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Document 62021CJ0335

    Urteil des Gerichtshofs (Neunte Kammer) vom 22. September 2022.
    Vicente gegen Delia.
    Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado de Primera Instancia n° 10 bis de Sevilla.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Richtlinie 93/13/EWG – Unlautere Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern – Effektivitätsgrundsatz – Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Summarisches Verfahren zur Vollstreckung von Anwaltshonoraren – Etwaige Missbräuchlichkeit von Klauseln in einer Honorarvereinbarung – Nationale Regelung, die keine Möglichkeit der gerichtlichen Kontrolle vorsieht – Art. 4 Abs. 2 – Reichweite der Ausnahme – Richtlinie 2005/29/EG – Art. 7 – Irreführende Geschäftspraxis – Vertrag zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten, der es dem Mandanten unter Androhung einer finanziellen Sanktion untersagt, seine Klage ohne Wissen oder gegen den Rat des Rechtsanwalts zurückzunehmen.
    Rechtssache C-335/21.

    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:720

     URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

    22. September 2022 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Richtlinie 93/13/EWG – Unlautere Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern – Effektivitätsgrundsatz – Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Summarisches Verfahren zur Vollstreckung von Anwaltshonoraren – Etwaige Missbräuchlichkeit von Klauseln in einer Honorarvereinbarung – Nationale Regelung, die keine Möglichkeit der gerichtlichen Kontrolle vorsieht – Art. 4 Abs. 2 – Reichweite der Ausnahme – Richtlinie 2005/29/EG – Art. 7 – Irreführende Geschäftspraxis – Vertrag zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten, der es dem Mandanten unter Androhung einer finanziellen Sanktion untersagt, seine Klage ohne Wissen oder gegen den Rat des Rechtsanwalts zurückzunehmen“

    In der Rechtssache C‑335/21

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de Primera Instancia no 10 bis de Sevilla (Gericht erster Instanz Nr. 10a von Sevilla, Spanien) mit Entscheidung vom 24. Mai 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Mai 2021, in dem Verfahren

    Vicente

    gegen

    Delia

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin, des Richters J.‑C. Bonichot und der Richterin O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin),

    Generalanwalt: P. Pikamäe,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der spanischen Regierung, vertreten durch I. Herranz Elizalde als Bevollmächtigten,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29) in der durch die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 (ABl. 2011, L 304, S. 64) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 93/13) und der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22, berichtigt in ABl. 2009, L 253, S. 18).

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Rechtsanwalt Vicente und Frau Delia, seiner Mandantin, infolge der Nichtzahlung des Honorars, das für an Frau Delia erbrachte juristische Dienstleistungen verlangt wird.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    Richtlinie 93/13

    3

    In den Erwägungsgründen 21 und 24 der Richtlinie 93/13 heißt es:

    „Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass in von einem Gewerbetreibenden mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträgen keine missbräuchlichen Klauseln verwendet werden. …

    Die Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten müssen über angemessene und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird …“

    4

    Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

    „Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.“

    5

    Art. 4 der Richtlinie bestimmt:

    „(1)   Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.

    (2)   Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.“

    6

    Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

    „Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

    7

    Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 sieht vor:

    „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.“

    Richtlinie 2005/29

    8

    Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29 bestimmt:

    „Unlautere Geschäftspraktiken sind insbesondere solche, die

    a) irreführend im Sinne der Artikel 6 und 7

    oder

    b) aggressiv im Sinne der Artikel 8 und 9 sind.“

    9

    Art. 7 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie sieht vor:

    „(1)   Eine Geschäftspraxis gilt als irreführend, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte.

    (2)   Als irreführende Unterlassung gilt es auch, wenn ein Gewerbetreibender wesentliche Informationen gemäß Absatz 1 unter Berücksichtigung der darin beschriebenen Einzelheiten verheimlicht oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellt oder wenn er den kommerziellen Zweck der Geschäftspraxis nicht kenntlich macht, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und dies jeweils einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er ansonsten nicht getroffen hätte.“

    Spanisches Recht

    10

    Das Honorarvollstreckungsverfahren ist in der Ley 1/2000 de Enjuiciamiento Civil (Gesetz 1/2000 über den Zivilprozess) vom 7. Januar 2000 (BOE Nr. 7 vom 8. Januar 2000, S. 575, im Folgenden: LEC) geregelt.

    11

    Art. 34 LEC, der die „Rechnung des Prozessbevollmächtigten“ betrifft, sah in Abs. 2 vor:

    „Nachdem die Rechnung vorgelegt und vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle für zulässig befunden worden ist, fordert der Urkundsbeamte den Vollmachtgeber auf, den Rechnungsbetrag zu zahlen oder mit der Begründung, dass er nicht geschuldet sei, innerhalb einer Frist von zehn Tagen Widerspruch gegen die Rechnung zu erheben; hierbei weist der Urkundsbeamte darauf hin, dass die Vollstreckung von Amts wegen erfolgt, wenn der Vollmachtgeber weder zahlt noch Widerspruch erhebt.

    Erhebt der Vollmachtgeber innerhalb der genannten Frist Widerspruch, so gewährt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dem Prozessbevollmächtigten eine Frist von drei Tagen, um zu dem Widerspruch Stellung zu nehmen. Anschließend prüft der Urkundsbeamte die Honorarrechnung und die Verfahrensakte sowie die vorgelegten Unterlagen und erlässt binnen zehn Tagen eine Verfügung, mit der er den dem Prozessbevollmächtigten zu zahlenden Betrag festsetzt und darauf hinweist, dass die Vollstreckung von Amts wegen erfolgt, sollte die Zahlung nicht binnen fünf Tagen nach der Zustellung bewirkt werden.

    Die Verfügung nach dem vorstehenden Unterabsatz unterliegt keinem Rechtsmittel, greift jedoch einem möglicherweise in einem späteren ordentlichen Verfahren ergehenden Urteil nicht – auch nicht partiell – vor.“

    12

    Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 3 LEC wurde mit dem Urteil 34/2019 des Tribunal Constitucional (Verfassungsgerichtshof, Spanien) vom 14. März 2019 (BOE Nr. 90 vom 15. April 2019, S. 39549, im Folgenden: Urteil Nr. 34/2019) für verfassungswidrig und nichtig erklärt.

    13

    Art. 35 („Anwaltshonorare“) LEC bestimmte:

    „1.   Rechtsanwälte können gegenüber der Partei, die sie vertreten, die Zahlung der in der Rechtssache entstandenen Honorare einfordern, indem sie eine detaillierte Rechnung vorlegen und ausdrücklich erklären, dass ihnen diese Honorare geschuldet werden und noch nicht beglichen worden sind. …

    2.   Nach der Vorlage dieser Honorarforderung fordert der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Schuldner auf, den fraglichen Betrag zu zahlen oder innerhalb einer Frist von zehn Tagen Widerspruch gegen die Rechnung zu erheben, wobei er darauf hinweist, dass die Vollstreckung von Amts wegen erfolgt, wenn der Schuldner weder zahlt noch Widerspruch erhebt.

