorliegenden Leitlinien betreffen nur die Eisenbahnunternehmen. Ihr Ziel ist es also nicht, in Bezug auf die Vorschriften über staatliche Beihilfen einen Rechtsrahmen für die öffentliche Infrastrukturfinanzierung festzulegen. In diesem Kapitel werden ausschließlich die Folgen untersucht, die sich aus dieser Infrastrukturfinanzierung für die Eisenbahnunternehmen ergeben.

    (24)

    Außerdem kann die öffentliche Finanzierung des Infrastrukturausbaus den Eisenbahnunternehmen indirekt Vorteile verschaffen und somit als Beihilfe betrachtet werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist zu prüfen, ob die betreffende Infrastrukturmaßnahme die normale finanzielle Belastung der Eisenbahnunternehmen vermindert (38). Damit ein solcher Fall vorliegt, müssen die betreffenden Unternehmen insbesondere einen selektiven Vorteil erhalten, der auf die Finanzierung der fraglichen Infrastruktur zurückzuführen ist (39).

    (25)

    Verfügen alle potenziellen Nutzer über gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Zugang zu einer Infrastruktur, für den ein dem EWR-Recht (Richtlinie 2001/14/EG) entsprechendes Entgelt erhoben wird, so gehen die Europäische Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde in der Regel davon aus, dass die öffentliche Finanzierung der Infrastruktur keine staatliche Beihilfe zugunsten der Eisenbahnunternehmen darstellt (40).

    (26)

    Die EFTA-Überwachungsbehörde weist darauf hin, dass die öffentliche Finanzierung von Schieneninfrastruktur, sofern sie eine staatliche Beihilfe zugunsten eines oder mehrerer Eisenbahnunternehmen darstellt, beispielsweise nach Artikel 49 des EWR-Abkommens genehmigt werden kann, wenn die betreffende Infrastruktur den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs entspricht. Für die Prüfung der Vereinbarkeit ist Kapitel 6 dieser Leitlinien relevant.

    3.   BEIHILFEN ZUR ANSCHAFFUNG UND ERNEUERUNG VON FAHRZEUGEN

    3.1   Zielsetzung

    (27)

    Die im Personenverkehr eingesetzten Wagen und Lokomotiven sind alt und zum Teil erneuerungsbedürftig, insbesondere in den neuen EG-Mitgliedstaaten. Im Jahr 2005 waren in der EU-25 und in Norwegen 70 % der Lokomotiven (Diesel- und E-Loks) und 65 % der Wagen älter als 20 Jahre (41). Betrachtet man nur die Mitgliedstaaten, die 2004 der Europäischen Union beigetreten sind, so waren im Jahr 2005 82 % der Lokomotiven und 62 % der Wagen über 20 Jahre alt (42). Die Europäische Kommission schätzt nach den ihr zur Verfügung stehenden Informationen allerdings, dass pro Jahr nur etwa 1 % dieser Flotte erneuert wird.

    (28)

    Natürlich ist dies auf die allgemeinen Probleme im Eisenbahnsektor zurückzuführen, die den Eisenbahnunternehmen die Anreize und die Fähigkeit nehmen, in die Modernisierung und/oder Erneuerung ihrer Fahrzeuge zu investieren. Andererseits sind diese Investitionen jedoch unverzichtbar, damit die Bahn im Vergleich zu den anderen Verkehrsträgern, die weniger umweltfreundlich sind und höhere externe Kosten verursachen, ihre Wettbewerbsfähigkeit bewahren kann. Darüber hinaus sind Investitionen nötig, um die Umweltauswirkungen des Schienenverkehrs, insbesondere die Lärmemissionen, zu mindern und seine Sicherheit zu verbessern. Auch die Verbesserung der Interoperabilität der nationalen Netze bedingt entsprechende Fahrzeuganpassungen, damit die Kohärenz des Eisenbahnsystems aufrechterhalten werden kann.

    (29)

    Die Beihilfen zur Anschaffung und Erneuerung von Fahrzeugen tragen damit unter bestimmten Umständen zur Verwirklichung mehrerer Ziele von gemeinsamem Interesse bei und können somit als mit dem EWR-Abkommen vereinbar angesehen werden.

    (30)

    In diesem Kapitel werden die Kriterien erläutert, nach denen die EFTA-Überwachungsbehörde die Vereinbarkeit dieser Beihilfen beurteilt.

    3.2   Vereinbarkeit

    (31)

    Bei der Prüfung der Vereinbarkeit ist das Ziel von gemeinsamem Interesse zu berücksichtigen, zu dessen Erreichung die Beihilfe beiträgt.

    (32)

    Grundsätzlich wird den Erfordernissen der Fahrzeugmodernisierung nach Ansicht der EFTA-Überwachungsbehörde hinreichend Rechnung getragen, entweder durch Anwendung der allgemeinen Bestimmungen über staatliche Beihilfen, oder auf der Grundlage von Artikel 49 des EWR-Abkommens, wenn diese Beihilfen der Koordinierung des Verkehrs dienen (siehe Kapitel 6).

    (33)

    Bei der Prüfung der Vereinbarkeit von Beihilfen für Fahrzeuge legt die EFTA-Überwachungsbehörde daher grundsätzlich für jede der nachstehend aufgeführten Beihilfearten die jeweiligen Kriterien zugrunde, wie sie in diesen Leitlinien oder einem sonstigen relevanten Dokument enthalten sind:

    (a)

    Beihilfen für die Koordinierung des Verkehrs (43);

    (b)

    Beihilfen zur Umstrukturierung von Eisenbahnunternehmen (44);

    (c)

    Beihilfen für kleine und mittlere Unternehmen (45);

    (d)

    Umweltschutzbeihilfen (46);

    (e)

    Beihilfen als Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Rahmen öffentlicher Dienstleistungsaufträge (47);

    (f)

    Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (48).

    (34)

    In den Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung heißt es in Bezug auf Erstinvestitionsbeihilfen: „Im Verkehrssektor sind die Ausgaben für den Erwerb von Beförderungsmitteln (bewegliche Aktiva) von der Förderung ausgenommen“ (Punkt 39, Fußnote 40). Für den Eisenbahnpersonenverkehr ist nach Ansicht der EFTA-Überwachungsbehörde von dieser Regel abzuweichen. Dies hat mit den Besonderheiten dieser Verkehrsart zu tun, insbesondere mit der Tatsache, dass die Fahrzeuge in diesem Sektor auf bestimmten Strecken oder für bestimmte Dienste dauerhaft eingesetzt werden können. So werden unter den nachstehend genannten Voraussetzungen die Anschaffungskosten für die Fahrzeuge des Eisenbahnpersonenverkehrs (oder anderer Beförderungsmittel wie S-Bahn, U-Bahn und Straßenbahn) als beihilfefähige Ausgaben im Sinne der betreffenden Leitlinien betrachtet (49). Nicht beihilfefähig sind dagegen die Anschaffungskosten für Fahrzeuge, die ausschließlich im Eisenbahngüterverkehr eingesetzt werden.

    (35)

    Unter Berücksichtigung der unter den Randnummern 28 und 29 beschriebenen Situation gilt diese Ausnahme für jede Form von Investition, d. h. sowohl für die Erstanschaffung als auch für den Ersatz von Fahrzeugen, sofern mit den betreffenden Fahrzeugen regelmäßig Regionen bedient werden, bei denen es sich um Fördergebiete im Sinne von Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe a des EWR-Abkommens oder um Gebiete mit niedriger Bevölkerungsdichte im Sinne der Punkte 69 und 70 der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung handelt (50). In den anderen Regionen gilt diese Ausnahme nur für Erstinvestitionsbeihilfen und für Ersatzinvestitionen, wenn die zu ersetzenden Fahrzeuge älter als 15 Jahre sind.

    (36)

    Zur Vermeidung von Wettbewerbsverfälschungen, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufen, muss diese Ausnahme nach Meinung der EFTA-Überwachungsbehörde jedoch an vier Bedingungen geknüpft werden, die alle erfüllt sein müssen:

    (a)

    die betreffenden Fahrzeuge müssen für die Personenbeförderung im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr innerhalb einer bestimmten Region oder auf einer bestimmten Strecke, die mehrere Regionen bedient, eingesetzt werden. Für die Zwecke dieser Leitlinien bezeichnet der Ausdruck „Stadt- und Vorortverkehr“ Verkehrsdienste, die den Verkehrsbedarf eines Stadtgebiets oder eines Ballungsraums sowie den Verkehrsbedarf zwischen einem Stadtgebiet oder Ballungsraum und dem Umland decken, während der Ausdruck „Regionalverkehrsdienste“ Verkehrsdienste bezeichnet, die dazu dienen, die Verkehrsbedürfnisse einer oder mehrerer Regionen zu befriedigen. Damit können gegebenenfalls auch überregionale Verkehrsdienste innerhalb eines oder mehrerer EFTA-Staaten unter die vorliegende Randnummer fallen, sofern ein Einfluss auf die Entwicklung der betroffenen Regionen, insbesondere durch die Kontinuität des Dienstes, nachgewiesen wird. Die EFTA-Überwachungsbehörde wird sich dabei vergewissern, dass aufgrund der Beihilfe die Marktöffnung im grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr und im Kabotageverkehr nach dem Inkrafttreten des dritten Eisenbahnpakets nicht beeinträchtigt wird;

    (b)

    Die betreffenden Fahrzeuge müssen mindestens zehn Jahre innerhalb der Region bzw. auf der mehrere Regionen durchquerenden Strecke, für die die Beihilfe gewährt wurde, eingesetzt werden;

    (c)

    Die neuen Fahrzeuge müssen den für das betreffende Netz geltenden Interoperabilitäts-, Sicherheits- und Umweltanforderungen (51) entsprechen;

    (d)

    Der EFTA-Staat weist nach, dass das Vorhaben zu einer kohärenten Regionalentwicklungsstrategie beiträgt.

    (37)

    Die EFTA-Überwachungsbehörde wird darauf achten, dass es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen kommt, insbesondere durch Berücksichtigung zusätzlicher Einnahmen, die das begünstigte Unternehmen durch den Austausch der Fahrzeuge auf der betreffenden Strecke erzielen könnte, beispielsweise indem die Fahrzeuge an Dritte veräußert oder in anderen Märkten eingesetzt werden. Zu diesem Zweck kann die EFTA-Überwachungsbehörde die Gewährung der Beihilfe an die Bedingung knüpfen, dass das begünstigte Unternehmen alle oder einen Teil der von ihm nicht mehr benötigten Fahrzeuge zu marktüblichen Bedingungen veräußert, damit sie von anderen Unternehmen weiter verwendet werden können. Die erzielten Einnahmen werden dabei von den beihilfefähigen Ausgaben abgezogen.

    (38)

    Die EFTA-Überwachungsbehörde wird generell darauf achten, dass es zu keiner missbräuchlichen Verwendung der Beihilfe kommt. Anwendung finden außerdem die in den Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung enthaltenen sonstigen Bedingungen, insbesondere hinsichtlich der zulässigen Förderbeträge, der entsprechenden Fördergebietskarten und der Kumulierungsvorschriften. Die EFTA-Überwachungsbehörde weist darauf hin, dass die betreffenden Strecken in bestimmten Fällen Regionen durchqueren können, für die gemäß der Fördergebietskarte unterschiedliche Förderhöchstsätze gelten. Werden von dem betreffenden Verkehrsdienst mehrere Regionen regelmäßig bedient, so legt die EFTA-Überwachungsbehörde den jeweils höchsten Beihilfesatz zugrunde, und zwar proportional zur Kontinuität des Dienstes (52).

    (39)

    Bei Investitionsvorhaben mit förderfähigen Ausgaben über 50 Mio. EUR ist es nach Ansicht der EFTA-Überwachungsbehörde wegen der Besonderheiten des Eisenbahnpersonenverkehrs zulässig, von der Anwendung der Punkte 49 bis 59 der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung abzusehen. Die Randnummern 53 und 56 dieser Leitlinien gelten allerdings weiterhin, wenn das Investitionsvorhaben Fahrzeuge betrifft, die auf einer mehrere Regionen durchquerenden Strecke eingesetzt werden.

    (40)

    Wird das begünstigte Unternehmen mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut, die den Erwerb und/oder Austausch von Fahrzeugen beinhalten, für die das Unternehmen bereits einen Ausgleich erhält, so ist dieser Ausgleich bei der Bemessung der dem Unternehmen zu gewährenden Regionalbeihilfe zu berücksichtigen, um eine Überkompensation zu vermeiden.

    4.   SCHULDENTILGUNG

    4.1   Zielsetzung

    (41)

    In Abschnitt 1.1 wurde darauf hingewiesen, dass in den Eisenbahnunternehmen seit jeher ein Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben herrscht, insbesondere mit Blick auf die Investitionskosten. Dadurch wurde ein enormer Schuldenberg angehäuft, der stark auf den Unternehmen lastet und ihre Fähigkeit einschränkt, die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur und die Erneuerung der Fahrzeuge zu tätigen.

    (42)

    In der Richtlinie 91/440 wurde ausdrücklich auf diese Situation eingegangen. In Erwägungsgrund 7 dieser Richtlinie heißt es, dass die Mitgliedstaaten „dafür sorgen, dass die bestehenden öffentlichen Eisenbahnunternehmen eine gesunde Finanzstruktur haben“, und dass dies gegebenenfalls eine „finanzielle Neuordnung“ erfordert. Gemäß Artikel 9 dieser Richtlinie schaffen die Mitgliedstaaten „gemeinsam mit den bestehenden öffentlichen Eisenbahnunternehmen geeignete Mechanismen, um dazu beizutragen, dass die Verschuldung dieser Unternehmen soweit verringert wird, dass eine Geschäftsführung auf gesunder finanzieller Basis möglich ist, und um diese Unternehmen finanziell zu sanieren“. Laut Artikel 9 Absatz 3 dieses Artikels können staatliche Beihilfen „zur Tilgung der in diesem Artikel genannten Schulden“ gewährt werden, wobei die Artikel 49, 61 und 62 des EWR-Abkommens zu beachten sind (53).

    (43)

    Zu Beginn der 1990er Jahre, nachdem die Richtlinie 91/440/EWG in Kraft getreten war, haben die EWR-Staaten die Schulden der Eisenbahnunternehmen erheblich abgebaut. Die Umschuldung wurde auf unterschiedliche Weise vorgenommen:

    (a)

    durch Übertragung aller oder eines Teils der Schulden auf die für den Infrastrukturbetrieb zuständige Einrichtung, so dass die Eisenbahnunternehmen über eine solidere Finanzgrundlage verfügten. Diese Übertragung wurde möglich, als die Tätigkeitsbereiche Infrastrukturbetrieb und Erbringung von Verkehrsleistungen voneinander getrennt wurden;

    (b)

    durch die Schaffung getrennter Unternehmen für die Finanzierung von Infrastrukturvorhaben (z. B. Hochgeschwindigkeitsstrecken), so dass die Eisenbahnunternehmen von der späteren finanziellen Last befreit wurden, die diese neuen Infrastrukturen für sie bedeutet hätten;

    (c)

    durch die finanzielle Umstrukturierung der Eisenbahnunternehmen, insbesondere durch Tilgung aller oder eines Teils ihrer Schulden.

    (44)

    Durch diese drei Arten von Maßnahmen konnte die finanzielle Situation der Eisenbahnunternehmen kurzfristig verbessert werden. Gemessen an den Gesamtverbindlichkeiten ist der Schuldenanteil zurückgegangen, ebenso wie der Anteil der Zinsen an den Betriebskosten. Generell konnten die Eisenbahnunternehmen durch den Schuldenabbau ihre finanzielle Lage verbessern, da ihre Aufwendungen für Tilgung und Zinsen geringer wurden. Diese Erleichterungen trugen außerdem zu einer Senkung der Zinssätze und damit zu einer erheblichen Verringerung der Schuldenlast bei.

    (45)

    Die EFTA-Überwachungsbehörde stellt allerdings fest, dass der Verschuldungsgrad vieler Eisenbahnunternehmen nach wie vor Besorgnis erregend ist. Mehrere dieser Unternehmen sind höher verschuldet, als dies für Handelsgesellschaften vertretbar ist, verfügen über keine finanzielle Eigenständigkeit und/oder sind nicht in der Lage, ihren Investitionsbedarf durch die Einnahmen aus dem aktuellen und künftigen Verkehrsgeschäft zu decken. Außerdem sind die Unternehmen der Branche in den Mitgliedstaaten, die der Europäischen Gemeinschaft nach dem 1. Mai 2004 beigetreten sind, erheblich höher verschuldet als im übrigen Europäischen Wirtschaftsraum.

    (46)

    Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat dieser Situation Rechnung getragen, indem beim Erlass der Richtlinien 2001/12/EG und 2004/51/EG die Richtlinie 1991/440/EWG unverändert blieb. Diese Bestimmungen fügen sich somit in den Rahmen der drei Eisenbahnpakete ein.

    (47)

    In diesem Kapitel soll dargelegt werden, wie die EFTA-Überwachungsbehörde angesichts der genannten Anforderung des Sekundärrechts die Bestimmungen des EWR-Abkommens über staatliche Beihilfen auf die Mechanismen zum Abbau der Verschuldung der Eisenbahnunternehmen anzuwenden gedenkt.

    4.2   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

    (48)

    Zunächst weist die EFTA-Überwachungsbehörde darauf hin, dass der Grundsatz der Unvereinbarkeit gemäß Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens nur für Beihilfen gilt, „die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen“, und nur „soweit sie den Handel zwischen Vertragsparteien beeinträchtigen“. Verstärkt eine Beihilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel, so muss dieser nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als von der Beihilfe beeinflusst erachtet werden (54).

    (49)

    Jede dem Staat zuzurechnende Maßnahme zur teilweisen oder vollständigen Tilgung der Schulden eines oder mehrerer Eisenbahnunternehmen mit staatlichen Mitteln fällt somit unter Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens, sofern das betreffende Unternehmen in Märkten operiert, die dem Wettbewerb geöffnet sind, und sich seine Position durch die Schuldentilgung in mindestens einem dieser Märkte verbessert.

    (50)

    Die EFTA-Überwachungsbehörde weist darauf hin, dass durch die Richtlinie 2001/12/EG der Markt für grenzüberschreitende Güterverkehrsleistungen im transeuropäischen Schienengüterverkehrsnetz mit Wirkung vom 15. März 2003 für den Wettbewerb geöffnet wurde. Generell geht die EFTA-Überwachungsbehörde daher davon aus, dass die Marktöffnung spätestens am 15. März 2003 vollzogen war.

    4.3   Vereinbarkeit

    (51)

    Stellt die Tilgung der Schulden eines Eisenbahnunternehmens eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens dar, so muss die EFTA-Überwachungsbehörde gemäß Artikel 62 des EWR-Abkommens unterrichtet werden.

    (52)

    Vorbehaltlich Kapitel 5 sind solche Beihilfen allgemein nach Maßgabe der Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten von 2004 (nachstehend als „Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004“ bezeichnet) zu prüfen.

    (53)

    In Sonderfällen, in denen die getilgten Schulden ausschließlich die Koordinierung des Verkehrs, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen oder die Normalisierung der Konten betreffen, erfolgt die Prüfung auf der Grundlage von Artikel 49 des EWR-Abkommens und seiner Durchführungsverordnungen sowie der Verordnung über die Normalisierung der Konten (55).

    (54)

    Gemäß Artikel 9 der Richtlinie 91/440/EWG müssen nach Ansicht der EFTA-Überwachungsbehörde unter bestimmten Voraussetzungen solche Beihilfen auch dann genehmigt werden können, wenn keine finanzielle Umstrukturierung vorliegt, nämlich wenn es sich um die Tilgung alter Schulden handelt, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2001/12/EG, die die Bedingungen der Marktöffnung regelt, entstanden sind.

    (55)

    Der EFTA-Überwachungsbehörde zufolge können Beihilfen dieser Art nämlich zulässig sein, wenn sie den Übergang zu einem wettbewerbsorientierten Schienenverkehrsmarkt erleichtern, wie dies Artikel 9 der Richtlinie 91/440/EWG vorsieht (56). Sie ist daher der Auffassung, dass solche Beihilfen gemäß Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens (57) als mit dem EWR-Abkommen vereinbar angesehen werden können, wenn die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind.

    (56)

    Erstens muss die Beihilfe der Tilgung eindeutig identifizierter und voneinander abgegrenzter Schulden dienen, die vor dem 15. März 2001 entstanden sind, dem Datum des Inkrafttretens der Richtlinie 2001/12/EG. Ferner darf die Beihilfe den Schuldenbetrag nicht übersteigen. Mit Artikel 9 der Richtlinie 91/440/EWG und den nachfolgenden Richtlinien wurde nämlich das Ziel verfolgt, die hohe Verschuldung abzubauen, die zu einer Zeit entstanden war, als die EWR-weite Marktöffnung noch nicht beschlossen war.

    (57)

    Zweitens müssen die Schulden in direktem Zusammenhang mit der Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen oder dem Betrieb, der Errichtung oder der Nutzung der Eisenbahninfrastruktur stehen. Ausgenommen sind daher Schulden, die für Investitionen aufgenommen wurden, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen und/oder der Eisenbahninfrastruktur stehen.

    (58)

    Drittens muss die Tilgung Unternehmen zugute kommen, deren Verschuldungsgrad übermäßig hoch ist und eine Geschäftsführung auf gesunder finanzieller Basis unmöglich macht. Die Beihilfe ist als erforderlich anzusehen, wenn es die zu erwartende Entwicklung des Wettbewerbs im Europäischen Wirtschaftsraum dem Unternehmen nicht gestatten würde, seine finanzielle Situation in absehbarer Zeit zu sanieren. Dabei sind Produktivitätsgewinne zu berücksichtigen, deren Erzielung von dem Unternehmen nach vernünftiger Betrachtung erwartet werden können.

