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Document 62019CC0134

Schlussanträge des Generalanwalts G. Hogan vom 28. Mai 2020.
Bank Refah Kargaran gegen Rat der Europäischen Union.
Rechtsmittel – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) – Art. 29 EUV – Art. 215 AEUV – Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran – Schaden, der der Rechtsmittelführerin durch die Aufnahme in die Liste der Personen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden, und durch den Verbleib auf diesen Listen entstanden sein soll – Schadensersatzklage – Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Entscheidung über den Antrag auf Ersatz des Schadens, der durch restriktive Maßnahmen entstanden sein soll, die in unter die GASP fallenden Beschlüssen vorgesehen waren – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen – Unzureichende Begründung von Rechtsakten, mit denen restriktive Maßnahmen verhängt werden.
Rechtssache C-134/19 P.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2020:396

 SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GERARD HOGAN

vom 28. Mai 2020 ( 1 )

Rechtssache C‑134/19 P

Bank Refah Kargaran

gegen

Rat der Europäischen Union

„Rechtsmittel – Schadensersatzklage – Restriktive Maßnahmen gegen Iran – Art. 29 EUV – Art. 215 AEUV – Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Entscheidung über eine Schadensersatzklage – Ersatz des Schadens, der der Rechtsmittelführerin durch ihre Aufnahme in verschiedene Listen restriktiver Maßnahmen entstanden sein soll – Möglichkeit, eine Entschädigung wegen Verletzung der Begründungspflicht zu erhalten“

I. Einleitung

1.

Die Proliferation von Kernwaffen stellt eine der größten Bedrohungen für die Menschheit dar. Im Zusammenhang mit dem Mittleren Osten ist diese Bedrohung während der letzten Jahre besonders akut geworden. Aus diesem Grund haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Union selbst versucht, die Islamische Republik Iran mit Hilfe bestimmter restriktiver Maßnahmen (oder Sanktionen) davon abzuhalten, Schritte zu unternehmen, die diesen Staat befähigen könnten, Kernwaffensysteme zu entwickeln. Dies bildet den allgemeinen Hintergrund der vorliegenden Rechtssache.

2.

Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Bank Refah Kargaran die teilweise Aufhebung des Urteils vom 10. Dezember 2018, Bank Refah Kargaran/Rat (T‑552/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:897, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Ersatz des Schadens abgewiesen hat, der ihr durch ihre Aufnahme in verschiedene Listen restriktiver Maßnahmen entstanden sein soll. Dieses Rechtsmittel wirft schwierige Fragen zur Vertragsauslegung auf, bei denen es darum geht, ob der Gerichtshof befugt ist, im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ergangene Beschlüsse zu kontrollieren, und ob insbesondere Schadensersatz zugesprochen werden kann, wenn ein Beschluss, mit dem der Rat nach Titel V Kapitel 2 EUV restriktive Maßnahmen gegen eine natürliche oder juristische Person verhängt hat, vom Gerichtshof gemäß Art. 275 AEUV für nichtig erklärt worden ist.

II. Vorgeschichte des Rechtsstreits

3.

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits, wie sie in den Rn. 1 bis 13 des angefochtenen Urteils dargestellt ist, lässt sich wie folgt zusammenfassen.

4.

Wie gerade erwähnt, findet der Rechtsstreit im Zusammenhang mit restriktiven Maßnahmen statt, die von der Union gegenüber der Islamischen Republik Iran ergriffen worden waren. Mit diesen Maßnahmen sollte und soll Druck auf die Islamische Republik Iran ausgeübt werden, damit diese von bestimmten Tätigkeiten Abstand nimmt, die eine echte Gefahr nuklearer Proliferation mit sich bringen können, und damit die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen durch diesen Staat gestoppt wird.

5.

Am 26. Juli 2010 wurde die Rechtsmittelführerin, eine iranische Bank, in die Liste der an der nuklearen Proliferation beteiligten Einrichtungen aufgenommen, die sich im Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran ( 2 ) befindet. Der Erlass dieser Maßnahmen wurde damit begründet, dass diese Bank bestimmte Finanzgeschäfte eines anderen großen iranischen Finanzinstituts, der Bank Melli, übernommen habe, nachdem gegen Letztere restriktive Maßnahmen ergriffen worden waren.

6.

Aus demselben Grund wurde die Rechtsmittelführerin auch in die Liste des Anhangs V der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2007, L 103, S. 1) aufgenommen. Diese restriktiven Maßnahmen gegen die Bank Refah wurden mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2010 des Rates vom 26. Juli 2010 zur Durchführung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2010, L 195, S. 25) beibehalten.

7.

Nach Aufhebung der Verordnung Nr. 423/2007 durch die Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran ( 3 ) wurde die Rechtsmittelführerin in die Liste des Anhangs VIII der letzteren Verordnung aufgenommen.

8.

Mit dem Beschluss 2010/644/GASP ( 4 ) beließ der Rat die Rechtsmittelführerin in der in Anhang II des Beschlusses 2010/413 enthaltenen Liste ( 5 ).

9.

Auch mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1245/2011 vom 1. Dezember 2011 zur Durchführung der Verordnung Nr. 961/2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2011, L 319, S. 11) beließ der Rat die Rechtsmittelführerin in der Liste des Anhangs VIII der Verordnung Nr. 961/2010.

10.

Nach Aufhebung der Verordnung Nr. 961/2010 durch die Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2012, L 88, S. 1) nahm der Rat die Rechtsmittelführerin in die Liste des Anhangs IX der letztgenannten Verordnung auf. Der Grund für die Aufnahme der Rechtsmittelführerin in diese Liste stimmt mit dem im Beschluss 2010/413 angeführten Grund überein.

11.

Mit am 19. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichter Klageschrift beantragte die Rechtsmittelführerin u. a., den Beschluss 2010/644 und die Verordnung Nr. 961/2010 insoweit für nichtig zu erklären, als diese Rechtsakte sie betrafen. Später nahm die Rechtsmittelführerin eine Anpassung ihrer Klageanträge vor und begehrte die Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/783, der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 und der Verordnung Nr. 267/2012, soweit diese Rechtsakte sie betrafen.

12.

Das Gericht gab in Rn. 83 des Urteils vom 6. September 2013, Bank Refah Kargaran/Rat (T‑24/11, EU:T:2013:403, im Folgenden: Aufhebungsurteil), dem zweiten Klagegrund statt, soweit damit eine Verletzung der Begründungspflicht gerügt worden war. Folglich erklärte das Gericht die Auflistung der Rechtsmittelführerin erstens in Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644 und später des Beschlusses 2011/783, zweitens in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 (in der insbesondere durch die Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 geänderten Fassung) und drittens in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 für nichtig. Bei dieser Entscheidung erübrigte sich nach Auffassung des Gerichts eine Prüfung des weiteren Vorbringens der Rechtsmittelführerin.

13.

Nach Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union werden die Entscheidungen des Gerichts, mit denen eine Verordnung für nichtig erklärt wird, erst nach Ablauf der in Art. 56 Abs. 1 der Satzung vorgesehenen Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, nach dessen Zurückweisung wirksam. Daher entschied das Gericht zwecks Vereinheitlichung der zeitlichen Wirkungen der Nichtigerklärung einer jeden Auflistung, die Wirkungen des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644 und später des Beschlusses 2011/783 bis zur Wirksamkeit der Nichtigerklärung der Aufnahme der Rechtsmittelführerin in die Liste des Anhangs IX der Verordnung Nr. 267/2012 aufrechtzuerhalten.

14.

In der Folge wurde die Rechtsmittelführerin durch den Beschluss 2013/661/GASP des Rates vom 15. November 2013 ( 6 ) in die in Anhang II des Beschlusses 2010/413 enthaltene Liste der restriktiven Maßnahmen erneut aufgenommen. Der Beschluss 2013/661 sollte nach seinem Art. 2 am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, d. h. am 16. November 2013, in Kraft treten.

15.

Sodann wurde die Rechtsmittelführerin durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1154/2013 des Rates vom 15. November 2013 ( 7 ) in die in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 enthaltene Liste aufgenommen. Diese Durchführungsverordnung trat am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt, die ebenfalls am 16. November 2013 erfolgte, in Kraft. Anhang IX enthält in Bezug auf die Rechtsmittelführerin folgende Begründung:

„Unterstützt die Regierung Irans. Befindet sich zu 94 % im Besitz der iranischen Sozialversicherung, die wiederum von der Regierung Irans kontrolliert wird; erbringt Bankdienstleistungen für Ministerien.“

16.

Mit am 28. Januar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichter Klageschrift beantragte die Rechtsmittelführerin u. a., den Beschluss 2013/661 und die Durchführungsverordnung Nr. 1154/2013 für nichtig zu erklären, soweit diese Rechtsakte sie betrafen. Die Klage wurde mit Urteil vom 30. November 2016, Bank Refah Kargaran/Rat (T‑65/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:692), abgewiesen. Gegen dieses zweite Urteil des Gerichts wurde kein Rechtsmittel eingelegt.

III. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

17.

Mit Klageschrift, die am 25. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin eine Schadensersatzklage. Sie beantragte, die Union zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihr durch den Erlass und die Aufrechterhaltung der fraglichen restriktiven Maßnahmen bis zu deren Nichtigerklärung durch das Aufhebungsurteil entstanden sei, und zwar durch Zahlung von 68651318 Euro, zuzüglich gesetzlicher Zinsen, für den materiellen Schaden und von 52547415 Euro, zuzüglich gesetzlicher Zinsen, für den immateriellen Schaden. Hilfsweise beantragte die Rechtsmittelführerin, die wegen des immateriellen Schadens geforderten Beträge insgesamt oder teilweise dem materiellen Schaden zuzurechnen.

