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Document 62019CO0011

    Beschluss des Gerichtshofs (Neunte Kammer) vom 6. Februar 2020.
    Azienda ULSS n. 6 Euganea gegen Pia Opera Croce Verde Padova.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2014/24/EU – Art. 10 Buchst. h – Art. 12 Abs. 4 – Besondere Ausnahmen für Dienstleistungsaufträge – Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr – Gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen – Normale und Notfallkrankentransportdienstleistungen – Rechtsvorschriften einer Region, nach denen einer Partnerschaft zwischen öffentlichen Auftraggebern der Vorzug zu geben ist – Freiheit der Mitgliedstaaten bei der Wahl der Form der Erbringung von Dienstleistungen – Grenzen – Begründungspflicht.
    Rechtssache C-11/19.

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2020:88

     BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

    6. Februar 2020 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2014/24/EU – Art. 10 Buchst. h – Art. 12 Abs. 4 – Besondere Ausnahmen für Dienstleistungsaufträge – Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr – Gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen – Normale und Notfallkrankentransportdienstleistungen – Rechtsvorschriften einer Region, nach denen einer Partnerschaft zwischen öffentlichen Auftraggebern der Vorzug zu geben ist – Freiheit der Mitgliedstaaten bei der Wahl der Form der Erbringung von Dienstleistungen – Grenzen – Begründungspflicht“

    In der Rechtssache C‑11/19

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidungen vom 26. Juli 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Januar 2019, in dem Verfahren

    Azienda ULSS n. 6 Euganea

    gegen

    Pia Opera Croce Verde Padova,

    Beteiligte:

    Azienda Ospedaliera di Padova,

    Regione Veneto,

    Croce Verde Servizi,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin sowie der Richter D. Šváby (Berichterstatter) und N. Piçarra,

    Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der Pia Opera Croce Verde Padova, vertreten durch A. Veronese und R. Colagrande, avvocati,

    der rumänischen Regierung, vertreten durch C.‑R. Canţăr und S.‑A. Purza als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara, P. Ondrůšek und L. Haasbeek als Bevollmächtigte,

    aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

    folgenden

    Beschluss

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65) in Verbindung mit dem 28. Erwägungsgrund und Art. 12 Abs. 4 dieser Richtlinie.

    2

    Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Azienda ULSS n. 6 Euganea (örtliche Sozial‑ und Gesundheitsbehörde Nr. 6, Euganea, Italien, im Folgenden: AULSS Nr. 6) und der Pia Opera Croce Verde Padova (Wohltätigkeitswerk Grünes Kreuz Padua, Italien, im Folgenden: Croce Verde) über die Vergabe von Einsätzen von Krankenwagen zur Beförderung von Patienten und Dialysepatienten der AULSS Nr. 6 und der Azienda Ospedaliera di Padova (Krankenhaus Padua, Italien).

    Rechtlicher Rahmen

    Richtlinie 2014/24

    3

    In den Erwägungsgründen 2, 5, 28, 31 und 33 der Richtlinie 2014/24 heißt es:

    „(2)

    Die öffentliche Auftragsvergabe spielt im Rahmen der in der Mitteilung der [Europäischen] Kommission mit dem Titel ‚Europa 2020 Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum‘ vom 3. März 2010 dargelegten Strategie ‚Europa 2020‘ eine Schlüsselrolle als eines der marktwirtschaftlichen Instrumente, die zur Erzielung eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums bei gleichzeitiger Gewährleistung eines möglichst effizienten Einsatzes öffentlicher Gelder genutzt werden sollen. Zu diesem Zweck müssen die Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe, die gemäß der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. 2004, L 134, S. 1)] und der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114)] erlassen wurden, überarbeitet und modernisiert werden, damit die Effizienz der öffentlichen Ausgaben gesteigert, die Teilnahme insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) an öffentlichen Vergabeverfahren erleichtert und es den Vergabestellen ermöglicht wird, die öffentliche Auftragsvergabe in stärkerem Maße zur Unterstützung gemeinsamer gesellschaftlicher Ziele zu nutzen. Ferner ist es notwendig, grundlegende Begriffe und Konzepte zu klären, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und bestimmten Aspekten der einschlägigen ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Rechnung zu tragen.

    (5)

    Es sei darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten durch diese Richtlinie in keiner Weise dazu verpflichtet werden, die Erbringung von Dienstleistungen an Dritte oder nach außen zu vergeben, wenn sie diese Dienstleistungen selbst erbringen oder die Erbringung durch andere Mittel als öffentliche Aufträge im Sinne dieser Richtlinie organisieren möchten. …

    (28)

    Diese Richtlinie sollte nicht für bestimmte von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbrachte Notfalldienste gelten, da der spezielle Charakter dieser Organisationen nur schwer gewahrt werden könnte, wenn die Dienstleistungserbringer nach den in dieser Richtlinie festgelegten Verfahren ausgewählt werden müssten. Diese Ausnahme sollte allerdings nicht über das notwendigste Maß hinaus ausgeweitet werden. Es sollte daher ausdrücklich festgelegt werden, dass der Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung nicht ausgenommen sein sollte. In diesem Zusammenhang muss im Übrigen deutlich gemacht werden, dass die CPV[Common Procurement Vocabulary (Gemeinsames Vokabular für öffentliche Aufträge)]-Gruppe 601 ‚Landverkehr‘ nicht den Einsatz von Krankenwagen beinhaltet, der unter die CPV-Klasse 8514 fällt. Es sollte daher klargestellt werden, dass für unter den CPV-Code 851430 00–3 fallende Dienstleistungen, die ausschließlich im Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung bestehen, die Sonderregelung [für soziale und andere besondere Dienstleistungen] gelten soll. Folglich würden auch gemischte Aufträge für Dienste von Krankenwagen generell unter die Sonderregelung fallen, falls der Wert des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung höher wäre als der Wert anderer Rettungsdienste.

    (31)

    Es besteht erhebliche Rechtsunsicherheit darüber, inwieweit Verträge, die zwischen Einrichtungen des öffentlichen Sektors geschlossen werden, von den Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge erfasst werden sollten. Die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wird nicht nur von den einzelnen Mitgliedstaaten, sondern auch von den einzelnen öffentlichen Auftraggebern unterschiedlich ausgelegt. Daher gilt es zu präzisieren, in welchen Fällen im öffentlichen Sektor geschlossene Verträge von der Anwendung der Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge ausgenommen sind.

