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Document 62019CJ0911

Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 15. Juli 2021.
Fédération bancaire française (FBF) gegen Autorité de contrôle prudentiel et de résolution (ACPR).
Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d'État (Frankreich).
Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 263 und 267 AEUV – Rechtlich nicht verbindliche Handlung der Union – Gerichtliche Überprüfung – Von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) herausgegebene Leitlinien – Überwachung und Governance von Bankprodukten im Privatkundengeschäft – Gültigkeit – Zuständigkeit der EBA.
Rechtssache C-911/19.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2021:599

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

15. Juli 2021 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 263 und 267 AEUV – Rechtlich nicht verbindliche Handlung der Union – Gerichtliche Überprüfung – Von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) herausgegebene Leitlinien – Überwachung und Governance von Bankprodukten im Privatkundengeschäft – Gültigkeit – Zuständigkeit der EBA“

In der Rechtssache C‑911/19

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d’État (Frankreich) mit Entscheidung vom 4. Dezember 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Dezember 2019, in dem Verfahren

Fédération bancaire française (FBF)

gegen

Autorité de contrôle prudentiel et de résolution (ACPR),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, A. Arabadjiev, E. Regan, M. Ilešič, L. Bay Larsen (Berichterstatter), A. Kumin und N. Wahl, der Richter E. Juhász und T. von Danwitz, der Richterinnen C. Toader und L. S. Rossi sowie der Richter I. Jarukaitis und N. Jääskinen,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2020,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Fédération bancaire française (FBF), vertreten durch F. Boucard, avocat,

der Autorité de contrôle prudentiel et de résolution (ACPR), vertreten durch F. Rocheteau, avocat,

der französischen Regierung, vertreten durch E. de Moustier und A. Daly als Bevollmächtigte,

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), vertreten durch J. Overett Somnier, C. Carroll und I. Metin als Bevollmächtigte im Beistand von B. Kennelly, QC, und R. Mehta, Barrister,

der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou, V. Di Bucci und W. Mölls als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. April 2021

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 263 und 267 AEUV sowie die Gültigkeit der von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) herausgegebenen Leitlinien für Überwachung und Governance von Bankprodukten im Privatkundengeschäft vom 22. März 2016 (EBA/GL/2015/18) (im Folgenden: streitige Leitlinien) im Hinblick auf die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. 2010, L 331, S. 12) in der durch die Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 (ABl. 2015, L 337, S. 35) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1093/2010).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Fédération bancaire française (Französischer Bankenverband, im Folgenden: FBF) und der Autorité de contrôle prudentiel et de résolution (Aufsichts- und Abwicklungsbehörde, im Folgenden: ACPR) wegen einer Bekanntmachung der ACPR, in der diese erklärt hat, sich an die streitigen Leitlinien zu halten.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 2007/64/EG

3

Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. 2007, L 319, S. 1) bestimmte:

„Die zuständigen Behörden erteilen die Zulassung nur, wenn sie im Interesse der Gewährleistung einer soliden und umsichtigen Führung eines Zahlungsinstituts zu der Überzeugung gelangt sind, dass das Zahlungsinstitut über eine solide Unternehmenssteuerung für sein Zahlungsdienstgeschäft verfügt, wozu eine klare Organisationsstruktur mit genau abgegrenzten, transparenten und kohärenten Verantwortungsbereichen, wirksame Verfahren zur Ermittlung, Steuerung, Überwachung und Meldung der Risiken, denen es ausgesetzt ist oder ausgesetzt sein könnte, sowie angemessene interne Kontrollmechanismen, einschließlich solider Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren, zählen; diese Regeln, Verfahren und Mechanismen müssen umfassend und der Art, dem Umfang und der Komplexität der von dem Zahlungsinstitut erbrachten Zahlungsdienste angemessen sein.“

Richtlinie 2009/110/EG

4

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E‑Geld‑Instituten, zur Änderung der Richtlinien 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2000/46/EG (ABl. 2009, L 267, S. 7) bestimmt:

„Unbeschadet dieser Richtlinie gelten Artikel 5 und 10 bis 15, Artikel 17 Absatz 7 und Artikel 18 bis 25 der Richtlinie [2007/64] für E‑Geld‑Institute entsprechend.“

Verordnung Nr. 1093/2010

5

Art. 1 Abs. 2, 3 und 5 der Verordnung Nr. 1093/2010 bestimmt:

„(2)   Die [EBA] handelt im Rahmen der ihr durch diese Verordnung übertragenen Befugnisse und innerhalb des Anwendungsbereichs... der Richtlinie [2009/110], … der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. 2013, L 176, S. 338)], … einschließlich sämtlicher Richtlinien, Verordnungen und Beschlüsse, die auf der Grundlage dieser Rechtsakte angenommen wurden, sowie aller weiteren verbindlichen Rechtsakte der Union, die der [EBA] Aufgaben übertragen. …

(3)   Die [EBA] wird auch in den Tätigkeitsbereichen von Kreditinstituten, Finanzkonglomeraten, Wertpapierfirmen, Zahlungsinstituten und E‑Geld‑Instituten im Zusammenhang mit Fragen tätig, die nicht unmittelbar von den in Absatz 2 genannten Rechtsakten abgedeckt werden, einschließlich Fragen der Unternehmensführung sowie der Rech[n]ungsprüfung und Rechnungslegung, vorausgesetzt solche Maßnahmen der [EBA] sind erforderlich, um die wirksame und kohärente Anwendung dieser Rechtsakte sicherzustellen.

(5)   Das Ziel der Behörde besteht darin, das öffentliche Interesse zu schützen, indem sie für die Wirtschaft der Union, ihre Bürger und Unternehmen zur kurz‑, mittel- und langfristigen Stabilität und Effektivität des Finanzsystems beiträgt. Die [EBA] trägt zu Folgendem bei:

e)

Gewährleistung, dass die Übernahme von Kredit- und anderen Risiken angemessen reguliert und beaufsichtigt wird und

f)

Verbesserung des Verbraucherschutzes.

…“

6

Art. 8 Abs. 1, 1a und 2 der Verordnung Nr. 1093/2010 sieht vor:

„(1)   Die [EBA] hat folgende Aufgaben:

a)

Sie leistet einen Beitrag zur Festlegung qualitativ hochwertiger gemeinsamer Regulierungs- und Aufsichtsstandards und ‑praktiken, indem sie insbesondere Stellungnahmen für die Organe der Union abgibt und Leitlinien, Empfehlungen, Entwürfe für technische Regulierungs- und Durchführungsstandards sowie sonstige Maßnahmen ausarbeitet, die sich auf die in Artikel 1 Absatz 2 genannten Gesetzgebungsakte stützen;

b)

sie trägt zur kohärenten Anwendung der verbindlichen Rechtsakte der Union bei, indem sie eine gemeinsame Aufsichtskultur schafft, die kohärente, effiziente und wirksame Anwendung der in Artikel 1 Absatz 2 genannten Rechtsakte sicherstellt, …

h)

sie fördert den Einleger- und Anlegerschutz;

(1a)   Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß dieser Verordnung

a)

macht die [EBA] in vollem Umfang von ihren Befugnissen Gebrauch …

(2)   Um die in Absatz 1 festgelegten Aufgaben ausführen zu können, wird die [EBA] mit den in dieser Verordnung vorgesehenen Befugnissen ausgestattet; dazu zählen insbesondere die Befugnisse

c)

zur Herausgabe von Leitlinien und Empfehlungen gemäß Artikel 16;

…“

7

In Art. 15 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1093/2010 heißt es:

Die technischen Durchführungsstandards werden mittels Verordnungen oder Beschlüssen angenommen. …“

8

Art. 16 Abs. 1 und 3 der Verordnung Nr. 1093/2010 bestimmt:

„(1)   Um innerhalb des ESFS [Europäisches System der Finanzsaufsicht] kohärente, effiziente und wirksame Aufsichtspraktiken zu schaffen und eine gemeinsame, einheitliche und kohärente Anwendung des Unionsrechts sicherzustellen, gibt die [EBA] Leitlinien und Empfehlungen für die zuständigen Behörden und die Finanzinstitute heraus.