18.

Mit am 6. Januar 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz beantragte die Kommission, im Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden. Mit Entscheidung vom 3. Februar 2016 ließ der Präsident der Ersten Kammer des Gerichts diesen Streitbeitritt zu. Die Kommission reichte ihren Streithilfeschriftsatz ein, zu dem sich die Hauptparteien fristgemäß äußerten ( 8 ).

19.

Mit prozessleitender Maßnahme vom 19. September 2018 wurde die Rechtsmittelführerin aufgefordert, insbesondere zum Vorbringen des Rates in Rn. 4 seiner Gegenerwiderung Stellung zu nehmen, wonach das Gericht für die vorliegende Klage auf Schadensersatz im Zusammenhang mit den Beschlüssen 2010/413, 2010/644 und 2011/783 nicht zuständig sei. Die Antwort der Rechtsmittelführerin auf dieses Ersuchen ging am 4. Oktober 2018 bei der Kanzlei des Gerichts ein.

20.

In den Rn. 25 bis 32 des angefochtenen Urteils äußerte sich das Gericht zu seiner Zuständigkeit für eine Klage auf Ersatz des durch restriktive Maßnahmen mutmaßlich verursachten Schadens. Nach einer Prüfung der einschlägigen Vertragsbestimmungen kam es zu dem Ergebnis, dass es aufgrund von Art. 24 Abs. 1 und Art. 40 EUV in Verbindung mit Art. 275 Abs. 1 AEUV keine Zuständigkeit für eine Klage besitze, die auf den Ersatz des durch im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) nach Art. 29 EUV ergangene Beschlüsse – wie die Beschlüsse 2010/413, 2010/644 und 2011/783 – mutmaßlich erlittenen Schadens gerichtet sei. Hingegen sei es für eine Klage auf Ersatz des Schadens zuständig, der einer Person oder Einrichtung durch gemäß Art. 215 AEUV erlassene restriktive Maßnahmen – wie die gegenüber der Rechtsmittelführerin ergriffenen, in den Verordnungen Nr. 961/2010 und Nr. 267/2012 sowie in der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 enthaltenen individuellen Maßnahmen – mutmaßlich verursacht worden sei.

21.

Im Rahmen seiner Begründetheitsprüfung wies das Gericht in den Rn. 34 und 35 des angefochtenen Urteils darauf hin, dass die außervertragliche Haftung der Union von drei Voraussetzungen abhänge: Es müsse ein rechtswidriges Verhalten nachgewiesen werden, das in einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm bestehe, „die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen“, der Kläger müsse einen tatsächlichen Schaden erlitten haben, und es müsse ein Kausalzusammenhang zwischen dem vorgeworfenen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden bestehen.

22.

In den Rn. 42 ff. setzte sich das Gericht mit den drei Argumenten auseinander, die die Rechtsmittelführerin vorgebracht hatte, um einen solchen Rechtsverstoß darzutun.

23.

Das erste Argument, mit dem sie geltend machte, aufgrund der im Aufhebungsurteil festgestellten Verletzung der Begründungspflicht liege ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm vor, wies das Gericht mit dem Hinweis darauf zurück, dass eine Verletzung der Begründungspflicht die Haftung der Union nicht auslösen könne.

24.

Das zweite Argument verstand das Gericht dahin, dass im Aufhebungsurteil eine vom Rat begangene Verletzung der Verteidigungsrechte der Rechtsmittelführerin und ihres Rechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz festgestellt worden sei; dieses Argument wurde mit der Begründung zurückgewiesen, die streitigen Beschlüsse seien in jenem Urteil allein wegen der Verletzung der Begründungspflicht für nichtig erklärt worden, ohne dass die von der Rechtsmittelführerin gerügte Verletzung ihrer Verteidigungsrechte und ihres Rechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz geprüft worden wäre.

25.

Mit ihrem dritten Argument machte die Rechtsmittelführerin geltend, der Rat habe nicht das Kriterium angewandt, mit dem er ihre Aufnahme in die Liste angeblich gerechtfertigt habe. Das Gericht wies diese Rüge als verspätet und somit als unzulässig zurück. Das Vorbringen in der Klageschrift sei nämlich nur auf die vom Gericht im Aufhebungsurteil festgestellte Rechtswidrigkeit gestützt worden, weshalb dieses erstmals in der Erwiderung der Rechtsmittelführerin erwähnte dritte Argument nicht als eine Erweiterung des in der Klageschrift dargelegten Vorbringens qualifiziert werden könne.

26.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die erste Voraussetzung für die Begründung der außervertraglichen Haftung der Union – ein rechtswidriges Verhalten des Rates – im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei. Es wies deshalb die Klage ab, ohne die beiden anderen für die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV erforderlichen Voraussetzungen zu prüfen.

IV. Zum Rechtsmittel

A.   Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

27.

Die Rechtsmittelführerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben;

ihr in der Sache Schadensersatz in Höhe von 68651318 Euro wegen des materiellen Schadens und in Höhe von 52547415 Euro wegen des immateriellen Schadens zuzusprechen;

hilfsweise, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

dem Rat die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

28.

Der Rat und die Kommission beantragen,

das Rechtsmittel zurückzuweisen und

der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

B.   Zusammenfassung der Rechtsmittelgründe

29.

Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf sieben Rechtsmittelgründe. Diese lassen sich dahin zusammenfassen, dass dem Gericht im Kern Folgendes vorgeworfen wird:

Es habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass eine Verletzung der Begründungspflicht keine Haftung der Union auslösen könne (erster Rechtsmittelgrund);

es habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass ein Kläger, der als Opfer einer vom Rat verhängten rechtswidrigen Sanktion Klage erhoben und die Nichtigerklärung dieser Sanktion erreicht habe, keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz rügen könne (zweiter Rechtsmittelgrund);

es habe rechtsfehlerhaft einen von der Rechtsmittelführerin in ihrer Erwiderung näher ausgeführten Klagegrund zurückgewiesen, ohne – wie die Rechtsprechung verlange – zu prüfen, ob die Ausführungen zu diesem Klagegrund in der Erwiderung Bestandteil des üblichen sich in einem Gerichtsverfahren entwickelnden Vorbringens gewesen seien (dritter Rechtsmittelgrund);

es habe einen Rechtsfehler begangen, indem es das Aufhebungsurteil missverstanden und angenommen habe, die Feststellung, dass der Rat seine Pflicht verletzt habe, der Rechtsmittelführerin die ihr zur Begründung für das Einfrieren der Gelder zur Last gelegten Umstände mitzuteilen, belege keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht, der die Haftung der Union auslöse (vierter und fünfter Rechtsmittelgrund);

es habe die Klageschrift dadurch verfälscht, dass es angenommen habe, die Rechtsmittelführerin habe in der Klageschrift nicht gerügt, dass die Begründung für ihre Aufnahme in die Liste der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen nicht mit dem vom Rat angewandten Kriterium übereinstimme, und deshalb das Vorbringen der Rechtsmittelführerin als unzulässig zurückgewiesen habe (sechster Rechtsmittelgrund);

es habe die Klageschrift dadurch verfälscht, dass es die von der Rechtsmittelführerin angeführten Rechtswidrigkeitsgründe auf eine Verletzung der Begründungspflicht reduziert habe (siebter Rechtsmittelgrund).

30.

Auf Ersuchen des Gerichtshofs werde ich mich in meinen Schlussanträgen zunächst auf die Zuständigkeitsproblematik konzentrieren, d. h. auf die Frage, ob die Entscheidung des Gerichts über seine Zuständigkeit für restriktive Maßnahmen rechtsfehlerhaft ist. Im Übrigen werde ich nur den ersten Rechtsmittelgrund prüfen, mit dem die Rechtsmittelführerin geltend macht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es im vorliegenden Fall entschieden habe, dass eine Verletzung der Begründungspflicht keinen Anspruch auf Schadensersatz begründen könne. Die anderen Rechtsmittelgründe sind im Wesentlichen darauf gerichtet, diese Entscheidung des Gerichts zu umgehen.

V. Rechtliche Würdigung

A.   Zuständigkeit des Unionsrichters, Schadensersatz wegen restriktiver Maßnahmen zuzusprechen

1. Befugnis des Gerichtshofs, diese Frage von Amts wegen aufzugreifen

31.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelführerin in ihrem Rechtsmittel die Feststellungen des Gerichts zu seiner Zuständigkeit nicht beanstandet hat. Da die Zuständigkeit des Gerichtshofs für einen Rechtsstreit jedoch eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung ist, kann der Gerichtshof eine dahin gehende Frage zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens auch von Amts wegen prüfen ( 9 ).

32.

Da die Unionsrichter den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens zu beachten haben, setzt eine solche Prüfung aber voraus, dass die Verfahrensbeteiligten von der Absicht des Gerichtshofs, diese Frage von Amts wegen aufzugreifen, unterrichtet wurden und die Möglichkeit erhielten, dazu Stellung zu nehmen. Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.

33.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2019 wurden die Verfahrensbeteiligten aufgefordert, sich in der mündlichen Verhandlung zur Zuständigkeit der Unionsgerichte für die Klage der Rechtsmittelführerin auf Ersatz des Schadens zu äußern, der ihr durch die restriktiven Maßnahmen verursacht worden sein soll, die in den unter die GASP fallenden Beschlüssen vorgesehen waren. Sie wurden auch gebeten, zur Befugnis des Gerichtshofs, diese Frage von Amts wegen aufzugreifen, Stellung zu nehmen.

