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Document 62020CJ0362

    Urteil des Gerichtshofs (Zehnte Kammer) vom 15. Juli 2021.
    Openbaar Ministerie und Federale Overheidsdienst Financiën gegen Profit Europe NV und Gosselin Forwarding Services NV.
    Vorabentscheidungsersuchen des Hof van beroep te Antwerpen.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Handelspolitik – Verordnung (EU) Nr. 1071/2012 – Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 – Gemeinsamer Zolltarif – Tarifierung – Kombinierte Nomenklatur – Unterpositionen 7307 11 10, 7307 19 10 und 7307 19 90 – Bedeutung – Tarifierung aufgrund eines Urteils des Gerichtshofs – Endgültige Antidumpingzölle auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen – Anwendbarkeit der endgültigen Antidumpingzölle auf gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit.
    Rechtssache C-362/20.

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2021:612

     URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

    15. Juli 2021 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Handelspolitik – Verordnung (EU) Nr. 1071/2012 – Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 – Gemeinsamer Zolltarif – Tarifierung – Kombinierte Nomenklatur – Unterpositionen 73071110, 73071910 und 73071990 – Bedeutung – Tarifierung aufgrund eines Urteils des Gerichtshofs – Endgültige Antidumpingzölle auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen – Anwendbarkeit der endgültigen Antidumpingzölle auf gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit“

    In der Rechtssache C‑362/20

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van beroep te Antwerpen (Appellationshof Antwerpen, Belgien) mit Entscheidung vom 18. Juni 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 5. August 2020, in dem Verfahren

    Openbaar Ministerie,

    Federale Overheidsdienst Financiën

    gegen

    Profit Europe NV,

    Gosselin Forwarding Services NV

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter) sowie der Richter E. Juhász und C. Lycourgos,

    Generalanwalt: G. Pitruzzella,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der Profit Europe NV, vertreten durch P. Diaz Gavier, advocaat,

    der Gosselin Forwarding Services NV, vertreten durch A. Poelmans, advocaat,

    der belgischen Regierung, vertreten durch S. Baeyens, J.‑C. Halleux und C. Pochet als Bevollmächtigte,

    der spanischen Regierung, vertreten durch J. Rodríguez de la Rúa Puig als Bevollmächtigten,

    der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Rocchitta, avvocato dello Stato,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch P.‑J. Loewenthal und G. Luengo als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 1071/2012 der Kommission vom 14. November 2012 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen mit Ursprung in der Volksrepublik China und Thailand (ABl. 2012, L 318, S. 10, im Folgenden: vorläufige Verordnung) und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 des Rates vom 13. Mai 2013 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen mit Ursprung in der Volksrepublik China und Thailand und zur Einstellung des Verfahrens gegenüber Indonesien (ABl. 2013, L 129, S. 1, im Folgenden: endgültige Verordnung) (im Folgenden zusammen: Antidumpingverordnungen).

    2

    Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft, Belgien) und dem Federale Overheidsdienst Financiën (Föderaler Öffentlicher Dienst Finanzen, Belgien) auf der einen Seite und der Profit Europe NV und der Gosselin Forwarding Services NV (vormals Crosstainer NV) (im Folgenden: Gosselin) auf der anderen Seite u. a. wegen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit dieser Gesellschaften für mehrere Zuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften, die bei der Einfuhr von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit mit Ursprung in China begangen worden sein sollen.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsvorschriften über die zolltarifliche Einreihung

    Zollkodex der Gemeinschaften

    3

    Art. 20 Abs. 1 bis 3 und 6 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex der Gemeinschaften) bestimmte:

    „(1)   Die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen sich auf den Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften.

    (2)   Die sonstigen durch besondere Gemeinschaftsvorschriften erlassenen Maßnahmen im Warenverkehr werden gegebenenfalls auf der Grundlage der zolltariflichen Einreihung der betreffenden Waren angewendet.

    (3)   Der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst:

    a)

    die Kombinierte Nomenklatur;

    b)

    jede andere Nomenklatur, die ganz oder teilweise auf der Kombinierten Nomenklatur – gegebenenfalls auch mit weiteren Unterteilungen – beruht und die durch besondere Gemeinschaftsvorschriften zur Durchführung zolltariflicher Maßnahmen im Warenverkehr erstellt worden ist;

    (6)   Die zolltarifliche Einreihung einer Ware ist die nach dem geltenden Recht getroffene Feststellung der für die betreffende Ware maßgeblichen

    a)

    Unterposition der Kombinierten Nomenklatur oder Unterposition einer anderen Nomenklatur im Sinne des Absatzes 3 Buchstabe b) oder

    b)

    Unterposition jeder anderen Nomenklatur, die ganz oder teilweise auf der Kombinierten Nomenklatur – gegebenenfalls auch mit weiteren Unterteilungen – beruht und die durch besondere Gemeinschaftsvorschriften zur Durchführung anderer als zolltariflicher Maßnahmen

    im Warenverkehr erstellt worden ist.“

    4

    Durch die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. 2013, L 269, S. 1, und Berichtigung ABl. 2013, L 287, S. 90), die am 30. Oktober 2013 gemäß ihrem Art. 287 in Kraft trat, wurde der Zollkodex der Gemeinschaften aufgehoben. Ein großer Teil ihrer Bestimmungen, insbesondere Art. 57, der im Wesentlichen Art. 20 des Zollkodex der Gemeinschaften entspricht, gilt jedoch nach ihrem Art. 288 Abs. 2 erst ab dem 1. Mai 2016.