(3)   Die zuständigen Behörden und Finanzinstitute unternehmen alle erforderlichen Anstrengungen, um diesen Leitlinien und Empfehlungen nachzukommen.

Binnen zwei Monaten nach der Herausgabe einer Leitlinie oder Empfehlung bestätigt jede zuständige Behörde, ob sie dieser Leitlinie oder Empfehlung nachkommt oder nachzukommen beabsichtigt. Kommt eine zuständige Behörde der Leitlinie oder Empfehlung nicht nach oder beabsichtigt sie nicht, dieser nachzukommen, teilt sie dies der [EBA] unter Angabe der Gründe mit.

Wenn dies gemäß dieser Leitlinie oder Empfehlung erforderlich ist, erstatten die Finanzinstitute auf klare und ausführliche Weise Bericht darüber, ob sie dieser Leitlinie oder Empfehlung nachkommen.“

Richtlinie 2013/36

9

Art. 74 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2013/36 bestimmt:

„(1)   Die Institute verfügen über solide Regelungen für die Unternehmensführung und ‑kontrolle, wozu eine klare Organisationsstruktur mit genau festgelegten, transparenten und kohärenten Zuständigkeiten, wirksame Verfahren zur Ermittlung, Steuerung, Überwachung und Meldung der tatsächlichen und potenziellen künftigen Risiken, angemessene interne Kontrollmechanismen, einschließlich solider Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren, sowie eine Vergütungspolitik und ‑praxis, die mit einem soliden und wirksamen Risikomanagement vereinbar und diesem förderlich sind, zählen.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Regelungen, Verfahren und Mechanismen sind der Art, dem Umfang und der Komplexität der dem Geschäftsmodell innewohnenden Risiken und den Geschäften des Kreditinstituts angemessen und lassen keinen Aspekt außer Acht. Den technischen Kriterien der Artikel 76 bis 95 wird Rechnung getragen.

(3)   Die EBA gibt im Einklang mit Absatz 2 Leitlinien für die in Absatz 1 genannten Regelungen, Verfahren und Mechanismen heraus.“

Richtlinie 2014/17/EU

10

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2014/17/ЕU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 60, S. 34) bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten verlangen, dass der Kreditgeber, der Kreditvermittler oder der benannte Vertreter bei der Gestaltung von Kreditprodukten oder der Gewährung oder der Vermittlung von Krediten oder der Erbringung von Beratungsdienstleistungen zu Krediten oder gegebenenfalls von Nebenleistungen für Verbraucher oder bei der Ausführung eines Kreditvertrags unter Berücksichtigung der Rechte und Interessen der Verbraucher ehrlich, redlich, transparent und professionell handelt. Im Zusammenhang mit der Gewährung, Vermittlung oder Erbringung von Beratungsdienstleistungen zu Krediten oder gegebenenfalls von Nebenleistungen sind Informationen über die Umstände des Verbrauchers, von ihm angegebene konkrete Bedürfnisse und realistische Annahmen bezüglich der Risiken für die Situation des Verbrauchers während der Laufzeit des Kreditvertrags zugrunde zu legen. …“

11

Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Unterabs. 3 der Richtlinie 2014/17 sieht vor:

„Die EBA erstellt Entwürfe technischer Regulierungsstandards zur Festlegung der Mindestdeckungssumme der Berufshaftpflichtversicherung oder gleichwertigen Garantie gemäß Absatz 1 dieses Buchstabens, um sie der Kommission bis zum 21. September 2014 vorzulegen. Die EBA überprüft die technischen Regulierungsstandards erstmals bis zum 21. März 2018 und danach alle zwei Jahre und arbeitet bei Bedarf Entwürfe technischer Regulierungsstandards zur Änderung der Mindestdeckungssumme der Berufshaftpflichtversicherung oder gleichwertigen Garantie gemäß Absatz 1 dieses Buchstabens aus, um sie der Kommission vorzulegen.“

12

In Art. 34 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 2014/17 heißt es:

„(2)   …

Ist die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats mit diesen vom Aufnahmemitgliedstaat ergriffenen Maßnahmen nicht einverstanden, kann sie gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 die EBA mit der Angelegenheit befassen und um Unterstützung bitten. In diesem Fall kann die EBA im Rahmen der ihr durch den genannten Artikel übertragenen Befugnisse tätig werden.

(4)   …

Ergreift die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats innerhalb eines Monats nach dem Erhalt dieser Erkenntnisse keine Maßnahmen oder handelt der Kreditvermittler trotz der von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats getroffenen Maßnahmen weiterhin in einer Weise, die den Interessen der Verbraucher des Aufnahmemitgliedstaats oder dem ordnungsgemäßen Funktionieren der Märkte eindeutig abträglich ist, so gilt Folgendes:

b)

die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats kann gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 die EBA mit der Angelegenheit befassen und um Unterstützung bitten. In diesem Fall kann die EBA im Rahmen der ihr durch den genannten Artikel übertragenen Befugnisse tätig werden.“

13

In Art. 37 der Richtlinie 2014/17 heißt es:

„Wurde ein Ersuchen um Zusammenarbeit, insbesondere um den Austausch von Informationen, abgelehnt oder ist innerhalb eines angemessenen Zeitraums keine Reaktion erfolgt, so können die zuständigen Behörden gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 die EBA mit der Angelegenheit befassen und sie um Unterstützung bitten. …“

Richtlinie 2015/2366

14

Art. 114 der Richtlinie 2015/2366 bestimmt:

„Die Richtlinie 2007/64/EG wird mit Wirkung vom 13. Januar 2018 aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang II der vorliegenden Richtlinie zu lesen.“

EBA-Leitlinien zur Internen Governance

15

Leitlinie 23 der Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) vom 27. September 2011 zur Internen Governance (EBA BS 2011 116 endgültig, im Folgenden: EBA-Leitlinien zur Internen Governance) bestimmt, dass die betreffenden Institute über ein Konzept zur Genehmigung neuer Produkte verfügen sollten, und legt die Merkmale fest, die dieses Konzept haben sollte.

Streitige Leitlinien

16

Textziffer 2 der streitigen Leitlinien bestimmt:

„Die Leitlinien legen fest, was nach Ansicht der EBA angemessene Aufsichtspraktiken innerhalb des Europäischen Finanzaufsichtssystems sind oder wie das Unionsrecht in einem bestimmten Bereich anzuwenden ist. Dazu sollten die zuständigen Behörden … die an sie gerichteten Leitlinien in geeigneter Weise in ihre Aufsichtspraktiken (z. B. durch Änderung ihres Rechtsrahmens oder ihrer Aufsichtsverfahren) integrieren, einschließlich der Leitlinien in diesem Dokument, die in erster Linie an Institute gerichtet sind.“

17

Textziffer 3 dieser Leitlinien sieht vor:

„Nach Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 müssen die zuständigen Behörden der EBA … mitteilen, ob sie diesen Leitlinien nachkommen oder nachzukommen beabsichtigen, oder die Gründe nennen, warum sie dies nicht tun.“

18

Textziffer 5 der Leitlinien lautet:

„Die vorliegenden Leitlinien betreffen die Einführung von Regelungen für die Überwachung und Governance von Bankprodukten als wesentliches Element der allgemeinen organisatorischen Anforderungen an die internen Kontrollsysteme von Unternehmen und richten sich sowohl an Produkthersteller als auch an Produktvertreiber. Sie beziehen sich auf die internen Prozesse, Funktionen und Strategien für die Konzeption, Markteinführung und Überprüfung dieser Produkte während ihres gesamten Lebenszyklus. In diesen Leitlinien werden die relevanten Verfahren beschrieben, mit denen sichergestellt werden soll, dass den Interessen, Zielen und Eigenschaften des Zielmarkts entsprochen wird. Die Eignung von Produkten für einzelne Verbraucher ist jedoch nicht Gegenstand dieser Leitlinien.“

19

In Textziffer 6 der Leitlinien heißt es:

„Diese Leitlinien gelten für Hersteller und Vertreiber von Produkten, die Verbrauchern angeboten und verkauft werden, und beschreiben im Einzelnen Regelungen für die Produktüberwachung und -Governance in Bezug auf:

Artikel 74 Absatz 1 der Richtlinie [2013/36], Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie [2007/64] und Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie [2009/110] in Verbindung mit Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie [2007/64] sowie

Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie [2014/17].“

20

Die Textziffern 11 bis 14 der streitigen Leitlinien bezeichnen die zuständigen Behörden, an die sie adressiert sind.

