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Document 62021CC0159

    Schlussanträge des Generalanwalts J. Richard de la Tour vom 28. April 2022.
    GM gegen Országos Idegenrendészeti Főigazgatóság u. a.
    Vorabentscheidungsersuchen des Fővárosi Törvényszék.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsame Politik im Bereich Asyl und Einwanderung – Richtlinie 2011/95/EU – Normen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus – Aberkennung des Status – Richtlinie 2013/32/EU – Gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes – Beeinträchtigung der nationalen Sicherheit – Stellungnahme einer Fachbehörde – Akteneinsicht.
    Rechtssache C-159/21.

    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:326

     SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    JEAN RICHARD DE LA TOUR

    vom 28. April 2022 ( 1 )

    Rechtssache C-159/21

    GM

    gegen

    Országos Idegenrendészeti Főigazgatóság,

    Alkotmányvédelmi Hivatal,

    Terrorelhárítási Központ

    (Vorabentscheidungsersuchen des Fővárosi Törvényszék [Hauptstädtischer Gerichtshof, Ungarn])

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Richtlinie 2011/95/EU – Normen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus – Richtlinie 2013/32/EU – Gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes – Beeinträchtigung der nationalen Sicherheit – Stellungnahme einer Fachbehörde – Zugang zu vertraulichen Informationen – Wesentlicher Inhalt dieser Informationen – Keine Möglichkeit, Informationen im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren zu verwenden“

    I. Einleitung

    1.

    Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung mehrerer Bestimmungen der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes ( 2 ) und der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes ( 3 ) sowie der Art. 41 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ( 4 ).

    2.

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Verfahrens über die Klage, mit der sich GM, ein syrischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid der Országos Idegenrendészeti Főigazgatóság (Nationale Generaldirektion der Fremdenpolizei, Ungarn, im Folgenden: Generaldirektion oder Asylbehörde) wendet, mit dem ihm die Flüchtlingseigenschaft aberkannt und der subsidiäre Schutzstatus verweigert wurde.

    3.

    Mit seinen Vorlagefragen möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, wie die Verfahren für die Aberkennung und die Verweigerung internationalen Schutzes in Bezug auf einen Drittstaatsangehörigen anzuwenden sind, der aufgrund vertraulicher Informationen als eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem er sich aufhält, angesehen wird. Das Gericht bezweifelt insbesondere, dass die ungarische Regelung insoweit mit dem Unionsrecht vereinbar ist, als sie zum Schutz der nationalen Sicherheit den Zugang der betroffenen Personen oder ihres jeweiligen Rechtsvertreters zu den vertraulichen Informationen beschränkt, auf deren Grundlage über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes entschieden wird, und im Rahmen des Verfahrens, das zum Erlass dieser Entscheidungen führt, Fachbehörden eine maßgebliche Rolle zuweist, die auf den Bereich der nationalen Sicherheit spezialisiert sind.

    4.

    In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich darlegen, warum ein solches Verfahren meines Erachtens mehrere Verfahrensgarantien verletzt, über die eine Person, die internationalen Schutz beantragt, nach den Richtlinien 2011/95 und 2013/32 verfügen sollte.

    II. Rechtlicher Rahmen

    A.   Unionsrecht

    5.

    Was die Richtlinie 2011/95 angeht, so finden sich die für das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen relevanten Bestimmungen in Art. 4 Abs. 3, Art. 14 Abs. 4 Buchst. a sowie Art. 17 Abs. 1 Buchst. b und d.

    6.

    Bezüglich der Richtlinie 2013/32 sind Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 10 Abs. 2 und 3, Art. 11 Abs. 2, Art. 23 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1 und 3 sowie Art. 46 Abs. 1 von Bedeutung.

    B.   Ungarisches Recht

    7.

    § 8 Abs. 4 und 5 des Menedékjogról szóló 2007. évi LXXX. törvény (Gesetz Nr. LXXX von 2007 über das Asylrecht) ( 5 ) vom 29. Juni 2007 in der durch das 2018. évi CXXXIII. törvény az egyes migrációs tárgyú és kapcsolódó törvények módosításáról (Gesetz Nr. CXXXIII von 2018 zur Änderung einiger die Migration betreffender Gesetze und einiger ergänzender Gesetze) ( 6 ) geänderten Fassung bestimmt mit Wirkung vom 1. Januar 2019:

    „(4)   Ein Ausländer, dessen Aufenthalt im Hoheitsgebiet Ungarns eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt, kann nicht als Flüchtling anerkannt werden.

    (5)   Ein Ausländer kann nicht als Flüchtling anerkannt werden, wenn er von einem Gericht rechtskräftig

    a)

    wegen Begehung einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren oder mehr verurteilt worden ist,

    b)

    wegen Begehung einer Straftat als Wiederholungstäter, mehrfacher Wiederholungstäter oder gewaltsamer mehrfacher Wiederholungstäter zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist,

    c)

    wegen Begehung einer Straftat gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die Gesundheit, wegen Begehung einer die Gesundheit bedrohenden Straftat, wegen Begehung einer Straftat gegen die Freiheit des Menschen, gegen die Freiheit des Sexuallebens und gegen die sexuelle Selbstbestimmung, wegen Begehung einer gegen die öffentliche Ruhe oder die öffentliche Sicherheit oder wegen Begehung einer gegen die öffentliche Verwaltung gerichteten Straftat zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren oder mehr verurteilt worden ist.“

    8.

    § 15 des Asylgesetzes sieht vor:

    „Ein Ausländer kann nicht als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt werden,

    ab)

    wenn ihm gegenüber ein Ausschlussgrund nach § 8 Abs. 5 besteht;

    b)

    wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet Ungarns eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt.“

    9.

    In § 57 Abs. 1 und 3 des Asylgesetzes heißt es:

    „(1)   In den durch dieses Gesetz geregelten Verfahren nimmt die Fachbehörde zu den Fachfragen Stellung, deren Beurteilung als Angelegenheit der Verwaltung in ihre Zuständigkeit fällt.

    (3)   Die Asylbehörde darf von der Stellungnahme der Fachbehörde nicht abweichen, wenn die Beurteilung der darin enthaltenen Feststellungen nicht in ihre Zuständigkeit fällt.“

    10.

    § 11 des A minősített adat védelméről szóló 2009. évi CLV. törvény (Gesetz Nr. CLV von 2009 über den Schutz von Verschlusssachen) ( 7 ) vom 29. Dezember 2009 lautet:

    „(1)   Auf der Grundlage einer von der für die Einstufung zuständigen Stelle erteilten Kenntnisnahmegenehmigung ist die betroffene Person ohne persönlichen Sicherheitsbescheid berechtigt, Kenntnis von ihren personenbezogenen Daten in einer nationalen Verschlusssache zu erhalten. Die betroffene Person muss, bevor sie Kenntnis von einer nationalen Verschlusssache erhält, schriftlich eine Geheimhaltungserklärung abgeben und die Vorschriften zum Schutz nationaler Verschlusssachen beachten.

    (2)   Über die Erteilung der Kenntnisnahmegenehmigung beschließt die für die Einstufung zuständige Stelle auf Antrag der betroffenen Person innerhalb von 15 Tagen. Beeinträchtigt die Kenntnisnahme von der Information das der Einstufung zugrunde liegende öffentliche Interesse, lehnt die für die Einstufung zuständige Stelle die Erteilung der Kenntnisnahmegenehmigung ab. Die Ablehnung der Kenntnisnahmegenehmigung ist von der für die Einstufung zuständigen Stelle zu begründen.

    (3)   Wird die Kenntnisnahmegenehmigung abgelehnt, kann die betroffene Person diesen Bescheid auf dem Verwaltungsrechtsweg anfechten. …“

    11.

    § 12 Abs. 1 und 2 des Verschlusssachengesetzes bestimmt:

    „(1)   Der für eine Verschlusssache Verantwortliche kann es ablehnen, der betroffenen Person das Recht auf Zugang zu ihren personenbezogenen Daten zu gewähren, wenn das der Einstufung zugrunde liegende öffentliche Interesse durch die Ausübung dieses Rechts beeinträchtigt wird.