    KN

    5

    Die zolltarifliche Einreihung von Waren, die in die Europäische Union eingeführt werden, richtet sich nach der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 1987, L 256, S. 1) in der durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 der Kommission vom 4. Oktober 2013 (ABl. 2013, L 290, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: KN).

    6

    Die KN beruht auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren, das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation (WZO), ausgearbeitet und durch das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren eingeführt wurde. Dieses Übereinkommen wurde mit dem dazugehörigen Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. 1987, L 198, S. 1) genehmigt. Nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 übernimmt die KN die sechsstelligen Positionen und Unterpositionen des Harmonisierten Systems zur Bezeichnung und Codierung der Waren; nur die siebte und die achte Stelle bilden eigene Unterteilungen.

    7

    Der zweite Teil der KN enthält den Abschnitt XV („Unedle Metalle und Waren daraus“), der die Kapitel 72 bis 83 der KN umfasst. Kapitel 73 („Waren aus Eisen oder Stahl“) betrifft die Positionen 7301 bis 7326 der KN.

    8

    Die Position 7307 ist wie folgt aufgebaut:

    „7307

    Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke (z. B. Bogen, Muffen), aus Eisen oder Stahl:

     

    – gegossen:

    7307 11

    – – aus nicht schmiedbarem Gusseisen:

    7307 11 10

    – – – von der für Druckrohre verwendeten Art

    7307 11 90

    – – – andere

    7307 19

    – – andere

    7307 19 10

    – – – aus Temperguss

    7307 19 90

    – – – andere

     

    – andere, aus nicht rostendem Stahl:

     

     

    – andere:“

    9

    Nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates vom 31. Januar 2000 (ABl. 2000, L 28, S. 16) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2658/87) erlässt die Kommission Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Union (im Folgenden: KN-Erläuterungen).

    10

    In den am 6. Mai 2011 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten KN-Erläuterungen (ABl. 2011, C 137, S. 1) heißt es zu den Unterpositionen 73071110 und 73071190 der KN:

    „Der Begriff ‚nicht verformbares Gusseisen‘ umfasst auch Gusseisen mit Lamellengrafit.

    Hierher gehören Rohrform‑, Rohrverschluss- oder Rohrverbindungsstücke wie z. B. Bogen, Winkel, Flansche, T‑Stücke. Sie werden mit den Guss- oder Stahlrohren entweder zusammengeschraubt oder durch Druckkontakte verbunden.“

    11

    Die Erläuterungen zur Unterposition 73071910 der KN lauten:

    „Verformbares Gusseisen ist ein Zwischenerzeugnis zwischen Gusseisen mit Lamellengrafit und Stahlguss. Es lässt sich leicht gießen und wird nach entsprechender Wärmebehandlung fest und schmiedbar. Während der Wärmebehandlung entweicht der Kohlenstoff teilweise oder ändert seine Verbindung oder seinen Zustand; er schlägt sich schließlich in Form kleiner Knötchen nieder, die den metallischen Zusammenhalt nicht in so großem Maße stören wie die Grafitkörnchen im Gusseisen mit Lamellengrafit.

    Beträgt der Kohlenstoffgehalt 2 GHT oder weniger, gelten die daraus hergestellten Waren als aus Stahlguss (siehe die Anmerkung 1 zu Kapitel 73), die in Unterposition 73071990 einzureihen sind.

    Der Begriff ‚verformbares Gusseisen‘ umfasst auch Gusseisen mit Kugelgrafit.

    …“

    12

    Durch die KN-Erläuterungen, die am 4. Januar 2019 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden (ABl. 2019, C 2, S. 2), wurde im Anschluss an das Urteil vom 12. Juli 2018, Profit Europe (C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564), zum einen der dritte Absatz der Erläuterung zur Unterposition 73071910 gestrichen. Zum anderen wurde eine neue Erläuterung zur Unterposition 73071990 eingefügt und klargestellt, dass dazu nunmehr Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit gehören.

    Integrierter Tarif der Europäischen Gemeinschaften

    13

    Art. 2 der Verordnung Nr. 2658/87 sieht vor:

    „Von der Kommission wird ein Integrierter Tarif [der Europäischen Union], nachstehend ‚Taric‘ genannt, erstellt, der den Erfordernissen des Gemeinsamen Zolltarifs, der Außenhandelsstatistiken, der Handels- und Agrarpolitik sowie sonstiger Politiken der [Union] auf dem Gebiet der Wareneinfuhr oder ‑ausfuhr genügt.

    Dieser Tarif beruht auf der [KN] und umfasst:

    a)

    die in dieser Verordnung enthaltenen Maßnahmen;

    b)

    die zusätzlichen [unionsspezifischen] Unterteilungen, genannt ‚Unterpositionen Taric‘, die zur Durchführung der in Anhang II aufgeführten besonderen [Unionsm]aßnahmen notwendig sind;

    …“

    14

    Zu den in Art. 2 dieser Verordnung vorgesehenen Unionsmaßnahmen gehören nach Nr. 5 des Anhangs II dieser Verordnung u. a. Antidumpingzölle.

    15

    Der TARIC‑Code 7307191010 galt für gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen.

