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Document 62021CJ0693
Judgment of the Court (Fourth Chamber) of 14 December 2023.#EDP España, SA v Naturgy Energy Group, SA, and European Commission.#Appeal – State aid – Environmental incentive measure adopted by the Kingdom of Spain for coal-fired power plants – Decision to initiate the formal investigation procedure – Action for annulment.#Joined Cases C-693/21 P and C-698/21 P.
Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 14. Dezember 2023.
EDP España, SA gegen Naturgy Energy Group SA und Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Umweltschutzanreizmaßnahme des Königreichs Spaniens für Kohlekraftwerke – Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens – Nichtigkeitsklage.
Verbundene Rechtssachen C-693/21 P und C-698/21 P.
Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 14. Dezember 2023.
EDP España, SA gegen Naturgy Energy Group SA und Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Umweltschutzanreizmaßnahme des Königreichs Spaniens für Kohlekraftwerke – Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens – Nichtigkeitsklage.
Verbundene Rechtssachen C-693/21 P und C-698/21 P.
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2023:989
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)
14. Dezember 2023 ( *1 )
„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Umweltschutzanreizmaßnahme des Königreichs Spaniens für Kohlekraftwerke – Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens – Nichtigkeitsklage“
In den verbundenen Rechtssachen C‑693/21 P und C‑698/21 P
betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. November 2021 und am 19. November 2021,
EDP España SA mit Sitz in Oviedo (Spanien), zunächst vertreten durch J. L. Buendía Sierra, A. Lamadrid de Pablo und V. Romero Algarra, Abogados, dann durch A. Lamadrid de Pablo und V. Romero Algarra, Abogados,
Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑693/21 P,
unterstützt durch
Endesa Generación SAU mit Sitz in Sevilla (Spanien), vertreten durch B. Barrantes Díaz, Abogada, und M. Petite, Avocat,
Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,
andere Parteien des Verfahrens:
Naturgy Energy Group SA, vormals Gas Natural SDG SA, mit Sitz in Madrid (Spanien), vertreten durch J. Blanco Carol und F. E. González Díaz, Abogados,
Klägerin im ersten Rechtszug,
Europäische Kommission, vertreten durch C.‑M. Carrega, P. Němečková und D. Recchia als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Generaciones Eléctricas Andalucía SLU, vormals Viesgo Producción SL, mit Sitz in Santander (Spanien), vertreten durch L. de Pedro Martín und L. Ques Mena, Abogados,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
und
Naturgy Energy Group SA, vormals Gas Natural SDG SA, mit Sitz in Madrid, vertreten durch J. Blanco Carol und F. E. González Díaz, Abogados,
Klägerin in der Rechtssache C‑698/21 P,
unterstützt durch
Endesa Generación SAU mit Sitz in Sevilla, vertreten durch B. Barrantes Díaz, Abogada, und M. Petite, Avocat,
Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch C.‑M. Carrega, P. Němečková und D. Recchia als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
EDP España SA mit Sitz in Oviedo, zunächst vertreten durch J. L. Buendía Sierra, A. Lamadrid de Pablo und V. Romero Algarra, Abogados, dann durch A. Lamadrid de Pablo und V. Romero Algarra, Abogados,
Generaciones Eléctricas Andalucía SLU, vormals Viesgo Producción SL, mit Sitz in Santander, vertreten durch L. de Pedro Martín und L. Ques Mena, Abogados,
Streithelferinnen im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richterin O. Spineanu-Matei, der Richter J.‑C. Bonichot (Berichterstatter) und S. Rodin sowie der Richterin L. S. Rossi,
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Juli 2023
folgendes
Urteil
1 |
Mit ihren Rechtsmitteln beantragen die EDP España SA (C‑693/21) und die Naturgy Energy Group SA (C‑698/21) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 8. September 2021, Naturgy Energy Group/Kommission (T‑328/18, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:548), mit dem das Gericht die Nichtigkeitsklage der Naturgy Energy Group, vormals die Gas Natural SDG SA, gegen den Beschluss C(2017) 7733 final der Kommission vom 27. November 2017 über die staatliche Beihilfe SA.47912 (2017/NN) – Umweltanreiz für Kohlekraftwerke (im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat. |
Rechtlicher Rahmen
2 |
Art. 4 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) sieht vor: „Stellt die [Europäische] Kommission nach einer vorläufigen Prüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt, so beschließt sie, das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV zu eröffnen …“ |
3 |
Art. 6 Abs. 1 der Verordnung lautet: „(1) Der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens enthält eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt. Der betreffende Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten werden in diesem Beschluss zu einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat aufgefordert. In ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist verlängern.“ |