    Diese Präzisierung sollte sich auf die Grundsätze stützen, die in der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dargelegt wurden. Der Umstand, dass beide Parteien einer Vereinbarung selbst öffentliche Einrichtungen sind, reicht allein nicht aus, um die Anwendung der Vergabevorschriften auszuschließen. Die Anwendung der Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge sollte öffentliche Einrichtungen jedoch nicht in ihrer Freiheit beschränken, die ihnen übertragenen öffentlichen Aufgaben auszuüben, indem sie ihre eigenen Mittel verwenden, wozu die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Einrichtungen gehört.

    Es sollte sichergestellt werden, dass eine vom Anwendungsbereich ausgenommene öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit keine Wettbewerbsverzerrung im Verhältnis zu privaten Wirtschaftsteilnehmern zur Folge hat, indem ein privater Dienstleister besser gestellt wird als seine Wettbewerber.

    (33)

    Die öffentlichen Auftraggeber sollten auch beschließen können, ihre öffentlichen Dienstleistungen gemeinsam im Wege der Zusammenarbeit zu erbringen, ohne zur Einhaltung einer bestimmten Rechtsform verpflichtet zu sein. Diese Zusammenarbeit könnte alle Arten von Tätigkeiten in Verbindung mit der Ausführung der Dienstleistungen und Zuständigkeiten, die den teilnehmenden Stellen zugeteilt wurden oder von ihnen übernommen werden, erfassen, wie gesetzliche oder freiwillige Aufgaben der Gebietskörperschaften oder Dienste, die bestimmten Einrichtungen durch das öffentliche Recht übertragen werden. Die von den verschiedenen teilnehmenden Stellen erbrachten Dienstleistungen müssen nicht notwendigerweise identisch sein; sie können sich auch ergänzen.

    Aufträge für die gemeinsame Erbringung öffentlicher Dienstleistungen sollten nicht der Anwendung der in dieser Richtlinie festgelegten Vorschriften unterliegen, vorausgesetzt sie werden ausschließlich zwischen öffentlichen Auftraggebern geschlossen, die Durchführung dieser Zusammenarbeit wird ausschließlich von Erwägungen des öffentlichen Interesses bestimmt und kein privater Dienstleister erhält einen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern.

    Um diese Voraussetzungen zu erfüllen, sollte die Zusammenarbeit auf einem kooperativen Konzept beruhen. Die Zusammenarbeit setzt nicht voraus, dass alle teilnehmenden Stellen die Ausführung wesentlicher vertraglicher Pflichten übernehmen, solange sie sich verpflichtet haben, einen Beitrag zur gemeinsamen Ausführung der betreffenden öffentlichen Dienstleistung zu leisten. Für die Durchführung der Zusammenarbeit einschließlich etwaiger Finanztransfers zwischen den teilnehmenden öffentlichen Auftraggebern sollten im Übrigen ausschließlich Erwägungen des öffentlichen Interesses maßgeblich sein.“

    4

    Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 dieser Richtlinie definiert „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ wie folgt:

    „Einrichtungen mit sämtlichen der folgenden Merkmale:

    a)

    Sie wurden zu dem besonderen Zweck gegründet, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,

    b)

    sie besitzen Rechtspersönlichkeit und

    c)

    sie werden überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert oder unterstehen hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht dieser Gebietskörperschaften oder Einrichtungen, oder sie haben ein Verwaltungs‑, Leitungs- beziehungsweise Aufsichtsorgan, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind“.

    5

    Kapitel I („Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie enthält einen Abschnitt 3, der sich mit den „Ausnahmen“ befasst und die Art. 7 bis 12 dieser Richtlinie enthält.

    6

    Art. 10 („Besondere Ausnahmen für Dienstleistungsaufträge“) der Richtlinie 2014/24 bestimmt:

    „Diese Richtlinie gilt nicht für öffentliche Dienstleistungsaufträge, die Folgendes zum Gegenstand haben:

    h)

    Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die folgenden CPV-Codes fallen: 75250000‑3 [Dienstleistungen der Feuerwehr und von Rettungsdiensten], 75251000‑0 [Dienstleistungen der Feuerwehr], 75251100‑1 [Brandbekämpfung], 75251110‑4 [Brandverhütung], 75251120‑7 [Waldbrandbekämpfung], 75252000‑7 [Rettungsdienste], 75222000‑8 [Zivilverteidigung], 98113100‑9 [Dienstleistungen im Bereich der nuklearen Sicherheit] und 85143000‑3 [Einsatz von Krankenwagen] mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung;

    …“

    7

    In Art. 12 („Öffentliche Aufträge zwischen Einrichtungen des öffentlichen Sektors“) heißt es:

    „(1)   Ein von einem öffentlichen Auftraggeber an eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts vergebener öffentlicher Auftrag fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie, wenn alle der folgenden Bedingungen erfüllt sind:

    a)

    Der öffentliche Auftraggeber übt über die betreffende juristische Person eine ähnliche Kontrolle aus, wie über seine eigenen Dienststellen;

    b)

    mehr als 80 % der Tätigkeiten der kontrollierten juristischen Person dienen der Ausführung der Aufgaben, mit denen sie von dem die Kontrolle ausübenden öffentlichen Auftraggeber oder von anderen von diesem kontrollierten juristischen Personen betraut wurden und

    c)

    es besteht keine direkte private Kapitalbeteiligung an der kontrollierten juristischen Person, mit Ausnahme nicht beherrschender Formen der privaten Kapitalbeteiligung und Formen der privaten Kapitalbeteiligung ohne Sperrminorität, die in Übereinstimmung mit den Verträgen durch nationale gesetzliche Bestimmungen vorgeschrieben sind und die keinen maßgeblichen Einfluss auf die kontrollierte juristische Person vermitteln.

    (4)   Ein ausschließlich zwischen zwei oder mehr öffentlichen Auftraggebern geschlossener Vertrag fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie, wenn alle nachfolgend genannten Bedingungen erfüllt sind:

    a)

    Der Vertrag begründet oder erfüllt eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern mit dem Ziel sicherzustellen, dass von ihnen zu erbringende öffentliche Dienstleistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele ausgeführt werden,

    b)

    die Durchführung dieser Zusammenarbeit wird ausschließlich durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt und

    c)

    die beteiligten öffentlichen Auftraggeber erbringen auf dem offenen Markt weniger als 20 % der durch die Zusammenarbeit erfassten Tätigkeiten.