21

In Textziffer 15 dieser Leitlinien werden u. a. die Begriffe „Produkthersteller“ und „Produkt“ unter Bezugnahme auf die Richtlinien 2009/110, 2007/64, 2013/36 und 2014/17 definiert.

22

In Leitlinie 1 dieser Leitlinien heißt es:

„1.1 Die Produkthersteller sollten Regelungen für eine wirksame Produktüberwachung und -Governance einrichten, umsetzen und überprüfen. Ziel der Regelungen sollte es sein, bei der Konzeption und Markteinführung von Produkten i) sicherzustellen, dass den Interessen, Zielen und Eigenschaften von Verbrauchern entsprochen wird, ii) einen potenziellen Schaden für Verbraucher zu vermeiden und iii) Interessenkonflikte so gering wie möglich zu halten.

1.2 Der Produkthersteller sollte die Regelungen für die Produktüberwachung und -Governance regelmäßig überprüfen und aktualisieren.

1.3 Bei der Einführung eines neuen Produkts sollte der Produkthersteller sicherstellen, dass die Regelungen für die Produktüberwachung und ‑Governance im Rahmen der Genehmigungsstrategie für neue Produkte (Neu-Produkt-Prozess, NPP) in Einklang mit der Leitlinie 23 der EBA-Leitlinien zur Internen Governance in Fällen berücksichtigt werden, in denen [diese] Leitlinien … anwendbar sind.

…“

23

Leitlinie 2 der streitigen Leitlinien bestimmt:

„2.1 Der Produkthersteller sollte sicherstellen, dass die Regelungen für die Produktüberwachung und -Governance gegebenenfalls in seinen Rahmen für die Unternehmensführung (Governance), das Risikomanagement und die internen Kontrollen im Sinne der [EBA-Leitlinien zur Internen Governance] integriert werden. Zu diesem Zweck sollte das Leitungsorgan des Produktherstellers die Festlegung der Regelungen und spätere Überprüfungen genehmigen.

2.2 Die Geschäftsleitung sollte mit Unterstützung von Vertretern der Compliance- und Risikomanagement-Funktionen des Produktherstellers für die laufende interne Einhaltung der Regelungen für die Produktüberwachung und -Governance verantwortlich sein. Sie sollten regelmäßig überprüfen, dass die Regelungen für die Produktüberwachung und -Governance noch angemessen sind und weiterhin den in der Leitlinie 1.1 festgelegten Zielen entsprechen, und dem Leitungsorgan die Anpassung der Regelungen vorschlagen, falls dies nicht mehr der Fall sein sollte.

2.3 Die Zuständigkeiten für die Beaufsichtigung dieses Prozesses durch die Risikocontrolling-Funktion und die Compliance-Funktion sollten gegebenenfalls in die üblichen Aufgaben gemäß den Leitlinien 25, 26 und 28 der [EBA-Leitlinien zur Internen Governance] integriert werden.

2.4 Die Geschäftsleitung sollte sicherstellen, dass Mitarbeiter, die an der Produktkonzeption mitwirken, Kenntnis von den Regelungen des Produktherstellers für die Produktüberwachung und -Governance haben und diese Regeln befolgen, dass sie sachkundig und entsprechend geschult sind sowie die Merkmale, Eigenschaften und Risiken des Produkts verstehen und kennen.“

24

Die Leitlinien 3 bis 8 der streitigen Leitlinien enthalten Grundsätze in Bezug auf den Zielmarkt, Produkttests, Produktüberwachung, Abhilfemaßnahmen, Vertriebskanäle und Informationen für die Produktvertreiber.

25

Die Leitlinien 9 bis 12 der streitigen Leitlinien beziehen sich auf die Regelungen für die Produktüberwachung und -Governance für Produktvertreiber.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

26

Am 8. September 2017 veröffentlichte die ACPR auf ihrer Website eine Bekanntmachung, in der sie zum einen erklärte, dass sie die streitigen Leitlinien einhalte, und zum anderen klarstellte, dass diese auf die ihrer Kontrolle unterstellten Kreditinstitute, Zahlungsinstitute und E‑Geld‑Institute Anwendung fänden.

27

Am 8. November 2017 erhob die FBF beim Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) Klage auf Nichtigerklärung dieser Bekanntmachung.

28

Zur Stützung ihrer Klage machte die FBF geltend, dass diese Bekanntmachung auf den streitigen Leitlinien beruhe und dass die EBA diese Leitlinien nicht habe herausgeben können, ohne ihre Zuständigkeit zu überschreiten.

29

Nach der Feststellung, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Bekanntmachung der ACPR als die FBF beschwerend anzusehen sei, weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass die FBF nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Gültigkeit der streitigen Leitlinien nicht mit einer Einrede anfechten könne, falls sie befugt gewesen wäre, eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV gegen diese Leitlinien zu erheben. Es fragt sich daher, ob der FBF im vorliegenden Fall dieser Rechtsbehelf zur Verfügung gestanden habe.

30

Sollte der Gerichtshof zu dem Ergebnis kommen, dass dies nicht der Fall ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Gerichtshof dafür zuständig ist, die Gültigkeit der streitigen Leitlinien gemäß Art. 267 AEUV zu beurteilen, und ob es zulässig ist, dass ein Fachverband, der von den Leitlinien weder unmittelbar noch individuell betroffen ist, die Gültigkeit dieser Leitlinien mit einer Einrede anficht.

31

Sollte der Gerichtshof der Ansicht sein, dass die FBF tatsächlich befugt ist, vor einem nationalen Gericht die Gültigkeit der streitigen Leitlinien anzufechten, ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass es den Gerichtshof mit der Frage befassen müsse, ob die EBA durch die Herausgabe dieser Leitlinien ihre Befugnisse überschritten habe.

32

Insoweit weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass keiner der in Textziffer 6 der Leitlinien genannten Rechtsakte der Union eine Vorschrift über die Governance von Bankprodukten im Privatkundengeschäft enthalte, mit Ausnahme der Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher. Zudem sehe keiner dieser Rechtsakte eine Bestimmung vor, die die EBA ermächtige, Leitlinien für die Governance von Bankprodukten im Privatkundengeschäft herauszugeben.

33

Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Zuständigkeit der EBA für die Herausgabe der streitigen Leitlinien auf die Ziele gestützt werden könne, die dieser Behörde durch Art. 1 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1093/2010 gesetzt seien, oder auf die der EBA nach Art. 9 Abs. 2 dieser Verordnung übertragene Aufgabe, die Finanztätigkeiten zu überwachen.

34

Unter diesen Umständen hat der Conseil d’État (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Können die von einer europäischen Aufsichtsbehörde herausgegebenen Leitlinien Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV sein? Falls ja, kann ein Fachverband die Gültigkeit von Leitlinien, die für die Mitglieder bestimmt sind, deren Interessen er vertritt, und die ihn weder unmittelbar noch individuell betreffen, mit einer Nichtigkeitsklage anfechten?

2.

Für den Fall der Verneinung einer der beiden unter 1. gestellten Fragen: Können die von einer europäischen Aufsichtsbehörde herausgegebenen Leitlinien Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV sein? Falls ja, kann ein Fachverband die Gültigkeit von Leitlinien, die für die Mitglieder bestimmt sind, deren Interessen er vertritt, und die ihn weder unmittelbar noch individuell betreffen, mit einer Einrede anfechten?

3.

Für den Fall, dass die Fédération bancaire française die streitigen Leitlinien mit einer Einrede anfechten kann: Überschreitet die EBA mit der Herausgabe dieser Leitlinien ihre Zuständigkeiten aus der Verordnung Nr. 1093/2010?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

Zum ersten Teil der ersten Frage

35

Mit dem ersten Teil seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 263 AEUV dahin auszulegen ist, dass Handlungen wie die streitigen Leitlinien Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach diesem Artikel sein können.

