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Document 62020CJ0470
Judgment of the Court (First Chamber) of 15 December 2022.#AS Veejaam and OÜ Espo v AS Elering.#Request for a preliminary ruling from the Riigikohus.#Reference for a preliminary ruling – State aid – Renewable energy subsidy – Guidelines on State aid for environmental protection and energy 2014-2020 – Incentive effect of aid applied for after work has started on the project concerned – Article 108(3) TFEU – Obligation to notify – Consequences of breach of the obligation to notify.#Case C-470/20.
Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 15. Dezember 2022.
AS Veejaam und OÜ Espo gegen AS Elering.
Vorabentscheidungsersuchen des Riigikohus.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Staatliche Beihilfen – Beihilfen für erneuerbare Energien – Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014‑2020 – Anreizeffekt einer Beihilfe, die nach dem Beginn der Arbeiten an dem betreffenden Vorhaben beantragt wurde – Art. 108 Abs. 3 AEUV – Notifizierungspflicht – Folgen eines Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht.
Rechtssache C-470/20.
Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 15. Dezember 2022.
AS Veejaam und OÜ Espo gegen AS Elering.
Vorabentscheidungsersuchen des Riigikohus.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Staatliche Beihilfen – Beihilfen für erneuerbare Energien – Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014‑2020 – Anreizeffekt einer Beihilfe, die nach dem Beginn der Arbeiten an dem betreffenden Vorhaben beantragt wurde – Art. 108 Abs. 3 AEUV – Notifizierungspflicht – Folgen eines Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht.
Rechtssache C-470/20.
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:981
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)
15. Dezember 2022 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Staatliche Beihilfen – Beihilfen für erneuerbare Energien – Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014‑2020 – Anreizeffekt einer Beihilfe, die nach dem Beginn der Arbeiten an dem betreffenden Vorhaben beantragt wurde – Art. 108 Abs. 3 AEUV – Notifizierungspflicht – Folgen eines Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht“
In der Rechtssache C‑470/20
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Riigikohus (Oberstes Gericht, Estland) mit Entscheidung vom 28. September 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 29. September 2020, in dem Verfahren
AS Veejaam,
OÜ Espo
gegen
AS Elering
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter), des Vizepräsidenten des Gerichtshofs L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der ersten Kammer, der Richter P. G. Xuereb und A. Kumin sowie der Richterin I. Ziemele,
Generalanwalt: A. Rantos,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2022,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– |
der OÜ Espo, vertreten durch H. Jürimäe und T. Laasik, Vandeadvokaadid, |
– |
der AS Elering, vertreten durch K. Laidvee und A. Sigal, Vandeadvokaadid, |
– |
der estnischen Regierung, vertreten durch N. Grünberg und M. Kriisa als Bevollmächtigte, |
– |
der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, G. Braga da Cruz und E. Randvere als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. Juni 2022
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 108 Abs. 3 AEUV und Art. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. 2015, L 248, S. 9) sowie von Rn. 50 der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (ABl. 2014, C 200, S. 1) (im Folgenden: Leitlinien von 2014). |
2 |
Es ergeht im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten, zum einen zwischen der AS Veejaam und der AS Elering, der für die Bewilligung der Beihilfe für erneuerbare Energien zuständigen estnischen Behörde, und zum anderen zwischen der OÜ Espo und Elering über die Gewährung dieser Beihilfe an Veejaam und Espo. |
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung 2015/1589
3 |
In Art. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2015/1589 heißt es: „Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck …
…“ |
Leitlinien von 2014
4 |
Die Rn. 49 bis 52 der Leitlinien von 2014 lauten: „(49) Umwelt- und Energiebeihilfen können nur dann für mit dem Binnenmarkt vereinbar befunden werden, wenn sie einen Anreizeffekt haben. Ein Anreizeffekt liegt vor, wenn die Beihilfe den Empfänger veranlasst, sein Verhalten dahin gehend zu ändern, dass der Umweltschutz oder das Funktionieren eines Energiemarkts mit sicheren, erschwinglichen und nachhaltigen Energien verbessert wird, und diese Verhaltensänderung ohne Beihilfe nicht eingetreten wäre. Die Beihilfe darf weder die Kosten einer Tätigkeit subventionieren, die ein Unternehmen ohnehin zu tragen hätte, noch das übliche Geschäftsrisiko einer Wirtschaftstätigkeit ausgleichen. (50) Die Kommission schließt einen Anreizeffekt aus, wenn mit den Arbeiten an dem beihilfefähigen Vorhaben bereits vor der Einreichung des Beihilfeantrags bei den nationalen Behörden begonnen wurde. Wenn mit der Durchführung des Vorhabens bereits vor der Einreichung des Beihilfeantrags begonnen wurde, werden für dieses Vorhaben gewährte Beihilfen nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen. (51) Die Mitgliedstaaten müssen ein Antragsformular für Beihilfen einführen und verwenden. Das Antragsformular muss mindestens folgende Angaben enthalten: den Namen des Antragstellers und die Größe des Unternehmens, eine Beschreibung des Vorhabens einschließlich des Standorts sowie des Beginns und Abschlusses des Vorhabens, den für die Durchführung benötigten Beihilfebetrag und die beihilfefähigen Kosten. Der Beihilfeempfänger muss in seinem Antrag die Situation beschreiben, die ohne Beihilfe bestehen würde; diese Situation wird kontrafaktische Fallkonstellation oder Alternativszenario bzw. alternatives Vorhaben genannt. … (52) Die Bewilligungsbehörde muss nach Eingang eines Antrags die Plausibilität der kontrafaktischen Fallkonstellation prüfen und bestätigen, dass die Beihilfe den erforderlichen Anreizeffekt hat. Eine kontrafaktische Fallkonstellation ist plausibel, wenn sie unverfälscht die Faktoren wiedergibt, die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung des Beihilfeempfängers maßgeblich waren. …“ |
