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Document 62019CJ0407

Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 11. Februar 2021.
Katoen Natie Bulk Terminals NV und General Services Antwerp NV gegen Belgische Staat und Middlegate Europe NV gegen Ministerraad.
Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State und des Grondwettelijk Hof (Belgien).
Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 45 AEUV – Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Art. 49 AEUV – Niederlassungsfreiheit – Art. 56 AEUV – Freier Dienstleistungsverkehr – Ausführung von Hafenarbeiten – Hafenarbeiter – Zugang zum Beruf und Einstellung – Modalitäten für die Anerkennung von Hafenarbeitern – Hafenarbeiter, die nicht zu dem von den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Kontingent gehören – Begrenzung der Dauer des Arbeitsvertrags – Mobilität der Hafenarbeiter zwischen den verschiedenen Hafengebieten – Arbeitnehmer, die logistische Arbeiten ausführen – Sicherheitsbescheinigung – Zwingende Gründe des Allgemeininteresses – Sicherheit in Hafengebieten – Schutz der Arbeitnehmer – Verhältnismäßigkeit.
Verbundene Rechtssachen C-407/19 und C-471/19.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2021:107

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

11. Februar 2021 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 45 AEUV – Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Art. 49 AEUV – Niederlassungsfreiheit – Art. 56 AEUV – Freier Dienstleistungsverkehr – Ausführung von Hafenarbeiten – Hafenarbeiter – Zugang zum Beruf und Einstellung – Modalitäten für die Anerkennung von Hafenarbeitern – Hafenarbeiter, die nicht zu dem von den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Kontingent gehören – Begrenzung der Dauer des Arbeitsvertrags – Mobilität der Hafenarbeiter zwischen den verschiedenen Hafengebieten – Arbeitnehmer, die logistische Arbeiten ausführen – Sicherheitsbescheinigung – Zwingende Gründe des Allgemeininteresses – Sicherheit in Hafengebieten – Schutz der Arbeitnehmer – Verhältnismäßigkeit“

In den verbundenen Rechtssachen C‑407/19 und C‑471/19

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Raad van State (Staatsrat, Belgien) (C‑407/19) und vom Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof, Belgien) (C‑471/19) mit Entscheidungen vom 16. Mai und 6. Juni 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Mai und 20. Juni 2019, in den Verfahren

Katoen Natie Bulk Terminals NV,

General Services Antwerp NV

gegen

Belgische Staat (C‑407/19)

und

Middlegate Europe NV

gegen

Ministerraad (C‑471/19),

Beteiligte:

Katoen Natie Bulk Terminals NV,

General Services Antwerp NV,

Koninklijk Verbond der Beheerders van Goederenstromen (KVBG) CVBA,

MVH Logistics en Stuwadoring BV,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras (Berichterstatter), der Richter N. Piçarra, D. Šváby und S. Rodin sowie der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der General Services Antwerp NV, Katoen Natie Bulk Terminals NV und Middlegate Europe NV, vertreten durch M. Lebbe und E. Simons, advocaten,

der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck, M. Jacobs und C. Pochet als Bevollmächtigte im Beistand von P. Wytinck, D. D’Hooghe und T. Ruys, advocaten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Nijenhuis, S. L. Kalėda und B.‑R. Killmann als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. September 2020

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen in der Rechtssache C‑407/19 die Auslegung der Art. 34, 35, 45, 49, 56, 101, 102 und 106 Abs. 1 AEUV sowie in der Rechtssache C‑471/19 die Auslegung der Art. 49 und 56 AEUV, der Art. 15 und 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) sowie des Gleichheitsgrundsatzes.

2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen, in der Rechtssache C‑407/19, der Katoen Natie Bulk Terminals NV und der General Services Antwerp NV auf der einen Seite und dem Belgischen Staat auf der anderen Seite sowie, in der Rechtssache C‑471/19, zwischen der Middlegate Europe NV und dem Ministerraad (Ministerrat, Belgien) über die Gültigkeit einiger Bestimmungen des belgischen Rechts in Bezug auf die Organisation der Hafenarbeit und insbesondere über ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht.

Belgisches Recht

Gesetz über die Arbeitsverträge

3

Im belgischen Recht findet sich die allgemeine Regelung für Arbeitsverträge, insbesondere von Arbeitern, im Wet betreffende de arbeidsovereenkomsten (Gesetz über die Arbeitsverträge) vom 3. Juli 1978 (Belgisch Staatsblad, 22. August 1978, S. 9277).

Gesetz über die Hafenarbeit

4

Art. 1 der Wet betreffende de havenarbeid (Gesetz über die Hafenarbeit) vom 8. Juni 1972 (Belgisch Staatsblad, 10. August 1972, S. 8826) in der auf den Sachverhalt der Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz über die Hafenarbeit) sieht vor:

„Niemand darf in Hafengebieten Hafenarbeit von anderen Arbeitnehmern als anerkannten Hafenarbeitern verrichten lassen.“

5

Art. 2 dieses Gesetzes bestimmt:

„Für die Anwendung dieses Gesetzes gilt die vom König … vorgenommene Umschreibung der Hafengebiete und der Hafenarbeit.“

6

In Art. 3 des Gesetzes heißt es:

„Der König legt nach Stellungnahme des für das betreffende Hafengebiet zuständigen paritätischen Ausschusses die Bedingungen und Modalitäten für die Anerkennung der Hafenarbeiter fest.

…“

7

Art. 3 bis des Gesetzes lautet:

„Nach Stellungnahme des für das betreffende Hafengebiet zuständigen paritätischen Ausschusses kann der König die Arbeitgeber, die Hafenarbeiter in diesem Gebiet beschäftigen, verpflichten, einer von ihm anerkannten Arbeitgeberorganisation beizutreten, die als Beauftragte alle Verpflichtungen erfüllt, die sich nach den Regelungen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts und der sozialen Sicherheit aus der Beschäftigung von Hafenarbeitern für die Arbeitgeber ergeben.

Eine Arbeitgeberorganisation im Sinne des ersten Absatzes kann nur dann anerkannt werden, wenn sie bereits die Mehrheit der betroffenen Arbeitgeber zu ihren Mitgliedern zählt.“

Königlicher Erlass von 1973

8

Art. 1 des Koninklijk besluit tot oprichting en tot vaststelling van de benaming en van de bevoegdheid van het Paritair Comité van het havenbedrijf (Königlicher Erlass zur Schaffung des paritätischen Hafenausschusses und zur Festlegung seiner Bezeichnung und Zuständigkeit) vom 12. Januar 1973 (Belgisch Staatsblad, 23. Januar 1973, S. 877) in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: Königlicher Erlass von 1973) bestimmt:

„Es wird ein paritätischer Ausschuss mit der Bezeichnung ‚Paritätischer Hafenausschuss‘ (der für Arbeitnehmer im Allgemeinen und deren Arbeitgeber zuständig ist) eingesetzt für

alle Arbeitnehmer und ihre Arbeitgeber, die in Hafengebieten

A. als Haupt- oder Nebentätigkeit Hafenarbeit verrichten, d. h. jede Behandlung von Waren, die per See- oder Binnenschiff, Bahn oder Lastkraftwagen an- oder abtransportiert werden, und die mit diesen Waren im Zusammenhang stehenden Nebendienstleistungen, unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten in Docks, auf Wasserstraßen oder Kaianlagen oder in Einrichtungen ausgeübt werden, die sich auf die Einfuhr, die Ausfuhr und den Transit von Waren beziehen, sowie jede Behandlung von Waren, die per See- oder Binnenschiff auf Kaianlagen von Industrieeinrichtungen an- oder von diesen abtransportiert werden.

Es gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1. Behandlung von Waren:

a) Waren: sämtliche Waren einschließlich Container und Transportmittel, nur mit Ausnahme von:

Beförderung von Erdöl als Schüttgut, (flüssigen) Erdölerzeugnissen und flüssigen Rohstoffen für Raffinerien, die chemische Industrie und Lagerungs- und Verarbeitungstätigkeiten in Erdölanlagen;

durch Fischereifahrzeuge transportierte Fische,

unter Druck stehende Flüssiggase und Gase als Schüttgut.

b) Behandlung: das Beladen, Entladen, Stauen, Löschen, Umsetzen, Schütten, Trimmen, Ordnen, Sortieren, Kalibrieren, Stapeln, Abbauen sowie Zusammenstellen und Auflösen von Frachteinheiten.

2. Mit diesen Waren in Zusammenhang stehende Nebendienstleistungen: das Kennzeichnen, Wiegen, Messen, Berechnen des Volumens, Überprüfen, Entgegennehmen, Schützen (mit Ausnahme von Schutzdiensten, die von Unternehmen, die in die Zuständigkeit des Gemeinsamen Ausschusses für Schutz- und/oder Überwachungsdienstleistungen fallen, im Namen von Unternehmen erbracht werden, die dem Ausschuss für den Hafenbetrieb Bericht erstatten), Liefern, Beproben und Versiegeln, Laschen und Entlaschen.

…“

Königlicher Erlass von 2004

9

Vor seiner Änderung durch den Koninklijk besluit tot wijziging van het koninklijk besluit van 5 juli 2004 betreffende de erkenning van havenarbeiders in de havengebieden die onder het toepassingsgebied vallen van de wet van 8 juni 1972 betreffende de havenarbeid (Königlicher Erlass zur Abänderung des Königlichen Erlasses vom 5. Juli 2004 über die Anerkennung von Hafenarbeitern in den Hafengebieten, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes vom 8. Juni 1972 über die Hafenarbeit fallen) vom 10. Juli 2016 (Belgisch Staatsblad, 13. Juli 2016, S. 43879, im Folgenden: Königlicher Erlass von 2016) sah Art. 2 des Koninklijk besluit betreffende de erkenning van havenarbeiders in de havengebieden die onder het toepassingsgebied vallen van de wet van 8 juni 1972 betreffende de havenarbeid (Königlicher Erlass über die Anerkennung von Hafenarbeitern in den Hafengebieten, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes vom 8. Juni 1972 über die Hafenarbeit fallen) vom 5. Juli 2004 (Belgisch Staatsblad, 4. August 2004, S. 58908) vor:

„Nach ihrer Anerkennung werden die Hafenarbeiter entweder dem ‚allgemeinen Kontingent‘ oder dem ‚Logistik-Kontingent‘ zugeordnet.

Hafenarbeiter des allgemeinen Kontingents werden für die Durchführung jeglicher Hafenarbeiten im Sinne von Art. 1 des [Königlichen Erlasses von 1973] anerkannt.

Hafenarbeiter des Logistik-Kontingents werden für die Durchführung von Hafenarbeiten im Sinne von Art. 1 des [Königlichen Erlasses von 1973] an Orten anerkannt, an denen Waren in Vorbereitung ihrer späteren Verteilung oder Versendung einer Verarbeitung unterzogen werden, die mittelbar zu einem nachweisbaren Mehrwert führt.“

10

Mit dem Königlichen Erlass über die Anerkennung von Hafenarbeitern in den Hafengebieten, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes vom 8. Juni 1972 über die Hafenarbeit fallen, in der durch den Königlichen Erlass von 2016 geänderten Fassung (im Folgenden: Königlicher Erlass von 2004) wurde u. a. der Begriff „Kontingent“ durch den Begriff „Pool“ ersetzt. Art. 1 des Königlichen Erlasses von 2004 bestimmt:

„§ 1.   In jedem Hafengebiet werden die Hafenarbeiter von einem paritätisch eingerichteten Verwaltungsausschuss (im Folgenden: Verwaltungsausschuss) anerkannt, der innerhalb des für das betreffende Hafengebiet zuständigen paritätischen Unterausschusses gebildet wird.

Dieser Verwaltungsausschuss setzt sich zusammen aus:

1.

einem Vorsitzenden und einem stellvertretenden Vorsitzenden;

2.

vier Vollmitgliedern und vier Stellvertretern, die von den Arbeitgeberorganisationen ernannt werden, die im paritätischen Unterausschuss vertreten sind;

3.

vier Vollmitgliedern und vier Stellvertretern, die von den Arbeitnehmerorganisationen ernannt werden, die im paritätischen Unterausschuss vertreten sind;

4.

einem oder mehreren Schriftführer(n).

Die Bestimmungen des Königlichen Erlasses vom 6. November 1969 zur Festlegung der allgemeinen Modalitäten für die Arbeitsweise der Ausschüsse und der paritätischen Unterausschüsse sowie die in Art. 10 des vorliegenden Königlichen Erlasses vorgesehenen Sonderregelungen sind auf die Arbeitsweise des Verwaltungsausschusses anzuwenden.

§ 2.   Der Antrag auf Anerkennung ist schriftlich bei dem zuständigen paritätischen Unterausschuss mittels eines Formulars zu stellen, das zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wird.

In dem Antrag ist anzugeben, ob er für eine Beschäftigung im Pool oder außerhalb des Pools gestellt wird.

