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Document 62020CA0570

    Rechtssache C-570/20: Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 5. Mai 2022 (Vorabentscheidungsersuchen der Cour de cassation — Frankreich) –Strafverfahren gegen BV (Vorlage zur Vorabentscheidung – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Betrügerische Verschleierung der geschuldeten Steuer – Sanktionen – Nationale Rechtsvorschriften, die für dieselbe Tat eine verwaltungsrechtliche und eine strafrechtliche Sanktion vorsehen – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 49 – Art. 50 – Grundsatz ne bis in idem – Art. 52 Abs. 1 – Einschränkungen des Grundsatzes ne bis in idem – Erfordernis, klare und präzise Regeln vorzusehen – Möglichkeit, die Auslegung des nationalen Rechts durch die nationalen Gerichte zu berücksichtigen – Notwendigkeit, Regeln vorzusehen, die gewährleisten, dass die verhängten Sanktionen insgesamt verhältnismäßig sind – Verschiedenartige Sanktionen)

    ABl. C 257 vom 4.7.2022, p. 8–8 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    4.7.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 257/8


    Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 5. Mai 2022 (Vorabentscheidungsersuchen der Cour de cassation — Frankreich) –Strafverfahren gegen BV

    (Rechtssache C-570/20) (1)

    (Vorlage zur Vorabentscheidung - Mehrwertsteuer - Richtlinie 2006/112/EG - Betrügerische Verschleierung der geschuldeten Steuer - Sanktionen - Nationale Rechtsvorschriften, die für dieselbe Tat eine verwaltungsrechtliche und eine strafrechtliche Sanktion vorsehen - Charta der Grundrechte der Europäischen Union - Art. 49 - Art. 50 - Grundsatz ne bis in idem - Art. 52 Abs. 1 - Einschränkungen des Grundsatzes ne bis in idem - Erfordernis, klare und präzise Regeln vorzusehen - Möglichkeit, die Auslegung des nationalen Rechts durch die nationalen Gerichte zu berücksichtigen - Notwendigkeit, Regeln vorzusehen, die gewährleisten, dass die verhängten Sanktionen insgesamt verhältnismäßig sind - Verschiedenartige Sanktionen)

    (2022/C 257/10)

    Verfahrenssprache: Französisch

    Vorlegendes Gericht

    Cour de cassation

    Parteien des Ausgangsverfahrens

    BV

    Beteiligte: Direction départementale des finances publiques de la Haute-Savoie

    Tenor

    Das in Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgte Grundrecht ist in Verbindung mit Art. 52 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen, dass

    es ihm nicht zuwiderläuft, wenn die Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen strafrechtlicher Natur, die in einer nationalen Regelung für den Fall von betrügerischen Verschleierungen oder unvollständigen Erklärungen im Bereich der Mehrwertsteuer vorgesehen ist, nur dadurch auf besonders schwere Fälle beschränkt wird, dass die gesetzlichen Bestimmungen, die die Voraussetzungen für diese Kumulierung festlegen, nach gefestigter Rechtsprechung eng ausgelegt werden, vorausgesetzt, dass zum Zeitpunkt der Tatbegehung hinreichend vorhersehbar ist, dass die Tat zu einer Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen strafrechtlicher Natur führen kann; aber dass

    es einer nationalen Regelung entgegensteht, die nicht durch klare und präzise Regeln, gegebenenfalls in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte, gewährleistet, dass im Fall der Kumulierung einer finanziellen Sanktion und einer Freiheitsstrafe die verhängten Sanktionen insgesamt nicht außer Verhältnis zur Schwere der festgestellten Tat stehen.


    (1)  ABl. C 28 du 25.1.2021.


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