    Wird innerhalb dieser Frist gegen die Honorare mit der Begründung Widerspruch eingelegt, sie seien nicht geschuldet, so ist nach Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 des vorstehenden Artikels vorzugehen.

    Wird gegen die Honorare mit der Begründung Widerspruch eingelegt, sie seien überhöht, so gewährt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dem Rechtsanwalt eine Frist von drei Tagen, um zu dem Widerspruch Stellung zu nehmen. Lehnt der Rechtsanwalt es ab, die Honorarbeträge wie verlangt herabzusetzen, so nimmt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, sofern der Rechtsanwalt nicht das Vorliegen eines schriftlichen, vom Widerspruchsführer angenommenen Kostenvoranschlags nachweist, die Honorarfestsetzung nach den Art. 241 ff. vor und erlässt eine Verfügung, mit der der geschuldete Betrag festgesetzt und darauf hingewiesen wird, dass die Vollstreckung von Amts wegen erfolgt, sollte die Zahlung nicht binnen fünf Tagen nach der Zustellung bewirkt werden.

    Diese Verfügung unterliegt keinem Rechtsmittel, greift jedoch einem möglicherweise in einem späteren ordentlichen Verfahren ergehenden Urteil nicht – auch nicht partiell – vor.

    3.   Erhebt der Schuldner der Honorare innerhalb der gesetzten Frist keinen Widerspruch, erfolgt die Vollstreckung in Höhe des Betrags, der sich aus der Rechnung ergibt.“

    14

    In Art. 35 Abs. 2 Unterabs. 2 LEC wurde das Textelement „Unterabs. … 3“ durch das Urteil Nr. 34/2019 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Ebenfalls für verfassungswidrig und nichtig erklärt wurde Art. 35 Abs. 2 Unterabs. 4 LEC.

    15

    Art. 206 („Arten von Entscheidungen“) LEC befindet sich in Kapitel VIII („Prozessuale Entscheidungen“) der LEC. Dieser Artikel bestimmt:

    „…

    2.   Die Entscheidungen der Urkundsbeamten der Geschäftsstelle werden als ‚Maßnahmen‘ und ‚Verfügungen‘ bezeichnet.

    …“

    16

    In Art. 454bis („Überprüfungsantrag“) LEC heißt es:

    „1.   …

    Verfügungen, die das Verfahren beenden oder dessen Fortsetzung verhindern, können mit einem direkten Überprüfungsantrag angefochten werden. Dieser Antrag hat keine aufschiebende Wirkung, und es ist in keinem Fall möglich, entgegen dem zu handeln, was entschieden worden ist.

    Ferner kann in den ausdrücklich vorgesehenen Fällen ein direkter Überprüfungsantrag gegen Verfügungen gerichtet werden.

    2.   Der Überprüfungsantrag ist innerhalb von fünf Tagen mittels eines Schriftsatzes zu stellen, in dem der Fehler angegeben ist, mit dem die Verfügung behaftet sein soll. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, erklärt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Antrag durch eine prozessleitende Maßnahme für zulässig und gewährt den Gegenparteien eine allgemeine Frist von fünf Tagen, um dem Antrag entgegenzutreten, wenn sie dies für zweckmäßig halten.

    Erfüllt der Antrag nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen, so erklärt ihn das Gericht durch Verfügung für unzulässig.

    Nach Ablauf der für das Entgegentreten gesetzten Frist entscheidet das Gericht innerhalb von fünf Tagen durch Beschluss, unabhängig davon, ob schriftliche Stellungnahmen eingegangen sind oder nicht. Entscheidungen über die Zulässigkeit oder die Unzulässigkeit sind nicht anfechtbar.

    3.   Gegen den Beschluss, mit dem über den Überprüfungsantrag entschieden wird, kann nur dann Berufung eingelegt werden, wenn er das Verfahren beendet oder dessen Fortsetzung verhindert.“

    17

    Infolge der in den Rn. 12 und 14 des vorliegenden Urteils erwähnten teilweisen Nichtigerklärung der Art. 34 und 35 LEC können die Verfügungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, die zuvor nicht anfechtbar waren, nunmehr Gegenstand eines auf Art. 454bis LEC gestützten Überprüfungsantrags sein.

    18

    In Art. 517 Abs. 2 LEC heißt es:

    „Zur Vollstreckung sind nur folgende Titel geeignet:

    9.

    andere prozessuale Entscheidungen und Urkunden, die nach diesem oder einem anderen Gesetz vollstreckbar sind.“

    19

    Art. 556 („Einspruch gegen die Vollstreckung prozessualer oder schiedsgerichtlicher Entscheidungen oder von Mediationsvereinbarungen“) LEC sieht in Abs. 1 vor:

    „Handelt es sich bei dem Vollstreckungstitel um eine eine Verurteilung aussprechende prozessuale oder schiedsgerichtliche Entscheidung oder eine Mediationsvereinbarung, kann der Vollstreckungsschuldner innerhalb von zehn Tagen nach der Zustellung des Beschlusses, mit dem sie für vollstreckbar erklärt wird, Einspruch einlegen, indem er schriftlich die Zahlung oder die Erfüllung der Verpflichtung aus dem Urteil, dem Schiedsspruch oder der Vereinbarung geltend macht und durch Vorlage von Dokumenten nachweist.

    Er kann auch einwenden, dass die Vollstreckungshandlung verjährt sei oder dass Vereinbarungen oder Vergleiche zur Abwendung der Vollstreckung geschlossen worden seien, sofern diese Vereinbarungen und Vergleiche in einer öffentlichen Urkunde niedergelegt sind.“

    20

    Art. 557 („Einspruch gegen die Vollstreckung aus anderen als gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Titeln“) LEC bestimmt in Abs. 1:

    „Wird die Vollstreckung aufgrund von Titeln im Sinne der Nrn. 4, 5, 6 und 7 oder aufgrund anderer, in Art. 517 Abs. 2 Nr. 9 genannter Vollstreckungstitel angeordnet, so kann der Vollstreckungsschuldner gegen sie in der im vorhergehenden Artikel vorgesehenen Frist und Form nur Einspruch einlegen, sofern er sich auf einen der folgenden Gründe stützt:

    7. Vorliegen missbräuchlicher Klauseln im Titel.“

    Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

    21

    Am 9. Februar 2017 schlossen Frau Delia auf der einen sowie die Rechtsanwälte Augusto und Vicente auf der anderen Seite eine Mandatsvereinbarung. Diese betraf insbesondere die juristische Analyse, die außergerichtliche Rechtsverfolgung und, falls erforderlich, die gerichtliche Rechtsverfolgung sowie gegebenenfalls die Abfassung und die Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung missbräuchlicher Klauseln in einem Darlehensvertrag, den Frau Delia als Verbraucherin am 26. November 2003 mit einer Bank geschlossen hatte.

