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Document 62021CC0580

    Schlussanträge des Generalanwalts A. Rantos vom 17. November 2022.
    EEW Energy from Waste Großräschen GmbH gegen MNG Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom GmbH.
    Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Richtlinie 2009/28/EG – Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen – Art. 16 Abs. 2 Buchst. c – Zugang zu den Übertragungs- und Verteilernetzen – Vorrangiger Zugang für Strom aus erneuerbaren Energiequellen – Erzeugung sowohl aus erneuerbaren als auch aus herkömmlichen Energiequellen.
    Rechtssache C-580/21.

    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:904

     SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    ATHANASIOS RANTOS

    vom 17. November 2022 ( 1 )

    Rechtssache C‑580/21

    EEW Energy from Waste Großräschen GmbH

    gegen

    MNG Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom GmbH,

    Beteiligte:

    50 Hertz Transmission GmbH

    (Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs [Deutschland])

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Richtlinie 2009/28/EG – Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen – Art. 5 Abs. 3 – Art. 16 Abs. 2 Buchst. c – Erzeugungsanlage, in der erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden – Gemischte Abfälle, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle aus Industrie und Haushalten enthalten – Vorrangige Inanspruchnahme bei der Stromeinspeisung in das Netz – Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieses Vorrangs“

    I. Einleitung

    1.

    Nach Art. 194 Abs. 1 Buchst. c AEUV verfolgt die Energiepolitik der Europäischen Union im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten die Entwicklung erneuerbarer Energiequellen ( 2 ). Die Herausforderungen dieser Entwicklung, die insbesondere vor dem aktuellen geopolitischen Hintergrund von erheblicher Tragweite ist, werden im ersten Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/28/EG ( 3 ) hervorgehoben, in dem die Verringerung der Treibhausgasemissionen im Rahmen der Bekämpfung der Klimaerwärmung, die Stärkung der Energieversorgungssicherheit, die Förderung der technologischen Entwicklung und Innovation sowie die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten und von Möglichkeiten der regionalen Entwicklung angeführt werden ( 4 ).

    2.

    Im vorliegenden Fall betrifft das Vorabentscheidungsersuchen den Begriff „Erzeugungsanlage, in der erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden“ im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 sowie den Umfang der vorrangigen Inanspruchnahme solcher Anlagen bei der Stromeinspeisung in das Netz. Konkret möchte der Bundesgerichtshof (Deutschland) wissen, ob und inwieweit dieser vorrangige Netzzugang einer Anlage zukommen soll, die Elektrizität durch thermische Verwertung von gemischten Abfällen erzeugt, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle aus Industrie und Haushalten enthalten.

    3.

    Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der EEW Energy from Waste Großräschen GmbH (im Folgenden: EEW), die eine thermische Abfallverwertungsanlage betreibt, und der MNG Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom GmbH (im Folgenden: MNG Strom), einer Übertragungsnetzbetreiberin, über den Entschädigungsanspruch von EEW infolge der Reduzierung der Stromeinspeisung aufgrund von Netzengpässen. Die 50 Hertz Transmission GmbH (im Folgenden: 50 Hertz), die Betreiberin des MNG Strom vorgelagerten Übertragungsnetzes, ist dem Ausgangsverfahren als Streithelferin von MNG Strom beigetreten.

    II. Rechtlicher Rahmen

    A.   Unionsrecht

    1. Richtlinie 2001/77/EG

    4.

    In Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2001/77/EG ( 5 ) heißt es:

    „Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

    a)

    ‚erneuerbare Energiequellen‘: erneuerbare nichtfossile Energiequellen (Wind, Sonne, Erdwärme, Wellen- und Gezeitenenergie, Wasserkraft, Biomasse, Deponiegas, Klärgas und Biogas);

    b)

    ‚Biomasse‘: der biologisch abbaubare Anteil von Erzeugnissen, Abfällen und Rückständen der Landwirtschaft (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Industriezweige sowie der biologisch abbaubare Anteil von Abfällen aus Industrie und Haushalten;

    c)

    ‚Strom aus erneuerbaren Energiequellen‘: Strom, der in Anlagen erzeugt wurde, die ausschließlich erneuerbare Energiequellen nutzen, sowie der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Hybridanlagen, die auch konventionelle Energieträger einsetzen, einschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen, der zum Auffüllen von Speichersystemen genutzt wird, aber mit Ausnahme von Strom, der als Ergebnis der Speicherung in Speichersystemen gewonnen wird;

    …“

    2. Richtlinie 2009/28

    5.

    In den Erwägungsgründen 1, 11, 25, 60 und 61 der Richtlinie 2009/28 heißt es:

    „(1)

    Die Kontrolle des Energieverbrauchs in Europa sowie die vermehrte Nutzung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen sind gemeinsam mit Energieeinsparungen und einer verbesserten Energieeffizienz wesentliche Elemente des Maßnahmenbündels, das zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und zur Einhaltung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen und weiterer gemeinschaftlicher und internationaler Verpflichtungen zur Senkung der Treibhausgasemissionen über das Jahr 2012 hinaus benötigt wird. Diese Faktoren spielen auch eine wichtige Rolle bei der Stärkung der Energieversorgungssicherheit, der Förderung der technologischen Entwicklung und Innovation sowie der Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten und von Möglichkeiten der regionalen Entwicklung, vor allem in ländlichen und entlegenen Gebieten.

    (11)

    Für die Berechnung des Anteils von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Bestimmung dieser Quellen ist es erforderlich, transparente und eindeutige Regeln festzulegen. …

    (25)

    Die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Potenziale im Bereich der erneuerbaren Energie und wenden auf nationaler Ebene unterschiedliche Regelungen zur Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen an. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten wendet Förderregelungen an, bei denen Vorteile ausschließlich für in ihrem Hoheitsgebiet erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen gewährt werden. …

    (60)

    Der vorrangige Netzzugang und der garantierte Netzzugang für Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen sind wichtig, um erneuerbare Energiequellen in Einklang mit Artikel 11 Absatz 2 und in Fortentwicklung von Artikel 11 Absatz 3 der Richtlinie 2003/54/EG[ ( 6 )] in den Elektrizitätsbinnenmarkt zu integrieren. Die hinsichtlich der Wahrung der Zuverlässigkeit und der Sicherheit des Netzes und hinsichtlich der Einspeisung zu erfüllenden Anforderungen können je nach den Merkmalen des nationalen Netzes und seines sicheren Betriebs unterschiedlich sein. Der vorrangige Netzzugang gewährleistet, dass angeschlossene Erzeuger von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen in der Lage sind, die Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen nach den Netzanschlussregeln jederzeit, wann immer die Energiequelle verfügbar ist, zu verkaufen und zu übertragen. Falls die Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen in den Spotmarkt integriert ist, gewährleistet der garantierte Netzzugang, dass die gesamte verkaufte und geförderte Elektrizität Zugang zum Netz erhält, wodurch an das Netz angeschlossene Anlagen eine Höchstmenge an Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen verwenden können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Abnahmeverpflichtungen für erneuerbare Energie zu fördern oder einzuführen. Bei anderen Netzen wird ein Festpreis für Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen – gewöhnlich kombiniert mit einer Abnahmeverpflichtung für den Netzbetreiber – festgelegt. In diesem Fall ist der vorrangige Netzzugang bereits gegeben.