    (2)   Werden die betreffenden Rechte vor Gericht geltend gemacht, sind auf das befasste Gericht und die Kenntnisnahme von der als Verschlusssache eingestuften Informationen die Bestimmungen des § 11 Abs. 3 entsprechend anzuwenden.“

    12.

    § 13 des Verschlusssachengesetzes sieht vor:

    „(1)   Eine als Verschlusssache eingestufte Information darf nur von einer Person verwendet werden, in deren Fall dies zur Erfüllung einer staatlichen oder öffentlichen Aufgabe begründet ist und die – außer in den in diesem Gesetz vorgesehenen Fällen – über

    a)

    einen gültigen persönlichen Sicherheitsbescheid, der dem Geheimhaltungsgrad der für die Verwendung vorgesehenen Informationen entspricht,

    b)

    eine Geheimhaltungserklärung und

    c)

    eine Verwendungsgenehmigung

    verfügt.

    (5)   Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist der Richter auch ohne nationale Sicherheitsüberprüfung, ohne persönlichen Sicherheitsbescheid sowie ohne Geheimhaltungserklärung und Verwendungsgenehmigung befugt, die für die Beurteilung der nach der Geschäftsverteilung zugewiesenen Rechtssachen erforderlichen Verfügungen zu treffen.“

    III. Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

    13.

    GM, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte 2005, während er eine Freiheitsstrafe aufgrund eines wegen des Missbrauchs großer Mengen von Betäubungsmitteln 2002 ergangenen rechtskräftigen Strafurteils verbüßte, einen Antrag auf Asyl.

    14.

    Die ungarischen Behörden erkannten ihm den Status als „aufgenommene Person“ zu, entzogen ihm diesen nach einer Überprüfung 2010 jedoch wieder, was durch eine Gerichtsentscheidung bestätigt wurde. 2011 beantragte GM erneut die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, woraufhin das vorlegende Gericht ihn mit Urteil vom 29. Juni 2012 als Flüchtling „sur place“ anerkannte.

    15.

    2019 wurde von Amts wegen ein Verwaltungsverfahren wegen der Aberkennung seiner Flüchtlingseigenschaft eingeleitet, das mit deren Aberkennung endete. Das vorlegende Gericht hat die Rechtmäßigkeit des Bescheids zu überprüfen, mit dem GM die Flüchtlingseigenschaft aberkannt worden ist.

    16.

    In dem Verwaltungsverfahren hatten der Zweitbeklagte, das Alkotmányvédelmi Hivatal (Amt für Verfassungsschutz, Ungarn), und der Drittbeklagte, das Terrorelhárítási Központ (Zentrum für Terrorismusbekämpfung, Ungarn), in ihren fachbehördlichen Stellungnahmen festgestellt, dass der Aufenthalt von GM in Ungarn die nationale Sicherheit gefährde.

    17.

    Daraufhin stellte die Generaldirektion fest, dass im Fall von GM ein Ausschlussgrund für die Anerkennung als Flüchtling bzw. die Gewährung subsidiären Schutzes bestehe.

    18.

    In dem Verfahren über die Klage gegen den Bescheid, mit dem die Flüchtlingseigenschaft aberkannt und der subsidiäre Schutzstatus verweigert wurde, rügte der Rechtsvertreter von GM, dass er nicht einmal vom wesentlichen Inhalt der vertraulichen Informationen Kenntnis nehmen könne, aufgrund deren eine Gefährdung der nationalen Sicherheit angenommen worden sei, und dass er, selbst wenn er davon Kenntnis nehmen könnte, diese nach geltendem Recht im Rahmen des Gerichtsverfahrens nicht verwenden dürfte. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs machte er weiter geltend, die Asylbehörde müsse die Anträge einzeln beurteilen und könne ihre Entscheidung nicht allein auf die Feststellungen in der Stellungnahme einer Fachbehörde für nationale Sicherheit stützen. Außerdem seien im ungarischen Recht die eine Aberkennung des Schutzstatus bewirkenden Ausschlussgründe um einen weiteren, mit dem Unionsrecht unvereinbaren Grund ergänzt worden.

    19.

    Was erstens das Recht auf Zugang zu den Informationen betrifft, auf deren Grundlage die Generaldirektion eine Entscheidung erlassen hat, weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass die Kúria (Oberster Gerichtshof, Ungarn) in ständiger Rechtsprechung die Verfahrensrechte der betroffenen Personen allein deshalb als gewahrt betrachte, weil der Richter, der eine Verwaltungsentscheidung gerichtlich überprüfe, die auf als Verschlusssache eingestuften Informationen beruhe, Einsicht in die fachbehördlichen Akten nehmen könne, die diese Informationen enthielten. Es werde also nicht verlangt, dass es der betroffenen Person möglich sein müsse, Kenntnis von den fraglichen Informationen, zumindest aber von deren wesentlichem Inhalt, zu nehmen und davon Gebrauch zu machen.

    20.

    Im vorliegenden Fall beruhe der Bescheid, mit dem die Generaldirektion internationalen Schutz abgelehnt habe, allein darauf, dass die beiden am Ausgangsverfahren beteiligten Fachbehörden in ihrer Stellungnahme festgestellt hätten, dass der Aufenthalt von GM in Ungarn „die nationale Sicherheit gefährdet“. Die Gründe, einschließlich der als Verschlusssache eingestuften Informationen, auf denen die fachbehördliche Stellungnahme beruhe, seien auch der Generaldirektion unbekannt geblieben.

    21.

    Darüber hinaus hätten weder GM noch sein Rechtsvertreter die Möglichkeit gehabt, sich zu der im Verwaltungsverfahren eingeholten, nicht mit Gründen versehenen Stellungnahme der Fachbehörden zu äußern; sie seien auch nicht in der Lage gewesen, deren Stichhaltigkeit bereits in diesem Verfahren zu bestreiten. Zwar könne GM nach ungarischem Recht Zugang zu als Verschlusssache eingestuften Informationen über seine Person beantragen; selbst wenn ihm Zugang zu diesen Informationen gestattet werde, dürfe er sie jedoch weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren verwenden.

    22.

    Das Verschlusssachengesetz erlaube es der über die Kenntnisnahmegenehmigung entscheidenden Fachbehörde auch nicht, dem Antrag auf Kenntnisnahme in beschränktem Umfang stattzugeben und den wesentlichen Inhalt der Begründung mitzuteilen, auf der ihre Stellungnahme beruhe.

    23.

    Zudem sei das Gericht, das die auf dieser Begründung beruhende fachbehördliche Stellungnahme und Asylentscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfe, zwar befugt, von den als vertraulich bzw. als Verschlusssache eingestuften Informationen Kenntnis zu nehmen; es dürfe diese aber nirgendwo verwenden und weder in der Verhandlung noch im Urteil Feststellungen dazu treffen oder Schlussfolgerungen daraus ziehen.

    24.

    Das angerufene Gericht müsse somit die Rechtmäßigkeit der fraglichen Entscheidung überprüfen und letztlich über die Anwendbarkeit des Ausschlussgrundes, der auf vertraulichen bzw. als Verschlusssache eingestuften Informationen beruhe, befinden, ohne dass der Kläger oder sein Rechtsvertreter sich hinsichtlich der Begründung dieser Entscheidung hätte verteidigen sowie Argumente und Umstände hätte vorbringen können, die gegebenenfalls geeignet wären, die Anwendbarkeit eines solchen Ausschlussgrundes in seinem Einzelfall zu widerlegen.

    25.

    Das vorlegende Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2013/32 nicht in ungarisches Recht umgesetzt worden sei, was seiner Ansicht nach über die in dieser Bestimmung ausdrücklich zugelassene Ausnahme vom Zugangsrecht hinaus zu einem weiteren Ausnahmetatbestand geführt habe. Es sei daher fraglich, ob das ungarische Recht grundlegende Verfahrensrechte, zu denen auch GMs Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gehöre, gewährleiste.