Beschlüsse von 2014 und 2017
5 |
Mit Beschluss vom 28. Oktober 2014 zu einer Beihilferegelung für Strom aus erneuerbaren Energiequellen und effizienter Kraft-Wärme-Kopplung (Staatliche Beihilfe SA.36023) (ABl. 2015, C 44, S. 2, im Folgenden: Beschluss von 2014) stellte die Kommission fest, dass die estnische Beihilferegelung zwar gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV verstoße, die Voraussetzungen, die im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. 2001, C 37, S. 3), den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. 2008, C 82, S. 1) und den Leitlinien von 2014 vorgesehen seien, jedoch erfülle und daher mit Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV vereinbar sei. |
6 |
Mit Beschluss vom 6. Dezember 2017 zu Änderungen der estnischen Beihilferegelung für erneuerbare Energiequellen und effiziente Kraft-Wärme-Kopplung (Staatliche Beihilfe SA.47354) (ABl. 2018, C 121, S. 7, im Folgenden: Beschluss von 2017) stellte die Kommission fest, dass die Republik Estland die Änderungen der Beihilferegelung, die Gegenstand des Beschlusses von 2014 gewesen sei, unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV durchgeführt habe, entschied jedoch, dass die aus diesen Änderungen hervorgegangene Beihilferegelung im Sinne von Art. 107 Abs. 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. |
Estnisches Recht
7 |
Die §§ 59, 591 und 108 des Elektrituruseadus (Strommarktgesetz) (RT I 2015, 43, im Folgenden: ELTS) sehen vor: „§ 59. Beihilfe (1) Der Erzeuger hat gegen den Übertragungsnetzbetreiber einen Anspruch auf Beihilfe:
…
… § 591. Beihilfevoraussetzungen (1) Die Beihilfe nach § 59 dieses Gesetzes wird unter folgenden Voraussetzungen gewährt:
(2) Der Erzeuger erhält keine Beihilfe:
(3) Der Antrag im Sinne von § 59 Abs. 2 dieses Gesetzes enthält die Daten der Erzeugungsanlagen, die nach den Beihilfevorschriften vorgesehenen Angaben und die vom Betreiber des Übertragungsnetzes geforderten Auskünfte zur Rückverfolgung der Herkunft des Stroms, wenn sich seine Herkunft und die Strommenge nicht eindeutig bestimmen lassen. … § 108. Zeitraum der Beihilfeberechtigung (1) Die Beihilfe im Sinne von § 59 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 dieses Gesetzes kann für einen Zeitraum von 12 Jahren und die Beihilfe im Sinne von Nr. 5 für einen Zeitraum von 20 Jahren ab dem Beginn der Erzeugung gewährt werden. Für Strom aus erneuerbaren Energiequellen, der durch eine vor dem 1. Januar 2002 in Betrieb genommene Erzeugungsanlage produziert wird, kann die Beihilfe im Sinne von § 59 bis zum 31. Dezember 2012 gezahlt werden. … (3) Der oben genannte Zeitpunkt des Beginns der Erzeugung ist der Zeitpunkt, ab dem die zur Erzeugung geeignete Anlage erstmals Strom an das Netz oder über eine Direktleitung Strom liefert. …“ |
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
8 |
Von 2001 bis 2015 gewann Veejaam Strom in der Wasserkraftanlage Joaveski (Estland), wofür sie zwei Erzeugungsanlagen mit einer Leistung von 100 Kilowatt (kW) bzw. 200 kW verwendete. Von 2001 bis 2012 erhielt Veejaam die nach der betreffenden estnischen Beihilferegelung vorgesehene Beihilfe für erneuerbare Energien. Im Jahr 2015 tauschte Veejaam diese Erzeugungsanlagen gegen eine neue Turbinengenerator-Einheit mit einer Leistung von 200 kW aus, die auf der alten Stauanlage des Kraftwerks installiert wurde, so dass von den bis dahin bestehenden Anlagen lediglich ein Messpunkt blieb. Am 21. Januar 2016 übermittelte Veejaam die Daten für die neue Anlage an Elering, um die Beihilfe für erneuerbare Energien zu erhalten. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die fragliche Beihilfe nur für mit einer völlig neuen Erzeugungsanlage erzeugten Strom und nur zur Förderung des Markteintritts neuer Betreiber, nicht aber zur dauerhaften Förderung von Stromerzeugern gezahlt werden könne. |
9 |
Von 2004 bis 2009 erzeugte Espo im Wasserkraftwerk Pikru (Estland) Strom mit einer Turbine, deren Leistung 15 kW betrug. Im Jahr 2009 ging eine neue Turbine mit einer Leistung von 45 kW in Betrieb. Espo erhielt von 2004 bis 2015 die Beihilfe für erneuerbare Energien. Der Beihilfeantrag für die mit der neuen Turbine erzeugte Energie, den Espo im Jahr 2016 bei Elering gestellt hatte, wurde aus im Wesentlichen denselben Gründen abgelehnt, die Elering zum Antrag von Veejaam ausführte. |
10 |
Veejaam und Espo erhoben gegen diese Entscheidungen von Elering, mit denen ihnen die Beihilfe für erneuerbare Energie versagt wurde, jeweils Klage beim Tallinna Halduskohus (Verwaltungsgericht Tallinn, Estland). Gegen die Entscheidungen vom 10. Oktober 2017 und vom 27. Oktober 2017, mit denen das Verwaltungsgericht diese Klagen abwies, legten Veejaam und Espo beim Tallinna Ringkonnakohus (Berufungsgericht Tallinn, Estland) Berufungen ein. Nachdem diese Berufungen zurückgewiesen worden waren, legten Veejaam und Espo beim Riigikohus (Oberstes Gericht, Estland), dem vorlegenden Gericht, Kassationsbeschwerde ein. |
11 |
Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist die Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten davon abhängig, ob bei der Gewährung der Beihilfe für erneuerbare Energien als „Zeitpunkt des Beginns der Erzeugung“ im Sinne von § 108 Abs. 3 ELTS ausschließlich auf den Zeitpunkt des erstmaligen Beginns der Erzeugung im betreffenden Kraftwerk abzustellen ist oder ob auch der bloße Austausch einer „Erzeugungsanlage“ gegen eine andere, bestehende Anlage als neuer „Beginn der Erzeugung“ angesehen werden kann. |
12 |
Zudem seien bei der Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten die Unionsvorschriften im Bereich der staatlichen Beihilfen zu berücksichtigen. |
13 |