34.

Folglich kann der Gerichtshof, falls er dies für zweckmäßig hält, von Amts wegen prüfen, ob die Unionsgerichte für eine Klage auf Ersatz des Schadens zuständig sind, der durch einen im Rahmen der GASP ergangenen Beschluss zur Verhängung restriktiver Maßnahmen entstanden sein soll.

2. Begründetheit

35.

Bevor ich mich der Sache selbst zuwende, erscheint es mir zweckmäßig, zunächst zu beschreiben, was sich als allgemeine Praxis des Rates beim Erlass restriktiver Maßnahmen darstellt, und die Rechtsprechung des Gerichts zu seiner Zuständigkeit auf diesem Gebiet zu untersuchen.

36.

Restriktive Maßnahmen werden vom Rat einstimmig nach Art. 29 EUV ergriffen. Diese Maßnahmen enthalten, wie es auch hier der Fall ist, allgemeine Bestimmungen, die etwa darauf abzielen können, die Einfuhr und Ausfuhr bestimmter Güter nach bzw. aus bestimmten Staaten zu beschränken. Solche Maßnahmen können aber auch die Form spezifischer Verbote annehmen, die an eine Gruppe von Adressaten gerichtet sind und durch die faktisch verhindert werden soll, dass diese Personen Güter oder Dienstleistungen im Gebiet der Union anbieten oder erhalten.

37.

Zu diesem Zweck wird in den restriktiven Maßnahmen festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Person in die entsprechenden Anhänge aufgenommen und dort belassen werden kann. Diese aufgrund von Art. 29 erlassenen Beschlüsse können auch Bündel von Einzelentscheidungen enthalten, und zwar in Form eines Anhangs, der eine Liste identifizierbarer Personen, Organisationen oder Einrichtungen sowie die Gründe enthält, aus denen diese nach Ansicht des Rates die Voraussetzungen nach Maßgabe der allgemeinen Kriterien erfüllen, um so in die Liste aufgenommen zu werden ( 10 ).

38.

Restriktive Maßnahmen, die mittels eines nach Art. 29 EUV erlassenen Beschlusses ergriffen werden, haben daher eine besondere Rechtsnatur. Denn es handelt sich um Rechtsakte mit allgemeiner Geltung (die einer Gruppe von generell und abstrakt bestimmten Adressaten u. a. verbietet, den Personen und Einrichtungen, deren Namen in den Listen der Anhänge dieser Rechtsakte aufgeführt sind, Gelder und wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen) und gleichzeitig um ein Bündel von Einzelentscheidungen, die diese in den Listen genannten Personen und Einrichtungen betreffen ( 11 ).

39.

Diese nach Art. 29 erlassenen Beschlüsse gelten jedoch nur für die Mitgliedstaaten und entfalten keine Wirkung gegenüber Dritten. Daher erlässt der Rat, um ihre einheitliche Anwendung durch die Wirtschaftsteilnehmer in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten ( 12 ), regelmäßig parallel dazu auch Verordnungen gemäß Art. 215 AEUV. Diese Verordnungen übernehmen in der Regel den Wortlaut der auf Art. 29 EUV gestützten Beschlüsse ( 13 ). Zu diesem Zweck wird der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf gemeinsamen Vorschlag der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik tätig und unterrichtet hierüber das Parlament. Wird z. B. die Liste der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen geändert, so werden Änderungen an dem auf Art. 29 gestützten Beschluss und gleichzeitig an der nach Art. 215 AEUV erlassenen Verordnung vorgenommen.

40.

Es besteht freilich kein Zweifel daran, dass wegen der Einzelentscheidungen, mit denen bestimmte Personen in die Listen der Anhänge zu aufgrund von Art. 215 AEUV erlassenen Verordnungen aufgenommen und darin belassen werden, eine Schadensersatzklage gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV erhoben werden kann, wenn diese Verordnungen entweder selbst für nichtig erklärt wurden oder wenn festgestellt wurde, dass sie fehlerhaft angewandt worden waren.

41.

Was die Zuständigkeit des Unionsrichters für eine Klage betrifft, mit der Ersatz für den Schaden begehrt wird, der mutmaßlich durch aufgrund von Art. 29 EUV erlassene Beschlüsse verursacht wurde, so hat das Gericht bisher – im vorliegenden und in ähnlichen Fällen – entschieden, dass es hierfür nicht zuständig sei ( 14 ).

42.

Nach seiner gegenwärtigen Rechtsprechung, die in den Rn. 30 und 31 des angefochtenen Urteils zusammengefasst ist, nimmt das Gericht an, aus Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 6 EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV gehe hervor, dass die Unionsgerichte grundsätzlich weder für die primärrechtlichen Vorschriften über die GASP noch für die auf deren Grundlage erlassenen Rechtsakte zuständig seien ( 15 ). Nur ausnahmsweise bestehe im Bereich der GASP gemäß Art. 275 Abs. 2 AEUV eine Zuständigkeit der Unionsgerichte. Diese Zuständigkeit umfasse zum einen die Kontrolle der Einhaltung des Art. 40 EUV und zum anderen die unter den Voraussetzungen des Art. 263 Abs. 4 AEUV von Personen oder Einrichtungen erhobenen Nichtigkeitsklagen gegen vom Rat im Rahmen der GASP erlassene restriktive Maßnahmen.

43.

Entscheidend ist aber, dass das Gericht Art. 275 Abs. 2 AEUV dahin auslegt, dass er den Unionsgerichten keinerlei Zuständigkeit für eine Schadensersatzklage verleihe ( 16 ). Daher falle eine Klage, die auf Ersatz des Schadens gerichtet sei, der mutmaßlich durch den Erlass eines GASP-Rechtsakts entstanden sei, nicht in die Zuständigkeit des Gerichts ( 17 ). Der Unionsrichter sei nur für eine Klage auf Ersatz des Schadens zuständig, den eine Person oder Einrichtung mutmaßlich infolge der gegen sie nach Art. 215 AEUV verhängten restriktiven Maßnahmen erlitten habe, da diese Bestimmung nicht zu den GASP-Bestimmungen der Verträge gehöre ( 18 ).

44.

Mit anderen Worten: Das Gericht nimmt an, dass es zwar keine Zuständigkeit für die Klage einer Person oder Einrichtung besitze, mit der diese Ersatz des Schadens begehre, der ihr mutmaßlich infolge der restriktiven Maßnahmen entstanden sei, die gegen sie mittels eines aufgrund der GASP-Bestimmungen (wie etwa des Art. 29 EUV) ergangenen Beschlusses ergriffen worden seien, dass es jedoch für dieselbe Klage insoweit zuständig sei, als sie sich auf Ersatz des Schadens richte, der dieser Person oder Einrichtung mutmaßlich infolge der Umsetzung desselben Beschlusses entstanden sei, sofern diese Umsetzung durch eine Verordnung gemäß Art. 215 AEUV erfolgt sei ( 19 ).

45.

Die Prüfung dieses wichtigen Zuständigkeitsproblems erfordert zunächst eine Analyse der einschlägigen Vertragsbestimmungen.

46.

Obwohl Art. 19 EUV die Unionsgerichte mit der Aufgabe betraut, „die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge [zu sichern]“, heißt es sowohl in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV als auch in Art. 275 Abs. 1 AEUV ausdrücklich, dass der Gerichtshof im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik grundsätzlich weder in Bezug auf die Bestimmungen über die GASP noch bezüglich der „auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsakte zuständig“ ist ( 20 ).

47.

Wie Generalanwalt Wahl in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache H/Rat und Kommission (C‑455/14 P, EU:C:2016:212, Nr. 2) bemerkt hat, spiegeln diese Vertragsbestimmungen insoweit eine gängige Praxis der nationalen Gerichte im Hinblick auf außenpolitische Entscheidungen der Regierungen ihrer jeweiligen Mitgliedstaaten wider. Für diesen traditionellen Respekt gegenüber der Exekutive bei der gerichtlichen Kontrolle solcher Entscheidungen gibt es verschiedene Gründe. Viele dieser Entscheidungen – bei denen es etwa um die Anerkennung eines Staates oder um die angemessene Reaktion auf unfreundliche Handlungen eines ausländischen Staates geht, ganz zu schweigen von Angelegenheiten wie dem Einsatz von Militär – betreffen politische und diplomatische Fragen, die auf höchster Ebene verhandelt werden und sich naturgemäß nicht dazu eignen, von einem Gericht entschieden zu werden. Treffen die Regierungen der Mitgliedstaaten Entscheidungen in diesen Bereichen, so üben sie dabei nicht selten ein politisches Ermessen aus; insoweit ist es wichtig, zu vermeiden, dass Exekutive und Judikative unterschiedliche Auffassungen äußern. Auch können außenpolitische Probleme oft nicht ohne Weiteres durch die Anwendung klassischer Rechtsgrundsätze oder den Rückgriff auf übliche richterliche Methoden der Sachverhaltsfeststellung, Beweiserhebung und rechtlichen Beweiswürdigung gelöst werden ( 21 ).

48.

Das gilt jedoch nicht für alle Entscheidungen mit Bezug zu außenpolitischen Fragen. Vor allem kann jeder Beschluss, mit dem eine natürliche oder juristische Person in eine Liste restriktiver Maßnahmen aufgenommen wird, einer Überprüfung anhand gewöhnlicher Rechtsgründe wie etwa der Beachtung der Verteidigungsrechte, der Begründungspflicht und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit unterzogen werden. In der Tat ist das frühere Aufhebungsurteil, auf dem das vorliegende Verfahren beruht, auf seine Weise ein Beleg dafür, wie derartige spezifische und besondere Beschlüsse aus dem Bereich der Außenpolitik effektiv von einem Gericht überprüft werden können.

