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Document 62020CJ0003
Judgment of the Court (Grand Chamber) of 30 November 2021.#Criminal proceedings against AB and Others.#Request for a preliminary ruling from the Rīgas rajona tiesa.#Reference for a preliminary ruling – Protocol (No 7) on the privileges and immunities of the European Union – Member of an organ of the European Central Bank – Governor of a national central bank of a Member State – Immunity from criminal proceedings – Indictment connected with activities carried out in the course of employment within the Member State.#Case C-3/20.
Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 30. November 2021.
Strafverfahren gegen AB u. a.
Vorabentscheidungsersuchen der Rīgas rajona tiesa.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Protokoll (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union – Mitglied eines Organs der Europäischen Zentralbank – Präsident einer nationalen Zentralbank eines Mitgliedstaats – Befreiung von der Strafgerichtsbarkeit – Anklage im Zusammenhang mit im Rahmen des Amtes innerhalb des Mitgliedstaats ausgeübten Tätigkeiten.
Rechtssache C-3/20.
Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 30. November 2021.
Strafverfahren gegen AB u. a.
Vorabentscheidungsersuchen der Rīgas rajona tiesa.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Protokoll (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union – Mitglied eines Organs der Europäischen Zentralbank – Präsident einer nationalen Zentralbank eines Mitgliedstaats – Befreiung von der Strafgerichtsbarkeit – Anklage im Zusammenhang mit im Rahmen des Amtes innerhalb des Mitgliedstaats ausgeübten Tätigkeiten.
Rechtssache C-3/20.
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2021:969
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
30. November 2021 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Protokoll (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union – Mitglied eines Organs der Europäischen Zentralbank – Präsident einer nationalen Zentralbank eines Mitgliedstaats – Befreiung von der Strafgerichtsbarkeit – Anklage im Zusammenhang mit im Rahmen des Amtes innerhalb des Mitgliedstaats ausgeübten Tätigkeiten“
In der Rechtssache C‑3/20
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rīgas rajona tiesa (Bezirksgericht Riga, Lettland) mit Entscheidung vom 20. Dezember 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Januar 2020, in dem Strafverfahren gegen
AB,
CE,
„MM investīcijas“ SIA,
Beteiligte:
LR Ģenerālprokuratūras Krimināltiesiskā departamenta Sevišķi svarīgu lietu izmeklēšanas nodaļa,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, der Kammerpräsidentin K. Jürimäe, der Kammerpräsidenten C. Lycourgos, E. Regan und N. Jääskinen, der Kammerpräsidentin I. Ziemele sowie der Richter M. Ilešič, J.‑C. Bonichot (Berichterstatter), P. G. Xuereb und N. Wahl,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2021,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– |
von AB, vertreten durch M. Kvēps und A. Repšs, advokāti, |
– |
von CE, vertreten durch D. Vilemsons, advokāts, |
– |
der LR Ģenerālprokuratūras Krimināltiesiskā departamenta Sevišķi svarīgu lietu izmeklēšanas nodaļa, vertreten durch V. Jirgena, |
– |
der lettischen Regierung, vertreten durch K. Pommere als Bevollmächtigte, |
– |
der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato, |
– |
der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch L. Flynn, I. Naglis und S. Delaude, dann durch L. Flynn und S. Delaude als Bevollmächtigte, |
– |
der Europäischen Zentralbank, vertreten durch C. Zilioli, K. Kaiser und F. Malfrère als Bevollmächtigte im Beistand von V. Čukste-Jurjeva, advokāte, |
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 29. April 2021
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 11 Buchst. a, Art. 17 und Art. 22 Abs. 1 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union (ABl. 2016, C 202, S. 266, im Folgenden: Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen). |
2 |
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche gegen AB, ehemaliger Präsident der Zentralbank Lettlands, CE und die „MM investīcijas“ SIA. |
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des ESZB und der EZB
3 |
Das Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ABl. 2016, C 202, S. 230, im Folgenden: Protokoll über die Satzung des ESZB und der EZB) bestimmt in Art. 2 („Ziele“): „Nach Artikel 127 Absatz 1 und Artikel 282 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist es das vorrangige Ziel des [Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB)], die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung der in Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union festgelegten Ziele der Union beizutragen. Das ESZB handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und hält sich dabei an die in Artikel 119 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union genannten Grundsätze.“ |
4 |
Art. 3 („Aufgaben“) dieses Protokolls sieht vor: „3.1. Nach Artikel 127 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bestehen die grundlegenden Aufgaben des ESZB darin,
3.2. Nach Artikel 127 Absatz 3 des genannten Vertrags berührt Artikel 3.1 dritter Gedankenstrich nicht die Haltung und Verwaltung von Arbeitsguthaben in Fremdwährungen durch die Regierungen der Mitgliedstaaten. 3.3. Das ESZB trägt nach Artikel 127 Absatz 5 des genannten Vertrags zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei.“ |
5 |
Art. 7 („Unabhängigkeit“) des genannten Protokolls lautet: „Nach Artikel 130 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union darf bei der Wahrnehmung der ihnen durch die Verträge und diese Satzung übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten weder die [Europäische Zentralbank (EZB)] noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane Weisungen von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen. Die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich, diesen Grundsatz zu beachten und nicht zu versuchen, die Mitglieder der Beschlussorgane der EZB oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.“ |
6 |
Art. 9 Abs. 9.3 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB bestimmt: „Die Beschlussorgane der EZB sind nach Artikel 129 Absatz 1 des genannten Vertrags der EZB-Rat und das Direktorium.“ |
7 |
Art. 10 („Der EZB-Rat“) Abs. 10.1 dieses Protokolls sieht vor: „Nach Artikel 283 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union besteht der EZB-Rat aus den Mitgliedern des Direktoriums der EZB und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.“ |
8 |
Art. 39 („Vorrechte und Befreiungen“) des Protokolls sieht vor: „Die EZB genießt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union.“ |
9 |
In Art. 44 („Der Erweiterte Rat der EZB“) des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB heißt es: „44.1. Unbeschadet des Artikels 129 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union wird der Erweiterte Rat als drittes Beschlussorgan der EZB eingesetzt. 44.2. Der Erweiterte Rat besteht aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der EZB sowie den Präsidenten der nationalen Zentralbanken. Die weiteren Mitglieder des Direktoriums können an den Sitzungen des Erweiterten Rates teilnehmen, besitzen aber kein Stimmrecht. …“ |
Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen
10 |
Art. 8 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen lautet: „Wegen einer in Ausübung ihres Amtes erfolgten Äußerung oder Abstimmung dürfen Mitglieder des Europäischen Parlaments weder in ein Ermittlungsverfahren verwickelt noch festgenommen oder verfolgt werden.“ |