Hierzu führt das Riigikohus (Oberstes Gericht) erstens aus, dass die §§ 59 und 591 ELTS auf dem Grundsatz beruhten, dass der Beihilfeantrag nach der Errichtung der Erzeugungsanlage zu stellen sei, auf die sich die Beihilfe beziehe, und dass die Betreiber Anspruch auf die Beihilfe hätten, sobald sie die nach den estnischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Voraussetzungen erfüllten; insoweit verfügten die nationalen Behörden über kein Ermessen. Diese Rechtsvorschriften seien von der Kommission als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen worden; diese habe die verschiedenen seit 2003 umgesetzten estnischen Beihilferegelungen für erneuerbare Energien mit dem Beschluss von 2014 und dem Beschluss von 2017 gutgeheißen. |
14 |
Gemäß Rn. 50 der Leitlinien von 2014 fehle einer Beihilfe jedoch in allen Fällen, in denen der Empfänger seinen Beihilfeantrag bei den nationalen Behörden nach Beginn der Arbeiten an dem betreffenden Vorhaben gestellt habe, der Anreizeffekt, der eine der Voraussetzungen für die Einstufung der Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Daher stelle sich die Frage, ob zwischen dem Beschluss von 2014 und dem Beschluss von 2017 einerseits sowie den Leitlinien von 2014 andererseits ein Spannungsverhältnis in Bezug auf die Beurteilung des Anreizeffekts der nach der estnischen Beihilferegelung vorgesehenen Beihilfe für erneuerbare Energien besteht. In diesen Beschlüssen habe die Kommission nämlich faktisch die Möglichkeit zugelassen, den Beihilfeantrag auch nach der Errichtung der betreffenden neuen Erzeugungsanlagen zu stellen. |
15 |
Außerdem habe das vorlegende Gericht die Kommission während des Ausgangsverfahrens um eine Stellungnahme gemäß Art. 29 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 insbesondere zu der Frage ersucht, ob eine im Jahr 2016 beantragte Beihilfe auch dann einen Anreizeffekt haben könne, wenn die Erzeugungsanlage, auf die sich der Beihilfeantrag beziehe, vor der Stellung des Beihilfeantrags errichtet und in Betrieb genommen worden sei; die Kommission habe diese Stellungnahme im Jahr 2020 übermittelt. Darin habe sie bekräftigt, dass Veejaam und Espo die fragliche Beihilfe in Anbetracht der Leitlinien von 2014 nicht gewährt werden könne, da sie den Beihilfeantrag nach der Errichtung der neuen Erzeugungsanlagen gestellt hätten, was zeige, dass sie bereit gewesen seien, das betreffende Vorhaben auch ohne diese Beihilfe durchzuführen. |
16 |
Zweitens habe die Kommission in der genannten Stellungnahme festgestellt, dass ein Unternehmen in der Situation wie Veejaam, das Arbeiten zur Errichtung neuer Erzeugungsanlagen durchgeführt habe, um sich den geänderten Bedingungen für die Bewilligung der für die Erzeugung von Strom erforderlichen Umweltgenehmigung anzupassen, keinen Anspruch auf Zahlung der Beihilfe für erneuerbare Energien habe. Denn diese Arbeiten hätten ohnehin durchgeführt werden müssen, da sie nach einer Regelung des betreffenden Mitgliedstaats vorgeschrieben seien, so dass die Beihilfe nach Auffassung der Kommission keinerlei Anreizeffekt habe. |
17 |
Das vorlegende Gericht meint jedoch, dass Veejaam ohne die Aussicht auf die Beihilfe für erneuerbare Energien gezwungen gewesen wäre, die Erzeugung von Strom wegen der genannten geänderten Bedingungen für die Bewilligung der für die Stromerzeugung erforderlichen Umweltgenehmigung einzustellen, und dass diese Beihilfe, die es ihr ermöglicht habe, ihre Erzeugungsanlagen zu ersetzen, daher durchaus einen Anreizeffekt habe. Da nach dem ELTS jeder Antragsteller, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle, Anspruch auf die Beihilfe habe, könne der Grund, der den Erzeuger veranlasst habe, eine neue Erzeugungsanlage zu errichten, für die Gewährung der Beihilfe nicht relevant sein. |
18 |
Drittens habe die Republik Estland, wie aus dem Beschluss von 2014 hervorgehe, zwei Beihilferegelungen für erneuerbare Energien vorgesehen. Nach der ersten Regelung (im Folgenden: alte Regelung) hätten nur die bereits bestehenden Erzeuger, die bis spätestens am 1. März 2013 mit der Erzeugung begonnen hätten, einen Anspruch auf Beihilfe gehabt, die bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen automatisch gewährt worden sei. Diese Regelung hätte bis zum 31. Dezember 2014 angewandt werden müssen. Nach der zweiten Regelung (im Folgenden: neue Regelung) hätten die Erzeuger, die nach dem 1. März 2013 mit der Erzeugung begonnen hätten, ab dem 1. Januar 2015 eine Beihilfe nur im Rahmen einer Ausschreibung erhalten können. |
19 |
Die Republik Estland habe aber keine gesetzlichen Maßnahmen zur Durchführung der neuen Regelung erlassen und bis 2017 weiter die alte Regelung angewandt, und es damit auch Erzeugern, die nach dem 1. März 2013 mit der Erzeugung begonnen hätten, ermöglicht, eine Beihilfe zu erhalten. Somit habe die Kommission in ihrem Beschluss von 2017 zutreffend festgestellt, dass die Republik Estland gegen das in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehene Verbot der Durchführung staatlicher Beihilfen verstoßen habe. |
20 |
Im vorliegenden Fall stelle sich somit die Frage, ob die betreffende Beihilfe in Anbetracht der durch die Verordnung 2015/1589 eingeführten Unterscheidung zwischen „bestehenden Beihilfen“ und „neuen Beihilfen“ in einem Fall, in dem die Kommission sowohl eine bestehende Beihilferegelung – die alte Regelung – als auch deren geplante Änderungen – die neue Regelung – für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt habe und der Mitgliedstaat die alte Regelung über den Zeitpunkt hinaus angewandt habe, den er der Kommission mitgeteilt habe, als „bestehende Beihilfe“ oder als „neue Beihilfe“ einzustufen sei. |
21 |
Viertens stelle sich, wenn der Gerichtshof der Auffassung sei, dass die alte Regelung nach dem 31. Dezember 2014 erst mit dem Erlass des Beschlusses von 2017 als rechtmäßig angesehen werden könne, die Frage, ob die Beihilfe Veejaam und Espo bereits ab 2016, d. h. ab dem Zeitpunkt ihrer Beantragung zustehen könne. Konkret fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof, ob in dem Fall, dass die Kommission nachträglich beschließe, keine Einwände gegen eine unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV durchgeführte Beihilferegelung zu erheben, Unternehmen, die Anspruch auf eine Betriebsbeihilfe hätten, berechtigt seien, die Zahlung der Beihilfe auch für die Zeit vor dem Beschluss der Kommission zu beantragen, sofern die nationalen Rechtsvorschriften dies zuließen. |