§ 3.   Unbeschadet der Regelung in § 1 Abs. 1 gilt für Arbeitnehmer, die eine Arbeit im Sinne von Art. 1 des [Königlichen Erlasses von 1973] an Orten verrichten, an denen Waren zur Vorbereitung ihrer weiteren Verteilung oder Versendung eine Veränderung erfahren, die mittelbar zu einem nachweislichen Mehrwert führt, und die über eine Sicherheitsbescheinigung verfügen und ‚logistische Arbeitnehmer‘ genannt werden, diese Sicherheitsbescheinigung als Anerkennung im Sinne des [Gesetzes über die Hafenarbeit].

Der Arbeitgeber, der mit einem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, beantragt für die Verrichtung der im vorstehenden Absatz genannten Tätigkeiten eine Sicherheitsbescheinigung; die Ausstellung erfolgt gegen Vorlage des Personalausweises und des Arbeitsvertrags. Die Modalitäten dieses Verfahrens werden durch Tarifvertrag festgelegt.“

11

Art. 2 dieses Königlichen Erlasses sieht vor:

„§ 1.   Die Hafenarbeiter im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 1 werden nach ihrer Anerkennung entweder in den Pool von Hafenarbeitern aufgenommen oder nicht aufgenommen.

Bei der Entscheidung, ob sie in den Pool aufgenommen werden, ist dem Bedarf an Arbeitskräften Rechnung zu tragen.

§ 2.   Die Anerkennung der in den Pool aufgenommenen Hafenarbeiter ist befristet oder unbefristet.

Die Modalitäten der Dauer der Anerkennung werden durch Tarifvertrag festgelegt.

§ 3.   Hafenarbeiter, die nicht in den Pool aufgenommen werden, werden gemäß dem Gesetz … über die Arbeitsverträge unmittelbar mittels eines Arbeitsvertrags eingestellt.

Die Dauer der Anerkennung ist auf die Laufzeit dieses Arbeitsvertrags begrenzt.“

12

In Art. 4 des Königlichen Erlasses heißt es:

„§ 1.   Für die Anerkennung als Hafenarbeiter im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 1 gelten die folgenden Voraussetzungen:

2.

Der Arbeitnehmer wird vom externen Präventions- und Arbeitsschutzdienst, dem die gemäß Art. 3 bis des [Gesetzes über die Hafenarbeit] als Beauftragte benannte Arbeitgeberorganisation angehört, für in gesundheitlicher Hinsicht für die Hafenarbeit tauglich erklärt.

3.

Der Arbeitnehmer hat die psychometrischen Tests bestanden, die von dem Organ abgenommen werden, das von der gemäß Art. 3 bis des [Gesetzes über die Hafenarbeit] als Beauftragten benannten Arbeitgeberorganisation zu diesem Zweck benannt worden ist; der Zweck dieser Prüfungen besteht darin, festzustellen, ob der Bewerber auf die Stelle des Hafenarbeiters über eine hinreichende Intelligenz und eine geeignete Persönlichkeit und Motivation verfügt, um nach einer Ausbildung als Hafenarbeiter tätig werden zu können.

6.

Der Arbeitnehmer hat drei Wochen lang die Vorbereitungskurse für Arbeitssicherheit und zum Erwerb der fachlichen Eignung besucht und die Abschlussprüfung bestanden. Die dafür zuständige Behörde kann Anforderungen an die Qualität der Ausbildung, die frei erteilt werden kann, festlegen.

7.

In den letzten fünf Jahren ist seine Anerkennung als Hafenarbeiter nicht gemäß Art. 7 § 1 Nr. 1 oder 3 des vorliegenden Erlasses widerrufen worden;

8.

Im Fall der Anerkennung eines Hafenarbeiters nach Art. 2 § 3 muss dieser zudem über einen Arbeitsvertrag verfügen.

§ 2.   Die Anerkennung eines Hafenarbeiters gilt innerhalb der vom König gemäß Art. 35 und 37 des Gesetzes vom 5. Dezember 1968 über Tarifverträge und paritätische Ausschüsse festgelegten Grenzen eines jeden Hafengebiets.

Die Bedingungen und Modalitäten, unter denen ein Hafenarbeiter in einem anderen Hafengebiet als dem, in dem er anerkannt worden ist, beschäftigt werden kann, werden durch Tarifvertrag festgelegt.

Für den Fall, dass der Hafenarbeiter außerhalb des Hafengebiets beschäftigt wird, in dem er anerkannt worden ist, bleibt die gemäß Art. 3 bis des [Gesetzes über die Hafenarbeit] als Beauftragte benannte Arbeitgeberorganisation Beauftragte.

§ 3.   Hafenarbeiter, die nachweisen können, dass sie in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gleichwertige Bedingungen im Bereich der Hafenarbeit erfüllen, müssen diese Voraussetzungen für die Zwecke des vorliegenden Königlichen Erlasses nicht mehr erfüllen.

§ 4.   Die Anträge auf Anerkennung und erneute Anerkennung sind beim Verwaltungsausschuss zu stellen und werden von diesem bearbeitet.“

13

Art. 13/1 des Königlichen Erlasses bestimmt:

„1.   [Für den Zeitraum vor dem 30. Juni 2017] ist der Arbeitsvertrag im Sinne von Art. 2 § 3 Abs. 2 auf unbestimmte Dauer zu schließen;

2.   [Für den Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis 30. Juni 2018] ist der Arbeitsvertrag im Sinne von Art. 2 § 3 Abs. 2 mit einer Laufzeit von mindestens zwei Jahren zu schließen;

3.   [Für den Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2019] ist der Arbeitsvertrag im Sinne von Art. 2 § 3 Abs. 2 mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr zu schließen;

4.   [Für den Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis 30. Juni 2020] ist der Arbeitsvertrag im Sinne von Art. 2 § 3 Abs. 2 mit einer Laufzeit von mindestens sechs Monaten zu schließen.“

14

Art. 15/1 des Königlichen Erlasses von 2004 sieht vor:

„Für die Anwendung dieses Königlichen Erlasses gilt Folgendes:

1. Die nach dem früheren Art. 2 § 2 anerkannten Hafenarbeiter werden vorbehaltlich der Anwendung der Art. 5 bis 9 dieses Königlichen Erlasses von Rechts wegen als in den Pool aufgenommene Hafenarbeiter gemäß Art. 2 § 1 anerkannt;

2. Die nach dem früheren Art. 2 § 3 anerkannten Hafenarbeiter werden vorbehaltlich der Anwendung der Art. 5 bis 9 dieses Königlichen Erlasses von Rechts wegen den logistischen Arbeitnehmern im Sinne von Art. 1 § 3 gleichgestellt.“

Ausgangsrechtsstreitigkeiten, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

Rechtssache C‑407/19

15

Katoen Natie Bulk Terminal und General Services Antwerp sind zwei in Belgien niedergelassene Unternehmen, zu deren Unternehmenszweck Hafenarbeiten in Belgien und im Ausland gehören.

16

Am 5. September 2016 erhoben diese beiden Unternehmen beim vorlegenden Gericht in der Rechtssache C‑407/19, dem Raad van State (Staatsrat, Belgien), Klage auf Nichtigerklärung des Königlichen Erlasses von 2016.

17

Dieser Königliche Erlass wurde im Anschluss an das Mahnschreiben der Europäischen Kommission an das Königreich Belgien vom 28. März 2014 erlassen, in dem festgestellt wird, dass die belgische Regelung über die Hafenarbeit gegen Art. 49 AEUV verstoße. Die Kommission führte im Wesentlichen aus, dass die belgische Regelung über die Beschäftigung von Hafenarbeitern ausländische Unternehmen davon abhalte, Niederlassungen in Belgien zu errichten, da sie die Angehörigen ihres Personals nicht frei wählen könnten, sondern verpflichtet seien, auch für logistische Aufgaben die anerkannten Hafenarbeiter einzusetzen, die zudem nur in einem begrenzten geografischen Gebiet eingesetzt werden könnten. Nachdem der Königliche Erlass von 2016 erlassen worden war, beschloss die Kommission am 17. Mai 2017, das Vertragsverletzungsverfahren einzustellen.

18

Der Raad van State (Staatsrat) führt zunächst aus, dass der Königliche Erlass von 2016, bei dem es sich um ein materielles Gesetz handele, dessen Nichtigerklärung erga omnes im Rahmen des bei ihm anhängigen objektiven Rechtsstreits beantragt werde, unterschiedslos für Unternehmen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Hafenarbeit in belgischen Hafengebieten verrichteten oder ausführen ließen, dort niedergelassen seien oder sich dort niederlassen wollten, ohne Ansehung ihrer Staatsangehörigkeit gelte.

19

Dieses Gericht weist auch darauf hin, dass der Königliche Erlass von 2004 die Hafenarbeit in (maritimen) Hafengebieten in Belgien regele, darunter die Häfen von Antwerpen (Belgien) und Zeebrugge (Belgien), die Seehäfen seien, die der internationalen Beförderung dienten, d. h. in einem von starkem Wettbewerbsdruck geprägten Umfeld. Daher dürften folgende Aspekte nicht außer Acht gelassen werden: das eindeutig grenzüberschreitende Interesse der maritimen Hafengebiete, insbesondere im Hinblick auf die dort stattfindenden Ein- und Ausfuhrtätigkeiten, die zahlreichen dort tätigen internationalen Wirtschaftsteilnehmer, insbesondere aus anderen Mitgliedstaaten, die dort im Bereich des internationalen Handels ausgeübten Handelstätigkeiten und die Attraktivität eines Ortes, der für ausländische Wirtschaftsteilnehmer und Arbeitnehmer, gegebenenfalls aus nahe gelegenen Mitgliedstaaten, die diese Wirtschaftsteilnehmer für die Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit einsetzen wollten, von Interesse sein könnte. In Anbetracht dieser Erwägungen ist dieses Gericht der Auffassung, dass der bei ihm anhängige Rechtsstreit keinen rein innerstaatlichen Sachverhalt im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs betreffe.

20

Zur durch Art. 45 AEUV garantierten Freizügigkeit der Arbeitnehmer führt der Raad van State (Staatsrat) aus, Katoen Natie Bulk Terminals und General Services Antwerp seien belgische Logistikunternehmen, die ihre Tätigkeiten in belgischen Hafengebieten ausübten und in der Lage sein wollten, zur Erreichung ihres Unternehmenszwecks andere Hafenarbeiter als anerkannte Hafenarbeiter unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit zu beschäftigen. Als Arbeitgeber, die beabsichtigen, in dem Mitgliedstaat, in dem sie ansässig seien, Arbeitnehmer zu beschäftigen, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats seien, könnten sich diese Unternehmen daher auf die in Art. 45 AEUV verankerte Freizügigkeit der Arbeitnehmer berufen. Soweit sich ergebe, dass die im Königlichen Erlass von 2004 enthaltenen Bedingungen die Ausführung von Hafenarbeiten im belgischen Hoheitsgebiet für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten erschwerten und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer behinderten, müssten Arbeitgeber wie diese Unternehmen auch eine solche Regelung anfechten können. Dies zeige auch, dass der bei diesem Gericht anhängige Rechtsstreit nicht auf einen rein innerstaatlichen Sachverhalt reduziert werden könne.

21

Zum Gegenstand des Rechtsstreits führt der Raad van State (Staatsrat) aus, dass Katoen Natie Bulk Terminals und General Services Antwerp im Wesentlichen sieben im Königlichen Erlass von 2004 enthaltene Maßnahmen beanstandeten, die durch den Königlichen Erlass von 2016 eingeführt oder geändert worden seien.

22

Dieses Gericht geht davon aus, dass alle diese Maßnahmen ein Hindernis für die durch den AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten darstellten, da sie für Arbeitnehmer, auch die aus einem anderen Mitgliedstaat stammenden, die Ausübung von Hafenarbeiten in einem belgischen Hafengebiet und die Einstellung solcher Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber erschweren oder weniger attraktiv machen könnten.

23

Zu einer etwaigen Rechtfertigung dieser Hindernisse aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses weist dieses Gericht darauf hin, dass Katoen Natie Bulk Terminals und General Services Antwerp in Zweifel zögen, dass diese Maßnahmen in ihrer Allgemeinheit „geeignet“ seien, das verfolgte Ziel zu erreichen, das darin bestehe, die Sicherheit in den Hafengebieten und damit die Sicherheit und den arbeitsrechtlichen Schutz der Hafenarbeiter zu gewährleisten. Sie zögen auch in Zweifel, dass diese Maßnahmen verhältnismäßig seien und nicht über das zur Erreichung dieses Ziels Erforderliche hinausgingen, obwohl sie diskriminierungsfrei seien.