    26.

    Was zweitens das Verhältnis zwischen den Stellungnahmen der Fachbehörden und der Entscheidung der Asylbehörde betrifft, weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass diese Behörden nach ungarischem Recht eine verbindliche, nicht mit Gründen versehene Stellungnahme zum Bestehen einer „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ abgeben müssten, von der die Asylbehörde nicht abweichen dürfe. Die Asylbehörde könne in ihrer Entscheidung also nur auf diese Stellungnahme und die geltenden Rechtsvorschriften verweisen. Das hindere sie daran, in jedem Einzelfall das Vorliegen und die Anwendbarkeit des Ausschlussgrundes eingehend zu prüfen, die individuellen Umstände zu berücksichtigen sowie den Geboten der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen.

    27.

    Das ungarische Recht habe also zur Folge, dass die Prüfung des internationalen Schutzes und die entsprechende Sachentscheidung entgegen der Richtlinie 2013/32 letztlich nicht durch die dafür zuständige Asylbehörde, sondern durch zwei Fachbehörden vorgenommen werde, was zu einer Verletzung der unionsrechtlichen Verfahrensgarantien führen und auch der Richtlinie 2011/95 zuwiderlaufen könne.

    28.

    Das vorlegende Gericht führt drittens aus, die Asylbehörde habe auf der Grundlage des Ausschlussgrundes gemäß § 15 Buchst. ab des Asylgesetzes festgestellt, dass GM nicht als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt werden könne. Dazu habe sie sich auf eine vor 18 Jahren rechtskräftig gewordene strafrechtliche Verurteilung GMs vom 6. Juni 2002 wegen einer Straftat gestützt, die sie als „schweren Fall“ eingestuft habe.

    29.

    Die mit diesem Urteil verhängte Freiheitsstrafe sei von GM im Jahr 2004, vor 16 Jahren, verbüßt worden und sei auch bereits bekannt gewesen, als ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei. Weder von der Asylbehörde noch von dem Gericht, das über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entschieden habe, sei aber ein Ausschlussgrund in Bezug auf diese Straftat angewandt worden.

    30.

    Unter diesen Umständen beschloss das Fővárosi Törvényszék (Hauptstädtischer Gerichtshof, Ungarn), das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Sind Art. 11 Abs. 2, Art. 12 Abs. 1 Buchst. d und Abs. 2, Art. 23 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b sowie Art. 45 Abs. 1 und Abs. 3 bis Abs. 5 der Richtlinie 2013/32 in Verbindung mit Art. 47 der Charta dahin auszulegen, dass bei Vorliegen der in Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie angeführten Ausnahmen im Zusammenhang mit einem Grund der nationalen Sicherheit die mitgliedstaatliche Behörde bzw. die die Geheimhaltung festlegende Fachbehörde, die die auf diesen Grund der nationalen Sicherheit gestützte Entscheidung über die Ablehnung oder die Aberkennung internationalen Schutzes trifft, dafür sorgen muss, dass der betreffende Antragsteller/Flüchtling/subsidiär Schutzberechtigte und sein Rechtsvertreter in jedem Fall zumindest vom wesentlichen Inhalt der vertraulichen bzw. als Verschlusssache eingestuften Daten und Informationen, die der auf diesem Grund beruhenden Entscheidung zugrunde liegen, Kenntnis nehmen können und davon in dem die Entscheidung betreffenden Verfahren Gebrauch machen dürfen, wenn sich die zuständige Behörde darauf beruft, dass die Offenlegung dem Grund der nationalen Sicherheit widerspräche?

    2.

    Bejahendenfalls: Was genau ist bei der Anwendung von Art. 23 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2013/32 in Verbindung mit den Art. 41 und 47 der Charta unter dem „wesentlichen Inhalt“ der vertraulichen Gründe, auf deren Grundlage ein solche Entscheidung ergeht, zu verstehen?

    3.

    Sind Art. 14 Abs. 4 Buchst. a bzw. Art. 17 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95, Art. 45 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 und Abs. 4 sowie der 49. Erwägungsgrund der Richtlinie 2013/32 dahin auszulegen, dass sie einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift entgegenstehen, wonach die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus bzw. der Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling oder von der Gewährung subsidiären Schutzes aufgrund einer Entscheidung ohne Begründung erfolgt, die sich ausschließlich auf die automatische Bezugnahme auf die verbindliche, ebenfalls nicht begründete, die Gefährdung der nationalen Sicherheit feststellende fachbehördliche Stellungnahme, die keine Ausnahme zulässt, stützt?

    4.

    Sind der 20. und 34. Erwägungsgrund, Art. 4, Art. 10 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2013/32 sowie Art. 14 Abs. 4 Buchst. a und Art. 17 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95 dahin auszulegen, dass sie einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift entgegenstehen, wonach eine Fachbehörde die Prüfung des Ausschlussgrundes durchführt und über diesen in der Sache in einem Verfahren entscheidet, das nicht den materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften der Richtlinien 2013/32 und 2011/95 unterworfen ist?

    5.

    Ist Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95 dahin auszulegen, dass er dem Ausschluss aufgrund eines Umstands/einer Straftat entgegensteht, die bereits vor Erlass des rechtskräftigen Urteils/der bestandskräftigen Entscheidung über die Anerkennung als Flüchtling bekannt waren, aber weder in Bezug auf die Anerkennung als Flüchtling noch in Bezug auf den subsidiären Schutz einen Ausschlussgrund begründeten?

    31.

    GM, die tschechische, die ungarische und die niederländische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Die niederländische Regierung hat sich nur zu den ersten beiden Fragen geäußert.

    IV. Rechtliche Würdigung

    32.

    Mit seinen Fragen in dieser Rechtssache ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof, im Wege der Vorabentscheidung zu prüfen, ob das Verfahren, aufgrund dessen einem Drittstaatsangehörigen die Flüchtlingseigenschaft aberkannt und seine Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verweigert wurde, weil er eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstelle und eine schwere Straftat begangen habe, mit mehreren Bestimmungen der Richtlinien 2011/95 und 2013/32 vereinbar ist.

    33.

    Zu den von der Asylbehörde angeführten Gründen heißt es in Art. 14 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2011/95:

    „Die Mitgliedstaaten können einem Flüchtling die ihm von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Rechtsstellung aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn

    a)

    es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält.“

    34.

    Außerdem bestimmt Art. 17 Abs. 1 Buchst. b und d dieser Richtlinie:

    „Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

    b)

    eine schwere Straftat begangen hat;

    d)

    eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält.“

    35.

    Die Prüfung der Fragen des vorlegenden Gerichts lässt sich meines Erachtens in drei Abschnitte unterteilen.

    36.

    Zunächst betreffen die erste und die zweite Frage den Umfang des Rechts auf Zugang zu vertraulichen oder als Verschlusssache eingestuften Informationen, auf denen die Entscheidung der Asylbehörde über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes beruht.

    37.

    Sodann ist anhand der dritten und der vierten Frage zu prüfen, ob ein Verfahren mit den Richtlinien 2011/95 und 2013/32 vereinbar ist, wonach die Asylbehörde zum einen an die von Fachbehörden abgegebene Stellungnahme gebunden ist, der zufolge die betroffene Person eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt, und zum anderen ihre Entscheidung ausschließlich unter Hinweis auf diese Gefahr begründet.

    38.

    Schließlich geht die fünfte Frage dahin, ob sich die Asylbehörde bei der Versagung subsidiären Schutzes darauf berufen kann, dass der Antragsteller eine schwere Straftat begangen habe, auch wenn ihr dieser Ausschlussgrund bekannt war, als sie ihm zuvor internationalen Schutz zuerkannt hatte.

    A.   Zur ersten und zur zweiten Vorlagefrage

    39.

