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Document 62021CC0054

Schlussanträge des Generalanwalts M. Campos Sánchez-Bordona vom 12. Mai 2022.
Antea Polska S.A., „Pectore-Eco'' sp. z o.o., Instytut Ochrony Środowiska - Państwowy Instytut Badawczy gegen Państwowe Gospodarstwo Wodne Wody Polskie.
Vorabentscheidungsersuchen der Krajowa Izba Odwoławcza.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2014/24/EU – Grundsätze der Auftragsvergabe – Art. 18 – Transparenz – Art. 21 – Vertraulichkeit – Ausgestaltung dieser Grundsätze im nationalen Recht – Recht auf Zugang zum wesentlichen Inhalt der von den Bietern übermittelten Informationen zu ihren Erfahrungen und Referenzen, zu den für die Ausführung des Auftrags vorgeschlagenen Personen, zur Konzeption der geplanten Projekte und zur Art und Weise der Ausführung – Art. 67 – Zuschlagskriterien – Kriterien betreffend die Qualität der angebotenen Arbeiten oder Dienstleistungen – Erfordernis der Präzisierung – Richtlinie 89/665/EWG – Art. 1 Abs. 1 und 3 – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – Abhilfe bei Verletzung dieses Rechts durch die Weigerung, Zugang zu nicht vertraulichen Informationen zu gewähren.
Rechtssache C-54/21.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:385

 SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 12. Mai 2022 ( 1 )

Rechtssache C‑54/21

Konsorcjum: ANTEA POLSKA S.A., Pectore-Eco sp. z o.o., Instytut Ochrony Środowiska – Państwowy lnstytut Badawczy

gegen

Państwowe Gospodarstwo Wodne Wody Polskie,

Beteiligte:

ARUP Polska sp. z o.o.,

CDM Smith sp. z o.o.,

Konsorcjum: Multiconsult Polska Sp. z o.o., ARCADlS Sp. z o.o., HYDROCONSULT sp. z o.o. Biuro Studiów i Badań Hydrogeologicznych i Geofizycznych

(Vorabentscheidungsersuchen der Krajowa Izba Odwoławcza [Nationale Beschwerdekammer, Polen])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2014/24/EU – Art. 21 – Vertraulichkeit – Begründeter Antrag auf Vertraulichkeitserklärung und Nachweis – Zuständigkeit des öffentlichen Auftraggebers – Vertraulichkeitserklärung – Begründung – Änderung des Umfangs des Begriffs der Vertraulichkeit durch das nationale Recht – Geschäftsgeheimnisse – Richtlinie (EU) 2016/943 – Anwendbarkeit – Beurteilung der Vertraulichkeit im Zusammenhang mit Kategorien von Dokumenten – Ausschluss – Individuelle Beurteilung“

1.

In diesem Vorabentscheidungsverfahren wird der Gerichtshof ersucht, die Grenzen der Vertraulichkeit der von Bietern zusammen mit ihren Angeboten im Rahmen von Vergabeverfahren übermittelten Informationen zu präzisieren.

2.

Im Urteil Klaipėdos ( 2 ), das nach dem Eingang dieses Vorabentscheidungsersuchens ergangen ist, hat sich der Gerichtshof mit den durch die Richtlinie 2014/24/EU ( 3 ), insbesondere durch deren Art. 21, aufgeworfenen Problemen im Zusammenhang mit der Vertraulichkeit solcher Informationen befasst.

3.

Die Erwägungen in diesem Urteil bereiten den Weg für die Beantwortung eines Teils der Fragen der Krajowa Izba Odwoławcza (Nationale Beschwerdekammer, Polen) ( 4 ), von der das Vorabentscheidungsersuchen stammt.

I. Rechtlicher Rahmen

A.   Unionsrecht

1. Richtlinie 2014/24

4.

Art. 21 („Vertraulichkeit“) lautet:

„(1)   Sofern in dieser Richtlinie oder im nationalen Recht, dem der öffentliche Auftraggeber unterliegt, insbesondere in den Rechtsvorschriften betreffend den Zugang zu Informationen, nichts anderes vorgesehen ist, und unbeschadet der Verpflichtungen zur Bekanntmachung vergebener Aufträge und [zur] Unterrichtung der Bewerber und Bieter gemäß den Artikeln 50 und 55 gibt ein öffentlicher Auftraggeber keine ihm von den Wirtschaftsteilnehmern übermittelten und von diesen als vertraulich eingestuften Informationen weiter, wozu insbesondere technische und handelsbezogene Geschäftsgeheimnisse sowie die vertraulichen Aspekte der Angebote selbst gehören.

(2)   Öffentliche Auftraggeber können Wirtschaftsteilnehmern Anforderungen vorschreiben, die den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen bezwecken, die diese Auftraggeber im Rahmen des Vergabeverfahrens zur Verfügung stellen.“

5.

Art. 50 („Vergabebekanntmachung“) bestimmt:

„…

(4)   Bestimmte Angaben über die Auftragsvergabe oder den Abschluss der Rahmenvereinbarungen müssen jedoch nicht veröffentlicht werden, wenn die Offenlegung dieser Angaben den Gesetzesvollzug behindern, dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die berechtigten geschäftlichen Interessen eines [bestimmten] öffentlichen oder privaten Wirtschaftsteilnehmers schädigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen Wirtschaftsteilnehmern beeinträchtigen würde.“

6.

In Art. 55 („Unterrichtung der Bewerber und Bieter“) ist vorgesehen:

„…

(3)   Die öffentlichen Auftraggeber können beschließen, bestimmte in den Absätzen 1 und 2 genannte Angaben über die Zuschlagserteilung, den Abschluss von Rahmenvereinbarungen oder die Zulassung zu einem dynamischen Beschaffungssystem nicht mitzuteilen, wenn die Offenlegung dieser Angaben den Gesetzesvollzug behindern oder sonst dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die berechtigten geschäftlichen Interessen eines bestimmten öffentlichen oder privaten Wirtschaftsteilnehmers schädigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen Wirtschaftsteilnehmern beeinträchtigen würde.“

2. Richtlinie (EU) 2016/943 ( 5 )

7.

Im 18. Erwägungsgrund heißt es:

„Ferner sollten Erwerb, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen immer dann, wenn sie rechtlich vorgeschrieben oder zulässig sind, als rechtmäßig im Sinne dieser Richtlinie gelten. … Insbesondere sollte diese Richtlinie die Behörden nicht von ihrer Pflicht zur Geheimhaltung von Informationen, die ihnen von Inhabern von Geschäftsgeheimnissen übermittelt werden, entbinden, und zwar unabhängig davon, ob diese Pflichten in Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten festgelegt sind. Diese Geheimhaltungspflicht umfasst unter anderem die Pflichten im Zusammenhang mit Informationen, die öffentlichen Auftraggebern im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge übermittelt werden, wie sie beispielsweise in der … Richtlinie 2014/24/EU … festgelegt sind.“

8.

Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) sieht vor:

„…

(2)   Diese Richtlinie berührt nicht

c)

die Anwendung von Vorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, nach denen es den Organen und Einrichtungen der Union oder den nationalen Behörden vorgeschrieben oder gestattet ist, von Unternehmen vorgelegte Informationen offenzulegen, die diese Organe, Einrichtungen oder Behörden in Einhaltung der Pflichten und gemäß den Rechten, die im Unionsrecht oder im nationalen Recht niedergelegt sind, besitzen,

…“

9.

In Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) heißt es:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.

‚Geschäftsgeheimnis‘ Informationen, die alle nachstehenden Kriterien erfüllen:

a)

Sie sind in dem Sinne geheim, dass sie weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich sind;

b)

sie sind von kommerziellem Wert, weil sie geheim sind;

c)

sie sind Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch die Person, die die rechtmäßige Kontrolle über die Informationen besitzt;

…“

10.

Art. 3 („Rechtmäßiger Erwerb, rechtmäßige Nutzung und rechtmäßige Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen“) bestimmt:

„…

(2)   Der Erwerb, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses gilt insofern als rechtmäßig, als der Erwerb, die Nutzung oder die Offenlegung durch Unionsrecht oder nationales Recht vorgeschrieben oder erlaubt ist.“

B.   Polnisches Recht

1. Ustawa z dnia 29 stycznia 2004 r. – Prawo zamówień publicznych ( 6 )

11.

Art. 7 bestimmt:

„(1)   Der Auftraggeber hat das Vergabeverfahren in einer Weise, die die Wahrung eines lauteren Wettbewerbs und die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer gewährleistet, sowie gemäß den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz vorzubereiten und durchzuführen.

…“

12.

Art. 8 bestimmt:

„(1)   Das Vergabeverfahren ist öffentlich.

(2)   Der Auftraggeber kann den Zugang zu den mit dem Vergabeverfahren verbundenen Informationen nur in den im Gesetz bestimmten Fällen beschränken.

(2a)   Der Auftraggeber kann in den Verdingungsunterlagen Anforderungen hinsichtlich der vertraulichen Behandlung der Informationen, die dem Wirtschaftsteilnehmer im Laufe des Verfahrens übermittelt wurden, festlegen.

(3)   Informationen, die im Sinne der Vorschriften zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs als Geschäftsgeheimnis gelten, werden nicht offengelegt, sofern sich der Wirtschaftsteilnehmer spätestens am Ende der Frist für die Angebotsabgabe oder der Frist für die Stellung der Anträge auf Zulassung zur Teilnahme am Vergabeverfahren vorbehalten hat, dass die Informationen nicht offengelegt werden dürfen, und nachgewiesen hat, dass diese Informationen dem Geschäftsgeheimnis unterliegen. Die in Art. 86 Abs. 4 genannten Informationen darf sich der Wirtschaftsteilnehmer nicht vorbehalten. Diese Vorschrift wird auf den Wettbewerb entsprechend angewandt.

…“

2. Ustawa z dnia 16 kwietnia 1993 r. o zwalczaniu nieuczciwej konkurencji ( 7 )

13.

Art. 11 Abs. 2 sieht vor:

„Als Geschäftsgeheimnis gelten technische, technologische, wissenschaftliche oder organisatorische Informationen eines Unternehmens oder andere Informationen von wirtschaftlichem Wert, die in ihrer Gesamtheit oder in ihrer genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, nicht allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich sind, sofern die zur Nutzung dieser Informationen bzw. zur Verfügung über sie berechtigte Person den Umständen entsprechende angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ergriffen hat.“

II. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefragen

14.

Im Jahr 2019 ( 8 ) leitete das Państwowe Gospodarstwo Wodne Wody Polskie (Staatliches Wasserwirtschaftsunternehmen Polnische Gewässer) ein offenes Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags über die „Erstellung von Entwürfen der II. Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete (II aPGW), einschließlich Methoden“ ein.

15.

Aus den Verdingungsunterlagen ging hervor, dass die Angebote anhand von drei Kriterien bewertet wurden: Preis (40 %), Arbeitskonzept (42 %) und Beschreibung von Art und Weise der Auftragsausführung (18 %).

16.

Vier Betreiber, darunter ein Unternehmenskonsortium ( 9 ) unter Führung der ANTEA POLSKA S.A. (im Folgenden: Antea Polska), reichten Angebote ein. Den Zuschlag erhielt die CDM Smith Sp. z o.o. (im Folgenden: CDM).

17.

Die zweitplatzierte Bieterin Antea Polska legte gegen die Erteilung des Zuschlags ein Rechtsmittel bei der Krajowa Izba Odwoławcza (Nationale Beschwerdekammer) ein. Einer ihrer Anträge war auf Zugang zu bestimmten Dokumenten und zu den von CDM und anderen Bietern als Geschäftsgeheimnisse eingestuften Informationen gerichtet.

18.

Antea Polska war der Ansicht, dass die Einstufung dieser Informationen als geheim gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz verstoße, nach denen eine enge Auslegung der Vertraulichkeit geboten sei. Außerdem sei ihr durch die ausufernde Anerkennung der Vertraulichkeit von Informationen in Verbindung mit dem Fehlen einer angemessenen Begründung für die vorgestellten Platzierungen das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz genommen worden, da sie die Einzelheiten der Angebote ihrer Wettbewerber nicht erfahren habe.

19.

Dagegen wandte der öffentliche Auftraggeber u. a. ein:

Die Inhaber der vertraulichen Informationen hätten ihrer Pflicht genügt, nachvollziehbar darzulegen, warum diese Informationen als geheim zu schützen seien.

Das Arbeitskonzept und die Beschreibung von Art und Weise der Auftragsausführung seien Autorenstudien, deren Offenlegung die Interessen ihres Urhebers beeinträchtigen könne.

Die im Angebot von CDM enthaltenen Informationen hätten einen kommerziellen Wert. Ihre Offenlegung würde es den Wettbewerbern ermöglichen, das Know-how des Bieters und die von ihm entwickelten technischen oder organisatorischen Lösungen zu nutzen.

Die Liste der an der Ausführung des Auftrags beteiligten Personen enthalte Daten, die deren Identifizierung ermöglichten, wodurch dem Wirtschaftsteilnehmer ein Schaden entstehen könne, wenn die Konkurrenz versuche, diese Personen abzuwerben. Desgleichen enthalte das Angebotsformular detaillierte Angaben von kommerziellem Wert zu Dritten, die Ressourcen zur Verfügung stellten.

20.

Vor diesem Hintergrund hat die Krajowa Izba Odwoławcza (Nationale Beschwerdekammer), die über die Anfechtung der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers zu entscheiden hat, sieben Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auf Ersuchen des Gerichtshofs werde ich mich nur mit den ersten vier Fragen befassen, die wie folgt lauten:

1.

Erlauben die in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 niedergelegten Grundsätze der gleichen und nicht diskriminierenden Behandlung der Wirtschaftsteilnehmer sowie der Transparenz eine Auslegung von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 und Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2016/943, insbesondere der darin enthaltenen Wendungen „weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile … allgemein bekannt … sind“ und „sind von kommerziellem Wert, weil sie geheim sind“ sowie des Hinweises, dass „ein öffentlicher Auftraggeber keine … von den Wirtschaftsteilnehmern … als vertraulich eingestuften Informationen weiter[gibt]“, die dazu führt, dass ein Wirtschaftsteilnehmer sich beliebige Informationen als Geschäftsgeheimnis vorbehalten kann, weil er diese Informationen nicht gegenüber mit ihm konkurrierenden Wirtschaftsteilnehmern offenlegen will?