    (59)

    Viertens darf die Beihilfe nicht über das für die Erreichung des verfolgten Ziels erforderliche Maß hinausgehen. Dabei ist ebenfalls die künftige Entwicklung der Wettbewerbssituation zu berücksichtigen. In keinem Fall darf die Beihilfe dazu führen, dass ein Unternehmen sich nach kurzer Zeit in einer günstigeren Lage befindet als ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen mit dem gleichen Tätigkeitsprofil.

    (60)

    Fünftens darf die Schuldentilgung den Unternehmen keinen Wettbewerbsvorteil verschaffen, der die Entwicklung eines wirksamen EWR-Wettbewerbs verhindert, beispielsweise indem fremde Unternehmen oder neue Wirtschaftsteilnehmer am Eintritt in bestimmte nationale oder regionale Märkte gehindert werden. Insbesondere dürfen die für die Schuldentilgung bestimmten Beihilfen nicht mit Abgaben anderer Eisenbahnunternehmen finanziert werden (58).

    (61)

    Sind all diese Voraussetzungen erfüllt, so trägt die Schuldentilgung zur Erreichung des in Artikel 9 der Richtlinie 91/440/EWG genannten Ziels bei, ohne den Wettbewerb und den Handel zwischen den EFTA-Staaten unverhältnismäßig zu beeinträchtigen. Die Maßnahmen können dann als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden.

    5.   BEIHILFEN ZUR UMSTRUKTURIERUNG VON EISENBAHNUNTERNEHMEN – UMSTRUKTURIERUNG VON GÜTERVERKEHRSSPARTEN

    5.1   Zielsetzung

    (62)

    Vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen beurteilt die EFTA-Überwachungsbehörde im Eisenbahnsektor gewährte staatliche Beihilfen zur Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten auf der Grundlage der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004. Darin sind für Eisenbahnunternehmen keinerlei Ausnahmen vorgesehen.

    (63)

    Generell können Unternehmensteile, d. h. Geschäftseinheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit, keine Umstrukturierungsbeihilfen erhalten. Die Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 gelten allerdings ausschließlich für „Unternehmen in Schwierigkeiten“. Darin heißt es unter Punkt 12: „Ein Unternehmen, das einer größeren Unternehmensgruppe angehört oder im Begriff ist, von einer Unternehmensgruppe übernommen zu werden, kommt für (…) Umstrukturierungsbeihilfen grundsätzlich nur dann in Frage, wenn es sich nachweislich um Schwierigkeiten des betreffenden Unternehmens selbst handelt und diese nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen und außerdem zu gravierend sind, um von der Gruppe selbst bewältigt werden zu können“. Erst recht sollte vermieden werden, dass durch eine künstliche Aufsplitterung defizitäre Geschäftsbereiche eines Unternehmens mit öffentlichen Mitteln gestützt werden.

    (64)

    Nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde befindet sich der europäische Schienengüterverkehr allerdings in einer besonderen Situation, so dass unter bestimmten Umständen und unter Berücksichtigung des Gemeininteresses staatliche Beihilfen zur Behebung von Schwierigkeiten innerhalb der Güterverkehrssparte von Eisenbahnunternehmen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können.

    (65)

    Im Schienengüterverkehr herrscht derzeit eine Wettbewerbslage, die sich von der des Personenverkehrs stark unterscheidet. So ist der Markt für innerstaatliche Güterverkehrsdienste dem Wettbewerb geöffnet, während der Personenverkehr erst am 1. Januar 2010 für den Wettbewerb geöffnet wird.

    (66)

    Dies hat insofern finanzielle Auswirkungen, als der Güterverkehr im Prinzip ausschließlich von den Handelsbeziehungen zwischen den Verladern und den Beförderungsunternehmen bestimmt wird. Im Personenverkehr dagegen kann das finanzielle Gleichgewicht auch von staatlichen Ausgleichsleistungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen abhängen.

    (67)

    In einigen europäischen Eisenbahnunternehmen besteht allerdings entweder keine oder erst seit kurzem eine rechtliche Trennung zwischen dem Personen- und dem Güterverkehr. Im Übrigen schreibt das geltende EWR-Recht eine solche Trennung nicht vor

    (68)

    Die Wiederbelebung des Schienengüterverkehrs ist seit mehreren Jahren eines der vorrangigen Ziele der europäischen Verkehrspolitik. Die Gründe hierfür wurden in Kapitel 1 dieser Leitlinien dargelegt.

    (69)

    Diese Besonderheit des Schienengüterverkehrs erfordert ein darauf zugeschnittenes Konzept, was die Europäische Kommission in ihrer Entscheidungspraxis (59) auf der Grundlage der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten von 1999 (60) anerkannt hat.

    (70)

    In diesem Kapitel soll unter Berücksichtigung dieser Entscheidungspraxis sowie der Änderungen durch die Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004, die die Leitlinien von 1999 abgelöst haben, erläutert werden, wie die EFTA-Überwachungsbehörde dieses Konzept in Zukunft anzuwenden beabsichtigt.

    (71)

    Angesichts der aufgezeigten Risiken ist dieses Vorgehen den aktuellen Umständen angepasst und gilt daher nur für die Güterverkehrssparte von Eisenbahnunternehmen und für eine Übergangszeit, d. h. für Umstrukturierungen, die vor dem 1. Januar 2010, wenn auch der Eisenbahnpersonenverkehr dem Wettbewerb geöffnet wird, notifiziert werden.

    (72)

    Darüber hinaus möchte die EFTA-Überwachungsbehörde dem Umstand Rechnung tragen, dass in immer mehr EFTA-Staaten die Eisenbahnunternehmen ihre Organisation den spezifischen Entwicklungen der Güter- und der Personenbeförderung angepasst und eine rechtliche Trennung ihrer Güterverkehrssparten vorgenommen haben. Die EFTA-Überwachungsbehörde verlangt deshalb, dass im Rahmen der Umstrukturierung und als Voraussetzung für die Gewährung einer Beihilfe die jeweilige Güterverkehrssparte vom übrigen Unternehmen rechtlich getrennt und in eine Handelsgesellschaft nach allgemeinem Recht umgewandelt wird. Die EFTA-Überwachungsbehörde unterstreicht, dass eine solche Trennung im Zusammenspiel mit anderen geeigneten Maßnahmen einem doppelten Zweck dient: erstens der Vermeidung von Quersubventionierungen zwischen dem umstrukturierten Geschäftsbereich und dem übrigen Unternehmen, und zweitens sicherzustellen, dass sämtliche finanziellen Beziehungen zwischen den beiden Geschäftsbereichen langfristig auf eine kommerzielle Basis gestellt werden.

    (73)

    Der Klarheit halber sei darauf hingewiesen, dass die Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 bei der Prüfung der in diesem Kapitel behandelten Beihilfen, außer in den nachstehend aufgeführten Fällen, weiterhin uneingeschränkt gelten.

    5.2   Förderungswürdigkeit

    (74)

    Die Voraussetzungen für eine Förderungswürdigkeit müssen dahingehend geändert werden, dass auch für die Güterverkehrssparte von Eisenbahnunternehmen Beihilfen gewährt werden können. Dazu muss diese Sparte eine kohärente und dauerhaft bestehende Einheit darstellen, die im Zuge der Umstrukturierung und vor Gewährung einer Beihilfe rechtlich vom übrigen Unternehmen abgetrennt wird, und die sich in solchen Schwierigkeiten befindet, dass sie, wenn sie bereits abgetrennt worden wäre, als ein „Unternehmen in Schwierigkeiten“ im Sinne der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 anzusehen wäre.

    (75)

    Dies setzt unter anderem voraus, dass der betreffende Geschäftsbereich mit ernsten inhärenten Schwierigkeiten konfrontiert ist, die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb des Unternehmens zurückzuführen sind.

    (76)

    Damit die zur Umstrukturierung anstehende Sparte eine kohärente und dauerhaft bestehende Einheit darstellt, müssen in ihr sämtliche den Güterverkehr betreffenden Aktivitäten des Eisenbahnunternehmens angesiedelt sein, und zwar in wirtschaftlicher, kommerzieller, buchungstechnischer und finanzieller Hinsicht. Dem Unternehmensbereich muss eine bestimmte Höhe an Verlusten, Eigenmitteln oder Kapital zugeordnet werden können, die seine wirtschaftliche Situation hinreichend beschreibt, damit das entsprechende Kriterium unter Punkt 9 der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 einheitlich bewertet werden kann (61).

    (77)

    Bei der Beurteilung, ob es sich im obigen Sinne um einen Geschäftsbereich in Schwierigkeiten handelt, wird die EFTA-Überwachungsbehörde außerdem berücksichtigen, inwieweit die übrigen Teile des Eisenbahnunternehmens zur Sanierung des umzustrukturierenden Bereichs in der Lage sind.

    (78)

    Zwar fällt die oben beschriebene Situation nicht unmittelbar unter die Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004, von denen neu gegründete Unternehmen gemäß deren Punkt 11 ausgeschlossen sind, doch können nach Ansicht der EFTA-Überwachungsbehörde unter den genannten Voraussetzungen Umstrukturierungsbeihilfen gewährt werden, damit das durch die rechtliche Trennung entstandene Tochterunternehmen die Möglichkeit erhält, wirtschaftlich zu operieren. Dabei geht es ausschließlich um Fälle, in denen das nach der rechtlichen Trennung entstehende Tochterunternehmen alle Aktivitäten des Güterverkehrs umfasst, wie dies die getrennte Rechnungsführung gemäß Artikel 9 der Richtlinie 91/440/EWG vorsieht, sowie sämtliche Vermögenswerte und Schulden, Kapital, sonstige Verpflichtungen und Arbeitskräfte dieses Bereichs einschließt.

    (79)

    Aus denselben Gründen sind Güterverkehrssparten, die von Eisenbahnunternehmen rechtlich getrennt wurden, nicht als neu gegründete Unternehmen im Sinne von Punkt 11 der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 zu betrachten und somit nicht von deren Anwendungsbereich auszunehmen, sofern sie die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen.

    5.3   Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität

    (80)

    Die EFTA-Überwachungsbehörde wird sich nicht nur vergewissern, dass die in den Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 genannten Voraussetzungen für die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität (62) erfüllt werden, sondern auch, dass mit der Umstrukturierung der Güterverkehrssparte eine durch Exklusivrechte geschützte Tätigkeit in eine wettbewerbsorientierte Tätigkeit in einem offenen Marktumfeld umgewandelt wird. Bei der Umstrukturierung sind daher sämtliche wirtschaftlichen, kommerziellen und finanziellen Aspekte des Güterverkehrs zu berücksichtigen. Der in den Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 vorgeschriebene Umstrukturierungsplan (63) muss unter anderem ein den Kundenanforderungen entsprechendes Qualitäts-, Zuverlässigkeits- und Dienstleistungsniveau sicherstellen.

    5.4   Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen

    (81)

    Im Hinblick auf die in den Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 geforderte Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen werden von der EFTA-Überwachungsbehörde darüber hinaus folgende Faktoren berücksichtigt:

    (a)

    die unterschiedlichen Wirtschaftsmodelle des Schienenverkehrs und der übrigen Verkehrsträger;

    (b)

    das gemeinschaftliche Ziel, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den einzelnen Verkehrsträgern herzustellen;

    (c)

    die Wettbewerbslage zum Zeitpunkt der Umstrukturierung (Integrationsgrad, Wachstumspotenzial, vorhandene Wettbewerber, Entwicklungsaussichten).

    5.5   Auf das erforderliche Mindestmaß beschränkte Beihilfe

    (82)

    Zur Prüfung dieser Voraussetzung werden die Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 herangezogen. Zu diesem Zweck wird in den Eigenbeitrag des Unternehmens auch der Beitrag der Güterverkehrssparte, die vom übrigen Unternehmen rechtlich getrennt werden soll, einbezogen. Nach Auffassung der EFTA-Überwachungsbehörde kann die besondere Situation des europäischen Schienengüterverkehrs, auf die oben eingegangen wurde, einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Punkt 43 der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 darstellen. Die EFTA-Überwachungsbehörde kann deshalb geringere als die in den genannten Leitlinien vorgesehenen Eigenmittel akzeptieren, sofern der Beitrag der Güterverkehrssparte so hoch ist wie ohne eine Beeinträchtigung von deren Rentabilität möglich.

    5.6   Grundsatz der einmaligen Beihilfe

    (83)

    Für den rechtlich getrennten Geschäftsbereich gilt der Grundsatz der einmaligen Beihilfe, wobei die notifizierte Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten dieses Unternehmens als erste Beihilfe dieser Art betrachtet wird. Dagegen sind Umstrukturierungsbeihilfen, die unter den im vorliegenden Kapitel angegebenen Bedingungen gewährt wurden, für die Anwendung des Grundsatzes der einmaligen Beihilfe auf das restliche Unternehmen ohne Belang.

    (84)

    Zur Vermeidung von Zweifeln sei klargestellt, dass Eisenbahnunternehmen, denen in ihrer Gesamtheit bereits eine Umstrukturierungsbeihilfe gewährt wurde, nach dem Grundsatz der einmaligen Beihilfe keine weiteren Beihilfen zur Umstrukturierung ihrer Güterverkehrssparte, wie sie in diesem Kapitel beschrieben werden, mehr erhalten können.

    6.   BEIHILFEN FÜR DIE KOORDINIERUNG DES VERKEHRS

    6.1   Zielsetzung

    (85)

    Wie erwähnt, wurden zur Durchführung von Artikel 49 des EWR-Abkommens die Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 erlassen, die mit der Verordnung über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen aufgehoben werden. Diese wird allerdings nur für landgebundene Personenverkehrsdienste gelten. Sie erstreckt sich nicht auf den Schienengüterverkehr, so dass für diesbezügliche Beihilfen zur Koordinierung des Verkehrs weiterhin nur der Artikel 49 des EWR-Abkommens maßgebend ist.

    (86)

    Darüber hinaus bleibt Artikel 49 des EWR-Abkommens von den Bestimmungen des Artikels 9 der Verordnung über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, der sich auf Beihilfen zur Koordinierung des Verkehrs sowie auf Beihilfen für Forschung und Entwicklung bezieht, ausdrücklich unberührt, so dass Artikel 49 zur Begründung der Vereinbarkeit von Beihilfen zur Koordinierung des Schienenpersonenverkehrs unmittelbar herangezogen werden kann.

    (87)

    In diesem Kapitel sollen die Kriterien bestimmt werden, die es der EFTA-Überwachungsbehörde erlauben, die Zulässigkeit von Beihilfen zur Koordinierung des Verkehrs auf der Grundlage des Artikels 49 des EWR-Abkommens zu beurteilen, zunächst allgemein (Abschnitt 6.2) und anschließend für bestimmte Formen von Beihilfen (Abschnitt 6.3). Die EFTA-Überwachungsbehörde weist darauf hin, dass die allgemeinen Grundsätze zur Anwendung von Artikel 49 des EWR-Abkommens bei der Prüfung staatlicher Beihilfen nach Maßgabe der Verordnung über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen ohne Zweifel relevant sind, dass sich die vorliegenden Leitlinien jedoch nicht auf die Durchführung der angenommenen Verordnung beziehen.

    6.2   Allgemeine Erwägungen

    (88)

    Nach Artikel 49 des EWR-Abkommens sind Beihilfen mit dem EWR-Abkommen vereinbar, die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs entsprechen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes werden in diesem Artikel „Beihilfen für den Verkehr nur in ganz bestimmten Fällen und nur dann, wenn sie den allgemeinen Interessen der Gemeinschaft nicht abträglich sind, für vereinbar mit dem Vertrag erklärt“ (64).

    (89)

    Der in Artikel 49 des EWR-Abkommens verwendete Begriff „Koordinierung des Verkehrs“ geht in seiner Bedeutung über die einfache Förderung der Entwicklung einer Wirtschaftstätigkeit hinaus. Er setzt zusätzlich voraus, dass der Staat in die Entwicklung des Verkehrssektors im Interesse der Allgemeinheit lenkend eingreift.

    (90)

    Die fortschreitende Liberalisierung des landgebundenen Verkehrs hat den Koordinierungsbedarf erheblich verringert. Grundsätzlich können in einem effizienten liberalisierten Wirtschaftsbereich die Marktkräfte selbst koordinierend wirken. Allerdings bleibt es auch dann, wie oben ausgeführt, der öffentlichen Hand überlassen, in die Entwicklung der Infrastruktur zu investieren. Ferner können auch nach der Liberalisierung verschiedene Unzulänglichkeiten des Marktes fortbestehen. Vor allem wegen dieser Fehlentwicklungen ist ein Eingreifen des Staates in diesem Bereich gerechtfertigt.

    (91)

    Erstens hat der Verkehr erhebliche negative Auswirkungen, beispielsweise für die Verkehrsteilnehmer selbst (Überlastung) und die Gesellschaft insgesamt (Umweltverschmutzung). Diesen externen Effekten ist nur schwer Rechnung zu tragen, vor allem wegen der beschränkten Möglichkeiten, die externen Kosten oder auch nur die unmittelbaren Nutzungskosten in die Berechnung der Entgelte für den Zugang zur Verkehrsinfrastruktur einzubeziehen. Dies kann zu Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern führen, die beseitigt werden sollten, indem die Verkehrsarten mit den geringsten externen Kosten staatlich gefördert werden.

    (92)

    Zweitens können im Verkehrssektor wirtschaftliche Koordinierungsprobleme auftreten, etwa bei dem Erlass einer einheitlichen Interoperabilitätsnorm für den Schienenverkehr oder der Verknüpfung verschiedener Verkehrsnetze.

    (93)

    Drittens sind die Eisenbahnunternehmen möglicherweise nicht in der Lage, von ihren Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsanstrengungen (positive externe Effekte) in vollem Umfang zu profitieren, was ebenfalls eine Fehlentwicklung des Marktes darstellt.

    (94)

    Die im EWR-Abkommen enthaltene Sonderklausel, die Beihilfen gestattet, die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs entsprechen, zeugt von der Bedeutung solcher Risiken einer Fehlentwicklung und ihrer negativen Folgen für die Entwicklung des Europäischen Wirtschaftsraums.

    (95)

    Grundsätzlich sind Beihilfen, die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs entsprechen, als vereinbar mit dem EWR-Abkommen anzusehen.

    (96)

    Damit eine Beihilfe allerdings den „Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs entspricht“, muss sie notwendig und im Hinblick auf das verfolgte Ziel verhältnismäßig sein, und die damit einhergehende Wettbewerbsverzerrung darf den allgemeinen Interessen des Europäischen Wirtschaftsraums nicht zuwiderlaufen. Beispielsweise würde eine Beihilfe mit dem Ziel, Verkehrsströme vom Kurzstreckenseeverkehr auf die Schiene zu verlagern, diese Bedingungen nicht erfüllen.

    (97)

    Angesichts der raschen Veränderungen im Verkehrssektor und somit auch des Koordinierungsbedarfs darf die Laufzeit jeder Beihilfe, die der EFTA-Überwachungsbehörde zur Genehmigung nach Artikel 49 des EWR-Abkommens notifiziert wird, höchstens fünf Jahre betragen (65), damit die EFTA-Überwachungsbehörde anhand der erreichten Resultate eine erneute Prüfung vornehmen und gegebenenfalls einer Verlängerung zustimmen kann (66).

    (98)

    Im Eisenbahnsektor können Beihilfen, die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs entsprechen, unterschiedliche Formen annehmen:

    (a)

    Beihilfen für die Nutzung der Infrastruktur zugunsten von Eisenbahnunternehmen, die mit Ausgaben für die von ihnen benutzten Verkehrswege belastet sind, welche Unternehmen anderer Verkehrsarten nicht zu tragen haben;

    (b)

    Beihilfen zur Verringerung der externen Kosten, durch die eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene gefördert werden soll, da diese gegenüber anderen Verkehrsträgern, z. B. der Straße, weniger externe Kosten verursacht;

    (c)

    Beihilfen zur Förderung der Interoperabilität und, sofern sie der Koordinierung des Verkehrs dienen, zur Verbesserung der Sicherheit, Beseitigung technischer Hindernisse und Verringerung von Lärmemissionen, im Folgenden „Beihilfen zur Förderung der Interoperabilität“;

    (d)

    Beihilfen für Forschung und Entwicklung, die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs entsprechen.

    (99)

    In den folgenden Abschnitten erläutert die EFTA-Überwachungsbehörde die Bedingungen, durch die vor dem Hintergrund ihrer Entscheidungspraxis gewährleistet wird, dass die verschiedenen Arten von Beihilfen zur Koordinierung des Verkehrs die Vereinbarkeitsvoraussetzungen von Artikel 49 des EWR-Abkommens erfüllen. Wegen der Besonderheit der Beihilfen für Forschung und Entwicklung werden die dafür geltenden Kriterien gesondert behandelt.

    6.3   Kriterien für Beihilfen für die Nutzung der Infrastruktur, zur Verringerung der externen Kosten und zur Förderung der Interoperabilität

    (100)

    Die Beurteilung, ob Beihilfen für die Nutzung der Infrastruktur, zur Verringerung der externen Kosten und zur Förderung der Interoperabilität mit Artikel 49 des EWR-Abkommens vereinbar sind, deckt sich mit der Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit der Anwendung von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 1107/70. Die nachstehenden Bedingungen erscheinen angesichts dieser Entscheidungspraxis als ausreichend, um über die Vereinbarkeit einer Beihilfe zu entscheiden.

    6.3.1   Beihilfefähige Kosten

    (101)

    Die beihilfefähigen Kosten werden anhand der nachstehenden Faktoren bestimmt.

    (102)

    In Bezug auf Beihilfen für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur gelten diejenigen Kosten als beihilfefähig, die im Schienenverkehr für die benutzten Verkehrswege zusätzlich anfallen und welche die konkurrierenden und weniger umweltverträglichen Verkehrsarten nicht zu tragen haben.

    (103)

    In Bezug auf Beihilfen zur Verringerung der externen Kosten gilt derjenige Teil der externen Kosten als beihilfefähig, der vermieden wird, weil die Bahn anstatt anderer Verkehrsträger benutzt wird.