    Mit der ersten Frage soll geklärt werden, ob eine Person, gegen die eine Entscheidung über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes mit der Begründung ergangen ist, sie stelle eine Gefahr für die nationale Sicherheit dar, das Recht auf Zugang wenigstens zum wesentlichen Inhalt der vertraulichen oder als Verschlusssache eingestuften Informationen hat, auf denen diese Entscheidung beruht, und ob sie diese Informationen im Verwaltungsverfahren und in einem etwaigen späteren Gerichtsverfahren verwenden darf. Mit der zweiten Frage wird der Gerichtshof ersucht, klarzustellen, was zum wesentlichen Inhalt der Informationen gehört, zu denen der betroffenen Person gemäß Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2013/32 nach Maßgabe der Art. 41 und 47 der Charta gegebenenfalls Zugang zu gewähren ist.

    40.

    Zur Beantwortung der ersten Frage ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2013/32 „[d]ie Mitgliedstaaten [sicherstellen], dass der Rechtsanwalt oder ein sonstiger nach nationalem Recht zugelassener oder zulässiger Rechtsberater, der einen Antragsteller gemäß den nationalen Rechtsvorschriften unterstützt oder vertritt, Zugang zu den Informationen in der Akte des Antragstellers erhält, auf deren Grundlage über den Antrag entschieden wurde oder entschieden wird.“ Damit ist der Grundsatz festgelegt, wonach der Rechtsvertreter der betroffenen Partei Zugang zu den Informationen hat, die zum Erlass der Entscheidung über den internationalen Schutz geführt haben.

    41.

    Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie sieht jedoch die folgende Ausnahme von diesem Zugangsrecht vor:

    „Die Mitgliedstaaten können hiervon abweichen, wenn die Offenlegung von Informationen oder Quellen die nationale Sicherheit, die Sicherheit der Organisationen oder Personen, von denen diese Informationen stammen, oder die Sicherheit der Personen, die die Informationen betreffen, gefährden oder wenn die Ermittlungsinteressen im Rahmen der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder die internationalen Beziehungen der Mitgliedstaaten beeinträchtigt würden. In diesen Fällen

    a)

    gewähren die Mitgliedstaaten den staatlichen Stellen gemäß Kapitel V Zugang zu den betreffenden Informationen oder Quellen und

    b)

    legen die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht Verfahren fest, mit denen gewährleistet wird, dass die Verteidigungsrechte des Antragstellers geachtet werden.“

    42.

    Nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten „[h]insichtlich der Regelung in Buchstabe b … insbesondere einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater, der einer Sicherheitsprüfung unterzogen wurde, Zugang zu diesen Informationen oder Quellen gewähren, soweit diese Informationen für die Prüfung des Antrags oder für die Entscheidung zur Aberkennung des internationalen Schutzes relevant sind.“

    43.

    Aus diesen Bestimmungen schließe ich, dass die zum Schutz der nationalen Sicherheit mögliche Einschränkung des Rechts auf Zugang zu Informationen über die betroffene Person an zwei kumulative Bedingungen geknüpft ist: Erstens müssen die für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung über den internationalen Schutz zuständigen Gerichte Zugang zu den vertraulichen Informationen oder Quellen haben; zweitens muss das nationale Recht Verfahren vorsehen, die die Verteidigungsrechte der betroffenen Person gewährleisten.

    44.

    Die erste Bedingung scheint mir grundsätzlich erfüllt zu sein, da aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, dass die zuständigen Gerichte tatsächlich vollen Zugang zu den vertraulichen Informationen über die betroffene Person haben. Allerdings sind die Beschränkungen erwähnenswert, denen diese Gerichte bezüglich der Verwendung dieser Informationen unterliegen.

    45.

    Das vom vorlegenden Gericht mit seinen ersten beiden Fragen aufgeworfene Problem betrifft eher die Beurteilung der zweiten Bedingung.

    46.

    Was diese Bedingung angeht, so besagt der zwingende Wortlaut von Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2013/32, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, in ihrem nationalen Recht Verfahren festzulegen, mit denen gewährleistet wird, dass die Verteidigungsrechte der Person, die internationalen Schutz beantragt, geachtet werden. In diesem Kontext ist der Zugang zu vertraulichen Informationen, der dem sicherheitsüberprüften Rechtsberater dieser Person nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie zusteht, nur ein Beispiel für die Verfahrensmodalitäten, die von den Mitgliedstaaten festgelegt werden können.

    47.

    Aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2013/32 und der Verwendung des Begriffs „insbesondere“ geht somit eindeutig hervor, dass sich der Unionsgesetzgeber dafür entschieden hat, die Verfahren, die festgelegt werden müssen, um die Achtung der Verteidigungsrechte der betroffenen Person beim Erlass einer Entscheidung über internationalen Schutz auf der Grundlage vertraulicher Informationen zu gewährleisten, nicht abschließend zu regeln, sondern den Mitgliedstaaten in diesem Bereich vielmehr einen gewissen Ermessensspielraum einzuräumen.

    48.

    Da die Richtlinie 2013/32 nicht regelt, wie die Mitgliedstaaten die Wahrung der Verteidigungsrechte der betroffenen Person zu gewährleisten haben, wenn deren Recht auf Akteneinsicht gemäß Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie eingeschränkt wird, fallen die konkreten Modalitäten der hierzu festgelegten Verfahren nach dem Grundsatz der mitgliedstaatlichen Verfahrensautonomie in den Bereich der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, wobei diese Verfahren jedoch nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige innerstaatliche Sachverhalte regeln (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz) ( 8 ).

    49.

    Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass das in Art. 41 der Charta verankerte Recht auf eine gute Verwaltung einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts widerspiegelt, der für die Mitgliedstaaten gelten soll, wenn sie dieses Recht umsetzen ( 9 ). Daher kann der Gerichtshof die vorliegenden Vorabentscheidungsfragen im Licht dieses allgemeinen Grundsatzes des Unionsrechts beantworten, dem zufolge das Recht auf eine gute Verwaltung auch die Verpflichtung für die Verwaltung beinhaltet, ihre Entscheidungen zu begründen ( 10 ).

    50.

    Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung des Unionsrechts auch zu gewährleisten, dass das in Art. 47 Abs. 1 der Charta verankerte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gewahrt ist, der den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes bekräftigt ( 11 ).

    51.

    Während der Gerichtshof über keine Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Äquivalenzgrundsatz im vorliegenden Fall missachtet sein könnte, gilt dies meines Erachtens nicht für den Effektivitätsgrundsatz sowie für die Rechte auf eine gute Verwaltung und einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf.

    52.

    Nach dem Effektivitätsgrundsatz sind die Mitgliedstaaten für den wirksamen Schutz der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich und haben insbesondere die Beachtung des Grundsatzes zu gewährleisten, wonach die Adressaten von Entscheidungen, die ihre Interessen spürbar beeinträchtigen, in die Lage versetzt werden müssen, ihren Standpunkt zu den Gesichtspunkten, auf die die Verwaltung ihre Entscheidung zu stützen beabsichtigt, sachdienlich vorzutragen, sowie die Wahrung des in Art. 47 Abs. 2 der Charta verankerten Rechts jeder Person darauf sicherzustellen, dass ihre Sache vor einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird ( 12 ).

    53.

    Dabei ist zu beachten, dass der Grundsatz der Waffengleichheit als integraler Bestandteil des in dieser Bestimmung verankerten Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Schutzes der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte, da er sich ebenso wie etwa der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens zwangsläufig aus dem Begriff des fairen Verfahrens an sich ergibt, es gebietet, dass jeder Partei angemessen die Möglichkeit gegeben wird, ihr Anliegen sowie ihre Beweise unter Bedingungen vorzubringen, die sie nicht in eine gegenüber ihrem Gegner deutlich nachteilige Position versetzen ( 13 ).

    54.

