Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62023CJ0273

    Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 19. September 2024.
    Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni u. a. gegen Telecom Italia SpA u. a.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste – Universaldienst und Nutzerrechte – Richtlinie 97/33/EG – Art. 5 – Richtlinie 2002/22/EG – Art. 13 – Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen – Begriff der ‚unzumutbaren‘ Belastung – Bestimmung der Unternehmen, die sich am Verfahren zur Finanzierung der Nettokosten dieser Verpflichtungen beteiligen – Nationale Regelung, die die Beteiligung der Mobilfunkbetreiber an diesem Verfahren vorsieht – Kriterien – Grad der Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten.
    Rechtssache C-273/23.

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2024:762

     URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

    19. September 2024 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste – Universaldienst und Nutzerrechte – Richtlinie 97/33/EG – Art. 5 – Richtlinie 2002/22/EG – Art. 13 – Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen – Begriff der ‚unzumutbaren‘ Belastung – Bestimmung der Unternehmen, die sich am Verfahren zur Finanzierung der Nettokosten dieser Verpflichtungen beteiligen – Nationale Regelung, die die Beteiligung der Mobilfunkbetreiber an diesem Verfahren vorsieht – Kriterien – Grad der Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten“

    In der Rechtssache C‑273/23

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 18. April 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 26. April 2023, in den Verfahren

    Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni,

    Ministero dello Sviluppo Economico

    gegen

    Telecom Italia SpA,

    Vodafone Italia SpA,

    Beteiligte:

    Fastweb SpA,

    Wind Tre SpA,

    und

    Telecom Italia SpA

    gegen

    Vodafone Italia SpA,

    Fastweb SpA,

    Beteiligte:

    Ministero dello Sviluppo Economico,

    Tiscali Italia SpA,

    BT Italia SpA,

    Telecom Italia Sparkle SpA,

    Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni,

    Wind Tre SpA,

    und

    Telecom Italia SpA

    gegen

    Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni,

    Beteiligte:

    Fastweb SpA,

    Vodafone Italia SpA,

    Tiscali Italia SpA,

    BT Italia SpA,

    Wind Tre SpA,

    und

    Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni

    gegen

    Telecom Italia SpA,

    Tiscali Italia SpA,

    BT Italia SpA,

    Vodafone Italia SpA,

    Beteiligte:

    Wind Tre SpA,

    Fastweb SpA,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter), der Richter T. von Danwitz, P. G. Xuereb und A. Kumin sowie der Richterin I. Ziemele,

    Generalanwalt: A. Rantos,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der Telecom Italia SpA, vertreten durch F. S. Cantella, M. D’Ostuni, F. Lattanzi und M. Zotta, Avvocati,

    der Vodafone Italia SpA, vertreten durch A. Boso Caretta, F. Cintioli und F. Merusi, Avvocati,

    der Fastweb SpA, vertreten durch E. Pistis, Avvocata,

    der Wind Tre SpA, vertreten durch S. Fiorucci und R. Santi, Avvocati,

    der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von B. G. Fiduccia und E. De Bonis, Avvocati dello Stato,

    der tschechischen Regierung, vertreten durch J. Očková, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Garello, O. Gariazzo und L. Malferrari als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 der Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP) (ABl. 1997, L 199, S. 32) und von Art. 13 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 51).

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von vier Rechtsstreitigkeiten erstens zwischen der Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni (Regulierungsbehörde für das Kommunikationswesen, Italien) (im Folgenden: AGCOM) und dem Ministero dello Sviluppo Economico (Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, Italien) einerseits sowie der Telecom Italia SpA und der Vodafone Italia SpA andererseits, zweitens zwischen Telecom Italia einerseits sowie Vodafone Italia und der Fastweb SpA andererseits, drittens zwischen Telecom Italia und der AGCOM und viertens zwischen der AGCOM einerseits sowie Telecom Italia, der Tiscali Italia SpA, der BT Italia SpA und Vodafone Italia andererseits wegen der Entscheidung, mit der die AGCOM die Frage der Unangemessenheit der Nettokosten des Universaldiensts, zu dessen Bereitstellung Telecom Italia im Zeitraum von 1999 bis 2009 verpflichtet wurde, überprüft hat.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    Richtlinie 97/33

    3

    Die Erwägungsgründe 2 und 8 der Richtlinie 97/33 lauteten:

    „(2)

    Unabhängig von der verwendeten Technologie bedarf es allgemeiner Rahmenbedingungen für die Zusammenschaltung mit öffentlichen Telekommunikationsnetzen und mit für die Öffentlichkeit zugänglichen Telekommunikationsdiensten, um eine durchgehende Interoperabilität von Diensten für Benutzer in der Gemeinschaft bereitzustellen. Chancengleiche, verhältnismäßige und nichtdiskriminierende Zusammenschaltungs- und Interoperabilitätsbedingungen sind Schlüsselfaktoren der Förderung offener, wettbewerbsfähiger Märkte.

    (8)

    Verpflichtungen zur Bereitstellung eines Universaldienstes tragen zum Gemeinschaftsziel des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und zu territorialer Ausgewogenheit bei. In einem Mitgliedstaat kann es mehr als eine Organisation mit Verpflichtungen zur Bereitstellung eines Universaldienstes geben. Die Mitgliedstaaten sollten die baldige Einführung neuer Technologien, wie das diensteintegrierende digitale Fernmeldenetz (ISDN), auf möglichst breiter Grundlage fördern. Beim derzeitigen Entwicklungsstand des ISDN in der Gemeinschaft ist dieses Netz nicht allen Benutzern zugänglich und unterliegt nicht den Vorschriften dieser Richtlinie über den Universaldienst. Zu gehöriger Zeit mag es angemessen sein, darüber nachzudenken, ob das ISDN Teil des Universaldienstes sein sollte. Die Berechnung der Nettokosten des Universaldienstes sollte den Kosten und Einnahmen sowie den externen wirtschaftlichen Gegebenheiten und dem immateriellen Nutzen aus der Bereitstellung eines Universaldienstes gebührend Rechnung tragen, aber den laufenden Prozess der Tarifrestrukturierung nicht behindern. Die Kosten der Universaldienstverpflichtungen sollten nach transparenten Verfahren berechnet werden. Finanzielle Beiträge im Zusammenhang mit der Teilung von Universaldienstverpflichtungen sollten getrennt von Zusammenschaltungsentgelten behandelt werden. Stellt eine Verpflichtung zur Bereitstellung des Universaldienstes eine ungerechte Belastung für eine Organisation dar, so ist es angebracht, den Mitgliedstaaten zu gestatten, Verfahren zur Teilung der Nettokosten der universellen Bereitstellung eines festen öffentlichen Telefonnetzes oder eines festen öffentlichen Telefondienstes mit anderen Organisationen, die öffentliche Telekommunikationsnetze und/oder der Öffentlichkeit zugängliche Sprachtelefondienste betreiben, einzuführen. Dabei sollten die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit, gewahrt und Artikel [95 EG] nicht berührt werden.“

    4

    Art. 1 dieser Richtlinie sah vor:

    „Diese Richtlinie legt einen ordnungspolitischen Rahmen für die Sicherstellung der Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen und insbesondere der Interoperabilität von Diensten in der Gemeinschaft sowie in Bezug auf die Sicherstellung eines Universaldienstes in einem Umfeld von offenen, wettbewerbsorientierten Märkten fest.

    Diese Richtlinie betrifft die Harmonisierung von Bedingungen für die offene und effiziente Zusammenschaltung von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und für die Öffentlichkeit zugänglichen Telekommunikationsdiensten sowie für den Zugang zu diesen Netzen und Diensten.“

    5

    Art. 2 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie bestimmte:

    „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff

    g)

    ‚Universaldienst‘ ein definiertes Mindestangebot an Diensten von bestimmter Qualität, das allen Benutzern unabhängig von ihrem Standort und, gemessen an den landesspezifischen Bedingungen, zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung steht.“

    6

    In Art. 5 der Richtlinie hieß es:

    „(1)   Kommt ein Mitgliedstaat aufgrund dieses Artikels zu dem Schluss, dass Universaldienstverpflichtungen für eine Organisation eine unzumutbare Belastung darstellen, so führt er ein Verfahren zur Teilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen mit anderen Organisationen ein, die öffentliche Telekommunikationsnetze und/oder für die Öffentlichkeit zugängliche Sprachtelefondienste betreiben. Bei der Festlegung der zu entrichtenden Beiträge sind die Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit gebührend zu berücksichtigen. Nur die in Anhang I Abschnitt 1 aufgeführten öffentlichen Telekommunikationsnetze und für die Öffentlichkeit zugänglichen Telekommunikationsdienste können auf diese Art finanziert werden.

    (2)   Beiträge zu den etwaigen Kosten von Universaldienstverpflichtungen können nach einem Verfahren, das speziell für diesen Zweck eingerichtet und von einer von den Nutznießern unabhängigen Stelle verwaltet wird, und/oder in Form eines Zusatzentgelts, das zu den Zusammenschaltungsentgelten hinzukommt, erhoben werden.