4 |
Art. 9 Abs. 1 und 2 der Verordnung bestimmt: „(1) Das förmliche Prüfverfahren wird unbeschadet des Artikels 10 durch einen Beschluss nach den Absätzen 2 bis 5 des vorliegenden Artikels abgeschlossen. (2) Gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die angemeldete Maßnahme, gegebenenfalls nach entsprechenden Änderungen durch den betreffenden Mitgliedstaat, keine Beihilfe darstellt, so stellt sie dies durch Beschluss fest.“ |
Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss
5 |
Von 1998 bis 2007 hatten alle spanischen Stromerzeugungsanlagen unabhängig von der verwendeten Technologie Anspruch auf eine als „Leistungsgarantie“ bezeichnete Beihilfe, mit der die Erhaltung und Einrichtung von Erzeugungskapazitäten im Elektrizitätssystem gefördert werden sollten, um eine zuverlässige Versorgung zu gewährleisten; davon ausgenommen waren allerdings Anlagen zur Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, für die es eine eigene finanzielle Anreizmaßnahme gab. |
6 |
2007 ermächtigte der spanische Gesetzgeber das Ministerium für Industrie, Tourismus und Handel, die Leistungsgarantie durch einen als „Kapazitätsabgabe“ bezeichneten finanziellen Anreiz zu ersetzen. |
7 |
Diese Entscheidung wurde durch das Real Decreto 871/2007 por el que se ajustan las tarifas eléctricas a partir del 1 de julio de 2007 (Königliches Dekret 871/2007 zur Anpassung der Stromtarife zum 1. Juli 2007) vom 29. Juni 2007 (BOE Nr. 156 vom 30. Juni 2007, S. 28324) umgesetzt, wonach die „Kapazitätsabgabe“ ab dem 1. Oktober 2007 in Kraft tritt. |
8 |
Die Regelung der „Kapazitätsabgabe“ wurde durch die Orden ITC/2794/2007, por la que se revisan las tarifas eléctricas a partir del 1 de octubre de 2007 (Verordnung ITC/2794/2007 zur Anpassung der Stromtarife zum 1. Oktober 2007) vom 27. September 2007 (BOE Nr. 234 vom 29. September 2007, S. 39690, im Folgenden: Verordnung ITC/2794/2007) präzisiert. |
9 |
Diese Verordnung sieht eine „Kapazitätsabgabe“ vor, die insbesondere Investitionen in die Produktion fördern soll. Zu diesem Zweck enthält sie zwei Anreizmaßnahmen für Produktionsanlagen mit einer installierten Mindestleistungskapazität von 50 Megawatt (MW), für die die allgemeine Regelung des Peninsularsystems gilt. |
10 |
Die erste Anreizmaßnahme betrifft Anlagen, die nach dem 1. Januar 1998 in Betrieb genommen und nicht mehr als zehn Jahre betrieblich genutzt wurden. Sie soll durch einen finanziellen Ausgleich der Investitionskosten die Errichtung und tatsächliche Inbetriebnahme neuer Anlagen fördern und beträgt 20000 Euro pro MW pro Jahr. |
11 |
Die zweite Anreizmaßnahme (im Folgenden: streitige Maßnahme), die nach Anhang III Nr. 10 der Verordnung ITC/2794/2007 vom Minister für Industrie, Tourismus und Handel genehmigt wird, betrifft Erweiterungen oder sonstige wesentliche Umgestaltungen bestehender Anlagen sowie Investitionen in neue Anlagen in prioritären Technologiezweigen, um die Ziele der Energiepolitik und der Versorgungssicherheit zu erreichen. |
12 |
Die sie betreffende Regelung wurde durch die Orden ITC/3860/2007, por la que se revisan las tarifas eléctricas a partir del 1 de enero de 2008 (Verordnung ITC/3860/2007 zur Anpassung der Stromtarife zum 1. Januar 2008) vom 28. Dezember 2007 (BOE Nr. 312 vom 29. Dezember 2007, S. 53781, im Folgenden: Verordnung ITC/3860/2007) präzisiert. |
13 |
Aus der Verordnung ITC/3860/2007 ergibt sich, dass nur Kohlekraftwerke, die von dem vom Consejo de Ministros (Ministerrat, Spanien) am 7. Dezember 2007 genehmigten nationalen Plan zum Abbau von Emissionen bestehender Großfeuerungsanlagen (im Folgenden: PNRE‑GIC) erfasst sind, die genannte Maßnahme in Anspruch nehmen können. |
14 |
Diese Kraftwerke sind in die im PNRE‑GIC geregelte sogenannte „Emissionsblase“ aufzunehmen, mit der aus einem der in dem Plan aufgeführten Gründe die je Unternehmen zulässige Emissionsmenge festgelegt wird. |
15 |
Ferner müssen die Investitionen vor dem Inkrafttreten der Verordnung ITC/2794/2007 am 1. Oktober 2007 getätigt worden sein, oder der Antrag für ihre Genehmigung muss mindestens drei Monate vor diesem Zeitpunkt gestellt worden sein. |
16 |
2011 wurde die Anspruchsberechtigung hinsichtlich der streitigen Maßnahme auf Kohlekraftwerke erweitert, die nicht nur Investitionen in Entschwefelungsanlagen, sondern auch andere „Umweltinvestitionen“ zum Abbau von Schwefeloxidemissionen getätigt hatten, sofern diese Investitionen vor dem Inkrafttreten der Verordnung ITC/3860/2007 getätigt worden waren. |
17 |
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, haben Kohlekraftwerke ab dem Zeitpunkt der Entscheidung zur Genehmigung der Inbetriebnahme der geförderten Anlagen zehn Jahre lang Anspruch auf eine finanzielle Beihilfe in Höhe von 8750 Euro pro MW pro Jahr. |
18 |