    …“

    8

    Die im 28. Erwägungsgrund der Richtlinie erwähnte Sonderregelung ist in ihren Art. 74 bis 77 definiert.

    Italienisches Recht

    9

    Art. 15 („Vereinbarungen zwischen öffentlichen Verwaltungen“) der Legge n. 241 – Nuove norme in materia di procedimento amministrativo e di diritto di accesso ai documenti amministrativi (Gesetz Nr. 241 über neue Vorschriften betreffend das Verwaltungsverfahren und das Recht auf Zugang zu Verwaltungsunterlagen) vom 7. August 1990 (GURI Nr. 192 vom 18. August 1990) in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz Nr. 241/1990) bestimmt in seinem Abs. 1:

    „Über die in Artikel 14 vorgesehenen Fälle hinaus können die öffentlichen Verwaltungen stets untereinander Vereinbarungen schließen, um die Ausübung von im Allgemeininteresse liegenden Tätigkeiten im Wege der Zusammenarbeit zu regeln“.

    10

    Art. 5 („Gemeinsame Ausschlussgrundsätze für Konzessionen, öffentliche Aufträge und Vereinbarungen zwischen öffentlichen Einrichtungen und öffentlichen Auftraggebern im Rahmen des öffentlichen Sektors“) des Decreto legislativo n. 50 – Codice dei contratti pubblici (gesetzesvertretendes Dekret Nr. 50, Gesetzbuch über öffentliche Aufträge) vom 18. April 2016 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 91 vom 19. April 2016, im Folgenden: Vergabegesetzbuch) sieht in seinem Abs. 6 vor:

    „Eine ausschließlich zwischen zwei oder mehr öffentlichen Auftraggebern geschlossene Vereinbarung fällt nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes, wenn alle nachfolgend genannten Bedingungen erfüllt sind:

    a)

    Die Vereinbarung begründet oder erfüllt eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern mit dem Ziel sicherzustellen, dass von ihnen zu erbringende öffentliche Dienstleistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele ausgeführt werden;

    b)

    die Durchführung dieser Zusammenarbeit wird ausschließlich durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt und

    c)

    die beteiligten öffentlichen Auftraggeber erbringen auf dem offenen Markt weniger als 20 % der durch die Zusammenarbeit erfassten Tätigkeiten.“

    11

    Art. 17 („Besondere Ausnahmen für Dienstleistungsaufträge und ‑konzessionen“) dieses Gesetzbuchs bestimmt in seinem Abs. 1:

    „Die Bestimmungen des vorliegenden Gesetzbuchs gelten nicht für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen und ‑konzessionen, die Folgendes zum Gegenstand haben:

    h)

    Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die folgenden CPV-Codes fallen: 75250000‑3 [Dienstleistungen der Feuerwehr und von Rettungsdiensten], 75251000‑0 [Dienstleistungen der Feuerwehr], 75251100‑1 [Brandbekämpfung], 75251110‑4 [Brandverhütung], 75251120‑7 [Waldbrandbekämpfung], 75252000‑7 [Rettungsdienste], 75222000‑8 [Zivilverteidigung], 98113100‑9 [Dienstleistungen im Bereich der nuklearen Sicherheit] und 85143000‑3 [Einsatz von Krankenwagen] mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung;

    …“

    12

    Art. 57 („Rettungs- und dringende Krankentransportdienste“) des Decreto legislativo n. 117 – Codice del Terzo settore (gesetzesvertretendes Dekret Nr. 117, Gesetzbuch über den Dritten Sektor) vom 3. Juli 2017 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 179 vom 2. August 2017) sieht in seinem Abs. 1 vor:

    „Die Rettungs- und dringenden Krankentransportdienste können prioritär Gegenstand einer Vergabe im Wege einer Vereinbarung an Freiwilligenorganisationen sein, die mindestens seit sechs Monaten in das Einheitliche Nationale Register des Dritten Sektors aufgenommen sind, einem assoziativen Netzwerk gemäß Art. 41 Abs. 2 angehören und gegebenenfalls im Sinne der einschlägigen regionalen Vorschriften akkreditiert sind, sofern die direkte Vergabe aufgrund der besonderen Art der Dienstleistung die Erbringung der Dienstleistung von Allgemeininteresse im Rahmen eines Systems, das zu einem sozialen Zweck beiträgt und Ziele der Solidarität verfolgt, unter Bedingungen der wirtschaftlichen Effizienz und der Angemessenheit sowie unter Berücksichtigung der Grundsätze der Transparenz und der Nichtdiskriminierung garantiert.“

    13

    Die Legge regionale n. 26 – Disciplina del sistema regionale di trasporto sanitario di soccorso ed emergenza (Regionalgesetz Nr. 26, Regelung des regionalen Systems der Notfall‑Krankentransporte und Rettungsdienste) vom 27. Juli 2012 (Bollettino Ufficiale della Regione del Veneto [Amtsblatt der Region Veneto] Nr. 61 vom 3. August 2012, im Folgenden: Regionalgesetz Nr. 26/2012) legt das „regionale System der Notfall- und Rettungs-Krankentransporte“ fest.

    14

    Art. 1 („Gegenstand und Ziele“) dieses Gesetzes bestimmt:

    „1.   Die Region Venetien (Italien) regelt das regionale System der Rettungs- und Notfall-Krankentransporte und überträgt den Gesundheitseinrichtungen und den autorisierten und akkreditierten Vereinigungen die Möglichkeit, sich bei der Durchführung der naturgemäß medizinischen Rettungs- und Notfall-Krankentransporte unter Berücksichtigung ihrer territorialen Verbreitung, der Verwurzelung im sozio-medizinischen Netzwerk der Region Venetien sowie der Effizienz und der Qualität der erbrachten Dienstleistung, im Allgemeininteresse und unter Beachtung der Grundsätze der Universalität, der Solidarität, der Wirtschaftlichkeit und der Angemessenheit zu beteiligen.“

    15

    Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieses Gesetzes sieht in seinem Abs. 1 vor:

