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Document E2005C0328

Beschluss der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 328/05/KOL vom 20. Dezember 2005 über die fünfunddreißigste Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Einfügung eines neuen Kapitels (Kapitel 18C): Beihilfen als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen

ABl. L 109 vom 26.4.2007, p. 44–50 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 30/06/2014

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2005/328/oj

26.4.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 109/44


BESCHLUSS DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

Nr. 328/05/KOL

vom 20. Dezember 2005

über die fünfunddreißigste Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Einfügung eines neuen Kapitels (Kapitel 18C): Beihilfen als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen

DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE —

GESTÜTZT auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (1), insbesondere auf die Artikel 61 bis 63 und das Protokoll 26 zu diesem Abkommen,

GESTÜTZT auf das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (2), insbesondere auf Artikel 24, Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b, Artikel 1 in Teil I des Protokolls 3 und Artikel 18 und 19 in Teil II des Protokolls 3 zu diesem Abkommen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Nach Artikel 24 des Überwachungs- und Gerichtshofabkommens setzt die EFTA-Überwachungsbehörde die Vorschriften des EWR-Abkommens über staatliche Beihilfen durch.

Nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b des Überwachungs- und Gerichtshofabkommens gibt die EFTA-Überwachungsbehörde Mitteilungen und Leitlinien zu den im EWR-Abkommen behandelten Fragen heraus, soweit jenes Abkommen oder das Überwachungs- und Gerichtshofabkommen dies ausdrücklich vorsehen oder die EFTA-Überwachungsbehörde dies für notwendig erachtet.

Die EFTA-Überwachungsbehörde hat am 19. Januar 1994 verfahrens- und materiellrechtliche Vorschriften (3) auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen erlassen (4).

Die Europäische Kommission hat am 13. Juli 2005 eine Mitteilung über einen Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (5), angenommen.

Diese Mitteilung ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum.

Die EWR-Regeln für staatliche Beihilfen sind im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum einheitlich anzuwenden.

Gemäß Ziffer II unter der Überschrift „ALLGEMEINES“ am Ende des Anhangs XV zum EWR-Abkommen erlässt die EFTA-Überwachungsbehörde nach Konsultation mit der Europäischen Kommission Rechtsakte, die den von der Europäischen Kommission erlassenen Rechtsakten entsprechen, um einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.

Die Europäische Kommission wurde konsultiert.

Die EFTA-Überwachungsbehörde hat die EFTA-Staaten mit Schreiben vom „19. Oktober 2005“ konsultiert —

BESCHLIESST:

1.

Der Leitfaden für staatliche Beihilfen wird durch die Aufnahme eines neuen Kapitels, Kapitel 18C — Staatliche Beihilfen als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, geändert. Das neue Kapitel ist im Anhang I zu diesem Beschluss wiedergegeben. Es werden zweckdienliche Maßnahmen vorgeschlagen, die ebenfalls im Anhang I zu diesem Beschluss aufgeführt sind.

2.

Die EFTA-Staaten werden hiervon schriftlich und unter Beifügung einer Kopie dieses Beschlusses und seines Anhangs I in Kenntnis gesetzt. Die EFTA-Staaten werden ersucht, ihre Zustimmung zu den vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen binnen eines Monats ab Erhalt dieses Vorschlags zu erteilen.

3.

Die Europäische Kommission wird hiervon gemäß Buchstabe d des Protokolls 27 zum EWR-Abkommen durch Übersendung einer Kopie dieses Beschlusses einschließlich des Anhangs I in Kenntnis gesetzt.

4.

Dieser Beschluss wird mit Anhang I im EWR-Teil des Amtsblatts der Europäischen Union und in dessen EWR-Beilage veröffentlicht.

5.

Falls die EFTA-Staaten den vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen zustimmen, wird eine zusammenfassende Bekanntmachung im EWR-Teil des Amtsblatts der Europäischen Union und in der EWR-Beilage zu diesem Amtsblatt veröffentlicht (Anhang II dieses Beschlusses).

6.

Dieser Beschluss ist in der englischen Sprachfassung verbindlich.

Brüssel, den 20. Dezember 2005

Für die EFTA-Überwachungsbehörde

Einar M. BULL

Präsident

Kurt JÄGER

Mitglied des Kollegiums


(1)  Nachstehend als „EWR-Abkommen“ bezeichnet.

(2)  Nachstehend als „Überwachungs- und Gerichtshofabkommen“ bezeichnet.