Am 29. April 2015 leitete die Kommission eine Untersuchung über staatliche Beihilfen auf dem Markt der Kapazitätsmechanismen in elf Mitgliedstaaten ein, zu denen auch das Königreich Spanien gehörte. |
19 |
Nach Abschluss dieser Untersuchung unterrichtete die Kommission am 4. April 2017 die spanischen Behörden über die Einleitung einer Untersuchung zur streitigen Maßnahme. |
20 |
Am 27. November 2017 erließ die Kommission den streitigen Beschluss, mit dem sie das in Art. 108 Abs. 2 AEUV vorgesehene förmliche Prüfverfahren eröffnet hat. |
21 |
In diesem Beschluss wies die Kommission darauf hin, dass sie vorläufig zu dem Schluss gelangt sei, dass die streitige Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstelle, und Zweifel hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt habe. |
Klage beim Gericht und angefochtenes Urteil
22 |
Am 28. Mai 2018 beantragte Naturgy Energy Group, ein insbesondere in der Stromerzeugung durch Kohlekraftwerke tätiges spanisches Unternehmen, mit einer bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Klageschrift die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses. |
23 |
EDP España und die Viesgo Producción SL, zwei von der streitigen Maßnahme begünstigte spanische Unternehmen, wurden als Streithelferinnen zur Unterstützung von Naturgy Energy Group zugelassen. |
24 |
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage auf Nichtigerklärung abgewiesen. |
25 |
Zunächst hat das Gericht den ersten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht in Bezug auf die Selektivität der streitigen Maßnahme gerügt wurde, als unbegründet zurückgewiesen. |
26 |
In Rn. 60 des angefochtenen Urteils hat das Gericht darauf hingewiesen, dass sich ein Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nach der Verordnung 2015/1589 auf eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der in Rede stehenden staatlichen Maßnahme und Ausführungen über die Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt beschränken könne. |
27 |
In Rn. 61 des angefochtenen Urteils hat das Gericht weiter ausgeführt, dass die Kommission verpflichtet sei, dieses Verfahren zu eröffnen, wenn sie bei einer ersten Prüfung nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Frage ausräumen könne, ob die geprüfte Maßnahme eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, und zwar zumindest dann, wenn sie bei dieser ersten Prüfung nicht die Überzeugung habe gewinnen können, dass die Maßnahme, sollte sie eine staatliche Beihilfe darstellen, jedenfalls mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. |
28 |
In Rn. 62 des angefochtenen Urteils hat das Gericht daran erinnert, dass der Eröffnungsbeschluss die Beteiligten in die Lage versetzen solle, sich wirksam am förmlichen Prüfverfahren zu beteiligen. Dieser Beschluss enthalte vorläufige Beurteilungen, und die Kommission sei nicht dazu verpflichtet, in dieser Anfangsphase alle gegebenenfalls ungelösten Fragen zu klären. |
29 |
In Rn. 63 des angefochtenen Urteils hat das Gericht erläutert, dass Art. 9 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589, wonach die Kommission nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens feststellen könne, dass die Maßnahme keine Beihilfe darstelle, bestätige, dass die Einstufung einer staatlichen Maßnahme als staatliche Beihilfe in einem solchen Beschluss zwangsläufig vorläufig sei. |
30 |
In den Rn. 64 und 65 des angefochtenen Urteils hat das Gericht das Vorbringen der Klägerin zu den Rechtssachen, in denen die Urteile vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma de Galicia und Retegal/Kommission (C‑70/16 P, EU:C:2017:1002), und vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck (C‑524/14 P, EU:C:2016:971), ergangen sind, als ins Leere gehend zurückgewiesen, weil sich das erstgenannte Urteil auf einen Beschluss über die Einstellung des förmlichen Prüfverfahrens beziehe und das zweitgenannte Urteil nicht die Kontrolle der Einhaltung der Begründungspflicht betreffe. |
31 |
In Rn. 73 des angefochtenen Urteils hat das Gericht befunden, dass Naturgy Energy Group unter Berücksichtigung der Natur des streitigen Beschlusses, seines Wortlauts, seines Inhalts, des Kontexts seines Erlasses und sämtlicher einschlägiger Rechtsvorschriften ungeachtet der Gedrängtheit der Begründung zur Selektivität der streitigen Maßnahme in der Lage gewesen sei, die Gründe nachzuvollziehen, aus denen die Kommission vorläufig die Auffassung vertreten habe, dass diese Maßnahme insoweit selektiv sei, als sie bestimmte Kohlekraftwerke gegenüber anderen Kraftwerken oder gegenüber Kraftwerken begünstige, die Elektrizität mit anderen Technologien erzeugten. Diese Auffassung ergebe sich auch aus dem 30. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses, in dem – auch wenn er nicht Teil der Begründung zur Selektivität der streitigen Maßnahme sei – darauf hingewiesen werde, dass die durch diese Maßnahme Begünstigten mit anderen Stromerzeugern im Wettbewerb stünden. |
32 |
