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Document 62018CJ0654

Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 28. Mai 2020.
Interseroh Dienstleistungs GmbH gegen SAA Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH.
Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Stuttgart.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Verbringung von Abfällen – Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 – Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung – Allgemeine Informationspflichten – Anhang IIIA – Gemisch aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren – Eintrag B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens – Störstoffe – Kontaminierung eines Gemischs durch andere Stoffe – Umweltgerechte Verwertung.
Rechtssache C-654/18.

Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2020:398

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

28. Mai 2020 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Verbringung von Abfällen – Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 – Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung – Allgemeine Informationspflichten – Anhang IIIA – Gemisch aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren – Eintrag B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens – Störstoffe – Kontaminierung eines Gemischs durch andere Stoffe – Umweltgerechte Verwertung“

In der Rechtssache C‑654/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Stuttgart (Deutschland) mit Entscheidung vom 10. Oktober 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Oktober 2018, in dem Verfahren

Interseroh Dienstleistungs GmbH

gegen

SAA Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter I. Jarukaitis, E. Juhász, M. Ilešič und C. Lycourgos (Berichterstatter),

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Interseroh Dienstleistungs GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte A. Oexle und T. Lammers,

der SAA Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin H. S. Wirsing und Rechtsanwalt E. Beathalter,

der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und A. M. de Ree als Bevollmächtigte,

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Haasbeek und A. C. Becker als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 30. Januar 2020

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. 2006, L 190, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) 2015/2002 der Kommission vom 10. November 2015 (ABl. 2015, L 294, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1013/2006).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Interseroh Dienstleistungs GmbH (im Folgenden: Interseroh) und der SAA Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH (im Folgenden: SAA) über deren Weigerung, die Verbringung eines Gemischs von Abfällen aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren sowie anderen Stoffen von dem in der Verordnung Nr. 1013/2006 vorgesehenen Notifizierungsverfahren zu befreien.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

3

In Art. 1 („Geltungsbereich des Übereinkommens“) Abs. 1 Buchst. a des am 22. März 1989 in Basel unterzeichneten und mit Beschluss 93/98/EWG des Rates vom 1. Februar 1993 (ABl. 1993, L 39, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung in seiner auf den Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: Basler Übereinkommen) heißt es:

„(1) Folgende Abfälle, die Gegenstand grenzüberschreitender Verbringung sind, gelten im Sinne dieses Übereinkommens als, gefährliche Abfälle‘:

a)

Abfälle, die einer in Anlage I enthaltenen Gruppe angehören, es sei denn, sie besitzen keine der in Anlage III aufgeführten Eigenschaften …

…“

4

Der Einleitungssatz von Anlage IX dieses Überkommens lautet:

„Die in dieser Anlage aufgeführten Abfälle werden nicht von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a dieses Übereinkommens erfasst, es sei denn, sie enthalten in Anlage I genannte Stoffe in solchen Mengen, dass sie eine der in Anlage III festgelegten Eigenschaften aufweisen.“

5

Die Liste B3 dieser Anlage erfasst „Abfälle aus vorwiegend organischen Bestandteilen, die Metalle oder anorganische Stoffe enthalten können“. Sie enthält u. a. den Eintrag B3020; dieser lautet:

„B3020 Abfälle aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren

Folgende Stoffe, sofern sie nicht mit gefährlichen Abfällen vermischt sind:

Abfälle und Ausschuss von Papier und Pappe:

ungebleichtes Papier und Wellpapier und ungebleichte Pappe und Wellpappe;

hauptsächlich aus gebleichter, nicht in der Masse gefärbter Holzcellulose bestehendes anderes Papier und daraus bestehende andere Pappe;

hauptsächlich aus mechanischen Halbstoffen bestehendes Papier und daraus bestehende Pappe (beispielsweise Zeitungen, Zeitschriften und ähnliche Drucksachen);

andere, einschließlich, aber nicht begrenzt auf:

Pappe (Karton)

nicht sortierter Ausschuss“.

Unionsrecht

Richtlinie 2006/12/EG

6

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2006/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Abfälle (ABl. 2006, L 114, S. 9) sah vor:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Abfälle verwertet oder beseitigt werden, ohne dass die menschliche Gesundheit gefährdet wird und ohne dass Verfahren oder Methoden verwendet werden, welche die Umwelt schädigen können, insbesondere ohne dass

a)

Wasser, Luft, Boden und die Tier- und Pflanzenwelt gefährdet werden;

b)

Geräusch‑ oder Geruchsbelästigungen verursacht werden;

c)

die Umgebung und das Landschaftsbild beeinträchtigt werden.“

Verordnung Nr. 1013/2006

7

In den Erwägungsgründen 1, 3, 5, 7, 8, 14, 15, 33 und 39 der Verordnung Nr. 1013/2006 heißt es:

„(1)

Wichtigster und vorrangiger Zweck und Gegenstand dieser Verordnung ist der Umweltschutz …

(3)

Der Beschluss [93/98] betraf den Abschluss – im Namen der Gemeinschaft – des Basler Übereinkommens …, dessen Vertragspartei die Gemeinschaft seit 1994 ist. …

(5)

Da die Gemeinschaft den Beschluss C (2001)107 endg. des [Rates der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)] zur Änderung des Beschlusses C (92)39 endg. über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen (nachstehend ‚OECD-Beschluss‘ genannt) gebilligt hat, um die Abfalllisten mit dem Basler Übereinkommen in Einklang zu bringen und bestimmte andere Vorschriften zu ändern, muss der Inhalt jenes Beschlusses in das Gemeinschaftsrecht übernommen werden.

(7)

Die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen müssen so organisiert und geregelt werden, dass der Notwendigkeit, die Qualität der Umwelt und der menschlichen Gesundheit zu erhalten, zu schützen und zu verbessern, Rechnung getragen und eine gemeinschaftsweit einheitlichere Anwendung der Verordnung gefördert wird.

(8)

Die in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe d des Basler Übereinkommens begründete Verpflichtung, die Verbringung gefährlicher Abfälle auf ein Mindestmaß zu beschränken, das mit der umweltgerechten und wirksamen Behandlung solcher Abfälle vereinbar ist, muss auch beachtet werden.