    „Im Sinne dieses Gesetzes wird als [,]Rettungs- und Notfall-Krankentransport[‘] die Tätigkeit definiert, die mit Rettungsfahrzeugen von medizinischem oder nicht medizinischem Personal, das für eine solche Dienstleistung vorgesehen ist, in Ausübung folgender Funktionen erbracht wird:

    a)

    Rettungs- und Notfallbeförderungsdienstleistungen, die mit Rettungsfahrzeugen durchgeführt und von koordinierten Telefonleitstellen des [Servizio urgenze ed emergenze mediche (medizinischer Notarzt- und Rettungsdienst) (SUEM)] verwaltet werden;

    b)

    Beförderungsdienstleistungen, die im Rahmen der [livelli essenziali di assistenza (Mindestversorgungsstandards) (LEA)] mit Rettungsfahrzeugen erbracht werden;

    c)

    Beförderungsdienstleistungen, bei denen die klinischen Bedingungen des Patienten ausschließlich den Einsatz eines Rettungsfahrzeugs erfordern und während der Fahrt die Unterstützung durch medizinisches Personal oder anderes gut ausgebildetes Personal erforderlich ist und die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten ist.“

    16

    Art. 4 („Regionale Liste“) des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 lautet:

    „(1)   Innerhalb von 60 Tagen nach dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes genehmigt die Giunta regionale [Regionalregierung] eine regionale Liste, in die die in einer ersten Phase bereits zugelassenen Gesundheitseinrichtungen und Vereinigungen aufgenommen werden, die seit mindestens fünf Jahren Rettungs- und Notfallbeförderungstätigkeiten in der Region für Rechnung der für die Region zuständigen [Aziende unità locali socio-sanitarie (örtliche Sozial‑ und Gesundheitsbehörden) (ULSS)] auf der Grundlage von zu diesem Zweck abgeschlossenen spezifischen Verträgen und/oder Vereinbarungen durchführen und die Zulassungsvoraussetzungen gemäß der [Legge regionale n. 22 – Autorizzazione e accreditamento delle strutture sanitarie, socio-sanitarie e sociali (Regionalgesetz N. 22, Zulassung und Akkreditierung der Gesundheits‑, der sozio-sanitären und der sozialen Einrichtungen) vom 16. August 2002 (Bollettino Ufficiale della Regione del Veneto Nr. 82)] und deren nachfolgenden Änderungen erfüllen, und in diesem Zusammenhang die europäischen Rechtsvorschriften über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr einhalten.

    (2)   Neben den in Abs. 1 genannten Personen werden in die regionale Liste gemäß Abs. 1 die Komitees der Croce rossa italiana [italienisches Rotes Kreuz] (CRI) im Anschluss an eine besondere Vereinbarung mit dem Regionalkomitee der Region Venetien dieser Einrichtung sowie die Istituti pubblici di assistenza e beneficienza [Öffentliche Wohlfahrts- und Fürsorgeinstitute] (IPAB) aufgenommen, die Rettungs- und Notfallbeförderungstätigkeiten auf der Grundlage einer Vereinbarung und einer Ersatzerklärung zur Erfüllung der im Regionalgesetz [Nr. 22] und dessen nachfolgenden Änderungen vorgesehenen Zulassungsvoraussetzungen sowie zu den von der Regionalregierung gemäß Art. 3 Abs. 2 festgelegten Voraussetzungen erbringen und in diesem Zusammenhang die europäischen Rechtsvorschriften über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr einhalten.

    (3)   Die regionale Liste nach Abs. 1 wird jährlich unter Aufnahme neuer Gesundheitseinrichtungen und Vereinigungen, die die im Regionalgesetz [Nr. 22] und dessen nachfolgenden Änderungen vorgesehenen Zulassungs- und Akkreditierungsvoraussetzungen erfüllen, aktualisiert.

    (4)   Die in die regionale Liste aufgenommenen Personen werden regelmäßigen Überprüfungen unterzogen, um das Vorliegen und den Fortbestand dieser Voraussetzungen festzustellen.“

    17

    Art. 5 („Organisation der Rettungs- und Notfallbeförderungstätigkeiten“) dieses Gesetzes bestimmt:

    „(1)   Die Rettungs- und Notfallbeförderungstätigkeiten werden von den ULSS-Einrichtungen sowie den in die regionale Liste nach Art. 4 aufgenommenen Personen erbracht.

    (2)   Die Beziehungen mit den ULSS-Einrichtungen sowie die Modalitäten, unter denen die in die regionale Liste nach Art. 4 aufgenommenen Personen bei den Notfall- und Rettungstätigkeiten mitwirken, werden durch spezielle Verträge geregelt, die auf der Grundlage eines von der Regionalregierung genehmigten und veröffentlichten Mustervertrags in Übereinstimmung mit den geltenden staatlichen und europäischen Regelungen für öffentliche Aufträge geschlossen wurden.

    (3)   Die in Abs. 2 genannten Verträge sehen ein Budgetsystem vor, das nach Maßgabe von Kriterien festgesetzt wird, die auf der Anwendung von Standardkosten beruhen, die von der Regionalregierung festgelegt und alle drei Jahre aktualisiert werden.

    (5)   Können die Rettungs- und Notfallbeförderungstätigkeiten nicht durch die in die regionale Liste gemäß Art. 4 eingetragenen Personen gewährleistet werden, können die ULSS-Einrichtungen sie entgeltlich an Personen vergeben, die durch öffentliche Auswahlverfahren unter Berücksichtigung der geltenden staatlichen und europäischen Regelungen für öffentliche Aufträge bestimmt werden und die die Voraussetzungen erfüllen, die geeignet sind, angemessene Qualitätsniveaus zu garantieren und der sozialen Funktion der Dienstleistung Geltung zu verschaffen.“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    18

    Im Jahr 2017 schrieb die AULSS Nr. 6 unter Anwendung des Kriteriums des wirtschaftlich günstigsten Angebots den Auftrag für Einsätze von Krankenwagen zur Beförderung von Patienten und Dialysepatienten (im Folgenden: streitige Ausschreibung) für eine Laufzeit von fünf Jahren, mit der Option für ein weiteres Jahr, aus. Der jährliche Wert dieses Auftrags wurde mit 5043560 Euro veranschlagt; für den Fünfjahreszeitraum entspricht dies einem Betrag von 25217800 Euro.