    (3)   Um die etwaige Belastung, die sich aus der Bereitstellung eines Universaldienstes ergibt, zu ermitteln, berechnen die Organisationen mit Universaldienstverpflichtungen auf Ersuchen ihrer nationalen Regulierungsbehörde die Nettokosten solcher Verpflichtungen in Übereinstimmung mit Anhang III. Die Berechnung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen wird von der nationalen Regulierungsbehörde oder einer anderen zugelassenen, von der Telekommunikationsorganisation unabhängigen Stelle überprüft und von der nationalen Regulierungsbehörde genehmigt. Die Ergebnisse der Kostenrechnung und die Schlussfolgerungen aus der Überprüfung werden der Öffentlichkeit gemäß Artikel 14 Absatz 2 zugänglich gemacht.

    (4)   Soweit es aufgrund der Berechnung der Nettokosten nach Absatz 3 gerechtfertigt ist, bestimmen die nationalen Regulierungsbehörden unter Berücksichtigung eines etwaigen Marktvorteils, der einer Organisation aus der Bereitstellung des Universaldienstes erwächst, ob ein Verfahren zur Teilung der Nettokosten für Universaldienstverpflichtungen gerechtfertigt ist.

    …“

    7

    Anhang I („Spezifische öffentliche Telekommunikationsnetze und für die Öffentlichkeit zugängliche Telekommunikationsdienste“) der Richtlinie 97/33 betraf in seinem ersten Abschnitt nur feste öffentliche Telefonnetze und feste öffentliche Telefondienste.

    8

    Anhang III dieser Richtlinie enthielt Regeln für die Berechnung der Kosten von Universaldienstverpflichtungen beim Sprachtelefondienst gemäß Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie.

    9

    Die Richtlinie 97/33 wurde durch die Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 33) mit Wirkung vom 25. Juli 2003 aufgehoben. In Anbetracht des Zeitraums, in den der Sachverhalt der Ausgangsverfahren fällt, ist die Richtlinie 97/33 jedoch in zeitlicher Hinsicht auf einen Teil dieses Sachverhalts anwendbar.

    Richtlinie 2002/22

    10

    In den Erwägungsgründen 4, 18, 21 und 23 der Richtlinie 2002/22 hieß es:

    „(4)

    Zu der Gewährleistung des Universaldienstes (d. h. der Bereitstellung eines festgelegten Mindestangebots an Diensten für alle Endnutzer zu einem erschwinglichen Preis) kann auch die Bereitstellung von einigen Diensten für bestimmte Endnutzer zu Preisen gehören, die von denen, die sich aus den üblichen Marktbedingungen ergeben, abweichen. Die Entschädigung der Unternehmen, die für die Bereitstellung solcher Dienste unter diesen Voraussetzungen benannt werden, müssen jedoch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen, sofern die benannten Unternehmen für die entstandenen spezifischen Nettokosten entschädigt werden und sofern die Nettokostenbelastung wettbewerbsneutral angelastet wird.

    (18)

    Die Mitgliedstaaten sollten bei Bedarf Verfahren für die Finanzierung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen in den Fällen einrichten, in denen nachgewiesen wird, dass die Verpflichtungen nur mit Verlust oder zu Nettokosten, die außerhalb der üblichen geschäftlichen Standards liegen, erfüllt werden können. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen ordnungsgemäß berechnet werden und jede Finanzierung möglichst geringe verfälschende Auswirkungen auf den Markt und die Unternehmen hat und mit Artikel 87 und 88 [EG] vereinbar ist.

    (21)

    Stellt eine Universaldienstverpflichtung eine unzumutbare Belastung für ein Unternehmen dar, so sollten die Mitgliedstaaten Mechanismen zur effektiven Anlastung der Nettokosten festlegen können. Deckung durch öffentliche Mittel ist ein mögliches Verfahren zur Anlastung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen. Vertretbar ist auch, dass festgestellte Nettokosten von allen Nutzern in transparenter Weise durch Abgaben auf die Unternehmen getragen werden. Die Mitgliedstaaten sollten in der Lage sein, die Nettokosten unterschiedlicher Bestandteile des Universaldienstes durch unterschiedliche Mechanismen zu finanzieren und/oder die Nettokosten einiger oder aller Bestandteile über jeden Mechanismus oder eine Kombination der Mechanismen zu finanzieren. Bei Kostenanlastung durch Abgaben auf die Unternehmen sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das Aufteilungsverfahren auf objektiven und nichtdiskriminierenden Kriterien beruht und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dieser Grundsatz hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, neue Anbieter, die noch keine nennenswerte Marktpräsenz erlangt haben, von dieser Regelung zu befreien. Bei dem Finanzierungsmechanismus sollte gewährleistet sein, dass die Marktteilnehmer nur zur Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen beitragen, nicht aber zu anderen Tätigkeiten, die nicht unmittelbar mit der Erfüllung von Universaldienstverpflichtungen zusammenhängen. Bei den Anlastungsmechanismen sollten in allen Fällen die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, bei Aufteilungsmechanismen insbesondere die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Bei den Finanzierungsmechanismen sollte sichergestellt sein, dass Nutzer in einem Mitgliedstaat keinen Beitrag zu den Universaldienstkosten in einem anderen Mitgliedstaat leisten, z. B. bei Anrufen von einem Mitgliedstaat in einen anderen.

    (23)

    Die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen können auf alle oder auf bestimmte Unternehmensgruppen aufgeteilt werden. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Grundsätze der Transparenz, der geringstmöglichen Marktverfälschung, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit durch diesen Aufteilungsmechanismus nicht verletzt werden. Geringstmögliche Marktverfälschung bedeutet, dass die Beiträge so angelastet werden, dass die finanzielle Belastung der Endnutzer möglichst gering gehalten wird, beispielsweise durch eine möglichst breite Streuung der Beiträge.“

    11

    In Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie hieß es:

    „[Diese Richtlinie betrifft] die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste für Endnutzer. Sie zielt ab auf die Gewährleistung der Verfügbarkeit gemeinschaftsweiter hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt und regelt gleichzeitig die Fälle, in denen die Bedürfnisse der Endnutzer durch den Markt nicht ausreichend befriedigt werden können.“

    12

    Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie sah vor:

    „Die Mitgliedstaaten legen den effizientesten und am besten geeigneten Ansatz fest, mit dem der Universaldienst sichergestellt werden kann, wobei die Grundsätze der Objektivität, Transparenz, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit einzuhalten sind. Sie tragen dafür Sorge, Marktverfälschungen zu minimieren, insbesondere die Erbringung von Diensten zu Preisen oder sonstigen Bedingungen, die von normalen wirtschaftlichen Gegebenheiten abweichen, und berücksichtigen dabei die Wahrung des öffentlichen Interesses.“

    13

    Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie bestimmte:

    „Die Mitgliedstaaten können ein oder mehrere Unternehmen benennen, die die Erbringung des Universaldienstes … gewährleisten …“

    14

    In Art. 12 der Richtlinie 2002/22 hieß es:

    „(1)   Wenn nach Auffassung der nationalen Regulierungsbehörden die Bereitstellung des Universaldienstes gemäß den Artikeln 3 bis 10 möglicherweise eine unzumutbare Belastung für die Unternehmen darstellt, die zur Erbringung des Universaldienstes benannt sind, berechnen sie die Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes.

    …“

    15

    Art. 13 dieser Richtlinie sah vor:

    „(1)   Wenn die nationalen Regulierungsbehörden auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten nach Artikel 12 feststellen, dass ein Unternehmen unzumutbar belastet wird, beschließen die Mitgliedstaaten auf Antrag eines benannten Unternehmens,

    a)

    ein Verfahren einzuführen, mit dem das Unternehmen für die ermittelten Nettokosten unter transparenten Bedingungen aus öffentlichen Mitteln entschädigt wird, und/oder

    b)

    die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen unter den Betreibern von elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten aufzuteilen.

    (2)   Wenn die Nettokosten gemäß Absatz 1 Buchstabe b) aufgeteilt werden, haben die Mitgliedstaaten ein Aufteilungsverfahren einzuführen, das von der nationalen Regulierungsbehörde oder einer Stelle verwaltet wird, die von den Begünstigten unabhängig ist und von der nationalen Regulierungsbehörde überwacht wird. Es dürfen nur die gemäß Artikel 12 ermittelten Nettokosten der in den Artikeln 3 bis 10 vorgesehenen Verpflichtungen finanziert werden.

    (3)   Bei einem Aufteilungsverfahren sind die Grundsätze der Transparenz, der geringstmöglichen Marktverfälschung, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit entsprechend den Grundsätzen des Anhangs IV Teil B einzuhalten. Es steht den Mitgliedstaaten frei, von Unternehmen, deren Inlandsumsatz unterhalb einer bestimmten Grenze liegt, keine Beiträge zu erheben.

    …“

    16

    Anhang IV dieser Richtlinie enthielt Regeln für die Berechnung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen und die Schaffung eines Verfahrens zur Kostenanlastung oder Kostenteilung gemäß den Art. 12 und 13 der Richtlinie.