    Antidumpingvorschriften

    Grundverordnung

    16

    Die zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ausgangsrechtsstreits geltenden Bestimmungen über die Anwendung von Antidumpingmaßnahmen durch die Europäische Union sind in der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2009, L 343, S. 51, im Folgenden: Grundverordnung) niedergelegt.

    17

    Art. 1 („Grundsätze“) Abs. 1, 2 und 4 dieser Verordnung lautet:

    „(1)   Ein Antidumpingzoll kann auf jede Ware erhoben werden, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der [Union] eine Schädigung verursacht.

    (2)   Eine Ware gilt als gedumpt, wenn ihr Preis bei der Ausfuhr in die [Union] niedriger ist als der vergleichbare Preis der zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr.

    (4)   Im Sinne dieser Verordnung ist ‚gleichartige Ware‘ eine Ware, die mit der betreffenden Ware identisch ist, d. h., ihr in jeder Hinsicht gleicht, oder, wenn es eine solche Ware nicht gibt, eine andere Ware, die zwar der betreffenden Ware nicht in jeder Hinsicht gleicht, aber Merkmale aufweist, die denen der betreffenden Ware sehr ähnlich sind.“

    18

    Art. 9 Abs. 4 der Verordnung lautet:

    „Ergibt sich aus der endgültigen Feststellung des Sachverhalts, dass Dumping und eine dadurch verursachte Schädigung vorliegen und im [Unionsinteresse] ein Eingreifen gemäß Artikel 21 erforderlich ist, so führt der Rat auf einen nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss von der Kommission unterbreiteten Vorschlag einen endgültigen Antidumpingzoll ein. Der Vorschlag wird vom Rat angenommen, es sei denn, der Rat beschließt innerhalb eines Monats nach dessen Vorlage durch die Kommission mit einfacher Mehrheit, den Vorschlag abzulehnen. Sind vorläufige Zölle eingeführt worden, so wird spätestens einen Monat vor dem Außerkrafttreten dieser Zölle ein Vorschlag für endgültige Maßnahmen unterbreitet. Der Antidumpingzoll darf die festgestellte Dumpingspanne nicht übersteigen, sollte aber niedriger sein als die Dumpingspanne, wenn ein niedrigerer Zoll ausreicht, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs [der Union] zu beseitigen.“

    19

    Art. 14 („Allgemeine Bestimmungen“) der Grundverordnung sieht in Abs. 1 und 2 vor:

    „(1)   Vorläufige oder endgültige Antidumpingzölle werden durch Verordnung eingeführt und von den Mitgliedstaaten in der Form, zu dem Satz und nach den sonstigen Modalitäten erhoben, die in der Verordnung zur Einführung dieser Zölle festgelegt sind. Diese Zölle werden auch unabhängig von den Zöllen, Steuern und anderen normalerweise bei der Einfuhr geforderten Abgaben erhoben. …

    (2)   Verordnungen zur Einführung vorläufiger oder endgültiger Antidumpingzölle sowie Verordnungen und Beschlüsse zur Annahme von Verpflichtungen oder zur Einstellung von Untersuchungen oder Verfahren werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Diese Verordnungen und Beschlüsse enthalten insbesondere – unter der erforderlichen Wahrung der Vertraulichkeit der Informationen – den Namen der Ausführer, soweit möglich, oder der betroffenen Länder, eine Beschreibung der Waren und eine Zusammenfassung der wichtigsten Fakten und Erwägungen im Zusammenhang mit der Ermittlung des Dumpings und der Schädigung. …“

    Vorläufige Verordnung

    20

    In Teil B („Betroffene Ware und gleichartige Ware“) der vorläufigen Verordnung heißt es im 16. Erwägungsgrund unter der Überschrift „Betroffene Ware“:

    „Bei der in der Einleitungsbekanntmachung beschriebenen betroffenen Ware handelt es sich um gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen …, die derzeit unter dem KN-Code ex73071910 eingereiht werden.“

    21

    Ebenfalls in Teil B heißt es im 28. Erwägungsgrund dieser Verordnung unter der Überschrift „Gleichartige Ware“:

    „Die Behörden eines der Mitgliedstaaten wiesen darauf hin, dass nach den Erläuterungen zur [KN] der Begriff ‚verformbares Gusseisen‘ auch Gusseisen mit Kugelgrafit umfasst (das duktilem Gusseisen entspricht). Es wurden zwar für den UZ von keiner interessierten Partei Verkäufe von Gewinderohrstücken aus duktilem Gusseisen angegeben, es gibt aber Belege dafür, dass solche Verkäufe möglich wären. Da diese Rohrstücke dieselben grundlegenden materiellen Eigenschaften aufweisen wie die untersuchten verformbaren Rohrstücke mit Gewinde, erscheint es angezeigt, zu präzisieren, dass Waren aus duktilem Eisen in die Warendefinition für das Verfahren und unter die Maßnahmen fallen.“

    22

    Art. 1 Abs. 1 der Verordnung sieht vor:

    „Es wird ein vorläufiger Antidumpingzoll eingeführt auf die Einfuhren gegossener Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen, die derzeit unter dem KN-Code ex73071910 (TARIC‑Code 7307191010) eingereiht werden, mit Ursprung in der Volksrepublik China und in Thailand.“

    Endgültige Verordnung

    23

    Der 13. Erwägungsgrund der endgültigen Verordnung lautet:

    „Da zur betroffenen Ware und zur gleichartigen Ware keine weiteren Stellungnahmen eingingen, werden die Feststellungen in den Erwägungsgründen 17 bis 21 und 23 bis 28 der vorläufigen Verordnung bestätigt.“