    (104)

    In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass es Artikel 10 der Richtlinie 2001/14/EG den EWR-Staaten ausdrücklich gestattet, eine Regelung zu treffen, die einen Ausgleich für die bei konkurrierenden Verkehrsträgern nachweisbar nicht angelasteten Umweltkosten, Kosten für Unfälle und Infrastrukturkosten vorsieht, insoweit diese Kosten die gleichartigen Kosten der Eisenbahn überschreiten. Zwar gibt es bisher keine EWR-Rechtsvorschriften zur Harmonisierung der Verfahren zur Berechnung der Entgelte für den Zugang zur Infrastruktur im Landverkehr, doch wird die EFTA-Überwachungsbehörde bei der Anwendung dieser Leitlinien die Entwicklung der für die Anlastung der Wegekosten und der externen Kosten geltenden Bestimmungen berücksichtigen (67).

    (105)

    Sowohl im Fall von Beihilfen für die Nutzung der Infrastruktur als auch von Beihilfen zur Verringerung der externen Kosten müssen die EFTA-Staaten eine transparente, begründete und quantifizierte Analyse der Kosten des Schienenverkehrs im Vergleich zu den Kosten anderer Verkehrsträger vorlegen (68). Das verwendete Verfahren und die vorgenommenen Berechnungen müssen öffentlich zugänglich sein (69).

    (106)

    Im Fall von Beihilfen zur Förderung der Interoperabilität fallen unter die beihilfefähigen Kosten, sofern sie zu dem Ziel der Koordinierung des Verkehrs beitragen, sämtliche Investitionen in Systeme, die der Sicherheit und der Interoperabilität (70) dienen, sowie strecken- und fahrzeugseitige Investitionen zur Verringerung der Lärmemissionen. Beihilfefähig sind außerdem Investitionen zur Einführung des Europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems ERTMS und in sonstige vergleichbare Maßnahmen, durch die die technischen Hindernisse, die den europäischen Markt für Eisenbahndienste beeinträchtigen, abgebaut werden können (71).

    6.3.2   Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Beihilfe

    (107)

    Nach Ansicht der EFTA-Überwachungsbehörde besteht eine Vermutung dafür, dass eine Beihilfe notwendig und verhältnismäßig ist, wenn ihre Intensität folgende Werte nicht überschreitet:

    (a)

    im Fall von Beihilfen für die Nutzung der Infrastruktur 30 % der Gesamtkosten des Schienenverkehrs und bis zu 100 % der beihilfefähigen Kosten (72);

    (b)

    im Fall von Beihilfen zur Verringerung der externen Kosten 30 % (73) der Gesamtkosten des Schienenverkehrs und 50 % der beihilfefähigen Kosten (74);

    (c)

    im Fall von Beihilfen zur Förderung der Interoperabilität 50 % der beihilfefähigen Kosten.

    (108)

    Bei Überschreitung dieser Grenzwerte müssen die EFTA-Staaten nachweisen, dass die betreffenden Maßnahmen notwendig und verhältnismäßig sind (75).

    (109)

    Sowohl Beihilfen für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur als auch Beihilfen zur Verringerung der externen Kosten müssen unbedingt auf den Ausgleich der Opportunitätskosten beschränkt sein, die durch die Nutzung der Eisenbahn anstatt eines anderen, weniger umweltverträglichen Verkehrsträgers entstehen. Stehen mehrere konkurrierende Lösungen zur Verfügung, die die Umwelt stärker belasten als die Eisenbahn, so ergibt sich die Höchstgrenze aus der Differenz zu der Alternative mit den höchsten Kosten. Bei Beachtung der in Randnummer 107 genannten Intensitätsschwellen ist davon auszugehen, dass das Kriterium, Überkompensierungen zu vermeiden, erfüllt ist.

    (110)

    Handelt es sich bei dem Begünstigten um ein Eisenbahnunternehmen, so ist in jedem Fall nachzuweisen, dass die Beihilfe tatsächlich zu einer Verkehrsverlagerung auf die Schiene geführt hat. Dazu muss die Beihilfe sich in den Preisen niederschlagen, die den Fahrgästen oder den Verladern in Rechnung gestellt werden, da die Entscheidung für die Schiene oder eine andere, weniger umweltverträgliche Verkehrsart, z. B. die Straße, über den Preis getroffen wird (76).

    (111)

    Im Hinblick auf eine dauerhafte Verkehrsverlagerung muss bei den Beihilfen für die Nutzung der Infrastruktur und zur Verringerung der externen Kosten eine realistische Aussicht darauf bestehen, dass es zu keiner Rückverlagerung des Verkehrs kommt.

    6.3.3   Ergebnis

    (112)

    Beihilfen für die Nutzung der Infrastruktur, zur Verringerung der externen Kosten und zur Förderung der Interoperabilität, die notwendig und verhältnismäßig sind und somit den Wettbewerb nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamem Interesse zuwiderläuft, sind gemäß Artikel 49 des EWR-Abkommens als vereinbar anzusehen.

    6.4   Vereinbarkeit von Beihilfen für Forschung und Entwicklung

    (113)

    Im Bereich des Landverkehrs können gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1107/70, die auf der Grundlage von Artikel 73 des EG-Vertrags erlassen wurde, Beihilfen für Forschung und Entwicklung gewährt werden. Die Europäische Kommission hat unlängst eine Praxis für die Anwendung dieser Bestimmung entwickelt (77).

    (114)

    Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1107/70 ist in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen wörtlich übernommen worden. Danach sind Beihilfen, die die Suche nach bzw. die Entwicklung von Verkehrsformen und -mitteln erleichtern, die für die Allgemeinheit wirtschaftlicher sind, auf die Versuchsphase beschränkt sind und sich nicht auf die Phase der kommerziellen Betriebsführung dieser Verkehrsformen und -mittel erstrecken, als den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs entsprechend zu betrachten.

    (115)

    Im Übrigen gilt Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen unbeschadet des Artikels 61 des EWR-Abkommens. Somit können Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation im Bereich des Personenverkehrs, sofern sie nicht unter Artikel 9 der Verordnung über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen fallen oder ausschließlich den Güterverkehr betreffen, nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens für zulässig erachtet werden.

    (116)

    Die EFTA-Überwachungsbehörde hat diesbezüglich in den Leitlinien für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation (78) (nachstehend als die „FuEuI-Leitlinien“ bezeichnet) die Voraussetzungen bestimmt, unter denen sie gemäß Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens solche Beihilfen für mit dem EWR vereinbar erklärt. Diese FuEuI-Leitlinien gelten für „Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsbeihilfen in sämtlichen Wirtschaftszweigen, die unter den EWR-Abkommen fallen. Er gilt auch für die Sektoren, für die die Gemeinschaft eigene Beihilfevorschriften erlassen hat, soweit darin nichts Anderes bestimmt wird“ (79). Er gilt damit für Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation im Bereich des Schienenverkehrs, die nicht unter Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 oder Artikel 9 der Verordnung über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen (nach deren Inkrafttreten) fallen.

    (117)

    Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Vereinbarkeit von Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation unmittelbar auf der Grundlage von Artikel 49 des EWR-Abkommens geprüft werden kann, wenn die betreffende Beihilfe einem Ziel dient, das den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs entspricht. In solchen Fällen ist auf die Erfüllung der oben genannten Voraussetzungen zu achten, unter anderem darauf, dass die Beihilfe notwendig und im Hinblick auf das verfolgte Ziel verhältnismäßig ist und den allgemeinen Interessen des EWR nicht zuwiderläuft. Die EFTA-Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass die allgemein anwendbaren Grundsätze der FuEuI-Leitlinien für die Prüfung der genannten Kriterien relevant sind.

    7.   STAATLICHE BÜRGSCHAFTEN ZUGUNSTEN VON EISENBAHNUNTERNEHMEN

    (118)

    In den Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde über staatliche Garantien (80) wird der Rechtsrahmen für staatliche Bürgschaften, auch für solche im Verkehrsbereich, festgelegt.

    (119)

    In den Leitlinien heißt es in Punkt 1.2: „Als Beihilfe in Form einer Garantie wertet die EFTA-Überwachungsbehörde auch die günstigeren Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, deren Rechtsform einen Konkurs oder andere Insolvenzverfahren ausschließt oder dem Unternehmen eine ausdrückliche staatliche Garantie oder Verlustübernahme durch den Staat verschafft.“

    (120)

    Die Europäische Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde vertreten ihrer üblichen Praxis entsprechend die Auffassung, dass unbegrenzte Bürgschaften in einem dem Wettbewerb geöffneten Wirtschaftsbereich mit dem EG-Vertrag und des EWR-Abkommen unvereinbar sind. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit lassen sich diese Bürgschaften nicht durch das Allgemeininteresse rechtfertigen. Bei unbegrenzten Bürgschaften kann nämlich nicht geprüft werden, ob der Beihilfebetrag die Nettokosten für die Erbringung des öffentlichen Dienstes übersteigt (81).

    (121)

    Werden staatliche Bürgschaften Unternehmen gewährt, die sowohl in liberalisierten als auch in nicht liberalisierten Märkten operieren, so verlangen die Europäische Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde die vollständige Aufhebung der für diese Unternehmen geleisteten unbeschränkten Bürgschaft (82).

    (122)

    Für eine Reihe von Unternehmen bestehen unbegrenzte Bürgschaften. Diese Bürgschaften sind in der Regel ein Erbe des historischen Monopolstatus, mit dem die Eisenbahnunternehmen vor dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens bzw. vor der Liberalisierung des Schienenverkehrs ausgestattet wurden.

    (123)

    Nach den Informationen der Europäischen Kommission und der EFTA-Überwachungsbehörde handelt es sich bei diesen Bürgschaften weitgehend um bestehende Beihilfen. Die betroffenen EFTA-Saaten werden aufgefordert, die EFTA-Überwachungsbehörde nach dem in Abschnitt 8.3 angegebenen Verfahren über die Bedingungen für die Anwendung dieser bestehenden Beihilferegelungen und die zu ihrer Aufhebung vorgesehenen Maßnahmen zu unterrichten.

    8.   SCHLUSSBESTIMMUNGEN

    8.1   Kumulierungsvorschriften

    (124)

    Die in diesen Leitlinien festgesetzten Beihilfehöchstgrenzen gelten unabhängig davon, ob die betreffende Beihilfe ganz oder teilweise aus staatlichen Mitteln oder aus Gemeinschaftsmitteln finanziert wird. Die auf der Grundlage dieser Leitlinien genehmigten Beihilfen dürfen nicht mit anderen staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens oder mit anderen Gemeinschaftsfinanzierungen kumuliert werden, wenn sich aus dieser Kumulierung eine Beihilfeintensität ergibt, die den in diesen Leitlinien vorgesehenen Wert übersteigt.

    (125)

    Bei Beihilfen mit unterschiedlicher Zweckbestimmung für dieselben beihilfefähigen Kosten gilt die vorteilhafteste Beihilfehöchstgrenze.

    8.2   Beginn der Anwendung

    (126)

    Die EFTA-Überwachungsbehörde wird diese Leitlinien ab dem Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union und der EWR-Beilage anwenden.

    Die EFTA-Überwachungsbehörde wendet diese Leitlinien auf alle angemeldeten und nicht angemeldeten Beihilfen an, über die sie nach der Veröffentlichung dieser Leitlinien zu entscheiden hat.

    8.3   Zweckdienliche Maßnahmen

    (127)

    Gemäß Artikel 62 Absatz 1 des EWR-Abkommens schlägt die EFTA-Überwachungsbehörde vor, dass die EFTA-Staaten ihre bestehenden Beihilferegelungen, die sich auf in diesen Leitlinien behandelte staatliche Beihilfen beziehen, ändern, um sie mit diesen Leitlinien spätestens zwei Jahre nach deren Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union und in der EWR-Beilage in Einklang zu bringen. Die in dem Kapitel über staatliche Bürgschaften enthaltenen Sonderbestimmungen bleiben davon unberührt. Die EFTA-Staaten werden aufgefordert, ihr Einverständnis mit den hier vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen spätestens ein Jahr nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union und in der EWR-Beilage schriftlich zu bestätigen.

    (128)

    Sollte ein EFTA-Staat seine Zustimmung bis zu diesem Termin nicht schriftlich bestätigen, wird die EFTA-Überwachungsbehörde Artikel 19 Absatz 2 in Teil II des Protokolls 3 des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten über die Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs anwenden und, wenn nötig, das dort vorgesehene Verfahren einleiten.

    8.4   Gültigkeitsdauer und Berichterstattung

    (129)

    Die EFTA-Überwachungsbehörde behält sich das Recht vor, diese Leitlinien zu ändern. Vor einer eventuellen Änderung und spätestens fünf Jahre nach ihrer Veröffentlichung wird die EFTA-Überwachungsbehörde einen Bericht über die Anwendung der Leitlinien vorlegen.


    (1)  Das Kapitel entspricht der Gemeinschaftliche Leitlinien für staatliche Beihilfen an Eisenbahnunternehmen, veröffentlicht im ABl. C 184 vom 22.7.2008, S. 13.

    (2)  KOM(2001) 370 vom 12.9.2001, S. 18.

    (3)  Mitteilung der Europäischen Kommission „Für ein mobiles Europa - Nachhaltige Mobilität für unseren Kontinent – Halbzeitbilanz zum Verkehrsweißbuch der Europäischen Kommission“, KOM(2006) 314 vom 22.6.2006, S. 21.

    (4)  Abrufbar unter http://www.efta.int/advisory-bodies/consultative-committee.aspx.

    (5)  Der 9. Erwägungsgrund der Präambel des EWR-Abkommens erkennt die Feststellung der Vertragsparteien an, die Umwelt zu bewahren, zu schützen und ihre Qualität zu verbessern und die umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen auf der Grundlage insbesondere des Grundsatzes der umweltverträglichen Entwicklung sowie des Grundsatzes der Vorsorge und Vorbeugung zu gewährleisten. Gemäß Artikel 1 des EWR-Abkommens sind die Vertragsparteien an einer engeren Zusammenarbeit über Umweltfragen interessiert. Gemäß Artikel 73 des EWR-Abkommens haben die Vertragsparteien u. a. zum Ziel, bei der Durchführung von Maßnahmen im Bereich der vier Freiheiten „die Umwelt zu erhalten, zu schützen und ihre Qualität zu verbessern“. Artikel 78 des EWR-Abkommens fordert außerdem die Vertragsparteien auf, ihre Zusammenarbeit im Rahmen der Gemeinschaftsaktionen u. a. im Umweltbereich zu verstärken und erweitern.

    (6)  Laut Artikel 2 des EG-Vertrags gehört es zu den Hauptaufgaben der Gemeinschaft, ein beständiges, nichtinflationäres und umweltverträgliches Wachstum zu fördern. Ergänzt wird dies durch die spezifischen Ziele in Artikel 174, wonach die Umweltpolitik der Gemeinschaft unter anderem zur Erhaltung und zum Schutz der Umwelt sowie zur Verbesserung ihrer Qualität beiträgt. In Artikel 6 des EG-Vertrags heißt es: „Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der in Artikel 3 genannten Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden“.

    (7)  Zwischen 1995 und 2005 hat der Schienengüterverkehr in der EU im Durchschnitt um jährlich 0,9 % zugenommen (in Tonnenkilometern), gegenüber + 3,3 % für den Straßengüterverkehr in demselben Zeitraum (nach Eurostat).

    (8)  Zwischen 1995 und 2004 hat der Schienenpersonenverkehr in der EU im Durchschnitt um jährlich 0,9 % zugenommen (in Personenkilometern), gegenüber + 1,8 % für den Pkw-Verkehr in demselben Zeitraum (nach Eurostat).

    (9)  Dies trifft seit 2002 vor allem auf die Länder zu, die ihre Märkte dem Wettbewerb geöffnet haben. Im Jahr 2006 verzeichnete die Eisenbahn ein Plus von 3,7 % im Güterverkehr und 3 % in der Personenbeförderung. Diese Verbesserung dürfte sich 2007 fortsetzen.

    (10)  Mitteilung der Europäischen Kommission „Aufbau eines vorrangig für den Güterverkehr bestimmten Schienennetzes“, (SEK(2007) 1322, SEK(2007) 1324 und SEK(2007) 1325 vom 18.10.2007).

    (11)  Island, Malta und Zypern verfügen über kein Eisenbahnnetz.

    (12)  ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 1.

    (13)  ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 26.

    (14)  ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/58/EG (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 44). Aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 33/2009 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 17. März 2009 (ABl. L 130 vom 28.5.2009, S. 27 und EWR-Beilage Nr. 28 vom 28.5.2009, S. 25). Die Verordnungen 2001/12/EG, 2001/13/EG und 2001/14/EG wurden in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 118/2001 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 28. September 2001 aufgenommen (ABl. L 322 vom 6.12.2001, S. 32 und EWR-Beilage Nr. 60 vom 6.12.2001, S. 29). Mit diesem Beschluss wurden der Beschluss Nr. 7/94 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 21. März 1994 zur Aufnahme der Verordnung 914/440/EWG des Rates (ABl. L 160 vom 28.6.1994, S. 1 und EWR-Beilage Nr. 17 vom 28.6.1994, S. 1) sowie der Beschluss Nr. 71/95 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 15. Dezember 1995 zur Aufnahme der Verordnung 95/18/EG des Rates (ABl. L 57 vom 7.3.1996, S. 37 und EWR-Beilage Nr. 11 vom 7.3.1996, S. 14) geändert.

    (15)  ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 1. Aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 82/2005 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 10. Juni 2005 (ABl. L 268 vom 13.10.2005, S. 13 und EWR-Beilage Nr. 52 vom 13.10.2005, S. 7).

    (16)  ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44.

    (17)  ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 114.

    (18)  ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 164. Die Verordnungen 2004/49/EG, 2004/50/EG und 2004/51/EG wurden in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 151/2004 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 29. Oktober 2004 aufgenommen (ABl. L 102 vom 21.4.2005, S. 27 und EWR-Beilage Nr. 20 vom 21.4.2005, S. 17). Mit diesem Beschluss wurden der Beschluss Nr. 71/95 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 15. Dezember 1995 zur Aufnahme der Verordnung 95/18/EG des Rates (ABl. L 57 vom 7.3.1996, S. 37 und EWR-Beilage Nr. 11 vom 7.3.1996, S. 14), der Beschluss Nr. 118/2001 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 28. September 2001 zur Aufnahme der Verordnungen 2001/12/EG, 2001/13/EG und 2001/14/EG (ABl. L 322 vom 6.12.2001, S. 32 und EWR-Beilage Nr. 60 vom 6.12.2001, S.29), der Beschluss Nr. 25/97 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 30. April 1997 zur Annahme der Verordnung 96/48/EG (ABl. L 242 vom 4.9.1997, S. 74 und EWR-Beilage Nr. 37 vom 4.9.1997, S.74), der Beschluss Nr. 16/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 1. März 2002 zur Annahme der Verordnung 2001/16/EG (ABl. L 110 vom 25.4.2002, S. 11 und EWR-Beilage Nr. 21 vom 25.4.2002, S. 8) sowie der Beschluss Nr. 7/94 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 21. März 1994 zur Aufnahme der Verordnung 91/440/EWG des Rates (ABl. L 160 vom 28.6.1994, S. 1 und EWR-Beilage Nr. 17 vom 28.6.1994, S. 1) geändert.

    (19)  ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1. Aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 85/2008 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 2. Juli 2008 (ABl. L 280 vom 23.10.2008, S. 20 und EWR-Beilage Nr. 64 vom 23.10.2008, S. 13).

    (20)  ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14. Aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 90/2010 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 2. Juli 2010 (ABl. L 277 vom 21.10.2010, S. 43 und EWR-Beilage Nr. 59 vom 21.10.2010, S. 12).

    (21)  ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 44. Aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 33/2009 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 17. März 2009 (ABl. L 130 vom 28.5.2009, S. 27 und EWR-Beilage Nr. 28 vom 28.5.2009, S. 25).

    (22)  ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 51. Aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 12/2009 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 5. Februar 2009 (ABl. L 73vom 19.3.2009, S. 47 und EWR-Beilage Nr. 16 vom 19.3.2009, S. 18).

    (23)  ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25. Aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 7/94 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 21. März 1994. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/58/EG.

    (24)  Gemäß Artikel 3 der Richtlinie 91/440/EWG bedeutet Eisenbahnunternehmen „jedes nach geltendem Gemeinschaftsrecht zugelassene öffentlich-rechtliche oder private Unternehmen, dessen Haupttätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss; dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktionsleistung erbringen“.

    (25)  Gemäß Artikel 3 der Richtlinie 91/440/EWG bedeutet Betreiber der Infrastruktur „jede Einrichtung oder jedes Unternehmen, die bzw. das insbesondere für die Einrichtung und die Unterhaltung der Fahrwege der Eisenbahn zuständig ist. Dies kann auch den Betrieb der Steuerungs- und Sicherheitssysteme der Fahrwege einschließen. Mit den bei einem Netz oder einem Teilnetz wahrzunehmenden Aufgaben des Betreibers der Infrastruktur können verschiedene Einrichtungen oder Unternehmen betraut werden“.

    (26)  In Artikel 9 Absatz 3 der Richtlinie 91/440/EWG heißt es: „Bei der Gewährung von Beihilfen zur Tilgung der in diesem Artikel genannten Schulden beachten die Mitgliedstaaten die Artikel 73, 87 und 88 des EG-Vertrages“.

    (27)  Insbesondere die Richtlinie 2004/49/EG, die in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 151/2004 des Gemeinsamen EWR-Abkommens vom 29. Oktober 2004 aufgenommen wurde.

    (28)  ABl. L 156 vom 28.6.1969, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 (ABl. L 169 vom 29.6.1991, S. 1).

    (29)  ABl. L 130 vom 15.6.1970, S. 1.

    (30)  ABl. L 156 vom 28.6.1969, S. 8. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 1).

    (31)  Diese drei Verordnungen wurden schon in ihrer Entstehungsphase in das EWR-Abkommen einbezogen.

    (32)  Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg/Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH („Altmark-Urteil“), Slg. 2003, I7747.