11 |
Art. 9 dieses Protokolls lautet: „Während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments
Die Unverletzlichkeit besteht auch während der Reise zum und vom Tagungsort des Europäischen Parlaments. Bei Ergreifung auf frischer Tat kann die Unverletzlichkeit nicht geltend gemacht werden; sie steht auch nicht der Befugnis des Europäischen Parlaments entgegen, die Unverletzlichkeit eines seiner Mitglieder aufzuheben.“ |
12 |
Art. 10 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen bestimmt: „Den Vertretern der Mitgliedstaaten, die an den Arbeiten der Organe der Union teilnehmen, sowie ihren Beratern und Sachverständigen stehen während der Ausübung ihrer Tätigkeit und auf der Reise zum und vom Tagungsort die üblichen Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen zu. Dies gilt auch für die Mitglieder der beratenden Organe der Union.“ |
13 |
Art. 11 dieses Protokolls sieht vor: „Den Beamten und sonstigen Bediensteten der Union stehen im Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaats ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit folgende Vorrechte und Befreiungen zu:
…“ |
14 |
Art. 17 des genannten Protokolls lautet: „Die Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen werden den Beamten und sonstigen Bediensteten der Union ausschließlich im Interesse der Union gewährt. Jedes Organ der Union hat die Befreiung eines Beamten oder sonstigen Bediensteten in allen Fällen aufzuheben, in denen dies nach seiner Auffassung den Interessen der Union nicht zuwiderläuft.“ |
15 |
Art. 18 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen bestimmt: „Bei der Anwendung dieses Protokolls handeln die Organe der Union und die verantwortlichen Behörden der beteiligten Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen.“ |
16 |
Art. 22 dieses Protokolls sieht vor: „Dieses Protokoll gilt auch für die Europäische Zentralbank, die Mitglieder ihrer Beschlussorgane und ihre Bediensteten; die Bestimmungen des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank bleiben hiervon unberührt. …“ |
Lettisches Recht
Gesetz über die Zentralbank Lettlands
17 |
Nach Art. 2 des Likums „Par Latvijas Banku“ (Gesetz über die Zentralbank Lettlands) ist die Zentralbank Lettlands Mitglied des ESZB. |
18 |
Nach Art. 7 dieses Gesetzes kooperiert die Zentralbank Lettlands mit der EZB, den Zentralbanken der Mitgliedstaaten der Union und den Zentralbanken von Drittländern sowie mit anderen Finanzinstituten. Vorbehaltlich der Zustimmung der EZB ist die Zentralbank Lettlands befugt, sich an internationalen Währungseinrichtungen im Sinne von Art. 6.2 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB zu beteiligen. Die Zentralbank Lettlands kann sich unter Beachtung der Bestimmungen des Vertrags und dieses Protokolls an internationalen Währungseinrichtungen beteiligen, die ihren Zielen und ihren Aufgaben entsprechen. |
19 |
Aus Art. 13 des Gesetzes geht hervor, dass der Präsident, der Vizepräsident und die Mitglieder des Vorstands der Zentralbank Lettlands von der Regierung der Republik Lettland und den Regierungen der übrigen Mitgliedstaaten der Union, den Organen der Union sowie anderen nationalen, ausländischen oder internationalen Organen und ihren Institutionen keine Weisung einholen oder entgegennehmen dürfen. Diese Vorschrift sieht ferner gemäß Art. 130 AEUV vor, dass es diesen Regierungen, Organen und Institutionen nicht gestattet ist, dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und den Mitgliedern des Vorstands der Zentralbank Lettlands Weisungen zu erteilen oder zu versuchen, die Wahrnehmung ihrer Aufgaben in anderer Weise zu beeinflussen. Die Zentralbank Lettlands ist bei ihrer Beschlussfassung und der praktischen Umsetzung der Beschlüsse vollkommen unabhängig. |
Strafprozessordnung
20 |
Art. 10 des Kriminālprocesa likums (Strafprozessordnung) sieht vor, dass die strafrechtliche Immunität eine Person ganz oder teilweise davon befreit, an einem Strafverfahren teilzunehmen, als Zeuge auszusagen sowie Dokumente und Schriftstücke vorzulegen, und das Recht, ihr gegenüber die Strafverfolgung einzuleiten und Zwangsmaßnahmen zu treffen, sowie das Recht, in die Räumlichkeiten dieser Person einzudringen und dort Ermittlungen anzustellen, ausschließt oder einschränkt. |
21 |
In Art. 116 Abs. 1 bis 3 der Strafprozessordnung heißt es: „(1) Die strafrechtliche Immunität beruht auf dem in der Verfassung, diesem Gesetz oder anderen Gesetzen oder völkerrechtlichen Verträgen festgelegten speziellen rechtlichen Status einer Person, einer Information oder eines Ortes, der gewährleistet, dass eine Person einer strafrechtlichen Verpflichtung ganz oder teilweise nicht nachkommen muss, oder das Recht einschränkt, spezielle Ermittlungshandlungen vorzunehmen. (2) Die strafrechtliche Immunität einer Person ergibt sich aus
(3) Eine Person hat Anspruch auf strafrechtliche Immunität, wenn die von ihr verlangte Information Folgendes betrifft:
|
22 |
Art. 404 der Strafprozessordnung bestimmt, dass die Staatsanwaltschaft, vorbehaltlich einer abweichenden Regelung in diesem Gesetz, der zuständigen Behörde das Ersuchen übermittelt, die strafrechtliche Verfolgung einer Person zu gestatten, die nach dem Gesetz strafrechtliche Immunität genießt, wenn sie der Auffassung ist, dass es Gründe gibt, die es ermöglichen, die strafrechtliche Verantwortung dieser Person darzutun. Dem Ersuchen sind Informationen über die Beweise für die Schuld der Person beizufügen, deren Immunität aufgehoben werden soll. |
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
23 |
AB bekleidete vom 21. Dezember 2001 bis zum 21. Dezember 2019 das Amt des Präsidenten der Zentralbank Lettlands. |
24 |
Infolge des Beitritts der Republik Lettland zur Union am 1. Mai 2004 wurde er Mitglied des Erweiterten Rates der EZB und später, nach dem Beitritt dieses Mitgliedstaats zur Eurozone am 1. Januar 2014, Mitglied des EZB-Rates. |
25 |
Am 17. Februar 2018 wurde AB nach Einleitung eines vom Korupcijas novēršanas un apkarošanas birojs (Büro zur Verhütung und Bekämpfung der Korruption, Lettland, im Folgenden: KNAB) geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens festgenommen und am 19. Februar 2018 wieder freigelassen. Mit Entscheidung vom selben Tag erlegte ihm das KNAB eine Reihe von Sicherungsmaßnahmen auf, darunter das Verbot, sein Amt als Präsident der Zentralbank Lettlands auszuüben. Am 28. Juni 2018 wurde er von der mit der Sache betrauten Staatsanwältin wegen Korruptionsdelikten angeklagt. |
26 |
Mit Urteil vom 26. Februar 2019, Rimšēvičs und EZB/Lettland (C‑202/18 und C‑238/18, EU:C:2019:139), erklärte der Gerichtshof auf von AB und von der EZB erhobene Klagen die Entscheidung des KNAB vom 19. Februar 2018 für nichtig, soweit damit AB untersagt worden war, sein Amt als Präsident der Zentralbank Lettlands auszuüben. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die Republik Lettland nicht nachgewiesen hatte, dass die Entlassung von AB aus seinem Amt auf das Vorliegen hinreichender Anhaltspunkte dafür gestützt war, dass er eine schwere Verfehlung im Sinne von Art. 14.2 Abs. 2 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB begangen hatte. |
27 |
Die Anklageschrift gegen AB wurde am 24. Mai 2019 ergänzt und umfasst drei Anklagevorwürfe. |
28 |
Der erste gegen ihn erhobene Anklagevorwurf betrifft die Annahme eines von KM, dem Präsidenten des Aufsichtsrats einer lettischen Bank, vor dem 30. Juni 2010 gemachten Angebots für ein Bestechungsgeschenk und des Bestechungsgeschenks selbst, das in einer gemeinschaftlichen Urlaubsreise nach Kamtschatka (Russland) im Wert von 7490 Euro bestand, die vom 20. bis 30. August 2010 stattfand. Im Gegenzug soll AB KM beraten haben, um es der vorgenannten Bank zu ermöglichen, sich der Aufsicht der Finanšu un kapitāla tirgus komisija (Finanz- und Kapitalmarktkommission, Lettland, im Folgenden: FKTK) zu entziehen, und sich nicht an den Sitzungen der FKTK beteiligt haben, in denen Fragen zur Aufsicht über diese Bank besprochen wurden. |