24

Was erstens die obligatorische Anerkennung aller Hafenarbeiter, die nicht damit betraut sind, logistische Aufgaben zu erfüllen, durch den Verwaltungsausschuss im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Königlichen Erlasses von 2004, der sich aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen zusammensetzt (im Folgenden: Verwaltungsausschuss), das Fehlen hinreichender Verfahrensgarantien in dieser Hinsicht und die Notwendigkeit betrifft, dem Arbeitskräftebedarf bei der Berücksichtigung im Pool Rechnung zu tragen, stellt der Raad van State (Staatsrat) fest, dass im belgischen Recht eine positive oder negative Entscheidung des Verwaltungsausschusses über die Erteilung einer Anerkennung als Hafenarbeiter unmittelbar mit einem gerichtlichen Rechtsbehelf angefochten werden könne.

25

Zweitens fragt sich der Raad van State (Staatsrat) in Bezug auf die Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung und des Bestehens der psychometrischen Tests insbesondere, ob die zusätzliche Voraussetzung in Art. 4 Abs. 1 Nr. 8 des Königlichen Erlasses von 2004, wonach der Arbeitnehmer zudem über einen Arbeitsvertrag verfügen müsse, zur Erreichung des verfolgten Ziels, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten, geeignet sei.

26

Was drittens die Dauer der Anerkennung der nicht in den Pool aufgenommenen Arbeitnehmer sowie die mit dem Königlichen Erlass von 2004 eingeführte Übergangsregelung anbelangt, führt der Raad van State (Staatsrat) aus, dass der Arbeitnehmer immer dann, wenn er einen Arbeitsvertrag erhalte, das Anerkennungsverfahren durchlaufen müsse, unabhängig davon, aus welchem Grund sein vorheriger Arbeitsvertrag beendet worden sei.

27

Viertens weist der Raad van State (Staatsrat) darauf hin, dass aufgrund der im Königlichen Erlass von 2004 vorgesehenen Übergangsregelung ein vor dem 30. Juni 2017 geschlossener Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit habe geschlossen werden müssen. Ein Vertrag, der ab dem 1. Juli 2017 geschlossen worden sei, habe zunächst für eine Dauer von mindestens zwei Jahren, ab dem 1. Juli 2018 für eine Dauer von mindestens einem Jahr und ab dem 1. Juli 2019 für eine Dauer von mindestens sechs Monaten geschlossen werden müssen. Erst ab dem 1. Juli 2020 habe die Dauer des Arbeitsvertrags frei bestimmt werden können. Somit sei der Status eines Hafenarbeiters, der nach Art. 2 § 3 des Königlichen Erlasses von 2004 der allgemeinen Regelung des Gesetzes über die Arbeitsverträge unterliege, deutlich weniger attraktiv als der Status eines in den Pool aufgenommenen Hafenarbeiters, was eine ungerechtfertigte Beschränkung der Freizügigkeit darstellen könne.

28

Fünftens führt der Raad van State (Staatsrat) zur von Rechts wegen erfolgenden Anerkennung aller Hafenarbeiter, die als Hafenarbeiter „in den Pool aufgenommen“ worden seien, aus, dass diese Maßnahme nach den Angaben von Katoen Natie Bulk Terminals und General Services Antwerp den Arbeitgebern das Recht nehme, qualifizierte Arbeitskräfte an sich zu binden, indem sie unmittelbar mit den Hafenarbeitern einen festen Arbeitsvertrag schlössen, der ihnen nach den Regeln des allgemeinen Arbeitsrechts Beschäftigungssicherheit biete, da diese Arbeiter „von Rechts wegen“ im Pool verblieben. Es stelle sich die Frage, ob eine solche Maßnahme im Hinblick auf das verfolgte Ziel geeignet und verhältnismäßig und daher mit der Niederlassungsfreiheit sowie der Freizügigkeit der Arbeitnehmer vereinbar sei.

29

Sechstens fragt sich der Raad van State (Staatsrat) in Bezug auf die Verpflichtung, durch einen Tarifvertrag die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für Arbeitnehmer festzulegen, die in einem anderen Hafengebiet als dem, in dem sie anerkannt wurden, arbeiten wollen, ob eine solche Maßnahme zumutbar und verhältnismäßig sei oder ob, wie Katoen Natie Bulk Terminals und General Services Antwerp geltend machten, nicht ernsthaft behauptet werden könne, dass die Mobilität von Arbeitnehmern zwischen verschiedenen Hafengebieten aus Gründen der Sicherheit in den Hafengebieten eingeschränkt oder zusätzlichen Bedingungen unterworfen werden müsse.

30

Was schließlich siebtens die Verpflichtung der Arbeitnehmer, die logistische Arbeit im Sinne von Art. 1 § 3 des Königlichen Erlasses von 2004 erbringen (im Folgenden: logistische Arbeitnehmer), über eine „Sicherheitsbescheinigung“ zu verfügen, betrifft, ist der Raad van State (Staatsrat) der Ansicht, dass eine solche Maßnahme die Sicherheit im Allgemeinen und damit auch die Sicherheit der betroffenen Arbeitnehmer gewährleisten solle. Es stelle sich jedoch die Frage, ob eine solche Maßnahme, ausgelegt in dem Sinne, dass die Sicherheitsbescheinigung immer dann beantragt werden müsse, wenn ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen werde, nicht einen erheblichen und im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand darstelle.

31

Unter diesen Umständen hat der Raad van State (Staatsrat) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Sind die Art. 49, 56, 45, 34, 35, 101 oder 102 AEUV, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 AEUV, dahin auszulegen, dass sie der Regelung in Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 des Königlichen Erlasses von 2004 entgegenstehen, nämlich der Regelung, wonach Hafenarbeiter im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 1 dieses Königlichen Erlasses bei ihrer Anerkennung durch einen – aus von den im betreffenden paritätischen Unterausschuss vertretenen Arbeitgeberorganisationen einerseits und den darin vertretenen Arbeitnehmerorganisationen andererseits benannten Mitgliedern paritätisch zusammengesetzten – Verwaltungsausschuss entweder in den Pool von Hafenarbeitern aufgenommen oder nicht aufgenommen werden, wobei dem Bedarf an Arbeitskräften Rechnung getragen wird, wenn gleichzeitig berücksichtigt wird, dass für diesen Verwaltungsausschuss keine Entscheidungsfrist vorgesehen und gegen seine Anerkennungsentscheidungen lediglich ein gerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist?

2.

Sind die Art. 49, 56, 45, 34, 35, 101 oder 102 AEUV, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 AEUV, dahin auszulegen, dass sie der mit Art. 4 § 1 Nrn. 2, 3, 6 und 8 des Königlichen Erlasses von 2004 eingeführten Regelung entgegenstehen, nämlich der Regelung, wonach eine Anerkennung als Hafenarbeiter voraussetzt, dass der Arbeitnehmer a) vom externen Präventions- und Arbeitsschutzdienst, dem die gemäß Art. 3 bis des Gesetzes über die Hafenarbeit als Beauftragte benannte Arbeitgeberorganisation angehört, für in gesundheitlicher Hinsicht tauglich erklärt wird, b) die psychometrischen Prüfungen bestanden hat, die das von der anerkannten Arbeitgeberorganisation gemäß Art. 3 bis des Gesetzes über die Hafenarbeit hierfür als Beauftragter benannte Organ abgenommen hat, c) drei Wochen lang die Vorbereitungskurse für Arbeitssicherheit und zum Erwerb der fachlichen Eignung besucht und die Abschlussprüfung bestanden hat, sowie d) bereits über einen Arbeitsvertrag verfügt, wenn es um einen Hafenarbeiter geht, der nicht in den Pool aufgenommen wird, wobei ausländische Hafenarbeiter in Verbindung mit Art. 4 § 3 des Königlichen Erlasses von 2004 nachweisen können müssen, dass sie in einem anderen Mitgliedstaat gleichwertige Bedingungen erfüllen, damit sie diesen Voraussetzungen für die Zwecke der angefochtenen Regelung nicht mehr unterworfen werden?

3.

Sind die Art. 49, 56, 45, 34, 35, 101 oder 102 AEUV, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 AEUV, dahin auszulegen, dass sie der mit Art. 2 § 3 des Königlichen Erlasses von 2004 eingeführten Regelung entgegenstehen, nämlich der Regelung, wonach die Dauer der Anerkennung von Hafenarbeitern, die nicht in den Pool aufgenommen und deshalb von einem Arbeitgeber gemäß dem Gesetz über die Arbeitsverträge unmittelbar mit einem Arbeitsvertrag eingestellt werden, auf die Laufzeit dieses Arbeitsvertrags begrenzt wird, so dass jeweils ein neues Anerkennungsverfahren eingeleitet werden muss?

4.

Sind die Art. 49, 56, 45, 34, 35, 101 oder 102 AEUV, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 AEUV, dahin auszulegen, dass sie der mit Art. 13/1 des Königlichen Erlasses von 2004 eingeführten Regelung entgegenstehen, nämlich der Übergangsmaßnahme, wonach der Arbeitsvertrag, von dem in der dritten Vorlagefrage die Rede ist, in einem ersten Schritt auf unbestimmte Zeit, in einem zweiten Schritt ab dem 1. Juli 2017 für mindestens zwei Jahre, in einem dritten Schritt ab dem 1. Juli 2018 für mindestens ein Jahr, in einem vierten Schritt ab dem 1. Juli 2019 für mindestens sechs Monate und in einem fünften Schritt ab dem 1. Juli 2020 mit einer frei bestimmbaren Laufzeit geschlossen worden sein muss?

5.

Sind die Art. 49, 56, 45, 34, 35, 101 oder 102 AEUV, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 AEUV, dahin auszulegen, dass sie der Regelung in Art. 15/1 des Königlichen Erlasses von 2004 entgegenstehen, nämlich der (Übergangs‑)Maßnahme, wonach die unter der alten Regelung anerkannten Hafenarbeiter von Rechts wegen als Pool-Hafenarbeiter anerkannt werden, wodurch die Möglichkeit eines Arbeitgebers, diese Hafenarbeiter unmittelbar (mit einem festen Vertrag) zu beschäftigen, eingeschränkt wird und Arbeitgeber daran gehindert werden, gute Arbeitskräfte an sich zu binden, indem sie mit ihnen unmittelbar einen festen Vertrag schließen und ihnen nach den Regeln des allgemeinen Arbeitsrechts Beschäftigungssicherheit bieten?

6.

Sind die Art. 49, 56, 45, 34, 35, 101 oder 102 AEUV, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 AEUV, dahin auszulegen, dass sie der mit Art. 4 § 2 des Königlichen Erlasses von 2004 eingeführten Regelung entgegenstehen, nämlich der Regelung, wonach ein Tarifvertrag die Bedingungen und Modalitäten festlegt, unter denen ein Hafenarbeiter in einem anderen Hafengebiet als demjenigen beschäftigt werden kann, in dem er anerkannt worden ist, wodurch die Mobilität von Arbeitnehmern zwischen den Hafengebieten eingeschränkt wird, ohne dass der Gesetzgeber selbst klarstellt, welche Bedingungen oder Modalitäten dies sein können?

7.

Sind die Art. 49, 56, 45, 34, 35, 101 oder 102 AEUV, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 AEUV, dahin auszulegen, dass sie der mit Art. 1 § 3 des Königlichen Erlasses von 2004 eingeführten Regelung entgegenstehen, nämlich der Regelung, wonach (logistische) Arbeitnehmer, die im Sinne von Art. 1 des Königlichen Erlasses von 1973 an Orten Arbeit verrichten, an denen Waren zur Vorbereitung ihrer weiteren Verteilung oder Versendung eine Veränderung erfahren, die mittelbar zu einem nachweislichen Mehrwert führt, über eine Sicherheitsbescheinigung verfügen müssen, wobei diese Sicherheitsbescheinigung unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sie von einem Arbeitgeber beantragt wird, der mit einem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag über die Verrichtung entsprechender Tätigkeiten geschlossen hat, ihre Ausstellung gegen Vorlage des Arbeitsvertrags und des Personalausweises erfolgt und die Modalitäten des einzuhaltenden Verfahrens in einem Tarifvertrag festgelegt werden, ohne dass der Gesetzgeber in diesem Punkt Klarheit schafft, als eine Anerkennung im Sinne des Gesetzes über die Hafenarbeit gilt?

Rechtssache C‑471/19

32

Middlegate Europe ist ein europaweit tätiges Transportunternehmen mit Sitz in Zeebrugge. Im Rahmen des internationalen Güterkraftverkehrs bereiten ihre Arbeitnehmer auf dem Hafenkai von Zeebrugge mit Hilfe eines „tugmasters“ (Zugmaschine) u. a. die Beladung von Aufliegern für die Verschiffung in das Vereinigte Königreich und nach Irland vor.

33

Am 12. Januar 2011 wurde ein Arbeitnehmer, der im Rahmen einer internationalen Straßenbeförderung von Virton (Belgien) nach Bury (Vereinigtes Königreich) solche Beladungen vorbereitete, einer Polizeikontrolle unterzogen. Im Anschluss an diese Kontrolle leitete die Polizei ein Verfahren gegen Middlegate Europe wegen Verstoßes gegen Art. 1 des Gesetzes über die Hafenarbeit ein, weil Hafenarbeit von einem nicht anerkannten Hafenarbeiter ausgeführt worden sei.