    19

    Die Croce Verde focht vor dem Tribunale amministrativo regionale del Veneto (Verwaltungsgericht für die Region Venetien, Italien) die Entscheidung der AULSS Nr. 6 an, für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags anstatt für eine Partnerschaft zwischen Einrichtungen des öffentlichen Sektors zu optieren. Bei Vorliegen der Voraussetzungen für das Eingehen einer solchen Partnerschaft schreibe das Regionalgesetz Nr. 26/2012 nämlich den Abschluss eines solchen, in Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 und Art. 5 Abs. 6 des Vergabegesetzbuchs geregelten Vertrags mit der akkreditierten öffentlichen Einrichtung vor, ohne dass die Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder eines in Art. 10 Buchst. h dieser Richtlinie und Art. 17 Abs. 1 Buchst. h dieses Gesetzbuchs vorgesehenen vereinfachten öffentlichen Auftrags in Betracht zu ziehen sei.

    20

    Die Croce Verde macht insoweit geltend, dass sie keine einfache privatrechtliche Vereinigung, die ehrenamtliche Tätigkeiten ausübe, sondern eine öffentliche Einrichtung ohne Gewinnstreben, genauer gesagt eine IPAB, sei. In dieser Eigenschaft sei sie seit mehr als einem Jahrhundert, hauptsächlich durch die ohne Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene Gewährleistung von Rettungs- und Krankentransporten, an der medizinische Betreuung der Einwohner des Gebiets von Padua (Italien) beteiligt. Im Übrigen sei sie in Anwendung des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 durch Vertrag vom 22. Dezember 2017 mit den medizinischen Notarzt- und Rettungsdienstleistungen der AULSS Nr.o6 betraut worden. Außerdem seien im Anschluss an eine im Jahr 2010 erfolgte Ausschreibung, die zweimal verlängert worden und am 31. März 2018 abgelaufen sei, auch die normalen Transportdienstleistungen an sie vergeben worden.

    21

    Das Tribunale amministrativo regionale del Veneto (Verwaltungsgericht für die Region Venetien) war jedoch der Auffassung, dass die Art. 10 und 74 der Richtlinie 2014/24 sowie Art. 17 Abs. 1 Buchst. h des Vergabegesetzbuchs die Vergabe des Auftrags für Krankentransporte ohne Dringlichkeitscharakter im Wege einer Ausschreibung vorsähen.

    22

    Dem auf die fehlende Berechtigung der AULSS Nr.o6 zur Durchführung der streitigen Ausschreibung gestützten Klagegrund gab das Gericht jedoch statt; die AULSS Nr. 6 legte gegen das Urteil des Tribunale amministrativo regionale del Veneto (Verwaltungsgericht für die Region Venetien) insoweit Berufung beim vorlegenden Gericht, dem Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien), ein.

    23

    Das vorlegende Gericht, das die Berufung zurückgewiesen hat, muss noch über die Anschlussberufung entscheiden, in deren Rahmen die Croce Verde das in erster Instanz geltend gemachte Vorbringen wiederholt.

    24

    Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ist zwischen medizinischen Rettungsnotdienstleistungen und Transportdienstleistungen mit Krankenwagen zu unterscheiden. Art. 10 der Richtlinie 2014/24 in Verbindung mit deren 28. Erwägungsgrund und Art. 17 Abs. 1 Buchst. h des Vergabegesetzbuchs schlössen medizinische Rettungsnotdienstleistungen, die darin bestünden, dass gemeinnützige Organisationen Notfallpatienten mit Krankenwagen beförderten und diesen Patienten erste Hilfe leisteten, von den Vorschriften über die öffentliche Auftragsvergabe aus. Dagegen unterlägen Transportdienstleistungen mit Krankenwagen, da sie keinen Dringlichkeitscharakter hätten, der „Sonderregelung“ nach den Art. 74 bis 77 der Richtlinie 2014/24, wenn ihr Wert – wie im Ausgangsverfahren – mindestens den in der Richtlinie 2014/24 vorgesehenen Schwellenwert von 750000 Euro erreiche.

    25

    Art. 5 des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 sehe jedoch vor, dass die „Rettungs- und Notfall“-Beförderungen, wenn sie nicht unmittelbar durch die ULSS erbracht würden, von den in die regionale Liste gemäß Art. 4 dieses Gesetzes eingetragenen Personen zu erbringen seien, und dass die Beziehungen mit den ULSS-Einrichtungen sowie die Durchführungsmodalitäten für diese Dienstleistungen durch spezielle Verträge geregelt würden. Außerdem könne der Auftrag für Rettungs- und Notfallbeförderungen mit Krankenwagen nur dann nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens vergeben werden, wenn diese Tätigkeit nicht durch die in die regionale Liste eingetragenen Personen gewährleistet werden könne.

    26

    Der Anwendungsbereich der Regelung für die Vergabe von Dienstleistungen der „Rettungs- und Notfallbeförderung“ sei gemäß Art. 2 des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 im Übrigen die mit Rettungsfahrzeugen u. a. von medizinischem Personal erbrachte Tätigkeit insbesondere in Form von „Beförderungsdienstleistungen, die im Rahmen der Mindestversorgungsstandards (LEA) mit Rettungsfahrzeugen erbracht werden“ und „Beförderungsdienstleistungen, bei denen die klinischen Bedingungen des Patienten ausschließlich den Einsatz eines Rettungsfahrzeugs erfordern und während der Fahrt die Unterstützung durch medizinisches Personal oder anderes gut ausgebildetes Personal erforderlich ist und die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten ist“. Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts sind die von dieser Regelung erfassten Tätigkeiten mithin – insbesondere im letztgenannten Fall – Tätigkeiten, die nicht unter die Notfallbeförderung, sondern unter die normale Patientenbeförderung zu fallen scheinen.

    27

    Das vorlegende Gericht ist demzufolge der Auffassung, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Dienstleistung als „normale Transportdienstleistung“ oder „Notfallkrankentransportdienstleistung“ und nicht als „Rettungskrankentransportdienstleistung“ qualifiziert werden könne. Gemäß Art. 5 des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 könne der öffentliche Auftraggeber daher nur dann auf eine Ausschreibung zurückgreifen, wenn eine Direktvergabe des Auftrags im Wege eines Vertrags nicht möglich sei.