2.

Erlauben die in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 niedergelegten Grundsätze der gleichen und nicht diskriminierenden Behandlung der Wirtschaftsteilnehmer sowie der Transparenz eine Auslegung von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 und Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2016/943, die dazu führt, dass die Wirtschaftsteilnehmer, die sich um einen öffentlichen Auftrag bewerben, sich die in den Art. 59 und 60 und in Anhang XII der Richtlinie 2014/24 genannten Unterlagen ganz oder teilweise als Geschäftsgeheimnis vorbehalten können, insbesondere in Bezug auf den Nachweis ihrer Erfahrungen, Referenzen, die Liste der für die Ausführung des Auftrags vorgeschlagenen Personen und ihrer beruflichen Qualifikationen, die Bezeichnung und die Befähigung von Unternehmen, auf deren Leistungsfähigkeit sie sich berufen, oder von Subunternehmern, wenn diese Unterlagen für den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen für die Teilnahme am Verfahren oder für die Beurteilung anhand der Kriterien für die Bewertung der Angebote oder zur Feststellung der Übereinstimmung des Angebots mit anderen in den Verfahrensunterlagen (Bekanntmachung, Verdingungsunterlagen) enthaltenen Anforderungen des Auftraggebers erforderlich sind?

3.

Erlauben es die in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 niedergelegten Grundsätze der gleichen und nicht diskriminierenden Behandlung der Wirtschaftsteilnehmer sowie der Transparenz in Verbindung mit Art. 58 Abs. 1, Art. 63 Abs. 1 und Art. 67 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2014/24, dass der öffentliche Auftraggeber sowohl eine Erklärung des Wirtschaftsteilnehmers, wonach er über die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten oder von sich aus erklärten personellen Kapazitäten oder Kapazitäten anderer Unternehmen, die er in Anspruch nehmen will, sowie über Subunternehmer verfügt, was dem öffentlichen Auftraggeber vorschriftsgemäß nachzuweisen ist, akzeptiert als auch eine Erklärung, dass die bloße Offenlegung von Daten dieser Personen oder Unternehmen (Namen, Bezeichnungen, Erfahrungen, Qualifikationen) gegenüber mit ihm konkurrierenden Wirtschaftsteilnehmern ein „Abwerben“ durch diese Wirtschaftsteilnehmer zur Folge haben kann, weshalb eine Einstufung dieser Informationen als Geschäftsgeheimnis notwendig sei? Kann in Anbetracht des Vorstehenden eine solche unbeständige Verbindung zwischen dem Wirtschaftsteilnehmer und diesen Personen und Unternehmen als Nachweis für die Verfügbarkeit dieser Kapazitäten angesehen werden, und können dem Wirtschaftsteilnehmer insbesondere nach den Kriterien für die Bewertung der Angebote zusätzliche Punkte zuerkannt werden?

4.

Erlauben die in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 niedergelegten Grundsätze der gleichen und nicht diskriminierenden Behandlung der Wirtschaftsteilnehmer sowie der Transparenz eine Auslegung von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 und Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2016/943, die dazu führt, dass sich Wirtschaftsteilnehmer, die sich um einen öffentlichen Auftrag bewerben, Unterlagen, die zur Prüfung der Übereinstimmung des Angebots mit den Anforderungen des Auftraggebers gemäß den Verdingungsunterlagen (u. a. der Beschreibung des Auftragsgegenstands) oder zum Zweck der Bewertung des Angebots anhand der Kriterien für die Bewertung der Angebote erforderlich sind, als Geschäftsgeheimnis vorbehalten können, insbesondere wenn diese Unterlagen die Erfüllung von Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers betreffen, die sich aus den Verdingungsunterlagen, Rechtsvorschriften oder anderen allgemein oder den Betroffenen zugänglichen Unterlagen ergeben, insbesondere wenn diese Bewertung nicht anhand objektiv vergleichbarer Schemata sowie messbarer und mathematisch oder physikalisch vergleichbarer Indikatoren, sondern nach eigener Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers erfolgt? Können demzufolge Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 und Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2016/943 dahin ausgelegt werden, dass eine von einem Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen seines Angebots abgegebene Erklärung, den Auftragsgegenstand nach den Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers in den Verdingungsunterlagen auszuführen, die vom öffentlichen Auftraggeber auf ihre Einhaltung hin überwacht und bewertet werden, als Geschäftsgeheimnis des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers angesehen werden kann, obwohl es dem Wirtschaftsteilnehmer obliegt, die Methoden zu wählen, mit denen das vom öffentlichen Auftraggeber geforderte Ergebnis (der Auftragsgegenstand) erreicht werden soll?

III. Verfahren vor dem Gerichtshof

21.

Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 29. Januar 2021 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

22.

Antea Polska, das Państwowe Gospodarstwo Wodne Wody Polskie (Staatliches Wasserwirtschaftsunternehmen Polnische Gewässer), die österreichische und die polnische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

23.

An der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2022 haben Antea Polska, das Państwowe Gospodarstwo Wodne Wody Polskie (Staatliches Wasserwirtschaftsunternehmen Polnische Gewässer), CDM, die polnische Regierung und die Kommission teilgenommen.

IV. Würdigung

A.   Vorbemerkung: Anwendbare Richtlinie

24.

Im Urteil Klaipėdos (Rn. 96 bis 102) hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich die auf den Schutz der Vertraulichkeit in Vergabeverfahren anwendbaren Regelungen aus der Richtlinie 2014/24 als lex specialis ergeben und nicht aus der Richtlinie 2016/943.

25.

Bei dieser Feststellung wird u. a. Folgendes berücksichtigt:

„In Anbetracht ihres Gegenstands, wie er in ihrem Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit ihrem vierten Erwägungsgrund dargelegt ist, bezieht sich die Richtlinie 2016/943 nur auf den rechtswidrigen Erwerb und die rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses und sieht keine Maßnahmen zum Schutz der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen in anderen Arten gerichtlicher Verfahren, wie z. B. in Verfahren betreffend die Vergabe öffentlicher Aufträge, vor“ ( 10 ).

Im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 2016/943 heißt es: „[D]iese Richtlinie [sollte] die Behörden nicht von ihrer Pflicht zur Geheimhaltung von Informationen, die ihnen von Inhabern von Geschäftsgeheimnissen übermittelt werden, entbinden, und zwar unabhängig davon, ob diese Pflichten in Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten festgelegt sind. Diese Geheimhaltungspflicht umfasst unter anderem die Pflichten im Zusammenhang mit Informationen, die öffentlichen Auftraggebern im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge übermittelt werden, wie sie beispielsweise in … der Richtlinie [2014/24] … festgelegt sind.“

26.