34

Mit Bescheid vom 17. Januar 2013 wurde gegen Middlegate Europe eine Geldbuße in Höhe von 100 Euro verhängt. Sie erhob gegen diesen Bescheid Klage bei der Arbeidsrechtbank Gent, afdeling Brugge (Arbeitsgericht Gent, Abteilung Brügge, Belgien). Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 wies dieses Gericht die Klage als unbegründet ab. Der Arbeidshof te Gent (Arbeitsgerichtshof Gent, Belgien) wies die gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Berufung mit Urteil vom 3. November 2016 zurück.

35

Middlegate Europe legte daraufhin gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde beim Hof van Cassatie (Kassationsgerichtshof, Belgien) ein. Im Rahmen dieses Verfahrens machte sie geltend, dass die Art. 1 und 2 des Gesetzes über die Hafenarbeit gegen die Art. 10, 11 und 23 der belgischen Verfassung verstießen, da sie die Handels- und Gewerbefreiheit der Unternehmen verletzten. Auf Antrag von Middlegate Europe beschloss der Hof van Cassatie (Kassationsgerichtshof), dem vorlegenden Gericht in der Rechtssache C‑471/19, dem Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof, Belgien), zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

36

Dieses Gericht weist darauf hin, dass die in der belgischen Verfassung verankerte Handels- und Gewerbefreiheit in engem Zusammenhang mit der Berufsfreiheit, dem Recht, zu arbeiten, und der unternehmerischen Freiheit, die in den Art. 15 und 16 der Charta garantiert seien, und mit mehreren durch den AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten wie dem freien Dienstleistungsverkehr (Art. 56 AEUV) und der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) stehe.

37

Der Verfassungsgerichtshof ist erstens der Ansicht, dass die nach dem Gesetz über die Hafenarbeit den Unternehmen, die in einem Hafengebiet Hafenarbeiten durchführen wollen, einschließlich Tätigkeiten, die nicht mit dem Be- und Entladen von Schiffen im Zusammenhang stehen, auferlegte Verpflichtung, nur anerkannte Hafenarbeiter einzusetzen und zu diesem Zweck einer anerkannten Arbeitgeberorganisation beizutreten, gegenüber diesen Unternehmen die freie Wahl des Personals und die Freiheit, die Arbeitsbedingungen auszuhandeln, zu beschränken scheine.

38

Daher führten die Art. 1 und 2 des Gesetzes über die Hafenarbeit zu einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit im Sinne von Art. 49 AEUV. Angesichts der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere des Urteils vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien (C‑576/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2430), stelle sich die Frage, ob diese Beschränkung in Anbetracht der besonderen Merkmale und Umstände der nationalen Regelung über die Hafenarbeit gerechtfertigt sei.

39

Der belgische Gesetzgeber habe bei Erlass des Gesetzes über die Hafenarbeit das Ziel verfolgt, den Beruf des Hafenarbeiters dadurch zu schützen, dass er nicht anerkannten Arbeitnehmern untersagt habe, Hafenarbeit zu verrichten. Der Gesetzgeber habe nämlich, indem er den Status eines „anerkannten Hafenarbeiters“ – der eng mit den Besonderheiten, der Schwierigkeit und der Gefährlichkeit der Hafenarbeit zusammenhänge – gesetzlich verankert habe, die Tätigkeiten des Warenumschlags in den Häfen, deren Technik sich schnell weiterentwickele, ausschließlich Arbeitern mit solider beruflicher Ausbildung vorbehalten wollen, die dazu diene, sowohl ihre beruflichen Qualifikationen als auch ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten zu beurteilen. Mit der Einführung dieses Status und des damit verbundenen Arbeitsmonopols habe der Gesetzgeber zum einen auch dem Anliegen gerecht werden wollen, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten und Arbeitsunfälle zu verhindern, und zum anderen der Notwendigkeit, in einem Hafen, der Produktivität, Service und Wettbewerbsfähigkeit vereine, täglich Fachkräfte zur Verfügung zu haben. Indem der belgische Gesetzgeber die Mitgliedschaft des Arbeitgebers bei einer einzigen für das Hafengebiet zugelassenen Arbeitgeberorganisation vorgeschrieben habe, die als unterstützende Sozialagentur tätig werde, habe er außerdem die Gleichbehandlung aller Hafenarbeiter auf dem Gebiet der sozialen Rechte im Hinblick auf alle sozialrechtlichen Verpflichtungen gewährleisten wollen, die sich aus dem Status eines anerkannten Hafenarbeiters ergäben.

40

Zweitens weist der Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof) darauf hin, dass bis zum Tätigwerden des belgischen Gesetzgebers die schlichte und einfache Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Art. 1 und 2 des Gesetzes über die Hafenarbeit dazu führen könne, dass sich Tausende Hafenarbeiter unerwartet für eine gewisse Zeit in einer Situation großer Unsicherheit hinsichtlich ihres rechtlichen Status auf dem Arbeitsmarkt befänden, was für die Hafenarbeiter schädliche soziale und finanzielle Folgen haben könne. Unter diesen Umständen könnten sich auch die öffentlichen Stellen schwerwiegenden Folgen gegenübersehen.

41

Um gegebenenfalls Rechtsunsicherheit und soziale Spannungen zu vermeiden und um es dem belgischen Gesetzgeber zu ermöglichen, die Organisation der Hafenarbeit in den Hafengebieten mit den Verpflichtungen aus der belgischen Verfassung in Verbindung mit der Handels- und Gewerbefreiheit, die durch die Art. 15 und 16 der Charta garantiert werde, sowie Art. 49 AEUV, in Einklang zu bringen, weist der Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof) darauf hin, dass er nach belgischem Recht die Wirkungen der Art. 1 und 2 des Gesetzes über die Hafenarbeit vorläufig aufrechterhalten könne.

42

Unter diesen Umständen hat der Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Art. 49 AEUV, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 56 AEUV, den Art. 15 und 16 der Charta und dem Gleichheitsgrundsatz, dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die Personen oder Unternehmen, die Hafenarbeiten im Sinne des Gesetzes über die Hafenarbeit – einschließlich Tätigkeiten ohne Zusammenhang mit dem Be- und Entladen von Schiffen im strengen Sinne – in einem belgischen Hafengebiet verrichten möchten, dazu verpflichtet, dafür nur anerkannte Hafenarbeiter in Anspruch zu nehmen?

2.

Darf der Verfassungsgerichtshof, falls die erste Frage bejaht wird, die Wirkungen der in Frage stehenden Art. 1 und 2 des Gesetzes über die Hafenarbeit vorläufig aufrechterhalten, um Rechtsunsicherheit sowie soziale Spannungen zu vermeiden und es dem Gesetzgeber zu ermöglichen, sie mit den sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen in Einklang zu bringen?

43

Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 19. Juli 2020 sind die Rechtssachen C‑407/19 und C‑471/19 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

44

Mit Schriftsatz, der am 27. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, haben Katoen Natie Bulk Terminals, General Services Antwerp und Middlegate Europe beantragt, gemäß Art. 83 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens anzuordnen.

45

Zur Begründung ihres Antrags haben sie im Wesentlichen zum einen geltend gemacht, dass sich aus bestimmten Dokumenten, die nach der Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts zugänglich geworden seien, ergebe, dass sich die belgische Regierung und die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen des Hafensektors abgestimmt und beschlossen hätten, sich an die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung zu halten, auch wenn der Gerichtshof den Vorschlägen des Generalanwalts folgen sollte. Zum anderen haben sie den Gerichtshof auf neue nationale Rechtsprechung zur Hafenarbeit hingewiesen.

46

Nach Art. 83 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält, wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.

47

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Standpunkt, den die belgische Regierung und die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen im Hafensektor für den Fall einnehmen wollen, dass der Gerichtshof den Vorschlägen des Generalanwalts in seinen Schlussanträgen folgt, ist für die Beantwortung der Fragen der vorlegenden Gerichte in den vorliegenden Rechtssachen unerheblich. Ebenso wenig ist die aktuelle nationale Rechtsprechung, die Katoen Natie Bulk Terminals, General Services Antwerp und Middlegate Europe in ihrem Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung angeführt haben, erheblich. Es handelt sich zum einen um eine Entscheidung der spanischen Wettbewerbsbehörde, die im Anschluss an die Verkündung des Urteils vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien (C‑576/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2430), ergangen ist, und zum anderen um ein Urteil eines niederländischen Gerichts, das in keinem Zusammenhang mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung steht.

48

Soweit Katoen Natie Bulk Terminals, General Services Antwerp und Middlegate Europe in ihrem Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck bringen, dass sie mit bestimmten Bewertungen in den Schlussanträgen des Generalanwalts nicht einverstanden seien, ist außerdem zum einen darauf hinzuweisen, dass die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und seine Verfahrensordnung keine Möglichkeit für die Beteiligten vorsehen, eine Stellungnahme zu den Schlussanträgen des Generalanwalts einzureichen (Urteil vom 4. September 2014, Vnuk, C‑162/13, EU:C:2014:2146, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49

Zum anderen hat der Generalanwalt nach Art. 252 Abs. 2 AEUV die Aufgabe, öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen zu stellen, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist. Der Gerichtshof ist dabei weder an die Schlussanträge des Generalanwalts noch an ihre Begründung gebunden. Dass ein Beteiligter mit den Schlussanträgen des Generalanwalts nicht einverstanden ist, kann folglich unabhängig von den darin untersuchten Fragen für sich genommen kein Grund sein, der die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens rechtfertigt (Urteil vom 4. September 2014, Vnuk, C‑162/13, EU:C:2014:2146, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50

Nach alledem sieht der Gerichtshof keine Veranlassung, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens anzuordnen.

Zu den Vorlagefragen

Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs

51

Es ist festzustellen, dass sowohl in der Rechtssache C‑407/19 als auch in der Rechtssache C‑471/19 der Rechtsstreit nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist.

52

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es zum einen Sache des vorlegenden Gerichts ist, dem Gerichtshof anzugeben, inwieweit der bei ihm anhängige Rechtsstreit trotz seines rein innerstaatlichen Charakters einen Anknüpfungspunkt bezüglich der Vorschriften des Unionsrechts betreffend die Grundfreiheiten aufweist, der die Auslegung im Wege der Vorabentscheidung, um die ersucht wird, für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits erforderlich macht (Urteil vom 15. November 2016, Ullens de Schooten, C‑268/15, EU:C:2016:874, Rn. 55). Wie aus den Rn. 18 bis 20 des vorliegenden Urteils hervorgeht, hat der Raad van State (Staatsrat) in der Rechtssache C‑407/19 eingehend erläutert, inwiefern die internationale Ausrichtung der Hafengebiete in Belgien den Schluss zulässt, dass die von der anwendbaren nationalen Regelung erfassten Sachverhalte einen solchen Anknüpfungspunkt zum Unionsrecht aufweisen. Diese Erwägungen scheinen sich vollständig auf den Rechtsstreit übertragen zu lassen, über den der Grondwettelijk Hof (Verfassungsgericht) in der Rechtssache C‑471/19 zu entscheiden hat.

53

Zum anderen wird dann, wenn das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Rahmen eines Verfahrens zur Nichtigerklärung von Bestimmungen anruft, die nicht nur für Inländer, sondern auch für die Angehörigen der übrigen Mitgliedstaaten Geltung haben, die Entscheidung, die das vorlegende Gericht im Anschluss an das Vorabentscheidungsurteil treffen wird, auch in Bezug auf die Angehörigen der übrigen Mitgliedstaaten Wirkungen entfalten, was es rechtfertigt, dass der Gerichtshof die ihm im Zusammenhang mit den die Grundfreiheiten betreffenden Vorschriften des Vertrags gestellten Fragen trotz des Umstands beantwortet, dass die Merkmale des Ausgangsrechtsstreits sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (Urteil vom 15. November 2016, Ullens de Schooten, C‑268/15, EU:C:2016:874, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies gilt auch für den Fall, dass der Gerichtshof im Rahmen eines Verfahrens über die Vereinbarkeit solcher Bestimmungen des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht angerufen wird. Die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Bestimmungen sind unterschiedslos sowohl auf belgische Staatsangehörige als auch auf Angehörige anderer Mitgliedstaaten anwendbar.

54

Daraus folgt, dass der Gerichtshof für die Entscheidung über alle vorgelegten Fragen zuständig ist.