    24

    In seiner ursprünglichen Fassung bestimmte Art. 1 Abs. 1 der endgültigen Verordnung:

    „Es wird ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren gegossener Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen, … die derzeit unter dem KN-Code ex73071910 (TARIC‑Code 7307191010) eingereiht werden, mit Ursprung in der VR China und in Thailand eingeführt.“

    Durchführungsverordnung (EU) 2019/262

    25

    Die Erwägungsgründe 2 bis 5 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/262 der Kommission vom 14. Februar 2019 zur Änderung der Durchführungsverordnung Nr. 430/2013 (ABl. 2019, L 44, S. 6) lauten:

    „(2)

    Mit seinem Urteil vom 12. Juli 2018 in den verbundenen Rechtssachen C‑397/17 und C‑398/17 (Profit Europe) hat der Gerichtshof festgestellt, dass die KN so auszulegen ist, dass die Rohrform‑, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit als andere gegossene Formstücke, Verschlussstücke und Verbindungsstücke in die Auffangunterposition 73071990 der KN einzureihen sind und nicht als Formstücke, Verschlussstücke und Verbindungsstücke aus nicht verformbarem Gusseisen in die Unterposition 73071110 oder als Formstücke, Verschlussstücke und Verbindungsstücke aus verformbarem Gusseisen in die Unterposition 73071910.

    (3)

    Nach diesem Urteil wurden die Erläuterungen zur [KN] zum KN-Code 73071910 geändert, sodass Form‑, Verschluss- und Verbindungsstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit nicht mehr unter diesen KN-Code fallen.

    (4)

    In der [vorläufigen] Verordnung … wurde ausdrücklich auf die Einreihung gegossener Rohrform‑, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit (auch bekannt als duktiles Gusseisen) unter den KN-Code 73071910 verwiesen. In der [endgültigen Verordnung] wird immer noch auf diese Einreihung unter dem KN-Code 73071910 als Formstücke, Verschlussstücke und Verbindungsstücke aus verformbarem Gusseisen verwiesen. Die Bezugnahme auf den KN-Code steht jetzt im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs und zu den Erläuterungen zur [KN] zum KN-Code 73071910.

    (5)

    Daher sollten unter den in der [endgültigen Verordnung] aufgeführten Codes in Bezug auf Waren, für deren Einfuhren der endgültige Antidumpingzoll gilt, auch der KN-Code ex73071990 und der entsprechende TARIC‑Code aufgeführt werden.“

    26

    Art. 1 der Durchführungsverordnung 2019/262 lautet:

    „Die [endgültige Verordnung] wird wie folgt geändert:

    1.

    Der Titel erhält folgende Fassung:

    ‚Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 des Rates zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus Temperguss und aus Gusseisen mit Kugelgrafit, mit Ursprung in der Volksrepublik China und Thailand und zur Einstellung des Verfahrens gegenüber Indonesien‘;

    2.

    Artikel 1 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

    ‚(1) Es wird ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren gegossener Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Temperguss und aus Gusseisen mit Kugelgrafit – mit Ausnahme von Grundbestandteilen von Klemmfittings mit metrischem ISO/DIN-13-Gewinde und runden Abzweigdosen aus Temperguss, mit Gewinde, die keine Abdeckung haben –, die derzeit unter den KN-Codes ex73071910 (TARIC‑Code 7307191010) und ex73071990 (TARIC‑Code 7307199010) eingereiht werden, mit Ursprung in der Volksrepublik China und in Thailand eingeführt‘.“

    27

    Die Durchführungsverordnung 2019/262 ist gemäß Art. 2 am 16. Februar 2019 in Kraft getreten.

    28

    Der Position 7307 des TARIC wurde ein neuer Code 7307199010 betreffend gegossene Rohrform‑, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit, hinzugefügt. Dieser Code wurde jedoch später gestrichen.

    Durchführungsverordnung (EU) 2019/1259

    29

    Der siebte Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1259 der Kommission vom 24. Juli 2019 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus Temperguss und aus Gusseisen mit Kugelgrafit, mit Ursprung in der Volksrepublik China und Thailand, im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2019, L 197, S. 2) sieht vor:

    „Am 12. Juli 2018 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Rohrstücke, die aus Gusseisen mit Kugelgrafit (auch als ‚duktiles Gusseisen‘ bezeichnet) hergestellt wurden, nicht von dem Begriff ‚verformbares Gusseisen‘ im Sinne der Definition der KN-Unterposition 73071910 erfasst werden. Der Gerichtshof befand, dass Rohrstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit in die Auffangunterposition 73071990 der KN (als andere Waren aus anderem Eisen) einzureihen sind. Am 14. Februar 2019 veröffentlichte die Kommission die [Durchführungsverordnung 2019/262], mit der die Bezugnahmen auf die TARIC‑Codes geändert und entsprechend den Schlussfolgerungen des Gerichtshofs angepasst wurden. Da Antidumpingmaßnahmen auf der Grundlage einer Warendefinition – unabhängig von der zolltariflichen Einreihung – eingeführt werden, hatte die Änderung keine Auswirkungen auf den warenbezogenen Geltungsbereich der bestehenden Maßnahmen.“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

    30

    Profit Europe, ein belgischer Einführer von gegossenen Rohrform‑, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit und Gosselin, eine belgische Gesellschaft, die Zollanmeldungsdienstleistungen erbringt, werden beschuldigt, bei der Einfuhr solcher Rohrform‑, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücke aus China mehrere Zuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften begangen zu haben.