Dies vorausgeschickt, spricht nichts dagegen, die Begriffe aus der Richtlinie 2016/943 ( 11 ) zu berücksichtigen, wenn die nationalen Rechtsvorschriften, wie im vorliegenden Fall, auf sie verweisen, um die Vertraulichkeit in Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu regeln. Auf diesen Aspekt werde ich später noch eingehen.

B.   Erste Vorlagefrage

27.

Das vorlegende Gericht möchte zunächst wissen, ob Art. 21 der Richtlinie 2014/24 ( 12 ) dahin auszulegen ist, dass der Bieter berechtigt ist, beliebige Informationen, die er seinen Wettbewerbern gegenüber nicht offenlegen möchte, als Geschäftsgeheimnis und damit als vertraulich einzustufen.

28.

Es ist davon auszugehen, dass es dem vorlegenden Gericht bei dieser Frage weniger um das einseitige Handeln des Bieters geht als um die sich daraus für den öffentlichen Auftraggeber ergebenden Folgen.

29.

Meines Erachtens lässt sich die Antwort aus dem Urteil Klaipėdos ableiten, in dem der Gerichtshof Folgendes festgestellt hat:

„Hauptziel der Unionsvorschriften über das öffentliche Auftragswesen [ist] der freie Dienstleistungsverkehr und die Öffnung für einen unverfälschten Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten …[,] und … um dieses Ziel zu erreichen, [dürfen] die öffentlichen Auftraggeber keine das Vergabeverfahren betreffenden Informationen preisgeben …, deren Inhalt dazu verwendet werden könnte, den Wettbewerb entweder in einem laufenden Vergabeverfahren oder in späteren Vergabeverfahren zu verfälschen“ ( 13 ).

„Aus den in den Rn. 113 und 114 des vorliegenden Urteils angeführten Bestimmungen der Richtlinie 2014/24 [Art. 21 Abs. 1 und 2, Art. 50 und Art. 55 Abs. 2 Buchst. c] sowie aus der … Rechtsprechung ergibt sich, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der mit einem Antrag eines Wirtschaftsteilnehmers auf Mitteilung der als vertraulich geltenden Informationen, die im Angebot des Wettbewerbers, an den der Auftrag vergeben wurde, enthalten sind, befasst ist, diese Informationen grundsätzlich nicht mitteilen muss“ ( 14 ).

„[Jedoch] kann der öffentliche Auftraggeber … nicht an die bloße Behauptung eines Wirtschaftsteilnehmers gebunden sein, dass die übermittelten Informationen vertraulich seien. Dieser Wirtschaftsteilnehmer muss nämlich dartun, dass die Informationen, deren Offenlegung er sich widersetzt, wirklich vertraulich sind, indem er z. B. nachweist, dass diese Informationen technische und handelsbezogene Geschäftsgeheimnisse enthalten, dass ihr Inhalt dazu verwendet werden könnte, den Wettbewerb zu verfälschen, oder dass ihre Offenlegung ihm schaden könnte“ ( 15 ).

„[D]er öffentliche Auftraggeber [muss], wenn er Zweifel hat, ob die von diesem Wirtschaftsteilnehmer übermittelten Informationen vertraulich sind, noch bevor er eine Entscheidung erlässt, mit der dem Antragsteller der Zugang zu diesen Informationen gestattet wird, den betroffenen Wirtschaftsteilnehmer in die Lage versetzen, zusätzliche Beweise vorzubringen, um die Wahrung von dessen Verteidigungsrechten zu gewährleisten“ ( 16 ).

30.

Somit wird sowohl dem öffentlichen Auftraggeber als auch den Gerichten, die seine Entscheidungen überprüfen, die Aufgabe zugewiesen, die vom Bieter behauptete Vertraulichkeit zu bewerten und sie nicht einfach ungeprüft zu bejahen. Sie verfügen über ausreichende Befugnisse, um das zu bekämpfen, was nach den Angaben in der Vorlageentscheidung eine missbräuchliche Praxis („pathologischer Missbrauch“) der Bieter darstellen soll, die es sich zur Gewohnheit gemacht hätten, im Übermaß von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Aspekte ihrer Angebote als vertraulich einzustufen, die es in Wirklichkeit nicht sind.

31.

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass sich einige Bieter, obwohl der polnische Gesetzgeber den Umfang der Vertraulichkeit beschränken wollte, systematisch darauf berufen, dass die in ihren Angeboten enthaltenen Informationen größtenteils Geschäftsgeheimnisse seien, und dass die öffentlichen Auftraggeber dazu neigen, diesen Behauptungen Glauben zu schenken ( 17 ).

32.

Ist dies der Fall und liegt eine fehlerhafte Anwendung der nationalen Rechtsnorm zur Umsetzung der Richtlinie 2014/24 vor, ist es Sache der nationalen Gerichte, dies zu korrigieren, um dem Unionsrecht Beachtung zu verschaffen.

33.

Während das vorlegende Gericht dem Aspekt, auf den ich sogleich eingehen werde, keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat, ist in den Erklärungen der Beteiligten und in der mündlichen Verhandlung die in der nationalen Regelung (Art. 8 Abs. 3 des Gesetzes über das öffentliche Vergaberecht) vorgesehene Beschränkung erörtert worden, wonach die Offenlegung nur solcher Informationen unzulässig ist, die ein Geschäftsgeheimnis im Sinne der Vorschriften über den unlauteren Wettbewerb darstellen ( 18 ).

34.

Die Kontroverse betraf die Frage, ob die nationale Regelung im Einklang mit Art. 21 der Richtlinie 2014/24 steht, der die Vertraulichkeit in einem über technische und handelsbezogene Geschäftsgeheimnisse hinausgehenden Umfang schützt ( 19 ) (so erfasst er z. B. auch „vertrauliche Aspekte der Angebote“).

35.

Wie ich seinerzeit bereits dargelegt habe ( 20 ), beschränkt sich der Schutz nach dem Wortlaut von Art. 21 der Richtlinie 2014/24 nicht auf technische und handelsbezogene Geschäftsgeheimnisse, sondern umfasst u. a. auch die vertraulichen Aspekte der Angebote selbst. Folglich können unter diese Vorschrift auch Informationen fallen, die nicht als technisches oder handelsbezogenes Geschäftsgeheimnis im engeren Sinne eingeordnet werden können. Meines Erachtens kommt dieser Ansatz auch in verschiedenen Passagen des Urteils Klaipėdos zum Ausdruck ( 21 ).

36.

Da die Reform von Art. 11 des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb ( 22 ), mit der die Richtlinie 2016/943 umgesetzt wird, die Definition des Begriffs „Geschäftsgeheimnis“ aus dieser Richtlinie durch eine Kette von Verweisungen übernimmt, knüpfen die polnischen Rechtsvorschriften über öffentliche Aufträge an den Begriff „Geschäftsgeheimnis“ in der Richtlinie 2016/943 an ( 23 ).

37.

Somit stellt sich indirekt die Frage, ob Art. 21 der Richtlinie 2014/24 mit innerstaatlichen Rechtsvorschriften vereinbar ist, die der Vertraulichkeit engere Grenzen setzen, als sie sich aus ihm ergeben.

38.