Zu den Vorlagefragen in der Rechtssache C‑471/19

Zur ersten Frage

55

Mit seiner ersten Frage in der Rechtssache C‑471/19 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 49 und 56 AEUV, die Art. 15 und 16 der Charta sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die Personen oder Unternehmen, die Hafenarbeiten – einschließlich Tätigkeiten ohne Zusammenhang mit dem Be- und Entladen von Schiffen im strengen Sinne – in einem Hafengebiet ausführen möchten, dazu verpflichtet, dafür nur Hafenarbeiter einzusetzen, die gemäß den in dieser Regelung festgelegten Bedingungen und Modalitäten als solche anerkannt sind.

56

Zunächst ist zur Vereinbarkeit einer nationalen Regelung, nach der Unternehmen, die Hafenarbeiten ausführen möchten, verpflichtet sind, nur anerkannte Hafenarbeiter einzusetzen, mit den Art. 15 und 16 der Charta darauf hinzuweisen, dass eine Prüfung der Beschränkung, die eine nationale Regelung in Bezug auf die Art. 49 und 56 AEUV darstellt, auch mögliche Beschränkungen der Ausübung der in den Art. 15 bis 17 der Charta vorgesehenen Rechte und Freiheiten erfasst, so dass es keiner getrennten Prüfung einer etwaigen Unvereinbarkeit mit der unternehmerischen Freiheit bedarf (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Dezember 2017, Global Starnet, C‑322/16, EU:C:2017:985, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57

Soweit das vorlegende Gericht in der Rechtssache C‑471/19 in seiner ersten Frage den Grundsatz der Gleichbehandlung erwähnt hat, ist festzustellen, dass eine nationale Regelung wie die in dieser Frage angesprochene unterschiedslos sowohl für gebietsansässige als auch für gebietsfremde Wirtschaftsteilnehmer gilt, die somit gleichbehandelt werden.

58

Aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich jedoch, dass die Art. 49 und 56 AEUV jeder nationalen Maßnahme entgegenstehen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, die aber geeignet ist, die Ausübung der durch diese Bestimmungen des Vertrags garantierten Freiheiten der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs durch die Bürger der Europäischen Union zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (Urteil vom 10. Juli 2014, Consorzio Stabile Libor Lavori Pubblici, C‑358/12, EU:C:2014:2063, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59

Wie das vorlegende Gericht in der Rechtssache C‑471/19 sowie der Generalanwalt in den Nrn. 52 und 53 seiner Schlussanträge ausgeführt haben, hindert eine Regelung eines Mitgliedstaats, die Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten, die sich in diesem Mitgliedstaat niederlassen wollen, um dort Hafenarbeiten auszuführen, oder die, ohne sich dort niederzulassen, Hafendienstleistungen erbringen wollen, verpflichtet, nur Hafenarbeiter einzusetzen, die nach dieser Regelung als solche anerkannt sind, ein solches Unternehmen daran, eigenes Personal einzusetzen oder andere nicht anerkannte Arbeitnehmer einzustellen, und ist daher geeignet, die Niederlassung des Unternehmens in dem betreffenden Mitgliedstaat oder die Erbringung von Dienstleistungen durch das Unternehmen in diesem Mitgliedstaat zu behindern oder weniger attraktiv zu machen.

60

Sie stellt daher eine Beschränkung der durch die Art. 49 und 56 AEUV garantierten Freiheiten dar (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien, C‑576/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2430, Rn. 37 und 38).

61

Solche Beschränkungen können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet sind, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, d. h., wenn es keine weniger einschränkenden Maßnahmen gibt, die es ermöglichen, dieses Ziel ebenso wirksam zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Dezember 2007, International Transport Workers’ Federation und Finnish Seamen’s Union, C‑438/05, EU:C:2007:772, Rn. 75, vom 10. Juli 2014, Consorzio Stabile Libor Lavori Pubblici, C‑358/12, EU:C:2014:2063, Rn. 31, und vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien, C‑576/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2430, Rn. 47 und 53).

62

Aus den in Rn. 39 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Angaben des vorlegenden Gerichts in der Rechtssache C‑471/19, die sich mit den Ausführungen der belgischen Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen decken, geht hervor, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bestimmungen des Gesetzes über die Hafenarbeit im Wesentlichen darauf abzielen, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten, Arbeitsunfälle zu verhüten, die Verfügbarkeit von Fachkräften im Hinblick auf die schwankende Nachfrage nach Arbeiten in diesen Gebieten sicherzustellen und die Gleichbehandlung aller Hafenarbeiter in Bezug auf soziale Rechte zu garantieren.

63

Erstens ist zu dem Ziel, die Gleichbehandlung aller Hafenarbeiter in Bezug auf die sozialen Rechte zu garantieren, darauf hinzuweisen, dass der Schutz der Arbeitnehmer einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellt, der eine Beschränkung der Verkehrsfreiheiten rechtfertigen kann (vgl. u. a. Urteile vom 11. Dezember 2007, International Transport Workers’ Federation und Finnish Seamen’s Union, C‑438/05, EU:C:2007:772, Rn. 77, und vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien, C‑576/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2430, Rn. 50).

64

Dieses Ziel kann jedoch nicht durch eine nationale Regelung erreicht werden, die Personen oder Unternehmen, die Hafenarbeiten in einem Hafengebiet ausführen wollen, verpflichtet, nur anerkannte Hafenarbeiter einzusetzen, da der bloße Umstand, als Hafenarbeiter anerkannt zu werden, für einen Hafenarbeiter nicht bedeutet, dass er zwangsläufig dieselben sozialen Rechte wie alle anderen anerkannten Hafenarbeiter genießt. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen geht nämlich hervor, dass dieses Ziel durch die Verpflichtung der Arbeitgeber von Hafenarbeitern, einer Einheitsorganisation beizutreten, erreicht werden könnte. Eine solche Verpflichtung kann nach Art. 3 bis des Gesetzes über die Hafenarbeit, der von der vorliegenden Frage nicht erfasst wird, auferlegt werden.

65

Was zweitens das Ziel betrifft, die Verfügbarkeit von Fachkräften sicherzustellen, ist, wenn man unterstellt, dass es als zwingender Grund des Allgemeininteresses im Sinne der in Rn. 61 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung angesehen werden kann, festzustellen, dass, wie der Generalanwalt in Nr. 68 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, ein starres System, das die Bildung eines begrenzten Kontingents anerkannter Hafenarbeiter vorsieht, auf das jedes Unternehmen, das Hafenarbeiten ausführen möchte, zwingend zurückgreifen muss, über das hinausgeht, was zur Erreichung des Ziels, die Verfügbarkeit von Fachkräften sicherzustellen, erforderlich ist.

66

Was drittens das spezifischere Ziel der Gewährleistung der Sicherheit in den Hafengebieten und der Verhütung von Arbeitsunfällen anbelangt, gehört der Schutz der Arbeitnehmer, wie sich aus Rn. 63 des vorliegenden Urteils ergibt, zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung der Freizügigkeit rechtfertigen können.

67

Gleiches gilt für das spezifischere Ziel, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2014, Kommission/Spanien, C‑576/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2430, Rn. 49 bis 52).

68

Insoweit kann, wie der Generalanwalt in den Nrn. 70 und 71 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nicht davon ausgegangen werden, dass die Art. 1 und 2 des Gesetzes über die Hafenarbeit für sich allein genommen ungeeignet oder unverhältnismäßig sind, um das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit in den Hafengebieten und der Verhütung von Arbeitsunfällen zu erreichen, da sie lediglich eine Regelung zur Anerkennung von Hafenarbeitern treffen, deren konkrete Durchführungsbedingungen und ‑modalitäten durch nach Art. 3 dieses Gesetzes erlassene Maßnahmen festzulegen sind.

69

Die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit einer solchen Regelung und folglich ihre Vereinbarkeit mit den Art. 49 und 56 AEUV sind nämlich umfassend unter Berücksichtigung aller Bedingungen für die Anerkennung von Hafenarbeitern sowie der Modalitäten für die Durchführung einer solchen Regelung zu beurteilen.

70

Eine nationale Regelung, nach der Unternehmen, die Hafendienstleistungen erbringen wollen, verpflichtet sind, anerkannte Hafenarbeiter einzusetzen, kann nur dann als in Bezug auf das verfolgte Ziel verhältnismäßig angesehen werden, wenn die Anerkennung der Hafenarbeiter auf objektiven, diskriminierungsfreien und im Voraus bekannten Kriterien beruht, damit dem Ermessen der für ihre Anerkennung zuständigen Behörde Grenzen gesetzt werden und seine missbräuchliche Ausübung verhindert wird (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Juli 2008, Kommission/Frankreich, C‑389/05, EU:C:2008:411, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71

Da das Ziel einer solchen Regelung darin besteht, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten und Arbeitsunfälle zu verhüten, dürfen sich außerdem die Bedingungen für die Anerkennung von Hafenarbeitern folgerichtig nur darauf beziehen, ob diese über die erforderlichen Qualifikationen und Fähigkeiten verfügen, um ihre Aufgaben sicher ausführen zu können.

72

Wie der Generalanwalt in Nr. 76 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann zu diesem Zweck gegebenenfalls vorgesehen werden, dass Hafenarbeiter für eine Anerkennung über eine ausreichende Berufsausbildung verfügen müssen.

73

Ein Erfordernis, dass eine solche Ausbildung von einer einzigen bestimmten Stelle in dem betreffenden Mitgliedstaat durchgeführt oder bescheinigt werden muss, ohne dass die etwaige Anerkennung der Betroffenen als Hafenarbeiter in einem anderen Mitgliedstaat der Union oder ihrer Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat der Union und der dort erworbenen beruflichen Qualifikationen berücksichtigt werden, wäre jedoch in Bezug auf das verfolgte Ziel unverhältnismäßig (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Februar 2015, Kommission/Belgien, C‑317/14, EU:C:2015:63, Rn. 27 bis 29).

74

Zudem ist, wie der Generalanwalt in Nr. 88 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, die Beschränkung der Zahl der Hafenarbeiter, die anerkannt werden können, und damit die Bildung eines begrenzten Kontingents solcher Arbeiter, auf die jedes Unternehmen, das Hafenarbeiten ausführen möchte, zwingend zurückgreifen muss, wenn man unterstellt, dass sie geeignet ist, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten, im Hinblick auf die Verwirklichung eines solchen Ziels sicher unverhältnismäßig.

75

Dieses Ziel lässt sich nämlich auch dadurch erreichen, dass jeder Arbeiter, der nachweisen kann, dass er über die erforderlichen beruflichen Fähigkeiten verfügt und gegebenenfalls eine geeignete Ausbildung absolviert hat, als Hafenarbeiter anerkannt werden kann.

76

Nach alledem ist auf die erste Frage in der Rechtssache C‑471/19 zu antworten, dass die Art. 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die Personen oder Unternehmen, die Hafenarbeiten – einschließlich Tätigkeiten ohne Zusammenhang mit dem Be- und Entladen von Schiffen im strengen Sinne – in einem Hafengebiet ausführen möchten, dazu verpflichtet, nur Hafenarbeiter einzusetzen, die gemäß den in Anwendung dieser Regelung festgelegten Bedingungen und Modalitäten als solche anerkannt sind, sofern diese Bedingungen und Modalitäten zum einen auf objektiven, diskriminierungsfreien und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, die den Hafenarbeitern aus anderen Mitgliedstaaten den Nachweis ermöglichen, dass sie in ihrem Herkunftsstaat Anforderungen erfüllen, die den für inländische Hafenarbeiter geltenden Anforderungen gleichwertig sind, und zum anderen kein begrenztes Kontingent von Arbeitern festlegen, die anerkannt werden können.

Zur zweiten Vorlagefrage in der Rechtssache C‑471/19

77

Die zweite Frage in der Rechtssache C‑471/19 betrifft den Fall, dass sich aus der Antwort auf die erste Frage ergibt, dass die Art. 49 und 56 AEUV einer nationalen Regelung wie den Art. 1 und 2 des Gesetzes über die Hafenarbeit entgegenstehen. Das vorlegende Gericht in dieser Rechtssache möchte wissen, ob es in einem solchen Fall die Wirkungen dieser Artikel vorläufig aufrechterhalten kann, um eine Rechtsunsicherheit und soziale Spannungen in dem betreffenden Mitgliedstaat zu vermeiden.

78

Aus der Antwort auf die erste Frage ergibt sich, dass nationale Bestimmungen wie die Art. 1 und 2 des Gesetzes zur Regelung der Hafenarbeit als solche nicht mit den in den Art. 49 und 56 AEUV verankerten Freiheiten unvereinbar sind, sondern dass die Beurteilung der Vereinbarkeit der in Anwendung dieser Bestimmungen eingeführten Regelung mit diesen Freiheiten unter Berücksichtigung aller Bedingungen und Modalitäten der Durchführung einer solchen Regelung einen umfassenden Ansatz erfordert.

79

Unter diesen Umständen ist die zweite Frage in der Rechtssache C‑471/19 nicht zu beantworten.