29 |
Der zweite gegen ihn erhobene Anklagevorwurf betrifft zum einen die Annahme eines Bestechungsgeldangebots nach dem 23. August 2012, das in der Zahlung eines Betrags von 500000 Euro durch OP, den stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrats derselben lettischen Bank, als Gegenleistung für die Beratung durch AB im Hinblick auf die Aufhebung der von der FKTK angeordneten Beschränkungen der Tätigkeiten dieser Bank und die Vermeidung weiterer Beschränkungen bestanden haben soll, und zum anderen die Annahme der Zahlung der Hälfte dieses Bestechungsgeldes, d. h. 250000 Euro, durch AB. Die andere Hälfte des Bestechungsgeldes, die nach dem Erlass einer für diese Bank günstigen Entscheidung durch die FKTK zu zahlen gewesen wäre, sei nicht an AB ausgezahlt worden. |
30 |
Der dritte gegen ihn erhobene Anklagevorwurf betrifft die Geldwäsche mit dem Ziel, die Herkunft, die Übermittlung und das Eigentum des an AB gezahlten Geldes, das dem im zweiten Anklagevorwurf genannten Bestechungsgeld entspricht, zu verschleiern. Dieses Bestechungsgeld sei in den Erwerb einer Immobilie durch eine Scheinfirma mittels von einem Vermittler eingebrachter Mittel investiert worden. |
31 |
Im Lauf des Strafverfahrens beantragten die Rechtsanwälte von AB beim vorlegenden Gericht, den Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Auslegung des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen zu ersuchen. Unter Berufung auf die Art. 11 und 22 dieses Protokolls vertreten sie die Ansicht, dass die in diesem Protokoll vorgesehene Befreiung von der Gerichtsbarkeit für AB wegen der Handlungen gelte, die er in seiner Eigenschaft als Mitglied des EZB-Rates vorgenommen habe. |
32 |
Die Staatsanwaltschaft bestreitet nicht, dass AB eine solche Befreiung zustehen kann, wenn er in seiner Eigenschaft als Mitglied des EZB-Rates handelt, ist aber der Ansicht, dass im Rahmen des Ausgangsverfahrens die ihm zur Last gelegten Handlungen nicht mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Mitglied dieses Rates zusammenhingen, so dass das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen auf AB nicht anwendbar sei. |
33 |
Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass es vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung im Strafverfahren über das Bestehen und den Umfang einer etwaigen Immunität von AB zu entscheiden habe. Es wirft daher die Frage auf, ob die Eigenschaft als Präsident der Zentralbank Lettlands, aus der sich auch die Eigenschaft als Mitglied des EZB-Rates ergibt, AB automatisch von Strafverfolgung und von gerichtlichen Verfahren befreit. Bejahendenfalls sei zu klären, ob in jedem Fall die Aufhebung dieser Immunität zu beantragen sei oder ob die für das Verfahren zuständige Behörde, d. h. im Ermittlungsverfahren die Staatsanwaltschaft und im gerichtlichen Verfahren das in der Sache entscheidende Gericht, für die Beurteilung zuständig seien, ob im spezifischen Kontext der in Rede stehenden Strafverfolgung ein Interesse der Union daran bestehe, dass dem Betroffenen diese Immunität zukomme und, falls ein solches Interesse bestehe, die Aufhebung dieser Immunität nur zu beantragen brauche, wenn die Handlungen mit der Wahrnehmung einer Aufgabe bei einem Unionsorgan, im vorliegenden Fall der EZB, verbunden seien. Für den Fall, dass einem Mitglied des EZB-Rates strafrechtliche Immunität gewährt wird, stellt sich das vorlegende Gericht auch die Frage, in welchem Verfahrensstadium um Aufhebung dieser Immunität zu ersuchen ist. Schließlich weist es darauf hin, dass es, da das Verhalten und die Handlungen einer Person durch die Gesamtheit der ihr zur Verfügung stehenden Informationen bestimmt würden, in der Praxis nicht immer einfach sei, die im Interesse der Union gewährte Immunität und die außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Immunität vorgenommenen Handlungen voneinander zu trennen. |
34 |
Unter diesen Umständen hat die Rīgas rajona tiesa (Bezirksgericht Riga, Lettland) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
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Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
35 |
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 22 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen dahin auszulegen ist, dass der Präsident einer Zentralbank eines Mitgliedstaats die in Art. 11 Buchst. a dieses Protokolls vorgesehene Befreiung von der Gerichtsbarkeit in Anspruch nehmen kann. |
36 |
Erstens ist festzustellen, dass der Präsident einer Zentralbank eines Mitgliedstaats zu den in Art. 22 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen genannten Personen gehört. |
37 |
Art. 22 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen sieht nämlich vor, dass dieses – unbeschadet der Bestimmungen des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB – für die EZB, die Mitglieder ihrer Beschlussorgane und ihre Bediensteten gilt. |
38 |
Zum einen sind die Präsidenten der Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, nach Art. 283 Abs. 1 AEUV und Art. 10.1 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB Mitglieder des EZB-Rats, der nach Art. 129 Abs. 1 AEUV und Art. 9.3 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB ein Beschlussorgan der EZB darstellt. Zum anderen sieht Art. 44.2 dieses Protokolls vor, dass die Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten Mitglieder des Erweiterten Rates, des dritten Beschlussorgans der EZB gemäß Art. 44.1 dieses Protokolls, sind. |
39 |
Folglich gehört der Präsident einer Zentralbank eines Mitgliedstaats als Mitglied zumindest eines der Organe der EZB zu den in Art. 22 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen genannten Personen. Daher ist dieses Protokoll auf ihn anwendbar. |
40 |
Zweitens stellt sich die Frage, ob der Präsident einer nationalen Zentralbank die Befreiung von der Gerichtsbarkeit nach Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen in Anspruch nehmen kann. |
41 |
Zum einen präzisiert nämlich Art. 22 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen nicht die Bestimmungen dieses Protokolls, die für die von ihm erfassten Personen gelten. Zum anderen gewährt dieses Protokoll Befreiungen unterschiedlicher Art und unterschiedlichen Umfangs für drei Kategorien von Personen, wobei die Zugehörigkeit des Präsidenten einer nationalen Zentralbank zu diesen nicht offensichtlich ist. |
42 |
Erstens sind die in den Art. 8 und 9 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen vorgesehenen Befreiungen der Mitglieder des Europäischen Parlaments so definiert, dass sie sich speziell auf deren Amt beziehen und daher nicht auf einen Präsidenten einer nationalen Zentralbank anwendbar sind. |
43 |