    17

    Die Richtlinie 2002/22 wurde durch die Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. 2018, L 321, S. 36) mit Wirkung vom 21. Dezember 2020 aufgehoben. In Anbetracht des Zeitraums, in den der Sachverhalt der Ausgangsverfahren fällt, ist die Richtlinie 2002/22 jedoch in zeitlicher Hinsicht auf einen Teil dieses Sachverhalts anwendbar.

    Italienisches Recht

    18

    Art. 3 des Decreto del presidente della Repubblica n. 318 – Regolamento per l’attuazione di direttive comunitarie nel settore delle telecomunicazioni (Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 318 – Vorschriften zur Umsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien im Telekommunikationssektor) vom 19. September 1997 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 221 vom 22. September 1997) sah vor:

    „…

    (6)   Für den Fall, dass die Verpflichtungen zur Bereitstellung des Universaldienstes nach den Bestimmungen dieses Artikels eine unangemessene Belastung für die mit der Bereitstellung des Universaldienstes betraute(n) Organisation(en) darstellen, ist ein Mechanismus zur Teilung der Nettokosten dieser Verpflichtungen mit anderen Organisationen, die öffentliche Telekommunikationsnetze betreiben, mit Anbietern von öffentlich zugänglichen Sprachtelefoniediensten und mit Organisationen, die mobile und persönliche Kommunikationsdienste erbringen, vorgesehen. Dieser Mechanismus ist nicht anwendbar, wenn

    a)

    die Erfüllung der Universaldienstverpflichtungen keine Nettokosten verursacht;

    b)

    die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen keine unangemessene Belastung darstellen;

    c)

    die Höhe der zu verteilenden Nettokosten die Verwaltungskosten für die Anwendung der Methode zur Aufteilung und Finanzierung der durch die Erfüllung der Universaldienstverpflichtungen entstehenden Belastung nicht rechtfertigt.

    (11)   Auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten gemäß Abs. 7 und des in Abs. 10 vorgesehenen Berichts stellt die [AGCOM], auch unter Berücksichtigung etwaiger Marktvorteile, die der betrauten Organisation entstehen, fest, ob der Mechanismus zur Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen gerechtfertigt ist. In einem solchen Fall ist die Belastung nach den Kriterien der Objektivität, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit aufzuteilen …“

    19

    Art. 62 Abs. 1 des Decreto legislativo n. 259 – Codice delle comunicazioni elettroniche (Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 259 – Kodex für die elektronische Kommunikation) vom 1. August 2003 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 214 vom 15. September 2003) bestimmt:

    „Stellt die [AGCOM] fest, dass die Bereitstellung des in den Art. 53 bis 60 genannten Universaldienstes möglicherweise eine ungerechtfertigte Belastung für die zur Bereitstellung dieses Dienstes benannten Unternehmen darstellt, berechnet sie die Nettokosten dieser Bereitstellung. Zu diesem Zweck kann die [AGCOM]

    a)

    die Nettokosten der einzelnen Bestandteile der Universaldienstverpflichtung unter Berücksichtigung etwaiger Marktvorteile, die dem für die Bereitstellung des Universaldienstes benannten Unternehmen entstehen, gemäß den in Anhang Nr. 11 dargelegten Modalitäten berechnen;

    …“

    20

    In Art. 63 dieses Dekrets heißt es:

    „(1)   Stellt die [AGCOM] auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten nach Art. 62 fest, dass ein benanntes Unternehmen einer ungerechtfertigten Belastung unterliegt, teilt sie die Nettokosten … auf Antrag dieses Unternehmens unter den Anbietern elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste auf und greift dabei auf den beim Ministerium eingerichteten Fonds zur Finanzierung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen zurück …

    (3)   Das Kostenteilungssystem muss die Grundsätze der Transparenz, der geringstmöglichen Marktverfälschung, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit gemäß Art. 2 Abs. 5, 6 und 7 des Anhangs Nr. 11 wahren. …

    …“

    21

    Art. 3 des Anhangs Nr. 11 dieses Dekrets sieht vor:

    „…

    (2)   Ein Mechanismus zur Kostenteilung, der auf den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit beruht, ist zu Lasten von Unternehmen vorgesehen, die öffentliche Kommunikationsnetze betreiben, öffentlich zugängliche Telefondienste erbringen (im Verhältnis zur Nutzung der öffentlichen Kommunikationsnetze durch diese Unternehmen) oder mobile und persönliche Kommunikationsdienste auf nationaler Ebene erbringen.

    (6)   Der in Abs. 2 genannte Mechanismus ist nicht anwendbar, wenn

    a)

    die Erfüllung der Universaldienstverpflichtungen keine Nettokosten verursacht;

    b)

    die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen keine unangemessene Belastung darstellen;

    c)

    die Höhe der zu verteilenden Nettokosten die Verwaltungskosten für die Anwendung der Methode zur Aufteilung und Finanzierung der durch die Erfüllung der Universaldienstverpflichtungen entstehenden Belastung nicht rechtfertigt.“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

    22

    Im Juli 2020 leitete die AGCOM, die nationale Regulierungsbehörde (im Folgenden: NRB) in Italien, mit dem Beschluss 263/20/CIR ein Verfahren der öffentlichen Konsultation ein, um zu überprüfen, ob die Nettokosten des Universaldiensts, zu dessen Bereitstellung Telecom Italia im Zeitraum von 1999 bis 2009 verpflichtet wurde, unangemessen waren.

    23

    Mit dem Beschluss 18/21/CIR schloss die AGCOM dieses Verfahren ab und stellte u. a. fest, dass die Bereitstellung des Universaldiensts im Zeitraum von 2002 bis 2009 für Telecom Italia unangemessene Nettokosten hervorgerufen habe, so dass der Aufteilungsmechanismus gemäß der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden italienischen Regelung anwendbar sei und die von dieser Regelung erfassten Betreiber, einschließlich der Mobilfunkbetreiber, daher verpflichtet seien, zur Finanzierung dieser Kosten beizutragen.

    24

    In diesem Beschluss führte die AGCOM im Wesentlichen aus, dass sie die Unangemessenheit der Nettokosten des von Telecom Italia in dem in Rn. 22 des vorliegenden Urteils genannten Zeitraum bereitgestellten Universaldiensts mit Ausnahme des Jahres 2001 überprüft habe und dass sie, anders als in ihren früheren Entscheidungen zu dieser Problematik, hinsichtlich der Frage, ob die Mobilfunkbetreiber zur Beteiligung an dieser Finanzierung zu verpflichten seien, nicht auf das Kriterium des Grades der Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten abstelle.

    25

    Die durchgeführten Marktanalysen hätten zwar ergeben, dass diese beiden Arten von Diensten nicht völlig austauschbar seien und es sich daher nicht um einen einheitlichen Markt handele; gleichwohl übten die Mobilfunkdienste einen „zunehmenden Wettbewerbsdruck“ auf Festnetztelefoniedienste aus. Dieser Wettbewerbsdruck erfolge in Form von Absatz- und Erlöseinbußen der Festnetzbetreiber, insbesondere wenn die Kunden beschlössen, nur noch ihr Mobiltelefon zu benutzen oder ihr Mobiltelefon unter Beibehaltung des Festnetzdiensts auch von zu Hause aus zu benutzen. Die Ermittlung des Wettbewerbsdrucks stelle eine Beurteilung des Marktes dar, anhand deren festgestellt werden könne, inwieweit die von Telecom Italia getragene Belastung unangemessen sei.

    26

    Die AGCOM prüfte sodann die Unangemessenheit der Nettokosten des Universaldiensts, zu dessen Bereitstellung Telecom Italia verpflichtet worden war, indem sie die Wettbewerbsverhältnisse untersuchte, die Höhe dieser Kosten kontrollierte und die wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen dieser Kosten analysierte.

    27

    Was die Untersuchung der Wettbewerbsverhältnisse betraf, vertrat die AGCOM unter Berufung auf ein am 24. Februar 2017 vom Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) erstelltes Dokument mit dem Titel „BEREC update survey on the implementation and application of the universal service provisions – a synthesis of the results“ die Auffassung, dass die Intensität des auf dem Markt herrschenden Wettbewerbs anhand von Indikatoren wie den Anteilen am Zugangsmarkt nach Umfang und Einnahmen, dem Umfang des Markts für Telefongespräche und den Anteilen daran, dem Grad der Zusammenschaltung bei Diensten des Aufbaus und der Beendigung von Verbindungen im Festnetz und im Mobilfunknetz, der Verbreitung von Mobilfunkdiensten, den Vorteilen, die für Betreiber aus den Universaldienstverpflichtungen entstünden, und der finanziellen Lage der Betreiber zu bewerten sei.

    28

    Vodafone Italia, ein Mobilfunkbetreiber, der bereits den Beschluss 263/20/CIR, mit dem die AGCOM eine öffentliche Konsultation eingeleitet hatte, vor dem Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium, Italien) angefochten hatte, erhob bei diesem Gericht mittels ergänzender Antragschrift Klage gegen den Beschluss 18/21/CIR. Die AGCOM, Telecom Italia, Fastweb und die Wind Tre SpA beteiligten sich vor diesem Gericht an dem von Vodafone Italia angestrengten Verfahren.