    Aus dem Vorstehenden folgt meines Erachtens, dass die betroffene Person ihre nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2013/32 ausdrücklich garantierten Verteidigungsrechte nur dann wirksam wahrnehmen kann, wenn sie zumindest den wesentlichen Inhalt der Informationen kennt, denen zufolge sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt und auf denen eine Entscheidung über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes beruht. Damit wird das Recht auf eine gute Verwaltung und auf einen wirksamen Rechtsbehelf mit der gebotenen Vertraulichkeit von Informationen und Beweisen für eine Bedrohung der nationalen Sicherheit in Einklang gebracht.

    55.

    Aufgrund der dem Gerichtshof übermittelten Angaben bin ich der Ansicht, dass das ungarische Recht die Verfahrensrechte, die einer von einer Entscheidung über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes betroffenen Person zustehen, nicht hinreichend gewährleistet. Mit den soeben dargelegten Grundsätzen scheint mir nämlich eine Regelung nicht vereinbar zu sein, wonach solche Verfahrensrechte allein deshalb als gewahrt gelten, weil der Richter bei der gerichtlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung, die auf vertraulichen oder als Verschlusssache eingestuften Informationen beruht, Einsicht in die fachbehördlichen Akten nehmen kann, die diese Informationen enthalten, ohne dass die betroffene Person oder ihr Rechtsvertreter die Gewähr hätte, von den Informationen oder zumindest von deren wesentlichem Inhalt Kenntnis nehmen zu können, und ohne dass sie davon im Verwaltungsverfahren und in einem etwaigen späteren Gerichtsverfahren Gebrauch machen könnten.

    56.

    Zwar kann die betroffene Person bei den Fachbehörden Zugang zu den Informationen beantragen, die auf eine Bedrohung der nationalen Sicherheit hindeuten; die ungarische Regelung gewährleistet aber keineswegs, dass die betroffene Person oder ihr Rechtsvertreter bei einer Ablehnung dieses Antrags ( 14 ) Kenntnis zumindest von den wesentlichen Umständen erhalten wird, die für das Vorliegen einer solchen Bedrohung sprechen.

    57.

    Bei der Abwägung zwischen dem Recht auf eine gute Verwaltung und auf einen wirksamen Rechtsbehelf einerseits und dem gebotenen Schutz der nationalen Sicherheit andererseits lassen sich meines Erachtens insbesondere aus dem Urteil vom 4. Juni 2013, ZZ ( 15 ), brauchbare Erkenntnisse gewinnen. Aus diesem Urteil geht nämlich hervor, dass der betroffenen Person zur Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens jedenfalls der wesentliche Inhalt der Gründe mitgeteilt werden muss, auf denen die ihr gegenüber getroffene Entscheidung beruht, damit sie diese Gründe angreifen und somit ihre Verteidigungsmittel sachdienlich geltend machen kann ( 16 ).

    58.

    So hat der Gerichtshof zu einer Maßnahme, mit der die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers aus Gründen der öffentlichen Sicherheit beschränkt wurden, in diesem Urteil entschieden, dass „Art. 30 Abs. 2 und Art. 31 der [Richtlinie 2004/38/EG ( 17 )] im Licht von Art. 47 der Charta dahin auszulegen sind, dass das zuständige nationale Gericht nach diesen Vorschriften dafür zu sorgen hat, dass die Nichtoffenlegung der genauen und umfassenden Gründe, auf denen eine in Anwendung von Art. 27 dieser Richtlinie getroffene Entscheidung beruht, und der entsprechenden Beweise durch die zuständige nationale Behörde gegenüber dem Betroffen auf das unbedingt Erforderliche beschränkt bleibt und dass dem Betroffenen jedenfalls der wesentliche Inhalt dieser Gründe in einer Weise mitgeteilt wird, die die erforderliche Geheimhaltung der Beweise gebührend berücksichtigt“ ( 18 ).

    59.

    Die notwendige Abwägung zwischen den berechtigten Belangen der nationalen Sicherheit und dem Gebot, der betroffenen Person die Achtung ihrer Verfahrensrechte wie etwa des Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens hinreichend zu gewährleisten, kann meines Erachtens nicht je nach der Rechtsstellung der Person, der eine Gefährdung der nationalen Sicherheit vorgeworfen wird, unterschiedlich ausfallen ( 19 ). Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, für Recht zu erkennen, dass im Rahmen einer Entscheidung über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes eine Abwägung zwischen derartigen Erfordernissen zu erfolgen hat, wobei diese Abwägung konkret bedeuten muss, dass der Person, die diesen Schutz beantragt, der wesentliche Inhalt der Informationen mitgeteilt wird, denen zufolge sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt und auf denen die Entscheidung daher beruht.

    60.

    Da die betroffene Person durch die Mitteilung dieses wesentlichen Inhalts in die Lage versetzt werden soll, die Gründe für die Entscheidung über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes anzugreifen, muss sie somit Kenntnis von den Tatsachen und Verhaltensweisen erhalten, die ihr hauptsächlich vorgeworfen werden.

    61.

    In seinem Urteil vom 4. Juni 2013, ZZ ( 20 ), hat der Gerichtshof allerdings hervorgehoben, dass ganz bestimmte Beweise gegebenenfalls vertraulich zu behandeln seien. „In bestimmten Fällen kann nämlich“ – so der Gerichtshof – „die Offenlegung dieser Beweise die Sicherheit des Staates insoweit unmittelbar und besonders beeinträchtigen, als sie insbesondere das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Personen gefährden könnte oder die von den nationalen Sicherheitsbehörden speziell angewandten Untersuchungsmethoden enthüllen und damit die zukünftige Erfüllung der Aufgaben dieser Behörden ernsthaft behindern oder sogar unmöglich machen könnte“ ( 21 ).

    62.

    Abschließend möchte ich betonen, dass mir die ungarische Regelung jedenfalls mit der sich aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2013/32 ergebenden Verpflichtung, die Verteidigungsrechte der betroffenen Person zu gewährleisten, unvereinbar erscheint, da die ihr eventuell mitgeteilten Informationen nach dieser Regelung weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren zu ihrer Verteidigung verwendet werden dürften.

    63.

    In Anbetracht dessen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Art. 14 Abs. 4 Buchst. a und Art. 17 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95 sowie Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2013/32 in Verbindung mit Art. 47 der Charta und unter Berücksichtigung des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes betreffend das Recht auf eine gute Verwaltung dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die zum einen weder einer Person, der gegenüber eine Entscheidung über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes wegen der von ihr ausgehenden Gefahr für die nationale Sicherheit ergangen ist, noch ihrem Rechtsvertreter erlaubt, regelmäßig wenigstens Kenntnis vom wesentlichen Inhalt der Informationen zu nehmen, auf denen diese Entscheidung beruht, und zum anderen diese Person oder ihren Rechtsvertreter jedenfalls nicht dazu berechtigt, solche Informationen im Verwaltungsverfahren und in einem etwaigen späteren Gerichtsverfahren zu verwenden.

    64.

    Der wesentliche Inhalt der Informationen, welcher einer Person mitgeteilt werden muss, der gegenüber eine Entscheidung über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes wegen der von ihr ausgehenden Gefahr für die nationale Sicherheit ergangen ist, muss diese Person in die Lage versetzen, Kenntnis von den Tatsachen und Verhaltensweisen zu nehmen, die ihr hauptsächlich vorgeworfen werden, wobei allerdings der gebotene Schutz der Vertraulichkeit von Beweisen gebührend zu berücksichtigen ist.

    B.   Zur dritten und zur vierten Vorlagefrage

    65.

    Mit seiner dritten und seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinien 2011/95 und 2013/32 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach die Asylbehörde einen Antrag auf internationalen Schutz abzulehnen bzw. einen zuvor gewährten Schutz abzuerkennen hat, wenn auf den Bereich der nationalen Sicherheit spezialisierte Fachbehörden, die nicht den Regeln dieser Richtlinien unterliegen, in einer nicht mit Gründen versehenen Stellungnahme festgestellt haben, dass von der betreffenden Person eine Gefahr für die nationale Sicherheit ausgehe.