(3)  Nachstehend „Leitfaden für staatliche Beihilfen“.

(4)  Erstmals veröffentlicht im ABl. L 231 vom 3.9.1994 und in dessen EWR-Beilage Nr. 32 vom gleichen Tag, zuletzt geändert durch den Beschluss Nr. 313/05/KOL vom 7.12.2005 (noch nicht veröffentlicht).

(5)  Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (ABl. C 297 vom 29.11.2005, S. 4).


ANHANG

„18C.   STAATLICHE BEIHILFEN ALS AUSGLEICH FÜR DIE ERBRINGUNG ÖFFENTLICHER DIENSTLEISTUNGEN (1)

18C.1.   Zweck und Anwendungsbereich

(1)

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (2) geht hervor, dass Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben und ist der Tatbestand des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag erfüllt, dann stellt der für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährte Ausgleich hingegen eine staatliche Beihilfe dar. Nach Ansicht der Überwachungsbehörde gilt diese Rechtsprechung auch in Bezug auf Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen.

(2)

Die Entscheidung 2005/842/EG der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten Unternehmen als Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährt werden (3), gibt Aufschluss darüber, unter welchen Voraussetzungen bestimmte Ausgleichszahlungen mit Artikel 86 Absatz 2 EG Vertrag vereinbare Beihilfen sind, und stellt Ausgleichszahlungen, die diese Voraussetzungen erfüllen, von der Pflicht zur Vorabnotifizierung frei. Diese Entscheidung wurde noch nicht in das EWR-Abkommen aufgenommen (4). Ausgleichszahlungen, die staatliche Beihilfen darstellen und nicht in den Anwendungsbereich der Entscheidung 2005/842/EG fallen, müssen hingegen auch nach dem Erlass der Entscheidung weiterhin vorab notifiziert werden. Die vorliegenden Leitlinien sollen klarstellen, unter welchen Voraussetzungen diese staatlichen Beihilfen gemäß Artikel 59 Absatz 2 EWR-Abkommen als mit dem EWR-Abkommen vereinbar gelten können.

(3)

Diese Leitlinien gelten für Ausgleichszahlungen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen, soweit diese den Bestimmungen des EWR-Abkommens unterliegen, außer im Verkehrssektor und im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne der Leitlinien der EFTA-Überwachungsbehörde für die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (5).

(4)

Die Bestimmungen dieser Leitlinien lassen bestehende strengere sektorspezifische EWR-Vorschriften in Bezug auf die Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen unberührt.

(5)

Die für das öffentliche Auftragswesen und den Wettbewerb (vor allem Artikel 53 und 54 EWR-Abkommen) geltenden Vorschriften werden von den vorliegenden Leitlinien nicht berührt.

18C.2.   Kriterien für die Vereinbarkeit von Ausgleichszahlungen, die staatliche Beihilfe darstellen, mit dem EWR-Abkommen

18C.2.1.   Allgemeines

(6)

In seinem Altmark-Urteil (6) führte der Gerichtshof aus, unter welchen Voraussetzungen zum Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse geleistete Zahlungen keine staatliche Beihilfe darstellen:

‚[…]

Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein. […].

[…]

Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, der das Unternehmen, dem er gewährt wird, gegenüber konkurrierenden Unternehmen begünstigt. Gleicht daher ein Mitgliedstaat, ohne dass zuvor die Parameter dafür aufgestellt worden sind, die Verluste eines Unternehmens aus, wenn sich nachträglich herausstellt, dass das Betreiben bestimmter Dienste im Rahmen der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nicht wirtschaftlich durchführbar war, so stellt dies ein finanzielles Eingreifen dar, das unter den Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fällt.

[…]

Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken […].

[…]

Wenn viertens die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, dass die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Transportmittels ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.‘

(7)

Sind diese vier Voraussetzungen erfüllt, stellt der für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährte Ausgleich keine staatliche Beihilfe dar, so dass Artikel 61 EWR-Abkommen und Artikel 1 in Teil I des Protokolls 3 zum Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (‚Überwachungs- und Gerichtshofabkommen‘) nicht anwendbar sind. Werden diese Kriterien von den EFTA-Staaten nicht beachtet und ist der Tatbestand des Artikels 61 Absatz 1 EWR-Abkommen erfüllt, dann stellt der für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährte Ausgleich jedoch eine staatliche Beihilfe dar.