    (61)

    Unter bestimmten Umständen können die Übertragung und Verteilung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen nicht in vollem Umfang ohne Beeinträchtigung der Zuverlässigkeit oder Sicherheit des Netzes gewährleistet werden. Unter diesen Umständen kann es angebracht sein, diesen Produzenten einen finanziellen Ausgleich zu gewähren. Gleichwohl ist es nach den Zielen dieser Richtlinie erforderlich, die Übertragung und Verteilung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen anhaltend zu steigern, ohne dass dabei die Zuverlässigkeit oder Sicherheit des Netzes beeinträchtigt wird. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen ergreifen, um einen höheren Marktanteil von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen – unter anderem unter Berücksichtigung der Besonderheiten variabler Ressourcen und noch nicht lagerfähiger Ressourcen – zu ermöglichen. …“

    6.

    Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) der Richtlinie 2009/28 bestimmt:

    „Mit dieser Richtlinie wird ein gemeinsamer Rahmen für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorgeschrieben. In ihr werden verbindliche nationale Ziele für den Gesamtanteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch und für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor festgelegt. Gleichzeitig werden Regeln für statistische Transfers zwischen Mitgliedstaaten, gemeinsame Projekte zwischen Mitgliedstaaten und mit Drittländern, Herkunftsnachweise, administrative Verfahren, Informationen und Ausbildung und Zugang zum Elektrizitätsnetz für Energie aus erneuerbaren Quellen aufgestellt. …“

    7.

    Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2009/28 sieht vor:

    „Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten die Begriffsbestimmungen der Richtlinie [2003/54].

    Ferner gelten die folgenden Begriffsbestimmungen. Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

    a)

    ‚Energie aus erneuerbaren Quellen‘ Energie aus erneuerbaren, nichtfossilen Energiequellen, das heißt Wind, Sonne, aerothermische, geothermische, hydrothermische Energie, Meeresenergie, Wasserkraft, Biomasse, Deponiegas, Klärgas und Biogas;

    e)

    ‚Biomasse‘ den biologisch abbaubaren Teil von Erzeugnissen, Abfällen und Reststoffen der Landwirtschaft mit biologischem Ursprung (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Wirtschaftszweige einschließlich der Fischerei und der Aquakultur sowie den biologisch abbaubaren Teil von Abfällen aus Industrie und Haushalten;

    …“

    8.

    Art. 5 („Berechnung des Anteils von Energie aus erneuerbaren Quellen“) Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2009/28 bestimmt:

    (1)   Der Bruttoendenergieverbrauch aus erneuerbaren Quellen in den einzelnen Mitgliedstaaten wird berechnet als Summe

    a)

    des Bruttoendenergieverbrauchs von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen,

    (3)   Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe a wird der Bruttoendenergieverbrauch von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen als die Elektrizitätsmenge berechnet, die in einem Mitgliedstaat aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wird, unter Ausschluss der Elektrizitätserzeugung in Pumpspeicherkraftwerken durch zuvor hochgepumptes Wasser.

    Bei Hybridanlagen, die sowohl Brennstoffe aus erneuerbaren als auch aus herkömmlichen Energiequellen nutzen, wird nur der aus erneuerbaren Energiequellen erzeugte Elektrizitätsanteil berücksichtigt. Hierfür wird der Anteil der einzelnen Energiequellen auf der Grundlage ihres Energiegehalts berechnet.

    …“

    9.

    Art. 15 („Herkunftsnachweis für Elektrizität, Wärme und Kälte, die aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden“) Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 lautet:

    „Zum Zweck des Nachweises gegenüber den Endkunden darüber, welchen Anteil Energie aus erneuerbaren Quellen im Energiemix eines Energieversorgers ausmacht oder in welcher Menge sie darin enthalten ist, der gemäß Artikel 3 Absatz 6 der Richtlinie [2003/54] zu erbringen ist, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Herkunft von aus erneuerbaren Energiequellen erzeugter Elektrizität als solche im Sinne dieser Richtlinie gemäß objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien garantiert werden kann.“

    10.

    Art. 16 („Netzzugang und Betrieb“) Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/28 lautet:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Schritte, um die Übertragungs- und Verteilernetzinfrastruktur, intelligente Netze, Speicheranlagen und das Elektrizitätssystem auszubauen, um den sicheren Betrieb des Elektrizitätssystems zu ermöglichen, während der Weiterentwicklung der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energiequellen Rechnung getragen wird, was die Zusammenschaltung zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten einschließt. Die Mitgliedstaaten ergreifen ferner geeignete Maßnahmen, um die Genehmigungsverfahren für Netzinfrastrukturen zu beschleunigen und die Genehmigung von Netzinfrastrukturen mit Verwaltungs- und Planungsverfahren zu koordinieren.

    (2)   Vorbehaltlich der zur Wahrung der Zuverlässigkeit und der Sicherheit des Netzes zu erfüllenden Anforderungen, auf der Grundlage transparenter und nichtdiskriminierender Kriterien, die von den zuständigen nationalen Behörden festgelegt werden,

    a)

    gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Betreiber der Übertragungs- und Verteilernetze in ihrem Hoheitsgebiet die Übertragung und Verteilung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen gewährleisten;

    b)

    sehen die Mitgliedstaaten außerdem entweder einen vorrangigen Netzzugang oder einen garantierten Netzzugang für Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen vor;

    c)

    stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Betreiber der Übertragungsnetze beim Abrufen von Elektrizitätserzeugungsanlagen auf der Grundlage transparenter und nichtdiskriminierender Kriterien Erzeugungsanlagen Vorrang gewähren, in denen erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden, soweit der sichere Betrieb des nationalen Elektrizitätssystems dies zulässt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass angemessene netz- und marktbezogene betriebliche Maßnahmen ergriffen werden, um Beschränkungen der Einspeisung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen möglichst gering zu halten. Werden umfassende Maßnahmen zur Beschränkung der Einspeisung aus erneuerbaren Energiequellen ergriffen, um die Sicherheit des nationalen Elektrizitätssystems und die Energieversorgungssicherheit zu gewährleisten, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Netzbetreiber diese Maßnahmen der zuständigen Regelungsbehörde melden und angeben, welche Abhilfemaßnahmen sie zu treffen beabsichtigen, um unangemessene Beschränkungen zu vermeiden.“

    B.   Deutsches Recht

    11.