    29

    Telecom Italia erhob ebenfalls beim Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium) Klage gegen den Beschluss 18/21/CIR und machte im Wesentlichen geltend, die AGCOM habe zu Unrecht festgestellt, dass die Nettokosten des Universaldiensts für die Jahre 1999 und 2000 vollständig von Telecom Italia zu tragen seien. Vodafone Italia beteiligte sich vor diesem Gericht an dem von Telecom Italia eingeleiteten Verfahren und erhob Anschlussklage. Die AGCOM, Telecom Italia, Fastweb und Wind Tre beteiligten sich am letztgenannten Verfahren.

    30

    Auch Fastweb focht den fraglichen Beschluss vor dem Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium) an.

    31

    Mit dem Urteil Nr. 1963/2022 gab dieses Gericht der Klage von Vodafone Italia gegen diesen Beschluss teilweise statt und erklärte den Beschluss u. a. mit der Begründung für nichtig, dass die Überprüfung der Unangemessenheit der Nettokosten des Universaldiensts mit einem Begründungs- und Untersuchungsmangel behaftet sei.

    32

    Mit dem Urteil Nr. 2047/2022 gab das Gericht der Klage von Fastweb gegen diesen Beschluss aus denselben Gründen wie im Urteil Nr. 1963/2022 statt.

    33

    Mit dem Urteil Nr. 2218/2022 wies das Gericht die von Telecom Italia gegen den Beschluss 18/21/CIR erhobene Klage als unzulässig ab und gab der Anschlussklage von Vodafone Italia aus denselben Gründen wie im Urteil Nr. 1963/2022 statt.

    34

    Telecom Italia und die AGCOM legten gegen das Urteil Nr. 1963/2022 beim Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien), dem vorlegenden Gericht, jeweils Berufung ein. Vodafone Italia, Wind Tre und Fastweb beteiligten sich vor diesem Gericht an beiden Berufungsverfahren. Vodafone Italia legte außerdem gegen die Teile des Urteils, mit denen das Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium) einen Teil ihrer Klagegründe zurückgewiesen hatte, Anschlussberufung ein. Auch Fastweb legte gegen dieses Urteil Anschlussberufung beim vorlegenden Gericht ein.

    35

    Außerdem legten Telecom Italia und die AGCOM jeweils Berufung gegen das Urteil Nr. 2218/2022 ein. Wind Tre, Fastweb und Vodafone Italia beteiligten sich an beiden Berufungsverfahren vor dem Consiglio di Stato (Staatsrat). Die letztgenannte Gesellschaft legte gegen das fragliche Urteil zudem Anschlussberufung ein.

    36

    Das vorlegende Gericht, das die vier Berufungsverfahren miteinander verbunden hat, ist der Ansicht, dass es vorrangig die Anschlussberufungen von Vodafone Italia prüfen müsse, mit denen diese im Wesentlichen die Befugnis der AGCOM in Abrede stelle, den Mobilfunkbetreibern die Verpflichtung aufzuerlegen, zur Finanzierung der Nettokosten des von Telecom Italia bereitgestellten Universaldiensts beizutragen.

    37

    Vodafone Italia stützt ihre Anschlussberufungen im Wesentlichen darauf, dass sich aus der Mitteilung der Kommission vom 27. November 1996 über Bewertungskriterien für nationale Systeme der Kostenrechnung und Finanzierung im Universaldienst in der Telekommunikation und Leitlinien für die Mitgliedstaaten für die Anwendung dieser Systeme (KOM[96] 608 endg.) (im Folgenden: Mitteilung vom 27. November 1996) ergebe, dass die Beteiligung der Mobilfunkbetreiber am Mechanismus zur Finanzierung der Nettokosten des Universaldiensts voraussetze, dass ein Wettbewerbsverhältnis, d. h. ein Verhältnis der Austauschbarkeit, zwischen Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten bestehe. Das Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium), der Consiglio di Stato (Staatsrat) und die Corte di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien) hätten aber in mehreren Entscheidungen, die Klagen gegen frühere Entscheidungen der AGCOM über die Verteilung dieser Kosten betroffen hätten, die Auffassung vertreten, dass es in den Jahren 1999, 2000, 2002 und 2003 an einem solchen Verhältnis gefehlt habe. Im Beschluss 18/21/CIR habe die AGCOM diese Voraussetzung angewandt, um die Unangemessenheit der Kostenbelastung festzustellen. Im Übrigen habe die AGCOM in diesen früheren Entscheidungen das Vorliegen eines solchen Verhältnisses in den Jahren 2004 bis 2007 und 2009 ausgeschlossen.

    38

    Die AGCOM und Telecom Italia machen geltend, dass weder das Unionsrecht noch das italienische Recht die Beteiligung der Mobilfunkbetreiber am Mechanismus zur Finanzierung der Nettokosten des Universaldiensts von der genannten Voraussetzung abhängig machten. Diese Betreiber seien ebenso wie die Betreiber von Festnetztelefonie berechtigt, elektronische Kommunikationsdienste zu erbringen, und daher verpflichtet, sich an diesem Mechanismus zu beteiligen. Die Mitteilung vom 27. November 1996 erlaube den Mitgliedstaaten lediglich, zu entscheiden, ob sie die Mobilfunkbetreiber unter diejenigen einbezögen, denen die Finanzierung der fraglichen Kosten obliege. Die Italienische Republik habe sich wie zahlreiche andere Mitgliedstaaten dafür entschieden, sie insoweit einzubeziehen. Im Übrigen trügen die anderen Unternehmen der Gruppe, der Vodafone angehöre, in den Mitgliedstaaten, in denen sie ansässig seien, zur Finanzierung dieser Kosten bei.

    39

    Außerdem machen die AGCOM und Telecom Italia geltend, dass die Prüfung der Verbreitung des Mobilfunkdiensts und der damit verbundenen Interdependenz nur eins der sechs Kriterien sei, die die AGCOM angewandt habe, um die Unangemessenheit der mit der Bereitstellung des Universaldiensts verbundenen Belastung zu belegen, und dass folglich, selbst wenn festgestellt werden sollte, dass diese Interdependenz nicht ordnungsgemäß nachgewiesen worden sei, die Stichhaltigkeit der von der AGCOM vorgenommenen Prüfung dieser Unangemessenheit im Licht der fünf weiteren von ihr angewandten Kriterien zu beurteilen sei. Die AGCOM und Telecom Italia beantragten beim Consiglio di Stato (Staatsrat), den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen, falls er in Betracht ziehe, von der von ihnen vertretenen Auffassung abzuweichen.

    40

    Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass in Italien die Bereitstellung des Universaldiensts im Telefonsektor durch Telecom Italia, den ehemaligen Netzmonopolinhaber, erfolge. Wenn die Bereitstellung dieses Dienstes zu Nettokosten führe, d. h., wenn die dem Anbieter dieses Dienstes entstehenden Kosten höher seien als die Gewinne, die er mit der Bereitstellung des Dienstes erziele, müsse die AGCOM prüfen, ob diese Kosten eine unangemessene Belastung für den Anbieter darstellten, und sie gegebenenfalls unter den Wirtschaftsteilnehmern des betreffenden Sektors aufteilen.

    41

    Der Consiglio di Stato (Staatsrat) habe mit Urteil vom 7. Juli 2015 den Klagen gegen die Beschlüsse der AGCOM über die Wiederholung der Verfahren betreffend die Anwendbarkeit des Mechanismus zur Aufteilung der Nettokosten des Universaldiensts für die Jahre 1999, 2000, 2002 und 2003, d. h. die Beschlüsse 106/11/CIR, 107/11/CIR, 108/11/CIR und 109/11/CIR, stattgegeben und habe entschieden, dass die Voraussetzung des Vorliegens eines Austauschbarkeitsverhältnisses zwischen Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten, von der die Beteiligung von Mobilfunkbetreibern wie Vodafone Italia am Mechanismus zur Finanzierung der Nettokosten des Universaldienstes abhänge, nicht nachgewiesen worden sei.

    42

    In einem Urteil vom 8. Oktober 2019 habe der Consiglio di Stato (Staatsrat) in Bezug auf dieselben Jahre entschieden, dass diese Voraussetzung letztlich „irreführend“ sei.

    43

    Das vorlegende Gericht führt aus, dass die italienische Regelung die Beteiligung der Mobilfunkbetreiber an der Finanzierung der Nettokosten des Universaldiensts nicht ausdrücklich von dieser Voraussetzung abhängig mache.

    44

    Aus der Rechtsprechung des Consiglio di Stato (Staatsrat) ergebe sich jedoch, dass die Frage, ob ein Austauschbarkeitsverhältnis zwischen Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten bestehe, ein notwendiges Kriterium für die Feststellung sei, ob die mit der Bereitstellung des Universaldiensts einhergehende Belastung des benannten Anbieters unangemessen sei.