    22

    Die Mandatsvereinbarung enthielt eine Klausel, die Folgendes bestimmte: „Mit der Unterzeichnung der Mandatsvereinbarung verpflichtet sich der Mandant, den Weisungen der Anwaltskanzlei zu folgen. Falls er ohne Wissen oder gegen den Rat der Kanzlei aus irgendeinem Grund vor dem Abschluss des Gerichtsverfahrens seine Klage zurücknimmt oder sich mit der Bank einigt, hat er den Betrag zu zahlen, der sich aus der Anwendung der Richttabelle der Rechtsanwaltskammer Sevilla für die Festsetzung der Kosten in Bezug auf die Nichtigkeits- und Zahlungsklage ergibt“ (im Folgenden: Klagerücknahmeklausel).

    23

    Frau Delia trägt vor, sie habe die betreffende Anwaltskanzlei auf eine Werbeanzeige in einem sozialen Netzwerk hin kontaktiert, in der die Klagerücknahmeklausel nicht erwähnt worden sei. Sie sei nur über den Preis der juristischen Dienstleistungen informiert worden. Somit sei im vorliegenden Fall nicht erwiesen, dass sie vor der Unterzeichnung der Mandatsvereinbarung Kenntnis von der Klagerücknahmeklausel gehabt habe.

    24

    Vor der Erhebung der Nichtigkeitsklage machte Rechtsanwalt Vicente am 22. Februar 2017 die Forderung gegenüber der fraglichen Bank außergerichtlich geltend. Daraufhin bot die Bank am 2. Juni 2017 unmittelbar gegenüber Frau Delia die Rückzahlung von 870,67 Euro an, um die Beträge auszugleichen, die sie aufgrund einer im Darlehensvertrag enthaltenen Mindestzinssatzklausel rechtsgrundlos gezahlt habe. Frau Delia beschloss, dieses Angebot anzunehmen. Es gibt jedoch keinen Beweis für den genauen Zeitpunkt, zu dem sie Rechtsanwalt Vicente über die Antwort der Bank informierte. Es steht auch nicht fest, ob Rechtsanwalt Vicente ihr damals geraten hat, das Angebot nicht anzunehmen.

    25

    Die Klage auf Nichtigerklärung der Mindestzinssatzklausel, die mit dem Datum 22. Mai 2017 versehen und von Rechtsanwalt Vicente und einer Prozessbevollmächtigten unterzeichnet war, wurde am 12. Juni 2017 beim vorlegenden Gericht, dem Juzgado de Primera Instancia no 10 bis de Sevilla (Gericht erster Instanz Nr. 10a von Sevilla, Spanien), registriert.

    26

    Mit Telefax vom 13. Juni 2017 teilte Rechtsanwalt Vicente seiner Mandantin mit, dass er mit dem Angebot der Bank nicht einverstanden sei, und betonte, dass eine Klage gegen die Bank erhoben worden sei.

    27

    Am 25. September 2017 teilte die Prozessbevollmächtigte dem vorlegenden Gericht mit, dass Frau Delia ihre Klage zurücknehme, weil ihre Forderung außergerichtlich erfüllt worden sei. Die Klagerücknahme sei darauf zurückzuführen, dass Frau Delia entgegen dem Rat ihres Anwalts nach Klageerhebung dieser außergerichtlichen Einigung zugestimmt habe. Infolgedessen erließ der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des vorlegenden Gerichts am selben Tag eine Verfügung, mit der das Verfahren beendet wurde.

    28

    Dem Vorabentscheidungsersuchen zufolge machte Rechtsanwalt Vicente am 13. November 2017 beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des vorlegenden Gerichts im Honorarvollstreckungsverfahren eine Forderung in Höhe von 1105,50 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer, d. h. insgesamt 1337,65 Euro, gegen Frau Delia geltend, wobei der Betrag wie folgt berechnet wurde:

    „Rechnungsgrundlage: 18000,00 Euro. Ergebnis nach Anwendung der Richttabelle: 2211,00 [Euro];

    … 50 % für die Erhebung der Klage: 1105,50 [Euro]“.

    29

    Als Beleg für den geforderten Betrag war dem Antrag ein Dokument mit dem Titel „Honorarvereinbarung“ beigefügt, das auf die Honorarvorschriften der Rechtsanwaltskammer Sevilla verwies.

    30

    Frau Delia wies das verlangte Honorar im Beistand eines gerichtlich beigeordneten Rechtsanwalts mit der Begründung zurück, dass es nicht geschuldet sei. Sie sei nämlich nicht über das Bestehen der Klagerücknahmeklausel informiert worden, so dass sie lediglich verpflichtet sei, 10 % des von der darlehensgebenden Bank erhaltenen Betrags, d. h. 105,35 Euro, als Honorar zu zahlen, was sie bereits getan habe. Hierbei berief sich Frau Delia auch auf die Missbräuchlichkeit der Klagerücknahmeklausel.

    31

    Mit Verfügung vom 15. Oktober 2020 wies der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des vorlegenden Gerichts diesen Widerspruch zurück und setzte den von Frau Delia als Anwaltshonorar geschuldeten Betrag auf 1337,65 Euro fest, wobei er eine Zahlungsfrist von fünf Tagen gewährte und für den Fall der Nichtzahlung die Vollstreckung von Amts wegen androhte. Die Frage der Missbräuchlichkeit der Klagerücknahmeklausel wurde vom Urkundsbeamten nicht geprüft.

    32

    Am 2. Februar 2021 stellte Frau Delia beim vorlegenden Gericht in Bezug auf diese Verfügung einen Überprüfungsantrag, der für zulässig erklärt und Rechtsanwalt Vicente übermittelt wurde. Dieser reichte eine Stellungnahme ein, in der er beantragte, den Überprüfungsantrag zurückzuweisen und Frau Delia die Kosten aufzuerlegen.

    33

    Das vorlegende Gericht führt aus, es sei zweifelhaft, ob die nationalen Verfahrensvorschriften über das Honorarvollstreckungsverfahren den Anforderungen der Richtlinie 93/13, des Effektivitätsgrundsatzes und des in Art. 47 der Charta vorgesehenen Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz entsprächen.

    34

    Nach spanischem Recht verfügten Rechtsanwälte über drei prozessuale Optionen, um die Zahlung der ihnen geschuldeten Honorare gerichtlich geltend zu machen: das ordentliche Gerichtsverfahren, das Mahnverfahren oder das Honorarvollstreckungsverfahren nach Art. 35 LEC, bei dem es sich um ein summarisches Verfahren mit eingeschränkten Garantien handele. Für das letztgenannte Verfahren sei der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle desjenigen Gerichts zuständig, das mit dem Verfahren befasst gewesen sei, das den Honoraranspruch ausgelöst habe.

    35

    Das Honorarvollstreckungsverfahren unterliege also zunächst der Zuständigkeit eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, d. h. eines Amtsträgers, der gemäß dem Urteil vom 16. Februar 2017, Margarit Panicello (C‑503/15, EU:C:2017:126), und dem Urteil Nr. 34/2019 keine richterlichen Aufgaben ausübe. Nach Art. 35 LEC könnten Honorare mit der Begründung beanstandet werden, dass sie nicht geschuldet oder überhöht seien, wobei die Entscheidung, die der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nach einem solchen Widerspruch erlasse, in Art. 206 LEC als „Verfügung“ bezeichnet werde. Infolge des Urteils Nr. 34/2019 könne gegen diese Verfügung sodann gemäß Art. 454bis LEC ein Überprüfungsantrag gestellt werden.