22 |
Fünftens schließlich weist das vorlegende Gericht insbesondere in Bezug auf die Situation von Espo darauf hin, dass dieses Unternehmen im Jahr 2009 eine neue Erzeugungsanlage errichtet und im Jahr 2016 für den mit dieser Anlage erzeugten Strom die fragliche Beihilfe beantragt habe. Falls der Gerichtshof die Vorlagefragen dahin beantworte, dass die alte Regelung in der Zeit von 2015 bis 2017 wegen des Verstoßes gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV als rechtswidrige Beihilferegelung anzusehen sei, sei der Beihilfeantrag von Espo dennoch nicht abzulehnen, da ihre Erzeugungsanlage im Jahr 2009 installiert worden sei, d. h. zu einem Zeitpunkt, für den die alte Regelung durch die im Beschluss von 2014 enthaltene Feststellung ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gebilligt worden sei. Somit stelle sich die Frage, ob Espo, die mit der Durchführung eines Vorhabens, das die für mit dem Binnenmarkt vereinbar erachteten Bedingungen erfüllt habe, zu einem Zeitpunkt begonnen habe, zu dem eine Beihilferegelung rechtmäßig durchgeführt worden sei, ihren Beihilfeantrag aber erst im Jahr 2016 gestellt habe, von dem in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Verbot der Durchführung von Beihilfen betroffen sei. |
23 |
Unter diesen Umständen hat das Riigikohus (Oberstes Gericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Vorlagefragen zu stellen:
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Zu den Vorlagefragen
Vorbemerkungen
24 |
Wie das vorlegende Gericht ausführt, hängt in den Ausgangsrechtsstreitigkeiten die Beantwortung der Frage, ob Veejaam und Espo einen Anspruch auf die dort in Rede stehende Beihilfe für erneuerbare Energien haben, u. a. davon ab, wie die in § 591 bzw. § 108 Abs. 3 ELTS genannten Ausdrücke „Erzeugungsanlage“ und „Beginn der Erzeugung“ auszulegen sind. Insbesondere hat das vorlegende Gericht nach eigenen Angaben darüber zu entscheiden, ob als „Zeitpunkt des Beginns der Erzeugung“ im Sinne dieser Vorschrift ausschließlich auf den Zeitpunkt des erstmaligen Beginns der Erzeugung in einem Wasserkraftwerk abzustellen ist oder ob auch der Zeitpunkt des bloßen Austauschs einer bestehenden Anlage gegen eine andere „Erzeugungsanlage“ als „Beginn der Erzeugung“ angesehen werden kann. |
25 |
Hierzu ist zum einen darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung nicht Sache des Gerichtshofs ist, über die Auslegung nationaler Vorschriften zu befinden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2022, Ametic, C‑263/21, EU:C:2022:644, Rn. 64). Zum anderen hat die Kommission im Beschluss von 2014 und im Beschluss von 2017, die auf der Grundlage der von der Republik Estland notifizierten Beihilferegelungen erlassen wurden, bei der Festlegung des Zeitraums, in dem ein Wirtschaftsteilnehmer eine staatliche Beihilfe im Rahmen der alten Regelung erhalten kann, auf den in § 108 Abs. 3 ELTS genannten Zeitpunkt des „Beginns der Erzeugung“ abgestellt. Insbesondere wurden in diesen Beschlüssen Bedingungen für die Gewährung der Beihilfe festgelegt, u. a. dass die Beihilfe nach Ablauf von zwölf Jahren ab Beginn der Erzeugung nicht mehr ausgezahlt werden kann. |
26 |
Unter diesen Umständen muss das vorlegende Gericht, wie der Generalanwalt in Nr. 24 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die Beschlüsse von 2014 und von 2017 im Rahmen seines Beurteilungsspielraums berücksichtigen. Außerdem hat es auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu berücksichtigen, wonach die Tragweite eines Beschlusses, in dem die Kommission keine Einwände gegen eine von einem Mitgliedstaat notifizierte Beihilferegelung erhebt, nicht nur unter Heranziehung des Textes dieses Beschlusses selbst, sondern auch unter Berücksichtigung der von dem betreffenden Mitgliedstaat notifizierten Beihilferegelung zu ermitteln ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2010, Kahla Thüringen Porzellan/Kommission, C‑537/08 P, EU:C:2010:769, Rn. 44). |
Zur ersten Frage
27 |
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Rn. 49 und 50 der Leitlinien von 2014 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, mit der eine Beihilferegelung für erneuerbare Energien festgelegt wird, nach der die Beihilfe einem Antragsteller auch gezahlt werden kann, wenn der Antrag nach Beginn der Arbeiten an dem betreffenden Vorhaben gestellt wird. |
28 |
Aus Rn. 49 der Leitlinien von 2014 ergibt sich, dass Beihilfen für erneuerbare Energien nur dann für mit dem Binnenmarkt vereinbar befunden werden können, wenn sie einen Anreizeffekt haben. Ein Anreizeffekt liegt vor, wenn die Beihilfe den Empfänger veranlasst, sein Verhalten zu ändern und diese Verhaltensänderung ohne Beihilfe nicht eingetreten wäre. Nach Rn. 50 dieser Leitlinien schließt die Kommission einen Anreizeffekt aus, wenn mit den Arbeiten an dem beihilfefähigen Vorhaben bereits vor der Einreichung des Beihilfeantrags bei den nationalen Behörden begonnen wurde. |
29 |
Zur Tragweite eines Rechtsakts wie der Leitlinien von 2014 ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausschließlich die Kommission für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt gemäß Art. 107 Abs. 3 AEUV zuständig ist, die dabei der Kontrolle der Unionsgerichte unterliegt. Hierbei verfügt die Kommission über ein weites Ermessen, dessen Ausübung komplexe wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetzt. Bei der Ausübung dieses Ermessens kann die Kommission Leitlinien erlassen, um die Kriterien festzulegen, auf deren Grundlage sie die Vereinbarkeit der von den Mitgliedstaaten geplanten Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt zu beurteilen beabsichtigt (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 37 bis 39). |
30 |