Zweitens können auch die Befreiungen, die den an den Arbeiten der Organe der Union teilnehmenden Vertretern der Mitgliedstaaten zustehen und Gegenstand von Art. 10 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen sind, nicht für einen Präsidenten einer nationalen Zentralbank gelten. Zum einen kann dieser nicht als Vertreter eines Mitgliedstaats angesehen werden, wenn er seine Aufgaben als Mitglied des EZB-Rates oder des Erweiterten Rates der EZB wahrnimmt. Art. 130 AEUV und Art. 7 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB sehen nämlich vor, dass die Präsidenten der nationalen Zentralbanken zur Wahrnehmung der ihnen durch die Verträge übertragenen Aufgaben Weisungen, insbesondere von den nationalen Behörden, weder einholen noch entgegennehmen dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2019, Rimšēvičs und EZB/Lettland, C‑202/18 und C‑238/18, EU:C:2019:139, Rn. 72). Zum anderen sind jedenfalls die Befreiungen der Vertreter der Mitgliedstaaten, die an den Arbeiten der Organe der Union teilnehmen, „die üblichen … Befreiungen“, was, wie die Generalanwältin in Nr. 56 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, als Verweis auf die in dem am 18. April 1961 in Wien geschlossenen Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vorgesehenen Immunitäten zu verstehen ist. Solche Immunitäten, die Diplomaten gewährt werden, um die wirksame Erfüllung der Aufgaben der diplomatischen und konsularischen Vertretungen im Empfangsstaat zu gewährleisten, können den Staaten, deren Vertreter sie sind, naturgemäß nicht entgegengehalten werden. Folglich kann sich der Präsident einer Zentralbank eines Mitgliedstaats jedenfalls nicht gegenüber den Behörden dieses Mitgliedstaats auf diese Befreiungen berufen. |
44 |
Drittens gilt für die Beamten und die sonstigen Bediensteten der Union nach Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen zwar die Befreiung von der Gerichtsbarkeit bezüglich der von ihnen in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen, einschließlich ihrer mündlichen und schriftlichen Äußerungen, jedoch sind die Präsidenten der nationalen Zentralbanken in einer anderen Position als diese. Zum einen werden sie als nationale Behörden von den Mitgliedstaaten ernannt und gegebenenfalls abberufen (Urteil vom 26. Februar 2019, Rimšēvičs und EZB/Lettland, C‑202/18 und C‑238/18, EU:C:2019:139, Rn. 72). Zum anderen sind sie keinem Organ der Union unterstellt, da sie nach Art. 130 AEUV und Art. 7 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB weder von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union noch von den Mitgliedstaaten oder anderen Stellen Weisungen einholen oder entgegennehmen dürfen. |
45 |
Die Position eines Präsidenten einer nationalen Zentralbank, der zwar nationale Behörde ist, aber im Rahmen des ESZB handelt und, wenn er Präsident einer nationalen Zentralbank eines Mitgliedstaats ist, dessen Währung der Euro ist, einen Sitz im wichtigsten Leitungsorgan der EZB hat, ist jedoch durch eine funktionale Doppelstellung gekennzeichnet, die in einem hybriden Status zum Ausdruck kommt (Urteil vom 26. Februar 2019, Rimšēvičs und EZB/Lettland, C‑202/18 und C‑238/18, EU:C:2019:139, Rn. 70). Der betreffende Zentralbankpräsident handelt somit bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Mitglied des EZB-Rates im Auftrag eines Organs der Union, im vorliegenden Fall der EZB. Gleiches gilt, wie sich aus Rn. 38 des vorliegenden Urteils ergibt, für den Präsidenten einer nationalen Zentralbank eines Mitgliedstaats, dessen Währung nicht der Euro ist, bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Mitglied des Erweiterten Rates der EZB. |
46 |
Die Immunität, die ein Präsident einer Zentralbank bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Mitglied des EZB-Rates oder als Mitglied des Erweiterten Rates der EZB genießt, ergibt sich somit aus dem Erfordernis, die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Immunitäten der EZB gemäß Art. 39 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB zu gewährleisten. Folglich müssen für einen Präsidenten einer Zentralbank bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben die für die Erfüllung der Aufgaben der EZB notwendigen Vorrechte und Befreiungen gelten. |
47 |
Außerdem kann der Umstand, dass den Präsidenten der nationalen Zentralbanken die in Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen vorgesehene Befreiung von der Gerichtsbarkeit gewährt wird, die die Unabhängigkeit der dadurch Begünstigten gegenüber den nationalen Behörden im Interesse der Union gewährleisten soll, zur Unabhängigkeit beitragen, die Art. 130 AEUV und Art. 7 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB u. a. von diesen Zentralbankpräsidenten bei der Wahrnehmung der ihnen durch die Verträge und das Protokoll über die Satzung des ESZB und der EZB übertragenen Befugnisse und Aufgaben verlangen. |
48 |
Würde den Präsidenten der nationalen Zentralbanken auch die Befreiung von der Gerichtsbarkeit nach Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen verweigert, hätte dies, da sie offenkundig keine der beiden anderen im Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen vorgesehenen Befreiungen in Anspruch nehmen können, außerdem die paradoxe Folge, dass den Personen, denen durch die Verträge die Verantwortung für die Durchführung der Währungspolitik der Union übertragen ist und die durch die Verträge ausdrücklich vor jeglicher Beeinflussung bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe bewahrt werden sollen, jegliche Immunität genommen würde. |
49 |
Schließlich ist Art. 22 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen dahin auszulegen, dass er dem Personal der EZB, auf das diese Vorschrift sich ausdrücklich bezieht, dieselbe Befreiung von der Gerichtsbarkeit gewährt, die den Bediensteten der anderen Unionsorgane zusteht. Weder aus den Verträgen noch aus dem Protokoll über die Satzung des ESZB und der EZB geht aber hervor, dass der Unionsgesetzgeber den Mitgliedern der Organe der EZB, insbesondere den Mitgliedern des EZB-Rates, seinem wichtigsten Beschlussorgan, einen geringeren Schutz gewähren wollte als dem Personal der EZB in seiner Gesamtheit. |
50 |
Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 22 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen im Licht von Art. 130 AEUV und Art. 7 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB dahin auszulegen ist, dass der Präsident einer Zentralbank eines Mitgliedstaats die in Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen vorgesehene Befreiung von der Gerichtsbarkeit für die von ihm in amtlicher Eigenschaft als Mitglied eines Organs der EZB vorgenommenen Handlungen in Anspruch nehmen kann. |
Zur zweiten Frage
51 |
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 11 Buchst. a in Verbindung mit Art. 22 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen dahin auszulegen ist, dass dem Präsidenten einer Zentralbank eines Mitgliedstaats die in Art. 11 Buchst. a dieses Protokolls vorgesehene Befreiung von der Gerichtsbarkeit auch nach Beendigung seiner Amtstätigkeit zusteht. |
52 |
Nach dieser Bestimmung gilt die Befreiung von der Gerichtsbarkeit für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit. Wie in Rn. 50 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, gilt diese Befreiung von der Gerichtsbarkeit nach Art. 22 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen für den Präsidenten einer nationalen Zentralbank als Mitglied eines Organs der EZB. Folglich gilt diese Befreiung für ihn auch nach Beendigung seiner Amtstätigkeit als Mitglied eines solchen Organs. |
53 |
Daher wird durch die Beendigung der Amtstätigkeit als Präsident einer nationalen Zentralbank – die nach Art. 10.1 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB auch die Amtstätigkeit dieses Zentralbankpräsidenten als Mitglied eines Organs der EZB von Rechts wegen beendet – diesem Zentralbankpräsidenten nicht die in Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen vorgesehene Befreiung von der Gerichtsbarkeit entzogen. |
54 |
Folglich ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 11 Buchst. a in Verbindung mit Art. 22 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen dahin auszulegen ist, dass dem Präsidenten einer Zentralbank eines Mitgliedstaats die in Art. 11 Buchst. a dieses Protokolls vorgesehene Befreiung von der Gerichtsbarkeit für die von ihm in amtlicher Eigenschaft vorgenommener Handlungen auch nach Beendigung seiner Amtstätigkeit zusteht. |