    45

    In ihrem Beschluss 18/21/CIR habe die AGCOM ausdrücklich auf diese Rechtsprechung Bezug genommen, jedoch klargestellt, dass sie dieses Kriterium der Austauschbarkeit nicht mehr heranziehe, um den Mobilfunkbetreibern die Verpflichtung aufzuerlegen, zur Finanzierung der Nettokosten des Universaldiensts beizutragen. Die von der AGCOM in diesem Beschluss vorgenommene Analyse des von Mobilfunkdiensten auf Festnetztelefoniedienste ausgeübten Wettbewerbsdrucks stimme allerdings weitgehend mit der Analyse der Austauschbarkeit dieser Dienste überein.

    46

    Das Unionsrecht, das durch die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende italienische Regelung umgesetzt worden sei, ermögliche es nicht, die in diesen Verfahren aufgeworfene Frage zu beantworten.

    47

    Unter diesen Umständen hat der Consiglio di Stato (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    Sind die Richtlinie 97/33, insbesondere Art. 5, und die Richtlinie 2002/22, insbesondere Art. 13, die in zeitlicher Hinsicht anwendbar sind, sowie die Grundsätze der Transparenz, der geringstmöglichen Marktverfälschung, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen, dass

    a)

    es zulässig ist, dass eine nationale Regelung die Verpflichtungen zur Beteiligung an der Finanzierung der mit der Erbringung des Universaldiensts verbundenen Belastung gesetzlich auf Mobilfunkbetreiber erstreckt, ohne insoweit vorauszusetzen, dass die NRB prüft, ob zwischen den belasteten Betreibern und dem für die Erbringung dieses Dienstes benannten Betreiber innerhalb desselben relevanten Marktes nach dem Wettbewerbsrecht ein Wettbewerbsverhältnis oder Austauschbarkeit besteht;

    b)

    es zulässig ist, dass die NRB zusätzlich oder alternativ zu dem Kriterium der Austauschbarkeit von Festnetz- und Mobilfunkdiensten zur Prüfung der Unangemessenheit der Belastung weitere Kriterien – und wenn ja, welche – heranzieht, um eine Finanzierungspflicht der Mobilfunkbetreiber zu begründen?

    Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

    48

    Vodafone Italia, Wind Tre und Fastweb machen geltend, das Vorabentscheidungsersuchen sei unzulässig.

    49

    Vodafone Italia führt aus, ein nationales Gericht könne ein Vorabentscheidungsersuchen nur dann vorlegen, wenn es für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits unverzichtbar sei. Aus der Vorlageentscheidung gehe jedoch hervor, dass die Ausgangsrechtsstreitigkeiten auch ohne Vorlage zur Vorabentscheidung entschieden werden könnten, da erstens aus der Mitteilung vom 27. November 1996 zu schließen sei, dass es nicht erforderlich sei, von den Mobilfunkbetreibern die Beteiligung an der Finanzierung der Nettokosten des Universaldiensts zu verlangen, zweitens mehrere Entscheidungen der italienischen Verwaltungsgerichte vorlägen, die die Frage des vorlegenden Gerichts beträfen und rechtskräftig geworden seien, wodurch dieses Gericht daran gehindert sei, eine abweichende Entscheidung zu erlassen, drittens der Beschluss 18/21/CIR im Widerspruch zu früheren Beschlüssen der AGCOM stehe, aus denen sich ergebe, dass es in Italien in den vom erstgenannten Beschluss erfassten Zeiträumen kein Wettbewerbsverhältnis zwischen Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten gegeben habe, und viertens die AGCOM ihre Befugnis, die Mobilfunkbetreiber zur Beteiligung an der fraglichen Finanzierung zu verpflichten, verloren habe, weil seit dem Zeitpunkt, zu dem diese Befugnis hätte ausgeübt werden können, so viel Zeit verstrichen sei, dass ein berechtigtes Vertrauen darauf entstanden sei, dass sie nicht mehr ausgeübt werde.

    50

    Vodafone Italia macht ferner geltend, dass Teil b) der Vorlagefrage auch deshalb unzulässig sei, weil er in keinem Zusammenhang mit den Ausgangsrechtsstreitigkeiten stehe, die nur die Rechtmäßigkeit der den Mobilfunkbetreibern auferlegten Verpflichtung zur Beteiligung am Mechanismus zur Finanzierung der Nettokosten des Universaldiensts beträfen. Jedenfalls habe der Gerichtshof diese Frage bereits in den Urteilen vom 6. Oktober 2010, Kommission/Belgien (C‑222/08, EU:C:2010:583), und vom 10. November 2022, Eircom (C‑494/21, EU:C:2022:867), beantwortet.

    51

    Wind Tre macht geltend, das Vorabentscheidungsersuchen sei für unzulässig zu erklären, weil es keine Beschreibung aller tatsächlichen Umstände der Ausgangsrechtsstreitigkeiten – insbesondere derjenigen Rechtsstreitigkeiten über die fragliche Verpflichtung, die vor Erlass des Beschlusses 18/21/CIR ausgetragen worden seien – enthalte und keine Darstellung der Gründe umfasse, die das vorlegende Gericht dazu veranlasst hätten, die Vorlagefrage zu stellen, da dieses Gericht sich darauf beschränkt habe, auf das Vorbringen bestimmter Parteien des bei ihm anhängigen Verfahrens zu verweisen.

    52

    Fastweb führt aus, die Vorlagefrage sei unzulässig, da sich ihre Beantwortung aus dem rechtskräftigen Urteil Nr. 3388/2015 des Consiglio di Stato (Staatsrat) ergebe, das im Rahmen von Nichtigkeitsklagen gegen Beschlüsse der AGCOM ergangen sei, die vor dem Beschluss 18/21/CIR erlassen worden seien. In diesem Urteil habe der Consiglio di Stato (Staatsrat) entschieden, dass es für die Aufteilung der mit dem Universaldienst verbunden Belastung nicht erforderlich sei, dass Mobilfunk- und Festnetztelefoniedienste austauschbar seien. Er habe der AGCOM die Möglichkeit zugesprochen, für die entsprechende Würdigung ein anderes Kriterium festzulegen. Das Unionsrecht verlange nicht, dass ein nationales Gericht eine Entscheidung wie dieses Urteil revidiere, um einer anschließend ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs Rechnung zu tragen.

    53

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs allein Sache des nationalen Gerichts ist, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen, die es dem Gerichtshof vorlegt, wobei für die Fragen eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit gilt. Der Gerichtshof ist folglich grundsätzlich gehalten, über die ihm vorgelegte Frage zu befinden, wenn sie die Auslegung oder die Gültigkeit einer Vorschrift des Unionsrechts betrifft, es sei denn, dass die erbetene Auslegung offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, dass das Problem hypothetischer Natur ist oder dass der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der Frage erforderlich sind (Urteil vom 14. Dezember 2023, Sparkasse Südpfalz, C‑206/22, EU:C:2023:984, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    54

    Soweit Vodafone Italia zur Geltendmachung der Unzulässigkeit vorträgt, es bestehe ein Widerspruch zwischen dem Beschluss 18/21/CIR und den früheren Beschlüssen der AGCOM, die AGCOM habe ihre Befugnis verloren, die Mobilfunkbetreiber zur Beteiligung an der Finanzierung der Nettokosten des Universaldienstes zu verpflichten, und es bestehe kein Zusammenhang zwischen Teil b) der Vorlagefrage und den Ausgangsrechtsstreitigkeiten, so geht aus diesem Vorbringen nicht offensichtlich hervor, dass die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeiten steht oder dass das Problem hypothetischer Natur ist.

    55

    Was die von Vodafone Italia angeführten Urteile vom 6. Oktober 2010, Kommission/Belgien (C‑222/08, EU:C:2010:583), und vom 10. November 2022, Eircom (C‑494/21, EU:C:2022:867), betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass, selbst wenn die Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten aus diesen Urteilen abgeleitet werden könnte, dieser Umstand nicht zur Unzulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens führen könnte, sondern allenfalls das vorlegende Gericht von der ihm nach Art. 267 Abs. 3 AEUV obliegenden Verpflichtung zur Anrufung des Gerichtshofs entbinden könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Februar 2023, Confédération paysanne u. a. [In-vitro-Zufallsmutagenese], C‑688/21, EU:C:2023:75, Rn. 35).

    56

    Soweit Vodafone Italia zur Geltendmachung der Unzulässigkeit auf die Mitteilung vom 27. November 1996 verweist, betrifft ihr Vorbringen den Kern der Vorlagefrage und nicht deren Zulässigkeit, so dass es im Rahmen der inhaltlichen Prüfung dieser Frage zu behandeln ist (vgl. entsprechend Urteil vom 18. Januar 2024, Lietuvos notarų rūmai u. a., C‑128/21, EU:C:2024:49, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    57

    Zu den Argumenten, mit denen Wind Tre die Unzulässigkeit geltend macht, ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht, wenn auch nur knapp, die Gründe dargelegt hat, die es dazu veranlasst haben, seine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen. Außerdem enthält die Vorlageentscheidung eine Darstellung des Sachverhalts der Ausgangsrechtsstreitigkeiten, einschließlich der wichtigsten Aspekte der Auseinandersetzungen über die Beschlüsse der AGCOM, die dem Erlass des Beschlusses 18/21/CIR vorausgegangen sind. Eine ausführlichere Darstellung dieser Auseinandersetzungen ist zum Verständnis des Gegenstands der Ausgangsrechtsstreitigkeiten nicht unerlässlich.