    36

    Obwohl das Honorarvollstreckungsverfahren nach Art. 35 LEC einen zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrag betreffe, der, wie sich aus dem Urteil vom 15. Januar 2015, Šiba (C‑537/13, EU:C:2015:14), ergebe, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 falle, hänge die Möglichkeit, dass dieses Verfahren bei einem Gericht anhängig werde, folglich davon ab, dass die Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mit einem Überprüfungsantrag angefochten werde. Überdies könne das Gericht angesichts des summarischen Charakters des Überprüfungsverfahrens und der Möglichkeit, gemäß Art. 35 Abs. 2 LEC ein ordentliches Gerichtsverfahren zu betreiben, nicht von Amts wegen prüfen, ob die im Vertrag über juristische Dienstleistungen enthaltenen Klauseln missbräuchlich seien, da die Prüfung durch das Gericht grundsätzlich auf die Tragweite der Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beschränkt sei. Das Beibringen von Beweisen sei zudem auf die Urkunden beschränkt, die bereits dem Urkundsbeamten vorgelegt worden seien.

    37

    Was die Möglichkeit des Verbrauchers betreffe, gemäß Art. 35 Abs. 2 LEC ein ordentliches Gerichtsverfahren zu betreiben, um seine Rechte aus der Richtlinie 93/13 geltend zu machen, so ergebe sich aus dem Urteil Nr. 34/2019, dass dieses Verfahren dem Problem, dass es sich bei dem Honorarvollstreckungsverfahren um ein nicht gerichtliches Verfahren handele, nicht abhelfe, da es nicht verhindere, dass Verfügungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, mit denen Anwaltshonorare festgesetzt würden, Wirkung entfalteten.

    38

    In Bezug auf die Vollstreckung der Verfügungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sei darauf hinzuweisen, dass dieser Verfahrensabschnitt zwar unter gerichtlicher Kontrolle stehe, der Verbraucher einen Einspruch aber nur auf die in Art. 556 LEC vorgesehenen Gründe stützen könne, zu denen die etwaige Missbräuchlichkeit der Klauseln, die in dem Titel enthalten seien, auf dessen Grundlage die betreffende Verfügung ergangen sei, nicht zähle.

    39

    Das vorlegende Gericht führt aus, im Rahmen eines gegen eine Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gerichteten Überprüfungsantrags, wie er nun bei ihm anhängig sei, sei es angesichts des nach Art. 35 LEC bestehenden summarischen Charakters verpflichtet, die Verfügung des Urkundsbeamten entweder zu bestätigen oder aufzuheben. Es sei in diesem Zusammenhang nicht befugt, zu prüfen, ob die Klauseln des vom Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrags missbräuchlich seien.

    40

    Daher sei zunächst zweifelhaft, ob eine solche prozessuale Ausgestaltung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs vereinbar sei, wonach ein Gericht eine solche Prüfung erforderlichenfalls von Amts wegen vornehmen müsse. Zum einen übe der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle im Rahmen des Honorarvollstreckungsverfahrens nämlich keine richterlichen Aufgaben aus und sei für diese Prüfung nicht zuständig. Zum anderen sei auch im Fall eines gegen die Verfügung des Urkundsbeamten gerichteten Überprüfungsantrags nicht vorgesehen, dass das Gericht eine solche Prüfung vornehme. Daher stelle sich die Frage, ob das vorlegende Gericht ungeachtet der in Rede stehenden Verfahrensvorschriften befugt sei, die fragliche Prüfung von Amts wegen selbst vorzunehmen. Es könne sich jedenfalls nicht damit begnügen, die Verfügung aufzuheben und die Sache zum Zweck einer solchen Prüfung an den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zurückzuverweisen, da dieser hierfür nicht zuständig sei.

    41

    Sofern das vorlegende Gericht im vorliegenden Fall verpflichtet sein sollte, die Missbräuchlichkeit der Klagerücknahmeklausel von Amts wegen zu prüfen, stelle sich sodann die Frage, ob diese Klausel unter die in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 vorgesehene Ausnahme falle oder vielmehr den Charakter einer Schadensersatz- oder Strafklausel habe, deren etwaige Missbräuchlichkeit der gerichtlichen Kontrolle unterliege. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass eine Klausel wie die Klagerücknahmeklausel den Hauptgegenstand des Vertrags oder die Angemessenheit zwischen dem Preis und den als Gegenleistung erbrachten Dienstleistungen betreffe, sei allerdings noch zu prüfen, ob sie den Anforderungen an die Transparenz genüge. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass die Klagerücknahmeklausel weder einen bestimmten Betrag noch eine bestimmte Vorgehensweise für die Berechnung des Honorars festlege, sondern lediglich auf die von der Rechtsanwaltskammer Sevilla erstellte Richttabelle verweise. Die Tragweite der nationalen Regelungen in Bezug auf berufsständische Vertretungen und die Auslegung einiger ihrer Bestimmungen seien jedoch nicht offensichtlich.

    42

    Im Übrigen gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Richttabelle, die zur Berechnung des von Rechtsanwalt Vicente verlangten Honorars herangezogen worden sei, öffentlich sei, und es sei auch nicht erwiesen, dass Frau Delia über ihren Inhalt informiert worden sei.

    43

    Schließlich stelle sich die Frage, ob es als unlautere Geschäftspraxis im Sinne der Richtlinie 2005/29 anzusehen sei, wenn in einen zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrag eine Klausel wie die Klagerücknahmeklausel aufgenommen werde, die auf die Richttabelle einer Rechtsanwaltskammer verweise, die ihrerseits weder im kommerziellen Angebot noch in den vor dem Abschluss dieses Vertrags zur Verfügung gestellten Informationen erwähnt worden sei.

    44

    Unter diesen Umständen hat der Juzgado de Primera Instancia no 10 bis de Sevilla (Gericht erster Instanz Nr. 10a von Sevilla) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Ist ein summarisches Verfahren zur Geltendmachung einer Honorarforderung seitens eines Rechtsanwalts, das es nicht zulässt, dass das Gericht Klauseln eines mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrags von Amts wegen auf ihre Missbräuchlichkeit überprüft, da seine Mitwirkung zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens vorgesehen ist, außer in dem Fall, dass der Mandant der Honorarforderung widerspricht und danach eine der Parteien einen Rechtsbehelf gegen die abschließende Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einlegt, mit der Richtlinie 93/13 und dem Grundsatz ihrer Wirksamkeit in Verbindung mit dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 der Charta vereinbar?

    2.

    Ist es mit der Richtlinie 93/13 und dem Grundsatz ihrer Wirksamkeit in Verbindung mit dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 der Charta vereinbar, wenn eine etwaige Missbräuchlichkeitskontrolle seitens des Gerichts, sei es von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei, in einem summarischen Verfahren dieser Art im Rahmen eines möglichen Überprüfungsantrags gegen die Entscheidung eines Organs der Rechtspflege, das wie der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle kein Gericht darstellt, stattfindet, wobei das Überprüfungsverfahren grundsätzlich auf das beschränkt bleiben muss, was Gegenstand der Entscheidung war, und in diesem Verfahren keine anderen Beweise berücksichtigt werden dürfen als die von den Parteien bereits vorgelegten Unterlagen?