36

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind mit der Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV alle von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union erlassenen Bestimmungen – unabhängig von ihrer Form – anfechtbar, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. Februar 2018, Belgien/Kommission, C‑16/16 P, EU:C:2018:79, Rn. 31, und vom 26. März 2019, Kommission/Italien, C‑621/16 P, EU:C:2019:251, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37

Umgekehrt sind alle Handlungen der Union, die keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugen, von der in Art. 263 AEUV vorgesehenen gerichtlichen Kontrolle ausgenommen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. September 2006, Reynolds Tobacco u. a./Kommission, C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 55, und vom 20. Februar 2018, Belgien/Kommission, C‑16/16 P, EU:C:2018:79, Rn. 27).

38

Um festzustellen, ob eine Handlung verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs auf ihr Wesen abzustellen und sind ihre Wirkungen anhand objektiver Kriterien wie z. B. des Inhalts der Handlung zu beurteilen, wobei gegebenenfalls der Zusammenhang ihres Erlasses und die Befugnisse des Organs, der Einrichtung oder der sonstigen Stelle der Union, das bzw. die die Handlung vornimmt, zu berücksichtigen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Oktober 2017, Rumänien/Kommission, C‑599/15 P, EU:C:2017:801, Rn. 48, und vom 20. Februar 2018, Belgien/Kommission, C‑16/16 P, EU:C:2018:79, Rn. 32).

39

Was im vorliegenden Fall als Erstes den Inhalt der streitigen Leitlinien anbelangt, geht erstens aus ihrer Textziffer 2, die unter dem Titel „Status dieser Leitlinien“ steht, hervor, dass damit nur festgelegt wird, „was nach Ansicht der EBA angemessene Aufsichtspraktiken innerhalb des [ESFS] sind oder wie das Unionsrecht in einem bestimmten Bereich anzuwenden ist“.

40

Zweitens ist festzustellen, dass die streitigen Leitlinien allgemein nicht verbindlich formuliert sind.

41

Drittens heißt es in den Textziffern 11 bis 14 der streitigen Leitlinien, dass deren Adressaten nur die in diesen Textziffern genannten zuständigen Behörden sind. In Textziffer 3 dieser Leitlinien heißt es unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1093/2010, dass die zuständigen Behörden der EBA mitteilen müssen, ob sie diesen Leitlinien nachkommen oder nachzukommen beabsichtigen, und anderenfalls die Gründe nennen müssen, warum sie dies nicht tun.

42

Was als Zweites den Zusammenhang, in den sich die streitigen Leitlinien einfügen, sowie die Befugnisse der Stelle, die sie herausgegeben hat, anbelangt, ist zunächst festzustellen, dass die von der EBA herausgegebenen Leitlinien gemäß der Verordnung Nr. 1093/2010 derselben rechtlichen Regelung unterliegen wie die von ihr herausgegebenen „Empfehlungen“, die gemäß Art. 288 Abs. 5 AEUV für ihre Adressaten nicht verbindlich und daher grundsätzlich unverbindlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Februar 2018, Belgien/Kommission, C‑16/16 P, EU:C:2018:79, Rn. 30).

43

Sodann sieht Art. 16 Abs. 3 dieser Verordnung zwar vor, dass die zuständigen Behörden und Finanzinstitute alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen, um den von der EBA herausgegebenen Leitlinien nachzukommen, allerdings heißt es in der Bestimmung, dass diese Behörden bestätigen, ob sie diesen Leitlinien nachkommen oder nachzukommen beabsichtigen, und, wenn dies nicht der Fall ist, sie der EBA ihre Entscheidung unter Angabe der Gründe mitteilen.

44

Aus dieser Bestimmung ergibt sich daher, dass diese Behörden nicht verpflichtet sind, sich an diese Leitlinien zu halten, sondern, wie in Rn. 41 des vorliegenden Urteils speziell in Bezug auf die streitigen Leitlinien ausgeführt wurde, von ihnen abweichen dürfen, wobei sie in diesem Fall ihren Standpunkt begründen müssen.

45

Die von der EBA herausgegebenen Leitlinien können daher nicht so angesehen werden, als erzeugten sie verbindliche Rechtswirkungen gegenüber den zuständigen Behörden (vgl. entsprechend Urteil vom 15. September 2016, Koninklijke KPN u. a., C‑28/15, EU:C:2016:692, Rn. 34 und 35).

46

Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass die von der EBA herausgegebenen Leitlinien als solche verbindliche Wirkungen gegenüber den Finanzinstituten erzeugen, da diese nach Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 1093/2010 nur verpflichtet sind, auf klare und ausführliche Weise Bericht darüber zu erstatten, ob sie diesen Leitlinien nachkommen.

47

Schließlich unterscheiden sich die von der EBA herausgegebenen Leitlinien in dieser Hinsicht von den von dieser Behörde ausgearbeiteten technischen Durchführungsstandards, die gemäß Art. 15 Abs. 4 dieser Verordnung mittels Verordnungen oder Beschlüssen angenommen werden.

48

Es zeigt sich daher, dass der Unionsgesetzgeber mit der Ermächtigung der EBA, Leitlinien und Empfehlungen herauszugeben, dieser Behörde die Befugnis verliehen hat, Anstöße zu geben und Überzeugungsarbeit zu leisten, die sich von der Befugnis zum Erlass verbindlicher Handlungen unterscheidet (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Februar 2018, Belgien/Kommission, C‑16/16 P, EU:C:2018:79, Rn. 26).

49

Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die streitigen Leitlinien verbindliche Rechtswirkungen im Sinne der in Rn. 36 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung erzeugen sollen.

50

Nach alledem ist auf den ersten Teil der ersten Frage zu antworten, dass Art. 263 AEUV dahin auszulegen ist, dass Handlungen wie die streitigen Leitlinien nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach diesem Artikel sein können.

Zum zweiten Teil der ersten Frage

51

In Anbetracht der Antwort auf den ersten Teil der ersten Frage ist der zweite Teil dieser Frage nicht zu beantworten.

Zur zweiten Frage

Zum ersten Teil der zweiten Frage

52

Mit dem ersten Teil der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 267 AEUV dahin auszulegen ist, dass der Gerichtshof nach diesem Artikel für die Beurteilung der Gültigkeit von Handlungen wie den streitigen Leitlinien zuständig ist.

53

Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, sehen Art. 19 Abs. 3 Buchst. b EUV und Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV vor, dass der Gerichtshof befugt ist, im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung des Unionsrechts und die Gültigkeit von Handlungen der Unionsorgane ohne jede Ausnahme zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Dezember 1989, Grimaldi, C‑322/88, EU:C:1989:646, Rn. 8, und vom 20. Februar 2018, Belgien/Kommission, C‑16/16 P, EU:C:2018:79, Rn. 44).

54

Auch wenn Art. 263 AEUV die Überprüfung von Handlungen, die keine verbindlichen Rechtswirkungen haben, durch den Gerichtshof ausschließt, kann dieser daher nach Art. 267 AEUV die Gültigkeit solcher Handlungen beurteilen, wenn er im Wege der Vorabentscheidung entscheidet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Februar 2018, Belgien/Kommission, C‑16/16 P, EU:C:2018:79, Rn. 44).

55

Der Umstand, dass die streitigen Leitlinien, wie sich aus den Rn. 39 bis 49 des vorliegenden Urteils ergibt, keine verbindlichen Rechtswirkungen haben, schließt daher die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Entscheidung über ihre Gültigkeit im Rahmen der vorliegenden Rechtssache nicht aus.

56

Der Gerichtshof konnte im Übrigen bereits seine Zuständigkeit für eine Vorabentscheidung über die Gültigkeit einer Empfehlung der EBA, die keine verbindlichen Rechtswirkungen hat, bejahen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. März 2021, Balgarska Narodna Banka, C‑501/18, EU:C:2021:249, Rn. 83).

57

Folglich ist auf den ersten Teil der zweiten Frage zu antworten, dass Art. 267 AEUV dahin auszulegen ist, dass der Gerichtshof nach diesem Artikel für die Beurteilung der Gültigkeit von Handlungen wie den streitigen Leitlinien zuständig ist.