Zur vierten Frage
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Mit seiner vierten Frage, die vor der dritten Frage zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 11 Buchst. a in Verbindung mit Art. 17 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen dahin auszulegen ist, dass er der für das Strafverfahren zuständigen nationalen Behörde – d. h., je nach Stadium des Verfahrens, der mit der Strafverfolgung betrauten Behörde oder dem zuständigen Strafgericht – gestattet, selbst die Feststellung zu treffen, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Gerichtsbarkeit erfüllt sind, bevor sie beim betreffenden Unionsorgan die Aufhebung dieser Befreiung beantragt. |
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Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union nur für die Handlungen von der Gerichtsbarkeit befreit sind, die sie „in amtlicher Eigenschaft“, d. h. im Rahmen der Aufgaben der Union vorgenommen haben (Urteil vom 11. Juli 1968, Sayag und Leduc, 5/68, EU:C:1968:42, S. 600). |
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Außerdem haben die der Union durch dieses Protokoll eingeräumten Vorrechte und Befreiungen insofern funktionalen Charakter, als durch sie eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und der Unabhängigkeit der Union verhindert werden soll, was insbesondere impliziert, dass die den Beamten und sonstigen Bediensteten der Union gewährten Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen ausschließlich im Interesse der Union gewährt werden (Beschluss vom 13. Juli 1990, Zwartveld u. a., C‑2/88‑IMM, EU:C:1990:315, Rn. 19 und 20, sowie Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ (C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 47). |
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Um diesen funktionalen Charakter zu gewährleisten, sieht Art. 17 Abs. 1 des genannten Protokolls vor, dass die Befreiung den Beamten und sonstigen Bediensteten der Union ausschließlich im Interesse der Union gewährt wird. Art. 17 Abs. 2 dieses Protokolls setzt diesen Grundsatz um, indem er vorsieht, dass jedes Organ der Union die Befreiung eines Beamten oder eines sonstigen Bediensteten in allen Fällen aufzuheben hat, in denen dies nach seiner Auffassung den Interessen der Union nicht zuwiderläuft. |
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Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass es Sache des betreffenden Unionsorgans und nicht der für das Strafverfahren zuständigen nationalen Behörde ist, zu beurteilen, ob die Aufhebung der Befreiung den Interessen der Union zuwiderläuft. |
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Dagegen gibt weder Art. 11 Buchst. a noch Art. 17 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen an, welche Stelle für die Beurteilung der in Rn. 56 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzung für die Befreiung von der Gerichtsbarkeit – d. h., dass die dem Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union vorgeworfene Handlung von diesem in amtlicher Eigenschaft vorgenommen worden sein muss – zuständig ist. |
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Folglich ist die für die Beurteilung der Frage, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, zuständige Stelle im Hinblick auf den Zusammenhang und den Zweck dieser Bestimmungen des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen zu bestimmen. |
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Erstens ist das Unionsorgan, dem der betroffene Beamte oder Bedienstete angehört, am besten in der Lage, zu bestimmen, in welcher Eigenschaft dieser gehandelt hat. Es ist sogar möglich, dass es über die für die Feststellung der Zuwiderhandlung erforderlichen Unterlagen verfügt (Beschluss vom 13. Juli 1990, Zwartveld u. a., C‑2/88-IMM, EU:C:1990:315). Zudem verleiht die dem betreffenden Unionsorgan durch Art. 17 Abs. 2 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen ausdrücklich zugewiesene Befugnis, zu prüfen, ob das bei ihm gestellte Ersuchen um Aufhebung der Befreiung nicht den Interessen der Union zuwiderläuft, ihm auch die Befugnis, sich zu vergewissern, dass die dem Beamten oder sonstigen Bediensteten vorgeworfene Handlung in amtlicher Eigenschaft im Auftrag der Union vorgenommen wurde. Wenn nämlich die Handlungen des Beamten oder des Bediensteten nicht in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurden, ist seine strafrechtliche Verfolgung erst recht nicht geeignet, die Interessen der Union zu beeinträchtigen. Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Unionsorgan, dem der Betroffene angehört, für die Beurteilung der in Rn. 56 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzung zuständig ist. |
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Zweitens bedeutet diese Schlussfolgerung jedoch nicht, dass das betreffende Unionsorgan unter allen Umständen dafür zuständig wäre, zu beurteilen, ob die dem Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union vorgeworfene Handlung von diesem in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurde. |
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Wie die Generalanwältin in Nr. 93 ihrer Schlussanträge im Kern ausgeführt hat, sind es nämlich zunächst die zuständigen Behörden oder Gerichte der Mitgliedstaaten, die in der Praxis mit der Frage befasst sind, ob ein Hindernis für die Strafverfolgung eines Bediensteten der Union aufgrund der Immunität besteht, auf die dieser sich berufen kann, da nur sie über die Informationen verfügen, anhand deren festgestellt werden kann, ob die beanstandete Handlung die Merkmale einer Handlung aufweist, die ein solcher Bediensteter in amtlicher Eigenschaft für das Unionsorgan, dem er angehört, vorgenommen hat. |
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Verfügten sie unter diesen Umständen nicht über die Zuständigkeit, zu beurteilen, ob die Handlung in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurde, wären sie verpflichtet, das betreffende Unionsorgan in allen Fällen, in denen die beanstandete Handlung von einem Beamten oder Bediensteten der Union begangen wurde, um Aufhebung der Befreiung zu ersuchen. |
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Bei einer solchen Auslegung würden jedoch die Ziele verkannt, die die Verfasser der Verträge verfolgten, indem sie den Beamten und sonstigen Bediensteten der Union eine Befreiung von der Gerichtsbarkeit gewährt haben. |
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Zum einen ist nämlich die Befreiung von der Gerichtsbarkeit nach Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen auf die Handlungen beschränkt, die Beamte und sonstige Bedienstete der Union in amtlicher Eigenschaft vornehmen, und erfasst folglich nur einen geringen Teil der strafbaren Handlungen, die diese Beamten und sonstigen Bediensteten begehen können. Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass von diesem Begriff nur Handlungen erfasst werden, die ihrer Rechtsnatur nach als Teilnahme desjenigen, der die Befreiung geltend macht, an der Erfüllung der Aufgaben des Organs anzusehen sind, dem er angehört (Urteil vom 11. Juli 1968, Sayag und Leduc, 5/68, EU:C:1968:42, S. 602). In Anbetracht dieser Definition fallen Betrugs- oder, wie im Ausgangsverfahren, Korruptions- und Geldwäschehandlungen zwangsläufig aus dem Bereich der Amtstätigkeit eines Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union und aus dem Bereich der Amtstätigkeit eines Präsidenten einer Zentralbank eines Mitgliedstaats, der einen Sitz in einem Organ der EZB hat, und können somit nicht unter die von diesen Personen in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen fallen. |