    3.

    Ist bei einer in einem Vertrag zwischen einem Rechtsanwalt und einem Verbraucher enthaltenen Klausel wie der hier in Rede stehenden, nach der in dem speziellen Fall, dass der Mandant ohne Wissen oder gegen den Rat der Anwaltskanzlei die Klage vor dem Ende des gerichtlichen Verfahrens zurücknimmt oder sich mit der Bank einigt, ein Honorar zu zahlen ist, davon auszugehen, dass sie unter Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 fällt, weil es sich um eine wesentliche Klausel handelt, die den Vertragsgegenstand, in diesem Fall den Preis, betrifft?

    4.

    Sollte die vorstehende Frage bejaht werden: Kann diese Klausel, mit der das Honorar durch Verweisung auf eine Richttabelle einer Anwaltskammer, die verschiedene, nach Maßgabe des konkreten Einzelfalls anzuwendende Regeln enthält, festgelegt wird und die in den vorab zur Verfügung gestellten Informationen nicht erwähnt worden ist, als klar und verständlich im Sinne des angeführten Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 angesehen werden?

    5.

    Sollte die vorstehende Frage verneint werden: Kann es als unlautere Geschäftspraxis im Sinne der Richtlinie 2005/29 angesehen werden, wenn in einen Vertrag zwischen einem Rechtsanwalt und einem Verbraucher eine Klausel wie die in Rede stehende aufgenommen wird, mit der das Honorar des Rechtsanwalts durch bloße Verweisung auf eine Richttabelle einer Anwaltskammer, die verschiedene, nach Maßgabe des konkreten Einzelfalls anzuwendende Regeln enthält, festgelegt wird und die im kommerziellen Angebot und in den vorab zur Verfügung gestellten Informationen nicht erwähnt worden ist?

    Zur Zulässigkeit

    45

    Die spanische Regierung trägt vor, die ersten drei Fragen sowie die fünfte Frage seien unzulässig. Die erste Frage habe hypothetischen Charakter, da sie eine Situation betreffe, in der kein Überprüfungsantrag gestellt worden sei. In Bezug auf die zweite Frage fehle es an hinreichenden Angaben zum Inhalt der im nationalen Recht vorgesehenen Beschränkungen hinsichtlich des Umfangs der vom Gericht im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens grundsätzlich vorzunehmenden Prüfung. Eine Antwort auf die dritte und die fünfte Frage erscheine für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens weder erforderlich noch erheblich.

    46

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen spricht. Der Gerichtshof kann die Entscheidung über eine von einem nationalen Gericht gemäß Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage nur dann ablehnen, wenn etwa die in Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufgeführten Anforderungen an den Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens nicht erfüllt sind oder offensichtlich ist, dass die Auslegung oder die Beurteilung der Gültigkeit einer Unionsvorschrift, um die das vorlegende Gericht ersucht, in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder wenn das Problem hypothetischer Natur ist (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    47

    Was das Vorbringen anbelangt, die erste Frage sei hypothetisch und die Ausführungen des vorlegenden Gerichts zur zweiten Frage seien lückenhaft, so ist zum einen festzustellen, dass die erste Frage nicht hypothetisch ist, da sie in einem weiten Sinn zu verstehen ist, nämlich dahin, dass im Wesentlichen beurteilt werden soll, ob es mit der Richtlinie 93/13 vereinbar ist, dass ein Gericht nicht befugt ist, die Missbräuchlichkeit einer Klausel, die in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher enthalten ist, von Amts wegen zu prüfen. Zum anderen ermöglichen es die Angaben des vorlegenden Gerichts zur zweiten Frage, deren Tragweite hinreichend zu bestimmen.

    48

    In Bezug auf die dritte und die fünfte Frage ist nicht offensichtlich, dass die erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht.

    49

    Was die dritte Frage anbelangt, müsste das vorlegende Gericht nämlich, falls ihm zu antworten sein sollte, dass es die Missbräuchlichkeit der Klagerücknahmeklausel prüfen muss, beurteilen, ob eine solche Klausel unter die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 fällt. Was die Auslegung der Richtlinie 2005/29 betrifft, um die es in der fünften Frage geht, ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass sie erforderlich ist, „um über den vorliegenden Fall zu entscheiden“. Sie hängt also mit der Prüfung der Missbräuchlichkeit der Klagerücknahmeklausel gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 zusammen, die das vorlegende Gericht im Fall einer entsprechenden Antwort auf die ersten drei Fragen vorzunehmen haben wird.

    50

    Folglich sind die ersten drei Fragen sowie die fünfte Frage zulässig.

    Zu den Vorlagefragen

    Zur ersten und zur zweiten Frage

    51

    Mit seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie 93/13 im Licht des Effektivitätsgrundsatzes und nach Maßgabe von Art. 47 der Charta dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung betreffend ein summarisches Verfahren zur Vollstreckung von Anwaltshonoraren entgegensteht, wenn nach dieser Regelung der gegen den Mandanten/Verbraucher gestellte Antrag Gegenstand einer Entscheidung ist, die von einer nicht als Gericht anzusehenden Stelle erlassen wird, und das Tätigwerden eines Gerichts erst im Stadium eines etwaigen Rechtsbehelfs gegen diese Entscheidung vorgesehen ist, ohne dass das aus diesem Anlass angerufene Gericht – erforderlichenfalls von Amts wegen – prüfen könnte, ob die Klauseln in dem Vertrag, der dem verlangten Honorar zugrunde liegt, missbräuchlich sind, und ohne dass es den Parteien gestatten könnte, andere Beweise beizubringen als die bereits der nicht gerichtlichen Stelle vorgelegten Urkunden.

    52

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die bestehende Ungleichheit zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem nur durch ein positives Eingreifen von dritter, von den Vertragsparteien unabhängiger Seite ausgeglichen werden kann, so dass das nationale Gericht von Amts wegen prüfen muss, ob eine in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 fallende Vertragsklausel missbräuchlich ist, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito, C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 41 bis 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    53

    Zwar hat der Gerichtshof bereits in mehrfacher Hinsicht und unter Berücksichtigung der Anforderungen von Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dargelegt, wie das nationale Gericht den Schutz der den Verbrauchern nach dieser Richtlinie zustehenden Rechte sicherstellen muss, doch sind die Verfahren zur Prüfung, ob eine Vertragsklausel missbräuchlich ist, im Prinzip nicht unionsrechtlich harmonisiert und damit Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten (Urteil vom 26. Juni 2019, Addiko Bank, C‑407/18, EU:C:2019:537, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies gilt auch im Ausgangsverfahren für die das Honorarvollstreckungsverfahren regelnden Verfahrensvorschriften des spanischen Rechts, die mangels Harmonisierung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung Spaniens sind.