    28

    Das vorlegende Gericht zweifelt jedoch an der Vereinbarkeit von Art. 5 des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 mit dem Unionsrecht, wenn diese Bestimmung für andere Dienstleistungen als Rettungs- und Notfallbeförderungen angewandt werde. Diese Zweifel beträfen im Übrigen auch den Fall, dass durch die Direktvergabe des Auftrags eine Partnerschaft zwischen öffentlichen Auftraggebern verwirklicht werde.

    29

    Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass öffentliche Einrichtungen gemäß Art. 15 des Gesetzes Nr. 241/1990 stets von Verträgen Gebrauch machen könnten, um untereinander Vereinbarungen zur Regelung der gemeinschaftlichen Durchführung von im Allgemeininteresse liegenden Tätigkeiten zu schließen. Eine solche Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen dürfe jedoch nicht das Hauptziel des unionsrechtlichen Vergaberechts, nämlich den freien Dienstleistungsverkehr und die Öffnung für einen unverfälschten Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten, in Frage stellen.

    30

    Durch Art. 5 Abs. 6 des Vergabegesetzbuchs werde bestätigt, dass die Vorschriften über die öffentliche Auftragsvergabe bei Vorliegen der in diesem Artikel festgelegten Voraussetzungen ausgeschlossen seien. Dies sei hier der Fall. Die Ermöglichung der Teilnahme der in die regionale Liste gemäß Art. 4 des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 eingetragenen Personen und die Förderung der Freiwilligenarbeit seien nämlich gemeinsame Ziele der AULSS Nr. 6 und der Croce Verde. Außerdem sei die Croce Verde in ihrer Eigenschaft als IPAB in diese regionale Liste eingetragen. Schließlich entfalle nur ein sehr geringer Teil ihrer Tätigkeit auf den Markt für Rettungs- und Notfallbeförderungen.

    31

    Das vorlegende Gericht stellt jedoch fest, dass sich Art. 15 des Gesetzes Nr. 241/1990 und Art. 5 Abs. 6 des Vergabegesetzbuchs darauf beschränkten, die Partnerschaft zwischen Einrichtungen des öffentlichen Sektors als Alternative zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags darzustellen und nicht als vorrangige Vorgehensweise vorschrieben. Die Vereinbarung zwischen Vergabebehörden sei somit eine den öffentlichen Auftraggebern eingeräumte Option und erfordere die Herbeiführung eines bilateralen Einvernehmens zwischen den Vertragsparteien. Ein öffentlicher Auftraggeber könne demnach nur seinen Willen zum Abschluss einer solchen Partnerschaft zum Ausdruck bringen, ohne jedoch einen anderen öffentlichen Auftraggeber dazu zwingen zu können, sich für diese Option zu entscheiden. Das vorlegende Gericht stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die AULSS Nr. 6 von dieser Möglichkeit nicht habe Gebrauch machen wollen, da sie sich für die Vornahme der streitigen Ausschreibung entschieden habe.

    32

    Im Übrigen könne Art. 5 des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 den öffentlichen Auftraggeber nicht dazu verpflichten, seine Entscheidung, die Vergabe der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen im Wege einer Ausschreibung vorzunehmen, zu begründen. Ein solches Begründungserfordernis sei nur dann gerechtfertigt, wenn der öffentliche Auftraggeber beabsichtige, nach bilateralen Verhandlungen auf eine Direktvergabe zurückzugreifen, da bei dieser Vorgehensweise keine Vergleichsdaten zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots verfügbar seien.

    33

    Umgekehrt garantiere das Ausschreibungsverfahren durch den Vergleich mehrerer Angebote anhand des Kriteriums des wirtschaftlich günstigsten Angebots die Einhaltung der unionsrechtlichen Grundsätze der Neutralität, der Öffentlichkeit, der Transparenz, der Beteiligung und der Gleichbehandlung.

    34

    Da das Unionsrecht keine weiteren, gleichzeitig bestehenden allgemeinen Interessen, wie die Aufwertung der Freiwilligenarbeit, unterscheide, sei der Rückgriff auf die Direktvergabe des Auftrags durch einen Vertrag nicht gerechtfertigt. Dies sei vorliegend der Fall, da die Croce Verde nach ihrem Vortrag die einzige in der Region Venetien akkreditierte Person sei, bei der es sich um eine öffentliche Einrichtung handele, was jeden Wettbewerb und jeden Vergleich zwischen potenziellen Interessenten an der Durchführung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistung ausschließe. Dagegen sei die Croce Verde ebenso wie die anderen in die regionale Liste gemäß Art. 4 des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 aufgenommenen Freiwilligenorganisationen als Wirtschaftsteilnehmer uneingeschränkt befugt, an der streitigen Ausschreibung teilzunehmen und könne daher in diesem Rahmen geltend machen, dass ihr Angebot das günstigste sei.

    35

    In diesem Zusammenhang hat der Consiglio di Stato (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Stehen der 28. Erwägungsgrund, Art. 10 und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 in einem Fall, bei dem beide Parteien öffentliche Einrichtungen sind, aufgrund der öffentlich-öffentlichen Partnerschaft im Sinne von Art. 12 Abs. 4 dieser Richtlinie, Art. 5 Abs. 6 des Vergabegesetzbuchs sowie Art. 15 des Gesetzes Nr. 241/1990 der Anwendbarkeit von Art. 5 des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 in Verbindung mit dessen Art. 1 bis 4 entgegen?

    2.

    Stehen der 28. Erwägungsgrund, Art. 10 und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 in einem Fall, in dem beide Parteien öffentliche Einrichtungen sind, aufgrund der öffentlich-öffentlichen Partnerschaft im Sinne der Art. 12 Abs. 4 dieser Richtlinie, Art. 5 Abs. 6 des Vergabegesetzbuchs sowie Art. 15 des Gesetzes Nr. 241/1990 der Anwendbarkeit der Bestimmungen des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 in dem begrenzten Sinne entgegen, dass sie den öffentlichen Auftraggeber dazu verpflichten, seine Entscheidung, die Vergabe der normalen Krankentransportdienstleistung statt durch Direktvergabe durch eine Ausschreibung vorzunehmen, zu begründen?

    Zu den Vorlagefragen

    36

    Gemäß Art. 99 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof, wenn die Antwort auf eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann oder wenn die Beantwortung dieser Frage keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt, auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden.