    § 3 („Begriffsbestimmungen“) des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vom 25. Oktober 2008 in der zwischen dem 1. Januar 2012 und dem 31. Juli 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: EEG 2012) ( 7 ) bestimmt:

    „Im Sinne dieses Gesetzes ist

    1.

    ‚Anlage‘ jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien …,

    3.

    ‚Erneuerbare Energien‘ … Energie aus Biomasse … sowie aus dem biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Haushalten und Industrie,

    …“

    12.

    § 8 („Abnahme, Übertragung und Verteilung“) Abs. 1 EEG 2012 sieht vor:

    „Netzbetreiber sind vorbehaltlich des § 11 verpflichtet, den gesamten angebotenen Strom aus Erneuerbaren Energien … unverzüglich vorrangig abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen. …“

    13.

    In § 11 („Einspeisemanagement“) Abs. 1 EEG 2012 heißt es:

    „Netzbetreiber sind … ausnahmsweise berechtigt, an ihr Netz unmittelbar oder mittelbar angeschlossene Anlagen … zu regeln, soweit

    1.

    andernfalls im jeweiligen Netzbereich einschließlich des vorgelagerten Netzes ein Netzengpass entstünde,

    2.

    der Vorrang für Strom aus erneuerbaren Energien … gewahrt wird, soweit nicht sonstige Anlagen zur Stromerzeugung am Netz bleiben müssen, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu gewährleisten, …

    …“

    14.

    § 12 („Härtefallregelung“) Abs. 1 EEG 2012 bestimmt:

    „Wird die Einspeisung von Strom aus Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien … wegen eines Netzengpasses im Sinne von § 11 Absatz 1 reduziert, sind die von der Maßnahme betroffenen Betreiberinnen und Betreiber … für 95 Prozent der entgangenen Einnahmen zuzüglich der zusätzlichen Aufwendungen und abzüglich der ersparten Aufwendungen zu entschädigen. …“

    15.

    In § 16 („Vergütungsanspruch“) Abs. 1 EEG 2012 heißt es:

    „Netzbetreiber müssen Anlagenbetreiberinnen und Anlagenbetreibern Strom aus Anlagen, die ausschließlich Erneuerbare Energien … einsetzen, mindestens nach Maßgabe der §§ 18 bis 33 vergüten. …“

    16.

    Diese Bestimmungen des EEG 2012 entsprechen im Wesentlichen den Bestimmungen des EEG in der zwischen dem 1. Januar 2009 und dem 31. Dezember 2011 ( 8 ) sowie der zwischen dem 1. August 2014 und dem 31. Dezember 2016 ( 9 ) geltenden Fassung.

    III. Ausgangsverfahren, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

    17.

    EEW betreibt eine thermische Abfallverwertungsanlage, mit der sie Strom und Wärme erzeugt (im Folgenden: in Rede stehende Anlage). Diese Anlage verwendet nahezu ausschließlich Abfälle aus Industrie und Haushalten, die vor der Verbrennung gemischt werden und einen biologisch abbaubaren Anteil enthalten, dessen Höhe variiert und nach dem Vortrag von EEW bis zu 50 % beträgt. Ein Teil des in der Anlage erzeugten Stroms wird in das Verteilernetz von MNG Strom eingespeist, mit der EEW durch einen Anschluss- und Einspeisevertrag verbunden ist.

    18.

    In den Jahren 2011 bis 2016 forderte MNG Strom EEW im Rahmen ihres Netzsicherheitsmanagements in einer Vielzahl von Fällen zu einer vorübergehenden Reduzierung der Stromeinspeisung wegen Netzengpässen auf. EEW machte deshalb gegenüber MNG Strom Entschädigungsansprüche in Höhe von 2,24 Mio. Euro geltend, die sie u. a. auf die im EEG in den zwischen dem 1. Januar 2011 und dem 31. Dezember 2016 geltenden Fassungen vorgesehene Härtefallregelung, darunter § 12 Abs. 1 EEG 2012, stützte.

    19.

    Das Berufungsgericht verneinte Entschädigungsansprüche von EEW mit der Begründung, dass der in der in Rede stehenden Anlage erzeugte Strom nicht ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen werde.

    20.

    EEW legte beim Bundesgerichtshof, dem vorlegenden Gericht, Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichts ein. Das vorlegende Gericht stellt fest, dass der Ausgang des bei ihm anhängigen Rechtsstreits von der Frage abhänge, ob die in Rede stehende Anlage als „Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien“ im Sinne von § 12 Abs. 1 EEG 2012 einzuordnen sei. Die Anwendung dieser Bestimmung sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil die in Rede stehende Anlage Strom nicht ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern erzeuge.

    21.

    Das vorlegende Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das EEG in seiner ersten, im Jahr 2000 in Kraft getretenen Fassung Strom betroffen habe, der in Anlagen erzeugt worden sei, die ausschließlich erneuerbare Energiequellen nutzten. Im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2001/77, insbesondere ihres Art. 2 Buchst. c, in deutsches Recht sei der Anwendungsbereich des EEG im Jahr 2004 jedoch auf den Anteil von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Hybridanlagen, die auch konventionelle Energieträger einsetzten, ausgeweitet worden.

    22.

    Aus dem Wortlaut der Härtefallregelung von § 12 EEG 2012 und dem systematischen Zusammenhang des Gesetzes ergebe sich, dass diese im Jahr 2009 erstmals in das EEG aufgenommenen Bestimmungen auch auf Anlagen Anwendung fänden, die nicht ausschließlich erneuerbare Energien einsetzten. Werde somit in einer Anlage Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, der nach den Vorschriften des EEG vorrangig einzuspeisen sei, löse eine Reduzierung oder Unterbrechung der Stromabnahme im Rahmen des Einspeisemanagements die Entschädigungspflicht nach der Härtefallregelung aus.

    23.