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Zum anderen ergibt sich aus Art. 17 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen, dass die Befreiung von der Gerichtsbarkeit, indem sie eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und der Unabhängigkeit der Union verhindert (Beschluss vom 13. Juli 1990, Zwartveld u. a., C‑2/88-IMM, EU:C:1990:315, Rn. 19), ausschließlich darauf abzielt, den Schutz der Interessen der Union zu gewährleisten und daher nicht dem entgegenstehen kann, dass die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit für die Verfolgung von Straftaten wahrnehmen, wenn es nicht um diese Interessen geht. |
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Die Ausübung dieser Zuständigkeit würde aber behindert oder zumindest systematisch verzögert, wenn die für das Strafverfahren zuständige nationale Stelle in jedem Fall verpflichtet wäre, das betreffende Unionsorgan um Aufhebung der Befreiung zu ersuchen, sobald ein Strafverfahren gegen einen Beamten oder Bediensteten dieses Organs eingeleitet wird. |
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Folglich muss diese nationale Behörde feststellen können, dass eine von einem Beamten oder einem sonstigen Bediensteten der Union begangene Zuwiderhandlung von diesem offenkundig nicht bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben begangen wurde. |
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Die Aufteilung der Zuständigkeit zwischen der für das Strafverfahren zuständigen nationalen Behörde und dem betreffenden Unionsorgan bezüglich der Beurteilung, ob eine möglicherweise strafbare Handlung von einem Beamten oder einem sonstigen Bediensteten der Union in Wahrnehmung seiner Aufgaben vorgenommen wurde, steht im Übrigen im Einklang mit der von den Verfassern der Verträge in Art. 18 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen zum Ausdruck gebrachten Absicht. Diese Vorschrift sieht nämlich vor, dass die Unionsorgane bei der Anwendung dieses Protokolls mit den zuständigen Behörden der beteiligten Mitgliedstaaten zusammenarbeiten müssen. |
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Insoweit hat der Gerichtshof entschieden, dass jedes Unionsorgan verpflichtet ist, Strafverfolgungsmaßnahmen eines nationalen Gerichts aktiv zu unterstützen, indem es diesem Unterlagen übermittelt und seinen Beamten und sonstigen Bediensteten die Genehmigung erteilt, als Zeugen in dem nationalen Verfahren auszusagen, wobei diese Organe verpflichtet bleiben, bei der Anwendung des genannten Protokolls die Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden, insbesondere mit den Gerichten, zu beachten (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 13. Juli 1990, Zwartveld u. a., C‑2/88-IMM, EU:C:1990:315, Rn. 21 und 22). |
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Zu den Modalitäten dieser Zusammenarbeit ist festzustellen, dass sich in der Praxis die Frage, ob die beanstandete Handlung von dem Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurde, zunächst der für das Strafverfahren zuständigen nationalen Behörde stellt und dass diese das Vorliegen dieses Kriteriums nur summarisch beurteilen kann. Stellt diese Behörde fest, dass die Handlung, die Gegenstand des Strafverfahrens ist, vom beschuldigten Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union offenkundig nicht in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurde, kann das gegen diesen gerichtete Verfahren somit fortgesetzt werden, da die Befreiung von der Gerichtsbarkeit dann nicht zur Anwendung kommt. Hat die nationale Behörde dagegen in irgendeinem Stadium des Strafverfahrens insoweit Zweifel, so hat sie gemäß dem in Art. 4 Abs. 3 EUV vorgesehenen Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit und gemäß Art. 18 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen das betreffende Unionsorgan zu konsultieren und, falls dieses der Auffassung ist, dass die Handlung in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurde, um Aufhebung der Befreiung des beschuldigten Beamten oder sonstigen Bediensteten zu ersuchen. |
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Ist die für das Strafverfahren zuständige nationale Behörde von vornherein der Auffassung, dass die Handlung von dem betroffenen Beamten oder sonstigen Bediensteten in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurde, so hat sie an das betreffende Unionsorgan unmittelbar ein Ersuchen um Aufhebung der Befreiung zu richten, wenn sie beabsichtigt, dieses Verfahren fortzusetzen. Nach der in Art. 17 Abs. 2 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen enthaltenen Regel, die einen besonderen Ausdruck der Pflicht der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zu loyaler Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten darstellt, ist diesem Ersuchen um Aufhebung der Befreiung stattzugeben, es sei denn, es steht fest, dass die Interessen der Union dem entgegenstehen. Dieser funktionale und demnach begrenzte Charakter der Vorrechte und Befreiungen der Union, auf den der Gerichtshof bereits hingewiesen hat (Beschluss vom 13. Juli 1990, Zwartveld u. a., C‑2/88-IMM, EU:C:1990:315, Rn. 20), ist umso mehr geboten, als die Effektivität der u. a. strafrechtlichen Verfolgung in den Mitgliedstaaten selbst unmittelbar zu den Interessen der Union gehören kann, insbesondere was den Schutz ihrer finanziellen Interessen anbelangt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Mai 2018, Scialdone, C‑574/15, EU:C:2018:295, Rn. 27 bis 29, vom 5. Juni 2018, Kolev u. a., C‑612/15, EU:C:2018:392, Rn. 53 bis 55, und vom 18. Mai 2021, Asociaţia Forumul Judecătorilor din România u. a., C‑83/19, C‑127/19, C‑195/19, C‑291/19, C‑355/19 und C‑397/19, EU:C:2021:393, Rn. 212 bis 214). |
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Die Beachtung der oben dargelegten Verteilung und ordnungsgemäßen Ausübung der Zuständigkeiten wird gegebenenfalls vom Gerichtshof der Europäischen Union gemäß den in den Verträgen vorgesehenen Rechtsbehelfen sichergestellt. So kann eine Verletzung durch die für das Strafverfahren zuständigen nationalen Behörden, einschließlich der Gerichte, ihrer sich aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit ergebenden Verpflichtung, das betreffende Unionsorgan zu konsultieren, wenn nicht alle Zweifel, dass die Handlung, die die mutmaßliche Zuwiderhandlung darstellt, in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurde, vernünftigerweise ausgeschlossen werden können, im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV vor dem Gerichtshof geltend gemacht werden. Umgekehrt kann, wenn bei dem betreffenden Unionsorgan um Aufhebung der Befreiung ersucht wurde und dies von diesem abgelehnt wurde, die Gültigkeit dieser Ablehnung Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens des zuständigen nationalen Gerichts oder einer Klage des betreffenden Mitgliedstaats nach Art. 263 AEUV sein. Schließlich kann der beschuldigte Beamte oder sonstige Bedienstete der Union beim Gerichtshof gegen die Entscheidung des Unionsorgans, dem er angehört, seine Befreiung von der Gerichtsbarkeit aufzuheben, gemäß Art. 90 Abs. 2 und Art. 91 des Beamtenstatuts Klage erheben, da diese Entscheidung eine ihn beschwerende Maßnahme darstellt (Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 48). |
76 |