In Rn. 74 des angefochtenen Urteils hat das Gericht das Vorbringen von Naturgy Energy Group zurückgewiesen, wonach die Kommission die Begründungspflicht dadurch verletzt habe, dass sie nicht erläutert habe, ob die streitige Maßnahme bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen Unternehmen begünstige, die sich im Hinblick auf das mit dieser Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden. In dieser Randnummer hat es betont, dass es verfrüht sein und die nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens zu ziehenden Schlüsse vorwegnehmen könne, wenn im Stadium der vorläufigen Prüfung in einem Beschluss über die Eröffnung dieses Verfahrens unter allen Umständen eine Begründung zur Vergleichbarkeit der Situationen vorgeschrieben würde. |
33 |
Daher hat das Gericht in Rn. 81 des angefochtenen Urteils den ersten Klagegrund als unbegründet zurückgewiesen. |
34 |
Sodann hat das Gericht auch den zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV in Bezug auf die Selektivität der streitigen Maßnahme gerügt wurde, als unbegründet zurückgewiesen und folglich die Klage insgesamt abgewiesen. |
35 |
Schließlich hat das Gericht Naturgy Energy Group neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission auferlegt und auch Viesgo Producción und EDP España ihre eigenen Kosten auferlegt. |
Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien in den Rechtsmittelverfahren
36 |
Mit ihren Rechtsmitteln in den Rechtssachen C‑693/21 P und C‑698/21 P beantragen EDP España und Naturgy Energy Group, die im ersten Rechtszug Streithelferin bzw. Klägerin waren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären. Ferner beantragt EDP España, der Kommission die im Verfahren vor dem Gerichtshof entstandenen Kosten aufzuerlegen, und Naturgy Energy Group beantragt, der Kommission die in beiden Rechtszügen entstandenen Kosten aufzuerlegen. |
37 |
In den Rechtssachen C‑693/21 P und C‑698/21 P beantragt die Kommission, die Rechtsmittel zurückzuweisen und den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen, während die Generaciones Eléctricas Andalucía SLU, vormals Viesgo Producción sowie Streithelferin im ersten Rechtszug, beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären und der Kommission die in beiden Rechtszügen entstandenen Kosten aufzuerlegen. |
38 |
Mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofs vom 31. Mai 2022, EDP España/Naturgy Energy Group und Kommission (C‑693/21 P, EU:C:2022:415), und vom 31. Mai 2022, Naturgy Energy Group/Kommission (C‑698/21 P, EU:C:2022:417), ist die Endesa Generación SAU als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Rechtsmittelführerinnen zugelassen worden. Mit ihrem Streithilfeschriftsatz in der Rechtssache C‑698/21 P beantragt sie, das angefochtene Urteil aufzuheben, den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären und der Kommission die Kosten aufzuerlegen. |
39 |
Mit Entscheidung vom 31. Januar 2023 sind die Rechtssachen C‑693/21 P und C‑698/21 P zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamem Urteil verbunden worden. |
Zu den Rechtsmitteln
Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Selektivität der Maßnahme
Vorbringen der Parteien
40 |
Mit dem ersten Rechtsmittelgrund, der aus drei Teilen besteht, tragen EDP España und Naturgy Energy Group jeweils vor, das Gericht habe den Klagegrund von Naturgy Energy Group, mit dem eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Selektivität der streitigen Maßnahme gerügt worden sei, zu Unrecht als unbegründet zurückgewiesen. |
41 |
Mit dem ersten Teil dieses ersten Rechtsmittelgrundes machen sie geltend, das Gericht habe in den Rn. 64 und 65 des angefochtenen Urteils die sich aus den Urteilen vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck (C‑524/14 P, EU:C:2016:971), und vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma de Galicia und Retegal/Kommission (C‑70/16 P, EU:C:2017:1002), ergebenden Grundsätze rechtsfehlerhaft ausgelegt. |
42 |
Sie vertreten die Ansicht, dass die Anforderungen an die Begründung von Beschlüssen der Kommission bei einem Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens und bei einem Beschluss über die Einstellung dieses Verfahrens dieselben seien. Daher seien die sich aus dem Urteil vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma de Galicia und Retegal/Kommission (C‑70/16 P, EU:C:2017:1002), ergebenden Grundsätze nicht nur für Einstellungsbeschlüsse maßgeblich. |
43 |
Entgegen den Ausführungen des Gerichts in Rn. 65 des angefochtenen Urteils habe sich der Gerichtshof im Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck (C‑524/14 P, EU:C:2016:971), zudem zur Begründungspflicht in Bezug auf die Selektivität einer Maßnahme geäußert. |
44 |
Mit dem zweiten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe in Rn. 66 des angefochtenen Urteils die sich aus den Urteilen vom 10. März 2016, HeidelbergCement/Kommission (C‑247/14 P, EU:C:2016:149), und vom 16. Oktober 2014, Alcoa Trasformazioni/Kommission (T‑177/10, EU:T:2014:897), ergebenden Grundsätze falsch ausgelegt, als es davon ausgegangen sei, dass der Kontext des Erlasses eines Rechtsakts „den knappen, vagen und allgemeinen Charakter“ seiner Begründung „heilen“ könne. |