    66.

    Im vorliegenden Fall geht aus dem Sachverhalt hervor, dass die Asylbehörde in ihrem Bescheid GM die Flüchtlingseigenschaft aberkannt und ihm anschließend subsidiären Schutz verweigert hat, und zwar unter Berufung auf eine nicht mit Gründen versehene Stellungnahme von auf den Bereich der nationalen Sicherheit spezialisierten Fachbehörden.

    67.

    Soweit die ungarische Regierung vorträgt, die diesen Behörden übertragenen Aufgaben fielen nach den Art. 72 und 73 AEUV ausschließlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, ist zu beachten, dass diese Bestimmungen nicht so ausgelegt werden können, als ermächtigten sie die Mitgliedstaaten, durch bloße Berufung auf ihre Zuständigkeiten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit von Bestimmungen des Unionsrechts abzuweichen ( 22 ).

    68.

    Wie die ungarische Regierung in ihren Erklärungen selbst einräumt, entscheiden die Fachbehörden, die eine mögliche Gefährdung der nationalen Sicherheit prüfen, nicht darüber, ob internationaler Schutz zu gewähren sei. Ihre Aufgabe bestehe darin, festzustellen, ob der Aufenthalt der betreffenden Person eine Gefahr für die Sicherheit des Staates darstelle. Hingegen gehöre die nach den Kriterien für die Gewährung internationalen Schutzes vorzunehmende Bewertung dieses Umstands nebst seiner Verwendung für Beweiszwecke zu den Pflichten der mit der Gewährung dieses Schutzes betrauten Behörde.

    69.

    Diese Anerkennung unterschiedlicher Zuständigkeiten der Asylbehörde und der Fachbehörden stößt jedoch im Rahmen des ungarischen Verfahrens zur Gewährung oder Aberkennung internationalen Schutzes an eine entscheidende Grenze. Die Asylbehörde darf nämlich von der Stellungnahme der Fachbehörden zum Vorliegen einer Gefährdung der nationalen Sicherheit nicht abweichen, sondern muss als automatische Konsequenz daraus den internationalen Schutz aberkennen oder verweigern. Sie kann in dieser Situation keine Kenntnis von den Informationen nehmen, auf denen diese Stellungnahme beruht, und wird ihre Entscheidung daher nicht über einen bloßen Hinweis auf das Vorliegen einer solchen Gefährdung hinaus begründen können.

    70.

    Ein solches Verfahren verstößt meiner Meinung nach gegen zwei in den Richtlinien 2011/95 und 2013/32 enthaltene Regelungen. Zum einen muss die Asylbehörde über die volle und uneingeschränkte Zuständigkeit für die Beurteilung verfügen, ob internationaler Schutz zu gewähren oder abzuerkennen ist. Zum anderen muss diese Behörde – und beides hängt miteinander zusammen – ihre Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht begründen.

    71.

    Zur Aufgabe der Asylbehörde ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32, dass die Mitgliedstaaten für alle Verfahren eine Asylbehörde benennen, die für eine angemessene Prüfung der Anträge gemäß dieser Richtlinie zuständig ist. Für die Mitgliedstaaten bestehen auch verschiedene Verpflichtungen bezüglich der Ausstattung, über die diese Behörde verfügen muss. Zwar kann nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie eine andere Behörde für zuständig erklärt werden; die in dieser Bestimmung genannten Fälle weisen jedoch keinen Bezug zu einer Entscheidung auf, wie sie Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist.

    72.

    Zur Aufgabe der Asylbehörde sowohl bei der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz als auch bei der Aberkennung zuvor gewährten Schutzes finden sich mehrere ausdrückliche Regelungen insbesondere in den Art. 10 und 45 der Richtlinie 2013/32.

    73.

    So sind in Art. 10 dieser Richtlinie die Anforderungen an die Prüfung von Anträgen festgelegt. Nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie stellt die Asylbehörde „[b]ei der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz … zuerst fest, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling erfüllt; ist dies nicht der Fall, wird festgestellt, ob der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat.“ Gemäß Art. 10 Abs. 3 stellen „[d]ie Mitgliedstaaten … sicher, dass die Asylbehörde ihre Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz nach angemessener Prüfung trifft.“ Zu diesem Zweck müssen die Mitgliedstaaten u. a. sicherstellen, dass „die Anträge einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft und entschieden werden“ (Art. 10 Abs. 3 Buchst. a) und dass „genaue und aktuelle Informationen aus verschiedenen Quellen … eingeholt werden“ (Art. 10 Abs. 3 Buchst. b). Dies entspricht der in Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95 genannten Anforderung, dass jeder Antrag auf internationalen Schutz unter Berücksichtigung u. a. der besonderen Umstände jedes Antragstellers „individuell zu prüfen“ ist.

    74.

    Außerdem müssen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 45 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32 in Bezug auf die Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes sicherstellen, dass in Fällen, in denen die zuständige Behörde in Erwägung zieht, den internationalen Schutz eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen abzuerkennen, die betreffende Person über Verfahrensgarantien verfügt: „Sie ist schriftlich davon in Kenntnis zu setzen, dass die zuständige Behörde den Anspruch auf internationalen Schutz überprüft und aus welchen Gründen eine solche Überprüfung stattfindet“ (Art. 45 Abs. 1 Buchst. a), und „ihr ist in einer persönlichen Anhörung … Gelegenheit zu geben, Gründe vorzubringen, die dagegen sprechen, ihr den internationalen Schutz abzuerkennen“ (Art. 45 Abs. 1 Buchst. b).

    75.

    Damit die Verteidigungsrechte der Person, die internationalen Schutz beantragt, gewährleistet sind, müssen die Entscheidungen der zuständigen Behörde mit Gründen versehen werden. Dieses Erfordernis kommt insbesondere in Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32 zum Ausdruck, dem zufolge „[d]ie Mitgliedstaaten … sicher[stellen], dass bei der Ablehnung eines Antrags auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft und/oder des subsidiären Schutzstatus die sachlichen und rechtlichen Gründe für die Ablehnung in der Entscheidung dargelegt werden und eine schriftliche Belehrung beigefügt wird, wie eine ablehnende Entscheidung angefochten werden kann.“ Das gleiche Erfordernis findet sich in Art. 45 Abs. 3 dieser Richtlinie, wonach „[d]ie Mitgliedstaaten … sicher[stellen], dass die Entscheidung der zuständigen Behörde, den internationalen Schutz abzuerkennen, schriftlich ergeht“, und „[d]ie Entscheidung … eine sachliche und rechtliche Begründung sowie eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung [enthält]“.

    76.

    Der Gerichtshof hat die Bedeutung der Aufgabe, die der Asylbehörde nach dem Unionsrecht zukommt, bereits durch die Feststellung unterstrichen, dass ausweislich der Richtlinie 2013/32 die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz durch eine Verwaltungsstelle oder eine gerichtsähnliche Behörde, die mit besonderen Mitteln und Fachpersonal ausgestattet ist, eine wesentliche Phase der mit dieser Richtlinie eingeführten gemeinsamen Verfahren ist ( 23 ).

    77.

    Der Gerichtshof hat außerdem entschieden, dass die Asylbehörde damit beauftragt ist, die Anträge angemessen zu prüfen, bevor sie über sie entscheidet, so dass es allein dieser Behörde obliegt, unter gerichtlicher Kontrolle die in Art. 4 der Richtlinie 2011/95 vorgesehene Prüfung der Tatsachen und Umstände vorzunehmen, wobei sie sich nicht darauf beschränken darf, die Ergebnisse eines Gutachtens zu übernehmen. Daraus folgt, dass diese Behörde ihre Entscheidung nicht allein auf diese Ergebnisse stützen darf und bei ihrer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls erst recht nicht an Letztere gebunden sein kann ( 24 ).

    78.