49.

Wie soeben erwähnt, bietet diese Überlegung eine eindeutige Erklärung für diese Vertragsbestimmungen zur Regelung der GASP-Beschlüsse. Es darf nämlich nicht vergessen werden, dass aufgrund der GASP-Bestimmungen erlassene Rechtsakte grundsätzlich nur Entscheidungen rein politischer Natur zur Durchführung der GASP umsetzen sollen, wobei gerichtliche Kontrolle und Gewaltenteilung nur schwer miteinander zu vereinbaren sind. Es ist daher festzustellen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union, wie Generalanwalt Wahl in der Rechtssache H/Rat und Kommission aufgezeigt hat, seine gerichtliche Kontrolle in GASP-Angelegenheiten „nur in Ausnahmefällen ausübt“ ( 22 ).

50.

Es ist aber genauso wichtig, darauf zu achten, dass die einschlägigen Vertragsbestimmungen nicht alle Handlungen im Bereich der GASP von einer Überprüfung durch den Gerichtshof ausschließen.

51.

Wie erstens aus dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV hervorgeht, bezieht sich der in diesen Bestimmungen ausdrücklich vorgesehene Ausschluss nur auf Rechtsakte, die auf einer der Bestimmungen in den Art. 23 bis 46 EUV oder auf einem Rechtsakt beruhen, der seinerseits aufgrund dieser Bestimmungen erlassen wurde.

52.

Zweitens hat der Gerichtshof entschieden, dass bestimmte Rechtsakte unabhängig von ihrer Rechtsgrundlage ihrem Wesen nach nicht der gerichtlichen Überprüfung gemäß Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV entzogen seien. Der Gerichtshof hat beispielsweise seine Zuständigkeit zur Überprüfung der Gültigkeit von Rechtsakten der Personalverwaltung bejaht, die den von den Unionsorganen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten erlassenen Entscheidungen wie etwa Umverteilungsmaßnahmen ähnlich seien ( 23 ).

53.

Drittens sind Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV einschränkend auszulegen, da sie eine Abweichung von der Regel der allgemeinen Zuständigkeit einführen, die Art. 19 EUV dem Gerichtshof zur Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge einräumt ( 24 ). Fällt ein Rechtsakt unter die im AEU-Vertrag vorgesehenen Bestimmungen wie etwa die Vorschriften der Haushaltsordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge, behält der Gerichtshof daher seine Zuständigkeit für die Auslegung und Anwendung dieser Bestimmungen ( 25 ).

54.

Viertens sind in den Verträgen selbst zwei die GASP betreffende Situationen geregelt, in denen die Zuständigkeit der Unionsgerichte ausdrücklich anerkannt wurde. Sowohl Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV als auch Art. 275 Abs. 2 AEUV erklären nämlich den Gerichtshof für zuständig, die Einhaltung von Art. 40 EUV zu kontrollieren, d. h., zu überprüfen, ob ein Rechtsakt unter Beachtung der in den Verträgen vorgesehenen Verfahren und Befugnisse der Organe erlassen wurde ( 26 ).

55.

Zusätzlich wurde dem Gerichtshof gemäß Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV durch die Verträge ausdrücklich die Zuständigkeit zur Überwachung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen des Rates über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen übertragen.

56.

Was diese zweite Ausnahme betrifft, so wird dem Gerichtshof in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV die Zuständigkeit zur Überwachung der Rechtmäßigkeit bestimmter Beschlüsse nach Art. 275 Abs. 2 AEUV übertragen, während die letztgenannte Bestimmung außerdem vorsieht, dass der Gerichtshof für die „unter den Voraussetzungen des Artikels 263 Absatz 4 [AEUV]“ erhobenen Klagen im Zusammenhang mit der Überwachung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen des Rates über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen zuständig ist.

57.

Hierzu hat der Gerichtshof in Rn. 70 des Urteils Rosneft entschieden, diese Verweisung auf die „Voraussetzungen des Artikels 263 Absatz 4“ sei so zu verstehen, dass sie nicht erfolge, „um zu bestimmen, in welchen Verfahren der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit bestimmter Beschlüsse überwachen darf, sondern um zu bestimmen, bei welchen Beschlüssen der Gerichtshof – in jedem Verfahren, das die Überwachung der Rechtmäßigkeit zum Gegenstand hat – eine solche Überwachung vornehmen darf“ ( 27 ). Der Gerichtshof hat folglich mit der Begründung, dass ein und dieselbe Art von Beschluss Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens zur Beurteilung der Gültigkeit oder einer Nichtigkeitsklage sein könne ( 28 ) und diese beiden Verfahren auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle ebendieses Beschlusses abzielten, seine Zuständigkeit für Vorabentscheidungen nach Art. 267 AEUV über die Gültigkeit restriktiver Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen bejaht ( 29 ).

58.

Aus dem Wortlaut von Art. 275 Abs. 2 AEUV geht somit eindeutig hervor, dass sich die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit restriktiver Maßnahmen auf Klagen beschränkt, die „unter den Voraussetzungen des Artikels 263 Absatz 4 [AEUV]“ erhoben werden.

59.

Es wird die Auffassung vertreten, die Zuständigkeit des Gerichtshofs bestehe aufgrund von Art. 275 Abs. 2 AEUV allein darin, die Rechtmäßigkeit der gegen natürliche oder juristische Personen verhängten restriktiven Maßnahmen im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 Abs. 2 AEUV zu überprüfen. Aus dieser Sicht erstreckt sich die Zuständigkeit nicht auf Entschädigungsansprüche wegen des durch solche Maßnahmen verursachten oder damit zusammenhängenden Schadens. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Schadensersatzklage nämlich als solche nicht Bestandteil des Systems der Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Unionshandlungen ( 30 ). Wie der Gerichtshof in der Rechtssache Lütticke/Kommission ( 31 ) ausgeführt hat, sind „die Schadensersatzklagen … als selbständige Rechtsbehelfe mit eigener Funktion im System der Klagemöglichkeiten geschaffen und … von Voraussetzungen abhängig gemacht [worden], die ihrem besonderen Zweck angepasst sind“ ( 32 ).

60.

Noch deutlicher ist die Aussage des Gerichts, wonach „die Schadensersatzklage … sich dadurch von der Nichtigkeitsklage [unterscheidet], dass sie nicht die Beseitigung einer bestimmten Maßnahme zum Ziel hat, sondern den Ersatz des von einem [Unions]organ verursachten Schadens … Der Grundsatz der Selbständigkeit der Schadensersatzklage findet seine Rechtfertigung somit darin, dass sich der Zweck dieser Klage von dem der Nichtigkeitsklage unterscheidet“ ( 33 ). Dem ließe sich hinzufügen, dass sich die Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV von den Voraussetzungen des Art. 263 AEUV unterscheiden. Insbesondere muss der Kläger, um die Haftung der Union zu begründen, nicht nur den Verstoß gegen eine Rechtsnorm dartun, sondern auch nachweisen, dass es sich dabei um einen qualifizierten Verstoß handelt – was bedeutet, dass die betreffende Rechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen – und dass dieser Verstoß ihm weiter einen Schaden verursacht hat ( 34 ). Mit anderen Worten: Selbst wenn infolge einer erfolgreichen Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV eine Rechtswidrigkeit eindeutig festgestellt wurde, ergibt sich daraus kein automatischer Anspruch auf Schadensersatz.

61.

Andererseits kann Art. 275 AEUV, obwohl eine am aktuellen Text des Vertrags orientierte Auslegung – nicht zuletzt im Kontext von Zuständigkeitsbeschränkungen wie im vorliegenden Fall – besonders wichtig ist, dennoch nicht ausnahmslos mit Bezug auf seinen Wortlaut ausgelegt werden. Schließlich ist der gesamte Vertrag ganzheitlich und in sich stimmig zu verstehen, damit die Interaktion der verschiedenen Vertragsteile ein Ergebnis zeitigt, das – in Anlehnung an die Worte des Gerichtshofs in Rn. 78 des Urteils Rosneft ( 35 ) – die „erforderliche Kohärenz“ gewährleistet, die einem jeden System des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes immanent ist.

62.

Hierzu lässt sich feststellen: Sofern der Rat in diesen Bereichen per Verordnung nach Art. 215 AEUV tätig wird, kann in den Fällen, in denen die relevanten Teile der Verordnung entweder für nichtig erklärt oder fehlerhaft angewandt wurden, Schadensersatz gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV zugesprochen werden, wenn ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliegt, der unmittelbar einen Schaden verursacht hat. Dies war letzten Endes in der Rechtssache Safa Nicu Sepahan geschehen, in der Schadensersatz aufgrund von Art. 340 Abs. 2 AEUV zugesprochen wurde, weil der Rat den Nachweis schuldig blieb, dass das klägerische Unternehmen zumindest eine der Voraussetzungen nach den einschlägigen Verordnungen erfüllt hatte, mit denen restriktive Maßnahmen erlassen worden waren, wobei unter den Umständen des Falles angenommen wurde, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm gegeben war, weswegen die Klägerin einen Schaden erlitten hatte.

63.