    31

    Insbesondere wird ihnen vorgeworfen, bei bestimmten Einfuhren aus China, die zwischen dem 19. November 2012 und dem 30. Juni 2015 erfolgt seien, die Zahlung von Antidumpingzöllen in Höhe von 651954,11 Euro umgangen zu haben, indem sie die fraglichen Rohrform‑, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücke unter einem falschen Tarifcode und unter einer falschen Bezeichnung angemeldet hätten.

    32

    Zu den Einfuhranmeldungen von Profit Europe stellt das vorlegende Gericht fest, dass alle fraglichen Rohrform‑, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit zunächst, bis zum 19. November 2012, stets als aus verformbarem Gusseisen hergestellt (Unterposition 73071910 der KN) angemeldet worden seien. Sodann seien solche Rohrstücke in der Zeit vom 19. Dezember 2012 bis zum 27. Oktober 2014 71-mal unter der KN-Unterposition 73071910 betreffend Rohrstücke aus verformbarem Gusseisen und achtmal unter der Unterposition 73071110 betreffend Rohrstücke aus nicht verformbarem Gusseisen für Rohre von der für Druckleitungen verwendeten Art angemeldet worden. Schließlich hätten Profit Europe und Gosselin die fraglichen Rohrstücke ab dem 28. Oktober 2014 ausschließlich als unter die Unterposition 73071110 fallend angemeldet.

    33

    In der endgültigen Verordnung wurden diese Waren so beschrieben, dass sie „derzeit … unter den [KN-Code] ex73071910 (TARIC‑Code 7307191010) … eingereiht werden“ und unterlagen für Waren aus China einem Antidumpingwertzollsatz von 57,8 % und für Waren aus Thailand einem Antidumpingwertzollsatz von 15,5 %.

    34

    Außerdem weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass während der Geltungsdauer der Antidumpingzölle alle Fittings und Rohrstücke als nicht mit Gewinde versehen angemeldet worden seien, während sechs Arten eingeführter Waren tatsächlich mit Gewinde versehen gewesen seien und daher Antidumpingzöllen unterlegen hätten.

    35

    Im März 2014 stellte Profit Europe bei der Centrale Administratie der Douane en Accijnzen (Generalverwaltung Zoll und Akzisen, Belgien) (im Folgenden: Zollverwaltung) mehrere Ersuchen um verbindliche Zolltarifauskünfte über die zolltarifliche Einreihung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit.

    36

    Am 14. März 2014 erteilte die Zollverwaltung sechs verbindliche Zolltarifauskünfte, die den Tarifcode 7307111100 (gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus nicht verformbarem Gusseisen) anführen.

    37

    Mit Bescheid vom 30. März 2015 erteilte die Zollverwaltung 20 verbindliche Zolltarifauskünfte, in denen sie den Tarifcode 7307191000 (gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen) oder den Tarifcode 7307191090 (Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus verformbarem Gusseisen ohne Gewinde) angab.

    38

    Mit Bescheid vom 9. April 2015 nahm die Zollverwaltung die am 14. März 2014 erteilten verbindlichen Zolltarifauskünfte zurück und reihte die von ihnen betroffenen Waren in die Unterposition 73071910 der KN ein, wobei sie den Tarifcode 73071910 und den TARIC‑Code 7307191090 als zutreffenden Tarifcode („Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus verformbarem Gusseisen ohne Gewinde“) nannte.

    39

    In den beiden Bescheiden wurde auf die KN-Erläuterung zur Position 73071910 verwiesen, wonach der Begriff „verformbares Gusseisen“ auch Gusseisen mit Kugelgrafit umfasse, sowie auf die Schlussfolgerungen der vom 30. September bis zum 3. Oktober 2014 abgehaltenen 140. Sitzung des Ausschusses für den Zollkodex, die im Wesentlichen das weite Verständnis dieses Begriffs bestätigten.

    40

    Da ihre Widersprüche gegen diese Bescheide erfolglos blieben, erhob Profit Europe am 10. Mai 2016 bei der Nederlandstalige rechtbank van eerste aanleg Brussel (Niederländischsprachiges Gericht Erster Instanz Brüssel, Belgien) Klage gegen die einzelnen Bescheide.

    41

    Außerdem wurde am 24. Februar 2017 bei der Rechtbank van eerste aanleg Antwerpen, afdeling Antwerpen (Gericht Erster Instanz Antwerpen, Abteilung Antwerpen, Belgien), u. a. wegen der Anmeldung unter einem falschen Tarifcode und unter einer falschen Bezeichnung ein Strafverfahren gegen Profit Europe und Gosselin eingeleitet.

    42

    Während dieses Verfahren lief, ersuchte die Nederlandstalige rechtbank van eerste aanleg Brussel (Niederländischsprachiges Gericht Erster Instanz Brüssel) mit zwei Entscheidungen vom 16. Juni 2017 den Gerichtshof um Vorabentscheidung, und zwar in zwei Rechtssachen, in denen das Urteil vom 12. Juli 2018, Profit Europe (C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564), ergangen ist.

    43

    In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit in die Auffangposition 73071990 der KN („andere Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, aus Eisen oder Stahl“) einzureihen sind, was im Wesentlichen bedeutet, dass sowohl die von Profit Europe vorgeschlagene als auch die vom belgischen Staat vorgenommene Einreihung unzutreffend war.