    Der Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung auch den Inhalt dieser Prüfung bei der Beurteilung von Ausschlussgründen dahin gehend präzisiert, dass die Asylbehörde, wenn sie einen Ausschlussgrund anwendet, in jedem Einzelfall die genauen tatsächlichen Umstände, die ihr bekannt sind, würdigen muss, um zu ermitteln, ob schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen, dass die betreffende Person unter diesen Ausschlussgrund fällt ( 25 ).

    79.

    Mit den soeben dargelegten Verfahrensgarantien ist es meines Erachtens unvereinbar, wenn die Asylbehörde nicht mit Gründen versehene Stellungnahmen von Fachbehörden automatisch zu berücksichtigen hat. Da diese Behörde nämlich zum einen keine Kenntnis von den Informationen hat – nicht einmal von deren wesentlichem Inhalt –, die das Vorliegen einer Gefährdung der nationalen Sicherheit belegen sollen, und zum anderen nicht von diesen Stellungnahmen abweichen darf, wird ihr faktisch die Befugnis genommen, die konkrete Situation der betreffenden Person umfassend zu würdigen, um zu ermitteln, ob schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen, dass diese Person unter einen Ausschlussgrund fällt.

    80.

    Dieses Verfahrensmodell führt dazu, dass die Asylbehörde eine Entscheidung über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes trifft, ohne ihre Entscheidung hinreichend begründen zu können. Dadurch wird das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf beeinträchtigt, das Personen, die internationalen Schutz beantragen, nach Art. 46 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32 zusteht.

    81.

    Aus alledem schließe ich, dass Art. 4 Abs. 3, Art. 14 Abs. 4 Buchst. a und Art. 17 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95 sowie Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 10 Abs. 2 und 3, Art. 11 Abs. 2, Art. 45 Abs. 1 und 3 und Art. 46 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32 in Verbindung mit Art. 47 der Charta und unter Berücksichtigung des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes des Rechts auf eine gute Verwaltung dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach die Asylbehörde einen Antrag auf internationalen Schutz abzulehnen bzw. einen zuvor gewährten Schutz abzuerkennen hat, wenn auf den Bereich der nationalen Sicherheit spezialisierte Fachbehörden, die nicht den Regeln dieser Richtlinien unterliegen, in einer nicht mit Gründen versehenen Stellungnahme festgestellt haben, dass von der betreffenden Person eine Gefahr für die nationale Sicherheit ausgehe.

    C.   Zur fünften Vorlagefrage

    82.

    Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95 dahin auszulegen ist, dass er es verbietet, einem Antragsteller subsidiären Schutz wegen einer strafrechtlichen Verurteilung zu verweigern, die den Behörden bei ihrer früheren Entscheidung, ihm internationalen Schutz zu gewähren, bereits bekannt war.

    83.

    Aus dem Vorabentscheidungsersuchen geht hervor, dass sich die zuständige Behörde, um GM subsidiären Schutz zu verweigern, auf eine vor 18 Jahren rechtskräftig gewordene strafrechtliche Verurteilung GMs vom 6. Juni 2002 wegen einer Straftat gestützt hat, die sie als „schweren Fall“ einstufte. Die verhängte Strafe wurde im Jahr 2004 verbüßt.

    84.

    Nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95 ist ein Drittstaatsangehöriger von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er eine schwere Straftat begangen hat.

    85.

    Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass der Anwendungsbereich des in dieser Bestimmung vorgesehenen Grundes für den Ausschluss vom subsidiären Schutz weiter gefasst ist als der des in Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2011/95 vorgesehenen Grundes für den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling ( 26 ). Während nämlich der in der letzteren Bestimmung vorgesehene Grund für den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling eine schwere nicht politische Straftat betrifft, die der Betreffende außerhalb des Aufnahmelandes begangen hat, bevor er als Flüchtling aufgenommen wurde, erfasst der in Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95 vorgesehene Grund für den Ausschluss vom subsidiären Schutz ganz allgemein eine schwere Straftat und ist somit weder territorial noch zeitlich noch in Bezug auf die Art der in Rede stehenden Straftaten beschränkt ( 27 ).

    86.

    Zwar sieht diese Bestimmung einen Ausschlussgrund vor, der eine Ausnahme von der in Art. 18 der Richtlinie 2011/95 aufgestellten allgemeinen Regel bildet und daher restriktiv auszulegen ist ( 28 ). Jedoch lassen sich weder dem Wortlaut dieser Bestimmung noch dem Zweck, der mit diesem Grund für den Ausschluss vom subsidiären Schutz verfolgt wird ( 29 ), Beschränkungen hinsichtlich des Zeitraums entnehmen, in dem die darin genannte schwere Straftat begangen worden sein muss.

    87.

    Ganz allgemein geht weder aus der Richtlinie 2011/95 noch aus der Richtlinie 2013/32 hervor, dass die zuständigen Behörden nach der Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft an Bewertungen gebunden wären, die zuvor in dem den Antrag auf internationalen Schutz betreffenden ursprünglichen Prüfungsverfahren zur Anwendbarkeit von Ausschlussgründen möglicherweise vorgenommen wurden.

    88.

    Daher ist die Asylbehörde meines Erachtens durch nichts daran gehindert, bei ihrer Prüfung eines Antrags auf subsidiären Schutz den Ausschlussgrund in Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95 – gegebenenfalls auf der Grundlage neuer Informationen – zu berücksichtigen, selbst wenn dieser Ausschlussgrund den Behörden bei ihrer vorherigen Entscheidung, dem Betreffenden internationalen Schutz zu gewähren, bereits bekannt war.

    89.

    Der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist zu entnehmen, dass dem Kriterium der verhängten Strafe, ebenso wie dem Kriterium des im Strafrecht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Strafmaßes ( 30 ), zweifellos eine besondere Bedeutung bei der Beurteilung der Schwere der Straftat zukommt, die den Ausschluss vom subsidiären Schutz nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95 rechtfertigt. Aus dieser Rechtsprechung geht aber hervor, dass sich die zuständige Behörde auf den in dieser Bestimmung – die sich auf die Begehung einer „schweren Straftat“ durch die Person, die internationalen Schutz beantragt, bezieht – vorgesehenen Ausschlussgrund erst berufen darf, nachdem sie in jedem Einzelfall die genauen tatsächlichen Umstände, die ihr bekannt sind, gewürdigt hat, um zu ermitteln, ob schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen, dass die Handlungen des Betreffenden, der im Übrigen die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erfüllt, unter diesen Ausschlusstatbestand fallen, wobei die Beurteilung der Schwere der fraglichen Straftat eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls erfordert ( 31 ).

    V. Ergebnis

    90.

    Nach alledem schlage ich vor, die Vorlagefragen des Fővárosi Törvényszék (Hauptstädtischer Gerichtshof, Ungarn) wie folgt zu beantworten:

    1.

    Art. 14 Abs. 4 Buchst. a und Art. 17 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes sowie Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes sind in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und unter Berücksichtigung des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes betreffend das Recht auf eine gute Verwaltung dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die zum einen weder einer Person, der gegenüber eine Entscheidung über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes wegen der von ihr ausgehenden Gefahr für die nationale Sicherheit ergangen ist, noch ihrem Rechtsvertreter erlaubt, regelmäßig wenigstens Kenntnis vom wesentlichen Inhalt der Informationen zu nehmen, auf denen diese Entscheidung beruht, und zum anderen diese Person oder ihren Rechtsvertreter jedenfalls nicht dazu berechtigt, solche Informationen im Verwaltungsverfahren und in einem etwaigen späteren Gerichtsverfahren zu verwenden.

    Der wesentliche Inhalt der Informationen, welcher einer Person mitgeteilt werden muss, der gegenüber eine Entscheidung über die Aberkennung bzw. Verweigerung internationalen Schutzes wegen der von ihr ausgehenden Gefahr für die nationale Sicherheit ergangen ist, muss diese Person in die Lage versetzen, Kenntnis von den Tatsachen und Verhaltensweisen zu nehmen, die ihr hauptsächlich vorgeworfen werden, wobei allerdings der gebotene Schutz der Vertraulichkeit von Beweisen gebührend zu berücksichtigen ist.