    58

    Zu dem Vorbringen von Vodafone Italia und Fastweb, mit dem die Rechtskraft der im Rahmen dieser Auseinandersetzungen ergangenen Entscheidungen des Consiglio di Stato (Staatsrat) oder anderer italienischer Gerichte geltend gemacht wird, ist festzustellen, dass die Ausgangsrechtsstreitigkeiten die Rechtmäßigkeit des Beschlusses 18/21/CIR betreffen und nicht die Rechtmäßigkeit der früheren Beschlüsse der AGCOM, die Gegenstand dieser Auseinandersetzungen waren. Vodafone Italia und Fastweb haben nicht erläutert, inwiefern diese Gerichte im Rahmen dieser Rechtsstreitigkeiten veranlasst sein könnten, die betreffenden gerichtlichen Entscheidungen zu revidieren. Es scheint daher, dass diese Gerichte allenfalls veranlasst sein könnten, im Anschluss an das Urteil, das der Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache erlassen wird, ihre Rechtsprechung zu überdenken, ohne die Rechtskraft ihrer früheren Entscheidungen in Frage zu stellen. Da die Konsequenzen, die das vorlegende Gericht aus diesem Urteil zu ziehen haben wird, vom Sachgehalt der darin enthaltenen Antwort abhängen, können die genannten Argumente von Vodafone Italia und Fastweb jedenfalls keinen Einfluss auf die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens haben, da andernfalls dieser Antwort vorgegriffen würde.

    59

    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist das Vorabentscheidungsersuchen für zulässig zu erklären.

    Zur Vorlagefrage

    Zu Teil b) der Frage

    60

    Mit Teil b) seiner Frage, der zuerst zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 der Richtlinie 97/33 und Art. 13 der Richtlinie 2002/22 dahin auszulegen sind, dass eine NRB bei der Prüfung der Frage, ob die mit der Bereitstellung des Universaldiensts verbundene Belastung unzumutbar ist, den Grad der Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten berücksichtigen kann. Ferner möchte das vorlegende Gericht wissen, welche anderen Kriterien eine NRB bei dieser Prüfung gegebenenfalls kumulativ oder alternativ anwenden kann.

    61

    Hierzu ist festzustellen, dass nach Art. 5 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 97/33 ein Mitgliedstaat, wenn er auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen zu dem Schluss kommt, dass diese Verpflichtungen für eine Organisation eine unzumutbare Belastung darstellen, ein Verfahren zur Teilung dieser Kosten mit anderen Organisationen, die öffentliche Telekommunikationsnetze und/oder für die Öffentlichkeit zugängliche Sprachtelefondienste betreiben, einführt. Nach Art. 5 Abs. 4 dieser Richtlinie bestimmen die NRB, soweit es aufgrund dieser Berechnung gerechtfertigt ist, unter Berücksichtigung eines etwaigen Marktvorteils, der einer Organisation aus der Bereitstellung des Universaldiensts erwächst, ob ein solches Verfahren gerechtfertigt ist.

    62

    In ähnlicher Weise sieht die Richtlinie 2002/22 in Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 1 vor, dass die NRB, wenn nach ihrer Auffassung die Bereitstellung des Universaldiensts möglicherweise eine unzumutbare Belastung für die Unternehmen darstellt, die zur Erbringung des Universaldiensts benannt sind, die Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldiensts zu berechnen haben. Wenn die NRB auf der Grundlage der Berechnung dieser Kosten feststellen, dass ein oder mehrere zur Erbringung des Universaldiensts benannte Unternehmen unzumutbar belastet werden, und dieses bzw. diese Unternehmen einen entsprechenden Antrag stellen, verpflichtet Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22 die Mitgliedstaaten zum Erlass der hierzu erforderlichen Maßnahmen, d. h. zur Einführung eines Verfahrens zur Entschädigung aus öffentlichen Mitteln und/oder eines Verfahrens zur Aufteilung dieser Kosten unter den Betreibern elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass sich die Italienische Republik in Bezug auf den Zeitraum, in dem die Richtlinie 2002/22 anwendbar war, für die Einführung des in Art. 13 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie vorgesehenen Aufteilungsverfahrens entschieden hat.

    63

    Daraus folgt, dass sowohl im Kontext der Richtlinie 97/33 als auch in dem der Richtlinie 2002/22 die Anwendung eines Mechanismus zur Finanzierung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen von der doppelten Voraussetzung abhängt, dass die betreffenden Kosten berechnet werden und dass auf der Grundlage dieser Berechnung festgestellt wird, dass die Belastung, die die Bereitstellung dieses Dienstes für das benannte Unternehmen bedeutet, unzumutbar ist.

    64

    Außerdem ergibt sich aus dem achten Erwägungsgrund sowie aus Art. 5 und Anhang I Abschnitt 1 der Richtlinie 97/33, dass nur die Nettokosten der universellen Bereitstellung eines festen öffentlichen Telefonnetzes oder eines festen öffentlichen Telefondiensts Gegenstand des in dieser Richtlinie vorgesehenen Finanzierungsmechanismus sein können.

    65

    Ebenso hat der Gerichtshof bereits im Wesentlichen entschieden, dass nur Kommunikationsdienste, die einen Zugang zu einem öffentlichen Kommunikationsnetz und einen Anschluss daran an einem festen Standort erfordern, nicht also mobile Kommunikationsdienste, über den in Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2002/22 vorgesehenen Mechanismus finanziert werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2015, Base Company und Mobistar, C‑1/14, EU:C:2015:378, Rn. 37 und 43).

    66

    Da sich die in der Richtlinie 97/33 vorgesehene Regelung über die Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen durch den Erlass der Richtlinie 2002/22 nicht wesentlich verändert hat, sind die einander ähnelnden einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinien in gleicher Weise auszulegen.

    67

    Insoweit geht aus keiner Bestimmung der Richtlinie 97/33 und der Richtlinie 2002/22 hervor, dass der Unionsgesetzgeber selbst die Voraussetzungen festlegen wollte, unter denen die NRB zu dem Schluss zu kommen haben, dass die Bereitstellung des Universaldiensts möglicherweise eine unzumutbare Belastung darstellt. Hingegen ergibt sich sowohl aus Art. 5 Abs. 1, 3 und 4 der Richtlinie 97/33 als auch aus Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22, dass die NRB nur auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldiensts feststellen können, dass ein Unternehmen, das zur Erbringung des Universaldiensts benannt ist, tatsächlich einer unzumutbaren Belastung ausgesetzt ist, und dass die Mitgliedstaaten dann über den Erlass von Entschädigungsmodalitäten nach Maßgabe dieser Kosten zu entscheiden haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2022, Eircom, C‑494/21, EU:C:2022:867, Rn. 38).

    68

    Wie sich im Wesentlichen aus dem zweiten Erwägungsgrund und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/33 sowie aus Art. 3 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/22 ergibt, sind die Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Rahmen der Einrichtung des Mechanismus zur Finanzierung der Nettokosten des Universaldiensts allerdings durch die Pflicht begrenzt, die Grundsätze der Objektivität, der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit einzuhalten sowie Marktverfälschungen zu minimieren und gleichzeitig das öffentliche Interesse zu wahren.

    69

    Auch wenn der Begriff „unzumutbare Belastung“ in diesen Richtlinien nicht definiert wird, geht sowohl aus dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie 97/33 als auch aus dem 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/22 hervor, dass der Unionsgesetzgeber die Mechanismen zur Anlastung der Nettokosten, die die Bereitstellung des Universaldiensts einem Unternehmen verursachen kann, vom Vorliegen einer übermäßigen Belastung für dieses Unternehmen abhängig machen wollte. Indem er in diesem Zusammenhang den Standpunkt vertreten hat, dass die Nettokosten des Universaldiensts nicht unbedingt für alle betroffenen Unternehmen eine solche Belastung darstellen, wollte er ausschließen, dass alle Nettokosten des Universaldiensts automatisch ein Recht auf Entschädigung eröffnen. Der Gerichtshof hat daraus gefolgert, dass die unzumutbare Belastung, deren Vorliegen die NRB vor jeder Entschädigung feststellen muss, die Belastung ist, die sich für das einzelne betroffene Unternehmen angesichts seiner Belastungsfähigkeit aufgrund aller ihm eigenen Merkmale, insbesondere des Stands seiner Einrichtungen, seiner wirtschaftlichen und finanziellen Situation sowie seines Marktanteils, als unzumutbar im Sinne von übermäßig darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2022, Eircom, C‑494/21, EU:C:2022:867, Rn. 39).