    37

    Diese Bestimmung ist im Rahmen der vorliegenden Rechtssache anzuwenden.

    Zur ersten Frage

    38

    Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 10 Buchst. h und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen sind, dass sie regionalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die die Vergabe eines öffentlichen Auftrags davon abhängig machen, dass die normale Krankentransportdienstleistung nicht durch eine Partnerschaft zwischen Einrichtungen des öffentlichen Sektors gewährleistet werden kann.

    39

    Wie der Gerichtshof im Urteil vom 3. Oktober 2019, Irgita (C‑285/18, im Folgenden: Urteil Irgita, EU:C:2019:829‚ Rn. 41), festgestellt hat, sollen mit der Richtlinie 2014/24, wie es in ihrem ersten Erwägungsgrund heißt, die nationalen Verfahren zur Vergabe von über einen bestimmten Wert hinausgehenden Aufträgen koordiniert werden.

    40

    Aus Rn. 43 des Urteils Irgita ergibt sich, dass Art. 12 Abs. 1 dieser Richtlinie, der interne, auch als „Inhouse“-Verträge bezeichnete Aufträge betrifft und sich somit darauf beschränkt, die Bedingungen festzulegen, die ein öffentlicher Auftraggeber einhalten muss, wenn er einen internen Auftrag abschließen will, nur die Wirkung hat, die Mitgliedstaaten zu ermächtigen, einen solchen Auftrag vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/24 auszunehmen.

    41

    Diese Bestimmung kann den Mitgliedstaaten daher nicht die Freiheit nehmen, eine Form der Erbringung von Dienstleistungen, der Ausführung von Arbeiten oder der Beschaffung von Lieferungen zum Nachteil der anderen zu bevorzugen. Diese Freiheit impliziert nämlich eine Wahl, die in einer Phase vor der Vergabe eines Auftrags getroffen wird und daher nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/24 fallen kann (Urteil Irgita, Rn. 44).

    42

    Die Freiheit der Mitgliedstaaten, die Art der Erbringung von Dienstleistungen, durch die die öffentlichen Auftraggeber für ihren eigenen Bedarf sorgen, zu wählen, ergibt sich auch aus dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/24, in dem es – insoweit die Rechtsprechung des Gerichtshofs aus der Zeit vor dieser Richtlinie aufnehmend – heißt, dass „die Mitgliedstaaten durch diese Richtlinie in keiner Weise dazu verpflichtet werden, die Erbringung von Dienstleistungen an Dritte oder nach außen zu vergeben, wenn sie diese Dienstleistungen selbst erbringen oder die Erbringung durch andere Mittel als öffentliche Aufträge im Sinne dieser Richtlinie organisieren möchten“(Urteil Irgita, Rn. 45).

    43

    Ebenso wenig wie die Richtlinie 2014/24 die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, auf ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags zurückzugreifen, kann sie sie dazu zwingen, einen internen Auftrag in Anspruch zu nehmen, wenn die Voraussetzungen des Art. 12 Abs. 1 erfüllt sind (Urteil Irgita, Rn. 46).

    44

    Wie der Gerichtshof in Rn. 47 des Urteils Irgita festgestellt hat, wird im Übrigen die den Mitgliedstaaten damit eingeräumte Freiheit in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. 2014, L 94, S. 1) noch deutlicher hervorgehoben, in dem es heißt:

    „In dieser Richtlinie wird im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und dem Unionsrecht der Grundsatz der Verwaltungsautonomie der nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften anerkannt. Es steht diesen Körperschaften frei zu entscheiden, wie die Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen am besten gesteuert werden kann, damit bei öffentlichen Dienstleistungen insbesondere ein hohes Maß an Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung sowie die Förderung des allgemeinen Zugangs und der Nutzerrechte gewährleistet werden können.

    Diese Körperschaften können wählen, ob sie ihre Aufgaben von öffentlichem Interesse mit eigenen Mitteln oder in Zusammenarbeit mit anderen Körperschaften erfüllen oder ob sie Wirtschaftsteilnehmer damit betrauen.“

    45

    Die Freiheit, über die die Mitgliedstaaten bei der Wahl des Verwaltungsinstruments, das ihrer Ansicht nach am besten geeignet ist, um Bau- oder Dienstleistungen erbringen zu lassen, verfügen, kann jedoch nicht schrankenlos sein. Sie ist vielmehr unter Beachtung der Grundregeln des AEU-Vertrags, insbesondere des freien Warenverkehrs, der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs, sowie der sich daraus ergebenden Grundsätze wie Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, gegenseitige Anerkennung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz auszuüben (Urteil Irgita, Rn. 48).

    46

    Der Gerichtshof hat demzufolge in Rn. 50 des Urteils Irgita festgestellt, dass Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung, mit der ein Mitgliedstaat den Abschluss von internen Aufträgen u. a. davon abhängig macht, dass die Vergabe eines öffentlichen Auftrags es nicht erlaubt, die Qualität der erbrachten Dienstleistungen, ihre Bezahlbarkeit oder ihre Kontinuität zu gewährleisten, nicht entgegensteht, solange die Wahl zugunsten einer besonderen Art und Weise der Dienstleistungserbringung, die in einem der Vergabe öffentlicher Aufträge vorgelagerten Stadium getroffen wurde, die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung, der gegenseitigen Anerkennung, der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz beachtet.

    47

    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich erstens, dass die Freiheit der Mitgliedstaaten, die Art der Erbringung von Dienstleistungen, durch die die öffentlichen Auftraggeber für ihren eigenen Bedarf sorgen, zu wählen, sie mutatis mutandis dazu berechtigt, die Vergabe eines öffentlichen Auftrags davon abhängig zu machen, dass kein Abschluss einer Partnerschaft zwischen öffentlichen Auftraggebern im Einklang mit den in Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 festgelegten Bedingungen möglich ist.

    48

    Nach dieser Bestimmung kann eine Partnerschaft zwischen öffentlichen Auftraggebern nur dann abgeschlossen werden, wenn der Auftrag eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern begründet oder erfüllt mit dem Ziel sicherzustellen, dass von ihnen zu erbringende öffentliche Dienstleistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele ausgeführt werden, die Durchführung dieser Zusammenarbeit ausschließlich durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt wird und die beteiligten öffentlichen Auftraggeber auf dem offenen Markt weniger als 20 % der durch die Zusammenarbeit erfassten Tätigkeiten erbringen.