    Trotz dieser dem Unionsrecht folgenden Abkehr des deutschen Gesetzgebers von der Regel, wonach nur Strom berücksichtigt werde, der ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen werde, sei offen, ob nach deutschem Recht jede Stromerzeugungsanlage, die irgendeinen, gegebenenfalls noch so geringen Anteil erneuerbarer Energieträger verwerte, als „Anlage“ im Sinne von § 3 Nr. 1 EEG 2012 einzuordnen sei, so dass für sie der Anschluss- und Einspeisevorrang gelte. Insoweit sei für die Auslegung der einschlägigen Vorschriften des deutschen Rechts der Begriff des „Stroms aus erneuerbaren Energiequellen“ im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/77 maßgeblich. Diese Bestimmung beziehe sich auf den Begriff der „Hybridanlage“, der in dieser Richtlinie nicht definiert werde und nicht eindeutig sei. In der Technik werde regelmäßig eine Anlage als Hybridanlage bezeichnet, die mehrere unterschiedliche Technologien, wie etwa Solarenergie und Gas, zur Energieerzeugung verwende. Bei einem solchen Verständnis seien von dem Begriff der „Hybridanlage“ solche Anlagen nicht erfasst, die in demselben Stromerzeugungsprozess lediglich unterschiedliche – erneuerbare und herkömmliche – Energieträger gemischt einsetzten. Dies gelte sowohl dann, wenn die unterschiedlichen Energieträger zum Zweck der Energieerzeugung erst zusammengeführt würden, als auch dann, wenn in der Anlage – wie bei der in Rede stehenden Anlage – zur Stromerzeugung erneuerbare und fossile Energieträger in einer bereits bestehenden, variablen und nicht beeinflussbaren Mischung eingesetzt würden.

    24.

    Das vorlegende Gericht weist jedoch darauf hin, dass Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/77 „Biomasse“ als erneuerbare Energiequelle definiere und Art. 2 Buchst. b dieser Richtlinie unter den Begriff der Biomasse auch den „biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Industrie und Haushalten“ fasse. Diese Bestimmungen sprächen dafür, dass der durch Verbrennung dieses biologisch abbaubaren Anteils erzeugte Strom als Strom aus erneuerbaren Energiequellen anzusehen sei und die entsprechenden Energieerzeugungsanlagen im deutschen Recht als „Anlagen“ im Sinne des EEG einzuordnen seien, denen ein vorrangiger Netzzugang zu gewähren sei.

    25.

    Das vorlegende Gericht stellt fest, dass das deutsche Recht, nachdem die Richtlinie 2001/77 durch die im Ausgangsverfahren anwendbare Richtlinie 2009/28 ersetzt worden sei ( 10 ), in Einklang mit der letztgenannten Richtlinie auszulegen sei. Unter Berücksichtigung des Unionsrechts neige das Gericht dazu, die Vorschriften des EEG zum Einspeisevorrang dahin auszulegen, dass sie auf nicht ausschließlich erneuerbare Energiequellen nutzende Anlagen nur anzuwenden seien, wenn die erneuerbaren und die herkömmlichen Energieträger in getrennten Systemen verwertet würden. Auf Anlagen, in denen – wie bei der Stromgewinnung durch Müllverbrennung – eine von vornherein bestehende variable und nicht beeinflussbare Mischung von erneuerbaren und herkömmlichen Energieträgern verwertet werde, solle die Härtefallregelung nach § 12 Abs. 1 EEG 2012 aber jedenfalls nur dann Anwendung finden, wenn der Anteil der erneuerbaren Energieträger im Durchschnitt den Anteil der herkömmlichen Energieträger überwiege. Im Ausgangsverfahren hätte dieses Verständnis zur Folge, dass EEW kein Anspruch nach dieser Härtefallregelung zustünde, da die in Rede stehende Anlage von vornherein gemischte Energieträger mit variablen Anteilen verwende und nach dem Vortrag von EEW der Anteil der erneuerbaren Energieträger nicht überwiege.

    26.

    Das vorlegende Gericht fügt hinzu, dass sich, sollte Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 dahin auszulegen sein, dass er Anlagen erfasse, in denen der Anteil der erneuerbaren Energieträger nicht überwiege, die Frage stelle, ob eine Erheblichkeitsschwelle bestehe, unterhalb derer eine Anlage, die Elektrizität aus solchen Energieträgern erzeuge, nicht mehr als eine Erzeugungsanlage, in der erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden, im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sei.

    27.

    Schließlich möchte das vorlegende Gericht wissen, ob, falls Elektrizität, die nur anteilig aus biologisch abbaubaren Abfällen erzeugt worden sei, vorrangiger Netzzugang zu gewähren sei, der Rechtsgedanke des Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie 2009/28 herangezogen werden könne, wonach bei Hybridanlagen, die sowohl Brennstoffe aus erneuerbaren als auch solche aus herkömmlichen Energiequellen nutzten, nur der aus erneuerbaren Energiequellen erzeugte Elektrizitätsanteil berücksichtigt werde. Dies sei für die Entscheidung von Bedeutung, ob sich der Entschädigungsanspruch nach der Härtefallregelung gemäß § 12 Abs. 1 EEG 2012 auf die entgangenen Einnahmen für den gesamten in der in Rede stehenden Anlage produzierten Strom beziehe oder lediglich auf den Teil des Stroms, der aus dem biologisch abbaubaren Anteil des Abfallgemischs erzeugt werde.

    28.

    Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Ist Art. 16 Abs. 2 Buchst. c in Verbindung mit Art. 2 Buchst. a und e der Richtlinie 2009/28 dahin auszulegen, dass auch solchen Erzeugungsanlagen Vorrang bei der Stromeinspeisung in das Netz zu gewähren ist, in denen Elektrizität durch thermische Verwertung von gemischten Abfällen erzeugt wird, wobei die Abfälle einen variablen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle aus Industrie und Haushalten enthalten?

    2.

    Falls die Frage 1 bejaht wird: Ist die Gewährung des Vorrangs bei der Stromeinspeisung gemäß Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 abhängig von der Höhe des bei der Stromerzeugung in der unter 1. beschriebenen Weise eingesetzten Anteils biologisch abbaubarer Abfälle?

    3.

    Falls die Frage 2 bejaht wird: Gibt es eine Erheblichkeitsschwelle für den Anteil biologisch abbaubarer Abfälle, unterhalb derer für die erzeugte Elektrizität eine Anwendung der für Elektrizität aus erneuerbaren Energien geltenden Regelungen ausscheidet?

    4.

    Falls die Frage 3 bejaht wird: Bei welchem Anteil liegt diese Schwelle oder wie ist sie zu bestimmen?

    5.

    Falls die Fragen 1 und 2 bejaht werden: Kann bei der Anwendung der Regelungen für Elektrizität aus erneuerbaren Energien auf Elektrizität, die nur anteilig aus biologisch abbaubaren Abfällen erzeugt worden ist, der Rechtsgedanke des Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie 2009/28 in der Weise herangezogen werden, dass diese Regelungen nur auf den aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Elektrizitätsanteil Anwendung finden und dieser Anteil aufgrund des Energiegehalts der einzelnen Energiequellen berechnet wird?

    29.

    EEW, MNG Strom, 50 Hertz und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Diese Beteiligten haben außerdem in der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2022 mündliche Ausführungen gemacht.

    IV. Würdigung

    A.   Zur ersten Vorlagefrage

    30.

    Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 dahin auszulegen ist, dass der vorrangige Netzzugang für Erzeugungsanlagen, die erneuerbare Energiequellen einsetzen, nicht nur Anlagen gewährt werden muss, die Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen, sondern auch solchen, deren Strom durch die thermische Verwertung von gemischten Abfällen, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle aus Industrie und Haushalten enthalten, gewonnen wird.

    31.

    Nach Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Betreiber der Übertragungsnetze beim Abrufen von Elektrizitätserzeugungsanlagen auf der Grundlage transparenter und nicht diskriminierender Kriterien Erzeugungsanlagen Vorrang gewähren, in denen erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden, soweit der sichere Betrieb des nationalen Elektrizitätssystems dies zulässt.

    32.

    Mit dieser Bestimmung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Übertragungs- und Verteilernetze in technischer Hinsicht naturgemäß nur eine begrenzte Weiterleitungskapazität haben und sie unter Berücksichtigung des Verbrauchs nicht zwangsläufig den gesamten Strom weiterleiten können, der in den betreffenden Anlagen erzeugt wird oder erzeugt werden kann ( 11 ). Vor diesem Hintergrund hat sich der Unionsgesetzgeber dafür entschieden, Stromerzeugungsanlagen Vorrang einzuräumen, in denen erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden. Wie der Gerichtshof hierzu festgestellt hat, sieht Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie 2009/72/EG ( 12 ) zwar vor, dass ein Verteilernetzbetreiber den Zugang zu seinem Netz verweigern kann, wenn er nicht über die nötige Kapazität verfügt und er diese Verweigerung substantiiert begründet, ist aber diese Möglichkeit, den Netzzugang zu verweigern, auf den Einzelfall bezogen und berechtigt die Mitgliedstaaten nicht dazu, solche Ausnahmen generell vorzusehen, ohne dass im Einzelfall für den jeweiligen Betreiber die fehlende technische Kapazität des Netzes für den nachgefragten Zugang Dritter beurteilt wird ( 13 ).

    33.

    Im Hinblick auf die erste Vorlagefrage ist die Bedeutung des Begriffs „Erzeugungsanlage, in der erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden“ im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 zu ermitteln, um feststellen zu können, ob dieser Begriff eine Anlage erfasst, deren Strom durch die thermische Verwertung von gemischten Abfällen, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle aus Industrie und Haushalten enthalten, gewonnen wird. Ist dies der Fall, muss die Anlage in den Genuss des in dieser Bestimmung vorgesehenen vorrangigen Netzzugangs kommen und könnte dann, wie im 61. Erwägungsgrund dieser Richtlinie dargelegt, einen finanziellen Ausgleich erhalten, wenn der Verteilernetzbetreiber ihr diesen Zugang verweigern sollte.

    34.

    Der Begriff „Erzeugungsanlage, in der erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden“ wird in der Richtlinie 2009/28 nicht definiert. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs folgt aus den Erfordernissen sowohl der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch des Gleichheitssatzes, dass die Begriffe einer unionsrechtlichen Vorschrift, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen, die unter Berücksichtigung nicht nur des Wortlauts der Vorschrift, sondern auch ihres Kontexts und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Zwecks gefunden werden muss ( 14 ).

    35.

    In diesem Rahmen ist erstens festzustellen, dass der Wortlaut von Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28, der sich nur auf Anlagen bezieht, in denen erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden, für sich genommen nicht erkennen lässt, ob diese Bestimmung Anlagen betrifft, deren Strom durch die thermische Verwertung von gemischten Abfällen, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle aus Industrie und Haushalten enthalten, gewonnen wird.

    36.

    Was zweitens den Kontext dieser Bestimmung betrifft, definierte Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/77, wie das vorlegende Gericht hervorgehoben hat, den Begriff „Strom aus erneuerbaren Energiequellen“ als „Strom, der in Anlagen erzeugt wurde, die ausschließlich erneuerbare Energiequellen nutzen, sowie der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Hybridanlagen, die auch konventionelle Energieträger einsetzen“ ( 15 ). Diese Richtlinie war jedoch zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens nicht mehr in Kraft. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2009/28 definiert „Energie aus erneuerbaren Quellen“ als „Energie aus erneuerbaren, nichtfossilen Energiequellen, das heißt Wind, Sonne, aerothermische, geothermische, hydrothermische Energie, Meeresenergie, Wasserkraft, Biomasse, Deponiegas, Klärgas und Biogas“. Wie 50 Hertz in ihren schriftlichen Erklärungen festgestellt hat, hängt im Rahmen des Ausgangsverfahrens die Einstufung als Strom aus erneuerbaren Energien daher nicht mehr von der Anlage ab, in der der Strom erzeugt wurde, sondern nur von den eingesetzten Energiequellen.

    37.

    Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2009/28 bestimmt, dass Energie aus Biomasse ( 16 ) als Energie aus erneuerbaren Quellen anzusehen ist. Nach der Definition in Art. 2 Buchst. e dieser Richtlinie umfasst Biomasse den „biologisch abbaubaren Teil von Abfällen aus Industrie und Haushalten“. Aus diesen Bestimmungen zusammen ergibt sich, dass Energie, die durch die thermische Verwertung von gemischten Abfällen gewonnen wird, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle aus Industrie und Haushalten enthalten, in Bezug auf diesen Anteil als Energie aus erneuerbaren Quellen zu betrachten ist.

    38.

    Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass die in Rede stehende Anlage gemischte Abfälle verwertet, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle aus Industrie und Haushalten enthalten, d. h., Biomasse im Sinne von Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2009/28 sind ( 17 ).

    39.

    Darüber hinaus bestimmt Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2009/28, dass bei Hybridanlagen, die sowohl Brennstoffe aus erneuerbaren als auch solche aus herkömmlichen Energiequellen nutzen, nur der aus erneuerbaren Energiequellen erzeugte Anteil der Elektrizität berücksichtigt wird. Demzufolge schließt diese Richtlinie Anlagen, die teilweise erneuerbare Energiequellen nutzen, nicht grundsätzlich von ihrem Anwendungsbereich aus.

    40.

    Was drittens die mit der Richtlinie 2009/28 verfolgten Ziele anbelangt, wird mit dieser Richtlinie nach ihrem Art. 1 ein gemeinsamer Rahmen für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorgeschrieben, u. a. durch die Festlegung verbindlicher nationaler Ziele für den Gesamtanteil von Energie aus solchen Quellen am Bruttoendenergieverbrauch ( 18 ). In diesem Sinne verpflichtet Art. 16 Abs. 2 Buchst. c dieser Richtlinie die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass angemessene netz- und marktbezogene betriebliche Maßnahmen ergriffen werden, um Beschränkungen der Einspeisung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen möglichst gering zu halten. Darüber hinaus muss nach dem 60. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/28, falls die Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen in den Spotmarkt integriert ist, der garantierte Netzzugang gewährleisten, dass die gesamte verkaufte und geförderte Elektrizität Zugang zum Netz erhält, wodurch an das Netz angeschlossene Anlagen eine Höchstmenge an Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen verwenden können. Im 61. Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es, dass es nach deren Zielen erforderlich ist, die Übertragung und Verteilung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen anhaltend zu steigern, ohne dass dabei die Zuverlässigkeit oder Sicherheit des Netzes beeinträchtigt wird.