Daher ist die Frage erlaubt: Warum sollte der Gerichtshof, wenn der relevante GASP-Beschluss über restriktive Maßnahmen nach Titel V Kapitel 2 EUV erlassen wurde, keine Zuständigkeit für die Zuerkennung von Schadensersatz besitzen, jedoch über eine solche Zuständigkeit verfügen, wenn der Rat auch eine Verordnung nach Art. 215 AEUV erlassen hat (was er ständig tut), die den ursprünglichen Beschluss über restriktive Maßnahmen in jeder Hinsicht einfach reproduziert hat? Es drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass eine solche Situation zu unhaltbaren Missständen führen würde, die durch nichts zu rechtfertigen wären. Dies alles hätte zur Folge, dass es bei dem in den Verträgen vorgesehenen Rechtsschutzsystem in Bezug auf die gerichtliche Überprüfung restriktiver Maßnahmen an der notwendigen Kohärenz fehlen würde.

64.

In diesem Zusammenhang kann meines Erachtens der Auffassung des Rates nicht gefolgt werden, wonach die fehlende Zuständigkeit sowohl des Gerichts als auch des Gerichtshofs für eine Klage auf Nichtigerklärung eines aufgrund von Art. 29 EUV erlassenen Einzelfallbeschlusses dadurch aufgewogen werde, dass es andere Rechtsbehelfe gebe, speziell die Möglichkeit, wegen der zur Durchführung dieses Beschlusses ergriffenen nationalen Maßnahmen eine Klage wie in der Rechtssache Francovich ( 36 ) gegen einzelne Mitgliedstaaten zu erheben. Die offensichtlichste Antwort auf dieses Argument besteht darin, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 29 Satz 2 EUV verpflichtet sind, alle aufgrund dieser Bestimmung ergangenen Beschlüsse umzusetzen. Jedenfalls können nach der Francovich-Doktrin einzelne Mitgliedstaaten nicht für einen Schaden haftbar gemacht werden, der durch eine zur Durchführung eines solchen Beschlusses ergriffene nationale Maßnahme verursacht wurde, da ihnen eine etwaige schadensbegründende Rechtswidrigkeit nicht zuzurechnen ist.

65.

Insoweit ist auch auf die Aussage des Gerichtshofs in den Rn. 72 bis 74 des Urteils Rosneft hinzuweisen. Der Gerichtshof betonte, dass die Union auf den Rechtsstaat gegründet sei, wobei schon das Vorhandensein einer wirksamen, „zur Gewährleistung der Einhaltung des Unionsrechts dienenden gerichtlichen Kontrolle dem Wesen eines Rechtsstaats inhärent“ sei. Zwar könne Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – so der Gerichtshof weiter – „keine Zuständigkeit des Gerichtshofs begründen, wenn die Verträge sie ausschließen“; wegen des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes sei „der Ausschluss der Zuständigkeit des Gerichtshofs im Bereich der GASP aber restriktiv auszulegen“.

66.

Was den Wortlaut von Art. 275 Abs. 2 AEUV anlangt, sollten diese Ausnahmebestimmungen nach meinem Dafürhalten eher dahin ausgelegt werden, dass die Verfasser – aus durchaus verständlichen Gründen – beabsichtigten, die Zuständigkeit des Gerichtshofs nur für die GASP-Handlungen im Allgemeinen auszuschließen, mit Ausnahme von Beschlüssen, die restriktive Maßnahmen betreffen. Da eine Schadensersatzklage wegen der in diesem Bereich nach Art. 215 AEUV erlassenen Rechtsakte nicht ausgeschlossen worden ist, muss bezweifelt werden, dass es tatsächlich die Absicht der Verfasser war, eine Schadensersatzklage auszuschließen, die sich aus einer gemäß Art. 263 AEUV gegen solche restriktiven Maßnahmen gerichteten Nichtigkeitsklage ergibt oder mit dieser Klage eng zusammenhängt. Insbesondere wollten die Verfasser einen mit einer Nichtigkeitsklage erfolgreichen Kläger wohl kaum daran hindern, Schadensersatz für etwas zu verlangen, was sich als eine sehr schwerwiegende Verletzung einer Rechtsnorm erweisen könnte.

67.

Jedes andere Ergebnis hätte, wie gesagt, unhaltbare Missstände zur Folge, die nicht nur mit fundamentalen Grundsätzen zum Schutz des Rechtsstaats – selbst ein Grundprinzip des Unionsrechts – unvereinbar wären, sondern auch die Wirksamkeit und die erforderliche Kohärenz des in den Verträgen vorgesehenen Rechtsschutzsystems beeinträchtigen würden.

68.

Unter diesen Umständen ist der Gerichtshof meines Erachtens nicht verpflichtet, allein auf den Wortlaut von Art. 275 Abs. 2 AEUV im Sinne einer rein wörtlichen und strikten Auslegung dieser Bestimmung abzustellen. Er darf nach meiner Meinung die Verträge ganzheitlich und kohärent auslegen und dabei erforderlichenfalls speziell die Wirkung von Art. 215 AEUV berücksichtigen.

69.

Zwar ist sowohl in Art. 24 EUV als auch in Art. 275 AEUV von der Überwachung der Rechtmäßigkeit bestimmter Beschlüsse die Rede; was jedoch die Verweisung auf die Voraussetzungen des Art. 263 Abs. 4 ( 37 ) anbelangt, so sind die betreffenden Begriffe in allgemeinem Sinn zu verstehen, und zwar als Bezugnahme auf solche Beschlüsse, deren Rechtmäßigkeit vom Unionsrichter überprüft werden kann, und nicht auf ein besonderes Verfahren der Rechtmäßigkeitskontrolle.

70.

Auch wenn die Nichtigkeitsklage und die Schadensersatzklage nicht den gleichen Zielen dienen, weshalb im Rahmen der Letzteren „ein Verstoß gegen eine Rechtsnorm“ für sich allein nicht genügt, um eine Haftung auszulösen, ändert dies doch nichts daran, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit der schadensbegründenden Entscheidung gleichwohl ein notwendiger Verfahrensschritt für die Beurteilung der Begründetheit einer Schadensersatzklage ist ( 38 ). Zwar reicht das Vorliegen einer Rechtswidrigkeit für sich allein nicht aus, um die außervertragliche Haftung der Union auszulösen; es kommt aber auch bei einer Nichtigkeitsklage vor, dass bestimmte Rechtsverstöße keine Nichtigerklärung der Entscheidung zur Folge haben ( 39 ).

71.

Daher bin ich der Ansicht, dass der Gerichtshof für eine Schadensersatzklage zuständig ist, die mit einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV unmittelbar zusammenhängt oder zu dieser akzessorisch ist, wenn diese die Rechtmäßigkeit der vom Rat nach Titel V Kapitel 2 EUV gegen natürliche oder juristische Personen verhängten restriktiven Maßnahmen zum Gegenstand hat, und dass Art. 275 Abs. 2 AEUV angesichts dieser Auslegung eine solche Zuständigkeit nicht ausschließt.

72.

Ich werde nun die Begründetheit des ersten Rechtsmittelgrundes prüfen.

B.   Zum ersten Rechtsmittelgrund

73.

Nach den im Urteil Francovich ( 40 ) entwickelten Kriterien – die entsprechend gelten ( 41 ) – müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit die außervertragliche Haftung der Union gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV für das rechtswidrige Verhalten ihrer Organe ausgelöst wird. Erstens muss ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliegen, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, zweitens muss ein Schaden gegeben sein, und drittens muss zwischen dem Verstoß gegen die dem Urheber der fraglichen Handlung obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein Kausalzusammenhang bestehen ( 42 ).

74.

Zur ersten Voraussetzung, um die es bei dem vorliegenden Rechtsmittel geht, hat der Gerichtshof bereits entschieden, der Nachweis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die bezwecke, Personen oder Einrichtungen Rechte zu verleihen, sei erbracht, wenn dieser Verstoß darin bestehe, dass das betreffende Organ die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt seien, offenkundig und erheblich überschritten habe. Die hierbei zu berücksichtigenden Faktoren seien u. a. die Komplexität der zu regelnden Sachverhalte, das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Rechtsnorm sowie der Umfang des Ermessensspielraums, den die verletzte Rechtsnorm dem Unionsorgan belasse ( 43 ). Ein solcher Verstoß könne als erwiesen angesehen werden, wenn er von einer durchschnittlich umsichtigen und sorgfältigen Behörde unter vergleichbaren Umständen nicht begangen worden wäre ( 44 ).

75.

Das Gericht wies im angefochtenen Urteil die von der Rechtsmittelführerin erhobene Klage unter Berufung auf eine spezielle Rechtsprechung ab, der zufolge eine Verletzung der Begründungspflicht nicht ausreicht, um die außervertragliche Haftung auszulösen. Da die Rechtsmittelführerin ihr Begehren in der Klageschrift nur auf das Aufhebungsurteil gestützt hatte, mit dem das Gericht die Beschlüsse über ihre Aufnahme in die Listen wegen Begründungsmangels für nichtig erklärt hatte, stellte das Gericht fest, dass die erste Voraussetzung für die außervertragliche Haftung der Union nicht erfüllt sei ( 45 ).

76.

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe die betreffende Rechtsprechung fehlerhaft angewandt, denn diese gelte nur für Maßnahmen mit Rechtsnormcharakter; auch sei der vorliegende Fall durch besondere Umstände gekennzeichnet gewesen, derentwegen das Gericht von ihrer Anwendung hätte absehen müssen.

77.