(8)

Die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass beim aktuellen Stand des EWR-Abkommens derartige staatlichen Beihilfen gemäß Artikel 59 Absatz 2 EWR-Abkommen als mit dem EWR-Abkommen vereinbar gelten können, wenn sie für das Funktionieren der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unabdingbar sind und die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Maße beeinträchtigen, das dem Interesse der Vertragsparteien zuwiderläuft. Dazu müssen sie jedoch die nachstehenden Voraussetzungen erfüllen.

18C.2.2.   Echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 59 EWR-Abkommen

(9)

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften verfügen die EFTA-Staaten in der Frage, welche Arten von Leistungen als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anzusehen sind, über einen großen Ermessensspielraum, es sei denn, es handelt sich um Sektoren, für die es diesbezüglich spezielle EWR-Vorschriften gibt. Es ist daher Aufgabe der Überwachungsbehörde, darüber zu wachen, dass dieses Ermessen in Bezug auf die Definition der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ohne offenkundige Fehler ausgeübt wird.

(10)

Artikel 59 Absatz 2 EWR-Abkommen besagt, dass die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen Unternehmen (7) sind, denen eine ‚besondere Aufgabe‘ übertragen wurde. Bei der Bestimmung der Gemeinwohlverpflichtungen und der Prüfung der Frage, ob diese Verpflichtungen von den betreffenden Unternehmen erfüllt werden, sollten sich die EFTA-Staaten auf ein möglichst breit gestreutes Meinungsspektrum unter besonderer Berücksichtigung der Nutzer der Dienstleistungen stützen.

18C.2.3.   Rechtsverbindliche Niederlegung der Gemeinwohlverpflichtungen und der Art der Berechnung der Ausgleichszahlungen

(11)

Der Begriff der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 59 EWR-Abkommen impliziert, dass die betreffenden Unternehmen vom Staat mit der Erfüllung einer besonderen Aufgabe betraut wurden (8). Abgesehen von den Sektoren, die diesbezüglich besonderen EWR-Vorschriften unterliegen, werden die Kriterien und Voraussetzungen für die Erbringung solcher Leistungen unabhängig von der Rechtsstellung des Dienstleistungserbringers und unabhängig davon, ob die Leistungen unter Wettbewerbsbedingungen erbracht werden oder nicht, vom Staat festgelegt. Zur Bestimmung der wechselseitigen Verpflichtungen der betreffenden Unternehmen und des Staates bedarf es somit eines öffentlichen Auftrags. Unter dem Begriff ‚Staat‘ sind in diesem Zusammenhang der Zentralstaat, die regionalen und die lokalen Gebietskörperschaften zu verstehen.

(12)

Der öffentliche Auftrag für die Erbringung der Dienstleistung im öffentlichen Interesse muss im Wege eines oder mehrerer Verwaltungs- oder Rechtsakte erteilt werden, dessen Form von den einzelnen EFTA-Staaten bestimmt werden kann. Aus ihnen muss unter anderem Folgendes hervorgehen:

a)

die genaue Art und die Dauer der Gemeinwohlverpflichtungen,

b)

die beauftragten Unternehmen und der geografische Geltungsbereich,

c)

Art und Dauer der dem Unternehmen gegebenenfalls gewährten ausschließlichen oder besonderen Rechte,

d)

die Parameter für die Berechnung, Überwachung und etwaige Änderung der Ausgleichszahlungen,

e)

die Vorkehrungen, die getroffen wurden, damit keine Überkompensierung entsteht bzw. etwaige überhöhte Ausgleichszahlungen zurückgezahlt werden.

(13)

Bei der Definition der Gemeinwohlverpflichtungen und der Prüfung der Frage, ob die Verpflichtungen von diesen Unternehmen erfüllt werden, sollten sich die EFTA-Staaten auf ein möglichst breit gestreutes Meinungsspektrum unter besonderer Berücksichtigung der Nutzer dieser Dienstleistungen stützen.

18C.2.4.   Höhe des Ausgleichs

(14)

Die Höhe des Ausgleichs darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die durch die Erfüllung der Gemeinwohlverpflichtung verursachten Kosten unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und einer angemessenen Rendite aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen abzudecken. Darin enthalten sind sämtliche vom Staat oder aus staatlichen Mittel in jedweder Form gewährten Vorteile. Die angemessene Rendite kann ganz oder teilweise die Produktivitätsgewinne mit einschließen, die von den betreffenden Unternehmen über einen ganz bestimmten, zuvor festgelegten Zeitraum ohne Reduzierung der vom Staat vorgegebenen Qualität erzielt wurden.