    (33)  Altmark-Urteil, s. o., Randnr. 107.

    (34)  Vgl. Entscheidung der Europäischen Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden (ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67), Ziff. 17. Dieser Beschluss wurde in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 91/2006 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 7. Juli 2006 aufgenommen (ABl. L 286 vom 19.10.2006, S. 31 und EWR-Beilage Nr. 52 vom 19.10.2006, S. 24). Artikel 86 Absatz 2 des EG-Vertrags entspricht dem Artikel 59 Absatz 2 des EWR-Abkommens.

    (35)  Aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 85/2008 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 4. Juli 2008 (ABl. L 280 vom 23.10.2008, S. 20 und EWR-Beilage Nr. 64 vom 23.10.2008, S. 13).

    (36)  Diese Leitlinien betreffen ferner nicht die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 1192/69, die von Anbeginn an in das EWR-Abkommen einbezogen war.

    (37)  Mitteilung der Europäischen Kommission „Für ein mobiles Europa – Nachhaltige Mobilität für unseren Kontinent – Halbzeitbilanz zum Verkehrsweißbuch der Europäischen Kommission“. Siehe auch Entschließung des Beratenden EWR-Ausschusses und Bericht über „An Ambitious Transport Policy“.

    (38)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Juni 2002 in der Rechtssache C-382/99, Niederlande/Kommission, Slg. 2002, I-5163.

    (39)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. September 2000 in der Rechtssache C-156/98, Deutschland/Kommission, Slg. 2000, I-6857.

    (40)  Entscheidung der Europäischen Kommission vom 7. Juni 2006, N 478/2004, Staatliche Garantie für Darlehensaufnahme durch Coràs Iompair Eirann (CIÉ) für Infrastrukturinvestitionen, ABl. C 209 vom 31.8.2006, S. 8. Entscheidung der Kommission vom 8. März 2006, N 284/2005, Irland – Regionales Breitbandprogramm (ABl. C 207 vom 30.8.2006, S. 3), Randnr. 34, sowie die folgenden Entscheidungen der Europäischen Kommission: Entscheidung 2003/227/EG vom 2. August 2002 über verschiedene Maßnahmen und die staatliche Beihilfe Spaniens zugunsten des Freizeitparks „Terra Mítica SA“, Benidorm (Alicante) (ABl. L 91 vom 8.4.2003, S. 23), Randnr. 64; Entscheidung vom 20. April 2005, N 355/04, Belgien – Öffentlich-private Partnerschaft zur Untertunnelung der Krijgsbaan in Deurne, Entwicklung von Gewerbegebieten und Betrieb des Flughafens Antwerpen (ABl. C 176 vom 16.7.2005, S. 11), Randnur. 34; Entscheidung vom 11. Dezember 2001, N 550/01, Belgien – Öffentlich-private Partnerschaft für Be- und Entladeanlagen (ABl. C 24 vom 26.1.2002, S. 2), Randnr. 24; Entscheidung vom 20. Dezember 2001, N 649/01, Vereinigtes Königreich — Beihilfe für Frachtumschlaganlagen Grant (ABl. C 45 vom 19.2.2002, S. 2), Randnur. 45; Entscheidung vom 17. Juli 2002, N 356/02, Vereinigtes Königreich – Network Rail (ABl. C 232 vom 28.9.2002, S. 2), Randnr. 70; N 511/1995 Jaguar Cars Ltd. Siehe auch Leitlinien der Europäische Kommission betreffend die Anwendung der Artikel 92 und 93 des EG-Vertrags und des Artikels 61 des EWR-Abkommens auf staatliche Beihilfen im Luftverkehr (ABl. C 350 vom 10.12.1994, S. 5), Randnur. 12. Die EFTA-Überwachungsbehörde hat die entsprechenden Leitlinien durch Beschluss Nr. 124/95/KOL vom 6. Dezember 1995 angenommen (ABl. L 124 vom 23.5.1996, S. 41 und EWR-Beilage Nr. 23 vom 23.5.1996, S. 104); Weißbuch „Faire Preise für die Infrastrukturbenutzung“, KOM(1998) 466 endg. Randnr. 43; Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die „Verbesserung der Dienstequalität in Seehäfen: Ein zentraler Aspekt für den europäischen Verkehr“ (KOM(2001) 35 endgültig, S. 11).

    (41)  Quelle: UIC, Fahrzeugbestand in der EU-25 + Norwegen (2005).

    (42)  Quelle: GEB (2005).

    (43)  Siehe Kapitel 6.

    (44)  Siehe Kapitel 5. Siehe auch die Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten, angenommen durch Beschluss Nr. 305/04/KOL vom 1. Dezember 2004 (ABl. L 97 vom 15.4.2005, S. 41 und EWR-Beilage Nr. 21 vom 28.4.2005, S. 1). Siehe entsprechende Leitlinien der Gemeinschaft (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2).

    (45)  Verordnung (EG) Nr. 70/2001 der Europäischen Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 33). Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1976/2006 L 368 vom 23.12.2006, S. 85). Die Verordnung wurde in Anhang XV des EWR-Abkommens durch Beschluss Nr. 88/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 25. Juni 2002 aufgenommen (ABl. L 266 vom 3.10.2002, S. 56 und EWR-Beilage Nr. 49 vom 3.10.2002, S. 42).

    (46)  Die EFTA-Überwachungsbehörde hat die Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen durch Beschluss Nr. 500/08/KOL vom 16. Juli 2008 angenommen (ABl. L 144 vom 10.6.2010, S. 1 und EWR-Beilage Nr. 29 vom 10.6.2010, S. 1). Siehe entsprechende Leitlinien der Gemeinschaft (ABl. C 82 vom 1.4.2008, S. 1).

    (47)  Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 (s.o.), die von Anbeginn an in das EWR-Abkommen einbezogen war, sowie die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, aufgenommen in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 85/2008 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses, in deren Artikel 3 Absatz 1 es heißt: „Gewährt eine zuständige Behörde dem ausgewählten Betreiber ausschließliche Rechte und/oder Ausgleichsleistungen gleich welcher Art für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, so erfolgt dies im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags“.

    (48)  Siehe Punkt 8 der Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007-2013, angenommen durch Beschluss Nr. 85/06/KOL vom 6. April 2006 (ABl. L 54 vom 28.2.2008, S. 1 und EWR-Beilage Nr. 11 vom 28.2.2008, S. 1). Siehe entsprechende Leitlinien der Gemeinschaft (ABl. C 54 vom 4.3.2006, S. 13, Punkt 8).

    (49)  Die EFTA-Überwachungsbehörde weist darauf hin, dass diese Überlegung – unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls – sinngemäß auch für die Fahrzeuge des öffentlichen Straßenpersonenverkehrs gelten kann, sofern die jüngsten Gemeinschaftsnormen für Neufahrzeuge erfüllt werden. Dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechend wird die EFTA-Überwachungsbehörde in solchen Fällen nach dem hier beschriebenen Ansatz für Schienenfahrzeuge verfahren. Die EFTA-Überwachungsbehörde fordert die EFTA-Staaten auf, bei der Gewährung solcher Beihilfen die umweltfreundlichsten Technologien zu unterstützen. Sie wird ferner prüfen, inwieweit bei einzelnen Förderungen dieser Art eine Überschreitung der geltenden Beihilfehöchstgrenzen angemessen sein könnte.

    (50)  Unter den am dünnsten besiedelten Gebieten sind NUTS-II-Gebiete oder Teile davon mit einer Bevölkerungsdichte von 8 Einwohnern je Quadratkilometer oder weniger zu verstehen, sowie kleinere angrenzende Gebiete, die das gleiche Kriterium der Bevölkerungsdichte erfüllen.

    (51)  Beihilfen für den Erwerb von Beförderungsmitteln, die die Gemeinschaftsnormen übertreffen oder die, sofern es keine solchen Normen gibt, für einen besseren Umweltschutz sorgen, sind nach Maßgabe der Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen zulässig.

    (52)  Wird die Strecke oder die Region, auf die der höchste Beihilfesatz sich bezieht, systematisch (d. h. auf jeder Fahrt) bedient, so wird dieser Beihilfesatz auf sämtliche der beihilfefähigen Ausgaben angewandt. Wird die Region, auf die der höchste Beihilfesatz sich bezieht, nur gelegentlich bedient, so wird dieser Beihilfesatz nur auf den Teil der beihilfefähigen Ausgaben angewandt, der die Bedienung dieser Region betrifft.

    (53)  Siehe Fußnote 26.

    (54)  Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 1980 in der Rechtssache 730/79, Philip Morris Holland/Kommission, Slg. 1980, I-2671, Randnr. 11.

    (55)  Verordnung (EWG) Nr. 1192/69.

    (56)  Analog wendet die EFTA-Überwachungsbehörde bestimmte Bedingungen der Mitteilung der Europäischen Kommission vom 26. Juli 2001 über die Methode für die Analyse staatlicher Beihilfen in Verbindung mit verlorenen Investitionen (SEK(2001) 1238) an.

    (57)  Die Anwendung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69, (EWG) Nr. 1107/70 und (EWG) Nr. 1192/69 bleibt davon unberührt.

    (58)  Die Anwendung der vorgenannten Richtlinie 2001/14/EG bleibt davon unberührt.

    (59)  Siehe Entscheidung der Europäischen Kommission vom 2. März 2005, N 386/04, „SNCF-Güterverkehrsbereich“ – Frankreich (ABl. C 172 vom 12.7.2005, S. 3).

    (60)  ABl. C 288 vom 9.10.1999, S. 2. Die EFTA-Überwachungsbehörde hat die entsprechenden Leitlinien durch Beschluss Nr. 329/99/KOL vom 16. Dezember 1999 angenommen (ABl. L 241 vom 26.10.2000, S. 1).

    (61)  Unter Punkt 9 der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 heißt es: „Im Sinne dieser Leitlinien befindet sich ein Unternehmen unabhängig von der Größe insbesondere in folgenden Fällen in Schwierigkeiten:

    a)

    wenn bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden und mehr als ein Viertel dieses Kapitals während der letzten zwölf Monate verloren gegangen ist“; oder

    „b)

    wenn bei Gesellschaften, in denen mindestens einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften, mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel verschwunden und mehr als ein Viertel dieser Mittel während der letzten zwölf Monate verloren gegangen ist“; oder

    „c)

    wenn unabhängig von der Unternehmensform die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfüllt sind“.

    (62)  Vgl. insbesondere Punkte 33 bis 36 der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen.

    (63)  Vgl. insbesondere Abschnitt 3.2 der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen.

    (64)  Urteil des Gerichtshofs vom 12. Oktober 1978 in der Rechtssache 156/77, Kommission/Belgien, Rechtssache 156/77, Slg. 1978, 1881, Randnr. 10.

    (65)  a. a. O.

    (66)  Der Zeitraum beträgt zehn Jahre bei Maßnahmen, die unter Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/75/EG (ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 100). Siehe u. a. Entscheidung der Europäischen Kommission vom 2. April 2008, NN 46/B/2006 – Slowakei – Verbrauchsteuerbefreiungen und -ermäßigungen gemäß Richtlinie 2003/96/EG des Rates (Verkehr), noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht. Die Verordnung 2003/96/EG des Rates wird nicht in das EWR-Abkommen aufgenommen, da sie die Steuerharmonisierung betrifft, die vom EWR-Abkommen nicht erfasst wird.

    (67)  In Artikel 11 Absatz 3 der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (ABl. L 187 vom 20.7.1999, S. 42), in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 5/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 1. Februar 2002 (ABl. L 88 vom 4.4.2002, S. 9 und EWR-Beilage Nr. 18 vom 4.4.2002, S. 6) aufgenommen, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/103/EG (ABl. L 363 vom 20.12.2006, p. 344), in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 132/2007 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 26. Oktober 2007 (ABl. L 100 vom 10.4.2008, S. 1 und EWR-Beilage Nr. 19 vom 10.4.2008, S. 1) aufgenommen, heißt es: „Die Europäische Kommission legt bis spätestens 10. Juni 2008 nach Prüfung aller Optionen einschließlich der Umwelt-, Lärm-, Stau- und Gesundheitskosten ein allgemein anwendbares, transparentes und nachvollziehbares Modell zur Bewertung aller externen Kosten vor, welches künftigen Berechnungen von Infrastrukturgebühren zugrunde gelegt werden soll. Dieses Modell wird durch eine Analyse der Auswirkungen der Internalisierung externer Kosten für alle Verkehrsträger und einer Strategie zur schrittweisen Umsetzung dieses Models für alle Verkehrsträger begleitet“. Im Rahmen der Vorbereitung einer auf dieses Ziel gerichteten Mitteilung über die Internalisierung externer Kosten veröffentlichte die Europäische Kommission am 16. Januar 2008 ein Handbuch über die bislang durchgeführten Studien hinsichtlich der externen Kosten des Verkehrssektors (http://ec.europa.eu/transport/costs/handbook/index_en.htm). Zur Bestimmung der beihilfefähigen Kosten kann dieses von mehreren Verkehrsforschungsinstituten gemeinsam erarbeitete Handbuch neben anderen Instrumenten herangezogen werden. Darüber hinaus veröffentlichte die Europäische Kommission das Weißbuch „Faire Preise für die Infrastrukturbenutzung: Ein abgestuftes Konzept für einen Gemeinschaftsrahmen für Verkehrsinfrastrukturgebühren in der Europäischen Union“, KOM(1998) 466 (Bulletin der EU, Beilage 3/98).

    (68)  Hinweise zu den verschiedenen Verfahren zur Schätzung der externen Kosten finden sich in Anhang 2 des Grünbuchs der Europäischen Kommission „Faire und effiziente Preise im Verkehr – Politische Konzepte zur Internalisierung der externen Kosten des Verkehrs in der Europäischen Union“ (Bulletin der EU, Beilage 2/96; KOM(1995) 691 endg.) sowie in der Studie, die die Europäische Kommission am 16. Januar 2008 veröffentlicht hat (vgl. Artikel 11 der Richtlinie 1999/62/EG).

    (69)  Artikel 10 der Richtlinie 2001/14/EG.

    (70)  Siehe u. a. Richtlinie 96/48/EG des Rates vom 23. Juli 1996 über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems (ABl. L 235 vom 17.9.1996, S. 6), in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 25/97 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (ABl. L 242 vom 4.9.1997, S. 74 und EWR-Beilage Nr. 37 vom 4.9.1997, S. 74) aufgenommen, sowie Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Interoperabilität des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems (ABl. L 110 vom 20.4.2001, S. 1), in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 16/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (ABl. L 110 vom 25.4.2002, S. 11 und EWR-Beilage Nr. 21 vom 25.4.2002, S. 8) aufgenommen. Beide Verordnungen, zuletzt geändert durch die Verordnung Nr. 2007/32/EG (ABl. L 141 vom 25.6.2007, S. 63), wurden in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 163/07 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (ABl. L 124 vom 8.5.2008, S. 30 und EWR-Beilage Nr. 26 vom 8.5.2008, S. 24) aufgenommen.

    (71)  Bei der Berechnung der beihilfefähigen Kosten wird einer eventuellen Staffelung der Entgelte für die Infrastrukturnutzung – je nach Fahrzeugmerkmalen (z. B. Lärmemissionen) – Rechnung getragen.

    (72)  Siehe Entscheidung der Europäischen Kommission vom 27. Dezember 2006, N 574/05, Verlängerung der bestehenden Beihilferegelung N 335/03 – Italien (Friaul-Julisch Venetien) – Beihilfe zur Einrichtung rollender Autobahnen (ABl. C 133 vom 15.6.2007, S. 6). Entscheidung der Europäischen Kommission vom 12. Oktober 2006, N 427/06, Vereinigtes Königreich – Rail Environmental Benefit Procurement Scheme (REPS) (ABl. C 283 vom 21.11.2006, S. 10).

    (73)  In Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1692/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Aufstellung des zweiten Marco-Polo-Programms über die Gewährung von Finanzhilfen der Gemeinschaft zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit des Güterverkehrssystems (Marco Polo II) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1382/2003 (ABl. L 328 vom 24.11.2006, S. 1), in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 70/07 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 29. Juni 2007 (ABl. L 304 vom 22.11.2007, S. 54 und EWR-Beilage Nr. 56 vom 22.11.2007, S. 8) aufgenommen, heißt es: „Die EWR-Finanzhilfe für Aktionen zur Verkehrsverlagerung ist auf höchstens 35 % des Gesamtbetrags der zur Erreichung der Ziele der Aktion erforderlichen und durch die Aktion verursachten Ausgaben beschränkt“. In den vorliegenden Leitlinien wird für Beihilfen zur Koordinierung des Verkehrs ein Satz von 30 % der Gesamtkosten des Schienenverkehrs festgelegt.

    (74)  Siehe Entscheidung der Europäischen Kommission vom 22. Dezember 2006, N 552/06, Dänemark – Verlängerung einer Umweltschutzbeihilfe für den Schienengüterverkehr (ABl. C 133 vom 15.6.2007, S. 5), sowie Entscheidung der Europäischen Kommission vom 12. Oktober 2006, N 427/2006, Vereinigtes Königreich – Rail Environmental Benefit Procurement Scheme (REPS).

    (75)  Dies könnte auf Maßnahmen zur Förderung der Interoperabilität des transeuropäischen Verkehrsnetzes zutreffen, wie es in der Entscheidung Nr. 884/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Änderung der Entscheidung Nr. 1692/96/EG über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABl. L 167 vom 30.4.2004, S. 1), in das EWR-Abkommen durch Beschluss Nr. 62/06 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 6. Juni 2006 aufgenommen (ABl. L 245 vom 7.9.2006, S. 9 und EWR-Beilage Nr. 44 vom 7.9.2006, S. 8), zuletzt definiert wurde.

    (76)  Bei Maßnahmen, die unter Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2003/96/EG fallen, kann eine Auswirkung auf den Beförderungspreis, sofern nichts anderes nachgewiesen wird, als gegeben betrachtet werden. Siehe u. a. Entscheidung der Europäischen Kommission vom 2. April 2008, NN 46/B/2006 – Slowakei – Verbrauchsteuerbefreiungen und -ermäßigungen gemäß Richtlinie 2003/96/EG des Rates (Verkehr), noch nicht veröffentlicht.

    (77)  Entscheidung der Europäischen Kommission vom 30. Mai 2007, N 780/06 – Niederlande – Bau eines Mehrzweck-Kompositschiffs für die Binnenschifffahrt – „CompoCaNord“-Projekt (ABl. C 227 vom 27.9.2007, S. 5). Entscheidung der Europäischen Kommission vom 19. Juli 2006, N 556/2005 – Niederlande – Beihilfe für den Umweltschutz und Innovationen im öffentlichen Verkehr in der Provinz Gelderland (ABl. C 207 vom 30.8.2006). Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20. Juli 2005, N 63/2005 – Tschechische Republik – Programm für Energieeinsparungen und für die Verwendung alternativer Kraftstoffe im Verkehrssektor (ABl. C 83 vom 6.4.2006).

    (78)  Die EFTA-Überwachungsbehörde hat die Leitlinien für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation durch Beschluss Nr. 14/07/KOL vom 7. Februar 2007 angenommen (ABl. L 305 vom 19.11.2009, S. 1 und EWR-Beilage Nr. 60 vom 19.11.2009, S. 1. Die aktualisierten Leitlinien sind über folgende Webseite der EFTA-Überwachungsbehörde abrufbar: http://www.eftasurv.int/state-aid/legal-framework/state-aid-guidelines/). Siehe entsprechende Leitlinien der Gemeinschaft (ABl. C 323 vom 30.12.2006, S. 1).

    (79)  a. a. O., Abschnitt 2.1.

    (80)  Die EFTA-Überwachungsbehörde hat die Leitlinien über staatliche Garantien durch Beschluss Nr. 788/08/KOL vom 17. Dezember 2008 angenommen. Siehe entsprechende Leitlinien der Gemeinschaft (ABl. C 155 vom 20.6.2008, S. 10).

    (81)  Entscheidung 2005/145/EG der Europäischen Kommission vom 16. Dezember 2003 über staatliche Beihilfen, die Frankreich EDF und der Strom- und Gaswirtschaft gewährt hat (ABl. L 49 vom 22.2.2005, S. 9). Entscheidung der Europäische Kommission vom 24. April 2007, E 12/05 – Polen – Unbegrenzte Bürgschaft für Poczta Polska (ABl. C 284 vom 27.11.2007, S. 2). Entscheidung der Europäischen Kommission vom 27. März 2002, E 10/2000 – Deutschland – Staatliche Bürgschaften für öffentliche Kreditinstitute (ABl. C 150 vom 22.6.2002, S. 7). Beschluss Nr. 177/05/KOL der EFTA-Überwachungsbehörde vom 15. Juli 2005 über die staatliche Bürgschaft für die Liechtensteinische Landesbank (ABl. C 310 vom 8.12.2005, S. 17 und EWR-Beilage Nr. 62 vom 8.12.2005, S. 1).

    (82)  a. a. O.


    ANHANG IV

    RÜCKFORDERUNG RECHTSWIDRIGER UND MIT DEM FUNKTIONIEREN DES EWR-ABKOMMENS UNVEREINBARER STAATLICHER BEIHILFEN  (1)

    1.   EINLEITUNG

    1.

    Die EFTA-Überwachungsbehörde (nachstehend als „die Überwachungsbehörde“ bezeichnet) ist entschlossen, rechtswidrige Beihilfen nicht zu tolerieren. Gemäß dem Protokoll 3 des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten über die Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (nachstehend als das „Protokoll 3“ bezeichnet) (2) verpflichtet die Überwachungsbehörde die EFTA-Staaten systematisch, rechtswidrige und mit dem Funktionieren des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (nachstehend als das „EWR-Abkommen“ bezeichnet) unvereinbare Beihilfen zurückzufordern, sofern dies nicht gegen einen allgemeinen Grundsatz des EWR-Rechts verstößt. Die Überwachungsbehörde hat zu diesem Zweck sechs Beschlüsse erlassen.