Auf den ersten Blick scheint einer solchen Beschränkung im nationalen Recht nichts entgegenzustehen, denn Art. 21 der Richtlinie 2014/24 gilt, „[s]ofern in dieser Richtlinie oder im nationalen Recht, dem der öffentliche Auftraggeber unterliegt, … nichts anderes vorgesehen ist“.

39.

Dieser Vorbehalt gibt den Mitgliedstaaten einen Beurteilungsspielraum, ähnlich wie andere Bestimmungen der Richtlinie 2014/24, die auf das nationale Recht verweisen. So gestattet Art. 57 Abs. 7 der Richtlinie 2014/24 den Mitgliedstaaten, die Bedingungen für die Anwendung dieses Artikels „unter Beachtung des Unionsrechts“ festzulegen.

40.

Der Gerichtshof hat gleichwohl festgestellt, dass „die Beurteilungsbefugnis der Mitgliedstaaten nicht allumfassend ist. Sobald ein Mitgliedstaat die Entscheidung getroffen hat, einen der fakultativen Ausschlussgründe der Richtlinie 2014/24 zu übernehmen, muss er die von ihr vorgegebenen wesentlichen Merkmale beachten. Indem Art. 57 Abs. 7 der Richtlinie 2014/24 klarstellt, dass die Mitgliedstaaten ‚die Bedingungen für die Anwendung dieses Artikels‘‚unter Beachtung des Unionsrechts‘ festlegen, hindert er sie daran, die in dieser Bestimmung geregelten fakultativen Ausschlussgründe zu verfälschen oder die Ziele und Grundsätze, auf denen diese Gründe beruhen, unberücksichtigt zu lassen“ ( 24 ).

41.

Meines Erachtens ist diese Rechtsprechung in der vorliegenden Rechtssache entsprechend anwendbar. Unter Beachtung des Unionsrechts können die Mitgliedstaaten den Umfang der Vertraulichkeit anpassen, so dass grundsätzlich nichts dagegenspräche, den Kreis der geschützten Informationen auf „Geschäftsgeheimnisse“ zu beschränken und damit enger zu fassen als die allgemeine Vorgabe in Art. 21 der Richtlinie 2014/24.

42.

Um den Begriff des Geschäftsgeheimnisses auszulegen, könnte es sinnvoll sein, die Richtlinie 2016/943 heranzuziehen, die zur Klärung der Grenzen des in Art. 21 der Richtlinie 2014/24 verwendeten Begriffs beiträgt. Das gilt umso mehr, wenn nach dem nationalen Recht aufgrund der von mir bereits erwähnten Kette von Verweisungen die Beurteilung der Vertraulichkeit im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe an die Geschäftsgeheimnisse im Sinne des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2016/943 anknüpft.

43.

Soweit die Richtlinie 2016/943 eine allgemeine Regelung der Geschäftsgeheimnisse bezweckt, hilft sie dem öffentlichen Auftraggeber – und den seine Entscheidungen überprüfenden Gerichten – bei der Suche nach einem Ausgleich zwischen den Grundsätzen, die speziell die Vertraulichkeit betreffen, und jenen, auf denen das System der Vergabe öffentlicher Aufträge der Richtlinie 2014/24 beruht, wie der Zugang zu wirksamen Rechtsbehelfen.

44.

Neben Art. 21 sind auch andere Bestimmungen der Richtlinie 2014/24 im Licht ihrer allgemeinen Ziele zu berücksichtigen. Ihre Anwendung deutet darauf hin, dass bestimmte vertrauliche Informationen, auch wenn sie nicht unter den Begriff des Geschäftsgeheimnisses im engeren Sinne fallen, geschützt werden müssen, um den unverfälschten Wettbewerb zwischen den Wirtschaftsteilnehmern oder die berechtigten geschäftlichen Interessen eines Wirtschaftsteilnehmers zu wahren.

45.

Nach Art. 21 der Richtlinie 2014/24 muss der öffentliche Auftraggeber den Bewerbern und Bietern die in den Art. 50 und 55 vorgesehenen Informationen zur Verfügung stellen. Diese Informationen gehören grundsätzlich nicht zu den vertraulichen Informationen, können diese Eigenschaft aber unter den in Art. 50 Abs. 4 und Art. 55 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 genannten Umständen erwerben.

46.

Dann unterliegen sie der Pflicht zur Geheimhaltung von Angaben (nicht zwingend Geschäftsgeheimnissen), deren Offenlegung „die berechtigten geschäftlichen Interessen eines bestimmten … Wirtschaftsteilnehmers schädigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen Wirtschaftsteilnehmern beeinträchtigen würde“.

47.

Auch wenn Art. 55 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 konkret auf die in seinen Abs. 1 und 2 erwähnten Angaben Bezug nimmt, ist für den vorliegenden Fall von Bedeutung, dass die Aufmerksamkeit darauf gerichtet werden sollte, die berechtigten geschäftlichen Interessen eines (konkurrierenden) Wirtschaftsteilnehmers nicht zu schädigen und den Wettbewerb zu schützen.

48.

Diese doppelte Aufforderung zur Aufmerksamkeit wurde in der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur öffentlichen Auftragsvergabe weiter gefasst. Daraus ergibt sich Folgendes:

Der Wettbewerb zwischen Wirtschaftsteilnehmern könnte beeinträchtigt werden, wenn einer von ihnen in rechtswidriger Weise einen Nutzen aus sensiblen Informationen ziehen würde, die in derartigen Verfahren von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer eingereicht wurden. Im Urteil Klaipėdos hat der Gerichtshof bestätigt, dass „die öffentlichen Auftraggeber keine das Vergabeverfahren betreffenden Informationen preisgeben dürfen, deren Inhalt dazu verwendet werden könnte, den Wettbewerb entweder in einem laufenden Vergabeverfahren oder in späteren Vergabeverfahren zu verfälschen“ ( 25 ).

Es soll vermieden werden, dass die berechtigten Interessen anderer öffentlicher oder privater Wirtschaftsteilnehmer beeinträchtigt werden; das ist die logische Grenze für die Offenlegung der Informationen, die sie dem öffentlichen Auftraggeber übermittelt haben ( 26 ). Ob ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung einer bestimmten Information besteht, hat der öffentliche Auftraggeber auf Antrag des die Geheimhaltung verlangenden Bieters zu prüfen.

49.

Art. 50 Abs. 4 und Art. 55 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24 überlassen den öffentlichen Auftraggebern die Entscheidung darüber, die in beiden Bestimmungen aufgeführten sensiblen Informationen nicht mitzuteilen. Keine von ihnen enthält den für Art. 21 Abs. 1 dieser Richtlinie kennzeichnenden Vorbehalt („[s]ofern … im nationalen Recht … nichts anderes vorgesehen ist“), so dass ihre Anwendung nicht von den nationalen Vorschriften abhängt.

50.

Jedenfalls kann die Befugnis der öffentlichen Auftraggeber zur Offenlegung der in den Angeboten enthaltenen Informationen, auch wenn sie keine Geschäftsgeheimnisse im engeren Sinne sind, durch andere sektorielle Bestimmungen eingeschränkt sein, die dies vorschreiben ( 27 ).