    44

    Im Anschluss an das Urteil vom 12. Juli 2018, Profit Europe (C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564), wurden in den beiden Rechtssachen Vergleichsanträge bei der Rechtbank van eerste aanleg Brussel (Gericht Erster Instanz Brüssel) gestellt, nach denen der belgische Staat seinen Standpunkt in diesen Verfahren aufgab und Profit Europe in beiden Fällen Prozessentschädigung gewährt wurde.

    45

    Mit Urteil vom 28. März 2019 sprach die Rechtbank van eerste aanleg Antwerpen, afdeling Antwerpen (Gericht Erster Instanz Antwerpen, Abteilung Antwerpen) zum einen Profit Europe und Gosselin in Bezug auf die Anmeldung unter einem falschen Tarifcode und unter einer falschen Bezeichnung frei und erklärte zum anderen die Steuerklage der Zollverwaltung für zulässig, aber unbegründet.

    46

    Am 16. April 2019 legten die Staatsanwaltschaft und der Föderale Öffentliche Dienst Finanzen gegen dieses Urteil Berufung beim Hof van beroep te Antwerpen (Appellationshof Antwerpen, Belgien) ein.

    47

    Dieses Gericht weist erstens darauf hin, dass im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juli 2018, Profit Europe (C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564), die KN-Erläuterung zur Unterposition 73071910 geändert und die Form‑, Verschluss- und Verbindungsstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit daraus gestrichen worden seien. Außerdem sehe die Erläuterung zur Unterposition 73071990 vor, dass zu dieser nunmehr auch Form‑, Verschluss- und Verbindungsstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit gehörten.

    48

    Zweitens weist es darauf hin, dass Art. 1 Abs. 1 der endgültigen Verordnung durch die Durchführungsverordnung 2019/262 dahin geändert worden sei, dass die erfassten Einfuhren nunmehr „[gegossene] Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Temperguss und aus Gusseisen mit Kugelgrafit …, die derzeit unter den KN-Codes ex73071910 (TARIC‑Code 7307191010) und ex73071990 (TARIC‑Code 7307199010) eingereiht werden“, beträfen.

    49

    Folglich stelle sich die Frage nach dem Zusammenhang zwischen den Erkenntnissen aus diesem Urteil im Bereich der Zölle und der Auslegung der vorläufigen und der endgültigen Antidumpingverordnung in der vor der Änderung der endgültigen Verordnung im Jahr 2019 geltenden Fassung. Da der Gerichtshof nämlich entschieden habe, dass Gusseisen mit Kugelgrafit nicht unter die KN-Unterposition 73071910 falle, sei fraglich, ob die beiden Verordnungen, die ausdrücklich diese Unterposition beträfen, gleichwohl auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit angewandt werden könnten.

    50

    Unter diesen Umständen hat der Hof van beroep te Antwerpen (Appellationshof Antwerpen) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Gelten für gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit aus China Antidumpingzölle nach der vorläufigen Verordnung und der endgültigen Verordnung, obwohl der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 12. Juli 2018, Profit Europe (C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564), entschieden hat, dass es sich bei gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken aus Gusseisen mit Kugelgrafit nicht um gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus verformbarem Gusseisen handelt und dass gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit unter eine andere Unterposition fallen als gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus verformbarem Gusseisen?

    Zur Vorlagefrage

    51

    Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die vorläufige Verordnung und die endgültige Verordnung in ihrer Fassung vor den Änderungen durch die Durchführungsverordnung 2019/262 dahin auszulegen sind, dass die mit diesen Verordnungen eingeführten vorläufigen und endgültigen Antidumpingzölle für gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit mit Ursprung in China gelten.

    52

    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 14 Abs. 1 der Grundverordnung Antidumpingzölle durch Verordnung eingeführt und von den Mitgliedstaaten in der Form, zu dem Satz und nach den sonstigen Modalitäten erhoben werden, die in der Verordnung zur Einführung dieser Zölle festgelegt sind, und zwar unabhängig von den Zöllen, Steuern und anderen normalerweise bei der Einfuhr geforderten Abgaben.

    53

    Zudem geht insbesondere aus Art. 1 und Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung hervor, dass nur Waren, die Gegenstand einer Antidumpinguntersuchung waren, Antidumpingmaßnahmen unterworfen werden können, sofern festgestellt wurde, dass die fraglichen Waren zu einem niedrigeren Preis als die von der Antidumpinguntersuchung erfassten gleichartigen Waren in die Union ausgeführt werden (Urteil vom 18. April 2013, Steinel Vertrieb, C‑595/11, EU:C:2013:251, Rn. 38).

    54

    Nach Art. 14 Abs. 2 der Grundverordnung müssen die Verordnungen zur Einführung vorläufiger oder endgültiger Antidumpingzölle u. a. eine Beschreibung der Waren enthalten.