    2.

    Im Interesse der Integrität des Beihilfenrechts muss die tatsächliche und sofortige Durchsetzung von Entscheidungen, mit denen die EFTA-Staaten zur Rückforderung rechtswidriger staatlicher Beihilfen verpflichtet werden (nachstehend als „Rückforderungsentscheidungen“ bezeichnet), gewährleistet sein. Den Erfahrungen, die die Überwachungsbehörde diesbezüglich im Verlauf der letzten Jahren gemacht hat, ist jedoch zu entnehmen, dass die Lage in Wirklichkeit keineswegs zufriedenstellend ist. Dem Anzeiger für staatliche Beihilfen für die EFTA-Staaten (Ausgabe vom Herbst 2008) (3) zufolge war von den 6 von der Behörde erlassenen Rückforderungsentscheidungen nur eine von dem betreffenden EFTA-Staat vollständig befolgt worden. (4)

    3.

    2004 gab die Europäische Kommission (nachstehend als die „Kommission“ bezeichnet) eine vergleichende Studie über die Durchsetzung der EU-Beihilfenpolitik in mehreren Mitgliedstaaten in Auftrag (nachstehend als die „Studie“ bezeichnet) (5). Im Rahmen der Studie sollte unter anderem untersucht werden, wie wirksam die Rückforderungsverfahren und -praxis in diesen Mitgliedstaaten sind. Die Autoren der Studie stellen fest, dass in allen Länderberichten wiederholt auf die übermäßig langen Rückforderungsverfahren hingewiesen wird.

    4.

    Aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen hat die Überwachungsbehörde festgestellt, dass auch in den EFTA-Staaten weiter eine Reihe von Faktoren die Rückforderung rechtswidriger und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbarer Beihilfen behindert. Die Rückforderungsverfahren, für die das innerstaatliche Recht gilt, sind besonders langwierig, so dass die von der Überwachungsbehörde in ihren Rückforderungsentscheidungen gesetzten Fristen in keinem Fall eingehalten wurden. Die Überwachungsbehörde möchte daher unterstreichen, wie wichtig die wirksame Durchsetzung von Rückforderungsentscheidungen ist. Bei der Umsetzung solcher Entscheidungen sind die Überwachungsbehörde und die EFTA-Staaten gemeinsam gefordert, und beide Seiten müssen erhebliche Anstrengungen unternehmen, um letztlich den gewünschten Erfolg zu gewährleisten.

    5.

    In diesem Kapitel will die Überwachungsbehörde erläutern, welchen Ansatz sie verfolgt, um die Durchführung von Rückforderungsentscheidungen sicherzustellen. Dabei geht sie nicht auf die Schlussfolgerungen ein, die einzelstaatliche Gerichte aus der Missachtung der Anmeldepflicht und des Durchführungsverbots gemäß Artikel 1 Absatz 3 in Teil I des Protokolls 3 ziehen könnten. Die Überwachungsbehörde hält es für notwendig darzulegen, auf welche Weise sie die Umsetzung von Rückforderungsentscheidungen erleichtern will und welche Maßnahmen die EFTA-Saaten ergreifen könnten, um die uneingeschränkte Einhaltung der Regeln und Grundsätze des EWR-Rechts und insbesondere der Rechtsprechung der Gerichte der Europäischen Gemeinschaften und des EFTA-Gerichtshofs zu gewährleisten. Dazu werden in diesem Kapitel zunächst Sinn und Zweck von Rückforderungsentscheidungen erläutert und die Grundsätze für ihre Umsetzung zusammengefasst. Danach wird dargelegt, welche praktischen Auswirkungen diese Grundsätze für jede an der Rückforderung beteiligte Partei haben.

    2.   GRUNDSÄTZE DER RÜCKFORDERUNGSPOLITIK

    2.1.   Kurzüberblick über die bisherige Rückforderungspolitik

    6.

    Artikel 1 Absatz 3 in Teil I des Protokolls 3 bestimmt: „Die EFTA-Überwachungsbehörde wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. […] Der betreffende Staat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die EFTA-Überwachungsbehörde eine abschließende Entscheidung erlassen hat.“

    7.

    Unterlässt es ein EFTA-Staat, die Überwachungsbehörde von der beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung einer Beihilfe vor deren Wirksamwerden zu unterrichten, so ist die Beihilfe vom Zeitpunkt ihrer Bewilligung an mit dem EWR-Recht unvereinbar.

    8.

    Der Europäische Gerichtshof (nachstehend als „EuGH“ bezeichnet) bestätigte erstmals in seinem „Kohlegesetz-Urteil (6) aus dem Jahr 1973, dass die Kommission das Recht hat, rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen zurückzufordern. Nach den Feststellungen des Gerichtshofs ist die Kommission befugt zu entscheiden, dass ein Mitgliedstaat eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe aufzuheben oder umzugestalten hat. Sie sollte daher auch befugt sein, die Rückforderung dieser Beihilfe anzuordnen (7).

    9.

    Das Protokoll 3 des Abkommens wurde 2001 inter alia durch Einfügung von Teil II geändert, das auch grundlegende Bestimmungen zur Rückforderung enthält (8). Ergänzende Durchführungsbestimmungen zur Rückforderung wurden im Beschluss Nr. 195/04/KOL vom 14. Juli 2004 (9) in der geänderten Fassung festgelegt.

    10.

    Artikel 14 Absatz 1 in Teil II des Protokolls 3 bestätigt die ständige Rechtsprechung des EuGH (10) und verpflichtet die Überwachungsbehörde, die Rückforderung rechtswidriger und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbarer Beihilfen anzuordnen, sofern dies nicht gegen einen allgemeinen Rechtsgrundsatz der EWR verstößt. Er sieht auch vor, dass der betreffende EFTA-Staat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um solche Beihilfen zurückzufordern. Gemäß Artikel 14 Absatz 2 in Teil II des Protokolls 3 umfasst die zurückzufordernde Beihilfe Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zur ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar sind. Im Beschluss Nr. 195/04/KOL sind die Methoden für die Berechnung dieser Zinsen festgelegt. Schließlich ist in Artikel 14 Absatz 3 in Teil II des Protokolls 3 ausdrücklich festgelegt, dass „[…]die Rückforderung unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden EFTA-Staats [erfolgt], sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde ermöglicht wird. […]“.

    11.

    In jüngerer Zeit hat der EuGH in mehreren Urteilen den Anwendungsbereich und die Auslegung von Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 659/99 des Rates (entspricht Artikel 14 Absatz 3 in Teil II des Protokolls 3) weiter konkretisiert und dabei hervorgehoben, dass ein sofortiger und tatsächlicher Vollzug von Rückforderungsentscheidungen gewährleistet sein muss (11). Ferner ist die Überwachungsbehörde auch dazu übergegangen, die Deggendorf-Rechtsprechung (12) systematischer anzuwenden. Gemäß dieser Rechtsprechung kann die Überwachungsbehörde unter bestimmten Voraussetzungen einen EFTA-Staat dazu verpflichten, die Auszahlung einer neuen, mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbaren Beihilfe an ein Unternehmen so lange auszusetzen, bis dieses Unternehmen eine frühere rechtswidrige und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbare Beihilfe, die Gegenstand einer nicht befolgten Rückforderungsentscheidung ist, zurückgezahlt hat.

    2.2.   Zweck und Grundsätze der Rückforderungspolitik

    2.2.1.   Zweck der Rückforderung

    12.

    Der EuGH hat wiederholt festgestellt, dass die Rückforderung darauf abzielt, die Marktsituation vor Gewährung der Beihilfe wiederherzustellen. Letzteres ist erforderlich, um die Aufrechterhaltung gleicher Rahmenbedingungen im Binnenmarkt zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang unterstrich der EuGH, dass die Rückforderung einer rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe keine Sanktion darstellt (13), sondern die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit ist (14). Sie kann daher nicht als Maßnahme betrachtet werden, die gemessen an den Zielen der Bestimmungen des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen unverhältnismäßig wäre (15).

    13.

    Nach Auffassung des EuGH ist die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt, wenn die rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe vom Empfänger zurückgezahlt wird, denn „durch diese Rückzahlung verliert […] der Empfänger den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Mitbewerbern besaß“ (16). Diese Zinsen müssen dem finanziellen Vorteil entsprechen, der daraus erwächst, dass die betreffenden Beträge während eines bestimmten Zeitraums zinslos zur Verfügung standen (17).

    14.

    Ferner betonte der EuGH, dass eine vollständige Durchführung der Rückforderungsentscheidung erfordert, dass die Maßnahmen des EFTA-Staats eine konkrete Wirkung in Bezug auf die Rückforderung haben (18) und dass die Rückforderung sofort erfolgt (19). Damit das mit der Rückforderung verfolgte Ziel erreicht wird, muss die Beihilfe unverzüglich zurückgezahlt werden.

    2.2.2.   Verpflichtung zur Rückforderung rechtswidriger und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbarer Beihilfen sowie Ausnahmen

    15.

    Artikel 14 Absatz 1 in Teil II des Protokolls 3 bestimmt: „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die EFTA-Überwachungsbehörde, dass der betreffende EFTA-Staat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern“.

    16.

    Die Befugnis der Überwachungsbehörde, die Rückforderung rechtswidriger und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbarer Beihilfen anzuordnen, wird vom Protokoll 3 in zweierlei Hinsicht beschränkt. Gemäß Artikel 14 Absatz 1 in Teil II des Protokolls 3 darf die Überwachungsbehörde die Rückforderung einer Beihilfe nicht anordnen, wenn dies gegen einen allgemeinen Rechtsgrundsatz verstoßen würde. In diesem Zusammenhang werden am häufigsten der Grundsatz des Vertrauensschutzes (20) und der Grundsatz der Rechtssicherheit (21) angeführt. Hier ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass der EuGH diese Grundsätze im Hinblick auf die Rückforderung sehr restriktiv ausgelegt hat. Gemäß Artikel 15 in Teil II des Protokolls 3 gelten die Befugnisse der Überwachungsbehörde zur Rückforderung von Beihilfen nur für eine Frist von zehn Jahren (so genannte „Verjährungsfrist“). Diese Frist beginnt mit dem Tag, an dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger entweder als Einzelbeihilfe oder im Rahmen einer Beihilferegelung gewährt wird. Jede Maßnahme, die die Überwachungsbehörde, die Kommission (22) oder ein EFTA-Staat auf Antrag der Überwachungsbehörde bezüglich der rechtswidrigen Beihilfe ergreift, bewirkt eine Unterbrechung der Verjährungsfrist.

    17.

    Der EFTA-Staat, an den eine Rückforderungsentscheidung gerichtet ist, ist verpflichtet, diese Entscheidung umzusetzen (23). Der EuGH hat nur einen Fall anerkannt, in dem der Mitgliedstaat von der Verpflichtung befreit werden darf, eine an ihn gerichtete Rückforderungsentscheidung umzusetzen: Es müssen außergewöhnliche Umstände vorliegen, die es einem Mitgliedstaat absolut unmöglich machen, die Entscheidung ordnungsgemäß durchzuführen (24).

    18.

    Nach Auffassung des EuGH reicht es jedoch nicht aus, lediglich zu vermuten, dass eine Rückforderung absolut unmöglich ist. Der betreffende Mitgliedstaat muss vielmehr nachweisen, dass er sich ernsthaft um die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe bemüht hat, und muss im Einklang mit Artikel 10 des EG-Vertrags mit der Kommission zusammenarbeiten, damit die Schwierigkeiten überwunden werden können (25).

    19.

    Eine Analyse der Rechtsprechung zeigt, dass das EuGH den Begriff der „absoluten Unmöglichkeit“ sehr restriktiv ausgelegt hat. Der Gerichtshof hat mehrmals bestätigt, dass sich ein Mitgliedstaat nicht auf Bestimmungen seines eigenen Rechts wie Verjährungsregeln (26) oder das Fehlen eines Vollstreckungstitels nach nationalem Recht (27) berufen kann, um zu rechtfertigen, warum er einer Rückforderungsentscheidung nicht nachgekommen ist (28). Ferner entschied der EuGH, dass die Rückforderungsverpflichtung nicht von Umständen berührt wird, die mit der wirtschaftlichen Lage des Empfängers zusammenhängen. Er stellte klar, dass die finanziellen Schwierigkeiten eines Unternehmens nicht beweisen, dass die Rückforderung unmöglich war (29). Diesbezüglich führte der Gerichtshof aus, dass sich ein Mitgliedstaat nur dann auf die völlige Unmöglichkeit der Rückforderung der Beihilfen berufen kann, wenn keine Aktiva vorhanden sind (30). Mitgliedstaaten haben in mehreren Fällen geltend gemacht, sie hätten die Rückforderungsentscheidung aufgrund administrativer oder technischer Schwierigkeiten (z. B. aufgrund der Vielzahl der betroffenen Empfänger) nicht durchführen können. Der Gerichtshof hat jedoch stets abgelehnt anzuerkennen, dass solche Schwierigkeiten zur Folge haben, dass eine Rückforderung absolut unmöglich ist (31). Schließlich reicht auch die Befürchtung unüberwindbarer interner Schwierigkeiten nicht als Rechtfertigung dafür aus, dass ein Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht nicht nachgekommen ist (32).

    2.2.3.   Anwendung einzelstaatlicher Verfahren und Notwendigkeit einer sofortigen und tatsächlichen Durchführung

    20.

    In Artikel 14 Absatz 3 in Teil II des Protokolls 3 ist ausdrücklich festgelegt, dass „die Rückforderung unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden EFTA-Staats erfolgt, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde ermöglicht wird“.

    21.

    Somit können die EFTA-Staaten nach Maßgabe ihres Rechts frei entscheiden, mit welchen Mitteln sie Rückforderungsentscheidungen nachkommen wollen, solange die vollständige Umsetzung der Rückforderungsentscheidungen gewährleistet ist. Somit müssen die Maßnahmen der EFTA-Staaten die tatsächliche und sofortige Durchführung der Entscheidung der Überwachungsbehörde ermöglichen.

    22.

    Der EuGH betonte in seinem Urteil betreffend Olympic Airways  (33), dass die Maßnahmen des Mitgliedstaates eine tatsächliche Umsetzung gewährleisten und eine konkrete Wirkung im Hinblick auf die Rückforderung haben müssen. Die Maßnahmen der Staaten müssen zur tatsächlichen Rückforderung der vom Empfänger geschuldeten Beträge führen. Vor kurzem bestätigte der EuGH diesen Ansatz in seinem Urteil in der Rechtssache Scott  (34) und hob hervor, dass einzelstaatliche Verfahren, die die Voraussetzungen des Artikels 14 Absatz 3 der Verfahrensverordnung (entspricht Artikel 14 Absatz 3 in Teil II des Protokolls 3) nicht erfüllen, nicht anzuwenden sind. Insbesondere wies er das Vorbringen der Behörden des Mitgliedstaats zurück, sie hätten alle im Rahmen ihres nationalen Systems möglichen Schritte unternommen, und bekräftigte, dass solche Schritte auch innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist ein konkrete Wirkung im Hinblick auf die Rückforderung haben müssen.

    23.

    Gemäß Artikel 14 Absatz 3 in Teil II des Protokolls 3 ist eine tatsächliche und zugleich sofortige Durchführung von Rückforderungsentscheidungen notwendig. In der Rechtssache Scott hob der EuGH hervor, wie wichtig die zeitliche Dimension bei der Rückforderung ist. Der Gerichtshof stellte klar, dass die Anwendung der nationalen Verfahren die Wiederherstellung eines wirksamen Wettbewerbs nicht erschweren darf, indem sie die sofortige und tatsächliche Durchführung der Kommissionsentscheidung verhindert. Nationale Verfahren, die die sofortige Wiederherstellung der früheren Lage verhindern und dazu führen, dass ein unlauterer Wettbewerbsvorteil aufgrund einer rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe länger besteht, erfüllen nicht die Voraussetzungen des Artikels 14 Absatz 3 von Teil II des Protokolls 3.

    24.

    In diesem Zusammenhang ist es wichtig daran zu erinnern, dass eine gemäß Artikel 36 des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten über die Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (nachstehend als das „Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen“ bezeichnet) erhobene Klage zur Nichtigerklärung einer Rückforderungsentscheidung keine aufschiebende Wirkung hat Im Zusammenhang mit einer solchen Klage kann der Beihilfeempfänger jedoch gemäß Artikel 40 des Überwachungsbehörde- und Gerichtsabkommens die Aussetzung der Durchführung der Rückforderungsentscheidung beantragen. In dem Antrag sind die Umstände anzuführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen (35). Sodann kann der EFTA-Gerichtshof gegebenenfalls die Aussetzung der Durchführung des angefochtenen Beschlusses anordnen.

    2.2.4.   Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit

    25.

    Gemäß Artikel 3 des EWR-Abkommens sind die EFTA-Staaten verpflichtet, die Erfüllung der Aufgaben des EWR zu erleichtern. Zugleich müssen die EWR-Institutionen und die EFTA-Staaten gemäß diesem Artikel zur Erreichung der Ziele des EWR-Abkommens zusammenarbeiten.

    26.

    Im Rahmen der Durchführung von Rückforderungsentscheidungen müssen die Überwachungsbehörde und die Behörden der EFTA-Staaten somit zusammenwirken, damit das Ziel der Wiederherstellung des Wettbewerbs im Binnenmarkt erreicht wird.

    27.

    Trifft ein EFTA-Staat bei Durchführung der Rückforderungsentscheidung innerhalb der gesetzten Frist auf unvorhergesehene und unvorhersehbare Schwierigkeiten oder bemerkt er Folgen, die von der Überwachungsbehörde nicht beabsichtigt sind, so sollte er diese Probleme der Überwachungsbehörde zur Beurteilung vorlegen und geeignete Änderungen der fraglichen Entscheidung vorschlagen (36). In einem solchen Fall müssen die Überwachungsbehörde und der EFTA-Staat redlich zusammenwirken, um diese Schwierigkeiten unter Beachtung der Bestimmungen des EWR-Abkommens zu überwinden (37). Ebenso sind die EFTA-Staaten durch den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit dazu verpflichtet, der Überwachungsbehörde alle Informationen zur Verfügung zu stellen, anhand deren überprüft werden kann, ob das gewählte Mittel eine geeignete Umsetzung des Beschlusses gewährleistet (38).

    28.

    Die Unterrichtung der Überwachungsbehörde über die mit der Durchführung einer Rückforderungsentscheidung verbundenen technischen und rechtlichen Schwierigkeiten entbindet die EFTA-Staaten jedoch nicht von ihrer Pflicht, alle sachdienlichen Schritte zu unternehmen, um die Beihilfe von dem betreffenden Unternehmen zurückzufordern und der Überwachungsbehörde geeignete Modalitäten der Durchführung der Entscheidung vorzuschlagen (39).

    3.   UMSETZUNG DER RÜCKFORDERUNGSPOLITIK

    29.

    Sowohl die Überwachungsbehörde als auch die EFTA-Staaten spielen bei der Umsetzung von Rückforderungsentscheidungen eine wichtige Rolle und können zur wirksamen Durchsetzung der Rückforderungspolitik beitragen.

    3.1.   Rolle der Überwachungsbehörde

    30.

    Mit der Rückforderungsentscheidung der Überwachungsbehörde wird der betreffende EFTA-Staat zur Rückforderung verpflichtet. Er muss innerhalb einer bestimmten Frist einen bestimmten Beihilfebetrag von einem oder mehreren Empfängern zurückfordern. Die Erfahrung zeigt, dass die Schnelligkeit, mit der eine Rückforderungsentscheidung vollzogen wird, von der Klarheit und der Vollständigkeit dieser Entscheidung beeinflusst wird. Die Überwachungsbehörde wird sich daher weiterhin darum bemühen sicherzustellen, dass die zurückzufordernden Beträge, die Rückzahlungsschuldner sowie die Frist für den Vollzug der Rückforderung in den Rückforderungsentscheidungen eindeutig angegeben sind.

    Bestimmung der Rückzahlungsschuldner

    31.

    Die rechtswidrige und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbare Beihilfe muss von den Unternehmen zurückgefordert werden, die den tatsächlichen Nutzen davon hatten (40). Die Überwachungsbehörde wird im Rahmen des Möglichen auch künftig in ihren Rückforderungsentscheidungen die Namen der Unternehmen angeben, von denen die Beihilfe zurückzufordern ist. Wenn sich im Verlauf der Durchführung einer solchen Entscheidung zeigt, dass die Beihilfe an andere Unternehmen weitergeleitet worden ist, muss der betreffende EFTA-Staat die Rückforderung gegebenenfalls auf weitere Firmen ausdehnen, damit alle Unternehmen, die den tatsächlichen Nutzen von der Beihilfe hatten, erfasst werden und somit sichergestellt wird, dass die Rückforderungspflicht nicht umgangen wird.

    32.

    Die Rechtsprechung des EuGH liefert einige Anhaltspunkte zu den Bedingungen, unter denen die Rückforderung auf andere Unternehmen als den ursprünglichen Empfänger der rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe ausgeweitet werden muss. Laut EuGH kann es zu einer Übertragung des unlauteren Vorteils kommen, wenn die Aktiva des ursprünglichen Beihilfeempfängers zu einem unter ihrem Marktwert liegenden Preis an einen Dritten verkauft werden. Dabei kann es sich zuweilen um ein Nachfolgeunternehmen handeln, das gegründet wurde, um die Pflicht zur Rückzahlung zu umgehen (41). In Einklang mit dieser Rechtsprechung muss die Überwachungsbehörde nachweisen, dass die Aktiva zu einem unter ihrem Marktwert liegenden Preis verkauft wurden (zumal wenn es sich bei dem Käufer um ein Nachfolgeunternehmen handelt, das gegründet wurde, um die Rückzahlungspflicht zu umgehen); in diesem Fall kann die Rückzahlungsanordnung auf diese dritte Partei ausgeweitet werden. Eine Umgehung liegt typischerweise dann vor, wenn es für die Übertragung von Aktiva keine anderen wirtschaftlichen Gründe gibt als den, die Rückzahlungsanordnung unwirksam zu machen (42).