Zum zweiten Teil der zweiten Frage

58

Mit dem zweiten Teil der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Unionsrecht verlangt, dass die Zulässigkeit einer gegen eine Handlung der Union erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit vor einem nationalen Gericht voraussetzt, dass diese Handlung den Einzelnen, der diese Einrede erhebt, unmittelbar und individuell betrifft.

59

Nach Art. 263 Abs. 4 AEUV gehören zwar zu den Handlungen der Union, gegen die eine natürliche oder juristische Person beim Gerichtshof eine Nichtigkeitsklage erheben kann, die Handlungen, die diese Person unmittelbar und individuell betreffen, doch soll mit dieser Bestimmung nicht festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen die Gültigkeit eines Unionsrechtsakts vor den nationalen Gerichten angefochten werden kann.

60

Zudem ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass der AEU-Vertrag mit seinen Art. 263 und 277 einerseits und mit Art. 267 andererseits ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen hat, das die Rechtmäßigkeitskontrolle der Unionshandlungen gewährleisten soll, mit der der Unionsrichter betraut wird (Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61

Hinzuzufügen ist, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, ein System von Rechtsbehelfen und Verfahren vorzusehen, mit dem die Einhaltung des Grundrechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewährleistet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62

Mangels einer einschlägigen Regelung der Union ist es daher Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, unter Beachtung des in der vorstehenden Randnummer angeführten Erfordernisses sowie der Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63

Wenn den Betroffenen auf dieser Grundlage im Rahmen eines nationalen Verfahrens das Recht gewährleistet werden muss, die Rechtmäßigkeit nationaler Entscheidungen oder jeder anderen nationalen Handlung, mit der eine Handlung der Union mit allgemeiner Geltung auf sie angewandt wird, gerichtlich anzufechten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung), so folgt aus Art. 267 AEUV keineswegs, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die es den Einzelnen erlaubt, sich auf die Ungültigkeit einer Handlung der Union mit allgemeiner Geltung im Wege einer Einrede vor einem nationalen Gericht außerhalb eines Rechtsstreits über die Anwendung einer solchen Handlung ihnen gegenüber zu berufen.

64

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich vielmehr, dass ein Vorabentscheidungsersuchen zur Beurteilung der Gültigkeit einer Handlung als zulässig anzusehen ist, wenn es in einem tatsächlichen Rechtsstreit gestellt worden ist, in dem sich inzident eine Frage nach der Gültigkeit einer Handlung der Union stellt, auch wenn diese Handlung gegenüber dem vom Ausgangsverfahren betroffenen Einzelnen in keiner Form Gegenstand einer Durchführungsmaßnahme war (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Juni 2008, Intertanko u. a., C‑308/06, EU:C:2008:312, Rn. 33 und 34, vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a., C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 29, und vom 7. Februar 2018, American Express, C‑643/16, EU:C:2018:67, Rn. 30).

65

Daher ist auf den zweiten Teil der zweiten Frage zu antworten, dass das Unionsrecht nicht verlangt, dass die Zulässigkeit einer gegen eine Handlung der Union erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit vor einem nationalen Gericht voraussetzt, dass diese Handlung den Einzelnen, der diese Einrede erhebt, unmittelbar und individuell betrifft.

Zur dritten Frage

66

Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die streitigen Leitlinien im Hinblick auf die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1093/2010, in denen die Zuständigkeiten der EBA festgelegt sind, gültig sind.

67

Da sich aus der Verordnung Nr. 1093/2010 ergibt, dass der Unionsgesetzgeber die Befugnis der EBA zur Herausgabe von Leitlinien auf der Grundlage objektiver Kriterien genau eingegrenzt hat, muss die Ausübung dieser Befugnis Gegenstand einer strengen gerichtlichen Kontrolle im Hinblick auf diese objektiven Kriterien sein können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Januar 2014, Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat, C‑270/12, EU:C:2014:18, Rn. 41 und 53).

68

Der Umstand, dass die streitigen Leitlinien, wie sich aus den Rn. 39 bis 49 des vorliegenden Urteils ergibt, keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugen, hat keine Auswirkungen auf den Umfang dieser Kontrolle.

69

Wie in den Rn. 43 und 48 des vorliegenden Urteils ausgeführt, soll mit der Herausgabe der streitigen Leitlinien durch die EBA nämlich die Befugnis ausgeübt werden, den zuständigen Behörden und Finanzinstituten Anstöße zu geben und Überzeugungsarbeit zu leisten, wobei diese alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen müssen, um diesen Leitlinien nachzukommen, und die genannten Behörden bestätigen müssen, ob sie diesen Leitlinien nachkommen oder nachzukommen beabsichtigen, und, wenn dies nicht der Fall ist, sie ihren Standpunkt begründen müssen.

70

Insbesondere können diese Leitlinien die zuständigen Behörden, wie im Ausgangsverfahren die ACPR, veranlassen, nationale Rechtsakte zu erlassen, die die Finanzinstitute dazu bringen, ihre Geschäftspraktiken deutlich zu ändern, oder, wie der Generalanwalt in Nr. 51 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die Einhaltung der EBA-Leitlinien bei der Prüfung der individuellen Situation dieser Institute zu berücksichtigen.

71

Die nationalen Gerichte müssen die EBA-Leitlinien bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten ebenfalls berücksichtigen, insbesondere dann, wenn sie, wie die streitigen Leitlinien, verbindliche Vorschriften der Europäischen Union ergänzen sollen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Dezember 1989, Grimaldi, C‑322/88, EU:C:1989:646, Rn. 18, und vom 25. März 2021, Balgarska Narodna Banka, C‑501/18, EU:C:2021:249, Rn. 80).

72

Könnte die EBA unabhängig von dem vom Unionsgesetzgeber festgelegten spezifischen Rahmen frei Leitlinien erlassen, könnte zudem die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union beeinträchtigt werden.

73

Zwar lässt die Herausgabe von Leitlinien durch die EBA die Befugnis des Unionsgesetzgebers unberührt, im Rahmen der ihm durch das Primärrecht übertragenen Zuständigkeiten einen Rechtsakt mit verbindlichen Rechtswirkungen zu erlassen, in dem andere als die von der EBA empfohlenen Standards festgelegt werden und der dann die betreffenden Leitlinien verdrängen würde.

74

Dieser Umstand kann jedoch nicht das in Rn. 67 des vorliegenden Urteils angeführte Erfordernis in Frage stellen, wonach die EBA verpflichtet ist, gemäß dem genauen Rahmen zu handeln, den der Gesetzgeber in der Verordnung Nr. 1093/2010 auf der Grundlage objektiver Kriterien festgelegt hat.

75

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die EBA nur in dem vom Unionsgesetzgeber ausdrücklich vorgesehenen Umfang für die Herausgabe von Leitlinien zuständig ist und dass der Gerichtshof im Hinblick auf die Beantwortung der dritten Frage zu prüfen hat, ob die streitigen Leitlinien in die vom Unionsgesetzgeber definierten Befugnisse der EBA fallen.

76

Hierzu ist hinsichtlich des Umfangs der der EBA vom Unionsgesetzgeber übertragenen Befugnisse festzustellen, dass Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1093/2010 bestimmt, dass die EBA im Rahmen der ihr durch diese Verordnung übertragenen Befugnisse und innerhalb des Anwendungsbereichs einer Reihe von Rechtsakten handelt, die in dieser Bestimmung aufgeführt sind, einschließlich sämtlicher Richtlinien, Verordnungen und Beschlüsse, die auf der Grundlage dieser Rechtsakte angenommen wurden, sowie aller weiteren verbindlichen Rechtsakte der Union, die der EBA Aufgaben übertragen.

77

Art. 1 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1093/2010 sieht vor, dass die EBA auch in den Tätigkeitsbereichen von Kreditinstituten, Finanzkonglomeraten, Wertpapierfirmen, Zahlungsinstituten und E‑Geld‑Instituten im Zusammenhang mit Fragen tätig wird, die nicht unmittelbar von den in Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung genannten Rechtsakten abgedeckt werden, einschließlich Fragen der Unternehmensführung sowie der Rechnungsprüfung und Rechnungslegung, vorausgesetzt solche Maßnahmen der EBA sind erforderlich, um die wirksame und kohärente Anwendung dieser Rechtsakte sicherzustellen.