Dadurch, dass die Kommission Verhaltensnormen erlässt und durch ihre Veröffentlichung ankündigt, dass sie diese von nun an auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werde, beschränkt sie selbst die Ausübung ihres Ermessens und kann grundsätzlich nicht von diesen Normen abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde. Die Kommission kann jedoch durch Erlass von Verhaltensnormen nicht auf die Ausübung des Ermessens, das ihr Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verleiht, verzichten. Der Erlass eines Dokuments wie der Leitlinien von 2014 entbindet die Kommission also nicht von ihrer Pflicht, die spezifischen außergewöhnlichen Umstände zu prüfen, auf die sich ein Mitgliedstaat in einem bestimmten Fall bei dem Ersuchen um unmittelbare Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV beruft, und ihre Ablehnung eines Beihilfeantrags zu begründen (vgl. entsprechend Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 40 und 41). |
31 |
Aus dem Vorstehenden ergibt sich zum einen, dass die Wirkung des Erlasses der in den Leitlinien von 2014 enthaltenen Verhaltensnormen nur in einer Selbstbeschränkung der Kommission bei der Ausübung ihres Ermessens in dem Sinne besteht, dass die Kommission, wenn ein Mitgliedstaat bei ihr eine geplante staatliche Beihilfe anmeldet, die diesen Normen entspricht, dieses Vorhaben grundsätzlich genehmigen muss. Zum anderen behalten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, bei der Kommission geplante staatliche Beihilfen anzumelden, die nicht den in diesen Leitlinien vorgesehenen Kriterien entsprechen, und die Kommission kann solche Vorhaben in Ausnahmefällen genehmigen (vgl. entsprechend Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 43). |
32 |
Hieraus folgt, dass die Leitlinien von 2014 keine selbständigen Verpflichtungen zulasten der Mitgliedstaaten begründen können, sondern sich darauf beschränken, Voraussetzungen vorzusehen, die gewährleisten sollen, dass staatliche Beihilfen für erneuerbare Energien mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, und die von der Kommission gemäß der in den Rn. 29 bis 31 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung bei der Ausübung des Ermessens, über das sie nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verfügt, zu berücksichtigen sind. Wie der Generalanwalt in Nr. 33 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, hält sich die Kommission somit im Rahmen dieses Ermessens, wenn sie eine staatliche Beihilferegelung, bei der die Beachtung der Voraussetzung des Anreizeffekts auf andere Weise als dadurch sichergestellt ist, dass der Antrag vor dem Beginn der Arbeiten gestellt wird, für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt. |
33 |
Nach den vorstehenden Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Rn. 49 und 50 der Leitlinien von 2014 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, mit der eine Beihilferegelung für erneuerbare Energien festgelegt wird, nach der die Beihilfe einem Antragsteller selbst dann gezahlt werden kann, wenn der Antrag nach Beginn der Arbeiten am betreffenden Vorhaben gestellt wird. |
Zur zweiten Frage
34 |
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Leitlinien von 2014 dahin auszulegen sind, dass eine staatliche Beihilfe einen Anreizeffekt haben kann, wenn die Investition, die ein Wirtschaftsteilnehmer getätigt hat, um sich einer Änderung der Voraussetzungen für die Erteilung einer für seine Tätigkeit erforderlichen Umweltgenehmigung anzupassen, wahrscheinlich nicht erfolgt wäre, wenn die betreffende Beihilfe nicht gezahlt worden wäre. |
35 |
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach den Rn. 51 und 52 der Leitlinien von 2014 der Antragsteller bei der Stellung des Antrags in dem von den zuständigen Behörden erstellten Formular die Situation beschreiben muss, die ohne Beihilfe bestehen würde, d. h. die kontrafaktische Fallkonstellation. Ferner muss die zuständige Behörde nach Eingang des Antrags die Plausibilität dieser Fallkonstellation prüfen und bestätigen, dass die Beihilfe den erforderlichen Anreizeffekt hat. Eine kontrafaktische Fallkonstellation ist plausibel, wenn sie unverfälscht die Faktoren wiedergibt, die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung des Beihilfeempfängers maßgeblich waren. |
36 |
Somit ergibt sich aus dem Wortlaut der genannten Randnummern nicht, dass einer Beihilfe, die beantragt wurde, um eine Investition zu tätigen, die erforderlich ist, damit ein Wirtschaftsteilnehmer die strengeren Voraussetzungen für die Erteilung einer Umweltgenehmigung erfüllt, in jedem Fall der Anreizeffekt fehlt. Daher ist davon auszugehen, dass die Änderung der Voraussetzung für die Erteilung einer solchen Genehmigung in dem Fall, dass die Beihilfe nicht gezahlt würde, einer der Aspekte ist, den die nationalen Behörden im Rahmen der Beurteilung der Plausibilität der kontrafaktischen Fallkonstellation berücksichtigen müssen. |
37 |
Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass Veejaam, die einzige von der zweiten Vorlagefrage betroffene Klägerin des Ausgangsverfahrens, zum einen eine Investition getätigt hat, bei der die bestehende durch eine neue Erzeugungsanlage ersetzt wurde, um die nach den estnischen Rechtsvorschriften für die Erteilung der für die Erzeugung von Strom erforderlichen Umweltgenehmigung vorgesehenen neuen Voraussetzungen zu erfüllen, und zum anderen vorträgt, dass diese Investition nur durch die Aussicht auf die Zahlung der Beihilfe für erneuerbare Energien ermöglicht worden sei. |
38 |
Wie der Generalanwalt in Nr. 47 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hat das vorlegende Gericht daher die Plausibilität der von Veejaam vorgetragenen kontrafaktischen Fallkonstellation, insbesondere die Wahrscheinlichkeit zu prüfen, dass Veejaam ihre Tätigkeit eingestellt hätte, wenn sie die fragliche Beihilfe nicht erhalten hätte. Wie in Rn. 26 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist das vorlegende Gericht im Rahmen dieser Beurteilung verpflichtet, die im Beschluss von 2014 und im Beschluss von 2017 festgelegten Bedingungen einzuhalten. Im Rahmen der Prüfung der Plausibilität dieser Fallkonstellation hat es ein Bündel relevanter Aspekte und Daten zu untersuchen, wie etwa die Einnahmen und Ausgaben, die Veejaam ohne die Beihilfe gehabt hätte, um im Einklang mit den neuen Voraussetzungen, an die die Erteilung der fraglichen Umweltgenehmigung geknüpft ist, Strom zu erzeugen. |