In Anbetracht der in Rn. 50 des vorliegenden Urteils getroffenen Schlussfolgerung, dass für den Präsidenten einer nationalen Zentralbank als Mitglied eines Organs der EZB nach Art. 22 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen die Befreiung von der Gerichtsbarkeit nach Art. 11 Buchst. a dieses Protokolls gilt, ist die in den Rn. 56 bis 75 des vorliegenden Urteils vorgenommene Auslegung in gleicher Weise auf den Fall eines solchen Zentralbankpräsidenten anwendbar. |
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Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 11 Buchst. a in Verbindung mit den Art. 17 und 22 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen dahin auszulegen ist, dass die für das Strafverfahren zuständige nationale Behörde – d. h., je nach Stadium des Verfahrens, die mit der Strafverfolgung betraute Behörde oder das zuständige Strafgericht – zuständig ist, zunächst zu beurteilen, ob eine etwaige Zuwiderhandlung, die vom Präsidenten einer nationalen Zentralbank in seiner Eigenschaft als Mitglied eines Organs der EZB begangen wurde, eine Handlung dieses Zentralbankpräsidenten darstellt, die dieser in Ausübung seiner Aufgaben innerhalb dieses Organs begangen hat, aber verpflichtet ist, im Zweifelsfall gemäß dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit die Stellungnahme der EZB einzuholen und dieser Stellungnahme nachzukommen. Dagegen ist es allein Sache der EZB, wenn sie mit einem Ersuchen um Aufhebung der Immunität dieses Zentralbankpräsidenten befasst ist, zu beurteilen, ob eine solche Aufhebung der Immunität den Interessen der Union zuwiderläuft, vorbehaltlich einer etwaigen Kontrolle dieser Beurteilung durch den Gerichtshof. |
Zur dritten Frage
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Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen dahin auszulegen ist, dass die darin vorgesehene Befreiung von der Gerichtsbarkeit der Strafverfolgung insgesamt, namentlich den Ermittlungsmaßnahmen, der Erhebung von Beweisen und der Zustellung der Anklageschrift entgegensteht, oder dahin, dass diese Befreiung lediglich dem entgegensteht, dass die Personen, für die sie gilt, vor Gericht gebracht und verurteilt werden, und ob diese Befreiung von der Gerichtsbarkeit der späteren Verwendung von Beweisen entgegensteht, die während der Ermittlungen erhoben wurden. |
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Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangen sowohl die einheitliche Anwendung des Unionsrechts als auch der Gleichheitsgrundsatz, dass die Begriffe einer unionsrechtlichen Bestimmung, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union unabhängig von den in den Mitgliedstaaten verwendeten Begriffen eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen, die unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Kontexts der fraglichen Vorschrift und des mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgten Ziels gefunden werden muss (Urteil vom 9. September 2021, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [Folgeantrag auf internationalen Schutz], C‑18/20, EU:C:2021:710, Rn. 32). |
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Folglich ist, da Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen nicht auf das nationale Recht verweist, der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff „Befreiung von der Gerichtsbarkeit“ als autonomer Begriff des Unionsrechts anzusehen, dessen Bedeutung und Tragweite in sämtlichen Mitgliedstaaten identisch sein müssen. Daher ist es Aufgabe des Gerichtshofs, diesen Begriff in der Unionsrechtsordnung einheitlich auszulegen. |
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Zum Wortlaut von Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen ist festzustellen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung in allen Sprachfassungen zumindest dem entgegensteht, dass die Personen, für die sie gilt, vor Gericht gebracht und verurteilt werden. Dagegen kann allein aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, wie die Generalanwältin in Nr. 71 ihrer Schlussanträge im Kern ausgeführt hat, nicht abgeleitet werden, dass diese Befreiung nicht auch bestimmte der in Rn. 78 des vorliegenden Urteils genannten strafverfahrensrechtlichen Handlungen erfasst. |
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Folglich ist der Begriff „Befreiung von der Gerichtsbarkeit“ im Sinne dieser Bestimmung im Licht von deren Zusammenhang und der mit ihr verfolgten Ziele auszulegen. |
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Was den Zusammenhang von Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen anbelangt, ist festzustellen, dass die Art. 8 und 9 dieses Protokolls die Tragweite der Immunität der Mitglieder des Europäischen Parlaments genauer definieren als die der Beamten und sonstigen Bediensteten der Union. Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass die Immunität der Mitglieder des Parlaments dahin definiert ist, dass sie das Ermittlungsverfahren einschließt und daher nicht auf die Phase des gerichtlichen Verfahrens beschränkt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Oktober 2008, Marra, C‑200/07 und C‑201/07, EU:C:2008:579, Rn. 27, und vom17. September 2020, Troszczynski/Parlament, C‑12/19 P, EU:C:2020:725, Rn. 39). Dagegen fehlt eine solche Klarstellung in Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen in Bezug auf die Befreiung von der Gerichtsbarkeit. |
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Was die mit Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen verfolgten Ziele betrifft, so soll diese Bestimmung der Strafverfolgung eines Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union durch die Behörden eines Mitgliedstaats nur in Ausnahmefällen entgegenstehen, in denen die ihm vorgeworfene Handlung von dem Beamten oder sonstigen Bediensteten in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurde, und in dem Maße, in dem dies zum Schutz der Interessen der Union unbedingt erforderlich ist. Die Beurteilung dieser Voraussetzungen für die Anwendung der Befreiung von der Gerichtsbarkeit setzt jedoch zunächst den Nachweis des Vorliegens und der Zurechenbarkeit der Taten voraus und macht damit zumeist die Durchführung polizeilicher oder justizieller Ermittlungen sowie die Erhebung von Beweisen erforderlich. Es würde daher der von den Verfassern des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen bewusst relativierten Tragweite der Befreiung von der Gerichtsbarkeit zuwiderlaufen, wenn sie polizeiliche oder justizielle Ermittlungen behindern würde. |
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Außerdem könnte eine zu weite Auslegung der Befreiung von der Gerichtsbarkeit, die polizeiliche und justizielle Ermittlungen sowie das strafrechtliche Vorverfahren umfassen würde, dazu führen, dass die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union quasi von der strafrechtlichen Verantwortung befreit und die Ausübung der Strafjustiz in dem betreffenden Mitgliedstaat missbräuchlich behindert würde, wenn einer von ihnen betroffen wäre, was mit den in Art. 2 EUV genannten Werten, denen die Verfasser der Verträge zugestimmt haben, insbesondere mit der Rechtsstaatlichkeit, in Widerspruch stünde. Insoweit wäre es insbesondere nicht gerechtfertigt, dass die für das Strafverfahren zuständige Behörde ihm keine Anklageschrift zustellen könnte. |
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Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Befreiung von der Gerichtsbarkeit nach Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen nicht der Strafverfolgung insgesamt, namentlich nicht den Ermittlungsmaßnahmen, der Erhebung von Beweisen und der Zustellung der Anklageschrift, entgegensteht. |