(14)

Im Fall von Verbringungen von … zur Verwertung bestimmten Abfällen, die nicht in den Anhängen III, IIIA oder IIIB aufgeführt sind, ist es zweckmäßig, ein Höchstmaß an Überwachung und Kontrolle sicherzustellen, indem die vorherige schriftliche Zustimmung solcher Verbringungen vorgeschrieben wird. …

(15)

Im Fall von Verbringungen von zur Verwertung bestimmten Abfällen, die in den Anhängen III, IIIA oder IIIB aufgeführt sind, ist es zweckmäßig, ein Mindestmaß an Überwachung und Kontrolle sicherzustellen, indem vorgeschrieben wird, dass bei solchen Verbringungen bestimmte Informationen mitzuführen sind.

(33)

Die erforderlichen Maßnahmen sollten ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die innergemeinschaftliche Verbringung von Abfällen und die Einfuhr von Abfällen in die Gemeinschaft in Übereinstimmung mit der Richtlinie [2006/12] und anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über Abfälle so erfolgt, dass während der gesamten Dauer der Verbringung, einschließlich der Verwertung oder Beseitigung im Empfängerstaat, die menschliche Gesundheit nicht gefährdet wird und keine Verfahren oder Methoden verwendet werden, die die Umwelt schädigen könnten …

(39)

Bei der Prüfung der in Anhang IIIA aufzunehmenden Abfallgemische sollten unter anderem folgende Informationen berücksichtigt werden: die Eigenschaften der Abfälle, wie zum Beispiel ihre möglichen gefährlichen Eigenschaften, ihr Kontaminierungspotenzial und ihre physikalische Beschaffenheit, sowie die Behandlungsaspekte, wie zum Beispiel die technologische Fähigkeit zur Verwertung der Abfälle und die umweltspezifischen Vorteile, die sich aus der Verwertung ergeben, einschließlich der Frage, ob die umweltgerechte Behandlung der Abfälle beeinträchtigt werden könnte. …“

8

Art. 2 Nrn. 3 und 8 dieser Verordnung sieht vor:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

3.

‚Abfallgemisch‘ Abfälle, die aus der absichtlichen oder unabsichtlichen Vermischung von zwei oder mehr unterschiedlichen Abfällen resultieren, wobei es für das Gemisch keinen Einzeleintrag in den Anhängen III, IIIB, IV und IVA gibt. Eine einzelne Verbringung von Abfällen, die zwei oder mehr voneinander getrennte Abfälle umfasst, ist kein Abfallgemisch;

8.

‚umweltgerechte Behandlung‘ das Ergreifen aller praktisch durchführbaren Maßnahmen, die sicherstellen, dass Abfälle so behandelt werden, dass der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor den nachteiligen Auswirkungen, die solche Abfälle haben können, sichergestellt ist“.

9

Art. 3 („Allgemeiner Verfahrensrahmen“) dieser Verordnung sieht vor:

„(1)   Die Verbringung folgender Abfälle unterliegt dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung im Sinne der Bestimmungen dieses Titels:

b)

falls zur Verwertung bestimmt:

iii)

nicht als Einzeleintrag in Anhang III, IIIB, IV oder IVA eingestufte Abfälle;

iv)

nicht als Einzeleintrag in Anhang III, IIIB, IV oder IVA eingestufte Abfallgemische, sofern sie nicht in Anhang IIIA aufgeführt sind.

(2)   Die Verbringung folgender zur Verwertung bestimmter Abfälle unterliegt den allgemeinen Informationspflichten gemäß Artikel 18, sofern die verbrachte Abfallmenge mehr als 20 kg beträgt:

a)

in Anhang III oder IIIB aufgeführte Abfälle;

b)

nicht als Einzeleintrag in Anhang III eingestufte Gemische aus zwei oder mehr in Anhang III aufgeführten Abfällen, sofern die Zusammensetzung dieser Gemische ihre umweltgerechte Verwertung nicht erschwert und solche Gemische gemäß Artikel 58 in Anhang IIIA aufgeführt sind.

…“

10

Die Art. 4 ff. der Verordnung Nr. 1013/2006 enthalten die Einzelheiten des Verfahrens der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung.

11

Art. 18 dieser Verordnung legt die allgemeinen Informationspflichten fest, nach denen für die u. a. in Art. 3 Abs. 2 dieser Verordnung genannten Abfälle bestimmte Informationen mitzuführen sind, zu denen das in Anhang VII dieser Verordnung wiedergegebene Formular gehört.

12

Art. 28 („Differenzen bezüglich der Einstufung“) Abs. 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 sieht vor:

„Können die zuständigen Behörden am Versandort und am Bestimmungsort kein Einvernehmen darüber erzielen, ob notifizierte Abfälle als in Anhang III, IIIA, IIIB oder IV aufgeführte Abfälle einzustufen sind, so werden die betreffenden Abfälle als in Anhang IV aufgeführte Abfälle angesehen.“

13

Art. 49 („Umweltschutz“) Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Der Erzeuger, der Notifizierende und andere an der Verbringung von Abfällen und/oder ihrer Verwertung oder Beseitigung beteiligte Unternehmen treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass alle verbrachten Abfälle während der gesamten Verbringung und während ihrer Verwertung und Beseitigung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit und in umweltgerechter Weise behandelt werden. Dazu gehört insbesondere – wenn die Verbringung innerhalb der Gemeinschaft erfolgt – die Einhaltung der Bestimmungen des Artikels 4 der Richtlinie [2006/12] sowie der anderen Abfallgesetzgebung der Gemeinschaft.“

14

Anhang III dieser Verordnung trägt die Überschrift „Liste der Abfälle, die den allgemeinen Informationspflichten nach Artikel 18 unterliegen (‚Grüne‘ Abfallliste)“. In seiner Einleitung heißt es:

„Unabhängig davon, ob Abfälle in dieser Liste aufgeführt sind oder nicht, dürfen diese Abfälle nicht den allgemeinen Informationspflichten nach Artikel 18 unterliegen, wenn aufgrund der Kontaminierung durch andere Materialien

a)

die Risiken im Zusammenhang mit den Abfällen so weit erhöht sind, dass unter Berücksichtigung der in Anhang III der Richtlinie 91/689/EWG [des Rates vom 12. Dezember 1991 über gefährliche Abfälle (ABl. 1991, L 377, S. 20), die durch die Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2008, L 312, S. 3) aufgehoben wurde] genannten gefährlichen Eigenschaften die Anwendung des Verfahrens der schriftlichen Notifizierung und Zustimmung angemessen erscheint, oder

b)

die umweltgerechte Verwertung der Abfälle verhindert wird.“

15

In seinem Teil I sieht dieser Anhang III insbesondere vor, dass in Anlage IX des Basler Übereinkommens – die in Anhang V, Teil 1, Liste B der Verordnung Nr. 1013/2006 wiedergegeben ist und die u. a. den Eintrag B3020 enthält – aufgeführte Abfälle den allgemeinen Informationspflichten nach Art. 18 dieser Verordnung unterliegen.