51.

Im Ergebnis sollte meines Erachtens auf die erste Frage geantwortet werden, dass Art. 21 der Richtlinie 2014/24

dem entgegensteht, dass ein Wirtschaftsteilnehmer beliebige Informationen als geheim einstuft, nur weil er sie seinen Wettbewerbern gegenüber nicht offenlegen möchte;

festlegt, dass der öffentliche Auftraggeber an die bloße Behauptung eines Wirtschaftsteilnehmers, dass übermittelte Informationen vertraulich seien, nicht gebunden ist;

einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, die Vertraulichkeit auf Geschäftsgeheimnisse zu beschränken, solange das Unionsrecht beachtet wird und die Informationen, die offengelegt werden, weil sie nicht unter diesen Begriff fallen, nicht verwendet werden können, um berechtigte geschäftliche Interessen anderer Wirtschaftsteilnehmer zu beeinträchtigen oder um den Wettbewerb zwischen ihnen zu verfälschen.

C.   Zweite, dritte und vierte Vorlagefrage

52.

Mit diesen Fragen, die zusammen beantwortet werden können, äußert das vorlegende Gericht Zweifel daran, ob die von den Bietern behauptete Vertraulichkeit insbesondere Folgendes umfassen kann:

„den Nachweis ihrer Erfahrungen, Referenzen, die Liste der für die Ausführung des Auftrags vorgeschlagenen Personen und ihrer beruflichen Qualifikationen, die Bezeichnung und die Leistungsfähigkeit von Unternehmen, auf deren Leistungsfähigkeit sie sich berufen, oder von Subunternehmern“ (zweite Frage);

„eine Erklärung des Wirtschaftsteilnehmers, dass er über die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten oder von sich aus erklärten personellen Kapazitäten oder Kapazitäten anderer Unternehmen, die er in Anspruch nehmen will, sowie Subunternehmer verfügt“ (dritte Frage);

„Unterlagen, die zur Prüfung der Übereinstimmung des Angebots mit den Anforderungen des Auftraggebers gemäß den Verdingungsunterlagen (u. a. der Beschreibung des Auftragsgegenstands) oder zum Zweck der Bewertung des Angebots anhand der Kriterien für die Bewertung der Angebote erforderlich sind, … insbesondere wenn diese Unterlagen die Erfüllung von Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers betreffen, die sich aus den Verdingungsunterlagen, Rechtsvorschriften oder anderen allgemein oder den Betroffenen zugänglichen Unterlagen ergeben“ (vierte Frage).

53.

Erneut liefert das Urteil Klaipėdos dem vorlegenden Gericht den Schlüssel für seine Prüfung, ob diese (oder andere dem Angebot eines Bieters beigefügte) Informationen in dem ihm vorliegenden Rechtsstreit vertraulich sind oder nicht.

54.

Das Urteil Klaipėdos spricht meines Erachtens dafür, dass die Vertraulichkeit so konkret wie möglich bestimmt werden muss ( 28 ):

Erstens deutet der Zusammenhang zwischen der „Entscheidung, bestimmte Daten als vertraulich zu behandeln“, und der Pflicht, „dem Bieter, der um diese Daten ersucht, … den wesentlichen Inhalt [der vertraulichen Daten] … in neutraler Form … mit[zu]teilen“ ( 29 ), darauf hin, dass pauschale oder auf allgemeine Kategorien von Dokumenten bezogene Vertraulichkeitserklärungen abzulehnen sind.

Zweitens sind zwar die Möglichkeiten, einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Grundsätzen zu finden, vielfältig und schwer zu definieren, aber „der öffentliche Auftraggeber [kann] u. a., soweit das nationale Recht, dem er unterliegt, dem nicht entgegensteht, bestimmte Aspekte einer Bewerbung oder eines Angebots sowie deren technische Merkmale in zusammengefasster Form mitteilen, so dass keine Rückschlüsse auf die vertraulichen Informationen möglich sind“ ( 30 ).

Drittens verfügen die öffentlichen Auftraggeber über Mechanismen, die ihren Handlungsspielraum erweitern: „[Ö]ffentliche Auftraggeber [können] nach Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 Wirtschaftsteilnehmern Anforderungen vorschreiben …, die den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen bezwecken, die diese Auftraggeber im Rahmen des Vergabeverfahrens zur Verfügung stellen. Somit kann ein öffentlicher Auftraggeber, wenn die nicht vertraulichen Informationen zu diesem Zweck geeignet sind, auch von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, um die Beachtung des Rechts des abgelehnten Bieters auf eine wirksame Nachprüfung sicherzustellen, indem er den Wirtschaftsteilnehmer, dessen Angebot ausgewählt wurde, auffordert, ihm eine nicht vertrauliche Fassung der Dokumente zu übermitteln, die vertrauliche Informationen enthalten“ ( 31 ).

55.

Die sich aus dieser Rechtsprechung ergebende Auslegung von Art. 21 der Richtlinie 2014/24 steht im Einklang mit anderen Bestimmungen der Richtlinie, in denen von der Vertraulichkeit bestimmter Informationen die Rede ist ( 32 ).

56.

In der mündlichen Verhandlung ist der in der Terminologie des vorlegenden Gerichts so genannte „Minimierungsgrundsatz“ als Kriterium erörtert worden, um die Vertraulichkeit auf das notwendige Minimum zu beschränken. Diese Eigenschaft kann nur Informationen, Angaben, Elementen oder Auszügen der den Angeboten beigefügten Unterlagen (oder der Angebote selbst) zuerkannt werden, die konkret als unerlässlich anzusehen sind, um die berechtigten Interessen des Bieters zu wahren und zu verhindern, dass einer seiner Konkurrenten den Wettbewerb zwischen ihnen verfälscht.

57.

Der Anwendung dieses Grundsatzes, dass sich die Vertraulichkeit nur auf bestimmte Teile der vorgelegten Informationen und nicht auf die Dokumente insgesamt bezieht, steht nichts entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber sie für angebracht hält. In jedem Fall ist es nicht möglich, von vornherein festzulegen, wann dieses oder jenes Dokument als vertraulich eingestuft werden kann, denn diese Einstufung hängt von den Merkmalen jedes einzelnen Dokuments im Rahmen eines konkreten Rechtsstreits ab.

58.

Aus der Vorlageentscheidung scheint sich zu ergeben, dass der öffentliche Auftraggeber allgemein in Bezug auf bestimmte Kategorien von Informationen tätig geworden und von der erforderlichen individuellen Einstufung abgewichen ist.

59.

Diese Würdigung fällt jedoch in die ausschließliche Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts, das eingehend zu prüfen und mit Gründen zu versehen haben wird,

ob der Bieter für jedes Dokument, dessen Inhalt er seinen Wettbewerbern gegenüber geheim halten möchte, einen begründeten und gerechtfertigten Antrag auf vollständige oder teilweise Einstufung als Geschäftsgeheimnis gestellt hat;

ob der öffentliche Auftraggeber sich individuell zu den Gründen geäußert hat, aus denen er der Ansicht ist, dass ein bestimmtes Dokument oder ein Bündel von Dokumenten den Schutz der Vertraulichkeit genießen sollte, sowie zu deren Umfang und zu den Bedingungen, die dafür erfüllt sein müssen;

ob die vom öffentlichen Auftraggeber angegebenen Gründe dafür, die Informationen, die sich der Bieter vorbehalten möchte, nicht offenzulegen, stichhaltig sind.