    70

    In Ermangelung einer entsprechenden Präzisierung in den Richtlinien 97/33 und 2002/22 ist es zwar Sache der NRB, in allgemeiner und von konkreten Personen unabhängiger Weise die Kriterien festzulegen, mit denen die Schwellen bestimmt werden können, bei deren Überschreitung eine Belastung unter Berücksichtigung der in der vorstehenden Randnummer genannten Merkmale als unzumutbar angesehen werden kann, doch kann die NRB nur dann feststellen, dass die Belastung durch die Bereitstellung des Universaldiensts im Hinblick auf die Anwendung von Art. 5 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 97/33 bzw. Art. 13 der Richtlinie 2002/22 unzumutbar ist, wenn sie die Situation jedes betroffenen Unternehmens anhand dieser Kriterien gesondert prüft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2022, Eircom, C‑494/21, EU:C:2022:867, Rn. 40).

    71

    Insoweit hat der Gerichtshof in Bezug auf die Richtlinie 2002/22 ausgeführt, dass der Prüfung der Frage, ob der Universaldienstanbieter durch die Universaldienstverpflichtungen unzumutbar belastet wird, wenn dessen Marktanteil berücksichtigt wird, stets zwangsläufig eine vergleichende Komponente immanent ist, die von der NRB nicht außer Acht gelassen werden kann. Denn aus Feststellungen zum Marktanteil des Universaldienstanbieters lassen sich für sich genommen ohne Vergleich mit den Marktanteilen der Wettbewerber keine sinnvollen Schlüsse ziehen. Diese können je nach der Zahl der Wettbewerber auf dem Markt, der gegebenenfalls zwischen diesen bestehenden Verbindungen oder der verschiedenen Sektoren des betreffenden Marktes, in denen die Wettbewerber präsent sind, durchaus unterschiedlich ausfallen (Urteil vom 10. November 2022, Eircom, C‑494/21, EU:C:2022:867, Rn. 43).

    72

    Der Gerichtshof hat daraus gefolgert, dass die zuständige NRB bei dieser Prüfung die Situation zu berücksichtigen hat, in der sich der Universaldienstanbieter im Vergleich mit den Wettbewerbern auf dem betreffenden Markt befindet, und dass die Bewertung der Wettbewerbssituation auf diesem Markt integraler Bestandteil der Voraussetzungen für die Anwendung der Art. 12 und 13 der Richtlinie 2002/22 ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2022, Eircom, C‑494/21, EU:C:2022:867, Rn. 44 und 47).

    73

    Der Gerichtshof hat außerdem entschieden, dass die Beurteilung der einem Universaldienstanbieter eigenen Merkmale im Licht des Wettbewerbsumfelds, in dem er tätig ist, mit den Zielen dieser Richtlinie im Einklang steht (Urteil vom 10. November 2022, Eircom, C‑494/21, EU:C:2022:867, Rn. 48).

    74

    Dies gilt insbesondere für die Merkmale, die die wirtschaftliche und finanzielle Situation eines Universaldienstanbieters betreffen. Aus der bloßen Feststellung, dass ein Universaldienstanbieter trotz der Belastung durch die Nettokosten seiner Universaldienstverpflichtungen rentabel bleibt, lassen sich nämlich keine Schlüsse hinsichtlich der Frage ziehen, wie sich diese Kosten auf seine Fähigkeit auswirken, mit den übrigen Anbietern, die auf einem dynamischen Markt präsent sind, zu konkurrieren. Es ist durchaus denkbar, dass diese Belastung die Finanzierung von Investitionen in neue Technologien oder konnexe Märkte unmöglich, schwieriger oder komplexer macht. Die Wettbewerber des Universaldienstanbieters sind eventuell in der Lage, solche Investition zu tätigen, und können sich auf diese Weise unter Umständen erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffen (Urteil vom 10. November 2022, Eircom, C‑494/21, EU:C:2022:867, Rn. 49).

    75

    Die NRB vermag deshalb nur dann zu beurteilen, ob die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen für den Universaldienstanbieter wegen der Wettbewerbsverzerrungen, die sich daraus auf dem betreffenden Markt zu seinen Lasten ergeben, eine unzumutbare Belastung im Sinne der Art. 12 und 13 der Richtlinie 2002/22 darstellen, wenn sie berücksichtigt, in welcher Situation sich der Universaldienstanbieter im Vergleich zu seinen Wettbewerbern befindet (Urteil vom 10. November 2022, Eircom, C‑494/21, EU:C:2022:867, Rn. 50).

    76

    Die Verschlechterung der Wettbewerbsposition eines Universaldienstanbieters aufgrund der Unzumutbarkeit der Belastung durch die Universaldienstverpflichtungen würde den effektiven Wettbewerb auf dem betreffenden Markt und damit unter Umständen die Bedingungen der Bereitstellung des Universaldiensts beeinträchtigen, was letztlich dem in Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Ziel abträglich wäre, die unionsweite Verfügbarkeit hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt zu gewährleisten (Urteil vom 10. November 2022, Eircom, C‑494/21, EU:C:2022:867, Rn. 51).

    77

    Insoweit ist festzustellen, dass die Beurteilung der Austauschbarkeit der verschiedenen Telekommunikationsdienste, insbesondere der Festnetztelefonie- und Mobilfunkdienste, eins der Elemente der Prüfung des Wettbewerbsumfelds sein kann, in dem ein Universaldienstanbieter tätig ist, da sie zur Identifizierung der Wettbewerber dieses Anbieters, zur Bestimmung der Marktanteile der verschiedenen Akteure und zur Beurteilung des Wettbewerbsdrucks dient, den andere Betreiber auf diesen Anbieter ausüben.

    78

    Allerdings darf die Beurteilung der Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten bei der Prüfung des Wettbewerbsumfelds, in dem ein Universaldienstanbieter tätig ist, nicht allein ausschlaggebend sein, sondern es müssen alle wettbewerblichen Zwänge berücksichtigt werden, denen dieser Anbieter unterliegt, einschließlich derjenigen, die sich weniger stark und unmittelbar auswirken als die sich ändernde Nachfrage.

    79

    Aus den in Rn. 66 des vorliegenden Urteils genannten Gründen gelten die Erwägungen in den Rn. 71 bis 78 entsprechend für Art. 5 der Richtlinie 97/33.

    80

    Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass die AGCOM im Beschluss 18/21/CIR zum einen u. a. die in den Rn. 74 bis 78 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen berücksichtigt hat – nämlich indem sie ausgeführt hat, dass Festnetztelefonie- und Mobilfunkdienste zwar nicht völlig austauschbar seien und es sich daher nicht um einen einheitlichen Markt handele, die Mobilfunkdienste aber einen zunehmenden Wettbewerbsdruck auf Festnetztelefoniedienste ausübten, und zwar in Form von Absatz- und Erlöseinbußen der Festnetzbetreiber, insbesondere wenn die Kunden beschlössen, nur noch ihr Mobiltelefon zu benutzen oder ihr Mobiltelefon unter Beibehaltung des Festnetzdiensts auch von zu Hause aus zu benutzen – und zum anderen weitere Aspekte des Wettbewerbsumfelds geprüft hat.

    81

    Nach alledem ist auf Teil b) der Frage zu antworten, dass Art. 5 der Richtlinie 97/33 und Art. 13 der Richtlinie 2002/22 dahin auszulegen sind, dass

    es Sache der Mitgliedstaaten ist, unter Wahrung der Grundsätze der Objektivität, der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit sowie unter Beachtung des Erfordernisses, Marktverfälschungen unter Wahrung des öffentlichen Interesses zu minimieren, die Kriterien festzulegen, nach denen die NRB im Wege der Einzelfallprüfung der Situation jedes betroffenen Unternehmens beurteilen können, ob die sich aus den Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen ergebende Belastung für einen mit solchen Verpflichtungen betrauten Betreiber als übermäßig und damit unzumutbar angesehen werden kann;

    die zuständige NRB bei dieser Beurteilung alle spezifischen Merkmale des betreffenden Betreibers zu prüfen und dabei seine Situation im Vergleich zu der seiner Wettbewerber auf dem betreffenden Markt zu berücksichtigen hat;

    der Grad der Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten bei dieser Beurteilung ein relevanter Gesichtspunkt sein kann, ebenso wie die Gesamtheit der wettbewerblichen Zwänge, denen der Universaldienstanbieter unterliegt.

    Zu Teil a) der Frage

    82

    Mit Teil a) seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 der Richtlinie 97/33 und Art. 13 der Richtlinie 2002/22 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der die Beteiligung von Mobilfunkdienstanbietern am Verfahren zur Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen unter den Betreibern elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste nicht davon abhängt, dass ein bestimmter Grad an Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten besteht.

    83

    Insoweit ist zum Wortlaut der fraglichen Bestimmungen festzustellen, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/33 bei der Einführung eines Verfahrens zur Teilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen mit „anderen Organisationen …, die öffentliche Telekommunikationsnetze und/oder für die Öffentlichkeit zugängliche Sprachtelefondienste betreiben“, die Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit gebührend berücksichtigen.