    54

    Allerdings dürfen nach dem in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht weniger günstig ausgestaltet sein als für entsprechende innerstaatliche Klagen (Äquivalenzgrundsatz), und sie dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (Urteil vom 24. Oktober 2018, XC u. a., C‑234/17, EU:C:2018:853, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    55

    Was den Effektivitätsgrundsatz anbelangt, der allein von den Fragen des vorlegenden Gerichts betroffen ist, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen (Urteil vom 14. März 2013, Aziz, C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    56

    Auch wenn die Wahrung des Effektivitätsgrundsatzes nicht so weit gehen kann, dass eine völlige Untätigkeit des betroffenen Verbrauchers ausgeglichen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2014, Kušionová, C‑34/13, EU:C:2014:2189, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung), ist zu prüfen, ob im Hinblick auf die Besonderheiten des betreffenden nationalen Verfahrens eine nicht zu vernachlässigende Gefahr besteht, dass in Verfahren, die von Gewerbetreibenden angestrengt werden und bei denen Verbraucher auf der Gegenseite stehen, die Verbraucher davon abgehalten werden, ihre Rechte aus der Richtlinie 93/13 geltend zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito, C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 54 und 56).

    57

    Sieht die fragliche nationale Regelung das Tätigwerden eines Gerichts und die Prüfung der Missbräuchlichkeit der Klauseln eines zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrags erst in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium vor, z. B. im Stadium des Einspruchs gegen einen bereits erlassenen Mahnbescheid oder, wie im Ausgangsverfahren, im Fall eines Überprüfungsantrags gegen die Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, so kann dieses Tätigwerden die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 93/13 nur dann wahren, wenn der Verbraucher nicht davon abgeschreckt wird, seine Rechte – als Antragsteller oder Antragsgegner – in diesem Verfahrensstadium geltend zu machen (vgl. entsprechend Urteil vom 20. September 2018, EOS KSI Slovensko, C‑448/17, EU:C:2018:745, Rn. 46 und 51).

    58

    Schließlich hat der Gerichtshof auch entschieden, dass die sich aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ergebende Pflicht der Mitgliedstaaten, Verfahrensmodalitäten vorzusehen, mit denen sichergestellt werden kann, dass die Rechte gewahrt werden, die dem Einzelnen aus dieser Richtlinie gegen die Verwendung missbräuchlicher Klauseln erwachsen, das Erfordernis eines Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf, das ebenfalls in Art. 47 der Charta verankert ist, impliziert (Urteil vom 13. September 2018, Profi Credit Polska, C‑176/17, EU:C:2018:711, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    59

    Die ersten beiden Fragen sind im Licht dieser Rechtsprechung zu beantworten.

    60

    Im vorliegenden Fall kann der Verbraucher, wie sich aus den Rn. 34 bis 36 des vorliegenden Urteils ergibt, wenn er das von seinem Anwalt verlangte Honorar für nicht geschuldet oder überhöht hält, beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des nationalen Gerichts, das mit dem das betreffende Honorar auslösenden Verfahren befasst war, Widerspruch gegen die Honorarforderung einlegen. Der Urkundsbeamte erlässt dann eine Verfügung, in der der geschuldete Betrag unter Androhung der Vollstreckung festgesetzt wird. Wenngleich der Urkundsbeamte bestimmte Prüfungen in Bezug auf das Honorar vornimmt, geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass er als nicht gerichtliche Stelle nicht dafür zuständig ist, zu prüfen, ob eine Klausel des Vertrags, aus dem sich das Honorar ergibt, nach Maßgabe der Richtlinie 93/13 missbräuchlich ist.

    61

    Beschließt der Verbraucher, die Verfügung des Urkundsbeamten mit einem Überprüfungsantrag anzufechten, so ergibt sich aus Art. 454bis LEC, dass dieser Antrag innerhalb von fünf Tagen zu stellen ist und keine aufschiebende Wirkung hat. Aus den Angaben im Vorabentscheidungsersuchen geht ferner hervor, dass das mit einem solchen Antrag befasste Gericht die Missbräuchlichkeit der Klauseln in dem Vertrag, der dem verlangten Honorar zugrunde liegt, nicht prüfen kann, da sich seine Kontrolle auf den Gegenstand der Verfügung des Urkundsbeamten beschränkt. Überdies ist das Beibringen von Beweisen diesen Angaben zufolge auf die Urkunden beschränkt, die bereits dem Urkundsbeamten vorgelegt wurden.

    62

    Die spanische Regierung trägt in ihren schriftlichen Erklärungen vor, das vorlegende Gericht habe den Regelungsgehalt der LEC unzutreffend dargelegt. Tatsächlich enthalte die LEC weder in Bezug auf die Möglichkeit des Gerichts, die Missbräuchlichkeit von Klauseln zu prüfen, noch hinsichtlich der Beweiserhebung im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens irgendeine explizite Beschränkung.

    63

    Hierzu genügt der Hinweis, dass der Gerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV zwar für die Auslegung des Unionsrechts zuständig ist, es aber ausschließlich Sache des vorlegenden Gerichts ist, das nationale Recht auszulegen. Der Gerichtshof hat demnach von der Auslegung des nationalen Rechts auszugehen, die ihm das vorlegende Gericht unterbreitet hat (Urteil vom 26. Juni 2019, Addiko Bank, C‑407/18, EU:C:2019:537, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    64

    In Anbetracht der Merkmale des in der LEC vorgesehenen Überprüfungsverfahrens, wie sie im Vorabentscheidungsersuchen dargelegt worden sind, wozu insbesondere gehört, dass das Gericht die Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nur in beschränktem Maße kontrollieren kann, dass es dem Gericht untersagt ist, von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei die Missbräuchlichkeit der Klauseln in dem Vertrag, der dem verlangten Honorar zugrunde liegt, zu prüfen und dass die Beweiserhebungsregeln offenbar verhindern, dass eine Partei zur Geltendmachung ihrer Rechte aus der Richtlinie 93/13 andere Beweise beibringt als die bereits dem Urkundsbeamten vorgelegten, kann folglich der Schluss gezogen werden, dass eine nicht zu vernachlässigende Gefahr besteht, dass der Verbraucher davon abgehalten wird, diese Rechte im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens geltend zu machen.

    65

    Das vorlegende Gericht weist jedoch darauf hin, dass der Verbraucher im Rahmen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens oder im Zuge des Vollstreckungsverfahrens die Möglichkeit habe, die Missbräuchlichkeit einer Klausel geltend zu machen, die in dem mit seinem Rechtsanwalt geschlossenen Vertrag enthalten sei, auf dessen Grundlage der Anwalt von ihm die Honorarzahlung verlange.

    66

    Was erstens das ordentliche Gerichtsverfahren betrifft, von dem in Art. 34 Abs. 2 und Art. 35 Abs. 2 LEC die Rede ist, so geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen nicht klar hervor, dass die Einleitung dieses Verfahrens durch den Verbraucher in Bezug auf die Vollstreckung der Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bzw. der auf einen Überprüfungsantrag hin ergangenen, diese Verfügung bestätigenden Gerichtsentscheidung aufschiebende Wirkung hätte, so dass es dem mit einem solchen Verfahren befassten Gericht möglich wäre, die Missbräuchlichkeit von Klauseln des betreffenden Vertrags zu prüfen, bevor diese Entscheidungen vollstreckt werden.