78

Was speziell die Befugnis der EBA zur Herausgabe von Leitlinien betrifft, sieht Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1093/2010 vor, dass die EBA damit betraut ist, einen Beitrag zur Festlegung qualitativ hochwertiger gemeinsamer Regulierungs- und Aufsichtsstandards und ‑praktiken zu leisten, indem sie insbesondere Leitlinien und Empfehlungen ausarbeitet, die sich auf die in Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung genannten Gesetzgebungsakte der Union stützen.

79

Art. 8 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1093/2010 bestimmt, dass die EBA, um die in ihrem Art. 8 Abs. 1 festgelegten „Aufgaben“ ausführen zu können, mit der Befugnis ausgestattet wird, Leitlinien und Empfehlungen gemäß Art. 16 dieser Verordnung herauszugeben, während Art. 8 Abs. 1a dieser Verordnung vorsieht, dass die EBA bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß dieser Verordnung in vollem Umfang von ihren Befugnissen Gebrauch macht.

80

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zu den der EBA übertragenen Aufgaben nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und h der Verordnung Nr. 1093/2010 u. a. die Aufgabe gehört, zur kohärenten Anwendung der verbindlichen Rechtsakte der Union beizutragen, insbesondere indem sie eine gemeinsame Aufsichtskultur schafft und die kohärente, effiziente und wirksame Anwendung der in Art. 1 Abs. 2 genannten Rechtsakte sicherstellt, sowie die Aufgabe, den Einleger- und Anlegerschutz zu fördern.

81

Außerdem bestimmt Art. 16 der Verordnung Nr. 1093/2010, auf den ihr Art. 8 Abs. 2 Buchst. c verweist und der in den streitigen Leitlinien als ihre Rechtsgrundlage angeführt wird, in Abs. 1, dass die EBA, um innerhalb des ESFS kohärente, effiziente und wirksame Aufsichtspraktiken zu schaffen und eine gemeinsame, einheitliche und kohärente Anwendung des Unionsrechts sicherzustellen, Leitlinien und Empfehlungen für die zuständigen Behörden oder Finanzinstitute herausgibt.

82

Darüber hinaus besteht das Ziel der EBA nach Art. 1 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1093/2010 darin, das öffentliche Interesse zu schützen, indem sie für die Wirtschaft der Union, ihre Bürger und Unternehmen zur kurz‑, mittel- und langfristigen Stabilität und Wirksamkeit des Finanzsystems beiträgt. Art. 1 Abs. 5 Buchst. e und f dieser Verordnung sieht auch vor, dass die EBA u. a. dazu beiträgt, dass die angemessene Regulierung und Beaufsichtigung der Übernahme von Kredit- und anderen Risiken gewährleistet und der Verbraucherschutz verbessert wird.

83

Nach alledem ist zum einen festzustellen, dass die Gültigkeit der von der EBA herausgegebenen Leitlinien von der Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1093/2010 abhängt, in der die Befugnis der EBA zur Herausgabe von Leitlinien ausdrücklich geregelt ist, aber auch davon, dass diese Leitlinien in den Tätigkeitsbereich der EBA fallen, der in Art. 1 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung durch Bezugnahme auf die Anwendung bestimmter Rechtsakte der Union definiert wird, was im Übrigen dadurch bestätigt wird, dass Art. 8 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung vorsieht, dass sich die von der EBA herausgegebenen Leitlinien auf die in Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung genannten Gesetzgebungsakte der Union stützen müssen.

84

Zum anderen kann die EBA, wie sich insbesondere aus den Rn. 77 und 80 bis 82 des vorliegenden Urteils ergibt, zur Sicherstellung einer gemeinsamen, einheitlichen und kohärenten Anwendung des Unionsrechts Leitlinien zu den die betreffenden Institute treffenden Aufsichtspflichten herausgeben, insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Interessen von Einlegern und Anlegern durch einen angemessenen Rahmen für die Übernahme finanzieller Risiken. Es gibt in der Verordnung Nr. 1093/2010 keinen Anhaltspunkt dafür, dass Maßnahmen, die sich auf die Konzeption und Markteinführung von Produkten beziehen, von dieser Befugnis ausgenommen sind, sofern diese Maßnahmen in den Tätigkeitsbereich der EBA fallen, wie er in Rn. 83 des vorliegenden Urteils dargelegt ist.

85

Im vorliegenden Fall geht in Bezug auf den Inhalt der streitigen Leitlinien aus Textziffer 5 („Gegenstand“) dieser Leitlinien hervor, dass diese die Einführung von Regelungen für die Überwachung und Governance von Bankprodukten als wesentliches Element der allgemeinen organisatorischen Anforderungen an die internen Kontrollsysteme von Unternehmen betreffen und sich auf die internen Prozesse, Funktionen und Strategien für die Konzeption, Markteinführung und Überprüfung dieser Produkte während ihres gesamten Lebenszyklus beziehen. Weiter heißt es in Textziffer 5, dass mit diesen Leitlinien die relevanten Verfahren beschrieben werden sollen, mit denen sichergestellt werden soll, dass den Interessen, Zielen und Eigenschaften des Zielmarkts entsprochen wird.

86

Zu diesem Zweck sieht die Leitlinie 1 der streitigen Leitlinien zunächst vor, dass es Ziel der Regelungen für die Produktüberwachung und ‑Governance sein sollte, dass bei der Konzeption und Markteinführung von Produkten u. a. den Interessen, Zielen und Eigenschaften von Verbrauchern entsprochen und potenzieller Schaden für Verbraucher vermieden wird.

87

Diese Leitlinie empfiehlt auch die regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der Regelungen für die Produktüberwachung und ‑Governance sowie ihre Einbeziehung in die Genehmigungsstrategie für neue Produkte der betreffenden Institute, die Gegenstand der Leitlinie 23 der EBA-Leitlinien zur Internen Governance ist, als Anforderung an diese Governance zur Sicherstellung des Risikomanagements.

88

Sodann werden mit der Leitlinie 2 der streitigen Leitlinien die Institute allgemeiner dazu angeregt, die Regelungen für die Produktüberwachung und ‑Governance in ihren Rahmen für die Unternehmensführung (Governance), das Risikomanagement und die internen Kontrollen zu integrieren. Sie erläutert auch die Rolle, die den verschiedenen Organen dieser Institute zu diesem Zweck zukommen sollte, und bezieht sich in diesem Zusammenhang erneut auf verschiedene Aspekte der EBA-Leitlinien zur Internen Governance. Insbesondere heißt es in der Leitlinie 2.4, dass die Geschäftsleitung sicherstellen sollte, dass Mitarbeiter, die an der Produktkonzeption mitwirken, Kenntnis von den Regelungen des Produktherstellers für die Produktüberwachung und ‑Governance haben und diese Regeln befolgen, dass sie sachkundig und entsprechend geschult sind sowie die Merkmale, Eigenschaften und Risiken des Produkts verstehen und kennen.

89

Schließlich konkretisieren in diesem Zusammenhang zum einen die Leitlinien 3 bis 8 der streitigen Leitlinien die Regelungen für die Überwachung und Governance, die nach diesen Leitlinien in die Ausgestaltung der internen Governance der betreffenden Institute einbezogen werden sollten.

90

Genauer wird mit den Leitlinien 3 bis 8 dazu angeregt, verschiedene Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Konzeption und die Markteinführung eines Produkts im Hinblick auf den relevanten Zielmarkt angemessen sind, dass das betreffende Produkt getestet, überwacht, korrigiert und über geeignete Kanäle vertrieben wird und dass ihm Informationen für die Produktvertreiber beigefügt sind. So heißt es in der Leitlinie 3.3, dass der Produkthersteller nur Produkte konzipieren und in den Markt einführen sollte, deren Merkmale, Kosten und Risiken den Interessen, Zielen und Eigenschaften des jeweiligen für das Produkt festgelegten Zielmarkts entsprechen und einen Nutzen für diesen Zielmarkt haben.

91

Die Leitlinien 3 bis 8 legen somit verschiedene Aspekte der Verfahren fest, die innerhalb der betreffenden Institute eingeführt werden sollten, um eine ausreichende Kontrolle der Konzeption und der Markteinführung der Produkte sicherzustellen und damit die Beherrschung der von ihnen ausgehenden Risiken zu gewährleisten.