Zu den Vorlagefragen in der Rechtssache C‑407/19

Vorbemerkungen

80

Die Vorlagefragen in der Rechtssache C‑407/19 sollen es dem vorlegenden Gericht in dieser Rechtssache ermöglichen, die Vereinbarkeit verschiedener Bestimmungen des Königlichen Erlasses von 2004, in dem die Modalitäten der Durchführung der Bestimmungen des Gesetzes über die Hafenarbeit festgelegt sind, mit dem Unionsrecht zu beurteilen. Dieses Gericht bezieht sich dabei auf verschiedene vom Vertrag garantierte Verkehrsfreiheiten.

81

Insoweit geht erstens aus der Antwort auf die erste Vorlagefrage in der Rechtssache C‑471/19 hervor, dass eine solche Regelung unter die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr fällt, die in Art. 49 bzw. Art. 56 AEUV garantiert sind.

82

Zweitens fällt eine solche Regelung auch in den Anwendungsbereich von Art. 45 AEUV. Auf diese Bestimmung können sich nämlich nicht nur die Arbeitnehmer selbst berufen, sondern auch ihre Arbeitgeber. Das Recht der Arbeitnehmer, bei Einstellung und Beschäftigung nicht diskriminiert zu werden, kann nur dann seine volle Wirkung entfalten, wenn die Arbeitgeber ein entsprechendes Recht darauf haben, Arbeitnehmer nach Maßgabe der Bestimmungen über die Freizügigkeit einzustellen (Urteil vom 16. April 2013, Las, C‑202/11, EU:C:2013:239, Rn. 18). Sämtliche Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Freizügigkeit sollen daher den Unionsbürgern die Ausübung beruflicher Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Union erleichtern und stehen Maßnahmen entgegen, die die Unionsbürger benachteiligen könnten, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen. Folglich stehen diese Bestimmungen und insbesondere Art. 45 AEUV jeder Maßnahme entgegen, die, auch wenn sie ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gilt, geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten durch die Unionsangehörigen zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (Urteil vom 16. April 2013, Las, C‑202/11, EU:C:2013:239, Rn. 19 und 20 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

83

Drittens hat das vorlegende Gericht in der Rechtssache C‑407/19 in seinen Fragen auch die Art. 34 und 35 AEUV über den freien Warenverkehr angeführt, doch hat es nichts zu den konkreten Auswirkungen einer nationalen Regelung wie der in diesen Fragen angesprochenen auf diese Freiheit ausgeführt.

84

Jedenfalls prüft der Gerichtshof eine nationale Maßnahme, wenn sie sowohl den freien Dienstleistungsverkehr als auch den freien Warenverkehr beeinträchtigt, grundsätzlich nur im Hinblick auf eine dieser beiden Grundfreiheiten, wenn sich herausstellt, dass im konkreten Fall eine der beiden Freiheiten der anderen gegenüber völlig zweitrangig ist und ihr zugeordnet werden kann (Urteil vom 14. Oktober 2004, Omega, C‑36/02, EU:C:2004:614, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

85

Gleiches muss für eine Maßnahme gelten, die sowohl die Niederlassungsfreiheit oder die Freizügigkeit der Arbeitnehmer als auch den freien Warenverkehr berührt.

86

Doch selbst wenn eine nationale Regelung wie die in Rn. 80 des vorliegenden Urteils angeführte auch den freien Warenverkehr beschränken könnte, weil die Hafenarbeiter auch Leistungen im Zusammenhang mit der Beförderung von Waren, die in Häfen umgeschlagen werden, erbringen, liegt es auf der Hand, dass eine solche Beschränkung gegenüber den Beschränkungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit völlig zweitrangig wäre.

87

Viertens erwähnt das vorlegende Gericht in der Rechtssache C‑407/19 zwar in seinen Fragen an den Gerichtshof die Art. 101, 102 und 106 AEUV, doch hat es auch hierzu nichts ausgeführt, um dem Gerichtshof die Beurteilung zu ermöglichen, ob diese Bestimmungen dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen.

88

Im Übrigen hat der Gerichtshof, wie der Generalanwalt in Nr. 38 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, bereits entschieden, dass eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die Privatpersonen verpflichtet, für die Verrichtung von Hafenarbeiten ausschließlich anerkannte Hafenarbeiter in Anspruch zu nehmen, nicht unter die Art. 101, 102 und 106 Abs. 1 AEUV fällt, da Hafenarbeiter auch nicht gemeinsam betrachtet als „Unternehmen“ im Sinne dieser Bestimmungen angesehen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 1999, Becu u. a., C‑22/98, EU:C:1999:419, Rn. 27, 30 und 31).

89

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen sind die Vorlagefragen in der Rechtssache C‑407/19 nur anhand der Art. 45, 49 und 56 AEUV zu prüfen.

90

Insoweit ergibt sich aus den Rn. 59 und 60 des vorliegenden Urteils, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, die wie die Art. 1 und 2 des Gesetzes über die Hafenarbeit gebietsfremde Unternehmen, die sich in diesem Mitgliedstaat niederlassen wollen, um dort Hafenarbeiten auszuführen, oder die, ohne sich dort niederzulassen, dort Hafendienstleistungen erbringen wollen, verpflichtet, nur Hafenarbeiter einzusetzen, die gemäß dieser Regelung anerkannt sind, eine Beschränkung der durch die Art. 49 und 56 AEUV garantierten Freiheiten darstellt.

91

Eine nationale Regelung wie die in Rn. 81 des vorliegenden Urteils angeführte kann auch abschreckende Wirkung auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus anderen Mitgliedstaaten haben und stellt somit eine Beschränkung der in Art. 45 AEUV verankerten Freizügigkeit der Arbeitnehmer dar (vgl. entsprechend Urteil vom 16. April 2013, Las, C‑202/11, EU:C:2013:239, Rn. 22).

92

Außerdem ergibt sich aus den Rn. 61 und 63 des vorliegenden Urteils, dass solche Beschränkungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein können, und dass das von der belgischen Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen angeführte Ziel, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten und Arbeitsunfälle zu verhüten, einen solchen Rechtfertigungsgrund für diese Beschränkungen darstellen kann, sofern die Beschränkungen in Bezug auf das verfolgte Ziel erforderlich und verhältnismäßig sind.

93

Daher ist für jede der in den Vorlagefragen in der Rechtssache C‑407/19 genannten Maßnahmen zu prüfen, ob sie in Bezug auf das in der vorstehenden Randnummer genannte Ziel erforderlich und verhältnismäßig sind.

Zur ersten Frage, zur zweiten Frage Buchst. d sowie zur dritten und zur vierten Frage

94

Mit seiner ersten Frage, seiner zweiten Frage Buchst. d, seiner dritten und seiner vierten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht in der Rechtssache C‑407/19 wissen, ob die Art. 45, 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der

die Anerkennung von Hafenarbeitern einem Verwaltungsausschuss obliegt, der paritätisch aus Mitgliedern zusammengesetzt ist, die von den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerorganisationen benannt werden;

dieser Ausschuss nach Maßgabe des Arbeitskräftebedarfs auch darüber entscheidet, ob die anerkannten Arbeiter in ein Kontingent von Hafenarbeitern aufzunehmen sind;

bei den Hafenarbeitern, die nicht in dieses Kontingent aufgenommen wurden, die Dauer ihrer Anerkennung auf die Dauer ihres Arbeitsvertrags begrenzt ist, sofern dieser auf unbestimmte Dauer geschlossen ist, wobei dieser Vorteil in Anwendung einer Übergangsbestimmung zunächst schrittweise auf Hafenarbeiter mit einem Arbeitsvertrag von immer kürzerer Dauer und anschließend auf Hafenarbeiter mit einem Arbeitsvertrag beliebiger Dauer erstreckt wird;

es keine maximale Frist gibt, innerhalb deren der Ausschuss entscheiden muss, und

gegen die Entscheidungen dieses Ausschusses über die Anerkennung eines Hafenarbeiters nur ein gerichtlicher Rechtsbehelf vorgesehen ist.

95

Was erstens die Zusammensetzung des Verwaltungsausschusses betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der Anerkennung der Hafenarbeiter, wie sich aus Rn. 92 des vorliegenden Urteils ergibt, darauf abzielt, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten und Arbeitsunfälle zu verhüten, und daher eine Regelung, nach der diese Anerkennung von einem Verwaltungsorgan erteilt wird, das paritätisch aus Mitgliedern zusammengesetzt ist, die von den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerorganisationen benannt werden, als nicht erforderlich und geeignet erscheint, um dieses Ziel zu erreichen.

96

Es ist nämlich nicht gewährleistet, dass die von diesen Organisationen benannten Mitglieder des Verwaltungsausschusses über die erforderlichen Kenntnisse verfügen, um festzustellen, ob ein Hafenarbeiter die Anerkennungskriterien hinsichtlich seiner Eignung zur sicheren Wahrnehmung der ihm obliegenden Aufgaben erfüllt.

97

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 126 bis 128 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist außerdem zweifelhaft, ob die Mitglieder des für die Anerkennung von Hafenarbeitern zuständigen Organs unparteiisch sind und objektiv, transparent und diskriminierungsfrei über die Anerkennungsanträge entscheiden können, wenn sie von bereits auf dem Markt tätigen Wirtschaftsteilnehmern benannt werden, insbesondere von einer Organisation, die bereits anerkannte Hafenarbeiter vertritt, die mit den um die Anerkennung nachsuchenden Arbeitnehmern um freie Arbeitsplätze konkurrieren könnten (vgl. entsprechend Urteile vom 15. Januar 2002, Kommission/Italien, C‑439/99, EU:C:2002:14, Rn. 39, vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 51, und vom 26. September 2013, Ottica New Line, C‑539/11, EU:C:2013:591, Rn. 53 und 54).

98

Zweitens erscheint auch die fehlende Festlegung einer angemessenen Frist, innerhalb deren das mit der Anerkennung der Hafenarbeiter betraute Organ seine Entscheidung zu treffen hat, als nicht erforderlich und geeignet, um das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit in den Hafengebieten und der Verhütung von Arbeitsunfällen zu erreichen.

99

Das Fehlen einer solchen Frist kann im Gegenteil die Gefahr erhöhen, dass die Anerkennung eines Hafenarbeiters, der über die erforderlichen Qualifikationen verfügt, willkürlich verweigert wird, nur um den Wettbewerb auf dem betreffenden Arbeitsmarkt zu beschränken.

100

Drittens ist zu dem Umstand, dass nach den Angaben des vorlegenden Gerichts in der Rechtssache C‑407/19 nur ein gerichtlicher Rechtsbehelf gegen die Entscheidungen des mit der Anerkennung der Hafenarbeiter betrauten Ausschusses vorgesehen ist, festzustellen, dass eine Maßnahme, die eine Grundfreiheit beschränkt, nur dann als in Bezug auf das verfolgte Ziel verhältnismäßig angesehen werden kann, wenn sie einer durch Art. 47 der Charta gewährleisteten wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterworfen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2019, PI, C‑230/18, EU:C:2019:383, Rn. 78 bis 81).

101

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts in der Rechtssache C‑407/19, gegebenenfalls zu prüfen, ob der gegen die Entscheidungen des Verwaltungsausschusses vorgesehene gerichtliche Rechtsbehelf den Anforderungen an eine solche Kontrolle genügt.

102

Dagegen lässt der Umstand, dass gegen Entscheidungen über die Anerkennung von Hafenarbeitern kein Rechtsbehelf bei einer Verwaltungsbehörde vorgesehen ist, nicht an der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit einer nationalen Maßnahme, mit der eine solche Anerkennung zwingend vorgeschrieben wird, zweifeln.

103

Viertens ist hinsichtlich der Übernahme oder Nichtübernahme anerkannter Hafenarbeiter in ein Arbeitnehmerkontingent durch Entscheidung des Verwaltungsausschusses festzustellen, dass nach den Angaben des vorlegenden Gerichts in der Rechtssache C‑407/19 der im Königlichen Erlass von 2004 vorgesehene Pool kein starres Kontingent wie das in Rn. 74 des vorliegenden Urteils genannte darstellt, da die nicht in den Pool aufgenommenen Arbeiter, wie sich aus Art. 2 § 3 dieses Erlasses ergibt, auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags als Hafenarbeiter eingestellt werden können.

104

Aus der letztgenannten Bestimmung und den Angaben des vorlegenden Gerichts geht allerdings hervor, dass die Anerkennung der nicht in den Pool aufgenommenen Arbeiter auf die Dauer ihres Arbeitsvertrags begrenzt ist, während nach Art. 2 § 2 des Königlichen Erlasses von 2004 die in den Pool aufgenommenen Hafenarbeiter auf unbestimmte Zeit anerkannt werden können.