(15)

In jedem Fall darf der Ausgleich nur für das Funktionieren der betreffenden Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verwendet werden. Der für das Funktionieren einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gewährte Ausgleich, der dazu verwendet wird, um auf anderen Märkten tätig zu werden, ist nicht gerechtfertigt und stellt daher eine mit dem EWR-Abkommen unvereinbare staatliche Beihilfe dar. Die mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erwirtschaftete angemessene Rendite darf von den Unternehmen, die hierfür Ausgleichszahlungen erhalten, jedoch verwendet werden.

(16)

Die zu berücksichtigenden Kosten umfassen sämtliche für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlichen Ausgaben. Beschränkt sich die Tätigkeit des betreffenden Unternehmens auf die Erbringung dieser Dienstleistung, können dessen Gesamtkosten herangezogen werden. Betätigt sich das Unternehmen jedoch daneben noch auf anderen Gebieten, dürfen nur die der betreffenden Dienstleistung zurechenbaren Kosten berücksichtigt werden. Hierzu gehören sämtliche durch die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verursachten variablen Kosten, ein angemessener Beitrag zu den sowohl dienstleistungsbezogenen als auch anderweitig anfallenden Fixkosten und eine der jeweiligen Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zurechenbare angemessene Rendite auf das Eigenkapital (9). Etwaige Investitionen vor allem in die Infrastruktur können berücksichtigt werden, wenn sie für das Funktionieren der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlich sind. Die mit anderen Tätigkeiten als den Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verbundenen Kosten müssen alle variablen Kosten, einen angemessenen Beitrag zu den gemeinsamen Fixkosten und eine angemessene Kapitalrendite abdecken. Diese Kosten dürfen auf keinen Fall der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zugerechnet werden. Die Berechnung der Kosten muss nach zuvor festgelegten Kriterien und anhand gemeinhin akzeptierter Rechnungslegungsgrundsätze erfolgen, die der Überwachungsbehörde bei der Anmeldung nach Artikel 1 Absatz 3 in Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen zur Kenntnis zu bringen sind.

(17)

Auf der Einnahmenseite sind mindestens sämtliche mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erwirtschafteten Erträge zu berücksichtigen. Verfügt das betreffende Unternehmen über ausschließliche oder besondere Rechte bei der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und werden damit Gewinne erwirtschaftet, die über der angemessenen Rendite liegen, oder wurden dem Unternehmen vom Staat andere Vergünstigungen gewährt, müssen diese unabhängig von ihrer Bewertung nach Maßgabe von Artikel 61 EWR-Abkommen mit berücksichtigt und zu den Einnahmen hinzugerechnet werden. Die EFTA-Staaten können auch beschließen, dass die Gewinne aus Tätigkeiten, für die kein Versorgungsauftrag erteilt wurde, ganz oder teilweise zur Finanzierung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse herangezogen werden müssen.

(18)

Unter angemessener Rendite ist ein angemessener Kapitalertrag unter Berücksichtigung des von dem Unternehmen aufgrund des staatlichen Eingreifens eingegangenen Risikos, sofern überhaupt vorhanden, zu verstehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Staat ausschließliche oder besondere Rechte gewährt. In der Regel darf die Rendite die in dem betreffenden Sektor in den Jahren zuvor erzielte durchschnittliche Rendite nicht übersteigen. In Sektoren, in denen es an Unternehmen fehlt, die als Vergleichsmaßstab für das mit der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraute Unternehmen dienen könnten, können Unternehmen aus anderen EFTA-Staaten oder gegebenenfalls auch aus anderen Wirtschaftszweigen zu Vergleichzwecken herangezogen werden unter der Voraussetzung, dass die besonderen Charakteristika des jeweiligen Sektors berücksichtigt werden. Bei der Festlegung der angemessenen Rendite können die EFTA-Staaten auch Kriterien zugrunde legen, von denen Anreize für die Qualität der zu erbringenden Dienstleistung und Produktivitätsgewinne ausgehen.