    49

    Insoweit ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen festzustellen, dass, auch wenn es sich bei der Croce Verde um eine IPAB handelt, nicht feststeht, dass sie auch eine „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 der Richtlinie 2014/24 ist.

    50

    Ferner wird sich das vorlegende Gericht auch zu vergewissern haben, dass Art. 5 Abs. 2 und 3 des Regionalgesetzes Nr. 26/2012 tatsächlich zum Nachweis des Bestehens einer Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Auftraggebern geeignet ist, da nach dieser Bestimmung die Beziehungen zwischen den ULSS-Einrichtungen und den in die regionale Liste nach Art. 4 dieses Gesetzes aufgenommenen Personen, die bei den Notfall- und Rettungstätigkeiten mitwirken, durch spezielle, auf der Grundlage eines von der Regionalregierung genehmigten Mustervertrags geschlossene Verträge geregelt werden.

    51

    Zweitens berechtigt die Freiheit der Mitgliedstaaten, die Art der Erbringung von Dienstleistungen, durch die die öffentlichen Auftraggeber für ihren eigenen Bedarf sorgen, zu wählen, sie dazu, im Rahmen von Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr die Vergabe eines der in den Art. 74 bis 77 der Richtlinie 2014/24 definierten Sonderregelung unterliegenden Auftrags an gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen vorzuziehen, sofern die in Art. 10 Buchst. h dieser Richtlinie vorgesehenen Bedingungen eingehalten werden.

    52

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen ist, dass die darin vorgesehene Ausnahme vom Geltungsbereich der Regelungen über die öffentliche Auftragsvergabe sowohl für die Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten in einem Rettungswagen durch einen Rettungsassistenten/Rettungssanitäter, die unter den CPV-Code 75252000‑7 (Rettungsdienste) fällt, als auch für den qualifizierten Krankentransport gilt, der unter den CPV-Code 85143000‑3 (Einsatz von Krankenwagen) fällt, sofern er tatsächlich von ordnungsgemäß in erster Hilfe geschultem Personal durchgeführt wird und einen Patienten betrifft, bei dem das Risiko besteht, dass sich sein Gesundheitszustand während des Transports verschlechtert (Urteil vom 21. März 2019, Falck Rettungsdienste und Falck, C‑465/17, EU:C:2019:234, Rn. 51). Außerdem setzt diese Ausnahme voraus, dass der Einsatz von Krankenwagen von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Bestimmung vorgenommen wird und ein Notfall vorliegt (Beschluss vom 20. Juni 2019, Italy Emergenza und Associazione Volontaria di Pubblica Assistenza Croce Verde, C‑424/18, EU:C:2019:528, Rn. 28).

    53

    Schließlich haben die Mitgliedstaaten in den beiden in den Rn. 47 und 51 des vorliegenden Beschlusses genannten Fallgestaltungen bei der Ausübung ihrer Freiheit, die Art der Erbringung von Dienstleistungen, durch die die öffentlichen Auftraggeber für ihren eigenen Bedarf sorgen, zu wählen, dafür Sorge zu tragen, dass die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung, der gegenseitigen Anerkennung, der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz beachtet werden (Urteil Irgita, Rn. 48).

    54

    Auf die erste Frage ist daher zu antworten, dass Art. 10 Buchst. h und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen sind, dass sie regionalen Rechtsvorschriften, die die Vergabe eines öffentlichen Auftrags davon abhängig machen, dass die normale Krankentransportdienstleistung nicht durch eine Partnerschaft zwischen Einrichtungen des öffentlichen Sektors gewährleistet werden kann, nicht entgegenstehen, solange die Wahl zugunsten einer besonderen Art und Weise der Dienstleistungserbringung, die in einem der Vergabe öffentlicher Aufträge vorgelagerten Stadium getroffen wurde, die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung, der gegenseitigen Anerkennung, der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz beachtet.

    Zur zweiten Frage

    55

    Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 10 Buchst. h und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen sind, dass sie regionalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die den öffentlichen Auftraggeber verpflichten, seine Entscheidung, die Vergabe der normalen Krankentransportdienstleistung durch eine Ausschreibung statt durch eine Direktvergabe im Wege eines mit einem anderen öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Vertrags vorzunehmen, zu begründen.

    56

    Wie sich aus der Antwort auf die erste Frage ergibt, stehen weder Art. 10 Buchst. h noch Art. 12 Abs. 4 dieser Richtlinie regionalen Rechtsvorschriften entgegen, die die Vergabe eines öffentlichen Auftrags nur in subsidiärer Weise und als Ausnahme in Betracht ziehen.

    57

    Mithin kann das Unionsrecht, insbesondere Art. 10 Buchst. h und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 regionalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, nach denen der öffentliche Auftraggeber nachzuweisen hat, dass die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmungen nicht erfüllt sind.

    58

    Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, dass Art. 10 Buchst. h und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen sind, dass sie regionalen Rechtsvorschriften, die den öffentlichen Auftraggeber verpflichten, seine Entscheidung, die Vergabe der normalen Krankentransportdienstleistung durch eine Ausschreibung statt durch eine Direktvergabe im Wege eines mit einem anderen öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Vertrags vorzunehmen, zu begründen, nicht entgegenstehen.

    Kosten

    59

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Art. 10 Buchst. h und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass sie regionalen Rechtsvorschriften, die die Vergabe eines öffentlichen Auftrags davon abhängig machen, dass die normale Krankentransportdienstleistung nicht durch eine Partnerschaft zwischen Einrichtungen des öffentlichen Sektors gewährleistet werden kann, nicht entgegenstehen, solange die Wahl zugunsten einer besonderen Art und Weise der Dienstleistungserbringung, die in einem der Vergabe öffentlicher Aufträge vorgelagerten Stadium getroffen wurde, die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung, der gegenseitigen Anerkennung, der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz beachtet.

     

    2.

    Art. 10 Buchst. h und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 sind dahin auszulegen, dass sie regionalen Rechtsvorschriften, die den öffentlichen Auftraggeber verpflichten, seine Entscheidung, die Vergabe der normalen Krankentransportdienstleistung durch eine Ausschreibung statt durch eine Direktvergabe im Wege eines mit einem anderen öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Vertrags vorzunehmen, zu begründen, nicht entgegenstehen.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.

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