    41.

    Außerdem sei darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der in Art. 16 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2009/28 vorgesehene garantierte Zugang darauf abzielt, erneuerbare Energiequellen in den Elektrizitätsbinnenmarkt zu integrieren, indem sichergestellt wird, dass der gesamte Strom, der aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wird, Zugang zu den Netzen hat, wodurch eine Höchstmenge an Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen verwendet werden kann ( 19 ).

    42.

    Folglich hat die Richtlinie 2009/28 die größtmögliche Nutzung erneuerbarer Energiequellen zum Ziel. Würde man jedoch solchen Anlagen keinen Vorrang einräumen, deren Strom durch die thermische Verwertung von gemischten Abfällen, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle enthalten, gewonnen wird, so würde dies zum Verlust dieses Anteils an erneuerbaren Energiequellen führen, wenn der Verteilernetzbetreiber dem betreffenden Stromerzeuger den Zugang zu seinem Netz aufgrund von Netzengpässen verweigert.

    43.

    Daher schlage ich vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 dahin auszulegen ist, dass der vorrangige Netzzugang für Erzeugungsanlagen, die erneuerbare Energiequellen einsetzen, nicht nur Anlagen gewährt werden muss, die Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen, sondern auch solchen, deren Strom durch die thermische Verwertung von gemischten Abfällen, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle aus Industrie und Haushalten enthalten, gewonnen wird.

    B.   Zu den Vorlagefragen 2 bis 5

    44.

    Mit seinen Vorlagefragen 2 bis 5, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 dahin auszulegen ist, dass einer Erzeugungsanlage nur für den Strom, der aus dem biologisch abbaubaren Anteil der eingesetzten Abfälle aus Industrie und Haushalten erzeugt wird, ein vorrangiger Netzzugang zukommt, und, wenn ja, wie dieser vorrangige Zugang anzuwenden ist.

    45.

    Wie im Rahmen der Beantwortung der ersten Vorlagefrage ausgeführt wurde, geht aus Art. 2 Buchst. a und e der Richtlinie 2009/28 hervor, dass es sich bei Energie aus Biomasse um Energie aus erneuerbaren Quellen handelt, wird aber bei Abfällen aus Industrie und Haushalten nur deren biologisch abbaubarer Anteil berücksichtigt. Daraus folgt, dass einer Erzeugungsanlage auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 2 Buchst. c dieser Richtlinie nur für Strom, der aus diesem biologisch abbaubaren Anteil und nicht aus dem aus herkömmlichen Abfällen bestehenden Anteil erzeugt wird, ein vorrangiger Netzzugang zukommt.

    46.

    Im gleichen Sinne hat der Gerichtshof zu Art. 16 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2009/28 entschieden, dass in dieser Bestimmung zwar die Möglichkeit angesprochen wird, einen „garantierten Zugang“ zum Netz für aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Strom einzurichten, aber nur für „grüne“ Energie, und dass diese Bestimmung daher nicht als Rechtsgrundlage für nationale Bestimmungen dienen kann, die den garantierten Zugang für Anlagen betreffen, in denen Energie aus nicht erneuerbaren Quellen erzeugt wird ( 20 ). Diese Auslegung kann analog auf den vorrangigen Netzzugang nach Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 angewandt werden.

    47.

    In Anbetracht ihres Wortlauts sieht diese Bestimmung einen solchen vorrangigen Zugang für Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen vor, ohne für den Fall, dass diese Anlagen gleichzeitig erneuerbare und herkömmliche Energiequellen nutzen, einen Mindestanteil an erneuerbaren Energiequellen festzulegen. Mit anderen Worten hängt der in dieser Bestimmung vorgesehene Vorrang bei der Stromeinspeisung nicht von der Höhe des zur Stromerzeugung eingesetzten Anteils biologisch abbaubarer Abfälle ab, da der Anteil der herkömmlichen Abfälle bei diesem Vorrang keine Rolle spielt. Somit gibt es keine Erheblichkeitsschwelle, unterhalb derer Strom aus erneuerbaren Energiequellen kein vorrangiger Netzzugang zukommt ( 21 ).

    48.

    Da einer Erzeugungsanlage nur für den aus diesem biologisch abbaubaren Anteil erzeugten Strom vorrangiger Netzzugang zukommt, fragt das vorlegende Gericht unter Bezugnahme auf Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie 2009/28, wie dieser vorrangige Netzzugang anzuwenden ist.

    49.

    In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass der Unionsgesetzgeber keineswegs eine abschließende Harmonisierung der nationalen Regelungen zur Förderung der Erzeugung grüner Energie vornehmen wollte, sondern zum einen davon ausging, dass die Mitgliedstaaten verschiedene Förderregelungen anwenden, und zum anderen von dem Grundsatz, dass das ungestörte Funktionieren dieser Förderregelungen zu gewährleisten ist, damit das Vertrauen der Investoren erhalten bleibt und die Mitgliedstaaten wirksame nationale Maßnahmen im Hinblick auf die Erfüllung der verbindlichen nationalen Gesamtziele, die ihnen diese Richtlinie vorschreibt, konzipieren können ( 22 ). Die gleichen Erwägungen lassen sich meines Erachtens auch auf die Umsetzung von Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 anwenden. Daher ist davon auszugehen, dass die Mitgliedstaaten bei der Anwendung des vorrangigen Netzzugangs für Anlagen, die erneuerbare Energiequellen einsetzen, über einen erheblichen Handlungsspielraum verfügen.

    50.

    In technischer Hinsicht hat MNG Strom dargelegt, dass der Übertragungsnetzbetreiber den Anteil biologisch abbaubarer Abfälle, die in einer Stromerzeugungsanlage verwendet würden, nicht in Echtzeit kenne, wenn er die Reihenfolge wählen müsse, in der die Anlagen abgeschaltet werden müssten, wobei die Betreiber dieser Anlagen im Übrigen selbst nicht zu jedem Zeitpunkt wüssten, wie hoch der Anteil der aus erneuerbaren Quellen erzeugten Energie sei. 50 Hertz hat darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über den Vorrang eine fast augenblicklich zu treffende Notfallmaßnahme sei und sich auf die nachgelagerten Wirtschaftsteilnehmer auswirke, was bedeute, dass die Vorrangkriterien es ermöglichen müssten, dem Netzbetreiber konkrete Orientierungshilfen zu geben. Darüber hinaus hat die Kommission geltend gemacht, dass es in bestimmten Fällen technisch unmöglich sein könne, den vorrangigen Netzzugang nur auf einen Teil des von einer Anlage erzeugten Stroms, im vorliegenden Fall auf den aus erneuerbaren Energiequellen gewonnenen Teil, anzuwenden.