(19)

Wenn Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nur einen Teil der Tätigkeiten eines Unternehmens ausmachen, müssen die Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und der Ausführung von anderweitigen Leistungen in den Büchern getrennt ausgewiesen werden. Außerdem ist anzugeben, nach welchen Parametern die Zuordnung der Einnahmen und Ausgaben erfolgt. Ist ein Unternehmen mit der Erbringung verschiedener Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut, sei es, weil die Vergabebehörde jeweils eine andere ist, sei es, weil die Dienstleistungen ihrer Art nach verschieden sind, muss sich anhand der unternehmensinternen Rechnungslegung für jede Dienstleistung gesondert nachweisen lassen, dass keine Überkompensierung vorliegt. Diese Grundsätze lassen die Vorschriften des unter Nummer 1 des Anhangs XV zum EWR-Abkommen aufgeführten Rechtsakts (Richtlinie 80/723/EWG der Kommission über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und bestimmten Unternehmen, in ihrer geänderten Fassung) dort, wo der Rechtsakt Anwendung findet, unberührt.

18C.3.   Überkompensierung

(20)

Die EFTA-Staaten müssen in regelmäßigen Abständen kontrollieren oder kontrollieren lassen, ob eine Überkompensierung vorliegt. Da eine Überkompensierung für das Funktionieren einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht erforderlich ist, stellt sie eine mit dem EWR-Abkommen nicht zu vereinbarende staatliche Beihilfe dar, die an den Staat zurückgezahlt werden muss. In diesem Fall muss eine Aktualisierung der Berechnungsparameter vorgenommen werden.

(21)

Beläuft sich die Überkompensierung auf höchstens 10 % der jährlichen Ausgleichssumme, kann dieser Betrag auf das nächstfolgende Jahr angerechnet werden. Bestimmte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse können erhebliche jährliche Kostenschwankungen aufweisen, vor allem wenn spezifische Investitionen nötig sind. In diesem Fall kann für das Funktionieren der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in bestimmten Jahren ausnahmsweise eine Überkompensierung von über 10 % erforderlich sein. Die Umstände, die eine Überkompensierung von mehr als 10 % erfordern, sind der Überwachungsbehörde in der Anmeldung darzulegen. Allerdings muss in einem solchen Fall in regelmäßigen Abständen, die anhand der jeweiligen Situation in dem betroffenen Wirtschaftssektor festzulegen sind, aber vier Jahre nicht übersteigen sollten, Bilanz gezogen werden. Alle bei dieser Gelegenheit ermittelten zu viel gezahlten Beträge sind zurückzuzahlen.

(22)

Eine Überkompensierung kann zur Finanzierung einer anderen von demselben Unternehmen erbrachten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verwendet werden, doch muss die Mittelübertragung in den Büchern des betreffenden Unternehmens ausgewiesen und im Einklang mit den Bestimmungen und Grundsätzen dieser Leitlinien, vor allem in Bezug auf die Vorabanmeldung, vorgenommen werden. Die EFTA-Staaten müssen sicherstellen, dass derartige Mittelübertragungen einer ordentlichen Kontrolle unterzogen werden. Es gelten die Transparenzvorschriften des unter Nummer 1 des Anhangs XV zum EWR-Abkommen aufgeführten Rechtsakts (Kommissionsrichtlinie 80/723/EWG in ihrer geänderten Fassung).

(23)

Eine überhöhte Ausgleichszahlung kann einem Unternehmen nicht mit der Begründung überlassen werden, dass es sich hierbei um eine Beihilfe handelt, die mit dem EWR-Abkommen vereinbar ist (z.B. Umweltbeihilfe, Beschäftigungsbeihilfe, Beihilfe an kleine und mittlere Unternehmen usw.). Beabsichtigt ein EFTA-Staat die Gewährung einer solchen Beihilfe, muss das in Teil I Artikel 1 Absatz 3 des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen vorgesehene Verfahren der Vorabanmeldung (Notifizierung) eingehalten werden. Die Beihilfe darf erst nach Genehmigung durch die Überwachungsbehörde ausgezahlt werden. Fällt die Beihilfe unter eine Gruppenfreistellungsverordnung, sind die dort genannten Freistellungskriterien einzuhalten.

18C.4.   An Entscheidungen der Überwachungsbehörde geknüpfte Bedingungen und Auflagen

(24)

Nach Teil II Artikel 7 Absatz 4 des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen (10) kann die Überwachungsbehörde eine Positiventscheidung mit Bedingungen und Auflagen verbinden, die ihr ermöglichen, die Beihilfe für mit dem EWR-Abkommen vereinbar zu erklären bzw. die Befolgung ihrer Entscheidung zu überwachen. Im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse können solche Bedingungen und Auflagen nötig sein, um sicherzustellen, dass der den betreffenden Unternehmen gewährte Ausgleich nicht zu einer Überkompensierung führt. Je nach Lage der Dinge können daher im Einzelfall regelmäßige Berichte verlangt oder sonstige Auflagen gemacht werden.