16

Anhang IIIA („Gemische aus zwei oder mehr in Anhang III aufgeführten Abfällen, die nicht als Einzeleintrag eingestuft sind [Artikel 3 Absatz 2])“ dieser Verordnung bestimmt:

„1.   Unabhängig davon, ob Gemische in dieser Liste aufgeführt sind oder nicht, dürfen diese Gemische nicht den allgemeinen Informationspflichten nach Artikel 18 unterliegen, wenn aufgrund der Kontaminierung durch andere Materialien

a)

die Risiken im Zusammenhang mit den Abfällen so weit erhöht sind, dass unter Berücksichtigung der in Anhang III der Richtlinie [91/689] genannten gefährlichen Eigenschaften die Anwendung des Verfahrens der schriftlichen Notifizierung und Zustimmung angemessen erscheint, oder

b)

die umweltgerechte Verwertung der Abfälle verhindert wird.

3.   Folgende Gemische aus Abfällen, die unter gesonderten Gedankenstrichen oder Untergedankenstrichen desselben Eintrags des Basler Übereinkommens eingestuft sind, sind in diesem Anhang aufgeführt:

g)

Gemische aus Abfällen, die im Eintrag B3020 des Basler Übereinkommens – beschränkt auf ungebleichtes Papier und Wellpapier und ungebleichte Pappe und Wellpappe, hauptsächlich aus gebleichter, nicht in der Masse gefärbter Holzcellulose bestehendes anderes Papier und daraus bestehende andere Pappe, hauptsächlich aus mechanischen Halbstoffen bestehendes Papier und daraus bestehende Pappe (beispielsweise Zeitungen, Zeitschriften und ähnliches Druckwerk) – eingestuft sind,

…“

17

Anhang V („Abfälle, für die das Ausfuhrverbot des Artikels 36 gilt“) dieser Verordnung gibt in seinem Teil 1, Liste B, die Anlage IX des Basler Übereinkommens wieder. Der unter der Überschrift „B3 Abfälle aus vorwiegend organischen Bestandteilen, die Metalle oder anorganische Stoffe enthalten können“ aufgeführte Eintrag B3020 hat folgenden Wortlaut:

„B3020 Abfälle aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren

Folgende Stoffe, sofern sie nicht mit gefährlichen Abfällen vermischt sind:

Abfälle und Ausschuss von Papier und Pappe:

ungebleichtes Papier und Wellpapier und ungebleichte Pappe und Wellpappe

hauptsächlich aus gebleichter, nicht in der Masse gefärbter Holzcellulose bestehendes anderes Papier und daraus bestehende andere Pappe

hauptsächlich aus mechanischen Halbstoffen bestehendes Papier und daraus bestehende Pappe (beispielsweise Zeitungen, Zeitschriften und ähnliche Drucksachen)

andere, einschließlich, aber nicht begrenzt auf:

geklebte/laminierte Pappe (Karton)

nicht sortierter Ausschuss“.

Richtlinie 2008/98

18

Art. 13 der Richtlinie 2008/98 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Abfallbewirtschaftung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolgt und insbesondere

a)

ohne Gefährdung von Wasser, Luft, Boden, Tieren und Pflanzen,

b)

ohne Verursachung von Geräusch- oder Geruchsbelästigungen und

c)

ohne Beeinträchtigung der Landschaft oder von Orten von besonderem Interesse.“

19

Anhang III dieser Richtlinie enthält Erläuterungen zu den verschiedenen gefahrenrelevanten Eigenschaften der Abfälle.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

20

Interseroh ist eine Gesellschaft mit Sitz in Deutschland. Sie sammelt gebrauchte Verkaufsverpackungen, d. h. zur Verwertung bestimmte Leichtverpackungen. Das aufbereitete Altpapier wird zum Recycling in eine Fabrik in den Niederlanden verbracht, die von der ESKA Graphic Board BV (im Folgenden: ESKA) betrieben wird.

21

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die verbrachten Abfälle aus einem Gemisch aus Abfällen aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren zusammengesetzt sein müssen, so dass die Abfallanteile des Gemischs jeweils für sich betrachtet den ersten drei Gedankenstrichen des Eintrags B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens unterfallen. Dieses Gemisch enthält dabei außerdem bis zu 10 % Störstoffe, die aus Flüssigkeitskartons (bis zu 4 %), Kunststoff (bis zu 3 %), Metallen (bis zu 0,5 %) sowie sonstigen Fremdmaterialien (bis zu 3,5 %) wie z. B. Glas, Steinen, Textilien oder Gummi zusammengesetzt sind (im Folgenden: in Rede stehendes Abfallgemisch). Diese Werte entsprechen den von ESKA vorgeschriebenen Höchstgrenzen.

22

SAA, die im Land Baden-Württemberg (Deutschland) als zuständige Behörde mit der Umsetzung des Abfallverbringungsrechts betraut ist, nimmt insbesondere die Aufgaben nach der Verordnung Nr. 1013/2006 wahr.

23

Das vorlegende Gericht führt aus, dass Verbringungen von Abfallgemischen wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden auf der Grundlage von Exportkontrollerlaubnissen erfolgten, die von SAA und der zuständigen niederländischen Behörde gemäß dem in den Art. 4 ff. der Verordnung Nr. 1013/2006 vorgesehenen Notifizierungsverfahren erteilt worden seien.

24

Am 20. Mai 2015 erwirkte ESKA eine Entscheidung der Streitabteilung des Raad van State (Staatsrat, Niederlande), der zufolge ein Abfallgemisch wie das in Rede stehende ungeachtet vorhandener Störstoffe dem Basel-Code B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens, die in Anhang III der Verordnung Nr. 1013/2006 genannt ist, und damit der Liste der den allgemeinen Informationspflichten nach Art. 18 dieser Verordnung unterliegenden Abfällen zuzuordnen ist.

25

Unter Berufung auf diese Entscheidung beantragte Interseroh bei SAA, das in Rede stehende Abfallgemisch unter die in Anhang III der Verordnung Nr. 1013/2006 aufgeführten Abfälle einzustufen.