60.

Ohne bei dieser Aufgabe (die in Wirklichkeit eher die Anwendung der Rechtsnorm als ihre Auslegung betrifft) an die Stelle des vorlegenden Gerichts treten zu wollen, werde ich kurz auf die Informationen in den Angeboten eingehen, auf die sich die Vorlagefragen beziehen. Das vorlegende Gericht fasst diese Informationen in zwei Kategorien zusammen.

61.

Die erste Kategorie umfasst die Unterlagen, die „die persönliche Situation des ausgewählten Wirtschaftsteilnehmers in Bezug auf seine Erfahrung, seine Einrichtungen und das für die Ausführung des Auftrags vorgeschlagene Personal“ beschreiben.

62.

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts werden in den Verdingungsunterlagen nur die in den Art. 59 und 60 und in Anhang XII der Richtlinie 2014/24 genannten Dokumente verlangt (hinzu kommen die nach nationalem Recht vorgeschriebenen Dokumente).

63.

Trifft dies zu, kann schwerlich angenommen werden, dass Dokumente, deren Offenlegung nach der Richtlinie 2014/24 selbst vorgeschrieben ist, als Geschäftsgeheimnisse oder vertrauliche Informationen anderer Art eingestuft werden können.

64.

Das vorlegende Gericht fügt hinzu, im Hinblick auf die Angaben zur persönlichen Situation (finanzielle Leistungsfähigkeit) des Bieters sei in den Verdingungsunterlagen lediglich vorgesehen, dass sie ein bestimmtes Niveau überschreiten müsse; der Bieter sei aber nicht verpflichtet gewesen, diese Leistungsfähigkeit im Einzelnen darzulegen oder näher anzugeben, über welche Mittel er bei seinem Kreditinstitut verfüge.

65.

Das Gleiche gilt für dritte Personen oder Unternehmen, deren Ressourcen der Bieter in Anspruch nehmen will, oder für die von ihm in seinem Angebot vorgeschlagenen Subunternehmer. Unbeschadet der allgemeinen Verpflichtungen in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten kann die Benennung der einen wie der anderen nicht geheim bleiben, wenn ihre Veröffentlichung in den Verdingungsunterlagen vorgeschrieben ist; die Geltendmachung der hypothetischen Gefahr eines „Abwerbens“ von Mitarbeitern reicht dafür nicht aus.

66.

Die zweite Kategorie von Dokumenten betrifft „vom öffentlichen Auftraggeber geforderte Studien … zur Bewertung der Angebote nach Qualitätskriterien“, konkret das „Arbeitskonzept“ und die „Beschreibung der Art und Weise der Auftragsausführung“.

67.

Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass einige Dokumente, die ein Wirtschaftsteilnehmer zusammen mit seinem Angebot einreicht, unter den Schutz des geistigen Eigentums fallende sensible Informationen enthalten, zu denen Dritte, die nicht über eine entsprechende Genehmigung verfügen, keinen Zugang haben ( 33 ).

68.

In der mündlichen Verhandlung haben die Verfahrensbeteiligten hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten, letztlich aber bestätigt, dass es dem vorlegenden Gericht obliege, anhand der Umstände des Rechtsstreits zu prüfen, ob derartige Rechte verletzt worden seien ( 34 ).

69.

Diese Überlegungen verdeutlichen die Schwierigkeit, die in den Angeboten der Bieter enthaltenen Informationen a priori und abstrakt als vertraulich einzustufen, unabhängig davon, ob es sich um Geschäftsgeheimnisse handelt. Art. 21 der Richtlinie 2014/24 muss zwangsläufig allgemeine Formulierungen verwenden, die es den öffentlichen Auftraggebern und den Nachprüfungsinstanzen ermöglichen, sie auf jeden Einzelfall anzuwenden und ihre Entscheidungen zu begründen.

V. Ergebnis

70.

Nach alledem schlage ich vor, die ersten vier Vorlagefragen der Krajowa Izba Odwoławcza (Nationale Beschwerdekammer, Polen) wie folgt zu beantworten:

Art. 21 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist wie folgt auszulegen:

Der öffentliche Auftraggeber ist an die bloße Behauptung eines Wirtschaftsteilnehmers, dass die mit seinem Angebot übermittelten Informationen vertraulich seien, nicht gebunden.

Ein Mitgliedstaat kann die Vertraulichkeit auf Geschäftsgeheimnisse beschränken, solange das Unionsrecht beachtet wird und die Informationen, die offengelegt werden, weil sie nicht unter diesen Begriff fallen, nicht verwendet werden können, um berechtigte Interessen eines bestimmten Wirtschaftsteilnehmers zu beeinträchtigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen zu verfälschen.

Der öffentliche Auftraggeber, bei dem ein Wirtschaftsteilnehmer beantragt hat, Informationen als vertraulich zu behandeln, muss prüfen und eingehend begründen, ob es unerlässlich ist, dem Recht dieses Wirtschaftsteilnehmers auf Schutz seiner Informationen Vorrang vor dem Recht der Wettbewerber einzuräumen, von ihnen Kenntnis zu erlangen, um gegebenenfalls die Zuschlagsentscheidung anzufechten.


( 1 ) Originalsprache: Spanisch.

( 2 ) Urteil vom 7. September 2021, Klaipėdos regiono atliekų tvarkymo centras (C‑927/19, EU:C:2021:700; im Folgenden: Urteil Klaipėdos). Die Auswirkungen dieses Urteils auf die vorliegende Rechtssache sind in der mündlichen Verhandlung erörtert worden.

( 3 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65).

( 4 ) Der Gerichtshof hat die Befugnis dieses Organs zur Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen u. a. in den Urteilen vom 13. Dezember 2012, Forposta und ABC Direct Contact (C‑465/11, EU:C:2012:801), und vom 11. Mai 2017, Archus und Gama (C‑131/16, EU:C:2017:358), bestätigt.

( 5 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. 2016, L 157, S. 1).

( 6 ) Gesetz vom 29. Januar 2004 über das öffentliche Vergaberecht.

( 7 ) Gesetz vom 16. April 1993 zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs.

( 8 ) Die Bekanntmachung der Ausschreibung erfolgte im Amtsblatt der Europäischen Union vom 19. Dezember 2019 unter der Nummer 2019/S 245‑603343.

( 9 ) Zu dem Konsortium gehörten neben Antea Polska die Pectore-Eco sp. z o.o. und das Instytut Ochrony Środowiska – Państwowy lnstytut Badawczy.