Dieser These kann ich nicht zustimmen. Die fragliche Rechtsprechung gilt angesichts der verwendeten allgemeinen Formulierung und ihrer „Raison d’être“ für jede Entscheidung, unabhängig davon, ob sie administrativen oder Rechtsnormcharakter hat. Wie der Rat in seinen Schriftsätzen ausgeführt hat, hat der Gerichtshof von dieser Rechtsprechung zwar in einigen Urteilen Gebrauch gemacht, die Rechtsnormen zum Gegenstand hatten ( 46 ); der Gerichtshof hat sie aber auch in Bezug auf Einzelentscheidungen angewandt, mit denen eine bestimmte Person in die Liste der von restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen aufgenommen worden war ( 47 ). Obwohl sich die Rechtsmittelführerin eher vage auf besondere Umstände berufen hat, scheint es keinen Grund zu geben, der dem Gericht erlaubt hätte, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

78.

Die betreffende Rechtsprechung dürfte allerdings weiter präzisiert werden, damit betroffene Personen oder Einrichtungen vielleicht erkennen, wie sie eine Entschädigung erlangen können.

79.

Diesem Streben nach Klarheit kommt erhebliche Bedeutung zu, wenn man bedenkt, dass das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz erstens bedeutet, dass es auch unter Umständen wie denen der vorliegenden Rechtssache, in der ein Organ durch den Erlass einer ungerechtfertigten Einzelentscheidung einen Schaden verursacht hat, der betroffenen Person möglich sein muss, einen angemessenen Ersatz dieses Schadens zu erlangen ( 48 ). Wie der Vertreter der Rechtsmittelführerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, ist die Existenz eines derartigen Rechtsbehelfs für diese Einrichtung von viel grundlegenderer Bedeutung als die Frage, ob der Gerichtshof für eine Schadensersatzklage wegen eines auf Art. 29 EUV beruhenden Beschlusses zuständig ist, denn der Rat erlässt in der Praxis, wie bereits erwähnt, systematisch zwei identische Beschlüsse: den einen aufgrund von Art. 29 EUV und den anderen aufgrund von Art. 215 AEUV.

80.

Zweitens kann festgestellt werden, dass jede Verletzung der Begründungspflicht an sich einen qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm darstellen wird, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Wie in Art. 296 AEUV stillschweigend anerkannt wird, bietet der Anspruch auf eine Begründung den besten Schutz vor willkürlichen Entscheidungen und ist ein fundamentales Element einer auf Rechtsstaatlichkeit beruhenden Gesellschaft. Da eine Begründung es insbesondere dem Adressaten des fraglichen Rechtsakts ermöglichen soll, zu erkennen, aus welchen Gründen dieser Akt erlassen wurde, und folglich zu entscheiden, ob er ihn anfechten sollte ( 49 ), ist davon auszugehen, dass sie dem Einzelnen Rechte verleiht.

81.

In diesem speziellen Kontext sind freilich zwei unterschiedliche Aspekte des Anspruchs auf eine Begründung zu beachten. Einerseits stellt die Begründungspflicht eine wesentliche Formvorschrift dar, die in allen Fällen zu beachten ist ( 50 ), während die Frage der Stichhaltigkeit der tatsächlich angeführten Gründe – bei der es um die materielle Rechtmäßigkeit der fraglichen Maßnahme geht – ein etwas anderes Thema betrifft.

82.

Andererseits mag der Rat im Bereich der GASP zwar auf gewisse Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Informationen stoßen; dies kann jedoch an sich keinen Begründungsmangel rechtfertigen. Wie nämlich der Gerichtshof entschieden hat, „erfordert die in Art. 296 AEUV vorgesehene Begründungspflicht … unter allen Umständen …, dass in dieser Begründung die einzelfallbezogenen, spezifischen und konkreten Gründe genannt werden, aus denen die zuständigen Behörden der Auffassung sind, dass gegen die betroffene Person restriktive Maßnahmen verhängt werden müssen“ ( 51 ). Eine Verletzung der Begründungspflicht muss daher grundsätzlich als ein Verstoß gewertet werden, den eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Behörde nicht begangen hätte.

83.

Obwohl der Gerichtshof bisher noch nicht entschieden hat, weshalb eine Verletzung der Begründungspflicht als solche nicht genügt, um eine außervertragliche Haftung auszulösen, liegt die Antwort meines Erachtens gleichwohl auf der Hand. Begehrt ein Kläger Ersatz des durch die Rechtsfolgen einer Entscheidung verursachten Schadens, kann dieser Schaden sich nicht ausschließlich aus der fehlenden Begründung ergeben. Ursache dieses Schadens ist vielmehr allein, dass diese Entscheidung auf keiner gültigen Rechtsgrundlage beruht ( 52 ).

84.

Da durch das Begründungserfordernis sichergestellt werden soll, dass die Gerichte die Rechtmäßigkeit der fraglichen Entscheidung ordnungsgemäß überprüfen können ( 53 ), ist es im Fall eines Begründungsmangels unmöglich, die Begründetheit der Entscheidung zu prüfen und darüber hinaus festzustellen, ob die Voraussetzung, wonach ein Kausalzusammenhang bestehen muss, erfüllt ist ( 54 ).

85.

Das bedeutet aber nicht, dass unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles, in dem ein Organ, um einem Aufhebungsurteil nachzukommen, einen neuen Beschluss nur mit Wirkungen ex nunc erlässt, der Adressat dieses Beschlusses keinerlei Möglichkeit hätte, Schadensersatz wegen der beträchtlichen negativen Auswirkungen des ursprünglichen, für nichtig erklärten Beschlusses zu erlangen ( 55 ).

86.

Eine Verletzung der in Art. 296 AEUV verankerten Begründungspflicht ist somit als solche nicht geeignet, die außervertragliche Haftung der Union auszulösen. Der Adressat einer nicht mit Gründen versehenen Entscheidung kann jedoch darüber hinaus geltend machen, der Beschluss sei sachlich unbegründet und durch keine relevanten Informationen oder Beweise untermauert ( 56 ).

87.

Zwar kann vom Adressaten einer Entscheidung im Fall eines Begründungsmangels nicht mehr als die Erklärung erwartet werden, dass er auch die Begründetheit dieser Entscheidung in Frage stellt. Der Kläger muss aber zumindest einen entsprechenden Klagegrund vorbringen, der sich auf etwas bezieht, was mit der materiellen Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in Verbindung gebracht werden kann, und insbesondere geltend machen, ihnen lägen keine ordentlichen Beweise zugrunde. Der Gerichtshof ist nämlich an das Parteivorbringen gebunden. Es reicht somit nicht aus, wenn der Kläger nur darauf verweist, dass er einen Begründungsmangel gerügt habe.

88.

Rügt der Adressat einer Entscheidung, dieser fehle es nicht nur an der Begründung, sondern auch an der Begründetheit, und verlangt er deshalb Schadensersatz, so obliegt es dem betreffenden Organ – hier dem Rat –, die sachliche Stichhaltigkeit dieser Entscheidung nachzuweisen ( 57 ). Kann das Organ in diesem Stadium nicht erläutern, aus welchen Gründen es den Rechtsakt erlassen hat, ist davon auszugehen, dass zumindest die ersten Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV erfüllt sind.

89.

Zwar ist im Kontext der Nichtigkeitsklage ein Rechtsakt grundsätzlich schon bei seinem Erlass und nur ausnahmsweise in einem späteren Stadium auf Antrag der betroffenen Person zu begründen. Die Schadensersatzklage stellt jedoch einen selbständigen Rechtsbehelf dar, der nicht die Aufhebung einer bestimmten Maßnahme zum Ziel hat, sondern den Ersatz des von einem Organ verursachten Schadens ( 58 ).

90.

Während also das Gericht im Rahmen der Nichtigkeitsklage eine Entscheidung, die vor Klageerhebung mit keiner Begründung versehen wurde, für nichtig erklären muss, kann der Rat diese Begründung bei einer Schadensersatzklage im Stadium der Klagebeantwortung nachreichen, um darzutun, dass die Entscheidung sachlich stichhaltig war und die Union deshalb nicht haften sollte ( 59 ).

91.

Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelführerin ihren Schadensersatzanspruch ausschließlich auf die den Begründungsmangel betreffende Feststellung des Gerichts im Aufhebungsurteil gestützt.

92.

Zwar hat das Gericht in Rn. 82 des Aufhebungsurteils ausgeführt, der Rat habe seine Begründungspflicht sowie seine Verpflichtung, der Rechtsmittelführerin als betroffener Einrichtung das sie belastende Beweismaterial vorzulegen, verletzt, wodurch vielleicht der Eindruck entstanden ist, das Gericht habe zwei getrennte Rechtsverstöße festgestellt.

93.

Wie das Gericht in Rn. 49 des angefochtenen Urteils jedoch zutreffend dargelegt hat, war die Verletzung der Verpflichtung, das zulasten der Rechtsmittelführerin verwendete Beweismaterial offenzulegen, im Aufhebungsurteil nicht infolge einer Rüge, mit der ein offensichtlicher Beurteilungsfehler geltend gemacht worden wäre, sondern infolge der Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht festgestellt worden ( 60 ). Nach Ansicht des Gerichts stellte dies also keinen separaten Grund für die Nichtigerklärung dar, sondern stützte vielmehr die Feststellung, dass die angefochtenen Beschlüsse nicht ordnungsgemäß begründet worden seien, da der Rat nicht einmal in der Lage gewesen sei, der Rechtsmittelführerin als betroffener Einrichtung das sie belastende Beweismaterial vorzulegen. Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht entschieden hätte, dass der Rat keine Beweise zur Untermauerung der restriktiven Maßnahmen beigebracht habe oder dass keine hinreichenden und stichhaltigen Gründe für die Aufnahme der Rechtsmittelführerin in die Liste der restriktiven Maßnahmen angeführt werden könnten.

94.

Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin in ihrem vierten Rechtsmittelgrund hat das Gericht mithin das Aufhebungsurteil, auf das die Rechtsmittelführerin ihr Schadensersatzbegehren in erster Instanz ausschließlich stützte, nicht missverstanden, als es entschied, in diesem Urteil sei nur eine Verletzung der Begründungspflicht festgestellt worden, die von der Feststellung zu unterscheiden ist, dass eine stichhaltige Begründung niemals hätte vorgebracht werden können.

95.

Es ist auch richtig, dass die Rechtsmittelführerin in den Rn. 24, 31 und 33 ihrer erstinstanzlichen Schadensersatzklage geltend gemacht hat, ihres Erachtens habe der Rat zum einen gegen die von ihm angeblich herangezogenen Rechtsvorschriften verstoßen, indem er sie ohne jede Begründung angewandt habe, und zum anderen die Verteidigungsrechte verletzt sowie einen Rechtsfehler begangen, da er die Stichhaltigkeit der ergriffenen Maßnahmen nicht nachgewiesen habe. Es ist jedoch zu beachten, dass die Klageschrift nach Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts eine eindeutige Darstellung der Klagegründe enthalten muss, auf die sich der Kläger stützt. Diese Angaben müssen so klar und deutlich sein, dass der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann ( 61 ).

96.

Die Rechtsmittelführerin erwähnte diese Umstände in einem Abschnitt ihrer Klageschrift, in dessen Überschrift ( 62 ) und erstem Absatz es hieß, darin solle nicht das dem Rat vorgeworfene Verhalten beschrieben, sondern vielmehr dargetan werden, dass das im vorhergehenden Teil angeführte rechtswidrige Verhalten die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen für die Haftung der Union erfülle. In dem vorhergehenden Teil der in erster Instanz eingereichten Klageschrift hatte die Rechtsmittelführerin bei der Beschreibung des gerügten rechtswidrigen Verhaltens aber nur einen Begründungsmangel im Aufhebungsurteil geltend gemacht.

97.

Da die Rechtsmittelführerin die Entscheidung getroffen hat, in dem relevanten Teil ihrer Klageschrift nicht auf dieses potenziell weiter gehende Vorbringen zu verweisen, kann das Gericht nicht dafür kritisiert werden, dass es aus dem Inhalt dieses zweiten Abschnitts nicht geschlossen hat, dass die Rechtsmittelführerin auch diese Rechtsverstöße habe rügen wollen. Wie das Gericht in den Rn. 52 bis 58 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, hat die Rechtsmittelführerin erst im Lauf des Verfahrens klargestellt, dass sie auch die materielle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Beschlüsse rügen wolle.

98.

Dieser Umstand unterscheidet meines Erachtens die vorliegende Rechtssache von dem Urteil vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11, EU:T:2014:986), auf das sich die Rechtsmittelführerin in ihrem Rechtsmittel beruft. Obwohl beide Fälle einen ziemlich ähnlichen Sachverhalt aufweisen, ergibt sich aus Rn. 26 jenes Urteils, das vom Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren bestätigt wurde, dass die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch in jenem Fall ausdrücklich auf einen Beurteilungsfehler – und nicht (wie hier) lediglich auf einen Begründungsmangel – gestützt hatte ( 63 ).

99.

Daher ist, auch wenn der Unterschied zwischen der vorliegenden Rechtssache und der Rechtssache Safa Nicu Sepahan gering erscheinen mag, festzustellen, dass das Gericht den Schadensersatzanspruch der Rechtsmittelführerin angesichts dessen, wie diese ihn formuliert hatte, unter den Umständen des vorliegenden Falles völlig zu Recht zurückgewiesen hat.

100.

Der Gerichtshof sollte deshalb den ersten Rechtsmittelgrund zurückweisen.

VI. Ergebnis

101.

Nach alledem komme ich in der Hauptsache zu folgendem Ergebnis:

Der Gerichtshof ist für eine Schadensersatzklage zuständig, die mit einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV unmittelbar zusammenhängt oder zu dieser akzessorisch ist, wenn diese die Rechtmäßigkeit der vom Rat nach Titel V Kapitel 2 EUV gegen natürliche oder juristische Personen verhängten restriktiven Maßnahmen zum Gegenstand hat. In Anbetracht dieser Auslegung schließt Art. 275 Abs. 2 AEUV eine solche Zuständigkeit nicht aus.

Der erste Rechtsmittelgrund ist zurückzuweisen.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Beschluss des Rates über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. 2010, L 195, S. 39).

( 3 ) Verordnung über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. 2010, L 281, S. 1).

( 4 ) Beschluss des Rates vom 25. Oktober 2010 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. 2010, L 281, S. 81).

( 5 ) Durch den Beschluss 2011/783/GASP des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2011, L 319, S. 71) wurde diese Liste, soweit die Rechtsmittelführerin betroffen ist, nicht geändert.

( 6 ) Beschluss des Rates zur Änderung des Beschlusses 2010/413 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2013, L 306, S. 18).

( 7 ) Verordnung des Rates zur Durchführung der Verordnung Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2013, L 306, S. 3).

( 8 ) Mit Entscheidung vom 7. Oktober 2016 setzte der Präsident der Ersten Kammer des Gerichts das Verfahren nach Art. 69 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichts bis zur verfahrensabschließenden Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑45/15 P, Safa Nicu Sepahan/Rat, aus. Mit Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat (C‑45/15 P, EU:C:2017:402), wies der Gerichtshof die Rechtsmittel von Safa Nicu Sepahan und des Rates zurück. Im Wege einer prozessleitenden Maßnahme vom 27. Februar 2018 wurden die Verfahrensbeteiligten aufgefordert, dem Gericht mitzuteilen, welche Konsequenzen sich ihres Erachtens aus diesem Urteil für die vorliegende Rechtssache ergaben. Das Ersuchen wurde von der Kommission am 13. März 2018 sowie vom Rat und von der Rechtsmittelführerin am 15. März 2018 beantwortet.

( 9 ) Vgl. Urteile vom 12. November 2015, Elitaliana/Eulex Kosovo (C‑439/13 P, EU:C:2015:753, Rn. 36 bis 38), und vom 26. Februar 2015, Planet/Kommission (C‑564/13 P, EU:C:2015:124, Rn. 20).

( 10 ) Vgl. u. a. Urteil vom 21. April 2016, Rat/Bank Saderat Iran (C‑200/13 P, EU:C:2016:284, Rn. 119).

( 11 ) Urteil vom 23. April 2013, Gbagbo u. a./Rat (C‑478/11 P bis C‑482/11 P, EU:C:2013:258, Rn. 56).

( 12 ) Vgl. z. B. dritter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 423/2007 und vierter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 961/2010, die Gegenstand der vorliegenden Rechtssache sind.

( 13 ) Gemäß Art. 215 Abs. 2 AEUV kann der Rat restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen sowie Gruppierungen oder nicht staatliche Einheiten erlassen, wenn ein nach Titel V Kapitel 2 EUV erlassener Beschluss dies vorsieht.

( 14 ) Das Gericht hatte zuvor eine Stellungnahme zu dieser Problematik vermieden: vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juni 2014, Syria International Islamic Bank/Rat (T‑293/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:439, Rn. 70 und 83), und vom 24. September 2014, Kadhaf Al Dam/Rat (T‑348/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:806, Rn. 115).

( 15 ) Urteile vom 13. Dezember 2018, Iran Insurance/Rat (T‑558/15, EU:T:2018:945, Rn. 53 und 55), und vom 13. Dezember 2018, Post Bank Iran/Rat (T‑559/15, EU:T:2018:948, Rn. 23 bis 55).

( 16 ) Urteil vom 18. Februar 2016, Jannatian/Rat (T‑328/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:86, Rn. 30).

( 17 ) Urteil vom 18. Februar 2016, Jannatian/Rat (T‑328/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:86, Rn. 31).

( 18 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 2007, Sison/Rat (T‑47/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:207, Rn. 232 bis 251), und vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11, EU:T:2014:986, Rn. 45 bis 149), im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat (C‑45/15 P, EU:C:2017:402).

( 19 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Dezember 2018, Iran Insurance/Rat (T‑558/15, EU:T:2018:945, Rn. 57), und vom 13. Dezember 2018, Post Bank Iran/Rat (T‑559/15, EU:T:2018:948, Rn. 57).

( 20 ) Urteil vom 19. Juli 2016, H/Rat u. a. (C‑455/14 P, EU:C:2016:569, Rn. 39). Eine Erläuterung der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmungen findet sich in der Stellungnahme der Generalanwältin Kokott in dem Gutachtenverfahren 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) (EU:C:2014:2475, Nr. 90).

( 21 ) Vgl. allgemein Butler G., Constitutional Law of the EU’s Common Foreign and Security Policy, Hart Publishing, Oxford, 2019, S. 202 bis 213.

( 22 ) C‑455/14 P, EU:C:2016:212, Nr. 2.

( 23 ) Urteil vom 19. Juli 2016, H/Rat u. a. (C‑455/14 P, EU:C:2016:569, Rn. 54 und 59).

( 24 ) Vgl. Urteil vom 19. Juli 2016, H/Rat u. a. (C‑455/14 P, EU:C:2016:569, Rn. 40.)

( 25 ) Urteil vom 12. November 2015, Elitaliana/Eulex Kosovo (C‑439/13 P, EU:C:2015:753, Rn. 49).

( 26 ) Vgl. Urteile vom 14. Juni 2016, Parlament/Rat (C‑263/14, EU:C:2016:435, Rn. 42), und vom 5. März 2015, Ezz u. a./Rat (C‑220/14 P, EU:C:2015:147, Rn. 42).

( 27 ) Urteil vom 28. März 2017 (C‑72/15, EU:C:2017:236).