26

SAA lehnte diesen Antrag zum einen mit der Begründung ab, dass sich dieses Abfallgemisch nicht vollständig einem der vier Einzeleinträge des Eintrags B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens zuordnen lasse. Insbesondere falle dieses Gemisch nicht unter den vierten Gedankenstrich dieses Eintrags, da es sich dabei nicht um einen Auffangtatbestand für Gemische unterschiedlicher Provenienz und Zusammensetzung handele. Zum anderen war SAA der Auffassung, dass die Einstufung dieses Gemischs unter Anhang IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 an dem in ihm vorhandenen zu hohen Störstoffanteil scheitere.

27

Am 1. Juni 2016 erhob Interseroh beim Verwaltungsgericht Stuttgart (Deutschland) Klage auf Feststellung, dass sie für die Verbringung des in Rede stehenden Abfallgemischs nicht der Notifizierungspflicht, sondern nur den allgemeinen Informationspflichten nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1013/2006 unterliege.

28

In diesem Zusammenhang fragt sich das vorlegende Gericht, ob der Eintrag B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens Abfallgemische umfasse, die aus Abfällen bestünden, die unter den ersten drei Gedankenstrichen dieses Eintrags erfasst seien und zusätzlich bis zu 10 % Störstoffe enthielten, oder ob dieser Eintrag ausschließlich sortenreine Abfälle erfasse und solche Gemische somit allein Nr. 3 Buchst. g des Anhangs IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 zuzuordnen seien.

29

Unter diesen Umständen hat das Verwaltungsgericht Stuttgart beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 dahin gehend auszulegen, dass Gemische aus Abfällen aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren, die – so zusammengesetzt sind, dass die Abfallanteile jeweils für sich betrachtet – den ersten drei Gedankenstrichen des Eintrags B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens unterfallen, und zusätzlich einen Anteil von bis zu 10 % Störstoffen aufweisen, dem Basel-Code B3020 unterfallen und damit den allgemeinen Informationspflichten gemäß Art. 18 und nicht der Notifizierungspflicht gemäß Art. 4 unterliegen?

Falls Frage 1 zu verneinen ist:

2.

Ist Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 dahin gehend auszulegen, dass Gemische aus Abfällen aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren, die – so zusammengesetzt sind, dass die Abfallanteile jeweils für sich betrachtet – den ersten drei Gedankenstrichen des Eintrags B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens unterfallen, und zusätzlich einen Anteil von bis zu 10 % Störstoffen aufweisen, nicht Nr. 3 Buchst. g des Anhangs IIIA zuzuordnen sind und damit nicht den allgemeinen Informationspflichten gemäß Art. 18, sondern der Notifizierungspflicht gemäß Art. 4 unterliegen?

Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

30

Nach der Verlesung der Schlussanträge der Generalanwältin hat Interseroh mit Schriftsatz, der am 18. Februar 2020 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens nach Art. 83 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs beantragt.

31

Zur Begründung ihres Antrags hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, die Schlussanträge der Generalanwältin beruhten auf neuen, zwischen den Parteien noch nicht erörterten Gesichtspunkten. Interseroh verweist insbesondere auf die Nrn. 35 bis 48, 59, 68 und 74 der Schlussanträge. Zudem sei die Problematik der kohärenten Auslegung der Abfallgesetzgebung in der mündlichen Verhandlung nicht erörtert worden. Des Weiteren beanstandet Interseroh in ihrem Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens in mehrfacher Hinsicht die Auslegung der Verordnung Nr. 1013/2006, die die Generalanwältin in ihren Schlussanträgen vorgenommen hat.

32

Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass der Generalanwalt nach Art. 252 Abs. 2 AEUV öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen stellt, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist. Der Gerichtshof ist weder an diese Schlussanträge noch an ihre Begründung durch den Generalanwalt gebunden (Urteil vom 19. Dezember 2019, Exportslachterij J. Gosschalk u. a., C‑477/18 und C‑478/18, EU:C:2019:1126, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und die Verfahrensordnung die Einreichung von Stellungnahmen der Parteien zu den Schlussanträgen des Generalanwalts nicht vorsehen. Dass eine Partei nicht mit den Schlussanträgen des Generalanwalts einverstanden ist, kann folglich unabhängig von den darin untersuchten Fragen für sich genommen kein Grund sein, der die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens rechtfertigt (Urteil vom 19. Dezember 2019, Exportslachterij J. Gosschalk u. a., C‑477/18 und C‑478/18, EU:C:2019:1126, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34

Zum anderen kann der Gerichtshof gemäß Art. 83 seiner Verfahrensordnung jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält, wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.

35

Entgegen dem Vorbringen von Interseroh haben im vorliegenden Fall sowohl Interseroh als auch die am vorliegenden Verfahren Beteiligten im schriftlichen wie auch im mündlichen Verfahren die rechtlichen Gesichtspunkte vortragen können, die ihrer Ansicht nach relevant waren, um dem Gerichtshof die Auslegung der Verordnung Nr. 1013/2006 zu ermöglichen, so dass er auf die Fragen des vorlegenden Gerichts antworten kann.

36

Keiner der Gesichtspunkte, die Interseroh zur Begründung ihres Antrags auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens vorträgt, vermag daher die Wiedereröffnung gemäß Art. 83 der Verfahrensordnung zu rechtfertigen.

37

Unter diesen Umständen hält der Gerichtshof nach Anhörung der Generalanwältin die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens nicht für geboten.

Zu den Vorlagefragen

38

Mit seinen beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchixte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 1013/2006 dahin auszulegen ist, dass unter diese Bestimmung ein Gemisch aus Abfällen aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren fällt, bei dem die Abfallanteile jeweils für sich betrachtet den ersten drei Gedankenstrichen des Eintrags B3020 der in Anhang V, Teil 1, Liste B dieser Verordnung wiedergegebenen Anlage IX des Basler Übereinkommens unterfallen und das einen Anteil von bis zu 10 % Störstoffen aufweist.

39

Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 sieht vor, dass die Verbringung von Abfällen, die zur Verwertung bestimmt sind und deren Menge mehr als 20 kg beträgt, den allgemeinen Informationspflichten gemäß Art. 18 dieser Verordnung unterliegt, sofern diese Abfälle nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung u. a. in deren Anhang III aufgeführt sind oder sofern die nicht als Einzeleintrag in Anhang III eingestuften Gemische aus zwei oder mehr in Anhang III aufgeführten Abfällen nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung eine Zusammensetzung haben, die ihre umweltgerechte Verwertung nicht erschwert, und in Anhang IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 aufgeführt sind.