    55

    Um die Waren, auf die der Antidumpingzoll erhoben werden soll, zu bestimmen, werden sie in den verfügenden Teilen der Antidumpingverordnungen insbesondere anhand der Tarifunterposition der KN, in die sie gehören, beschrieben. Eine solche Bezugnahme reicht jedoch nicht immer aus, um die von der Antidumpingregelung erfassten Waren genau bestimmen zu können, da es dem Wortlaut dieser Unterpositionen an Genauigkeit fehlen kann. Daher beschreibt der verfügende Teil einer Antidumpingverordnung die zu besteuernden Waren unter Heranziehung zusätzlicher Unterscheidungskriterien. Eine Ware muss nur dann versteuert werden, wenn sie in die KN-Unterposition eingereiht wird, die in einer Antidumpingverordnung genannt ist, und zugleich alle Merkmale der betreffenden Ware aufweist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist (Urteil vom 18. April 2013, Steinel Vertrieb, C‑595/11, EU:C:2013:251, Rn. 31).

    56

    Die etwaige Einreihung einer Ware in eine bestimmte Tarifposition führt jedoch nicht ohne Weiteres dazu, dass die Ware dem Antidumpingzoll unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. April 2013, Steinel Vertrieb, C‑595/11, EU:C:2013:251, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    57

    Daher ist bei neuartigen Waren außerdem zu prüfen, ob sie die gleichen technischen und physischen Merkmale, die gleichen grundlegenden Endverwendungen und das gleiche Verhältnis zwischen Qualität und Preis wie die Waren aufweisen, die von den fraglichen Antidumpingverordnungen erfasst werden. Dabei sind auch die Austauschbarkeit und der Wettbewerb zwischen diesen Waren zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. April 2013, Steinel Vertrieb, C‑595/11, EU:C:2013:251, Rn. 44).

    58

    Eine Auslegung der Antidumpingverordnungen, die eine Ausweitung der Anwendung der Antidumpingmaßnahmen auf neuartige Waren bewirken würde, die zwar die gleichen wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale wie die in diesen Verordnungen genannten aufweisen und zudem unter demselben KN-Code einzureihen sind, aber doch andersartige Waren sind, da sie zusätzliche Merkmale aufweisen, die in diesen Verordnungen nicht genannt sind, ist nicht mit dem Zweck und der Systematik der Grundverordnung vereinbar (vgl. entsprechend Urteile vom 18. April 2013, Steinel Vertrieb, C‑595/11, EU:C:2013:251, Rn. 43, und vom 15. Oktober 2020, Linas Agro, C‑117/19, EU:C:2020:833, Rn. 46).

    59

    Um den Anwendungsbereich der vorläufigen und der endgültigen Verordnung, um die es im Ausgangsrechtsstreit geht, im Hinblick auf die von ihnen erfassten Waren bestimmen zu können, ist außerdem darauf hinzuweisen, dass bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut zu berücksichtigen ist, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteile vom 20. Juni 2019, ExxonMobil Production Deutschland, C‑682/17, EU:C:2019:518, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. September 2019, Kommission/Kolachi Raj Industrial, C‑709/17 P, EU:C:2019:717, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    60

    Was den Wortlaut der vorläufigen und der endgültigen Verordnung in ihrer hier maßgeblichen Fassung angeht, so ergibt sich zum einen aus ihren Titeln wie auch aus ihrem Art. 1 Abs. 1, dass sie die Einfuhr von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen mit Ursprung in der Volksrepublik China und Thailand betrafen. In diesen Verordnungen hieß es außerdem, dass die betreffenden Erzeugnisse zur damaligen Zeit unter der KN-Unterposition 73071910, genauer gesagt unter dem TARIC‑Code 7307191010 eingereiht waren, der diese Unterposition nur durch Hinzufügung einer Unterteilung gemäß Art. 20 Abs. 6 Buchst. b des Zollkodex der Gemeinschaften und Art. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2658/87 ergänzte.

    61

    Zum anderen wurde im 28. Erwägungsgrund der vorläufigen Verordnung ausdrücklich klargestellt, dass Rohrstücke mit Gewinde aus Gusseisen mit Kugelgrafit in den Anwendungsbereich des Verfahrens und der dort vorgesehenen Maßnahmen fallen, da sie dieselben materiellen Eigenschaften aufweisen wie die von der Untersuchung betroffenen verformbaren Rohrstücke mit Gewinde.

    62

    Daher bezeichnete der 28. Erwägungsgrund die Rohrstücke mit Gewinde aus Gusseisen mit Kugelgrafit als „gleichartige Ware“. Dieser Begriff wird in Art. 1 Abs. 4 der Grundverordnung als eine Ware definiert, die mit der betreffenden Ware identisch ist, d. h., ihr in jeder Hinsicht gleicht, oder, wenn es eine solche Ware nicht gibt, als eine andere Ware, die zwar der betreffenden Ware nicht in jeder Hinsicht gleicht, aber Merkmale aufweist, die denen der betreffenden Ware sehr ähnlich sind.

    63

    Insoweit sah die vorläufige Verordnung im Unterschied zu den Unterpositionen 73071110, 73071910 und 73071990 der KN ein zusätzliches Unterscheidungskriterium im Sinne der in Rn. 55 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung vor, nämlich das Vorhandensein eines Gewindes bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rohrstücken, aufgrund dessen die aus diesen beiden Arten von Gusseisen hergestellten Stücke, wie sich aus dem 28. Erwägungsgrund der vorläufigen Verordnung ergibt, dieselben wesentlichen materiellen Eigenschaften aufwiesen.

    64

    Im Übrigen steht fest, dass es zum Zeitpunkt des Erlasses der vorläufigen und der endgültigen Verordnung in der Erläuterung zur Unterposition 73071910 der KN hieß, dass der Begriff „verformbares Gusseisen“ auch Gusseisen mit Kugelgrafit umfasst. Darauf wurde auch im 28. Erwägungsgrund der vorläufigen Verordnung hingewiesen. Außerdem wurden die Feststellungen im 28. Erwägungsgrund der vorläufigen Verordnung im 13. Erwägungsgrund der endgültigen Verordnung bestätigt.