    67

    Was zweitens das Tätigwerden eines Gerichts im Stadium der Vollstreckung anbelangt, so ist in Bezug auf die Vollstreckung der Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle darauf hinzuweisen, dass solche Verfügungen nach Ansicht des vorlegenden Gerichts als „prozessuale Entscheidungen“ einzustufen sind, so dass der Verbraucher im Stadium ihrer Vollstreckung gemäß Art. 556 LEC nicht berechtigt ist, die Missbräuchlichkeit bestimmter Klauseln des Vollstreckungstitels geltend zu machen.

    68

    Auch die Vollstreckung der im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens ergangenen Entscheidung scheint angesichts der rechtlichen Natur dieser Entscheidung den in Art. 556 LEC vorgesehenen Einspruchsgründen zu unterliegen, so dass der Vollstreckungsschuldner im Rahmen eines Einspruchs – der keine aufschiebende Wirkung hat – nur die Erfüllung der Verpflichtung, die Verjährung der Vollstreckungshandlung oder den Abschluss eines Vergleichs zwischen den Parteien geltend machen kann.

    69

    Daraus folgt – vorbehaltlich der dem vorlegenden Gericht obliegenden Überprüfungen in Bezug auf die Auslegung des nationalen Rechts –, dass offenbar weder durch das ordentliche Gerichtsverfahren noch durch das Vollstreckungsverfahren die Gefahr beseitigt werden kann, dass der Verbraucher nicht in der Lage ist, seine Rechte aus der Richtlinie 93/13 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens geltend zu machen.

    70

    Folglich steht die Richtlinie 93/13 im Licht des Effektivitätsgrundsatzes und nach Maßgabe von Art. 47 der Charta einer nationalen Verfahrensregelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegen, soweit diese Regelung die Prüfung der Missbräuchlichkeit von Klauseln in einem Vertrag zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten weder im Stadium des Widerspruchs gegen die Honorarforderung im Rahmen der ersten Stufe des Verfahrens vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts, das mit dem das fragliche Honorar auslösenden Verfahren befasst war, noch anlässlich eines Überprüfungsantrags, der anschließend bei einem Gericht in Bezug auf die Entscheidung des Urkundsbeamten gestellt werden könnte, zulässt.

    71

    Die spanische Regierung und die Kommission machen jedoch geltend, eine unionsrechtskonforme Auslegung der nationalen Verfahrensregelung, die es dem mit einem Überprüfungsantrag befassten Gericht ermöglichen würde, von Amts wegen oder auf Antrag des Verbrauchers die Missbräuchlichkeit einer Klausel des der Honorarforderung zugrunde liegenden Vertrags zu prüfen, sei möglich, was auch das vorlegende Gericht nicht ausschließe.

    72

    Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung verlangt, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und in Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel im Einklang steht (Urteil vom 26. Juni 2019, Addiko Bank, C‑407/18, EU:C:2019:537, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    73

    Insoweit schlägt die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen vor, dass Honorare, die sich aus einer missbräuchlichen Klausel ergäben, als „nicht geschuldet“ im Sinne von Art. 35 Abs. 2 LEC angesehen werden könnten. Jedenfalls müsste das vorlegende Gericht, wenn es der Auffassung sein sollte, dass eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts möglich ist und ihm gestattet, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit der Klagerücknahmeklausel zu prüfen, dementsprechend die Möglichkeit haben, zu diesem Zweck von Amts wegen eine Beweisaufnahme durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito, C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    74

    Das vorlegende Gericht wird folglich zu prüfen haben, inwieweit die nationale Verfahrensregelung im Einklang mit der Richtlinie 93/13 ausgelegt werden kann, woraus es die Konsequenzen wird ziehen müssen, indem es erforderlichenfalls jede nationale Bestimmung oder Rechtsprechung unangewendet lässt, die der sich aus den Anforderungen dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtung des Gerichts entgegensteht, von Amts wegen zu prüfen, ob die zwischen den Parteien vereinbarten Klauseln missbräuchlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. November 2019, Profi Credit Polska, C‑419/18 und C‑483/18, EU:C:2019:930, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    75

    Aufgrund dieser Erwägungen ist auf die ersten beiden Fragen zu antworten, dass die Richtlinie 93/13 im Licht des Effektivitätsgrundsatzes und nach Maßgabe von Art. 47 der Charta dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung betreffend ein summarisches Verfahren zur Vollstreckung von Anwaltshonoraren entgegensteht, wenn nach dieser Regelung der gegen den Mandanten/Verbraucher gestellte Antrag Gegenstand einer Entscheidung ist, die von einer nicht als Gericht anzusehenden Stelle erlassen wird, und das Tätigwerden eines Gerichts erst im Stadium eines etwaigen Rechtsbehelfs gegen diese Entscheidung vorgesehen ist, ohne dass das aus diesem Anlass angerufene Gericht – erforderlichenfalls von Amts wegen – prüfen könnte, ob die Klauseln in dem Vertrag, der dem verlangten Honorar zugrunde liegt, missbräuchlich sind, und ohne dass es den Parteien gestatten könnte, andere Beweise beizubringen als die bereits der nicht gerichtlichen Stelle vorgelegten Urkunden.

    Zur dritten Frage

    76

    Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme eine Klausel eines zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrags erfasst, nach der sich der Mandant der mit einer finanziellen Sanktion bewehrten Verpflichtung unterwirft, den Weisungen dieses Rechtsanwalts zu folgen, nicht ohne dessen Wissen oder gegen dessen Rat zu handeln und in dem Gerichtsverfahren, für das er den Rechtsanwalt mandatiert hat, die Klage nicht eigenmächtig zurückzunehmen.

    77

    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13, da er eine Ausnahme vom Mechanismus der inhaltlichen Kontrolle missbräuchlicher Klauseln vorsieht, eng auszulegen ist. Diese Ausnahme bezieht sich erstens auf Klauseln, die den Hauptgegenstand des Vertrags betreffen, und zweitens auf Klauseln, die die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, betreffen.

    78

    In Bezug auf die Kategorie der Vertragsklauseln, die den „Hauptgegenstand des Vertrags“ betreffen, hat der Gerichtshof entschieden, dass es sich dabei um die Klauseln handelt, die die Hauptleistungen des Vertrags festlegen, was Klauseln ausschließt, die gegenüber denen, die das Wesen des Vertragsverhältnisses selbst definieren, akzessorischen Charakter haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2017, Andriciuc u. a., C‑186/16, EU:C:2017:703, Rn. 35 und 36 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall sind die Hauptleistungen die in Rn. 21 des vorliegenden Urteils genannten Leistungen, wohingegen die Klagerücknahmeklausel darauf abzielt, das Verhalten des Mandanten zu ahnden, der dem Rat seines Rechtsanwalts zuwiderhandelt. Folglich fällt diese Klausel nicht in die fragliche Kategorie.