92

Zum anderen legen die Leitlinien 9 bis 12 der streitigen Leitlinien für die Produktvertreiber ähnliche Standards fest, wie sie in den Leitlinien 3 bis 8 der streitigen Leitlinien für die Produkthersteller festgelegt sind.

93

Auf dieser Grundlage ist als Erstes zu prüfen, ob die streitigen Leitlinien in den Tätigkeitsbereich der EBA fallen, wie er in Art. 1 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1093/2010 festgelegt ist.

94

Insoweit ergibt sich aus den Rn. 76, 77 und 83 des vorliegenden Urteils, dass die Gültigkeit von von der EBA herausgegebenen Leitlinien, die, wie die streitigen Leitlinien, Fragen im Zusammenhang mit der Unternehmensführung betreffen, voraussetzt, dass sie in den Anwendungsbereich mindestens eines der in Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1093/2010 genannten Rechtsakte fallen oder erforderlich sind, um die kohärente und wirksame Anwendung eines solchen Rechtsakts sicherzustellen.

95

Aus Textziffer 6 der streitigen Leitlinien geht hervor, dass diese die Regelungen für die Produktüberwachung und ‑Governance in Bezug auf Art. 74 Abs. 1 der Richtlinie 2013/36, Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2007/64, Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/110 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2014/17 im Einzelnen beschreiben.

96

Alle diese Richtlinien sind als von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1093/2010 erfasste Rechtsakte anzusehen.

97

Zunächst werden die Richtlinien 2013/36 und 2009/110 in dieser Bestimmung ausdrücklich erwähnt.

98

Sodann ist, auch wenn die Richtlinie 2007/64 dagegen in der zum Zeitpunkt der Herausgabe der streitigen Leitlinien geltenden Fassung von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1093/2010 nicht aufgeführt wurde, zum einen darauf hinzuweisen, dass in dieser Fassung dieser Bestimmung die Richtlinie 2015/2366, die Nachfolgerichtlinie der Richtlinie 2007/64, genannt wurde, und zum anderen darauf, dass die letztgenannte Richtlinie in der vor dem 12. Januar 2016 geltenden Fassung dieser Bestimmung erwähnt wurde.

99

Es zeigt sich somit, dass der Unionsgesetzgeber infolge eines inhaltlichen Fehlers eine Bezugnahme auf die Richtlinie 2007/64 durch eine Bezugnahme auf die Richtlinie 2015/2366 ersetzt hat, ohne zu berücksichtigen, dass die zweitgenannte Richtlinie gemäß ihrem Art. 114 die erstgenannte Richtlinie erst zum 13. Januar 2018 aufgehoben hat.

100

Unter diesen Umständen ist die Bezugnahme auf die Richtlinie 2015/2366 in Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1093/2010 zum Zeitpunkt der Herausgabe der streitigen Leitlinien dahin auszulegen, dass sie zu diesem Zeitpunkt auf die Richtlinie 2007/64 verweist.

101

Schließlich sehen, auch wenn die Richtlinie 2014/17 ebenfalls nicht in Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1093/2010 angeführt wird, Art. 29 Abs. 2 Buchst. a, Art. 34 Abs. 2 und 4 sowie Art. 37 dieser Richtlinie vor, dass die EBA verschiedene Maßnahmen zu ergreifen hat, um die Durchführung dieser Richtlinie sicherzustellen, so dass diese Richtlinie, soweit sie der EBA Aufgaben überträgt, als ein von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1093/2010 erfasster Rechtsakt anzusehen ist.

102

Folglich hat der Gerichtshof für die Beantwortung der dritten Frage noch zu prüfen, ob die streitigen Leitlinien in den Anwendungsbereich der in Textziffer 6 dieser Leitlinien genannten Richtlinien fallen oder ob sie erforderlich sind, um die kohärente und wirksame Anwendung dieser Richtlinien sicherzustellen.

103

Was erstens Art. 74 Abs. 1 der Richtlinie 2013/36 anbelangt, sieht dieser vor, dass die Institute, auf die sie sich bezieht, über solide Regelungen für die Unternehmensführung und ‑kontrolle verfügen, wozu eine klare Organisationsstruktur mit genau festgelegten, transparenten und kohärenten Zuständigkeiten, wirksame Verfahren zur Ermittlung, Steuerung, Überwachung und Meldung der tatsächlichen und potenziellen künftigen Risiken, angemessene interne Kontrollmechanismen, einschließlich solider Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren, sowie eine Vergütungspolitik und ‑praxis, die mit einem soliden und wirksamen Risikomanagement vereinbar und diesem förderlich sind, zählen.

104

Hierzu ist, wie die EBA und die ACPR geltend gemacht haben, festzustellen, dass das von Finanzinstituten vorgenommene Inverkehrbringen von Bankprodukten, die ohne Berücksichtigung der Eigenschaften der Zielmärkte und der betreffenden Verbraucher konzipiert und in den Markt eingeführt werden, geeignet ist, erhebliche Risiken für diese Institute hervorzurufen, insbesondere indem sie erheblichen Kosten im Zusammenhang mit ihrer Haftung und der Verhängung von Sanktionen gegen sie ausgesetzt werden.

105

Diese Feststellung spiegelt sich im Übrigen im Abschlussbericht der EBA vom 15. Juli 2015 über die streitigen Leitlinien wider, in dem zudem hervorgehoben wird, dass das Verhalten von Finanzinstituten, auch in Bezug auf das Privatkundengeschäft, für die Regulierungsbehörden nicht nur aus Sicht des Verbraucherschutzes, sondern auch unter dem Aspekt der Aufsicht und im Zusammenhang mit dem Ziel der Förderung des Marktvertrauens, der Finanzstabilität und der Integrität des Finanzsystems auf nationaler und europäischer Ebene von Bedeutung ist.

106

Da die streitigen Leitlinien, wie sich aus den Rn. 86 bis 92 des vorliegenden Urteils ergibt, festlegen sollen, wie die betreffenden Institute Regelungen für die Produktüberwachung und ‑Governance einbeziehen sollten, die darauf abzielen, die Berücksichtigung der Eigenschaften der Zielmärkte und der betreffenden Verbraucher in ihren internen Strukturen und Verfahren sicherzustellen, ist davon auszugehen, dass damit Grundsätze zur Gewährleistung wirksamer Verfahren zur Ermittlung, Steuerung und Überwachung von Risiken und angemessener interner Kontrollmechanismen im Sinne von Art. 74 Abs. 1 der Richtlinie 2013/36 festgelegt werden, um das Vorhandensein der in dieser Bestimmung geforderten soliden Regelungen für die Unternehmensführung und ‑kontrolle sicherzustellen.

107

Da Art. 74 Abs. 3 dieser Richtlinie ausdrücklich vorsieht, dass die EBA bei der Herausgabe von Leitlinien für die in Art. 74 Abs. 1 genannten Regelungen, Verfahren und Mechanismen im Einklang mit Art. 74 Abs. 2 handeln muss, ist zudem darauf hinzuweisen, dass die Aufnahme von Faktoren, die der Situation auf den Zielmärkten Rechnung tragen sollen, in diese Verfahren und Mechanismen als Beitrag zu der in Art. 74 Abs. 2 der Richtlinie verlangten Anpassung dieser Verfahren und Mechanismen an die Komplexität der dem Geschäftsmodell innewohnenden Risiken und die Geschäfte des Kreditinstituts anzusehen ist.

108

Diese Feststellungen werden weder durch den Umstand in Frage gestellt, dass sich die streitigen Leitlinien speziell auf die Produktüberwachung und ‑Governance beziehen, noch durch die besondere Stellung, die diese Leitlinien den Interessen, Zielen und Eigenschaften von Verbrauchern einräumen, auch wenn diese Gesichtspunkte in Art. 74 der Richtlinie 2013/36 nicht unmittelbar erwähnt werden.

109

Zum einen ist, wie in Textziffer 5 der streitigen Leitlinien hervorgehoben wird, die Eignung von Produkten für einzelne Verbraucher nicht Gegenstand dieser Leitlinien.