105

Zudem wurde nach der Übergangsbestimmung des Art. 13/1 des Königlichen Erlasses von 2004 die Möglichkeit einer Anerkennung ohne Übernahme in den Pool ursprünglich auf Hafenarbeiter beschränkt, die über einen unbefristeten Vertrag verfügten, und dann schrittweise auf Hafenarbeiter mit einem befristeten Arbeitsvertrag von immer kürzerer Dauer erstreckt. Erst seit dem 1. Juli 2020 können alle Hafenarbeiter mit einem Arbeitsvertrag unabhängig von der Dauer ihres Arbeitsvertrags als solche anerkannt werden.

106

Zwar ist eine nationale Regelung, nach der die Anerkennung von Hafenarbeitern in angemessenen Zeitabständen verlängert werden muss, mit dem Ziel der Gewährleistung der Sicherheit in den Hafengebieten und der Verhütung von Arbeitsunfällen nicht unvereinbar, da das Erfordernis einer regelmäßigen Verlängerung der Anerkennung sicherstellt, dass die Hafenarbeiter immer über die zur sicheren Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Fähigkeiten verfügen.

107

Jedoch erscheint eine Regelung, nach der nur ein Teil der Hafenarbeiter unbefristet anerkannt werden kann, während die Anerkennung bestimmter anderer Hafenarbeiter bei Ablauf ihres Arbeitsvertrags auch dann automatisch endet, wenn der Vertrag nur von sehr kurzer Dauer war, so dass sich die letztgenannten Arbeiter jedes Mal, wenn sie einen neuen Arbeitsvertrag schließen, einem neuen Anerkennungsverfahren unterziehen müssen, nicht als geeignet und erforderlich, um das in der vorstehenden Randnummer genannte Ziel zu erreichen.

108

Es sind nämlich keine Gründe ersichtlich, die diese unterschiedliche Behandlung der beiden Kategorien von Hafenarbeitern, die sich unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit an ihrem Arbeitsplatz in völlig vergleichbaren Situationen befinden, rechtfertigen könnten.

109

Dies gilt umso mehr, als, wie der Generalanwalt in Nr. 157 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, bei der Hafenarbeit Arbeiten von kurzer Dauer überwiegen.

110

Während der in Rn. 105 des vorliegenden Urteils erwähnten Übergangszeit haben nämlich nur die in den Pool aufgenommenen Hafenarbeiter die Möglichkeit, Arbeitsverträge von kurzer Dauer zu schließen, was in der Praxis dazu führt, dass der Pool aus einer begrenzten Zahl von Hafenarbeitern besteht, die zwingend heranzuziehen sind. Es wurde aber bereits in Rn. 74 des vorliegenden Urteils ausgeführt, dass die Bildung eines solchen Kontingents eine in Bezug auf das Ziel, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten, unverhältnismäßige Maßnahme darstellt und nicht durch dieses Ziel gerechtfertigt werden kann.

111

Ferner stellt auch nach Ablauf des Übergangszeitraums der Umstand, dass die nicht in den Pool aufgenommenen Hafenarbeiter jedes Mal, wenn sie einen neuen Arbeitsvertrag schließen, erneut anerkannt werden müssen, selbst wenn sie beim Abschluss eines früheren Arbeitsvertrags von kurzer Dauer erst kürzlich bereits anerkannt wurden, eine Beschränkung der in den Art. 45, 49 und 56 AEUV verankerten Freiheiten dar, die nicht durch das in der vorstehenden Randnummer genannte Ziel gerechtfertigt werden kann.

112

Es ist nämlich vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass solche Arbeiter kurz nach ihrer Anerkennung als Hafenarbeiter die Fähigkeiten und Qualifikationen verloren haben, die kurz zuvor ihre Anerkennung gerechtfertigt hatten.

113

Nach alledem ist auf die erste Frage, auf die zweite Frage Buchst. d sowie auf die dritte und die vierte Frage in der Rechtssache C‑407/19 zu antworten, dass die Art. 45, 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der

die Anerkennung von Hafenarbeitern einem Verwaltungsausschuss obliegt, der paritätisch aus Mitgliedern zusammengesetzt ist, die von den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerorganisationen benannt werden;

dieser Ausschuss nach Maßgabe des Arbeitskräftebedarfs auch darüber entscheidet, ob die anerkannten Arbeiter in ein Kontingent von Hafenarbeitern aufzunehmen sind, wobei bei den Hafenarbeitern, die nicht in dieses Kontingent aufgenommen wurden, die Dauer ihrer Anerkennung auf die Dauer ihres Arbeitsvertrags begrenzt ist, so dass für jeden neuen Vertrag, den sie schließen, ein neues Anerkennungsverfahren einzuleiten ist, und

es keine maximale Frist gibt, innerhalb deren der Ausschuss entscheiden muss.

Zur zweiten Frage Buchst. a bis c

114

Mit seiner zweiten Frage Buchst. a bis c möchte das vorlegende Gericht in der Rechtssache C‑407/19 wissen, ob die Art. 45, 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der ein Arbeitnehmer, sofern er nicht nachweisen kann, dass er in einem anderen Mitgliedstaat gleichwertige Bedingungen erfüllt, nur dann als Hafenarbeiter anerkannt werden kann, wenn er

von einem externen Präventions- und Arbeitsschutzdienst, dem eine Organisation angeschlossen ist, der alle in dem betreffenden Hafengebiet tätigen Arbeitgeber zwingend beitreten müssen, für in gesundheitlicher Hinsicht tauglich für die Hafenarbeit erklärt wird;

die psychometrischen Tests besteht, die das von dieser Arbeitgeberorganisation hierfür benannte Organ durchführt;

einen dreiwöchigen Vorbereitungskurs über die Sicherheit am Arbeitsplatz im Hinblick auf den Erwerb einer beruflichen Qualifikation absolviert, und

die Abschlussprüfung für diese Ausbildung besteht.

115

Wie der Generalanwalt in Nr. 140 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, sind die Erfordernisse der gesundheitlichen Eignung, des Bestehens eines psychologischen Tests und der vorherigen beruflichen Qualifikation grundsätzlich geeignet, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten, und im Hinblick auf ein solches Ziel verhältnismäßig.

116

Wie die belgische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen geltend gemacht hat, bieten solche Erfordernisse nämlich angemessene Gewähr dafür, dass die Hafenarbeit auf möglichst sichere Weise von Arbeitern mit ausreichendem Urteilsvermögen und entsprechender Ausbildung und Motivation verrichtet wird, um die Zahl der Arbeitsunfälle und andere Gefahren für die öffentliche Sicherheit im Zusammenhang mit dem Warenumschlag zu verringern.

117

Der Umstand, dass die gesundheitliche Eignung der Bewerber für die Anerkennung als Hafenarbeiter vom externen Präventions- und Arbeitsschutzdienst kontrolliert wird, dem die Arbeitgeberorganisation des betreffenden Hafengebiets angeschlossen ist, und dass eben diese Organisation das Organ bestimmt, das mit der Durchführung der psychometrischen Tests betraut ist, die diese Bewerber bestanden haben müssen, um anerkannt zu werden, lässt für sich genommen keine Zweifel an der Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit dieser Erfordernisse aufkommen.

118

Wie der Generalanwalt in Nr. 141 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, können solche ärztlichen Untersuchungen, Tests oder Prüfungen jedoch nur dann als in Bezug auf das verfolgte Ziel erforderlich und verhältnismäßig angesehen werden, wenn sie transparent, objektiv und unparteiisch durchgeführt werden.

119

Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts in der Rechtssache C‑407/19, zu prüfen, ob die Rolle der Arbeitgeberorganisation und gegebenenfalls der Gewerkschaften der anerkannten Hafenarbeiter bei der Benennung der mit der Durchführung solcher Untersuchungen, Tests oder Prüfungen betrauten Organe unter den besonderen Umständen des Ausgangsrechtsstreits geeignet ist, die Transparenz, Objektivität und Unparteilichkeit dieser Untersuchungen, Tests oder Prüfungen in Frage zu stellen.

120

Nach alledem ist auf die Frage 2 Buchst. a bis c zu antworten, dass die Art. 45, 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der ein Arbeitnehmer, sofern er nicht nachweisen kann, dass er in einem anderen Mitgliedstaat gleichwertige Bedingungen erfüllt, nur dann als Hafenarbeiter anerkannt werden kann, wenn er

von einem externen Präventions- und Arbeitsschutzdienst, dem eine Organisation angeschlossen ist, der alle in dem betreffenden Hafengebiet tätigen Arbeitgeber zwingend beitreten müssen, für in gesundheitlicher Hinsicht tauglich für die Hafenarbeit erklärt wird;

die psychometrischen Tests besteht, die das von dieser Arbeitgeberorganisation hierfür benannte Organ durchführt;

einen dreiwöchigen Vorbereitungskurs über die Sicherheit am Arbeitsplatz im Hinblick auf den Erwerb einer beruflichen Qualifikation absolviert, und

die Abschlussprüfung besteht,

vorausgesetzt, dass die Aufgabe, die der Arbeitgeberorganisation und gegebenenfalls den Gewerkschaften der anerkannten Hafenarbeiter bei der Benennung der mit der Durchführung solcher Untersuchungen, Tests oder Prüfungen betrauten Organe übertragen wurde, die Transparenz, Objektivität und Unparteilichkeit der Untersuchungen, Tests oder Prüfungen nicht in Frage stellen kann.

Zur fünften Frage

121

Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 45, 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der Hafenarbeiter, die gemäß der gesetzlichen Regelung, die vor Inkrafttreten dieser Regelung für sie galt, als solche anerkannt wurden, in Anwendung der neuen Regelung den Status anerkannter Hafenarbeiter behalten und in das von dieser neuen Regelung vorgesehene Kontingent von Hafenarbeitern aufgenommen werden.

122

Da, wie aus Rn. 62 des vorliegenden Urteils hervorgeht, das Ziel einer Regelung zur Anerkennung von Hafenarbeitern, wie es vom vorlegenden Gericht in der Rechtssache C‑407/19 beschrieben wird, darin besteht, die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten und Arbeitsunfälle zu verhüten, erscheint eine nationale Regelung, nach der Hafenarbeiter, die unter der Geltung einer früheren vergleichbaren Regelung als solche anerkannt wurden, ihre Anerkennung unter der Geltung der neuen Regelung behalten, nicht als ungeeignet, das verfolgte Ziel zu erreichen, und auch nicht als unverhältnismäßig im Hinblick auf dieses Ziel.

123

Es kann nämlich vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bereits nach der früheren Regelung anerkannte Hafenarbeiter bereits über die erforderlichen Fähigkeiten und Qualifikationen verfügen, um die Sicherheit in den Hafengebieten zu gewährleisten.

124

Den Angaben des vorlegenden Gerichts in der Rechtssache C‑407/19 ist zu entnehmen, dass seine fünfte Frage durch das Vorbringen der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens in dieser Rechtssache veranlasst ist, wonach eine Maßnahme wie die in Rn. 121 des vorliegenden Urteils genannte einem Arbeitgeber die Möglichkeit nehmen könne, bereits anerkannte Hafenarbeiter unmittelbar, d. h. außerhalb des Pools, einzustellen, da diese nur ungern aus dem Pool ausschieden, um einen solchen Arbeitsvertrag zu schließen, weil sie dadurch ihre Anerkennung verlören.

125

Mit einem solchen Vorbringen wird jedoch nicht beanstandet, dass die Anerkennung, die ein Hafenarbeiter nach der früheren gesetzlichen Regelung erhalten hat, unter der neuen gesetzlichen Regelung aufrechterhalten wird, sondern der Umstand, dass die Anerkennung nicht aufrechterhalten wird, wenn der betreffende Arbeiter den Pool verlässt, um einen Arbeitsvertrag unmittelbar mit einem Arbeitgeber zu schließen.

126

Wie sich aus Rn. 113 des vorliegenden Urteils ergibt, stehen die Art. 45, 49 und 56 AEUV einer nationalen Regelung entgegen, nach der ein Hafenarbeiter, der anerkannt, aber nicht in das Arbeitnehmerkontingent aufgenommen wurde, das in dieser Regelung vorgesehen ist, sich für jeden neuen Arbeitsvertrag, den er schließt, einem neuen Anerkennungsverfahren unterwerfen muss.

127

Nach alledem ist auf die fünfte Frage in der Rechtssache C‑407/19 zu antworten, dass die Art. 45, 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der Hafenarbeiter, die gemäß der gesetzlichen Regelung, die vor Inkrafttreten dieser Regelung für sie galt, als solche anerkannt wurden, in Anwendung der neuen Regelung den Status anerkannter Hafenarbeiter behalten und in das von dieser neuen Regelung vorgesehene Kontingent von Hafenarbeitern aufgenommen werden.

Zur sechsten Frage

128

Mit seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht in der Rechtssache C‑407/19 wissen, ob die Art. 45, 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die vorsieht, dass der Transfer eines Hafenarbeiters in das Arbeitnehmerkontingent eines anderen Hafengebiets als desjenigen, in dem er seine Anerkennung erhalten hat, den in einem Tarifvertrag festgelegten Bedingungen und Modalitäten unterliegt.