    51.

    In diesem rechtlichen und technischen Kontext halte ich es nicht für Sache des Gerichtshofs, im Einzelnen anzugeben, wie der vorrangige Netzzugang anzuwenden ist, da diese Aufgabe nach dem Wortlaut von Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 den Mitgliedstaaten zukommt, die die Besonderheiten des nationalen Übertragungsnetzes am besten kennen ( 23 ). So hat MNG Strom in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es in Deutschland einen Leitfaden für den Betrieb des Übertragungsnetzes gebe, der die Zuverlässigkeit und Sicherheit dieses Netzes zum Ziel habe und die Reihenfolge der Abschaltungen der Anlagen festgelegt habe, um physikalische Engpässe im Netz zu reduzieren.

    52.

    Der Gerichtshof bleibt jedoch – auch in Anbetracht der schriftlichen Erklärungen der Beteiligten und der Erörterung in der mündlichen Verhandlung – befugt, den Bestimmungen der Richtlinie 2009/28 entnommene Hinweise zu den Gesichtspunkten zu geben, die von den Mitgliedstaaten bei der Anwendung des vorrangigen Netzzugangs zu berücksichtigen sind.

    53.

    Insoweit geht erstens aus dem Wortlaut von Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 hervor, dass der vorrangige Zugang gewährt werden muss, soweit der sichere Betrieb des nationalen Elektrizitätssystems dies zulässt. In diesem Zusammenhang können, wie im 60. Erwägungsgrund dieser Richtlinie dargelegt, die hinsichtlich der Wahrung der Zuverlässigkeit und der Sicherheit des Netzes und hinsichtlich der Einspeisung zu erfüllenden Anforderungen je nach den Merkmalen des nationalen Netzes und seines sicheren Betriebs unterschiedlich sein.

    54.

    Zweitens ergibt sich ebenfalls aus Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28, dass der vorrangige Netzzugang auf der Grundlage transparenter und nicht diskriminierender Kriterien zu erfolgen hat, was voraussetzt, dass diese Kriterien klar sind, von den Mitgliedstaaten im Voraus mitgeteilt werden und ihre Anwendung für alle Betroffenen vorhersehbar ist.

    55.

    Drittens ergibt sich aus den Zielen der Richtlinie 2009/28, dass die Mitgliedstaaten Anlagen, die ausschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen, beim Netzzugang höchsten Vorrang einräumen müssen, was bedeutet, dass ihnen der Zugang zuletzt verweigert wird.

    56.

    Viertens müssen Anlagen, deren Strom durch die thermische Verwertung von gemischten Abfällen, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle enthalten, gewonnen wird, meines Erachtens berücksichtigt werden, wenn dieser Anteil zeitlich konstant, berechenbar und erheblich ist. Andernfalls besteht die Gefahr eines Missbrauchs, insbesondere dann, wenn es technisch unmöglich ist, den vorrangigen Netzzugang nur auf einen Teil des von einer Anlage erzeugten Stroms anzuwenden, und dieser Anlage ein vorrangiger Zugang zukommt, obwohl der Strom in der Praxis hauptsächlich aus herkömmlichen Energiequellen erzeugt wird. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn sich der Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen im zeitlichen Verlauf stark verändert, so dass in manchen Zeiträumen kein oder nur ein geringer Anteil vorhanden ist.

    57.

    Fünftens macht EEW geltend, dass sie während des im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraums vom Umweltbundesamt (Deutschland) stets Herkunftsnachweise nach Art. 15 der Richtlinie 2009/28 erhalten habe, mit denen sie habe nachweisen können, dass etwa 50 % ihres Stroms aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt worden seien. Wie sich jedoch aus Art. 2 Buchst. j dieser Richtlinie ergibt, wird der „Herkunftsnachweis“ als ein elektronisches Dokument definiert, das ausschließlich als Nachweis gegenüber einem Endkunden dafür dient, dass ein bestimmter Anteil oder eine bestimmte Menge an Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugt wurde. Demzufolge wird dieser Nachweis rückblickend erstellt und ermöglicht es nicht, den Anteil dieser Energiequellen in Echtzeit zu kennen, d. h. zu dem Zeitpunkt, zu dem der Netzbetreiber die Entscheidung treffen muss, die Einspeisung wegen Netzengpässen vorübergehend zu reduzieren ( 24 ). Daher kann meiner Meinung nach ein „Herkunftsnachweis“ als solcher im Rahmen der Festlegung der Kriterien für den vorrangigen Netzzugang nicht als Bezugspunkt dienen.

    58.

    Sechstens fragt das vorlegende Gericht, ob der Rechtsgedanke des Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie 2009/28 für Elektrizität herangezogen werden kann, die nur anteilig aus biologisch abbaubaren Abfällen erzeugt wird. Ich erinnere daran, dass nach dem Wortlaut dieser Bestimmung bei Hybridanlagen, die sowohl Brennstoffe aus erneuerbaren als auch solche aus herkömmlichen Energiequellen nutzen, nur der aus erneuerbaren Energiequellen erzeugte Elektrizitätsanteil berücksichtigt wird und dass der Anteil der einzelnen Energiequellen auf der Grundlage ihres Energiegehalts berechnet wird. In Anbetracht des erheblichen Handlungsspielraums der Mitgliedstaaten bin ich mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in dieser Richtlinie der Ansicht, dass sie Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 2 als Bezugspunkt für die Umsetzung des vorrangigen Netzzugangs heranziehen können ( 25 ). In diesem Rahmen würde sich ein von dem Betreiber einer Erzeugungsanlage, dem der Netzzugang aufgrund von Netzengpässen verweigert wurde, geltend gemachter Entschädigungsanspruch nur auf den Anteil des Stroms beziehen, der aus dem biologisch abbaubaren Anteil des Abfallgemischs erzeugt wurde.

    59.

    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich vor, auf die Vorlagefragen 2 bis 5 zu antworten, dass Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28 dahin auszulegen ist, dass einer Erzeugungsanlage nur für den Strom, der aus dem biologisch abbaubaren Anteil der eingesetzten Abfälle aus Industrie und Haushalten erzeugt wird, ein vorrangiger Netzzugang zukommt. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, transparente und nicht diskriminierende Kriterien zur Festlegung der Modalitäten für die Anwendung dieses vorrangigen Zugangs auf eine solche Anlage aufzustellen, soweit der sichere Betrieb des nationalen Elektrizitätssystems dies zulässt.