    33.

    Im Hinblick auf die Übertragung von Anteilen eines Unternehmens, das eine rechtswidrige und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbare Beihilfe zurückzahlen muss („Share deals“), entschied der EuGH (43), dass der Verkauf von Anteilen an einem solchen Unternehmen an einen Dritten nicht die Verpflichtung des Empfängers berührt, die betreffende Beihilfe zurückzuerstatten (44). Hat der Käufer die Unternehmensanteile nachweislich zum Marktpreis erworben, so kann er nicht als Nutznießer eines etwaigen Vorteils infolge einer staatlichen Beihilfe angesehen werden (45).

    34.

    Betrifft eine Rückforderungsentscheidung eine Beihilferegelung, so ist die Überwachungsbehörde in der Regel nicht in der Lage, in der Entscheidung alle Unternehmen zu benennen, die rechtswidrige und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbare Beihilfen erhalten haben. Dies muss zu Beginn der Durchführung des Beschlusses von dem betroffenen EFTA-Staat geleistet werden, der die Lage jedes einzelnen betroffenen Unternehmens prüfen muss (46).

    Bestimmung des zurückzufordernden Betrags

    35.

    Das Ziel der Rückforderung ist erreicht, „wenn die fraglichen Beihilfen, gegebenenfalls zuzüglich Verzugszinsen, vom Empfänger zurückgezahlt wurden […] oder, mit anderen Worten, von den Unternehmen, die den tatsächlichen Nutzen davon hatten […]. Durch diese Rückzahlung verliert nämlich der Empfänger den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Konkurrenten besaß, und die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wird wiederhergestellt“ (47).

    36.

    Die Überwachungsbehörde wird in ihren Rückforderungsentscheidungen weiterhin die rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfemaßnahmen, die Gegenstand der Rückforderung sind, klar benennen. Sofern ihr die erforderlichen Daten vorliegen, wird sie sich auch bemühen, den Rückforderungsbetrag zu bestimmen. Allerdings ist die Überwachungsbehörde weder in der Lage noch rechtlich verpflichtet, den genauen Rückforderungsbetrag festzusetzen. Es genügt, dass der Beschluss der Überwachungsbehörde Angaben enthält, die es dem EFTA-Staat ermöglichen, ohne übermäßige Schwierigkeiten diesen Betrag selbst zu ermitteln (48).

    37.

    Im Falle einer rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilferegelung ist die Überwachungsbehörde nicht in der Lage, den von den einzelnen Empfängern jeweils zurückzufordernden Beihilfebetrag zu bestimmen. Dazu müsste der EFTA-Staat genau ermitteln, welche Einzelbeihilfen jeweils auf der Grundlage der betreffenden Regelung gewährt wurden. Die Überwachungsbehörde stellt daher in solchen Fällen in ihrer Rückforderungsentscheidung fest, dass die EFTA-Staaten alle Beihilfen zurückfordern müssen, außer wenn es sich um Beihilfen für bestimmte Vorhaben handelt, die zum Zeitpunkt der Bewilligung alle Voraussetzungen der einschlägigen Gruppenfreistellungsverordnungen bzw. einer von der Überwachungsbehörde genehmigten Beihilferegelung erfüllten.

    38.

    Gemäß Artikel 14 Absatz 2 in Teil II des Protokolls 3 umfasst die zurückzufordernde Beihilfe Zinsen, die nach einem von der Überwachungsbehörde festgelegten angemessenen Satz berechnet werden. Die Zinsen sind ab dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar (49). Im Beschluss Nr. 195/04/KOL ist festgelegt, dass der Zinssatz bis zur Rückzahlung der Beihilfe nach der Zinseszinsformel berechnet wird (50).

    Frist für die Umsetzung der Rückforderungsentscheidung

    39.

    Früher hatte die Kommission in ihren Rückforderungsentscheidungen einheitlich eine Frist von zwei Monaten festgesetzt, innerhalb deren der betreffende Mitgliedstaat der Kommission mitteilen musste, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um einer bestimmten Entscheidung nachzukommen. Der EuGH erkannte an, dass diese Frist als Frist für die Durchführung der Entscheidung anzusehen ist (51).

    40.

    Der EuGH entschied ferner, dass die Kontakte und Verhandlungen zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat im Rahmen der Durchführung der Kommissionsentscheidung den Mitgliedstaat nicht von seiner Verpflichtung entbinden, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Entscheidung fristgerecht durchzuführen (52).

    41.

    Die Überwachungsbehörde räumt ein, dass die Frist von zwei Monaten für die Durchführung der Entscheidungen in der Mehrzahl der Fälle zu kurz ist. Deswegen wird die Frist für die Durchführung der Rückforderungsentscheidungen auf vier Monate verlängert. Künftig setzt die Überwachungsbehörde in ihren Rückforderungsentscheidungen die folgenden zwei Fristen fest:

    eine erste Frist von zwei Monaten nach Inkrafttreten der Entscheidung, innerhalb deren der EFTA-Staat die Überwachungsbehörde über die beabsichtigten oder ergriffenen Maßnahmen informieren muss;

    eine zweite Frist von vier Monaten nach Inkrafttreten der Entscheidung, innerhalb deren die Entscheidung der Überwachungsbehörde durchgeführt werden muss.

    42.

    Ist es einem EFTA-Staat aufgrund ernster Schwierigkeiten nicht möglich, eine dieser Fristen einzuhalten, so muss er die Überwachungsbehörde davon in Kenntnis setzen und eine angemessene Begründung vorlegen. Die Überwachungsbehörde kann die Frist sodann im Einklang mit dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verlängern (53).

    3.2.   Rolle der EFTA-Staaten: Umsetzung der Rückforderungsentscheidungen

    3.2.1.   Zuständigkeit für die Umsetzung einer Rückforderungsentscheidung

    43.

    Der EFTA-Staat ist für die Umsetzung der Rückforderungsentscheidung zuständig. Gemäß Artikel 14 Absatz 1 in Teil II des Protokolls 3 muss der betreffende EFTA-Staat alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern.

    44.

    In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der EuGH mehrmals bestätigt hat, dass eine Kommissionsentscheidung, die an einen Mitgliedstaat gerichtet ist, für alle Organe dieses Staates einschließlich seiner Gerichte verbindlich ist (54). Dies bedeutet, dass alle Organe des EFTA-Staats, die an der Umsetzung einer Rückforderungsentscheidung beteiligt sind, alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen müssen, um den sofortigen und tatsächlichen Vollzug einer solchen Entscheidung sicherzustellen.

    45.

    Im EWR-Recht ist nicht geregelt, welches Organ eines EFTA-Staats konkret für die Umsetzung einer Rückforderungsentscheidung zuständig ist. Dies ist im Recht der einzelnen EFTA-Staaten festzulegen. Generell haben die EFTA-Staaten eine zentrale Behörde (z.B. ein Ministerium) mit der Überwachung des Rückforderungsverfahrens betraut, die in ständigem Kontakt mit der Überwachungsbehörde steht (55).

    3.2.2.   Erfüllung der Rückforderungspflicht

    46.

    Gemäß Artikel 14 Absatz 3 des Protokolls 3 sind die EFTA-Staaten verpflichtet, die Rückforderung unverzüglich einzuleiten. Wie unter Abschnitt 3.1 dargelegt, ist in der Rückforderungsentscheidung eine Frist festgelegt, innerhalb deren der betreffende EFTA-Staat im Einzelnen mitteilen muss, welche Maßnahmen er zur Durchführung der Entscheidung ergriffen hat bzw. zu ergreifen beabsichtigt. Insbesondere muss der EFTA-Staat umfassende Angaben zu folgenden Punkten machen: Namen der Empfänger der rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfen, betroffene Beihilfebeträge und Art des einzelstaatlichen Verfahrens zur Rückforderung. Zudem muss der EFTA-Staat nachweisen, dass er den Empfänger von dessen Pflicht zur Rückerstattung der Beihilfe offiziell in Kenntnis gesetzt hat.

    Bestimmung des Beihilfeempfängers und des zurückzufordernden Betrags

    47.

    Eine Rückforderungsentscheidung enthält nicht immer vollständige Angaben über die Identität der Beihilfeempfänger bzw. die zurückzufordernden Beträge. In einem solchen Fall muss der EFTA-Staat unverzüglich die von der Entscheidung betroffenen Unternehmen benennen und die genauen Beihilfebeträge bestimmen, die zurückzufordern sind.

    48.

    Im Falle einer rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilferegelung muss der EFTA-Staat jede im Rahmen der betreffenden Regelung gewährte Einzelbeihilfe eingehend prüfen. Damit der genaue Beihilfebetrag bestimmt werden kann, der von jedem einzelnen Beihilfeempfänger im Rahmen der Regelung zurückzufordern ist, muss der EFTA-Staat prüfen, in welchem Umfang die Beihilfe für ein Vorhaben gewährt wurde, das zum Zeitpunkt der Bewilligung alle Voraussetzungen der einschlägigen Gruppenfreistellungsverordnungen bzw. einer von der Überwachungsbehörde genehmigten Beihilferegelung erfüllte. In solchen Fällen kann der EFTA-Staat auch die materiellrechtlichen De-minimis-Kriterien anwenden, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe galten, welche Gegenstand der Rückforderungsentscheidung ist.

    49.

    Die einzelstaatlichen Behörden dürfen bei der Bestimmung des zurückzuzahlenden Betrags die Auswirkungen des Steuersystems berücksichtigen. Hat der Empfänger einer rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe Steuern auf den erhaltenen Beihilfebetrag entrichtet, so können die einzelstaatlichen Behörden im Einklang mit den entsprechenden einzelstaatlichen Steuervorschriften den entrichteten Steuern Rechnung tragen, indem sie nur den vom Beihilfeempfänger erhaltenen Nettobetrag zurückfordern (56). In solchen Fällen müssen die einzelstaatlichen Behörden nach Auffassung der Überwachungsbehörde sicherstellen, dass der Beihilfeempfänger darüber hinaus nicht in den Genuss einer steuerlichen Entlastung kommt, indem er geltend macht, dass sich sein steuerpflichtiges Einkommen durch die Rückzahlung verringert hat, denn dies würde bedeuten, dass der Nettobetrag der Rückforderung niedriger wäre als der ursprünglich erhaltene Nettobetrag.

    Anwendbares Rückforderungsverfahren

    50.

    Das EWR-Recht schreibt nicht vor, welches Verfahren der EFTA-Staat zur Durchführung einer Rückforderungsentscheidung anwenden sollte. Der EFTA-Staat darf jedoch nur solche Verfahren wählen und anwenden, die die sofortige und tatsächliche Durchführung der Entscheidung der Überwachungsbehörde sicherstellen. Dies bedeutet, dass die zuständigen Behörden aus der ganzen Palette von Rückforderungsverfahren, die ihr einzelstaatliches Recht vorsieht, das Verfahren auswählen sollten, das am ehesten die sofortige Durchführung der Entscheidung gewährleistet. Dabei sollten sie beschleunigte Verfahren anwenden, sofern dies nach einzelstaatlichem Recht zulässig ist. Gemäß den Grundsätzen der Gleichwertigkeit und der Effektivität dürfen diese Verfahren im Vergleich zu Verfahren für entsprechende innerstaatliche Angelegenheiten nicht weniger günstig sein und die Ausübung der durch die EWR-Rechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (57).

    51.

    Generell sollte es den EFTA-Staaten nicht möglich sein, der Durchführung einer Rückforderungsentscheidung Hindernisse entgegenzustellen (58). Daher müssen die Behörden der EFTA-Staaten von allen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften Abstand nehmen, die die sofortige Durchführung der Rückforderungsentscheidung behindern könnten (59).

    Zustellung und Vollstreckung von Rückzahlungsanordnungen

    52.

    Sobald der Beihilfeempfänger, der zurückzufordernde Betrag und das anwendbare Verfahren bestimmt sind, sind den Empfängern der rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe binnen der in der Entscheidung der Überwachungsbehörde gesetzten Frist unverzüglich Rückzahlungsanordnungen zuzustellen. Die für die Durchführung der Rückforderung zuständigen Behörden müssen sicherstellen, dass diese Rückzahlungsanordnungen vollstreckt werden und dass die Rückzahlung binnen der in der Entscheidung der Überwachungsbehörde gesetzten Frist abgeschlossen wird. Kommt ein Beihilfeempfänger der Rückzahlungsanordnung nicht nach, müssen sich die EFTA-Staaten um die sofortige Vollstreckung der Rückzahlungsansprüche nach nationalem Recht bemühen.

    3.2.3   Anfechtung vor nationalen Gerichten

    53.

    Die Durchführung von Rückforderungsentscheidungen kann vor nationalen Gerichten angefochten werden. Es lassen sich im Wesentlichen zwei Arten von Klagen im Zusammenhang mit Rückforderungen unterscheiden: Klagen, die die für die Rückforderung zuständigen Behörden einreichen, damit ein Beihilfeempfänger, der nicht zur Rückzahlung einer rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommen s unvereinbaren Beihilfe bereit ist, gerichtlich zur Rückzahlung gezwungen wird, 2. Klagen, mit denen Beihilfeempfänger die Rückzahlungsanordnung anfechten.

    54.

    Die Durchführung einer Rückforderungsentscheidung kann sich um viele Jahre verzögern, wenn die einzelstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Rückforderungsentscheidung vor Gericht angefochten werden Die Verzögerungen sind noch größer, wenn die Rückforderungsentscheidung selbst vor dem EFTA-Gerichtshof angefochten wird, besonders wenn einzelstaatliche Richter aufgefordert werden, die Durchführung nationaler Maßnahmen so lange auszusetzen, bis der EFTA-Gerichtshof über die Gültigkeit der Rückforderungsentscheidung befunden haben.

    55.

    In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der EuGH kann ein Beihilfeempfänger, der zweifellos eine Rückforderungsentscheidung gemäß Artikel 36 des Überwachungsbehörde- und Gerichtsabkommens vor einem EFTA-Gerichtshof hätte anfechten können, die Entscheidung nicht mehr unter Berufung auf ihre Rechtswidrigkeit in Verfahren vor einem einzelstaatlichen Gericht anfechten (60). Daraus ergibt sich, dass ein Beihilfeempfänger, der gemäß den Artikeln 40 und 41 des Überwachungsbehörde- und Gerichtsabkommens beim EFTA-Gerichtshof den Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte beantragen können, dies aber unterlassen hat, nicht unter Berufung auf die Rechtswidrigkeit der Entscheidung die Aussetzung der Maßnahmen beantragen kann, die die einzelstaatlichen Behörden zur Umsetzung dieser Entscheidung getroffen haben.

    56.

    Ist dagegen nicht offensichtlich, dass eine vom Beihilfeempfänger gegen die angefochtene Entscheidung erhobene Nichtigkeitsklage zulässig gewesen wäre, hat der Beihilfeempfänger Anspruch auf angemessenen rechtlichen Schutz. Sollte der Beihilfeempfänger die Durchführung der Rückforderungsentscheidung unter Berufung auf deren Rechtswidrigkeit vor einem einzelstaatlichen Gericht anfechten, so muss der einzelstaatliche Richter das Verfahren gemäß Artikel 34 des Überwachungsbehörde- und Gerichtsabkommens in Anspruch nehmen (61).

    57.

    Stellt der Beihilfeempfänger in einem solchen Fall unter Berufung auf die angebliche Rechtswidrigkeit der Rückforderungsentscheidung der Überwachungsbehörde auch einen Antrag auf einstweilige Anordnung im Hinblick auf die einzelstaatlichen Maßnahmen zur Durchführung dieser Entscheidung, so muss der einzelstaatliche Richter prüfen, ob der betreffende Fall die Voraussetzungen erfüllt, die der EuGH in den Rechtssachen Zuckerfabrik  (62) und Atlanta  (63) festgelegt hat. Folglich darf ein nationales Gericht einstweilige Anordnungen nur erlassen,

    (1)

    wenn es erhebliche Zweifel an der Gültigkeit der Handlung hat und diese Gültigkeitsfrage, sofern der EFTA-Gerichtshof mit ihr noch nicht befasst ist, nach dem oben unter Randnummer 56 Satz 2 erwähnten Verfahren klärt;

    (2)

    wenn die Entscheidung dringlich in dem Sinne ist, dass die einstweiligen Anordnungen erforderlich sind, um zu vermeiden, dass die sie beantragende Partei einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden erleidet;

    (3)

    wenn es das Interesse des EWR angemessen berücksichtigt; und

    (4)

    wenn es bei der Prüfung aller dieser Voraussetzungen die Entscheidungen des EFTA-Gerichtshofes über die Rechtmäßigkeit des Rechtsakts oder einen Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes betreffend gleichartige einstweilige Anordnungen auf EWR-Ebene beachtet (64).

    3.2.4.   Zahlungsunfähige Beihilfeempfänger

    58.

    Als Vorbemerkung ist es wichtig festzustellen, dass ein Beihilfeempfänger zahlungsfähig ist oder dass gegen ihn ein Insolvenzverfahren läuft, nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nichts an seiner Verpflichtung ändert, die rechtswidrige und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbare Beihilfe zurückzuzahlen (65).

    59.

    In der Mehrheit der Fälle, in denen der Beihilfeempfänger zahlungsunfähig ist, wird es nicht möglich sein, die rechtswidrige und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbare Beihilfe in voller Höhe (einschließlich Zinsen) zurückzuerhalten, da das Vermögen des Empfängers nicht ausreichen wird, um alle Forderungen der Gläubiger zu befriedigen. Daher kann die Lage vor Gewährung der Beihilfe nicht in der üblichen Weise in vollem Umfang wiederhergestellt werden. Da die Rückforderung letztlich auf die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrung abzielt, hat der EuGH entschieden, dass in solchen Fällen die Liquidation des begünstigten Unternehmens als annehmbare Option zur Rückzahlung angesehen werden kann (66). Daher kann nach Auffassung der Überwachungsbehörde davon ausgegangen werden, dass eine Entscheidung, mit der ein EFTA-Staat zur Rückforderung einer rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe von einem zahlungsunfähigen Empfänger aufgefordert wird, ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, wenn die Beihilfe in voller Höhe zurückgezahlt worden ist oder, im Falle der Rückzahlung eines Teilbetrags, wenn es zur Liquidation des Unternehmens gekommen ist und dessen Aktiva zu Marktbedingungen verkauft worden sind.

    60.

    Im Falle der Durchführung von Rückforderungsentscheidungen, die zahlungsunfähige Beihilfeempfänger betreffen, sind die Behörden der EFTA-Staaten gehalten sicherzustellen, dass im Rahmen der Insolvenzverfahren dem Interesse des EWR gebührend Rechnung getragen wird; dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit, die sofortige Beendigung der Wettbewerbsverzerrung zu gewährleisten, die durch die Gewährung der rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe verursacht wurde.

    61.

    Die bloße Anmeldung von Forderungen reicht jedoch nicht in allen Fällen aus, um die sofortige und tatsächliche Umsetzung der Rückforderungsentscheidungen der Überwachungsbehörde sicherzustellen. Durch die Anwendung bestimmter einzelstaatlicher Insolvenzvorschriften kann die Wirkung von Rückforderungsentscheidungen zunichtegemacht werden, indem dem betreffenden Unternehmen gestattet wird, trotz unterbliebener vollständiger Rückzahlung seine Betriebstätigkeit fortzuführen, so dass die Wettbewerbsverzerrung anhält. Die Überwachungsbehörde hält es für notwendig, die Verpflichtungen der EFTA-Staaten in den einzelnen Stadien eines Insolvenzverfahrens festzulegen.

    62.

    Der EFTA-Staat muss seine Forderungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens unverzüglich geltend machen (67). Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfolgt die Rückforderung nach den einzelstaatlichen Insolvenzvorschriften (68). Der geschuldete Betrag wird somit gemäß dem Status zurückgefordert, der ihm durch das einzelstaatliche Recht zuerkannt wird.

    63.

    In der Vergangenheit hat die Kommission Fälle behandelt, in denen sich der Insolvenzverwalter aufgrund der Form der gewährten rechtswidrigen und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe (z. B. Beihilfen in Form von Kapitalzuführungen) geweigert hat, den Rückforderungsanspruch im Rahmen von Insolvenzverfahren anzuerkennen. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn die für die Durchführung der Rückforderungsentscheidung zuständigen Behörden durch diese Weigerung jede Möglichkeit verlieren sicherzustellen, dass dem Gemeinschafts- und EWR-Interesse in Insolvenzverfahren gebührend Rechnung getragen wird. Daher sollte der EFTA-Staat nach Auffassung der Überwachungsbehörde gegen die Weigerung des Insolvenzverwalters vorgehen, seine Forderungen anzuerkennen (69).

    64.

    Damit die sofortige und tatsächliche Umsetzung der Rückforderungsentscheidung sichergestellt wird, haben die für die Durchführung der Rückforderungsentscheidungen zuständigen Behörden nach Auffassung der Überwachungsbehörde auch Widerspruch gegen jede Entscheidung des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts einzulegen, die die Fortführung der Betriebstätigkeit über die in der Rückforderungsentscheidung festgelegte Frist hinaus ermöglicht. Bei einem entsprechenden Antrag sollten auch die einzelstaatlichen Gerichte in vollem Umfang dem EWR-Interesse und insbesondere der Notwendigkeit Rechnung tragen sicherzustellen, dass die Entscheidung der Überwachungsbehörde sofort durchgeführt wird und dass die Wettbewerbsverzerrung infolge der rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe schnellstmöglich beseitigt wird. Daher sollten sie nach Auffassung der Überwachungsbehörde die Fortführung der Betriebstätigkeit eines zahlungsunfähigen Beihilfeempfängers ohne vollständige Rückzahlung nicht gestatten.

    65.