45 |
Die Begründungspflicht solle es dem Adressaten ermöglichen, von der Begründung eines Beschlusses Kenntnis zu nehmen, und dem zuständigen Gericht, seine Kontrolle auszuüben, so dass die Begründung im 28. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses entgegen den Ausführungen in Rn. 72 des angefochtenen Urteils offensichtlich unzureichend sei. |
46 |
Zwar habe das Gericht in Rn. 73 des angefochtenen Urteils eingeräumt, dass die Überlegungen der Kommission zur Selektivität der streitigen Maßnahme „gedrängt“ dargelegt seien, in Rn. 66 des angefochtenen Urteils jedoch versucht, dies dadurch zu heilen, dass es auf den Kontext, in dem Naturgy Energy Group ihre Tätigkeiten ausübe, und auf die in ihrer Klageschrift enthaltenen Angaben verwiesen habe. |
47 |
Ferner entbinde der Umstand, dass der streitige Beschluss die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens betreffe, die Kommission entgegen den Ausführungen des Gerichts in Rn. 74 des angefochtenen Urteils nicht davon, bei der Beurteilung des Kriteriums der Selektivität eine Prüfung der Vergleichbarkeit vorzunehmen. |
48 |
Außerdem seien die in Rn. 28 des Urteils vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck (C‑524/14 P, EU:C:2016:971), genannten Rechtsfolgen der Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens für die Begünstigten der Maßnahme, die Gegenstand dieses Verfahrens sei, zu berücksichtigen. |
49 |
Mit dem dritten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes tragen die Rechtsmittelführerinnen schließlich vor, das Gericht habe in den Rn. 68 bis 73 des angefochtenen Urteils die Begründungspflicht auch dadurch verletzt, dass es zwar eingeräumt habe, dass die Begründung des streitigen Beschlusses „gedrängt“ sei, jedoch versucht habe, diese Begründung zu„rekonstruieren“. Zudem sei der 30. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses, auf den das Gericht in Rn. 73 des angefochtenen Urteils Bezug genommen habe, jedenfalls ungeeignet, um die Selektivität der Maßnahme zu erläutern. |
50 |
Generaciones Eléctricas Andalucía ist zur Unterstützung der Anträge der Rechtsmittelführerinnen in den Rechtssachen C‑693/21 P und C‑698/21 P dem Rechtsstreit mit ähnlichem Vorbringen beigetreten. |
51 |
Nach Ansicht der Kommission ist der erste Rechtsmittelgrund in den Rechtssachen C‑693/21 P und C‑698/21 P als unbegründet zurückzuweisen. |
52 |
Sie macht geltend, das Gericht habe in den Rn. 59 bis 63 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei auf die mit der Begründungspflicht verbundenen Anforderungen hingewiesen und sodann – insbesondere in den Rn. 64 und 66 bis 77 des angefochtenen Urteils – zu Recht das Vorbringen der Klägerin und der Streithelferinnen im ersten Rechtszug zurückgewiesen, wonach die Begründung zur Selektivität der streitigen Maßnahme unzureichend sei. |
53 |
Der Gerichtshof habe sich, um im Urteil vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma de Galicia und Retegal/Kommission (C‑70/16 P, EU:C:2017:1002), zu entscheiden, dass die Begründungspflicht verletzt worden sei, zum einen darauf gestützt, dass der in jener Rechtssache fragliche Beschluss keinen Hinweis enthalte, anhand dessen sich die Selektivität der fraglichen Maßnahme nachvollziehen ließe, und zum anderen darauf, dass sich die Selektivität nicht allein aus der Feststellung ergeben könne, dass die geprüfte Maßnahme ausschließlich auf einen Tätigkeitsbereich angewandt werde. Nach Ansicht der Kommission liege hier ein anderer Fall vor, da sie die Selektivität der streitigen Maßnahme damit begründet habe, dass diese Maßnahme nur Kohlekraftwerken zugutekomme, die Kohle als Hauptbrennstoff nutzten. Zudem habe der Gerichtshof in jenem Urteil jedenfalls nicht den speziellen Kontext der Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens berücksichtigen müssen. |
54 |
Ferner habe das Gericht in Rn. 66 des angefochtenen Urteils die Urteile vom 10. März 2016, HeidelbergCement/Kommission (C‑247/14 P, EU:C:2016:149), und vom 16. Oktober 2014, Alcoa Trasformazioni/Kommission (T‑177/10, EU:T:2014:897), nicht falsch ausgelegt und angewandt, da es sich auf die Feststellung beschränkt habe, dass der streitige Beschluss in einem der Klägerin wohlbekannten Kontext erlassen worden sei. |
55 |
Zu dem Vorbringen, das Gericht habe versucht, die Gedrängtheit der Begründung dadurch zu heilen, dass es sich auf den Kontext und die Kenntnis der Klägerin vom geltenden rechtlichen Rahmen gestützt habe, führt die Kommission aus, dass die Begründung des streitigen Beschlusses im Unterschied zur Begründung des im Urteil vom 10. März 2016, HeidelbergCement/Kommission (C‑247/14 P, EU:C:2016:149), in Rede stehenden Rechtsakts weder vage noch allgemein gehalten noch äußerst knapp sei. |
56 |