( 28 ) Vorausgesetzt, dass im letzteren Fall die betroffene Person nicht die Adressatin dieses Beschlusses ist, weil sonst die TWD-Rechtsprechung eingreifen würde. Vgl. Urteil vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf (C‑188/92, EU:C:1994:90, Rn. 18).

( 29 ) Urteil vom 28. März 2017, Rosneft (C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 66, 68, 76 und 81).

( 30 ) Urteil vom 12. September 2006, Reynolds Tobacco u. a./Kommission (C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 83).

( 31 ) Urteil vom 28. April 1971 (4/69, EU:C:1971:40, Rn. 6).

( 32 ) Hervorhebung nur hier.

( 33 ) Urteil vom 24. Oktober 2000, Fresh Marine/Kommission (T‑178/98, EU:T:2000:240, Rn. 45).

( 34 ) Vgl. u. a. Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat (C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 29 bis 32, 61 und 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 35 ) Urteil vom 28. März 2017 (C‑72/15, EU:C:2017:236).

( 36 ) Urteil vom 19. November 1991, Francovich u. a. (C‑6/90 und C‑9/90, EU:C:1991:428).

( 37 ) Rn. 70 des Urteils Rosneft könnte den Eindruck erwecken, als habe der Gerichtshof eine Klage ausschließen wollen, die keine solche Überwachung der Rechtmäßigkeit zum Gegenstand hat. Diese Randnummer ist jedoch im speziellen Kontext der Rechtssache Rosneft zu sehen, bei der es um die Frage der Zuständigkeit des Gerichtshofs für eine Entscheidung nach Art. 267 AEUV ging, und darf nicht im Sinne einer allgemeingültigen Regel verstanden werden. Da der Gerichtshof zuvor entschieden hatte, die Nichtigkeitsklage und das Vorabentscheidungsersuchen zur Beurteilung der Gültigkeit dienten beide einer solchen Rechtmäßigkeitskontrolle, ist davon auszugehen, dass mit dieser Randnummer nur hervorgehoben werden sollte, dass der Hinweis in Art. 275 AEUV auf Art. 263 AEUV im Sinne einer Bezugnahme insbesondere auf jedes Verfahren zu verstehen ist, das eine derartige Rechtmäßigkeitskontrolle zum Gegenstand hat, sofern einer der in Art. 263 AEUV aufgeführten Rechtsakte betroffen ist.

( 38 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission (C‑120/06 P und C‑121/06 P, EU:C:2008:476, Rn. 120).

( 39 ) Dies ist bei gebundenen Entscheidungen oder dann der Fall, wenn der Rechtsverstoß keine Auswirkungen auf den Inhalt der Entscheidung haben konnte. Vgl. entsprechend Urteil vom 8. Mai 2014, Bolloré/Kommission (C‑414/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:301, Rn. 84).

( 40 ) Urteil vom 19. November 1991, Francovich u. a. (C‑6/90 und C‑9/90, EU:C:1991:428, Rn. 40).

( 41 ) Urteil vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission (C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 41).

( 42 ) Vgl. u. a. Urteil vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission (C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 42).

( 43 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 42).

( 44 ) Ebd. (Rn. 43).

( 45 ) Rn. 42 und 43 des angefochtenen Urteils.

( 46 ) Urteile vom 15. September 1982, Kind/EWG (106/81, EU:C:1982:291, Rn. 14), und vom 6. Juni 1990, AERPO u. a./Kommission (C‑119/88, EU:C:1990:231, Rn. 20).

( 47 ) Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 103).

( 48 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2006, Reynolds Tobacco u. a./Kommission (C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 80 bis 83).

( 49 ) Vgl. u. a. Urteil vom 15. November 2012, Rat/Bamba (C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 50).

( 50 ) Auf Französisch: „une formalité substantielle“.

( 51 ) Vgl. Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi (C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 116 bis 118), und vom 18. Februar 2016, Rat/Bank Mellat (C‑176/13 P, EU:C:2016:96, Rn. 76).

( 52 ) Ein Begründungsmangel kann zwar Schäden wegen des Zustands der Ungewissheit verursachen, in den er den Adressat der betreffenden Entscheidung möglicherweise versetzt hat; dabei handelt es sich aber um einen immateriellen Schaden. Macht jemand geltend, dass ihm durch die Rechtswirkungen einer Entscheidung ein Schaden entstanden sei, ist dieser gewiss materieller Art, kann jedoch nur darauf beruhen, dass es dieser Entscheidung an einer gültigen Rechtsgrundlage fehlt.

( 53 ) Vgl. Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi (C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 100).

( 54 ) Während der Gerichtshof diese Rechtsprechung in einigen Urteilen unter die erste Voraussetzung, nämlich das Vorliegen eines Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, zu subsumieren schien, ging er im ersten Urteil, in dem er zu diesem Ergebnis gelangte, offenbar davon aus, dass eine derartige Rechtswidrigkeit einen solchen Schaden nicht verursachen könne, was eher auf einen fehlenden Kausalzusammenhang hinausläuft. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 1982, Kind/EWG (106/81, EU:C:1982:291, Rn. 14 und 34).

( 55 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi (C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 132). Der Adressat einer nicht mit Gründen versehenen Entscheidung darf weder unter den Folgen der Sorgfaltspflichtverletzung seitens des betreffenden Organs noch darunter leiden, dass das Gericht aus Gründen der Prozessökonomie den Beschluss ohne eine Prüfung sämtlicher Klagegründe für nichtig erklärt hat. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger gegen ein Urteil, in dem ein Beschluss wegen Verletzung der Begründungspflicht für nichtig erklärt wurde, kein Rechtsmittel einlegen kann, um zu rügen, dass das Gericht den festgestellten Verstoß zu Unrecht als Verletzung der Begründungspflicht qualifiziert habe.

( 56 ) Wird ein Beschluss für nichtig erklärt, so dürfte es grundsätzlich verfrüht sein, sofort über die außervertragliche Haftung der Union zu entscheiden, denn das Organ, das diesen Beschluss erlassen hat, muss darüber befinden, wie es dem Nichtigkeitsurteil nachkommen soll. Erst nach Erlass der Maßnahmen zur Durchführung dieses Urteils lässt sich der Umfang des zu ersetzenden Schadens bestimmen, da durch einige dieser Maßnahmen möglicherweise die negativen Folgen dieses Beschlusses beseitigt wurden. Vgl. u. a. Urteil vom 14. Dezember 2018, FV/Rat (T‑750/16, EU:T:2018:972, Rn. 176 und 177). Im vorliegenden Fall erließ der Rat zur Durchführung des Aufhebungsurteils jedoch nicht neue, ordnungsgemäß mit Gründen versehene Beschlüsse ex tunc, sondern nur Beschlüsse ex nunc, ohne die Nachteile auszugleichen, die der Rechtsmittelführerin durch die früheren Auswirkungen der aufgehobenen Maßnahmen entstanden waren. Vgl. zur Verpflichtung, die früheren Auswirkungen einer für nichtig erklärten Entscheidung zu beseitigen, Urteil vom 14. Mai 1998, Rat/De Nil und Impens (C‑259/96 P, EU:C:1998:224, Rn. 16). Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelführerin dem Rat jedoch nicht vorgeworfen, unter Verletzung seiner Verpflichtung aus Art. 266 AEUV nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen zu haben, um dem Urteil nachzukommen, durch das der Beschluss für nichtig erklärt worden war.

( 57 ) Urteil vom 26. Juli 2017, Rat/Hamas (C‑79/15 P, EU:C:2017:584, Rn. 49).

( 58 ) Vgl. Urteil vom 2. Dezember 1971, Zuckerfabrik Schöppenstedt/Rat (5/71, EU:C:1971:116, Rn. 3). Daran ändert die Entscheidung des Gerichtshofs in Rn. 46 des Urteils vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694), nichts, bei der es darum geht, ob sich der Rat auf nach Erlass einer Entscheidung eingetretene Umstände berufen kann, um diese Entscheidung rückwirkend zu begründen, und nicht darum, ob der Rat im Rahmen einer Schadensersatzklage noch Gründe zur Rechtfertigung einer Entscheidung anführen kann.

( 59 ) Übrigens müsste unter diesen Umständen die Tatsache, dass die Begründung verspätet war, natürlich bei einer etwaigen Kostenentscheidung berücksichtigt werden. Dem Kläger sollte auch gestattet werden, sein Vorbringen entsprechend den bisherigen Erläuterungen anzupassen.

( 60 ) Vgl. Rn. 70 des Aufhebungsurteils.

( 61 ) Vgl. u. a. Beschluss vom 21. Januar 2016, Internationaler Hilfsfonds/Kommission (C‑103/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:51, Rn. 33).

( 62 ) Dieser Abschnitt trug die Überschrift: „B. Diese Rechtswidrigkeit begründet die Haftung der Union“.

( 63 ) Wie bereits erwähnt, sind die Verletzung der Begründungspflicht und die Verletzung der Pflicht, Informationen oder Beweismaterial zur Untermauerung der restriktiven Maßnahmen beizubringen, nämlich zwei völlig verschiedene Dinge. Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/Hamas (C‑79/15 P, EU:C:2017:584, Rn. 48), und vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE (C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 70), in denen der Gerichtshof von „zum einen“ und „zum anderen“ spricht, um zwischen den beiden Pflichten zu differenzieren. Eine Verletzung der ersten Pflicht berührt die sogenannte formelle Rechtmäßigkeit der betreffenden Entscheidung, während eine Verletzung der zweiten Pflicht deren materielle Rechtmäßigkeit berührt.

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