    V. Ergebnis

    60.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Bundesgerichtshofs (Deutschland) wie folgt zu beantworten:

    1.

    Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG

    ist dahin auszulegen, dass

    der vorrangige Netzzugang für Erzeugungsanlagen, die erneuerbare Energiequellen einsetzen, nicht nur Anlagen gewährt werden muss, die Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen, sondern auch solchen, deren Strom durch die thermische Verwertung von gemischten Abfällen, die einen Anteil biologisch abbaubarer Abfälle aus Industrie und Haushalten enthalten, gewonnen wird.

    2.

    Art. 16 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2009/28

    ist dahin auszulegen, dass

    einer Erzeugungsanlage nur für den Strom, der aus dem biologisch abbaubaren Anteil der eingesetzten Abfälle aus Industrie und Haushalten erzeugt wird, ein vorrangiger Netzzugang zukommt. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, transparente und nicht diskriminierende Kriterien zur Festlegung der Modalitäten für die Anwendung dieses vorrangigen Zugangs auf eine solche Anlage aufzustellen, soweit der sichere Betrieb des nationalen Elektrizitätssystems dies zulässt.


    ( 1 ) Originalsprache: Französisch.

    ( 2 ) Zur Entwicklung der Unionsvorschriften über erneuerbare Energien siehe Johnston, A., und Block, G., EU Energy Law, Oxford University Press, Oxford, 2012, Nrn. 12.01 bis 12.185.

    ( 3 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. 2009, L 140, S. 16). Diese Richtlinie wurde durch die Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (ABl. 2018, L 328, S. 82) aufgehoben und ersetzt. Im Ausgangsverfahren ist jedoch aufgrund des Zeitpunkts der maßgeblichen Ereignisse noch die Richtlinie 2009/28 anwendbar.

    ( 4 ) Vgl. auch Urteil vom 20. September 2017, Elecdey Carcelen u. a. (C‑215/16, C‑216/16, C‑220/16 und C‑221/16, EU:C:2017:705, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 5 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 2001, L 283, S. 33). Diese Richtlinie wurde durch die Richtlinie 2009/28 aufgehoben und ersetzt.

    ( 6 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. 2003, L 176, S. 37).

    ( 7 ) BGBl. 2011 I S. 1634.

    ( 8 ) BGBl. 2008 I S. 2074.

    ( 9 ) BGBl. 2014 I S. 1066. Wie das vorlegende Gericht feststellt, waren in dem Zeitraum, auf den sich die Vorlageentscheidung bezieht, nacheinander diese drei Fassungen des EEG anwendbar. Da die relevanten Bestimmungen der drei Fassungen des EEG inhaltlich identisch sind oder sich in ihrem Regelungsgehalt entsprechen, wird der Einfachheit halber nur auf das EEG 2012 Bezug genommen.

    ( 10 ) Nach Art. 27 der Richtlinie 2009/28 mussten die Mitgliedstaaten diese Richtlinie bis zum 5. Dezember 2010 umsetzen.

    ( 11 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Pikamäe in der Rechtssache Fondul Proprietatea (C‑179/20, EU:C:2021:731, Nr. 51). Vgl. auch Urteil vom 27. Januar 2022, Fondul Proprietatea (C‑179/20, EU:C:2022:58, Rn. 59 und 60), wonach der Zugang zum Übertragungsnetz nicht unbegrenzt ist, da er von der Maximalkapazität abhängt, die das Netz verkraften kann. Der „Redispatch“ wird nunmehr durch die Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 2019, L 158, S. 54) geregelt. Art. 2 Nr. 26 dieser Verordnung definiert ihn als „eine Maßnahme, einschließlich einer Einschränkung, die von einem oder mehreren Übertragungs- oder Verteilernetzbetreibern durch die Veränderung des Erzeugungs- oder des Lastmusters oder von beidem aktiviert wird, um die physikalischen Lastflüsse im Stromsystem zu ändern und physikalische Engpässe zu mindern oder anderweitig für Systemsicherheit zu sorgen“.

    ( 12 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. 2009, L 211, S. 55). Diese Richtlinie wurde durch die Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (ABl. 2019, L 158, S. 125) aufgehoben und ersetzt.

    ( 13 ) Urteil vom 28. November 2018, Solvay Chimica Italia u. a. (C‑262/17, C‑263/17 und C‑273/17, EU:C:2018:961, Rn. 60).

    ( 14 ) Urteil vom 2. Juni 2022, T.N. und N.N. (Erklärung über die Ausschlagung der Erbschaft) (C‑617/20, EU:C:2022:426, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 15 ) Hervorhebung nur hier. In der Richtlinie 2001/77 wurde der Begriff der „Hybridanlage“, der mehrere Auslegungen zuließ, nicht definiert.

    ( 16 ) Zur Biomasse in der Union vgl., auf Englisch, European Commission, Joint Research Centre, Brief on biomass for energy in the European Union, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2019.

    ( 17 ) Ich erinnere daran, dass die Mitgliedstaaten die Abfallhierarchie gemäß Art. 4 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2008, L 312, S. 3) einhalten müssen, wobei die Beseitigung an letzter Stelle steht.

    ( 18 ) Vgl. u. a. Urteil vom 3. März 2021, Promociones Oliva Park (C‑220/19, EU:C:2021:163, Rn. 62).

    ( 19 ) Vgl. Urteil vom 27. Januar 2022, Fondul Proprietatea (C‑179/20, EU:C:2022:58, Rn. 62).

    ( 20 ) Vgl. Urteil vom 27. Januar 2022, Fondul Proprietatea (C‑179/20, EU:C:2022:58, Rn. 65).

    ( 21 ) Diese Überlegung wird in Nr. 56 der vorliegenden Schlussanträge näher erläutert.

    ( 22 ) Urteil vom 4. Oktober 2018, L.E.G.O. (C‑242/17, EU:C:2018:804, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 23 ) Ich weise darauf hin, dass in der Verordnung 2019/943 die Regeln für den Redispatch detailliert aufgeführt sind, indem u. a. in Art. 13 Abs. 6 Buchst. a festgelegt ist, dass bei nicht marktbasiertem abwärts gerichtetem Redispatch bei Gesamteinrichtungen zur Stromerzeugung, in denen erneuerbare Energiequellen genutzt werden, abwärts gerichteter Redispatch nur dann angewandt werden darf, wenn es keine Alternative gibt oder wenn andere Lösungen zu erheblich unverhältnismäßig hohen Kosten führen oder die Netzsicherheit erheblich gefährden würden. Diese Verordnung ist jedoch nicht auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbar.

    ( 24 ) Vgl. auch Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft (C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 90).

    ( 25 ) Vgl. auch elfter Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/28.

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