Die Kommission fügt hinzu, dass die Begründung des streitigen Beschlusses knapp sein dürfe, wenn die Beteiligten in der Lage seien, die Gründe nachzuvollziehen, aus denen sie die streitige Maßnahme vorläufig als selektiv angesehen habe, und das Gericht seine Rechtmäßigkeitskontrolle ausüben könne. Sie stützt sich insbesondere auf Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589. |
57 |
Was das angebliche Fehlen jeglicher Überlegungen zur Selektivität der streitigen Maßnahme betreffe, habe das Gericht in Rn. 75 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass die Klägerin verstanden habe, dass die Kommission festgestellt habe, dass die Maßnahme ausschließlich Kohlekraftwerken gewährt werde, nicht aber Kraftwerken, die andere Technologien nutzten. Die nachteiligen Rechtsfolgen, die sich aus der Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens für die Begünstigten einer in Durchführung befindlichen Maßnahme ergäben, seien im vorliegenden Fall hypothetisch. |
58 |
Zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe sich in Rn. 73 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft auf Passagen des streitigen Beschlusses gestützt, die nicht notwendigerweise in dem der Prüfung der Selektivität gewidmeten Teil des Beschlusses enthalten seien, macht die Kommission geltend, dass die Feststellung in jener Randnummer nur dazu gedient habe, ihre Analyse zu untermauern. |
59 |
Zudem sei zur Wahrung der Begründungspflicht jedenfalls nicht erforderlich, dass die Beschlüsse der Kommission einer besonderen Struktur folgten. Vielmehr genüge es, dass die Parteien in der Lage seien, die Gründe zu erkennen, die den fraglichen Beschluss rechtfertigten. |
60 |
Es seien überdies verschiedene Bestandteile des Beschlusses zu berücksichtigen, und sein Inhalt sei „insgesamt“ zu prüfen (Urteil vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a.,C‑128/16 P, EU:C:2018:591, Rn. 93). |
Würdigung durch den Gerichtshof
61 |
Nach ständiger Rechtsprechung muss die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den beanstandeten Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Unionsrichter seine Kontrolle durchführen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses, das die Adressaten des Rechtsakts oder andere unmittelbar und individuell von ihm betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 10. März 2016, HeidelbergCement/Kommission,C‑247/14 P, EU:C:2016:149, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
62 |
In Bezug auf einen Beschluss der Kommission über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher Beschluss nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine „vorläufige Würdigung“ des Beihilfecharakters der fraglichen staatlichen Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt enthält. |
63 |
Außerdem wird – wie das Gericht in Rn. 63 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat – durch Art. 9 Abs. 2 der Verordnung 2015/1589, wonach die Kommission nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens feststellen kann, dass diese Maßnahme keine Beihilfe darstellt, bestätigt, dass die Einstufung einer staatlichen Maßnahme als staatliche Beihilfe in einem solchen Beschluss vorläufig ist. |
64 |
Gleichwohl stellt die Kommission, wie sich aus Art. 4 Abs. 4 der Verordnung 2015/1589 ergibt, in einem Beschluss über die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens sowohl die Einstufung der geprüften Maßnahme als staatliche Beihilfe als auch das Bestehen von Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt – wenn auch nur vorläufig – fest. |
65 |
Dieser Beschluss entfaltet zudem eigenständige Rechtswirkungen, insbesondere hinsichtlich der Aussetzung der geprüften Maßnahme (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 2013, Deutsche Post/Kommission, C‑77/12 P, EU:C:2013:695, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die nationalen Gerichte müssen es unterlassen, Entscheidungen zu treffen, die einem Beschluss der Kommission zuwiderlaufen, selbst wenn er nur vorläufigen Charakter hat. Folglich sind diese Gerichte verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Konsequenzen aus einem eventuellen Verstoß gegen die Pflicht zur Aussetzung der Durchführung der in Rede stehenden Maßnahme zu ziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. November 2013, Deutsche Lufthansa, C‑284/12, EU:C:2013:755, Rn. 41 und 42). |
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Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass das förmliche Prüfverfahren nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 es dem betroffenen Mitgliedstaat und den anderen Beteiligten ermöglicht, zur Analyse der Kommission Stellung zu nehmen. |
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Daraus folgt, dass die Kommission ungeachtet der Vorläufigkeit ihrer Analyse gleichwohl die Gründe klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, aus denen sie die Ansicht vertreten hat, dass die in Rede stehende Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellen könne. |