110

Aus den Rn. 86 bis 92 des vorliegenden Urteils ergibt sich vielmehr, dass diese Leitlinien auf die Interessen, Ziele und Eigenschaften von Verbrauchern nur Bezug nehmen, um die Berücksichtigung dieser Interessen, Ziele und Eigenschaften in den Risikomanagementverfahren und internen Kontrollmechanismen der betreffenden Institute zu gewährleisten.

111

Zum anderen ist zwar festzustellen, dass sich die in den Art. 76 bis 95 der Richtlinie 2013/36 festgelegten technischen Kriterien, auf die Art. 74 Abs. 2 dieser Richtlinie verweist, weder speziell auf die Überwachung und Governance von Bankprodukten noch speziell auf die Interessen, Ziele und Eigenschaften von Verbrauchern beziehen.

112

Jedoch bedeutet der Umstand, dass nach Art. 74 Abs. 2 dieser Richtlinie diesen technischen Kriterien Rechnung zu tragen ist, nicht, dass die soliden Regelungen für die Unternehmensführung und ‑kontrolle im Sinne von Art. 74 Abs. 1 der Richtlinie ausschließlich auf der Grundlage dieser technischen Kriterien zu definieren wären.

113

Daraus folgt, dass die streitigen Leitlinien als erforderlich angesehen werden können, um die kohärente und wirksame Anwendung von Art. 74 Abs. 1 der Richtlinie 2013/36 sicherzustellen.

114

Zweitens werden in Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2007/64 Instituten, die Zahlungsdienste erbringen wollen, Verpflichtungen auferlegt, die in entsprechender Weise formuliert sind wie die in Art. 74 Abs. 1 der Richtlinie 2013/36 genannten.

115

Somit ergibt sich aus den Erwägungen in den Rn. 103 bis 110 des vorliegenden Urteils, dass die streitigen Leitlinien, die neben anderen Produkten auch Zahlungsdienste erfassen, als erforderlich angesehen werden können, um die kohärente und wirksame Anwendung von Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2007/64 sicherzustellen.

116

Drittens gilt das Gleiche für Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/110, da diese Bestimmung lediglich die Anwendung bestimmter Artikel der Richtlinie 2007/64, zu denen ihr Art. 10 gehört, auf E‑Geld‑Institute vorsieht.

117

Viertens bestimmt Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2014/17 u. a., dass der Kreditgeber, der Kreditvermittler oder der benannte Vertreter bei der Gestaltung, Gewährung oder Vermittlung von Wohnimmobilienkreditverträgen für Verbraucher oder der Erbringung von Beratungsdienstleistungen zu diesen unter Berücksichtigung der Rechte und Interessen der Verbraucher ehrlich, redlich, transparent und professionell handelt.

118

Diese Bestimmung sieht auch vor, dass im Zusammenhang mit der Gewährung oder Vermittlung dieser Kredite oder der Erbringung von Beratungsdienstleistungen zu diesen Krediten Informationen über die Umstände des Verbrauchers, von ihm angegebene konkrete Bedürfnisse und realistische Annahmen bezüglich der Risiken für die Situation des Verbrauchers während der Laufzeit des Kreditvertrags zugrunde zu legen sind.

119

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es in der Leitlinie 1 der streitigen Leitlinien heißt, dass die beschriebenen Regelungen für die Produktüberwachung und ‑Governance darauf abzielen sollten, sicherzustellen, dass bei der Konzeption und Markteinführung von Produkten den Interessen, Zielen und Eigenschaften von Verbrauchern entsprochen und potenzieller Schaden für Verbraucher vermieden wird.

120

Sodann setzt die Berücksichtigung der Interessen, Ziele und Eigenschaften des oder der Zielmärkte, die Gegenstand der Leitlinien 3 und 11 der streitigen Leitlinien ist, voraus, dass die Situation der auf diesen Märkten vertretenen Verbraucher ermittelt und anschließend in die Entscheidungsprozesse einbezogen wird.

121

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die in den Leitlinien 4, 5, 7, 9 und 12 genannten konkreten Maßnahmen unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Berücksichtigung der Interessen, Ziele und Eigenschaften von Verbrauchern in verschiedenen Stadien der Konzeption und Markteinführung der in Rede stehenden Produkte festgelegt werden.

122

Daher können die streitigen Leitlinien als erforderlich angesehen werden, um die kohärente und wirksame Anwendung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2014/17 sicherzustellen.

123

Somit sind die streitigen Leitlinien als in den Tätigkeitsbereich der EBA fallend anzusehen, wie er in Art. 1 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1093/2010 allgemein definiert ist.

124

Als Zweites ist zu prüfen, ob die streitigen Leitlinien in den spezifischen Rahmen fallen, den der Unionsgesetzgeber für die Ausübung der Befugnis der EBA zur Herausgabe von Leitlinien festgelegt hat.

125

Insoweit ergibt sich erstens insbesondere aus den in den Rn. 119 bis 121 des vorliegenden Urteils dargelegten Gesichtspunkten, dass die streitigen Leitlinien zum Verbraucherschutz sowie zum Einleger- und Anlegerschutz im Sinne von Art. 1 Abs. 5 Buchst. f und Art. 8 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 1093/2010 beitragen sollen.

126

Zweitens sind die streitigen Leitlinien in Anbetracht der Erwägungen in den Rn. 104 und 110 des vorliegenden Urteils auch mit den der EBA nach Art. 1 Abs. 5 Buchst. e übertragenen Aufgaben in Bezug auf die Regulierung der Risikoübernahme durch die Finanzinstitute in Zusammenhang zu bringen.

127

Drittens sind die streitigen Leitlinien als Beitrag zur Schaffung kohärenter, effizienter und wirksamer Aufsichtspraktiken innerhalb des ESFS anzusehen, auf die Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1093/2010 Bezug nehmen.

128

Mit diesen Leitlinien werden nämlich unmittelbar die Grundsätze umgesetzt, die in dem von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, von der EBA und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung angenommenen Gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Aufsichtsbehörden zu Produktaufsicht und Governance-Prozessen durch die Produkthersteller (JC‑2013‑77) festgelegt sind.

129

Insbesondere sieht dieser Gemeinsame Standpunkt, der den Verbraucherschutz stärken und die Stabilität, Effizienz und Integrität der Finanzmärkte gewährleisten soll, ausdrücklich vor, dass die EBA die Grundsätze anwendet, die dieser Gemeinsame Standpunkt festlegt, um detailliertere Anforderungen an Überwachung und Governance von Bankprodukten zu entwickeln.

130

Folglich ist festzustellen, dass die streitigen Leitlinien in den spezifischen Rahmen fallen, den der Unionsgesetzgeber für die Ausübung der Befugnis der EBA zur Herausgabe von Leitlinien festgelegt hat, wie er sich aus Art. 8 Abs. 1 und 2 sowie Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1093/2010 ergibt.

131

Nach alledem ist davon auszugehen, dass die streitigen Leitlinien in die Zuständigkeit der EBA fallen, wie sie der Unionsgesetzgeber festgelegt hat.

132

Somit hat die Prüfung der dritten Frage nichts ergeben, was die Gültigkeit der streitigen Leitlinien in Frage stellen könnte.

Kosten

133

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 263 AEUV ist dahin auszulegen, dass Handlungen wie die Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) für Überwachung und Governance von Bankprodukten im Privatkundengeschäft vom 22. März 2016 (EBA/GL/2015/18) nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach diesem Artikel sein können.

 

2.

Art. 267 AEUV ist dahin auszulegen, dass der Gerichtshof nach diesem Artikel für die Beurteilung der Gültigkeit von Handlungen wie den Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) für Überwachung und Governance von Bankprodukten im Privatkundengeschäft vom 22. März 2016 (EBA/GL/2015/18) zuständig ist.

 

3.

Das Unionsrecht verlangt nicht, dass die Zulässigkeit einer gegen eine Handlung der Union erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit vor einem nationalen Gericht voraussetzt, dass diese Handlung den Einzelnen, der diese Einrede erhebt, unmittelbar und individuell betrifft.

 

4.

Die Prüfung der dritten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde für Überwachung und Governance von Bankprodukten im Privatkundengeschäft vom 22. März 2016 (EBA/GL/2015/18) in Frage stellen könnte.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

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