    79

    Die Klagerücknahmeklausel gehört auch nicht zur Kategorie der Vertragsklauseln, die die Angemessenheit zwischen dem Preis und der Dienstleistung betreffen, da eine solche Klausel kein Entgelt für eine erbrachte Dienstleistung vorsieht, sondern lediglich die Verletzung einer Vertragspflicht mit einer Sanktion belegt (vgl. entsprechend Urteil vom 30. April 2014, Kásler und Káslerné Rábai, C‑26/13, EU:C:2014:282, Rn. 58).

    80

    Folglich ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme eine Klausel eines zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrags, nach der sich der Mandant der mit einer finanziellen Sanktion bewehrten Verpflichtung unterwirft, den Weisungen dieses Rechtsanwalts zu folgen, nicht ohne dessen Wissen oder gegen dessen Rat zu handeln und in dem Gerichtsverfahren, für das er den Rechtsanwalt mandatiert hat, die Klage nicht eigenmächtig zurückzunehmen, nicht erfasst.

    Zur vierten Frage

    81

    Angesichts der Antwort auf die dritte Frage ist die vierte Frage nicht zu beantworten.

    Zur fünften Frage

    82

    Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie 2005/29 dahin auszulegen ist, dass es als unlautere Geschäftspraxis im Sinne dieser Richtlinie angesehen werden kann, wenn in den zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrag eine Klausel aufgenommen wird, die für den Fall, dass der Mandant in dem Gerichtsverfahren, für das er den Rechtsanwalt mandatiert hat, seine Klage eigenmächtig zurücknimmt, eine finanzielle Sanktion zu seinen Lasten vorsieht, wobei diese Klausel auf die Richttabelle einer berufsständischen Vertretung verweist und weder im kommerziellen Angebot noch in den vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellten Informationen erwähnt worden ist.

    83

    Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2005/29 den Begriff der Geschäftspraxis mit einer besonders weiten Formulierung definiert als „jede Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und Marketing eines Gewerbetreibenden, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt“ (Urteil vom 15. März 2012, Pereničová und Perenič, C‑453/10, EU:C:2012:144, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    84

    Ferner gilt die Richtlinie 2005/29 nach ihrem Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. c für unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern vor, während und nach Abschluss eines auf eine Ware oder Dienstleistung bezogenen Handelsgeschäfts. Unlauter sind nach Art. 5 Abs. 4 dieser Richtlinie insbesondere irreführende Praktiken im Sinne der Art. 6 und 7 der Richtlinie.

    85

    Wie sich schließlich aus Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2005/29 ergibt, gilt eine Geschäftspraxis als irreführend, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, verheimlicht oder auf unklare Weise bereitstellt, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte.

    86

    Im vorliegenden Fall stellt die Tatsache, dass in einen Vertrag zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten eine Klausel wie die Klagerücknahmeklausel aufgenommen wurde, ohne dass diese im kommerziellen Angebot oder in den vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellten Informationen erwähnt worden wäre, dem ersten Anschein nach eine Vorenthaltung oder Verheimlichung wesentlicher Informationen dar, die geeignet war, die Entscheidung des Verbrauchers, sich auf dieses Vertragsverhältnis einzulassen, zu beeinflussen. Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht nämlich hervor, dass diese Klausel für die Berechnung der in ihr vorgesehenen Vertragsstrafe auf die Richttabelle der Rechtsanwaltskammer Sevilla verweist, deren Inhalt offenbar schwer zugänglich und verständlich ist, und dass der Verbraucher im Fall der Anwendung dieser Klausel zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet wäre, die einen erheblichen oder im Verhältnis zum Preis der auf der Grundlage dieses Vertrags erbrachten Dienstleistungen sogar unverhältnismäßigen Betrag erreichen könnte. Dies wird jedoch vom vorlegenden Gericht zu überprüfen sein.

    87

    Nach alledem ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass die Richtlinie 2005/29 dahin auszulegen ist, dass die Tatsache, dass in einen zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrag eine Klausel aufgenommen wird, die für den Fall, dass der Mandant in dem Gerichtsverfahren, für das er den Rechtsanwalt mandatiert hat, seine Klage eigenmächtig zurücknimmt, eine finanzielle Sanktion zu seinen Lasten vorsieht, wobei diese Klausel auf die Richttabelle einer berufsständischen Vertretung verweist und weder im kommerziellen Angebot noch in den vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellten Informationen erwähnt worden ist, als„irreführende“ Geschäftspraxis im Sinne von Art. 7 dieser Richtlinie einzustufen ist, sofern die fragliche Vorgehensweise den Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte, was das nationale Gericht zu prüfen hat.

    Kosten

    88

    Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in der durch die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 geänderten Fassung ist im Licht des Effektivitätsgrundsatzes und nach Maßgabe von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

    dahin auszulegen, dass

    sie einer nationalen Regelung betreffend ein summarisches Verfahren zur Vollstreckung von Anwaltshonoraren entgegensteht, wenn nach dieser Regelung der gegen den Mandanten/Verbraucher gestellte Antrag Gegenstand einer Entscheidung ist, die von einer nicht als Gericht anzusehenden Stelle erlassen wird, und das Tätigwerden eines Gerichts erst im Stadium eines etwaigen Rechtsbehelfs gegen diese Entscheidung vorgesehen ist, ohne dass das aus diesem Anlass angerufene Gericht – erforderlichenfalls von Amts wegen – prüfen könnte, ob die Klauseln in dem Vertrag, der dem verlangten Honorar zugrunde liegt, missbräuchlich sind, und ohne dass es den Parteien gestatten könnte, andere Beweise beizubringen als die bereits der nicht gerichtlichen Stelle vorgelegten Urkunden.

     

    2.

    Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 in der durch die Richtlinie 2011/83 geänderten Fassung

    ist dahin auszulegen, dass

    die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme eine Klausel eines zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrags, nach der sich der Mandant der mit einer finanziellen Sanktion bewehrten Verpflichtung unterwirft, den Weisungen dieses Rechtsanwalts zu folgen, nicht ohne dessen Wissen oder gegen dessen Rat zu handeln und in dem Gerichtsverfahren, für das er den Rechtsanwalt mandatiert hat, die Klage nicht eigenmächtig zurückzunehmen, nicht erfasst.

     

    3.

    Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates

    ist dahin auszulegen, dass

    die Tatsache, dass in einen zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrag eine Klausel aufgenommen wird, die für den Fall, dass der Mandant in dem Gerichtsverfahren, für das er den Rechtsanwalt mandatiert hat, seine Klage eigenmächtig zurücknimmt, eine finanzielle Sanktion zu seinen Lasten vorsieht, wobei diese Klausel auf die Richttabelle einer berufsständischen Vertretung verweist und weder im kommerziellen Angebot noch in den vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellten Informationen erwähnt worden ist, als „irreführende“ Geschäftspraxis im Sinne von Art. 7 dieser Richtlinie einzustufen ist, sofern die fragliche Vorgehensweise den Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte, was das nationale Gericht zu prüfen hat.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.

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