    Wird dem Gläubigerausschuss ein Geschäftsplan vorgeschlagen, der die Fortführung der Betriebstätigkeit des Beihilfeempfängers vorsieht, so dürfen die für die Durchführung der Rückforderungsentscheidung zuständigen Behörden diesem Plan nur zustimmen, wenn die Beihilfe innerhalb der in der Rückforderungsentscheidung der Überwachungsbehörde gesetzten Frist in voller Höhe zurückgezahlt wird. Der EFTA-Staat darf insbesondere weder auf einen Teil seines Rückforderungsanspruchs verzichten, noch eine andere Lösung akzeptieren, die nicht die sofortige Einstellung der Betriebstätigkeit des Beihilfeempfängers zur Folge hätte. Ohne die sofortige und vollständige Rückzahlung der rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe sind die für die Durchführung der Rückforderungsentscheidung zuständigen Behörden gehalten, die Annahme eines Fortführungsplans mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern und auf die Einstellung der Betriebstätigkeit des Empfängers innerhalb der in der Rückforderungsentscheidung gesetzten Frist zu drängen.

    66.

    Solange die Beihilfe nicht in voller Höhe zurückgezahlt worden ist, hat der EFTA-Staat im Falle einer Liquidation jede Übertragung von Aktiva abzulehnen, die nicht unter Marktbedingungen und/oder in einer solchen Art und Weise erfolgt, dass die Rückforderungsentscheidung umgangen wird. Damit es zu einer „ordnungsgemäßen Übertragung von Aktiva“ kommt, muss der EFTA-Staat sicherstellen, dass der durch die Beihilfe bewirkte unlautere Vorteil nicht auf den Erwerber der Aktiva übertragen wird. Dazu kann es kommen, wenn die Aktiva des ursprünglichen Beihilfeempfängers zu einem unter ihrem Marktwert liegenden Preis an einen Dritten verkauft oder auf ein Nachfolgeunternehmen übertragen werden, das gegründet wird, um die Rückzahlungsanordnung zu umgehen. In einem solchen Fall muss der Adressatenkreis der Rückzahlungsanordnung auf diesen Dritten ausgeweitet werden (70).

    4.   KONSEQUENZEN BEI NICHT-DURCHFÜHRUNG VON RÜCKFORDERUNGSENTSCHEIDUNGEN DER ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

    67.

    Es wird davon ausgegangen, dass ein EFTA-Staat einer Rückforderungsentscheidung nachgekommen ist, wenn die Beihilfe fristgerecht in voller Höhe zurückgezahlt worden ist bzw. - im Falle eines zahlungsunfähigen Beihilfeempfängers - wenn es zu einer Liquidation des Unternehmens unter Marktbedingungen gekommen ist.

    68.

    Die Überwachungsbehörde kann in begründeten Fällen eine vorläufige Umsetzung der Entscheidung akzeptieren, wenn diese vor den nationalen Gerichten oder dem EFTA-Gerichtshof angefochten wird (z. B. Einzahlung des vollen Betrags der rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe auf ein Sperrkonto (71). Der EFTA-Staat muss sicherstellen, dass das Unternehmen den mit der rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilfe verbundenen Vorteil nicht länger genießt (72). Der EFTA-Staat sollte der Überwachungsbehörde eine Begründung für solche vorläufigen Maßnahmen sowie eine umfassende Beschreibung dieser Maßnahmen zur Annahme vorlegen.

    69.

    Kommt der betreffende EFTA-Staat der Rückforderungsentscheidung nicht nach oder kann er die absolute Unmöglichkeit der Rückforderung nicht nachweisen, so kann die Überwachungsbehörde ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, kann sie den EFTA-Staat zudem gemäß dem Deggendorf-Grundsatz auffordern, die Zahlung neuer, mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbarer Beihilfen an den oder die betreffenden Beihilfeempfänger auszusetzen.

    4.1.   Bearbeitung von Verstößen

    —   Klagen nach Artikel 1 Absatz 2 in Teil I in Verbindung mit Artikel 23 Absatz 1 in Teil II des Protokolls 3

    70.

    Kommt ein EFTA-Staat einer Rückforderungsentscheidung nicht fristgerecht nach und kann er die absolute Unmöglichkeit der Rückforderung nicht nachweisen, so kann die Überwachungsbehörde bzw. jeder der betroffenen EFTA-Staaten gemäß Artikel 1 Absatz 2 in Teil I, gelesen im Zusammenhang mit Artikel 23 Absatz 1 in Teil II des Protokolls 3, den EFTA-Gerichtshof unmittelbar anrufen. Die Überwachungsbehörde kann sodann gleichermaßen Argumente im Hinblick auf das Verhalten der Exekutive, der Legislative oder aber der Judikative des betreffenden EFTA-Staates vorbringen, da der EFTA-Staat als Einheit betrachtet wird (73).

    71.

    Gemäß Artikel 33 des Überwachungs- und Gerichtsabkommens sollen die betreffenden EFTA-Staaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, die sich aus dem Urteil des EFTA-Gerichtshofs ergeben.

    —   Klagen nach Artikel 23 Absatz 2 in Teil II des Protokolls 3

    72.

    Ist die Überwachungsbehörde der Ansicht, dass der EFTA-Staat dem Urteil des EFTA-Gerichtshofs nicht nachgekommen ist, kann die Überwachungsbehörde gemäß Artikel 1 Absatz 2 in Teil II, gelesen im Zusammenhang mit Artikel 23 Absatz 2 in Teil II des Protokolls 3, den EFTA-Gerichtshof mit der Angelegenheit befassen.

    4.2.   Anwendung der Deggendorf-Rechtsprechung

    73.

    In der Rechtssache Deggendorf stellte das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Folgendes fest: „Die Kommission muss, wenn sie die Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt prüft, alle einschlägigen Umstände gegebenenfalls einschließlich des bereits in einer früheren Entscheidung beurteilten Zusammenhangs sowie die Verpflichtungen, die einem Mitgliedstaat durch diese vorhergehende Entscheidung auferlegt wurden, prüfen. Folglich durfte die Kommission bei ihrer Entscheidung zum einen die mögliche kumulierende Wirkung der [alten] Beihilfen […] und der neuen Beihilfen […] und zum anderen den Umstand berücksichtigen, dass die [alten] für rechtswidrig erklärten Beihilfen […] nicht zurückgezahlt worden waren“ (74). In Anwendung dieses Urteils darf die Überwachungsbehörde zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufen, einen EFTA-Staat verpflichten, die Zahlung einer neuen, mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbaren Beihilfe an ein Unternehmen, das eine rechtswidrige, mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbare Beihilfe erhalten hat, die Gegenstand einer früheren Rückforderungsentscheidung ist, so lange auszusetzen, bis sich der EFTA-Staat davon überzeugt hat, dass das betreffende Unternehmen die alte rechtswidrige und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbare Beihilfe zurückgezahlt hat.

    74.

    In der Praxis bedeutet dies, dass die Überwachungsbehörde im Verlauf der vorläufigen Prüfung einer neuen Beihilfemaßnahme den EFTA-Staat auffordert, sich dazu zu verpflichten, die Zahlung neuer Beihilfen an einen Empfänger auszusetzen, der eine rechtswidrige und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbare Beihilfe, die Gegenstand einer früheren Rückforderungsentscheidung ist, noch nicht zurückgezahlt hat. Geht der EFTA-Staat keine solche Verpflichtung ein oder kann die Überwachungsbehörde aufgrund des Fehlens klarer Angaben über die betreffenden Beihilfemaßnahmen (75) die Gesamtwirkung der alten und der neuen Beihilfe auf den Wettbewerb nicht prüfen, so kann die Überwachungsbehörde gemäß Artikel 7 Absatz 4 in Teil II des Protokolls 3 eine endgültige Entscheidung mit Auflagen erlassen, in der der betreffende EFTA-Staat verpflichtet wird, die Auszahlung der neuen Beihilfe so lange auszusetzen, bis er sicher ist, dass der Empfänger die alte, rechtswidrige und mit dem Funktionieren unvereinbare Beihilfe einschließlich der fälligen Zinsen zurückgezahlt hat.

    75.

    Der Deggendorf-Grundsatz wurde in der Zwischenzeit im Kapitel der Leitlinien der Überwachungsbehörde für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (76) und im Beschluss Nr. 195/04/KOL sowie in die Gruppenfreistellungsverordnung (77), die im EWR-Abkommen übernommen wurde, aufgenommen. Die Überwachungsbehörde beabsichtigt, diesen Grundsatz in alle künftigen Beihilfevorschriften und -entscheidungen aufzunehmen.

    5.   SCHLUSSFOLGERUNG

    76.

    Der freie, unverzerrte Wettbewerb zählt zu den Eckpfeilern des Europäischen Wirtschaftsraums. Das Beihilfenrecht ist als Bestandteil der EWR-Wettbewerbspolitik von entscheidender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass der Binnenmarkt in Europa in sämtlichen Wirtschaftssektoren gleiche Rahmenbedingungen für alle bietet. Bei der Erfüllung dieser zentralen Rolle sind Überwachungsbehörde und EFTA-Staaten gemeinsam dafür verantwortlich sicherzustellen, dass die Vorschriften über staatliche Beihilfen und insbesondere Rückforderungsentscheidungen ordnungsgemäß umgesetzt werden.

    77.

    Mit diesem Kapitel möchte die Überwachungsbehörde auf die von den Gerichten der Europäischen Gemeinschaften und des EFTA-Gerichtshofs herausgearbeiteten Grundsätze der Rückforderungspolitik aufmerksam machen und die Praxis der Überwachungsbehörde im Bereich der Rückforderung erläutern. Die Überwachungsbehörde verpflichtet sich zur Einhaltung dieser Grundsätze und fordert die EFTA-Staaten zur Rücksprache auf, wenn sie bei der Durchführung von Rückforderungsentscheidungen auf Probleme stoßen. Die Dienststellen der Überwachungsbehörde stehen den EFTA-Staaten bei Bedarf für ergänzende Auskünfte und Unterstützung zur Verfügung.

    78.

    Im Gegenzug erwartet die Überwachungsbehörde, dass auch die EFTA-Staaten die Grundsätze der Rückforderungspolitik einhalten. Nur durch die gemeinsamen Bemühungen von Überwachungsbehörde und EFTA-Staaten kann sichergestellt werden, dass die Beihilfevorschriften erfolgreich umgesetzt werden und, wie angestrebt, die Aufrechterhaltung eines unverzerrten Wettbewerbs im Binnenmarkt ermöglichen.


    (1)  Das vorliegende Kapitel entspricht der Bekanntmachung der Kommission mit dem Titel „Rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen: Gewährleistung der Umsetzung von Rückforderungsentscheidungen der Kommission in den Mitgliedstaaten“ (ABl. C 272 vom 15.11.2007, S. 4).

    (2)  Protokoll 3 des Überwachungs- und Gerichtsabkommens wurde geändert, um die Bestimmungen der Verordnung Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 (jetzt Artikel 88) des EG-Vertrags (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1) einzubeziehen.

    (3)  http://www.eftasurv.int/media/scoreboard/stateaidscoreboardeea_eftastatesautumn2008.pdf.

    (4)  Siehe Jahresbericht von 2006 der Überwachungsbehörde, S. 56.

    (5)  Studie über die Durchsetzung des Beihilferechts auf einzelstaatlicher Ebene („Study on the enforcement of State aid law at national level“), Competition studies 6, Luxemburg, Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften. Abrufbar unter: http://www.concurrences.com/IMG/pdf/Study_2006.pdf.

    (6)  Rechtssache C-70/72, Kommission/Deutschland, Slg. 1973, 813, Randnr. 13.

    (7)  Nach Artikel 6 des EWR-Abkommens werden unbeschadet der künftigen Entwicklungen der Rechtsprechung die Bestimmungen dieses Abkommens, soweit sie mit den entsprechenden Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl sowie der aufgrund dieser beiden Verträge erlassenen Rechtsakte in ihrem wesentlichen Gehalt identisch sind, bei ihrer Durchführung und Anwendung im Einklang mit den einschlägigen Entscheidungen ausgelegt, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des EWR-Abkommens erlassen hat. Was die einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofs angeht, die nach Unterzeichnung des EWR-Abkommens erlassen wurden, so folgt aus Artikel 3 Absatz 2 des Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommens, dass die EFTA-Überwachungsbehörde und der EFTA-Gerichtshof die in entsprechenden Entscheidungen dargelegten Grundsätze gebührend berücksichtigen werden.

    (8)  Siehe Fußnote 2.

    (9)  Beschluss Nr. 195/04/KOL vom 14. Juli 2004 über die Durchführungsbestimmungen des Artikels 27 in Teil II des Protokolls 3 zwischen den EFTA-Staaten über die Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofes, veröffentlicht im ABl. L 39 vom 25.5.2006, S. 37, in der geänderten Fassung. Der Beschluss Nr. 195/04/KOL entspricht der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1-134) in der geänderten Fassung.

    (10)  Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1990, I-307.

    (11)  Rechtssache C-415/03, Kommission/Griechenland („Olympic Airways“), Slg. 2005, I-3875, und Rechtssache C-232/05, Kommission/Frankreich („Scott“), Slg. 2006, I-10071.

    (12)  Rechtssache C-188/92, TWD Textilwerke Deggendorf GmbH/Deutschland, („Deggendorf“), Slg. 1994, I-833.

    (13)  Rs. C-75/97, Belgien/Kommission, Slg. 1999, S. I-3671, Rdnr. 65.

    (14)  Rechtssache C-183/91, Kommission/Griechenland, Slg. 1993, I-3131, Randnr. 16.

    (15)  Verbundene Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Spanien/Kommission, Slg. 1994, I-4103, Randnr. 75.

    (16)  Rechtssache C-348/93, Kommission/Italien, Slg. 1995, I-673, Randnr. 27.

    (17)  Rechtssache T-459/93, Siemens/Kommission, Slg. 1995, II-1675, Randnrn. 97-101.

    (18)  Rechtssache C-415/03, Kommission/Griechenland, siehe Fußnote 11.

    (19)  Rechtssache C-232/05, Kommission/Frankreich, siehe Fußnote 11.

    (20)  Zum Grundsatz des Vertrauensschutzes siehe Rechtssache C-24/95, Alcan, Slg. 1997, I-1591, Randnr. 25, Rechtssache C-5/89, BUG-Alutechnik, Slg. 1990, I-3437, Randnrn. 13 und 14 sowie verbundene Rechtssachen E-5/04, E-6/04 und E-7/04, Fesil und Finnfjord u. a gegen EFTA-Überwachungsbehörde, Sl. 2005, Bericht des EFTA-Gerichtshofs, S. 121, Randnr. 171. Dass beim Beihilfeempfänger ein berechtigtes Vertrauen begründet worden war, erkannte der EuGH beispielsweise in der Rechtssache C-223/85, RSV, Slg. 1987, 4617, an.

    (21)  Zum Grundsatz der Rechtssicherheit siehe Rechtssache T-115/94, Opel Austria GmbH gegen Rat, Slg. 1997, II-39, und Rechtssache C-372/97, Italien/Kommission, Slg. 2004, I-3679, Randnrn. 116 – 118, verbundene Rechtssachen C-74/00 P und C-75/00 P Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, Slg. 2002, I-7869, Randnr. 140 und verbundene Rechtssachen E-5/04, E-6/04 und E-7/04, Fesil und Finnfjord a.o./EFTA-Überwachungsbehörde, zitiert in Fußnote 20, Randnr. 172. Siehe auch Rechtssache T-308/00, Saltzgitter/Kommission, Slg. 2004, II-1933, Randnr. 166.

    (22)  Zur Interpretation der Formulierung „jede Maßnahme, die die Kommission […] ergreift“ siehe Rechtssache T-369/00, Département du Loiret/Kommission, Slg. 2003, II-1789.

    (23)  Rechtssache 94/87, Kommission/Deutschland, Slg. 1989, 175.

    (24)  Rechtssache C-404/00, Kommission/Spanien, Slg. 2003, I-6695.

    (25)  Rechtssache C-280/95, Kommission/Italien, Sammlung der Rechtsprechung 1998, I-259.

    (26)  Rechtssache C-24/95, Alcan, zitiert in Fußnote 20, Randnrn. 34 bis 37.

    (27)  Rechtssache C-303/88, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-1433.

    (28)  Rechtssache C-52/84, Kommission/Belgien, Slg. 1986, 89, Randnr. 9.

    (29)  Rechtssache C-52/84, Kommission/Belgien, siehe Fußnote 28, Randnr. 14.

    (30)  Rechtssache C-499/99, Kommission/Spanien, Slg. 2002, I-6031.

    (31)  Rechtssache C-280/95, Kommission/Italien, siehe in Fußnote 25.

    (32)  Rechtssache C-6/97, Italien/Kommission, Slg. 1999, I-2981, Randnr. 34.

    (33)  Rechtssache C-415/03, Kommission/Griechenland, siehe Fußnote 11.

    (34)  Rechtssache C-232/05, Kommission/Frankreich, siehe Fußnote 11.

    (35)  Artikel 80 Absatz 2 der Verfahrensordnung des EFTA-Gerichtshofs.

    (36)  Rechtssache C-404/00, Kommission/Spanien, siehe Fußnote 24.

    (37)  Rechtssache C-94/87, Kommission/Deutschland, siehe Fußnote 23, Randnr. 9, und Rechtssache C-348/93, Kommission/Italien, siehe Fußnote 16, Randnr. 17.

    (38)  Mögliche Umsetzungsvorschläge siehe Rechtssache C-209/00, Kommission/Deutschland, Slg. 2002, I-11695.

    (39)  Rechtssache 94/87, Kommission/Deutschland, siehe Fußnote 23, Randnr. 10.

    (40)  Rechtssache C-303/88, Italien/Kommission, siehe Fußnote 27, Randnr. 57, und Rechtssache C-277/00, Deutschland/Kommission („SMI“), Slg. 2004, I-3925, Randnr. 75.

    (41)  Rechtssache C-277/00, Deutschland/Kommission, siehe Fußnote 40.

    (42)  Rechtssache C-328/99 und C-399/00, Italien und SIM 2 Multimedia Spa/Kommission. Slg. 2003, I–4035 Um Umgehung ging es beispielsweise auch in der Rechtssache C-415/03, Kommission/Griechenland, siehe Fußnote 11.

    (43)  Rechtssache C-328/99 und C-399/00, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, siehe Fußnote 42, Randnr. 83.

    (44)  Wird ein Unternehmen, das eine von der Überwachungsbehörde für mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbar erklärte Beihilfe erhalten hat, privatisiert, so kann der EFTA-Staat eine Haftungsklausel in den Privatisierungsvertrag aufnehmen, um den Käufer des Unternehmens davor zu schützen, dass der ursprüngliche Beschluss der Überwachungsbehörde zur Genehmigung der Beihilfe vom EFTA-Gerichtshof aufgehoben und durch einen Beschluss der Überwachungsbehörde ersetzt wird, in der die Rückforderung dieser Beihilfe vom Begünstigten angeordnet wird. In einer solchen Klausel könnte eine Anpassung des vom Käufer für das privatisierte Unternehmen gezahlten Preises vorgesehen werden, damit der neuen Haftungslage im Hinblick auf Rückforderungen angemessen Rechnung getragen wird.

    (45)  Rechtssache C-277/00, Deutschland/Kommission, siehe Fußnote 40, Randnr. 80.

    (46)  Rechtssache C-310/99, Italien/Kommission, Slg. 2002, I-2289, Randnr. 91.

    (47)  Rechtssache C-277/00, Deutschland/Kommission, siehe Fußnote 40, Randnrn. 74-76.

    (48)  [45] Rechtssache C-480/98, Spanien/Kommission, Slg. 2000, I-8717, Randnr. 25, und verbundene Rechtssachen C-67/85, C-68/85 und C-70/85, Kwekerij van der Kooy BV und andere/Kommission, Slg. 1988, 219.

    (49)  Siehe in diesem Zusammenhang die Ausnahme in Rechtssache C-480/98, Spanien/Kommission, siehe Fußnote 48, Randnrn. 36 ff.

    (50)  Weitere Orientierungshilfen zur Berechnung der Zinsen sind Beschluss Nr. 195/04/KOL zu entnehmen.

    (51)  Siehe Rechtssache C-207/05, Kommission/Italien, Slg. 2006 I-70, Randnrn. 31 bis 36, Rechtssache C-378/98, Kommission/Belgien, Slg. 2001 I-5107, Randnr. 28 und Rechtssache C-232/05, Kommission/Frankreich, siehe Fußnote 11.

    (52)  Rechtssache C-5/86, Kommission/Belgien, Slg. 1987, S. 1773.

    (53)  Rechtssache C-207/05, Kommission/Italien, siehe in Fußnote 51.

    (54)  Rechtssache 249/85, Albako Margarinefabrik Maria von der Linde GmbH & Co. KG/Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung, Slg. 1987, S. 2345.

    (55)  Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass „in allen untersuchten Ländern die Rückforderung Sache der Behörde ist, die die Beihilfe gewährt hat“. Sie weisen ferner darauf hin, dass einige Länder eine gesamtstaatliche Behörde damit beauftragt haben, die Rückforderungen zu überwachen; die Benennung einer solchen zentralen Instanz trägt offensichtlich zu einer effizienteren Umsetzung der Rückforderungsentscheidungen bei.

    (56)  Rechtssache T-459/93, Siemens/Kommission, zitiert in Fußnote 17, Randnr. 83. Siehe auch Rechtssache C-148/04, Unicredito Spa/Agenzia delle Entrate, Ufficio Genova I, Slg. 2005, I-11137, Randnrn. 117 bis 120.

    (57)  Rechtssache C-13/01, Safalero, Slg. 2003, I-8679, Randnrn. 49-50.

    (58)  Rechtssache C-48/71, Kommission/Italien, Slg. 1972, S. 529.

    (59)  Rechtssache C-232/05, Kommission/Frankreich, siehe Fußnote 11.

    (60)  Rechtssache C-188/92, TWD Textilwerke Deggendorf GmbH/Deutschland, siehe Fußnote 12.

    (61)  Rechtssache C-346/03 Atzeni u.a, Slg. 2006, I-1875, Rdnr. 30-34.