40

Da Art. 3 Abs. 2 Buchst. a und Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1013/2006 auf die Anhänge III bzw. IIIA dieser Verordnung verweisen, ist in einem ersten Schritt die Tragweite von Anhang III dieser Verordnung zu prüfen und gegebenenfalls in einem zweiten Schritt die ihres Anhangs IIIA.

41

Was als Erstes Anhang III der Verordnung Nr. 1013/2006 betrifft, enthält dieser eine sogenannte „grüne“ Abfallliste, und ihr Teil I verweist auf Anlage IX des Basler Übereinkommens, die in Anhang V, Teil 1, Liste B dieser Verordnung wiedergegeben ist, in der es u. a. den Eintrag B3020 „Abfälle aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren“ gibt.

42

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die von Interseroh gesammelten Gemische aus Abfällen aus Papier und Pappe (Karton) für die Verbringung zum Zweck ihres Recyclings in der von ESKA in den Niederlanden betriebenen Fabrik insbesondere zu mindestens 90 % aus Abfällen zusammengesetzt sein müssen, die unter einen der ersten drei Gedankenstriche des Eintrags B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens fallen. Das vorlegende Gericht stellt sich insoweit die Frage, ob solche Gemische in diesen Eintrag eingeordnet werden können.

43

Einleitend ist festzustellen, dass in der Anlage IX des Basler Übereikommens der Eintrag B3020 vier Gedankenstriche enthält, von denen der vierte selbst in zwei Gedankenstriche unterteilt ist, wohingegen in der französischen Sprachfassung von Anhang V, Teil 1, Liste B der Verordnung Nr. 1013/2006 dieser Eintrag insofern anders strukturiert ist, als er zwei Gedankenstriche enthält, die selbst jeweils drei bzw. zwei Gedankenstriche enthalten.

44

Da, wie in den Erwägungsgründen 3 und 5 der Verordnung Nr. 1013/2006 ausgeführt, aus dem Beschluss 93/98 hervorgeht, dass die Europäische Union das Basler Übereinkommen genehmigt hat, und diese Verordnung den Inhalt des OECD-Beschlusses, der die Abfallliste mit diesem Übereinkommen in Einklang bringt, übernommen hat, sind jedoch die Bestimmungen dieses Übereinkommens ab dem Zeitpunkt, zu dem die Union Vertragspartei dieses Übereinkommens geworden ist, integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung. In diesem Kontext ist die Verordnung Nr. 1013/2006 unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vorrangs der von der Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträge vor den Bestimmungen des abgeleiteten Rechts nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit dem Basler Übereinkommen auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. April 2013, HK Danmark, C‑335/11 und C‑337/11, EU:C:2013:222, Rn. 29 und 30 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

45

Folglich ist für die Auslegung des in Anhang V, Teil 1, Liste B der Verordnung Nr. 1013/2006 wiedergegebenen Eintrags B3020 zu berücksichtigen, wie die verschiedenen Gedankenstriche dieses Eintrags im Eintrag B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens strukturiert sind.

46

Nach dieser einleitenden Bemerkung ist festzustellen, dass der Eintrag B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens „Abfälle aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren“ erfasst, sofern sie nicht mit gefährlichen Abfällen vermischt sind, und vier Gedankenstriche enthält. Nach den ersten drei Gedankenstrichen dieses Eintrags, die den drei Gedankenstrichen entsprechen, die der erste Gedankenstrich des in Anhang V, Teil 1, Liste B der Verordnung Nr. 1013/2006 in ihrer französischen Sprachfassung wiedergegebenen Eintrags B3020 enthält, kann die Provenienz solcher Abfälle und solchen Ausschusses von Papier und Pappe „ungebleichtes Papier und Wellpapier und ungebleichte Pappe und Wellpappe“, „hauptsächlich aus gebleichter, nicht in der Masse gefärbter Holzcellulose bestehendes anderes Papier und daraus bestehende andere Pappe“ oder „hauptsächlich aus mechanischen Halbstoffen bestehendes Papier und daraus bestehende Pappe (beispielsweise Zeitungen, Zeitschriften und ähnliche Drucksachen)“ sein. Der vierte Gedankenstrich des Eintrags B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens, der in der französischen Sprachfassung der Verordnung Nr. 1013/2006 dem zweiten Gedankenstrich des in diesem Anhang V, Teil 1, Liste B wiedergegebenen Eintrags B3020 entspricht, lautet „andere“ und umfasst, ohne darauf beschränkt zu sein, „Pappe (Karton)“ und „nicht sortierte[n] Ausschuss“.

47

Somit ergibt sich erstens aus der Struktur des Eintrags B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens sowie aus dem Wortlaut der vier Gedankenstriche des Übereinkommens, dass diese vier Gedankenstriche verschiedene Arten von Abfällen und Ausschuss von Papier und Pappe erfassen, ohne Abfallgemische zu nennen, die unter diese verschiedenen Arten fallen.

48

Außerdem ist der vierte Gedankenstrich dieses Eintrags unter Berücksichtigung seines Wortlauts dahin zu verstehen, dass er andere Arten von Abfällen und Ausschuss von Papier und Pappe als die erfasst, die unter die ersten drei Gedankenstriche dieses Eintrags fallen.

49

In Anbetracht seines Wortlauts ist der Eintrag B3020 der in Anhang V, Teil 1, Liste B der Verordnung Nr. 1013/2006 wiedergegebenen Anlage IX des Basler Übereinkommens somit dahin zu verstehen, dass die in den vier Gedankenstrichen dieses Eintrags aufgezählten Abfälle jeweils einer Abfallart entsprechen und dass Gemische, die aus Abfällen dieser verschiedenen Arten zusammengesetzt sind, nicht unter diesen Eintrag fallen.