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Demnach ist die Analyse des Gerichts in Rn. 64 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft, wonach das Vorbringen von Naturgy Energy Group und der Streithelferinnen im ersten Rechtszug zur Verletzung der Pflicht zur Begründung des streitigen Beschlusses, das auf die dem Urteil vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma de Galicia und Retegal/Kommission (C‑70/16 P, EU:C:2017:1002), zugrunde liegende Rechtssache gestützt sei, allein deshalb ins Leere gehe, weil es in jener Rechtssache um einen Beschluss der Kommission über die Einstellung des förmlichen Prüfverfahrens gegangen sei. |
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Insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Pflicht zur Begründung des Beschlusses über die Einstellung des förmlichen Prüfverfahrens grundsätzlich unerheblich für den Beschluss über die Eröffnung dieses Verfahrens ist. |
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Des Weiteren hat das Gericht in Rn. 74 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft befunden, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, die Gründe, aus denen die streitige Maßnahme bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen, sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befindlichen Unternehmen begünstige, – auch nicht in knapper Form – darzulegen, weil es verfrüht sein könne, wenn im Stadium der vorläufigen Prüfung in einem Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens unter allen Umständen eine Begründung zur Vergleichbarkeit der Situationen vorgeschrieben würde. |
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Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht nämlich hervor, dass eine Maßnahme, die nur einem Produktionszweig oder einem Teil der Unternehmen dieses Produktionszweigs zugutekommt, nicht zwangsläufig selektiv ist, sondern es nur dann ist, wenn sie im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung bewirkt, dass bestimmte Unternehmen gegenüber anderen begünstigt werden, die einem anderen oder demselben Wirtschaftszweig angehören und sich im Hinblick auf das mit dieser Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Dezember 2016,Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 58, und vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma de Galicia und Retegal/Kommission, C‑70/16 P, EU:C:2017:1002, Rn. 61). |
72 |
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission dann, wenn sie in Bezug auf einen Beschluss, ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen, zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Maßnahme selektiv ist, die Gründe, und sei es auch nur knapp, darzulegen hat, aus denen sie der Ansicht ist, dass diese Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung bestimmte Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen begünstigt, die sich im Hinblick auf das mit dieser Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden. |
73 |
Aus den Rn. 72 und 73 des angefochtenen Urteils, auf die Rn. 74 dieses Urteils verweist, geht jedoch nicht hervor, dass die Kommission die Gründe dargelegt hätte, aus denen sich die im PNRE‑GIC aufgeführten Kohlekraftwerke, die durch die streitige Maßnahme begünstigt wurden, im Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel in einer tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, die mit derjenigen anderer Kraftwerke vergleichbar sei, die nicht durch diese Maßnahme begünstigt wurden. |
74 |
In Rn. 72 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich lediglich festgestellt, dass im streitigen Beschluss darauf hingewiesen werde, dass ausschließlich die im PNRE‑GIC aufgeführten Kohlekraftwerke durch die streitige Maßnahme begünstigt würden, um zu befinden, dass das in Rn. 28 des streitigen Beschlusses verwendete Wort „ausschließlich“ es ermögliche, die im PNRE‑GIC aufgeführten Kohlekraftwerke von den Kraftwerken, die eine andere Technologie einsetzten, oder von jedem anderen Kraftwerk, das nicht von diesem Plan erfasst werde, zu unterscheiden. |
75 |
Ferner hat das Gericht in Rn. 73 des angefochtenen Urteils allgemein auf die Art des streitigen Beschlusses, seinen Wortlaut, seinen Inhalt, den Kontext seines Erlasses und sämtliche einschlägigen Rechtsvorschriften verwiesen, um zu befinden, dass die Klägerin trotz der von ihm selbst eingeräumten „Gedrängtheit“ der Begründung zur Selektivität der streitigen Maßnahme in der Lage gewesen sei, die Gründe nachzuvollziehen, aus denen die Kommission die streitige Maßnahme vorläufig als selektiv angesehen habe. |
76 |
Es ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in derselben Randnummer zur Begründung seiner Analyse zwar auch auf den 30. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses verwiesen hat, in dem vom Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den durch die Maßnahme Begünstigten und anderen Stromerzeugern die Rede ist, doch reicht auch dies nicht aus, um die Vergleichbarkeit der Situationen der durch die streitige Maßnahme begünstigten Kraftwerke und der durch sie nicht Begünstigten rechtlich hinreichend zu erläutern (vgl. entsprechend Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 59). |