( 10 ) Urteil Klaipėdos (Rn. 97) (Hervorhebung nur hier). In dieser Rechtssache war die Bezugnahme auf Gerichtsverfahren angebracht, da die Frage die Auslegung von Art. 9 der Richtlinie 2016/943 („Wahrung der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen im Verlauf von Gerichtsverfahren“) betraf. Die Ausführungen in diesem Urteil lassen sich jedoch problemlos auf die vorherige Phase übertragen, in der der öffentliche Auftraggeber über die Vertraulichkeit entscheiden muss.

( 11 ) In einigen Sprachfassungen (der deutschen, der englischen, der italienischen, der portugiesischen, der rumänischen und der spanischen) wird der Begriff „Geschäftsgeheimnisse“ unterschiedslos sowohl in der Richtlinie 2014/24 als auch in der Richtlinie 2016/943 verwendet. Andere Fassungen (z. B. die französische und die polnische) verwenden den Ausdruck „secrets commerciaux“ [Handelsgeheimnisse] in der ersten und „secrets d’affaires“ [Geschäftsgeheimnisse] in der zweiten. Dieser Unterschied ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung, da beide Begriffe gleichwertig sind.

( 12 ) Obwohl sich die Frage auch auf die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung der Wirtschaftsteilnehmer und der Transparenz erstreckt, bedarf es zu ihrer Beantwortung nur der Auslegung von Art. 21 der Richtlinie 2014/24, der diese Grundsätze konkretisiert.

( 13 ) Urteil Klaipėdos (Rn. 115).

( 14 ) Ebd. (Rn. 116).

( 15 ) Ebd. (Rn. 117).

( 16 ) Ebd. (Rn. 118).

( 17 ) Abschnitt IV.B der Vorlageentscheidung. Das vorlegende Gericht führt aus, dass die öffentlichen Auftraggeber zwei Gründe hätten, so vorzugehen: Zum einen scheuten sie die Offenlegung als vertraulich eingereichter Dokumente, um Schwierigkeiten oder eine Haftung zu vermeiden; zum anderen komme ihnen diese Intransparenz entgegen, da sie ihre Entscheidungen praktisch unantastbar mache, weil die Bieter keine Informationen über die Merkmale oder Schwächen des Angebots des ausgewählten Bieters hätten.

( 18 ) Dieser Mangel an Aufmerksamkeit ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass, wie die polnische Regierung in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, die zusammen mit dem erfolgreichen Angebot eingereichten Informationen, da sie geheim waren, unter den Begriff des Geschäftsgeheimnisses fielen. Die übrigen Begriffe in Art. 21 der Richtlinie 2014/24 brauchten daher nicht erörtert zu werden.

( 19 ) Für die Zwecke der Richtlinie 2016/943 gehören technische Geheimnisse zu den Geschäftsgeheimnissen. Im 14. Erwägungsgrund wird das Know-how als Bestandteil des „Geschäftsgeheimnisses“ verstanden.

( 20 ) Schlussanträge in der Rechtssache Klaipėdos (C‑927/19, EU:C:2021:295, Nr. 44).

( 21 ) Beispielsweise in Rn. 130, in der auf das Erfordernis, „die wirklich vertraulichen Informationen, insbesondere die Geschäftsgeheimnisse, der Teilnehmer des Ausschreibungsverfahrens zu schützen“, abgestellt wird. Hervorhebung nur hier.

( 22 ) In der mündlichen Verhandlung hat die polnische Regierung bestätigt, dass mit dem Ustawa z dnia 5 lipca 2018 r. o zmianie ustawy o zwalczaniu nieuczciwej konkurencji oraz niektórych innych ustaw (Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb und anderer Gesetze [Dz.U. 2018/1637 z dnia 2018.08.27]) die Richtlinie 2016/943 in innerstaatliches Recht umgesetzt wurde.

( 23 ) Der Vergleich von Art. 11 Abs. 2 des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb mit Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2016/943 lässt auf eine erhebliche Übereinstimmung des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses in beiden Texten schließen; das vorlegende Gericht erwähnt auch nicht, dass zwischen ihnen zu differenzieren wäre.

( 24 ) Urteil vom 19. Juni 2019, Meca (C‑41/18, EU:C:2019:507, Rn. 33). Dieser Ansatz wird im Beschluss vom 20. November 2019, Indaco Service (C‑552/18, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:997, Rn. 23), bestätigt.

( 25 ) Rn. 115 (Hervorhebung nur hier).

( 26 ) Urteil Klaipėdos, Rn. 115: „Da die Vergabeverfahren auf einem Vertrauensverhältnis zwischen den öffentlichen Auftraggebern und den Wirtschaftsteilnehmern beruhen, müssen Letztere … den öffentlichen Auftraggebern alle im Rahmen des Vergabeverfahrens zweckdienlichen Informationen mitteilen können, ohne befürchten zu müssen, dass die öffentlichen Auftraggeber Informationen, deren Preisgabe den Wirtschaftsteilnehmern schaden könnte, an Dritte weitergeben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 34 bis 36, und vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung).“ Hervorhebung nur hier.

( 27 ) In der mündlichen Verhandlung wurden Aspekte im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten und den Rechten des geistigen Eigentums angesprochen. Auf Letztere werde ich später zurückkommen.

( 28 ) In Rn. 129 des Urteils Klaipėdos ist von „ausreichenden Informationen“, um das Recht auf eine wirksame Nachprüfung zu wahren, die Rede. Letzteres ist „gegen das Recht anderer Wirtschaftsteilnehmer“ auf Schutz ihrer vertraulichen Informationen „abzuwägen“.

( 29 ) Urteil Klaipėdos (Rn. 123).

( 30 ) Ebd. (Rn. 124).

( 31 ) Ebd. (Rn. 125). Die Übermittlung einer nicht vertraulichen Fassung ist Ausdruck der Bestimmtheit und Konkretisierung der vorbehaltenen Informationen. Daraus folgt, dass ein Dokument so behandelt werden kann, dass nur bestimmte Teile von der Veröffentlichung ausgenommen werden.

( 32 ) So z. B. Art. 31 Abs. 6 der Richtlinie 2014/24: „Im Fall einer Innovationspartnerschaft mit mehreren Partnern darf der öffentliche Auftraggeber gemäß Artikel 21 den anderen Partnern keine vorgeschlagene Lösung oder andere von einem Partner im Rahmen der Partnerschaft mitgeteilten vertraulichen Informationen ohne die Zustimmung dieses Partners offenlegen. Eine solche Zustimmung darf nicht allgemein erteilt werden, sondern wird nur in Bezug auf die beabsichtigte Mitteilung bestimmter Informationen erteilt“ (Hervorhebung nur hier).

( 33 ) Die Art. 2 bis 4 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10) verpflichten die Mitgliedstaaten u. a. dazu, den Urhebern das ausschließliche Recht zu garantieren, die Vervielfältigung ihrer Werke (Art. 2 Buchst. a), deren öffentliche Wiedergabe (Art. 3 Abs. 1) und deren Verbreitung (Art. 4 Abs. 1) zu erlauben oder zu verbieten.

( 34 ) In der Vorlageentscheidung (Abschnitt IV.B) wird ausgeführt, niemand habe bestritten, dass „die Studien keine innovativen Branchenlösungen und somit für Fachleute zugängliches Wissen enthielten“.

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