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Wird jedoch bereits im Stadium der Ermittlungen der nationalen Behörden und vor Anrufung eines Gerichts festgestellt, dass der Beamte oder sonstige Bedienstete der Union die Befreiung von der Gerichtsbarkeit für die Handlungen in Anspruch nehmen kann, die Gegenstand der strafrechtlichen Verfolgung sind, ist es nach Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 18 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen Sache dieser Behörden, beim betreffenden Unionsorgan um Aufhebung der Befreiung zu ersuchen, das dann insbesondere gemäß dem in den Rn. 58, 62 und 74 des vorliegenden Urteils Ausgeführten zu handeln hat. |
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Was die Frage anbelangt, ob die Befreiung von der Gerichtsbarkeit der späteren Verwendung der während der Ermittlungen erhobenen Beweise entgegensteht, ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass diese Befreiung keine solche Tragweite hat. Sie steht lediglich jeglicher Verwendung der erhobenen Beweise zu dem Zweck entgegen, den betreffenden Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union wegen der unter diese Befreiung fallenden Handlung vor Gericht zu bringen und zu verurteilen. Dagegen steht diese Befreiung, da sie dem betroffenen Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union nur für eine bestimmte Handlung zukommt, der Verwendung dieser Beweise in anderen Verfahren, die andere, nicht unter die Befreiung fallende Handlungen betreffen oder sich gegen Dritte richten, nicht entgegen. |
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Aus den gleichen Gründen wie den in Rn. 76 des vorliegenden Urteils genannten ist die in den Rn. 81 bis 88 des vorliegenden Urteils dargelegte Auslegung auch für die Beurteilung der Befreiung eines Präsidenten einer Zentralbank eines Mitgliedstaats von der Gerichtsbarkeit in seiner Eigenschaft als Mitglied eines Organs der EZB maßgeblich. |
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Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen dahin auszulegen ist, dass die darin vorgesehene Befreiung von der Gerichtsbarkeit nicht der Strafverfolgung insgesamt, namentlich nicht den Ermittlungsmaßnahmen, der Erhebung von Beweisen und der Zustellung der Anklageschrift, entgegensteht. Wird jedoch bereits im Stadium der Ermittlungen der nationalen Behörden und vor Anrufung eines Gerichts festgestellt, dass die Person, gegen die ermittelt wird, die Befreiung von der Gerichtsbarkeit für die Handlungen in Anspruch nehmen kann, die Gegenstand der strafrechtlichen Verfolgung sind, ist es Sache dieser Behörden, beim betreffenden Unionsorgan um Aufhebung der Befreiung zu ersuchen. Diese Befreiung steht der Verwendung der während der Ermittlungen erhobenen Beweise in anderen gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. |
Zur fünften Frage
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Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 11 Buchst. a und Art. 17 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen dahin auszulegen sind, dass die Befreiung von der Gerichtsbarkeit im Interesse der Union geltend gemacht werden kann, wenn die Person, der diese Befreiung zusteht, im Rahmen eines Strafverfahrens Handlungen beschuldigt wird, die nichts mit den Aufgaben zu tun haben, die sie für ein Unionsorgan wahrnimmt. |
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Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich zum einen aus Art. 11 Buchst. a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen ergibt, dass die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union nur für die in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen von der Gerichtsbarkeit befreit sind, und zum anderen aus Art. 17 Abs. 1 dieses Protokolls, dass diese Befreiung nur gewährt wird, wenn sie durch ein Interesse der Union gerechtfertigt ist. |
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Wie in Rn. 73 des vorliegenden Urteils ausgeführt, kann die für das Strafverfahren zuständige Behörde, wenn sie feststellt, dass die von dem Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union begangene Zuwiderhandlung offenkundig keine in amtlicher Eigenschaft begangene Handlung darstellt, die Befreiung von der Gerichtsbarkeit ausschließen, ohne dass das Vorliegen eines Interesses der Union von dem betreffenden Unionsorgan im Rahmen eines Ersuchens um Aufhebung der Befreiung zu prüfen wäre. |
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Folglich ist die Befreiung von der Gerichtsbarkeit im Rahmen eines Strafverfahrens gegen einen Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union, das Handlungen betrifft, die in keinerlei Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben stehen, nicht anwendbar. Wie in Rn. 76 des vorliegenden Urteils ausgeführt, gilt diese Schlussfolgerung auch für den Präsidenten einer Zentralbank eines Mitgliedstaats in seiner Eigenschaft als Mitglied eines Organs der EZB. |
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Der Schutz, den das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen somit den Personen gewährt, für die die Befreiung von der Gerichtsbarkeit gilt, hat, wie in Rn. 74 des vorliegenden Urteils ausgeführt, eine funktionale und damit relative Tragweite und ermöglicht es insbesondere nicht, diese Personen gegebenenfalls vor etwaigem Druck zu schützen, der vorsätzlich durch missbräuchliche Strafverfolgung wegen Handlungen ausgeübt werden könnte, die von den Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union nicht in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 3 EUV verpflichtet sind, der Union die Erfüllung ihrer Aufgaben zu erleichtern und alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten. Ein solcher Druck wäre aber, wie die Generalanwältin in Nr. 138 ihrer Schlussanträge im Kern ausgeführt hat, geeignet, die Funktionsfähigkeit der Organe der Union in Frage zu stellen und damit die Verwirklichung von deren Zielen zu gefährden. |
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In jedem Fall kann die Einhaltung der Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit nach Art. 18 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen und Art. 4 Abs. 3 EUV durch ein Vertragsverletzungsverfahren durchgesetzt werden (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2020, Kommission/Slowenien [Archive der EZB], C‑316/19, EU:C:2020:1030). Außerdem würde, was den Präsidenten einer nationalen Zentralbank mit Sitz im EZB-Rat anbelangt, der in Art. 7 des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB übernommene Art. 130 AEUV – der die Unabhängigkeit der Mitglieder der Beschlussorgane der EZB oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung der ihnen durch die Verträge und das Protokoll über die Satzung des ESZB und der EZB übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten gewährleistet – auch eine geeignete Rechtsgrundlage für die Kommission darstellen, um gegebenenfalls durch den Gerichtshof Aktionen feststellen zu lassen, die bezwecken, diese Unabhängigkeit zu untergraben. |
97 |
Nach alledem ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 11 Buchst. a und Art. 17 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen dahin auszulegen sind, dass die Befreiung von der Gerichtsbarkeit nicht zur Anwendung kommt, wenn die Person, der diese Befreiung zusteht, in einem Strafverfahren Handlungen beschuldigt wird, die nicht im Rahmen der Aufgaben vorgenommen wurden, die sie für ein Unionsorgan wahrnimmt. |
Kosten
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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt: |
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Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Lettisch.