39 |
In Anbetracht dieser Erwägungen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Leitlinien von 2014 dahin auszulegen sind, dass eine staatliche Beihilfe einen Anreizeffekt haben kann, wenn die Investition, die ein Wirtschaftsteilnehmer getätigt hat, um sich einer Änderung der Voraussetzungen für die Erteilung einer für seine Tätigkeit erforderlichen Umweltgenehmigung anzupassen, wahrscheinlich nicht erfolgt wäre, wenn die betreffende Beihilfe nicht gezahlt worden wäre. |
Zur dritten Frage
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Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2015/1589 dahin auszulegen ist, dass eine bestehende Beihilferegelung, deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt durch einen Beschluss der Kommission festgestellt wurde, als „neue Beihilfe“ im Sinne von Art. 1 Buchst. c dieser Verordnung einzustufen ist, wenn sie über den Zeitpunkt hinaus angewandt wird, den der betreffende Mitgliedstaat der Kommission im Rahmen des durch diesen Beschluss beendeten Beihilfeprüfverfahrens als Zeitpunkt mitgeteilt hatte, zu dem die Anwendung dieser Regelung endet. |
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Es ist darauf hinzuweisen, dass Art. 1 Buchst. b der Verordnung 2015/1589 die Situationen aufzählt, in denen eine staatliche Beihilfe als „bestehende Beihilfe“ einzustufen ist. Insbesondere stellen nach Art. 1 Buchst. b Ziff. ii dieser Verordnung genehmigte Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die von der Kommission oder vom Rat genehmigt wurden, „bestehende Beihilfen“ dar. Des Weiteren definiert Art. 1 Buchst. c der Verordnung 2015/1589 neue Beihilfen als „alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen“. |
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Insoweit differiert im Rahmen des mit den Art. 107 und 108 AEUV eingeführten Systems der Kontrolle staatlicher Beihilfen das Verfahren, je nachdem, ob es sich um bestehende oder neue Beihilfen handelt. Während bestehende Beihilfen gemäß Art. 108 Abs. 1 AEUV regelmäßig durchgeführt werden dürfen, solange die Kommission nicht ihre Vertragswidrigkeit festgestellt hat, sieht Art. 108 Abs. 3 AEUV vor, dass der Kommission Vorhaben zur Einführung neuer Beihilfen oder zur Umgestaltung bestehender Beihilfen rechtzeitig zu melden sind und dass sie nicht durchgeführt werden dürfen, bevor das Verfahren zu einer abschließenden Entscheidung geführt hat (Urteil vom 28. Oktober 2021, Eco Fox u. a., C‑915/19 bis C‑917/19, EU:C:2021:887, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Zudem stützt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Bewertung der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt durch die Kommission auf die Beurteilung der Wirtschaftsdaten und Umstände, die auf dem betreffenden Markt zu dem Zeitpunkt bestehen, zu dem die Kommission ihre Entscheidung trifft, und berücksichtigt u. a. die Dauer, für die die Gewährung dieser Beihilfe vorgesehen ist. Folglich stellt die Gültigkeitsdauer einer bestehenden Beihilfe einen Gesichtspunkt dar, der die Bewertung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt durch die Kommission beeinflussen kann (Urteil vom 26. Oktober 2016, DEI und Kommission/Alouminion tis Ellados, C‑590/14 P, EU:C:2016:797, Rn. 49). |
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Somit ist die Verlängerung der Gültigkeitsdauer einer bestehenden Beihilfe als Umgestaltung einer bestehenden Beihilfe anzusehen und stellt daher gemäß Art. 1 Buchst. c der Verordnung 2015/1589 eine neue Beihilfe dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2016, DEI und Kommission/Alouminion tis Ellados, C‑590/14 P, EU:C:2016:797, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen hervor, dass erstens die Republik Estland im Rahmen des Verfahrens zur Bewertung der Vereinbarkeit der alten Regelung mit dem Binnenmarkt angegeben hat, dass diese Regelung nur bis zum 31. Dezember 2014 angewandt werden solle, zweitens die Kommission diesen Zeitpunkt bei ihrer Beurteilung im Beschluss von 2014 berücksichtigt hat und drittens die Republik Estland diese Regelung in den Jahren 2015 und 2016, also nach dem 31. Dezember 2014 in Kraft gelassen hat. |
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Daher ist angesichts der Definition des Begriffs „bestehende Beihilfe“, auf die in Rn. 41 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, und der in den Rn. 43 und 44 dieses Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs festzustellen, dass die alte Regelung nach dem Erlass des Beschlusses von 2014 und bis zum 31. Dezember 2014 als bestehende Beihilfe qualifiziert werden konnte, soweit ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt durch diesen Beschluss festgestellt worden war. |
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Hingegen ist sie in dem Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum Erlass des Beschlusses von 2017, mit dem festgestellt wurde, dass sie auch nach der Verlängerung ihres Gültigkeitszeitraums mit dem Binnenmarkt vereinbar war, als neue Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung 2015/1589 einzustufen und hätte daher der Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV notifiziert werden müssen. |
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Nach diesen Erwägungen ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2015/1589 dahin auszulegen ist, dass eine bestehende Beihilferegelung, deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt durch einen Beschluss der Kommission festgestellt wurde, als „neue Beihilfe“ im Sinne von Art. 1 Buchst. c dieser Verordnung einzustufen ist, wenn sie über den Zeitpunkt hinaus angewandt wird, den der betreffende Mitgliedstaat der Kommission im Rahmen des durch diesen Beschluss beendeten Beihilfeprüfverfahrens als Zeitpunkt mitgeteilt hatte, zu dem die Anwendung dieser Regelung endet. |
Zur vierten und zur fünften Frage