    65

    Folglich ist festzustellen, dass der verfügende Teil der vorläufigen und der endgültigen Verordnung, um die es im Ausgangsrechtsstreit geht, von Anfang an die Einfuhren gegossener Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen sowie gegossener Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit betraf.

    66

    Dies wird sowohl durch den Zusammenhang als auch durch die mit den Antidumpingverordnungen verfolgten Ziele bestätigt.

    67

    Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass die Einführung von Antidumpingzöllen eine Schutzmaßnahme gegen unlauteren Wettbewerb ist, der sich aus Dumpingpraktiken ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2000, Industrie des poudres sphériques/Rat, C‑458/98 P, EU:C:2000:531, Rn. 91).

    68

    Die funktionelle Unabhängigkeit der Antidumpingmaßnahmen von der tariflichen Einreihung nach der KN und von dem Gemeinsamen Zolltarif in Form des TARIC ergibt sich auch aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 der Grundverordnung, wonach Antidumpingzölle unabhängig von den Zöllen, Steuern und anderen normalerweise bei der Einfuhr geforderten Abgaben erhoben werden.

    69

    Außerdem ist diese Unabhängigkeit die logische Folge der besonderen Natur des Verfahrens zur Einführung von Antidumpingzöllen als handelspolitische Maßnahme gegen außerhalb der Union ansässige Unternehmen.

    70

    Hierzu ist festzustellen, dass die Bezeichnung der einschlägigen KN-Unterpositionen und TARIC‑Codes in den Antidumpingverordnungen nur Hinweischarakter hat, um die von den Antidumpingmaßnahmen betroffene Ware zu bestimmen.

    71

    Im vorliegenden Fall wurde dies in der Bekanntmachung der Einleitung des Antidumpingverfahrens (ABl. 2012, C 44, S. 33) klargestellt, in der es hieß, dass „[es sich bei] der angeblich gedumpten Ware … um die untersuchte Ware mit Ursprung in der Volksrepublik China, Thailand und Indonesien [handelt], die derzeit unter dem KN-Code ex73071910 eingereiht wird“, mit dem Hinweis, dass „[d]er KN-Code … nur informationshalber angegeben [wird]“.

    72

    Insoweit geht aus der Verwendung des Adverbs „derzeit“ sowohl in dieser Bekanntmachung als auch in der vorläufigen und der endgültigen Verordnung hervor, dass der Unionsgesetzgeber bereits die Möglichkeit einer späteren Änderung der zolltariflichen Einreihung in Betracht zog.

    73

    Dies steht auch im Einklang mit Art. 20 Abs. 1 und 2 des Zollkodex der Gemeinschaften, der hier anwendbar ist. Aus dieser Bestimmung ergibt sich nämlich zum einen, dass sich die bei Entstehung einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben auf den Zolltarif der Union stützen. Zum anderen werden die sonstigen durch besondere Unionsvorschriften erlassenen Maßnahmen im Warenverkehr, d. h. nicht tarifäre Maßnahmen wie die Antidumpingzölle, nur „gegebenenfalls“ auf der Grundlage der zolltariflichen Einreihung der betreffenden Waren angewandt.

    74

    In diesem Zusammenhang kann sich ein Urteil des Gerichtshofs, das, wie es beim Urteil vom 12. Juli 2018, Profit Europe (C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564) der Fall ist, nur die zolltarifliche Einreihung einer Ware betrifft, die im Übrigen von den Antidumpingverordnungen erfasst wird, als solches nicht auf deren Anwendungsbereich auswirken.

    75

    Zur Durchführungsverordnung 2019/262, mit der die endgültige Verordnung im Anschluss an das Urteil vom 12. Juli 2018, Profit Europe (C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564), geändert wurde, ist festzustellen, dass die mit ihr vorgenommenen Änderungen der Bestimmungen der endgültigen Verordnung nur dazu dienten, die angeführten KN- und TARIC‑Codes an die in diesem Urteil als richtig erkannte Auslegung der Unterpositionen 73071110, 73071910 und 73071990 der KN in Bezug auf die Waren anzupassen, die von Anfang an von den Antidumpingverordnungen erfasst waren.

    76

    Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die vorläufige und die endgültige Verordnung in ihrer Fassung vor den Änderungen durch die Durchführungsverordnung 2019/262 dahin auszulegen sind, dass die mit diesen Verordnungen eingeführten vorläufigen und endgültigen Antidumpingzölle für gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit mit Ursprung in China gelten.

    Kosten

    77

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:

     

    Die Verordnung (EU) Nr. 1071/2012 der Kommission vom 14. November 2012 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen mit Ursprung in der Volksrepublik China und Thailand und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 des Rates vom 13. Mai 2013 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen mit Ursprung in der Volksrepublik China und Thailand und zur Einstellung des Verfahrens gegenüber Indonesien in der Fassung vor den Änderungen durch die Durchführungsverordnung (EU) 2019/262 der Kommission vom 14. Februar 2019 sind dahin auszulegen, dass die mit diesen Verordnungen eingeführten vorläufigen und endgültigen Antidumpingzölle für gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit mit Ursprung in China gelten.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.

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