77 |
Hinzu kommt, dass für die Beurteilung der Begründung eines Beschlusses zwar dessen Inhalt insgesamt zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a., C‑128/16 P, EU:C:2018:591, Rn. 93), doch kann eine solche Prüfung nicht darüber hinweghelfen, dass es – wie im vorliegenden Fall – keine Angaben zur Vergleichbarkeit der Situationen der durch die streitige Maßnahme begünstigten Kraftwerke und der durch sie nicht Begünstigten gibt. |
78 |
Nach alledem ist dem ersten Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerinnen in den Rechtssachen C‑693/21 P und C‑698/21 P stattzugeben. |
79 |
Folglich ist das angefochtene Urteil aufzuheben, ohne dass der von den Rechtsmittelführerinnen hilfsweise geltend gemachte zweite Rechtsmittelgrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV in Bezug auf das Kriterium der Selektivität gerügt wird, zu prüfen wäre. |
Zur Klage beim Gericht
80 |
Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, falls er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist. |
81 |
Das ist hier der Fall, da die auf die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses abzielenden Klagegründe vor dem Gericht streitig erörtert wurden und deren Prüfung keine weitere prozessleitende Maßnahme oder Beweisaufnahme erfordert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. März 2023, Kommission u. a./Pharmaceutical Works Polpharma, C‑438/21 P bis C‑440/21 P, EU:C:2023:213, Rn. 98). |
82 |
Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission aus den in den Rn. 61 bis 67 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen in einem Beschluss über die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 296 AEUV verpflichtet ist, die Gründe klar und eindeutig zum Ausdruck zu bringen, aus denen sie zu der Ansicht gelangt ist, dass die in Rede stehende Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellen könne. Wie in Rn. 72 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat die Kommission dann, wenn sie eine Maßnahme für selektiv hält, die Gründe, und sei es auch nur knapp, darzulegen, aus denen sie der Ansicht ist, dass diese Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung bestimmte Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen begünstigt, die sich im Hinblick auf das mit dieser Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden. |
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Insoweit genügt der Hinweis, dass im vorliegenden Fall die Kommission aus den in den Rn. 73 bis 77 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen dem ihr nach Art. 296 AEUV obliegenden Begründungserfordernis nicht nachgekommen ist, da sie nicht dargelegt hat, aus welchen Gründen die streitige Maßnahme bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen Unternehmen, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, begünstigen und daher selektiv sein soll. |
84 |
Folglich ist dem ersten Klagegrund von Naturgy Energy Group stattzugeben und der streitige Beschluss für nichtig zu erklären, ohne dass der zweite Klagegrund geprüft zu werden braucht. |
Kosten
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Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet dieser über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet. |
86 |
Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da in den vorliegenden Rechtssachen die Kommission unterlegen ist und Naturgy Energy Group und EDP España ihre Verurteilung zur Tragung der Kosten beantragt haben, sind der Kommission ihre eigenen Kosten sowie die Kosten aufzuerlegen, die Naturgy Energy Group im ersten Rechtszug und vor dem Gerichtshof sowie EDP España vor dem Gerichtshof entstanden sind. |
87 |
Art. 184 Abs. 4 der Verfahrensordnung sieht vor, dass einer erstinstanzlichen Streithilfepartei, wenn sie das Rechtsmittel nicht selbst eingelegt hat, im Rechtsmittelverfahren Kosten nur dann auferlegt werden können, wenn sie am schriftlichen oder mündlichen Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat. Nimmt eine solche Partei am Verfahren teil, so kann der Gerichtshof ihr ihre eigenen Kosten auferlegen. Danach trägt Generaciones Eléctricas Andalucía, Streithelferin im ersten Rechtszug, die am Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat, ihre eigenen Kosten. |
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Schließlich kann der Gerichtshof nach Art. 140 Abs. 3 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in Art. 140 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung genannten seine eigenen Kosten trägt. Nach diesen Bestimmungen trägt Endesa Generación als Streithelferin in den Rechtssachen C‑693/21 P und C‑698/21 P ihre eigenen Kosten. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: |
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Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.