18C.5.   Anwendung der Leitlinien

(25)

Diese Leitlinien gelten ab dem Tag ihrer Annahme durch die Überwachungsbehörde. Ihre Geltungsdauer endet sechs Jahre nach ihrem Inkrafttreten. Die Überwachungsbehörde kann nach Absprache mit den EFTA-Staaten diese Leitlinien aus wichtigen Gründen, die mit der Entwicklung des EWR-Abkommens zusammenhängen, vor ihrem Außerkrafttreten ändern. Vier Jahre nach dem Tag der Annahme dieser Leitlinien nimmt die Überwachungsbehörde anhand von Fakten und den Ergebnissen umfangreicher Anhörungen, die sie auf der Grundlage vor allem der von den EFTA-Staaten bereitgestellten Informationen durchführt, eine Folgenabschätzung vor. Die Ergebnisse der Folgenabschätzung werden den EFTA-Staaten zur Kenntnis gebracht.

(26)

Die Überwachungsbehörde wendet diese Leitlinien auf alle ihr gemeldeten Beihilfevorhaben an, über die sie nach Veröffentlichung der Leitlinien entscheiden wird, selbst wenn die Notifizierung vor der Veröffentlichung erfolgte. Bei nicht notifizierten Beihilfen kommen folgende Bestimmungen zur Anwendung:

die Bestimmungen dieser Leitlinien, wenn die Beihilfe nach deren Annahme gewährt wurde;

in allen anderen Fällen die zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe geltenden Bestimmungen.

18C.6.   Zweckdienliche Maßnahmen

(27)

Die Überwachungsbehörde schlägt als zweckdienliche Maßnahmen für die Zwecke von Artikel 1 Absatz 1 in Teil I des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen vor, dass die EFTA-Staaten ihre jeweiligen Regelungen hinsichtlich des Ausgleichs für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb von achtzehn Monaten nach Notifizierung des Beschlusses an die EFTA-Staaten mit den vorliegenden Leitlinien in Einklang bringen. Die EFTA-Staaten werden aufgefordert, binnen eines Monats nach Notifizierung des Beschlusses zu bestätigen, dass sie mit den vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen einverstanden sind. Das Ausbleiben einer Antwort wird von der Überwachungsbehörde als Ablehnung gewertet.


(1)  Dieses Kapitel entspricht dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (ABl. C 297 vom 29.11.2005, S. 4).

(2)  Urteil vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH (‚Altmark‘), Slg. 2003, I-7747, sowie Urteil vom 27. November 2003 in den verbundenen Rechtssachen C-34/01 bis C-38/01, Enirisorse SpA gegen Ministero delle Finanze, Slg. 2003, I-14243.

(3)  Entscheidung der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden (ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67).

(4)  Solange die Entscheidung nicht in das EWR-Recht übernommen wird, unterliegen solche Ausgleichsleistungen für öffentliche Dienstleistungen weiterhin der allgemeinen Anmeldepflicht gemäß Artikel 1 Absatz 3 in Teil I und Artikel 2 in Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen.

(5)  Kapitel 24C des Leitfadens für staatliche Beihilfen.

(6)  Siehe Fußnote 2.

(7)  Als Unternehmen gilt jedes Gebilde, das unabhängig von seiner Rechtsstellung und der Art seiner Finanzierung einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Als öffentliches Unternehmen gilt jedes Unternehmen, auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann (i.S.v. Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (ABl. L 195 vom 29.7.1980, S. 35, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2000/52/EG, ABl. L 193 vom 29.7.2000, S. 75; aufgenommen unter Nummer 1 in Anhang XV des EWR-Abkommens durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 6/2001, ABl. L 66 vom 8.3.2001, S. 48, und EWR-Beilage Nr. 12 vom 8.3.2001, S. 6, in Kraft getreten am 1.6.2002).

(8)  Siehe hierzu insbesondere das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-127/73, BRT gegen SABAM, Slg. 1974, 313.

(9)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 3. Juni 2003, Chronopost SA, verbundene Rechtssachen C-83/01 P und C-94/01 P, Slg. 2003, I-6993.

(10)  Entspricht der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags.“


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