    2.

    Art. 4 Abs. 3, Art. 14 Abs. 4 Buchst. a und Art. 17 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95 sowie Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 10 Abs. 2 und 3, Art. 11 Abs. 2, Art. 45 Abs. 1 und 3 und Art. 46 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32 in Verbindung mit Art. 47 der Charta und unter Berücksichtigung des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes des Rechts auf eine gute Verwaltung sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach die Asylbehörde einen Antrag auf internationalen Schutz abzulehnen bzw. einen zuvor gewährten Schutz abzuerkennen hat, wenn auf den Bereich der nationalen Sicherheit spezialisierte Fachbehörden, die nicht den Regeln dieser Richtlinien unterliegen, in einer nicht mit Gründen versehenen Stellungnahme festgestellt haben, dass von der betreffenden Person eine Gefahr für die nationale Sicherheit ausgehe.

    3.

    Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95 ist dahin auszulegen, dass er die Asylbehörde nicht daran hindert, den in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausschlussgrund bei ihrer Prüfung eines Antrags auf subsidiären Schutz zu berücksichtigen, auch wenn dieser Ausschlussgrund den Behörden bei ihrer vorherigen Entscheidung, dem Betreffenden internationalen Schutz zu gewähren, bereits bekannt war.


    ( 1 ) Originalsprache: Französisch.

    ( 2 ) ABl. 2011, L 337, S. 9.

    ( 3 ) ABl. 2013, L 180, S. 60.

    ( 4 ) Im Folgenden: Charta.

    ( 5 ) Magyar Közlöny 2007. évi 83. szám, im Folgenden: Asylgesetz.

    ( 6 ) Magyar Közlöny 2019. évi 133. szám.

    ( 7 ) Magyar Közlöny 2009. évi 194. szám, im Folgenden: Verschlusssachengesetz.

    ( 8 ) Vgl. entsprechend Urteile vom 16. Juli 2020, Addis (C‑517/17, EU:C:2020:579, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 9. September 2020, Commissaire général aux réfugiés et aux apatrides (Ablehnung eines Folgeantrags – Rechtsbehelfsfrist) (C‑651/19, EU:C:2020:681, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 21. Oktober 2021, ZX (Berichtigung der Anklageschrift) (C‑282/20, EU:C:2021:874, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 9 ) Vgl. u. a. Urteile vom 24. November 2020, Minister van Buitenlandse Zaken (C‑225/19 und C‑226/19, EU:C:2020:951, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 10. Februar 2022, Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld (Verjährungsfrist) (C‑219/20, EU:C:2022:89, Rn. 37).

    ( 10 ) Vgl. u. a. Urteil vom 24. November 2020, Minister van Buitenlandse Zaken (C‑225/19 und C‑226/19, EU:C:2020:951, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 11 ) Vgl. u. a. Urteile vom 15. April 2021, État belge (Nach der Überstellungsentscheidung eingetretene Umstände) (C‑194/19, EU:C:2021:270, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 10. Februar 2022, Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld (Verjährungsfrist) (C‑219/20, EU:C:2022:89, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 12 ) Vgl. u. a. Urteil vom 10. Februar 2022, Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld (Verjährungsfrist) (C‑219/20, EU:C:2022:89, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 13 ) Vgl. u. a. Urteil vom 10. Februar 2022, Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld (Verjährungsfrist) (C‑219/20, EU:C:2022:89, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 14 ) GM führt in seinen Erklärungen aus, dass er bei den Fachbehörden erfolglos Zugang zu den ihn betreffenden vertraulichen Informationen beantragt habe und dass seine Klage gegen die Entscheidung, mit der ihm der Zugang zu diesen Informationen verweigert worden sei, abgewiesen worden sei, wobei aber noch eine Kassationsbeschwerde in dem diese Entscheidung betreffenden Verfahren eingelegt werden müsse. Weitere Anträge seien von den Fachbehörden abgelehnt worden, wobei noch Klagen gegen deren Entscheidungen anhängig seien.

    ( 15 ) C‑300/11, EU:C:2013:363.

    ( 16 ) Vgl. Urteil vom 4. Juni 2013, ZZ (C‑300/11, EU:C:2013:363, Rn. 65).

    ( 17 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 2004, L 158, S. 77, und Berichtigung in ABl. 2004, L 229, S. 35).

    ( 18 ) Urteil vom 4. Juni 2013, ZZ (C‑300/11, EU:C:2013:363, Rn. 69).

    ( 19 ) Vgl. zum Umfang des Schutzes, den eine Gesellschaft ihren grundlegenden Interessen gewähren will, Urteil vom 24. Juni 2015, T. (C‑373/13, EU:C:2015:413, Rn. 77).

    ( 20 ) C‑300/11, EU:C:2013:363.

    ( 21 ) Urteil vom 4. Juni 2013, ZZ (C‑300/11, EU:C:2013:363, Rn. 66).

    ( 22 ) Vgl. u. a. Urteil vom 2. Juli 2020, Stadt Frankfurt am Main (C‑18/19, EU:C:2020:511, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 23 ) Vgl. u. a. Urteil vom 16. Juli 2020, Addis (C‑517/17, EU:C:2020:579, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 24 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2018, F (C‑473/16, EU:C:2018:36, Rn. 40 bis 42).

    ( 25 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 31. Januar 2017, Lounani (C‑573/14, EU:C:2017:71, Rn. 72), und vom 13. September 2018, Ahmed (C‑369/17, EU:C:2018:713, Rn. 55).

    ( 26 ) Vgl. u. a. Urteil vom 2. April 2020, Kommission/Polen, Ungarn und Tschechische Republik (Vorübergehender Umsiedlungsmechanismus für internationalen Schutz beantragende Personen) (C‑715/17, C‑718/17 und C‑719/17, EU:C:2020:257, Rn. 154 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 27 ) Vgl. Urteile vom 13. September 2018, Ahmed (C‑369/17, EU:C:2018:713, Rn. 47), und vom 2. April 2020, Kommission/Polen, Ungarn und Tschechische Republik (Vorübergehender Umsiedlungsmechanismus für internationalen Schutz beantragende Personen) (C‑715/17, C‑718/17 und C‑719/17, EU:C:2020:257, Rn. 155 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Bericht des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) von Januar 2016 mit dem Titel „Ausschluss: Artikel 12 und Artikel 17 der Anerkennungsrichtlinie (2011/95/EU) – Eine richterliche Analyse“, in dessen Abschnitt 3.2.2 es zu Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95 heißt: „[Es] besteht bezüglich der Begehung des/der Verbrechen(s) keine zeitliche oder territoriale Einschränkung. Das bedeutet, dass als Folge solcher Straftaten unabhängig von der Zeit und dem Ort ihrer Begehung die Ausschlussklausel angewandt werden kann“ (S. 50), abrufbar unter der folgenden Internetadresse: https://euaa.europa.eu/sites/default/files/Exclusion-Judicial-Analysis-DE.pdf.

    ( 28 ) Vgl. Urteil vom 13. September 2018, Ahmed (C‑369/17, EU:C:2018:713, Rn. 52).

    ( 29 ) Vgl. u. a. Urteil vom 13. September 2018, Ahmed (C‑369/17, EU:C:2018:713, Rn. 51).

    ( 30 ) Vgl. Urteil vom 13. September 2018, Ahmed (C‑369/17, EU:C:2018:713, Rn. 55).

    ( 31 ) Vgl. u. a. Urteil vom 2. April 2020, Kommission/Polen, Ungarn und Tschechische Republik (Vorübergehender Umsiedlungsmechanismus für internationalen Schutz beantragende Personen) (C‑715/17, C‑718/17 und C‑719/17, EU:C:2020:257, Rn. 154 und die dort angeführte Rechtsprechung).

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