    (62)  Verbundene Rechtssachen C-143/88 und C-92/89, Zuckerfabrik Süderdithmarschen A.G. u.a., Slg. 1991, I-415, Rdnrn. 23 ff.

    (63)  Rechtssache C-465/93, Atlanta Fruchthandelsgesellschaft mbH u.a., Slg. 1991, I-3761, Rdnr. 51.

    (64)  Rechtssache C-465/93, Atlanta Fruchthandelsgesellschaft mbH u.a., siehe Fußnote 63, Randnr. 51.

    (65)  Rechtssache C-42/93, Spanien/Kommission („Merco“), Slg. 1994, I-4175.

    (66)  Rechtssache C-52/84, Kommission/Belgien, siehe in Fußnote 28.

    (67)  Rechtssache C-142/87, Kommission/Belgien, Slg. 1990, I-959, Randnr. 62;

    (68)  Rechtssache C-142/87, Kommission/Belgien, siehe Fußnote 67, und Rechtssache C-499/99, Kommission/Spanien, siehe Fußnote 30, Randnrn. 28-44.

    (69)  Siehe diesbezüglich das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Amberg vom 23. Juli 2001 über die Beihilfe, die Deutschland der „Neuen Maxhütte Stahlwerke GmbH“ gewährt hat (Entscheidung der Kommission vom 18. Oktober 1995 (ABl. L 53 vom 2.3.1996, S. 41)). In diesem Fall hob das deutsche Gericht den Beschluss des Insolvenzverwalters auf, eine Rückzahlungsforderung für eine rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe in Form einer Kapitalzuführung nicht anzuerkennen, da letzteres die Durchführung der Rückforderungsentscheidung unmöglich gemacht hätte.

    (70)  Rechtssache C-277/00, Deutschland/Kommission, siehe Fußnote 40.

    (71)  Die Einzahlung des Gesamtbetrags der Beihilfe einschließlich der Zinsen auf ein Sperrkonto kann auf der Grundlage eines Vertrags zwischen der Bank und dem Beihilfeempfänger erfolgen, in dem vereinbart wird, dass der Betrag nach Beilegung des Rechtsstreits an die eine oder die andere betroffene Partei ausgezahlt wird.

    (72)  Anders als die Verwendung eines Sperrkontos kann eine Bankbürgschaft nicht als angemessene vorläufige Maßnahme angesehen werden, da der Beihilfeempfänger weiter über den Gesamtbetrag der Beihilfe verfügen kann.

    (73)  Rechtssache C-224/01, Köbler, Slg. 2003, I-10239, Randnrn. 31-33; Rechtssache C-173/03, Traghetti del Mediterraneo, Slg. 2003, I-5177, Randnrn. 30-33.

    (74)  Verbundene Rechtssachen T-244/93 und T-486/93, TWD Deggendorf/Kommission, Slg. 1995, II-2265, Randnr. 56.

    (75)  Dies ist beispielsweise bei rechtswidrigen und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbaren Beihilferegelungen der Fall, bei denen die Überwachungsbehörde die Beihilfebeträge und -empfänger nicht kennt.

    (76)  Das Kapitel über Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten wurde am 1. Dezember 2004 angenommen.

    (77)  Die Verordnung (EG) Nr. 1628/2006 der Kommission vom 24. Oktober 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf regionale Investitionsbeihilfen der Mitgliedstaaten (ABl. L 302 vom 1.11.2006, S. 29), auf die in Ziffer 1i des Anhangs XV des EWR-Abkommens Bezug genommen wird (ABl. L 89 vom 29. März 2007, S. 33, und EWR-Beilage Nr. 15 vom 29. März 2007, S. 26), trat am 9. Dezember 2006 in Kraft. Die Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) (ABl. L 214 vom 9.8.2008, S. 3), auf die in Ziffer 1J des Anhangs XV des EWR-Abkommens Bezug genommen wird, trat am 8. November 2008 in Kraft.


    ANHANG V

    STAATLICHE BEIHILFEN ZUGUNSTEN VON KINOFILMEN UND ANDEREN AUDIOVISUELLEN WERKEN

    1   EINLEITUNG

    1.

    Audiovisuelle Werke, insbesondere aber das Kino, spielen eine wichtige Rolle für die Identitätsentwicklung der europäischen Völker, sowohl im Hinblick auf ihre Gemeinsamkeiten als auch im Hinblick auf die kulturelle Vielfalt unserer Länder mit ihren unterschiedlichen Traditionen und ihrer jeweiligen Geschichte. Durch ihren großen Einfluss auf die Gesellschaft tragen audiovisuelle Werke wesentlich zum Erhalt einer lebendigen Demokratie in unseren Ländern bei. Sie stehen auch im Mittelpunkt des Wandlungsprozesses, der durch die Entstehung der Informationsgesellschaft ausgelöst wurde: neue technologische Entwicklungen bieten neue Möglichkeiten zur Förderung der Kultur und zur Erhaltung des kulturellen Erbes sowie zur Festigung des gegenseitigen Verständnisses der europäischen Völker.

    2.

    Die Besonderheit audiovisueller Werke beruht auf ihrer Doppelnatur: Zum einen sind sie Wirtschaftsgüter, die erheblich zur Schaffung von Wohlstand und Beschäftigung beitragen können. Sie sind aber auch Kulturgüter, die unsere Gesellschaft widerspiegeln und sie gleichzeitig mitgestalten. Aus diesem Grund wurde die Entwicklung dieses Sektors nie ausschließlich den Marktkräften überlassen.

    3.

    Von besonderer Bedeutung für die audiovisuelle Produktion sind Spielfilme, zum einen wegen der hohen Produktionskosten, zum anderen wegen ihrer kulturellen Dimension: Für die Produktion von Spielfilmen wird wesentlich mehr Geld ausgegeben als für andere audiovisuelle Inhalte, es handelt sich öfter um internationale Koproduktionen, und sie können länger verwertet werden, denn sie eignen sich für alle Vertriebskanäle, also für Kino, DVD und Videokassette (Verkauf und Verleih), für das Herunterladen aus dem Internet, sowie für das Fernsehen (Pay-per-View, Pay-per-Channel, freier Empfang). Auf dem Kinofilmmarkt ist die nichteuropäische Konkurrenz ausgesprochen stark (1).

    4.

    Die Grundsätze für die Genehmigung staatlicher Beihilfen für den Kinosektor und Fernsehproduktionen werden in diesen Leitlinien dargestellt. Sie beruhen auf Kapitel 2 der Mitteilung der Europäischen Kommission zu bestimmten Rechtsfragen im Zusammenhang mit Kinofilmen und anderen audiovisuellen Werken (2). In Kapitel 2 wird die allgemeine Haltung der Kommission zu Beihilfen für die Filmwirtschaft dargelegt.

    2   ALLGEMEINE ORIENTIERUNGSLINIEN IN BEZUG AUF STAATLICHE BEIHILFEN FÜR DIE FILMWIRTSCHAFT

    5.

    Kino und Fernsehen gehören zu den universellen Unterhaltungsmedien, die weltweit das Leben vieler Menschen nachhaltig beeinflussen. Beim derzeitigen Stand der Entwicklung und wegen der Besonderheiten der audiovisuellen Produktion im Europäischen Wirtschaftsraum ist es für die Produzenten schwierig, sich im Vorhinein aus kommerziellen Quellen die für den Start der Filmarbeiten erforderlichen finanziellen Mittel zu beschaffen. Deshalb fördern die EWR-Staaten die audiovisuelle Produktion im eigenen Land, um einheimischen Kulturschaffenden und künstlerischen Talenten einen Freiraum zu schaffen, in dem sie sich entfalten können. Damit fördern sie auch die Vielfalt und den Reichtum der europäischen Kultur.

    6.

    Innerhalb der Gemeinschaftssäule wurde mit dem Vertrag von Maastricht und der ausdrücklichen Aufnahme der Kultur als Politikbereich der Gemeinschaft in den EG-Vertrag (Artikel 151 EG-Vertrag) die Förderung der Kultur erstmals als wichtiges Ziel der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten anerkannt. Gleichzeitig wurde mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag eine neue besondere Möglichkeit geschaffen, staatliche Beihilfen der Mitgliedstaaten zur Förderung der Kultur von dem in Artikel 87 Absatz 1 verankerten allgemeinen Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt auszunehmen.

    7.

    Auch im EWR-Abkommen wird die Notwendigkeit einer stärkeren kulturellen Zusammenarbeit anerkannt (Artikel 13 des Protokolls 31), allerdings enthält das Abkommen keine Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EGV vergleichbare „Kulturausnahme“. Dennoch können Maßnahmen zur Förderung der Film- und Fernsehproduktion nach Meinung der Überwachungsbehörde ihrer ständigen Fallpraxis entsprechend (3) gemäß Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens genehmigt werden. Bei ihrer Würdigung wird die Behörde die gleichen Kriterien anwenden wie die EU-Kommission bei der Anwendung von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EGV.

    8.

    Die EWR-Staaten unterstützen die audiovisuelle Produktion von Filmen und Fernsehprogrammen mit einem breiten Spektrum von Maßnahmen. Unterstützt wird vor allem die Phase von der Entwicklung der Filmidee bis zur Produktion, und zwar meist mit Zuschüssen oder rückzahlbaren Vorschüssen. Dies geschieht sowohl aus kulturellen als auch aus wirtschaftlichen Gründen. In erster Linie sollen diese Subventionen gewährleisten, dass sich die nationale und regionale Kultur und das im Lande vorhandene kreative Potenzial in den audiovisuellen Medien Film und Fernsehen entfalten können. Andererseits soll die Branche so stimuliert werden, dass eine anschließende Entwicklung und Konsolidierung überhaupt erst möglich wird; Voraussetzung hierfür aber ist, dass Produktionsunternehmen auf eine solide Grundlage gestellt werden und ein Reservoir von Fachleuten mit den erforderlichen Fähigkeiten und Erfahrungen geschaffen wird.

    9.

    In den vorliegenden Leitlinien gehen wir nicht auf die Frage der Anwendbarkeit der Artikel 53 und 54 des EWR-Abkommens (wettbewerbswidrige Praktiken von Unternehmen) ein (4).

    2.1   Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen für Kino- und Fernsehproduktionen mit dem EWR-Abkommen

    10.

    Die Zulässigkeit staatlicher Beihilfen ist im Wesentlichen in folgenden Bestimmungen des EWR-Abkommens geregelt: Nach Artikel 1 Absatz 3 in Teil I des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen müssen die EFTA-Staaten (5) die Überwachungsbehörde von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen unterrichten, bevor sie diese durchführen. Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens verbietet staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen, die den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und den Handel zwischen den EWR-Staaten beeinträchtigen. Die Überwachungsbehörde kann jedoch bestimmte staatliche Beihilfen von diesem Verbot ausnehmen. Insbesondere in Artikel 61 Absatz 3 des EWR-Abkommens sind bestimmte Beihilfearten aufgeführt, die die Überwachungsbehörde in Anbetracht ihrer Wirkungen genehmigen kann. So können nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige zulässig sein, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen im EWR nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. In ihrer Fallpraxis hat die Überwachungsbehörde Beihilfen für die Fernseh- und Filmproduktion auf der Grundlage dieser Bestimmung zur Förderung der Kultur unter Berücksichtigung der von der EU-Kommission entwickelten Kriterien genehmigt.

    2.2   Beurteilung von Beihilferegelungen zur Förderung von Kino- und Fernsehproduktionen

    11.

    Bei der Beurteilung von Regelungen zur Förderung von Kino- und Fernsehproduktionen muss die Überwachungsbehörde überprüfen,

    ob erstens die Beihilferegelung dem Grundsatz der „allgemeinen Rechtmäßigkeit“ entspricht, d. h. die Überwachungsbehörde muss überprüfen, dass sie keine Klauseln enthält, die gegen andere Bestimmungen des EWR-Abkommens als diejenigen über staatliche Beihilfen verstoßen;

    ob zweitens die Regelung den von der Europäischen Kommission in ihrer Entscheidung, und wie nachstehend erläutert, entwickelten speziellen Kriterien für die Zulässigkeit derartiger Beihilfen entspricht (6).

    Das zweite Kriterium bezieht sich speziell auf Beihilferegelungen zur Förderung von Kino- und Fernsehproduktionen, während das andere routinemäßig bei allen Beihilfen unabhängig von der betroffenen Branche geprüft wird.

    a)   Allgemeine Rechtmäßigkeit

    12.

    Die Überwachungsbehörde hat zu prüfen, ob die Bedingungen für die Gewährung der staatlichen Beihilfe nicht gegen die allgemeinen Bestimmungen des EWR-Abkommens verstoßen. So muss u. a. feststehen, dass die Grundsätze des EWR-Abkommens gewahrt sind, also kein Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und kein Eingriff in die Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit oder den freien Warenverkehr vorliegt (Artikel 4, 11, 13, 28, 31, 34 und 36 des EWR-Abkommens). Kann die Regelung ohne die gegen diese Grundsätze verstoßenden Vorschriften ihren Zweck nicht erfüllen, so sorgt die Überwachungsbehörde durch gleichzeitige Anwendung der Wettbewerbsregeln für die Wahrung dieser Grundsätze.

    13.

    Demnach dürfen Beihilferegelungen beispielsweise nicht so ausgestaltet sein, dass die Beihilfe ausschließlich Inländern gewährt wird, dass der Empfänger ein nach nationalem Handelsrecht im Inland niedergelassenes Unternehmen sein muss (Unternehmen, die in einem EWR-Staat niedergelassen sind und in einem anderen EWR-Staat eine Betriebsstätte oder Zweigniederlassung unterhalten, müssen die Beihilfe ebenfalls erhalten können; ferner darf die Erfüllung dieser Bedingung erst verlangt werden, wenn die Beihilfe ausgezahlt wird), sowie dass von ausländischer Unternehmen, die im Rahmen der Herstellung von Filmen Dienstleistungen erbringen, verlangt wird, dass sie ihre Arbeitnehmer nach nationalem Arbeitsrecht beschäftigen.

    14.

    Gewisse Beihilferegelungen zugunsten des Films und der Fernsehproduktion werden durch parafiskalische Abgaben finanziert. Wenn derartige Regelungen ausschließlich nationale Produzenten begünstigen oder diese in einem höheren Masse als Wettbewerber in anderen EWR-Staaten begünstigen, sind sie nach der Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nur dann mit dem Vertrag vereinbar, wenn importierte Produkte nicht belastet werden und nationale Produkte nicht geringer belastet werden, wenn diese exportiert werden.

    b)   Spezifische Kriterien für die Zulässigkeit staatlicher Beihilfen für Kino- und Fernsehproduktionen

    15.

    Die spezifischen Kriterien, auf die sich die Europäische Kommission zur Zeit bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit staatlicher Beihilfen für Kino- und Fernsehproduktionen nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d des EG-Vertrags stützt, wurden in der Entscheidung vom Juni 1998 entwickelt, die die französische Regelung über die automatische Gewährung von Beihilfen für die Filmproduktion betraf. Nachstehend sind die Kriterien aufgeführt, die die Behörde in ähnlichen Fällen bei der Anwendung von Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens heranzuziehen gedenkt:

    (1)

    Die Beihilfe muss einem kulturellen Produkt zugute kommen. Jeder EFTA-Staat muss sicherstellen, dass Beihilfen nur für Produktionen gewährt werden, die nach überprüfbaren nationalen Kriterien einen kulturellen Inhalt haben.

    (2)

    Der Produzent muss mindestens 20 % des Filmbudgets in anderen EWR-Staaten ausgeben dürfen, ohne dass ihm die gewährte Beihilfe gekürzt wird. Mit anderen Worten, die Überwachungsbehörde akzeptiert im Rahmen der Förderbedingungen eine Territorialisierung der Ausgaben in Höhe von bis zu 80 % des Produktionsbudgets eines geförderten Film- oder Fernsehwerks.

    (3)

    Die Höhe der Beihilfe sollte grundsätzlich auf 50 % des Produktionsbudgets beschränkt sein, damit für normale marktwirtschaftliche Geschäftsinitiativen weiterhin Anreize bestehen und ein Förderwettlauf zwischen den EWR-Staaten vermieden wird. Für schwierige oder mit knappen Mitteln erstellte Produktionen gilt diese Obergrenze nicht. Nach Auffassung der Überwachungsbehörde hat jeder EFTA-Staat das Recht, selbst zu definieren, welche Filme nach nationalen Parametern schwierige oder mit knappen Mitteln erstellte Produktionen sind.

    (4)

    Zusätzliche Beihilfen für besondere Filmarbeiten (z. B. Postproduktion) werden nicht genehmigt, damit die Neutralität der Anreizwirkung gewahrt bleibt und der EFTA-Staat, der die Beihilfe gewährt, nicht gerade die betreffenden Unternehmen besonders schützen oder ins Land locken kann.

    Zu diesen Kriterien ist noch Folgendes anzumerken:

    16.

    Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass Beihilfen in das Gesamtbudget eines konkreten Filmprojekts fließen sollten und dass es dem Produzent freigestellt sein sollte, welche Gelder seines Budgets er in anderen EWR-Staaten ausgeben will. Unternehmen, die Filme und Fernsehprogramme produzieren, können auch andere Beihilfen aufgrund nationaler horizontaler, von der Überwachungsbehörde gemäß Artikel 61 Absatz 3 Buchstaben a und c des EWR-Abkommens genehmigter Regelungen gewährt werden (z. B. regionale Beihilfen, Beihilfen für KMU, Ausbildungsbeihilfen, Beschäftigungsbeihilfen).

    17.

    Die Überwachungsbehörde akzeptiert es, wenn EFTA-Staaten verlangt haben, dass ein bestimmter Teil des Budgets für die Produktion des Films im Inland ausgegeben wird, und die Gewährung der Beihilfe an dieses Kriterium knüpfen. Dies lässt sich damit begründen, dass eine Territorialisierung der Ausgaben bis zu einem gewissen Grad erforderlich sein kann, um diejenigen Kulturschaffenden im Land zu halten, die über die nötigen Fähigkeiten und Fachkenntnisse verfügen. Allerdings sollte dies nur geschehen, soweit es zur Förderung der angestrebten kulturellen Ziele unerlässlich ist.

    18.

    Außerdem geht die Überwachungsbehörde angesichts der Besonderheiten der Filmproduktion davon aus, dass das Gesamtbudget einer audiovisuellen Produktion das für ihre Schaffung erforderliche Risikokapital darstellt, und geht dementsprechend davon aus, dass bei der Berechnung der Beihilfe dieses Gesamtbudget zugrunde gelegt wird, ohne Berücksichtigung dessen, aus welchen Einzelpositionen sich dieses Budget zusammensetzt. Die gezielte Vergabe von Beihilfen zugunsten bestimmter einzelner Positionen eines Filmbudgets könnte bewirken, dass derartige Beihilfen zu einer nationalen Bevorzugung in denjenigen Bereichen, die die spezifisch unterstützten Positionen anbieten, führen würden, was wiederum unvereinbar sein könnte.

    19.

    Mittel, die unmittelbar aus EG-Programmen wie MEDIA 2007 gewährt werden, sind bei der Berechnung des Höchstbetrags der Beihilfe (50 %) nicht zu berücksichtigen. Mit diesen Programmen wird der Vertrieb nationaler Filme im Ausland gefördert, so dass damit nicht die Wirkung nationaler Beihilferegelungen verstärkt wird, die auf die Förderung von Produktion und Vertrieb im Inland abzielen.

    20.

    Werden Fernsehveranstalter von den EFTA-Staaten gesetzlich zu Investitionen in die audiovisuelle Produktion verpflichtet, so stellt dies dann keine staatliche Beihilfe dar, wenn sich diese Investitionen für die Fernsehveranstalter wieder auszahlen. Inwiefern solche gesetzlichen Verpflichtungen als staatliche Beihilfe gewertet werden können, hängt von der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofes nach seinem Urteil vom 13.3.2001 in der Rechtssache C-379/98 (PreussenElektra) ab.

    21.

    Nach Ansicht der Überwachungsbehörde schaffen die vorgenannten Kriterien ein Gleichgewicht zwischen den Zielen des kulturellen Schaffens, der Entwicklung der audiovisuellen Produktion des EWR und der Beachtung der EWR-Regeln über staatliche Beihilfen.


    (1)  Europäische Audiovisuelle Informationsstelle: Amerikanische Spielfilme hatten im Jahr 2006 einen Anteil von 62,7 % am europäischen Markt.

    (2)  Mitteilung der Europäischen Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu bestimmten Rechtsfragen im Zusammenhang mit Kinofilmen und anderen audiovisuellen Werken (KOM(2001) 534 endg. vom 26.9.2001, ABl. C 43 vom 16.2.2002, S. 6) (nachstehend als „die Mitteilung“ bezeichnet). Der beihilferechtliche Teil der Mitteilung wurde 2004 verlängert (KOM(2004) 171 endgültig, ABl. C 123 vom 30.4.2004, S. 1) und 2007, ABl. C 134 vom 16.6.2007, S. 5. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die Mitteilung weiter zu verlängern, bis neue Leitlinien in Kraft treten, oder bis 31. Dezember 2012.

    (3)  Beschluss Nr. 32/02/KOL vom 20. Februar 2002, Nr. 169/02/KOL vom 18. September 2002, Nr. 186/03 vom 29. Oktober 2003, Nr. 179/05 vom 15. Juli 2005 und Beschluss Nr. 342/06/KOL vom 14. November 2006.

    (4)  Unvereinbar mit dem EWR-Abkommen könnten z. B. Praktiken wie „Blockbooking“ oder Bündelung von Rechten sein.

    (5)  „EFTA-Staaten“: die Republik Island, das Fürstentum Liechtenstein und das Königreich Norwegen.

    (6)  Die einschlägigen Vereinbarkeitskriterien wurden erstmalig in der Entscheidung der Kommission von 1998 über die französische Regelung über die automatische Gewährung von Beihilfen für die Filmproduktion (Sache N3/98) entwickelt.


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