50

Zweitens ist diese Auslegung die einzige, die sich mit der Systematik der Verordnung Nr. 1013/2006 vereinbaren lässt. Art. 3 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung betrifft nämlich ausdrücklich Gemische, die nicht als Einzeleintrag in Anhang III dieser Verordnung eingestuft sind, aus zwei oder mehr in diesem Anhang aufgeführten Abfällen und die in Anhang IIIA dieser Verordnung aufgeführt sind. In Nr. 3 Buchst. g des Anhangs IIIA werden jedoch speziell die Abfallgemische genannt, die unter die ersten drei Gedankenstriche des Eintrags B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens fallen. Daher ist davon auszugehen, wie die Generalanwältin im Wesentlichen in Nr. 43 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, dass diesem Anhang IIIA seine praktische Wirksamkeit genommen würde, wenn der in Anhang V, Teil 1, Liste B der Verordnung Nr. 1013/2006 wiedergegebene Eintrag B3020, insbesondere sein letzter Gedankenstrich „andere“, so verstanden würde, als schlösse er Abfallgemische ein, die aus den in den anderen Gedankenstrichen dieses Eintrags genannten Abfällen zusammengesetzt sind.

51

Drittens steht die Auslegung, die sich aus dem Wortlaut des in Anhang V, Teil 1, Liste B der Verordnung Nr. 1013/2006 wiedergegebenen Eintrags B3020 ergibt, im Licht des entsprechenden Eintrags der Anlage IX des Basler Übereinkommens sowie der Systematik dieser Verordnung mit dem von der Verordnung verfolgten Ziel des Umweltschutzes in Einklang. Nach ihrem siebten Erwägungsgrund organisiert und regelt diese Verordnung die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen so, dass der Notwendigkeit Rechnung getragen wird, die Qualität der Umwelt und der menschlichen Gesundheit zu erhalten, zu schützen und zu verbessern.

52

Die Tatsache, dass die Verbringungen von Abfällen, die zur Verwertung bestimmt sind und in der grünen Abfallliste in Anhang III der Verordnung Nr. 1013/2006 genannt werden, ausnahmsweise generell von dem in Titel II Kapitel I dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung ausgenommen sind, erklärt sich allerdings dadurch, dass die Verbringungen dieser Abfälle weniger Gefahren für die Umwelt bergen, was es erlaubt, wie es im 15. Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt, ein Mindestmaß an Überwachung und Kontrolle zu verlangen, indem vorgeschrieben wird, dass bei solchen Verbringungen bestimmte Informationen mitzuführen sind.

53

Das von der Verordnung Nr. 1013/2006 verfolgte Ziel des Schutzes der Umwelt und der menschlichen Gesundheit steht daher einer Auslegung des in Anhang V, Teil 1, Liste B dieser Verordnung wiedergegebenen Eintrags B3020 dahin, dass Gemische, die in diesem Eintrag nicht ausdrücklich genannt werden, den allgemeinen in Art. 18 dieser Verordnung festgelegten Informationspflichten unterliegen, die weniger streng sind als diejenigen, die das Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung vorsieht, entgegen.

54

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der in Anhang V, Teil 1, Liste B der Verordnung Nr. 1013/2006 wiedergegebene Eintrag B3020 nur die Abfälle betrifft, die jeweils unter eine der in den verschiedenen Gedankenstrichen dieses Eintrags genannten Arten von Abfällen aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren fallen. Daher erfasst dieser Eintrag nicht Abfallgemische, die aus Abfällen zusammengesetzt sind, die getrennt betrachtet unter diese verschiedenen Gedankenstriche fallen würden. Folglich können solche Gemische nicht in die grüne Abfallliste in Anhang III der Verordnung Nr. 1013/2006 eingeordnet werden, was es ausschließt, dass sie gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung den in Art. 18 der Verordnung festgelegten allgemeinen Informationspflichten unterliegen.

55

Unter Berücksichtigung dieses Zwischenergebnisses ist als Zweites die Tragweite von Anhang IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 zu prüfen, um zu ermitteln, ob die in Art. 3 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung vorgesehene Regelung auf die in Rede stehenden Abfallgemische anwendbar ist.

56

Wie in Rn. 48 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gerufen wurde, werden in Nr. 3 Buchst. g dieses Anhangs IIIA speziell die Abfallgemische genannt, die aus im Eintrag B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens eingestuften Abfällen – beschränkt auf die unter die ersten drei Gedankenstriche dieses Eintrags fallenden Abfallgemische – zusammengesetzt sind.

57

In diesem Zusammenhang stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob das Vorhandensein von Störstoffen von bis zu 10 % in der Zusammensetzung der Abfallgemische, bei denen jeder Abfall für sich betrachtet unter einen der ersten drei Gedankenstriche dieses Eintrags fällt, es ausschließt, dass diese Gemische in diesen Eintrag eingestuft werden können.

58

Erstens ist festzustellen, dass nach den Angaben dieses Gerichts die von Interseroh zum Recycling in die Niederlande verbrachten Abfallgemische bis zu 4 % Flüssigkeitskartons enthalten können. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass diese Kartons unter den Eintrag B3020 der Anlage IX des Basler Übereinkommens fallen können. Es steht nämlich fest, dass Flüssigkeitskartons, wenn sie Abfälle darstellen, in den Eintrag „Abfälle aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren“ eingeordnet werden können. Wenn sie jedoch keiner in den ersten drei Gedankenstrichen dieses Eintrags genannten Abfallart entsprechen, ist davon auszugehen, dass sie unter den vierten Gedankenstrich dieses Eintrags fallen, der ein Auffangtatbestand ist.

59

Vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen in Bezug auf das Vorhandensein von Getränkekartons in den in Rede stehenden Abfallgemischen hat ein solches Vorhandensein somit zur Folge, dass diese Gemische aus Abfällen zusammengesetzt sind, die nicht nur unter einen der ersten drei Gedankenstriche dieses Eintrags einzuordnen sind, sondern auch unter den vierten Gedankenstrich dieses Eintrags, so dass diese Gemische nicht von Nr. 3 Buchst. g des Anhangs IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 erfasst werden, dessen eindeutiger Wortlaut nur die Abfallgemische erfasst, die aus Abfällen zusammengesetzt sind, die unter die drei ersten Gedankenstriche dieses Eintrags fallen, und daher nicht zu den Gemischen in diesem Anhang zählen. Derartige Gemische fielen also nicht unter das in Art. 18 dieser Verordnung genannte Informationsverfahren.

60

Zweitens ist festzustellen, dass aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervorgeht, dass die Abfallgemische, selbst für den Fall, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Gemische keine Flüssigkeitskartons enthielten, jedenfalls bis zu 7 % andere Störstoffe enthalten können.