    84

    Ebenso sieht Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22 vor, dass die Mitgliedstaaten, wenn die NRB auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen feststellen, dass ein Unternehmen unzumutbar belastet wird, auf Antrag eines benannten Unternehmens beschließen, ein Verfahren einzuführen, mit dem das Unternehmen für die ermittelten Nettokosten unter transparenten Bedingungen aus öffentlichen Mitteln entschädigt wird, und/oder diese Nettokosten unter den „Betreibern von elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten“ aufzuteilen.

    85

    Aus den in diesen Bestimmungen verwendeten Ausdrücken „Organisationen …, die öffentliche Telekommunikationsnetze und/oder für die Öffentlichkeit zugängliche Sprachtelefondienste betreiben“ und „Betreiber von elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten“ geht hervor, dass der Unionsgesetzgeber nicht die Absicht hatte, bestimmte Betreiber elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste, insbesondere Mobilfunkdienstanbieter, von vornherein vom Verfahren zur Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen auszunehmen.

    86

    Überdies hat der Unionsgesetzgeber im Gegensatz zu dem durch Art. 4 der Richtlinie 2002/22 in der Fassung der Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. 2009, L 337, S. 11) bewirkten Ausschluss mobiler Telekommunikationsdienste vom Begriff „Universaldienst“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2015, Base Company und Mobistar, C‑1/14, EU:C:2015:378, Rn. 32 bis 37) die Anbieter dieser Dienste nicht von der Beteiligung an diesem Verfahren zur Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen ausgenommen.

    87

    Zum Kontext der in Rede stehenden Bestimmungen ist zum einen festzustellen, dass sich aus dem 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/22 im Wesentlichen ergibt, dass die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen vorbehaltlich der Einhaltung der Grundsätze der Transparenz, der geringstmöglichen Marktverfälschung, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit auf alle Unternehmen oder bestimmte Gruppen von Unternehmen aufgeteilt werden können und dass der Begriff „geringstmögliche Marktverfälschung“ bedeutet, dass die Beiträge zur Finanzierung dieser Kosten so angelastet werden, dass die finanzielle Belastung der Endnutzer möglichst gering gehalten wird, beispielsweise durch eine möglichst breite Streuung der Beiträge.

    88

    Zum anderen heißt es im 21. Erwägungsgrund dieser Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass die Methode zur Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen auf objektiven und nicht diskriminierenden Kriterien beruht und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, ohne dass dieser Grundsatz die Mitgliedstaaten daran hindern würde, neue Anbieter, die noch keine nennenswerte Marktpräsenz erlangt haben, von dieser Regelung zu befreien.

    89

    Aus dem Wortlaut und dem Kontext der in Rede stehenden Bestimmungen geht somit hervor, dass der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten die Möglichkeit lassen wollte, den Kreis der Teilnehmer am Verfahren zur Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen zu bestimmen, sofern gewisse Anforderungen erfüllt werden, die in diesen Bestimmungen ausdrücklich genannt sind.

    90

    Insoweit ist zwar nicht ausgeschlossen, dass Aufteilungskriterien, die sich danach richten, wie viel Wettbewerbsdruck Mobilfunkdienste auf Festnetztelekommunikationsdienste ausüben – nämlich weil diese Dienste mehr oder weniger austauschbar sind –, welchen Anteil Mobilfunkdienstanbieter an der Nutzung der öffentlichen Telekommunikationsnetze haben oder welche Vorteile diesen Anbietern aus der Bereitstellung des Universaldiensts erwachsen, als mit den in den Rn. 83, 84, 87 und 88 des vorliegenden Urteils genannten Grundsätzen, insbesondere den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung, vereinbar angesehen werden können; gleichwohl kann aus den Bestimmungen der Richtlinien 97/33 und 2002/22 nicht abgeleitet werden, dass sie die Beteiligung der Mobilfunkdienstanbieter am Verfahren zur Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen davon abhängig machen, dass ein bestimmter Grad an Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten besteht.

    91

    Diese Schlussfolgerung wird weder durch das auf die Mitteilung vom 27. November 1996 gestützte Vorbringen von Vodafone Italia noch durch ihr Argument in Frage gestellt, dass zwischen den Rechtsvorschriften der Union auf dem Gebiet der elektronischen Kommunikation und denen über Postdienste Ähnlichkeit bestehe, so dass der 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft (ABl. 2008, L 52, S. 3) – wonach bei der Entscheidung, welche Unternehmen für Beiträge zu einem Ausgleichsfonds, mit dem der Universaldienst finanziert werden soll, herangezogen werden, zu prüfen ist, ob die von diesen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen vom Standpunkt der Nutzer als Dienste, die unter den Universaldienst fallen, gelten können, da sie einen ausreichenden Grad an Austauschbarkeit mit dem Universaldienst aufweisen – sowie die dazu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten entsprechend anzuwenden sei.

    92

    Zum einen begründet nämlich die Mitteilung vom 27. November 1996 keine allgemeine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Beteiligung von Mobilfunkdienstanbietern am Verfahren zur Aufteilung der Nettokosten des Universaldiensts von der Feststellung eines bestimmten Grades an Austauschbarkeit zwischen Mobilfunk- und Festnetztelefoniediensten abhängig zu machen.

    93

    Wie sich im Wesentlichen aus Abschnitt 3 Nr. 8 dieser Mitteilung ergibt, hatte die Europäische Kommission dort lediglich darauf hingewiesen, dass sie im Rahmen ihrer Einschätzung der Lizenzierungs- oder Anmeldeverfahren für Sprachtelefonie und für die Bereitstellung öffentlicher Telekommunikationsnetze, die die Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 96/19/EG der Kommission vom 13. März 1996 zur Änderung der Richtlinie 90/388/EWG hinsichtlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten (ABl. 1996, L 74, S. 13) bis spätestens zum 1. Januar 1997 bekannt geben müssten, prüfen werde, ob, was den Beitrag neuer Marktteilnehmer und/oder Mobilfunkbetreiber zu den Nettokosten des Universaldiensts angehe, die Last, die diese Akteure zu tragen hätten, nach objektiven und nicht diskriminierenden Kriterien sowie im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bemessen worden sei, insbesondere mit Blick auf den Grad an Austauschbarkeit von Mobiltelefonie und Festnetztelefoniediensten.

    94

    Daraus folgt, dass die Kommission die Berücksichtigung dieses Grades an Austauschbarkeit allenfalls als einen von mehreren Gesichtspunkten ihrer Beurteilung der Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Betracht gezogen hatte.

    95

    Was zum anderen den 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/6 betrifft, genügt der Hinweis, dass die Richtlinien 97/33 und 2002/22 keinen Erwägungsgrund und keine Bestimmung enthalten, deren Wortlaut dem dieses 27. Erwägungsgrundes entspräche.

    96

    Nach alledem ist auf Teil a) der Frage zu antworten, dass Art. 5 der Richtlinie 97/33 und Art. 13 der Richtlinie 2002/22 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung, nach der die Beteiligung von Mobilfunkdienstanbietern am Verfahren zur Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen unter den Betreibern elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste nicht davon abhängt, dass ein bestimmter Grad an Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten besteht, nicht entgegensteht, sofern diese Regelung insbesondere die Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Objektivität und der Minimierung der finanziellen Belastung der Endnutzer wahrt.

    Kosten

    97

    Für die Beteiligten der Ausgangsverfahren ist das Verfahren Teil der beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

     

    Art. 5 der Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldiensts und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP) und Art. 13 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie)

     

    sind dahin auszulegen, dass

     

    es Sache der Mitgliedstaaten ist, unter Wahrung der Grundsätze der Objektivität, der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit sowie unter Beachtung des Erfordernisses, Marktverfälschungen unter Wahrung des öffentlichen Interesses zu minimieren, die Kriterien festzulegen, nach denen die nationalen Regulierungsbehörden im Wege der Einzelfallprüfung der Situation jedes betroffenen Unternehmens beurteilen können, ob die sich aus den Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen ergebende Belastung für einen mit solchen Verpflichtungen betrauten Betreiber als übermäßig und damit unzumutbar angesehen werden kann;

     

    die zuständige nationale Regulierungsbehörde bei dieser Beurteilung alle spezifischen Merkmale des betreffenden Betreibers zu prüfen und dabei seine Situation im Vergleich zu der seiner Wettbewerber auf dem betreffenden Markt zu berücksichtigen hat;

     

    der Grad der Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten bei dieser Beurteilung ein relevanter Gesichtspunkt sein kann, ebenso wie die Gesamtheit der wettbewerblichen Zwänge, denen der Universaldienstanbieter unterliegt;

     

    sie einer nationalen Regelung, nach der die Beteiligung von Mobilfunkdienstanbietern am Verfahren zur Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen unter den Betreibern elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste nicht davon abhängt, dass ein bestimmter Grad an Austauschbarkeit von Festnetztelefonie- und Mobilfunkdiensten besteht, nicht entgegensteht, sofern diese Regelung insbesondere die Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Objektivität und der Minimierung der finanziellen Belastung der Endnutzer wahrt.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.

    Top