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Mit der vierten und der fünften Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 108 Abs. 3 AEUV dahin auszulegen ist, dass er es verbietet, dem Antrag eines Wirtschaftsteilnehmers auf Zahlung einer staatlichen Beihilfe ungeachtet eines Verstoßes gegen die in dieser Vorschrift vorgesehene Notifizierungspflicht stattzugeben, und zwar zum einen für den Zeitraum vor dem Beschluss der Kommission, mit dem die Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt wurde, und zum anderen wenn der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Beihilfe zu einem Zeitpunkt beantragt hat, zu dem sie rechtswidrig war, weil sie nicht bei der Kommission notifiziert worden war, während die mit der Beihilfe im Zusammenhang stehende Investition zu einem Zeitpunkt getätigt wurde, zu dem diese Beihilferegelung rechtmäßig war, weil ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt durch einen Beschluss der Kommission festgestellt worden war. |
Zur Zulässigkeit
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Die Kommission macht geltend, dass die vierte und die fünfte Frage hypothetisch und daher nicht zulässig seien, da Veejaam und Espo weder im Rahmen der alten noch der neuen Regelung beihilfeberechtigt seien. Sie hätten die fragliche Beihilfe nämlich bereits über einen Zeitraum von mehr als zwölf Jahren ab dem Beginn der Erzeugung von Strom in ihren jeweiligen Kraftwerken erhalten; dieser Zeitraum sei nach den estnischen Rechtsvorschriften der maximale Zeitraum, in dem Energieerzeuger die fragliche Beihilfe erhalten könnten. |
51 |
Es ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen eines nationalen Gerichts spricht, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festlegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Die Zurückweisung des Ersuchens eines nationalen Gerichts ist dem Gerichtshof nur möglich, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 2. Juni 2022, SR [Übersetzungskosten in einem Zivilverfahren], C‑196/21, EU:C:2022:427, Rn. 25). |
52 |
Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass für die Beantwortung der Frage, ob Veejaam und Espo unter Zugrundelegung der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Würdigung des sachlichen Kontextes und der Vorschriften des nationalen Rechts Anspruch auf eine staatliche Beihilfe haben, die Auslegung von Art. 108 Abs. 3 AEUV erforderlich ist. Außerdem steht diese Frage nicht offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits. |
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Folglich sind die vierte und die fünfte Frage zulässig. |
Zur Beantwortung der Fragen
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Wie sich aus der Antwort auf die dritte Frage ergibt, kann die alte Regelung zwischen dem 1. Januar 2015 und dem Erlass des Beschlusses von 2017 als „neue Beihilfe“ im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung 2015/1589 qualifiziert und, da sie unter Verstoß gegen die in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehene Notifizierungspflicht durchgeführt wurde, als rechtswidrig angesehen werden. Erst nach der Feststellung ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt durch den Beschluss von 2017 kann sie als „bestehende Beihilfe“ im Sinne von Art. 1 Buchst. b dieser Verordnung eingestuft werden. |
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Das mit Art. 108 Abs. 3 AEUV erlassene Verbot soll gewährleisten, dass die Wirkungen einer Beihilfe nicht eintreten, bevor die Kommission innerhalb einer angemessenen Frist das betreffende Vorhaben im Einzelnen prüfen und gegebenenfalls das in Abs. 2 dieses Artikels vorgesehene Verfahren einleiten konnte. Art. 108 Abs. 3 AEUV unterwirft somit die beabsichtigte Einführung neuer Beihilfen einer vorbeugenden Prüfung (Urteil vom 12. Februar 2008, CELF und ministre de la Culture et de la Communication, C‑199/06, EU:C:2008:79, Rn. 36 und 37). |
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In einer Situation, in der die Kommission zu einer unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV durchgeführten Beihilfe einen endgültigen Beschluss erlassen hat, mit dem gemäß Art. 107 AEUV die Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt wird, hat der Gerichtshof entschieden, dass der endgültige Beschluss der Kommission nicht die Heilung der unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot von Art. 108 Abs. 3 letzter Satz AEUV getroffenen und deshalb ungültigen Durchführungsmaßnahmen zur Folge hat. Jede andere Auslegung würde die Missachtung dieser Vorschrift durch den betreffenden Mitgliedstaat begünstigen und der Vorschrift ihre praktische Wirksamkeit nehmen (Urteil vom 24. November 2020, Viasat Broadcasting UK, C‑445/19, EU:C:2020:952, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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In einer solchen Situation gebietet das Unionsrecht, dass die nationalen Gerichte diejenigen Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, die Auswirkungen der Rechtswidrigkeit wirksam zu beseitigen. Wenn nämlich bei einem bestimmten Beihilfeplan, unabhängig davon, ob er mit dem Binnenmarkt vereinbar ist oder nicht, die Nichteinhaltung von Art. 108 Abs. 3 AEUV keine größeren Unannehmlichkeiten oder Strafen nach sich zöge, als wenn diese Bestimmung eingehalten worden wäre, wäre für Mitgliedstaaten der Anreiz, die Beihilfe zu notifizieren und eine Vereinbarkeitsentscheidung abzuwarten – und damit der Wirkungsgrad der Kontrolle durch die Kommission –, erheblich gemindert (Urteil vom 24. November 2020, Viasat Broadcasting UK, C‑445/19, EU:C:2020:952, Rn. 22 und 23 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Es ist aber hinsichtlich der Wirkungen der Durchführung einer Beihilfe unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV zwischen der Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe und der Zahlung von Zinsen für die Dauer der Rechtswidrigkeit dieser Beihilfe zu unterscheiden (Urteil vom 24. November 2020, Viasat Broadcasting UK, C‑445/19, EU:C:2020:952, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Was zum einen die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe anbelangt, wird der Art. 108 Abs. 3 AEUV zugrunde liegende Zweck, zu gewährleisten, dass eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe niemals durchgeführt wird, durch die vorzeitige Zahlung der nicht notifizierten Beihilfe nicht in Frage gestellt, wenn die Kommission einen endgültigen Beschluss erlässt, mit dem die Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt wird. Folglich ist das nationale Gericht nicht verpflichtet, die Rückforderung der Beihilfe anzuordnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2020, Viasat Broadcasting UK, C‑445/19, EU:C:2020:952, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Zum anderen ist das nationale Gericht nach dem Unionsrecht verpflichtet, dem Beihilfeempfänger aufzugeben, für die Dauer der Rechtswidrigkeit der Beihilfe Zinsen zu zahlen. Diese Verpflichtung des nationalen Gerichts ergibt sich daraus, dass die Durchführung einer Beihilfe unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV ihrem Empfänger einen nicht gerechtfertigten Vorteil verschafft, der einerseits in der Nichtzahlung von Zinsen, die er auf den fraglichen Betrag der mit dem Binnenmarkt vereinbaren Beihilfe gezahlt hätte, wenn er sich diesen Betrag bis zum Erlass der abschließenden Entscheidung der Kommission auf dem Markt hätte leihen müssen, und andererseits in der Verbesserung seiner Wettbewerbsposition gegenüber den anderen Marktteilnehmern während der Dauer der Rechtswidrigkeit der betreffenden Beihilfe besteht. Die Rechtswidrigkeit der Beihilfe wird nämlich die Wirkung gehabt haben, die Marktteilnehmer zum einen der – letztlich nicht eingetretenen – Gefahr auszusetzen, dass eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe eingeführt wird, und sie zum anderen früher deren Auswirkungen auszusetzen, als sie es unter Wettbewerbsbedingungen hätten hinnehmen müssen (Urteil vom 24. November 2020, Viasat Broadcasting UK, C‑445/19, EU:C:2020:952, Rn. 26 und 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). |
61 |
Da es gemäß der in den Rn. 59 und 60 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung nicht ausgeschlossen ist, dass ein Wirtschaftsteilnehmer in den Genuss der vorzeitigen Zahlung der unter Verstoß gegen die Notifizierungspflicht nach Art. 108 Abs. 3 AEUV durchgeführten Beihilfe kommt, wenn die Kommission einen endgültigen Beschluss erlässt, in dem die Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt wird, verbietet es diese Vorschrift auch nicht, dass er diese Beihilfe für den Zeitraum vor einem solchen Beschluss der Kommission ab dem Zeitpunkt erhält, zu dem er die Zahlung der Beihilfe beantragt hat. |
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Ebenso kann, wenn die Kommission die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt nachträglich festgestellt hat und in dem Zeitraum, in dem die Beihilfe wegen Verstoßes gegen die in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehene Pflicht als rechtswidrig anzusehen war, keine Beihilfe an einen Wirtschaftsteilnehmer gezahlt wurde, dieser Wirtschaftsteilnehmer für den Zeitraum, in dem diese Beihilfe rechtswidrig war, nicht zur Zahlung von Zinsen im Sinne der in der in Rn. 60 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung verpflichtet werden. In einer solchen Situation sind nämlich nicht im Sinne der in Rn. 57 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung die Auswirkungen der Rechtswidrigkeit zu beseitigen. |
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Im vorliegenden Fall geht erstens in Bezug auf den der vierten Vorlagefrage zugrunde liegenden Sachverhalt, der nur Veejaam betrifft, aus der Vorlageentscheidung hervor, dass an diese Gesellschaft im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum Erlass des Beschlusses von 2017 keine Beihilfe gezahlt wurde. |
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Somit hat das vorlegende Gericht in Bezug auf Veejaam zu deren Möglichkeit, die betreffende Beihilfe für den Zeitraum vom 1. Dezember 2015 bis zum Erlass des Beschlusses von 2017 im Rahmen der alten Regelung ab Einreichung des Beihilfeantrags zu erhalten, die Folgen aus den in den Rn. 61 und 62 des vorliegenden Urteils ausgeführten Erwägungen zu ziehen. |
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Was zweitens die fünfte Vorlagefrage angeht, die die Situation von Espo betrifft, hat das vorlegende Gericht in Anbetracht der in Rn. 60 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung insbesondere zu prüfen, ob diese Gesellschaft für die Errichtung der betreffenden Erzeugungsanlage im Jahr 2009 Beihilfen in einem Zeitraum erhalten hat, in dem die alte Regelung nicht durch den Beschluss von 2014 für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden war, um gegebenenfalls die Zahlung von Zinsen auf die von ihr gemäß dieser Beihilferegelung erlangten Beträge anzuordnen. |
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Nach alledem ist auf die vierte und die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 108 Abs. 3 AEUV dahin auszulegen ist, dass er es nicht verbietet, dem Antrag eines Wirtschaftsteilnehmers auf Zahlung einer unter Verstoß gegen die in dieser Vorschrift vorgesehene Notifizierungspflicht durchgeführten staatlichen Beihilfe stattzugeben, und zwar zum einen für den Zeitraum vor dem Beschluss der Kommission, mit dem die Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt wurde, und zum anderen wenn der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Beihilfe zu einem Zeitpunkt beantragt hat, zu dem sie rechtswidrig war, weil sie nicht bei der Kommission notifiziert worden war, während die Investition, auf die sich die Beihilfe bezog, zu einem Zeitpunkt getätigt wurde, zu dem diese Beihilferegelung rechtmäßig war, weil ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt durch einen Beschluss der Kommission festgestellt worden war, sofern der Beihilfeempfänger in diesen beiden Situationen für den Zeitraum, in dem die Beihilfe als rechtswidrig angesehen wird, Zinsen auf die gegebenenfalls erlangten Beträge zahlt. |
Kosten
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Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt: |
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Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Estnisch.