61

Um zu ermitteln, ob solche Abfallgemische unter Anhang IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 fallen können, ist darauf hinzuweisen, dass es in Nr. 1 dieses Anhangs heißt, dass die Abfallgemische, ob sie in der in diesem Anhang IIIA genannten Liste von Abfallgemischen aufgeführt sind oder nicht, nicht den allgemeinen Informationspflichten nach Art. 18 dieser Verordnung unterliegen dürfen, wenn aufgrund der Kontaminierung durch andere Materialien entweder die Risiken im Zusammenhang mit den Abfällen so weit erhöht sind, dass unter Berücksichtigung der in Anhang III der Richtlinie 91/689 genannten gefährlichen Eigenschaften die Anwendung des Verfahrens der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung angemessen erscheint, oder die umweltgerechte Verwertung der Abfälle verhindert wird.

62

So geht zunächst aus dem Wortlaut von Nr. 1 des Anhangs IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 hervor, dass ein Gemisch aus in diesem Anhang genannten Abfällen nicht allein deshalb von dieser Liste ausgenommen ist, weil das Gemisch zusätzlich zu den ausdrücklich in dieser Liste genannten Abfällen Störstoffe enthält. Wie die Generalanwältin in Nr. 53 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, macht die Existenz dieser Nr. 1 nämlich deutlich, dass sich der Unionsgesetzgeber bewusst war, dass es technisch schwierig – wenn nicht unmöglich – ist, sicherzustellen, dass Abfallströme vollständig rein sind.

63

Des Weiteren ist zum einen festzustellen, dass die in Nr. 1 Buchst. a des Anhangs IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 vorgesehene Voraussetzung sicherstellen soll, dass die in diesem Anhang genannten Abfallgemische, die wegen der Störstoffe, die sie enthalten, erhöhte Risiken für die Umwelt mit sich bringen, dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung unterliegen. Insbesondere müssen solche Risiken anhand der Gefahrenkriterien in Anhang III der Richtlinie 91/689, der nach Aufhebung dieser Richtlinie in Anhang III der Richtlinie 2008/98 übernommen wurde, beurteilt werden.

64

Zum anderen verweist die Voraussetzung in Nr. 1 Buchst. b des Anhangs IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 auf das Gebot der „umweltgerechten Verwertung“. Zwar wird dieser Begriff in dieser Verordnung nicht ausdrücklich definiert, es ist jedoch festzustellen, dass die umweltgerechte Verwertung von Abfällen, entsprechend der Definition des Begriffs „umweltgerechte Behandlung“ in Art. 2 Nr. 8 dieser Verordnung, alle praktisch durchführbaren Maßnahmen betrifft, die sicherstellen, dass Abfälle so verwertet werden, dass der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor den nachteiligen Auswirkungen, die solche Abfälle haben können, sichergestellt ist.

65

In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass, wie aus Art. 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 in Verbindung mit deren 33. Erwägungsgrund hervorgeht, die Verbringung der Abfälle in den Empfängerstaat während der gesamten Verbringung so erfolgen muss, dass die menschliche Gesundheit nicht gefährdet wird und keine Verfahren oder Methoden verwendet werden, die die Umwelt schädigen könnten. Wenn die Verbringung in der Union erfolgt, verlangt Art. 49 Abs. 1, dass insbesondere die Bestimmungen des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2006/12 – dessen Bestimmungen in Art. 13 der Richtlinie 2008/98 übernommen wurden – eingehalten werden, wonach die Abfallverwertung ohne Gefährdung von Wasser, Luft, Boden, Tieren und Pflanzen, ohne Verursachung von Geräusch- oder Geruchsbelästigungen und ohne Beeinträchtigung der Landschaft oder von Orten von besonderem Interesse erfolgt.

66

Unter Berücksichtigung dieser Klarstellung ist festzustellen, dass es bei der Umsetzung der Voraussetzung in Nr. 1 Buchst. b des Anhangs IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 erforderlich ist, in jedem Einzelfall zu ermitteln, ob die Art und der Anteil von Störstoffen, die in einem Gemisch von in diesem Anhang IIIA genannten Abfällen vorhanden sind, die umweltgerechte Verwertung der fraglichen Abfälle verhindern. Wie die Generalanwältin in Nr. 64 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, stellt dies grundsätzlich eine Tatsachenfrage dar, deren Klärung den zuständigen nationalen Behörden – und im Falle eines Rechtsstreits den nationalen Gerichten – zukommt.

67

Hierzu ist festzustellen, dass, wie u. a. die niederländische Regierung und die Europäische Kommission im Rahmen des Vorlageverfahrens vor dem Gerichtshof vorgetragen haben, die Verordnung Nr. 1013/2006 kein anderes Kriterium enthält, anhand dessen die Tragweite dieser in Nr. 1 Buchst. b des Anhangs IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 genannten Voraussetzung näher präzisiert werden kann.

68

Daraus folgt, dass jedem Mitgliedstaat ein gewisser Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung dieser Nr. 1 eingeräumt werden muss. Zu diesem Zweck steht es den Mitgliedstaaten frei, Kriterien zu erlassen, anhand deren die Umstände festgelegt werden können, unter denen das Vorhandensein von Störstoffen in einem Abfallgemisch verhindert, dass dieses Gemisch umweltgerecht verwertet werden kann, vorausgesetzt, dass sie dadurch weder die Bedeutung noch die Wirksamkeit der Verordnung Nr. 1013/2006 einschließlich des in deren Art. 18 vorgesehenen Verfahrens beeinträchtigen (vgl. entsprechend Urteil vom 12. April 2018, Fédération des entreprises de la beauté, C‑13/17, EU:C:2018:246, Rn. 47).

69

Genauer gesagt müssen die Mitgliedstaaten, wenn sie solche Kriterien erlassen, berücksichtigen, dass die Anwendung des in Art. 18 der Verordnung Nr. 1013/2006 vorgesehenen Verfahrens der allgemeinen Informationspflichten eine Ausnahme von der Anwendung des allgemeinen Verfahrens der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung darstellt. Folglich müssen Art. 3 Abs. 2 dieser Verordnung sowie insbesondere ihr Anhang IIIA, der die Tragweite dieser Bestimmung präzisiert, grundsätzlich eng ausgelegt werden.

70

Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass Nr. 1 des Anhangs IIIA speziell darauf abzielt, eine Anwendung des Verfahrens der allgemeinen Informationspflichten nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1013/2006 sicherzustellen, die sich auf das beschränkt, was zur Erreichung der von dieser Verordnung verfolgten Ziele erforderlich ist, da die Verbringung von Abfallgemischen gemäß diesem Verfahren nur durchgeführt wird, wenn gemäß dem in Art. 191 Abs. 2 AEUV genannten Ziel, ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen, und den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf die sich die Politik der Union in diesem Bereich stützt, keine besondere Gefahr für die Umwelt und die menschliche Gesundheit besteht.