129

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass solche Bedingungen und Modalitäten in einem Tarifvertrag geregelt sind, nicht dazu führt, dass sie dem Anwendungsbereich dieser Artikel entzogen wären (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2007, International Transport Workers’ Federation und Finnish Seamen’s Union, C‑438/05, EU:C:2007:772, Rn. 33 und 34).

130

Eine nationale Regelung, die die Möglichkeit eines anerkannten Hafenarbeiters, in einem anderen Hafengebiet als dem, in dem er seine Anerkennung erhalten hat, zu arbeiten, an Bedingungen knüpft, stellt unabhängig davon, ob die Bedingungen gesetzlich oder tarifvertraglich festgelegt werden, eine Beschränkung sowohl der Freizügigkeit der Arbeitnehmer als auch der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs dar.

131

Eine solche Regelung beschränkt nämlich sowohl die Freiheit eines Hafenarbeiters, in mehreren verschiedenen Hafengebieten zu arbeiten, als auch die Möglichkeit eines Unternehmens, das sich in einem bestimmten Hafengebiet niederlässt oder dort Dienstleistungen erbringen möchte, die Dienste eines Hafenarbeiters seiner Wahl, der seine Anerkennung in einem anderen Hafengebiet erhalten hat, in Anspruch zu nehmen.

132

Die belgische Regierung hat in ihren schriftlichen Erklärungen jedoch geltend gemacht, dass nach Art. 4 § 2 des Königlichen Erlasses von 2004 die Anerkennung eines Hafenarbeiters in jedem Hafengebiet gelte, es sei denn, dieser gehöre zum Pool eines bestimmten Hafengebiets. Im letzteren Fall hänge der Transfer von einem Hafengebiet in ein anderes davon ab, ob ein Bedarf an Arbeitskräften bestehe und ob die Einstellungsreserve offen sei. Diese Bestimmung schließe somit nur die Möglichkeit aus, dass ein dem Pool angehörender Hafenarbeiter gleichzeitig außerhalb des Pools tätig werde, sei es im selben Hafengebiet oder in einem anderen. Die Möglichkeit, in einem anderen Hafengebiet zu arbeiten, stehe jedoch jedem anerkannten Hafenarbeiter offen, der nicht dem Pool angehöre.

133

Insoweit ist zum einen klarzustellen, dass eine solche Regelung eine Beschränkung der durch die Art. 45, 49 und 56 AEUV garantierten Freiheiten darstellen kann, auch wenn sie nur eine begrenzte Zahl von Arbeitnehmern betrifft.

134

Zum anderen ist unter Berücksichtigung der Hinweise in Rn. 132 des vorliegenden Urteils festzustellen, dass, da ein Pool von Hafenarbeitern im Sinne der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung dazu dient, punktuell den Bedarf an Fachkräften in jedem Hafengebiet des betreffenden Mitgliedstaats zu decken, der Umstand, dass der Transfer eines Hafenarbeiters zwischen den Pools zweier verschiedener Gebiete unter diesen Umständen Bedingungen und Modalitäten unterliegt, die gewährleisten sollen, dass jeder Pool über eine ausreichende Zahl von Arbeitskräften verfügt, durch das legitime Ziel, die Sicherheit in jedem Hafengebiet zu gewährleisten, gerechtfertigt sein kann. Mit einer Maßnahme, die solche Bedingungen vorsieht, könnte nämlich insbesondere sichergestellt werden, dass immer eine Mindestzahl qualifizierter Arbeitnehmer vorhanden ist, die das sichere Funktionieren des Hafens gewährleisten können. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine solche Maßnahme im Hinblick auf dieses Ziel erforderlich und verhältnismäßig ist.

135

Nach alledem ist auf die sechste Frage in der Rechtssache C‑407/19 zu antworten, dass die Art. 45, 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die vorsieht, dass der Transfer eines Hafenarbeiters in das Arbeitnehmerkontingent eines anderen Hafengebiets als desjenigen, in dem er seine Anerkennung erhalten hat, den in einem Tarifvertrag festgelegten Bedingungen und Modalitäten unterliegt, sofern sich diese im Hinblick auf das Ziel, die Sicherheit in allen Hafengebieten zu gewährleisten, als erforderlich und verhältnismäßig erweisen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

Zur siebten Frage

136

Mit seiner siebten Frage möchte das vorlegende Gericht in der Rechtssache C‑407/19 wissen, ob die Art. 45, 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der logistische Arbeitnehmer über eine „Sicherheitsbescheinigung“ verfügen müssen, die auf Vorlage ihres Personalausweises und ihres Arbeitsvertrags ausgestellt wird, und die Modalitäten für die Ausstellung und das Verfahren für die Einholung dieser Bescheinigung in einem Tarifvertrag geregelt sind.

137

Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine nationale Regelung mit den Art. 45, 49 und 56 AEUV vereinbar ist, die lediglich vorsieht, dass die „Sicherheitsbescheinigung“, über die die in einem Hafengebiet beschäftigten logistischen Arbeitnehmer verfügen müssen, ihnen auf Vorlage ihres Personalausweises und ihres Arbeitsvertrags ausgestellt wird und dass die übrigen Modalitäten der Ausstellung dieser Bescheinigung und das für die Einholung dieses Dokuments einzuhaltende Verfahren in einem Tarifvertrag festzulegen sind.

138

Wie sich aus Rn. 129 des vorliegenden Urteils ergibt, stehen die Art. 45, 49 und 56 AEUV zwar dem grundsätzlich nicht entgegen, dass die Arbeitsbedingungen in einem Mitgliedstaat in Tarifverträgen festgelegt werden, doch sind sie dem Anwendungsbereich dieser Artikel dann nicht entzogen.

139

Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit und der Erforderlichkeit der Beschränkungen der in diesen Artikeln verankerten Freiheiten, die sich aus dem Erfordernis ergeben, dass jeder in einem Hafengebiet tätige logistische Arbeitnehmer über eine „Sicherheitsbescheinigung“ verfügen muss, sind zwangsläufig die konkreten Modalitäten und das zu befolgende Verfahren für die Ausstellung dieser Bescheinigung, die in einem Tarifvertrag geregelt sind, zu berücksichtigen.

140

Im Rahmen dieser Beurteilung ist zu prüfen, ob die Bedingungen für die Ausstellung einer solchen Bescheinigung ausschließlich die Frage betreffen, ob der betreffende logistische Arbeitnehmer über die zur Gewährleistung der Sicherheit in den Hafengebieten erforderlichen Qualifikationen und Fähigkeiten verfügt und ob das für die Einholung dieser Bescheinigung vorgesehene Verfahren keinen unzumutbaren und unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordert.

141

Insbesondere könnte das Erfordernis, dass die Ausstellung der „Sicherheitsbescheinigung“ die Vorlage des Arbeitsvertrags des Betroffenen erfordert, zur Folge haben, dass der betreffende Arbeitgeber oder Arbeitnehmer verpflichtet wäre, bei jedem Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags die Ausstellung einer neuen Bescheinigung zu beantragen. Da, wie sich aus Rn. 109 des vorliegenden Urteils ergibt, im Bereich der Hafenarbeit die Arbeiten von kurzer Dauer überwiegen, könnte sich ein solches Erfordernis als überzogen und unverhältnismäßig erweisen. Wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen geltend gemacht hat, wäre es ausreichend, die regelmäßige Verlängerung einer solchen Bescheinigung vorzusehen und zugleich zu bestimmen, dass die Bescheinigung nach Beendigung eines Arbeitsvertrags von kurzer Dauer gültig bleibt.

142

Nach alledem ist auf die siebte Frage in der Rechtssache C‑407/19 zu antworten, dass die Art. 45, 49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der logistische Arbeitnehmer über eine „Sicherheitsbescheinigung“ verfügen müssen, die auf Vorlage ihres Personalausweises und ihres Arbeitsvertrags ausgestellt wird, und die Modalitäten für die Ausstellung und das Verfahren für die Einholung einer solchen Bescheinigung in einem Tarifvertrag geregelt sind, vorausgesetzt, dass die Bedingungen für ihre Ausstellung in Bezug auf das Ziel, die Sicherheit in Hafengebieten zu gewährleisten, erforderlich und verhältnismäßig sind, und das Verfahren für ihre Einholung keinen unzumutbaren und unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordert.

Kosten

143

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Die Art. 49 und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die Personen oder Unternehmen, die Hafenarbeiten – einschließlich Tätigkeiten ohne Zusammenhang mit dem Be- und Entladen von Schiffen im strengen Sinne – in einem Hafengebiet ausführen möchten, dazu verpflichtet, dafür nur Hafenarbeiter einzusetzen, die gemäß den in Anwendung dieser Regelung festgelegten Bedingungen und Modalitäten als solche anerkannt sind, sofern diese Bedingungen und Modalitäten zum einen auf objektiven, diskriminierungsfreien und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, die den Hafenarbeitern aus anderen Mitgliedstaaten den Nachweis ermöglichen, dass sie in ihrem Herkunftsstaat Anforderungen erfüllen, die den für inländische Hafenarbeiter geltenden Anforderungen gleichwertig sind, und zum anderen kein begrenztes Kontingent von Arbeitern festlegen, die anerkannt werden können.

 

2.

Die Art. 45, 49 und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der

die Anerkennung von Hafenarbeitern einem Verwaltungsausschuss obliegt, der paritätisch aus Mitgliedern zusammengesetzt ist, die von den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerorganisationen benannt werden,

dieser Ausschuss nach Maßgabe des Arbeitskräftebedarfs auch darüber entscheidet, ob die anerkannten Arbeiter in ein Kontingent von Hafenarbeitern aufzunehmen sind, wobei bei den Hafenarbeitern, die nicht in dieses Kontingent aufgenommen wurden, die Dauer ihrer Anerkennung auf die Dauer ihres Arbeitsvertrags begrenzt ist, so dass für jeden neuen Vertrag, den sie schließen, ein neues Anerkennungsverfahren einzuleiten ist, und

es keine maximale Frist gibt, innerhalb deren der Ausschuss entscheiden muss.

 

3.

Die Art. 45, 49 und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der ein Arbeitnehmer, sofern er nicht nachweisen kann, dass er in einem anderen Mitgliedstaat gleichwertige Bedingungen erfüllt, nur dann als Hafenarbeiter anerkannt werden kann, wenn er

von einem externen Präventions- und Arbeitsschutzdienst, dem eine Organisation angeschlossen ist, der alle in dem betreffenden Hafengebiet tätigen Arbeitgeber zwingend beitreten müssen, für in gesundheitlicher Hinsicht tauglich für die Hafenarbeit erklärt wird,

die psychometrischen Tests besteht, die das von dieser Arbeitgeberorganisation hierfür benannte Organ durchführt,

einen dreiwöchigen Vorbereitungskurs über die Sicherheit am Arbeitsplatz im Hinblick auf den Erwerb einer beruflichen Qualifikation absolviert, und

die Abschlussprüfung besteht,

vorausgesetzt, dass die Aufgabe, die der Arbeitgeberorganisation und gegebenenfalls den Gewerkschaften der anerkannten Hafenarbeiter bei der Benennung der mit der Durchführung solcher Untersuchungen, Tests oder Prüfungen betrauten Organe übertragen wurde, die Transparenz, Objektivität und Unparteilichkeit der Untersuchungen, Tests oder Prüfungen nicht in Frage stellen kann.

 

4.

Die Art. 45, 49 und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der Hafenarbeiter, die gemäß der gesetzlichen Regelung, die vor Inkrafttreten dieser Regelung für sie galt, als solche anerkannt wurden, in Anwendung der neuen Regelung den Status anerkannter Hafenarbeiter behalten und in das von dieser neuen Regelung vorgesehene Kontingent von Hafenarbeitern aufgenommen werden.

 

5.

Die Art. 45, 49 und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die vorsieht, dass der Transfer eines Hafenarbeiters in das Arbeitnehmerkontingent eines anderen Hafengebiets als desjenigen, in dem er seine Anerkennung erhalten hat, den in einem Tarifvertrag festgelegten Bedingungen und Modalitäten unterliegt, sofern sich diese im Hinblick auf das Ziel, die Sicherheit in allen Hafengebieten zu gewährleisten, als erforderlich und verhältnismäßig erweisen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

6.

Die Art. 45, 49 und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der logistische Arbeitnehmer über eine „Sicherheitsbescheinigung“ verfügen müssen, die auf Vorlage ihres Personalausweises und ihres Arbeitsvertrags ausgestellt wird, und die Modalitäten für die Ausstellung und das Verfahren für die Einholung einer solchen Bescheinigung in einem Tarifvertrag geregelt sind, vorausgesetzt, dass die Bedingungen für ihre Ausstellung in Bezug auf das Ziel, die Sicherheit in Hafengebieten zu gewährleisten, erforderlich und verhältnismäßig sind und das Verfahren für ihre Einholung keinen unzumutbaren und unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordert.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.

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