71

Hierbei könnte der 39. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1013/2006 einen Gesichtspunkt darstellen, der als Stütze dienen könnte, um Kriterien herauszuarbeiten, die damit der Art der Störstoffe, den Eigenschaften der Abfälle, die Störstoffe enthalten, und ihrer eventuellen Gefährlichkeit, der Menge der Störstoffe und der verfügbaren Technologie Rechnung tragen würden, wie die Generalanwältin in Nr. 59 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat.

72

In diesem Kontext kann der Erlass von Kriterien, die die Umstände festlegen, unter denen das Vorhandensein von Störstoffen in einem Abfallgemisch verhindert, dass dieses Gemisch umweltgerecht verwertet werden kann, den zuständigen nationalen Behörden sowie den Wirtschaftsteilnehmern ermöglichen, im Vorhinein zu wissen, ob die Verbringung eines Abfallgemischs innerhalb der Union auf der Grundlage des Verfahrens der allgemeinen Informationspflichten nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1013/2006 durchgeführt werden kann, was dazu beiträgt, eine erhöhte Rechtssicherheit und die volle Wirksamkeit dieses Verfahrens sicherzustellen.

73

Es ist jedoch zum einen festzustellen, dass die zuständigen nationalen Behörden, wenn es solche Kriterien nicht gibt, die Möglichkeit haben, eine Einzelfallprüfung durchzuführen – um unter Beachtung der von dieser Verordnung verfolgten Ziele deren wirksame Anwendung sicherzustellen –, die berücksichtigt, dass diese Verordnung ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, das Informationsverfahren nach Art. 18 auf Abfallgemische anzuwenden.

74

Zum anderen müssen die zuständigen nationalen Behörden, wenn sie Zweifel an der Möglichkeit haben, dass das betreffende Abfallgemisch umweltgerecht im Sinne von Nr. 1 Buchst. b des Anhangs IIIA dieser Verordnung verwertet werden kann, von dem allgemeinen Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung Gebrauch machen, um ein angemessenes Schutzniveau der Umwelt und der menschlichen Gesundheit sicherzustellen.

75

Schließlich ist hervorzuheben, wie die Generalanwältin in Nr. 74 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, dass Art. 28 Abs. 2 dieser Verordnung anwendbar ist, solange keine Gesetzesinitiative ergriffen wird, um gemeinsame Kriterien in Bezug auf die tolerierbare Art der Abfallgemische und deren tolerierbaren Kontaminierungsanteil durch Störstoffe festzulegen; solche Kriterien würden eine einheitliche Anwendung der in Nr. 1 Buchst. b dieses Anhangs aufgestellten Voraussetzung in der gesamten Union ermöglichen. Können die Behörden des Versandmitgliedstaats und die des Bestimmungsmitgliedstaats kein Einvernehmen über die Einstufung einer Abfallladung und damit über die Möglichkeit, das Verfahren der allgemeinen Informationspflichten nach Art. 18 dieser Verordnung anzuwenden, erzielen, so werden gemäß diesem Art. 28 Abs. 2 die betreffenden Abfälle als in Anhang IV dieser Verordnung aufgeführte Abfälle angesehen. Sie unterliegen folglich dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006.

76

Im vorliegenden Fall ist es Sache des zuständigen Gerichts, unter Berücksichtigung der oben genannten Auslegungsgesichtspunkte zu ermitteln, ob im Ausgangsverfahren das Vorhandensein von Störstoffen in dem in Rede stehenden Abfallgemisch zur Folge hat, dass dieses Gemisch in Anbetracht der sich aus Nr. 1 des Anhangs IIIA der Verordnung Nr. 1013/2006 ergebenden Anforderungen nicht in die Liste der Abfallgemische in diesem Anhang eingeordnet werden kann und folglich gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung nicht den allgemeinen Informationspflichten im Sinne von Art. 18 dieser Verordnung unterworfen werden kann.

77

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen wie folgt zu antworten:

Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1013/2006 ist dahin auszulegen, dass er nicht auf ein Gemisch aus Abfällen aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren anwendbar ist, bei dem die Abfallanteile jeweils für sich betrachtet den ersten drei Gedankenstrichen des Eintrags B3020 der in Anhang V, Teil 1, Liste B dieser Verordnung wiedergegebenen Anlage IX des Basler Übereinkommens unterfallen und das einen Anteil von bis zu 10 % Störstoffen aufweist;

Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1013/2006 ist dahin auszulegen, dass er auf ein solches Abfallgemisch anwendbar ist, sofern dieses Gemisch zum einen keine Stoffe enthält, die unter den vierten Gedankenstrich des Eintrags B3020 der in Anhang V, Teil 1, Liste B dieser Verordnung wiedergegebenen Anlage IX dieses Übereinkommens fallen, und zum anderen die Voraussetzungen in Nr. 1 des Anhangs IIIA dieser Verordnung erfüllt sind, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

Kosten

78

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen in der durch die Verordnung (EU) 2015/2002 der Kommission vom 10. November 2015 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er nicht auf ein Gemisch aus Abfällen aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren anwendbar ist, bei dem die Abfallanteile jeweils für sich betrachtet den ersten drei Gedankenstrichen des Eintrags B3020 der in Anhang V, Teil 1, Liste B dieser Verordnung wiedergegebenen Anlage IX des am 22. März 1989 in Basel unterzeichneten und mit Beschluss 93/98/EWG des Rates vom 1. Februar 1993 im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung unterfallen und das einen Anteil von bis zu 10 % Störstoffen aufweist.

 

Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1013/2006 in der durch die Verordnung 2015/2002 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er auf ein solches Abfallgemisch anwendbar ist, sofern dieses Gemisch zum einen keine Stoffe enthält, die unter den vierten Gedankenstrich des Eintrags B3020 der in Anhang V, Teil 1, Liste B dieser Verordnung wiedergegebenen Anlage IX des Basler Übereinkommens fallen, und zum anderen die Voraussetzungen in Nr. 1 des Anhangs IIIA dieser Verordnung erfüllt sind, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

Regan

Jarukaitis

Juhász

Ilešič

Lycourgos

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. Mai 2020.

Der Kanzler

A. Calot Escobar

Der Präsident der Fünften Kammer

E. Regan


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

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