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Document 62018CJ0587

    Urteil des Gerichtshofs (Neunte Kammer) vom 4. März 2020.
    CSTP Azienda della Mobilità SpA gegen Europäische Kommission.
    Rechtsmittel – Wettbewerb – Staatliche Beihilfen – Unternehmen, das Netze von Autobusverbindungen in der Region Kampanien (Italien) betreibt – Von den italienischen Behörden infolge einer Entscheidung des Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) gezahlte Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen – Beschluss der Europäischen Kommission, mit dem die Beihilfemaßnahme für rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird.
    Rechtssache C-587/18 P.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2020:150

     URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

    4. März 2020 ( *1 )

    „Rechtsmittel – Wettbewerb – Staatliche Beihilfen – Unternehmen, das Netze von Autobusverbindungen in der Region Kampanien (Italien) betreibt – Von den italienischen Behörden infolge einer Entscheidung des Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) gezahlte Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen – Beschluss der Europäischen Kommission, mit dem die Beihilfemaßnahme für rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird“

    In der Rechtssache C‑587/18 P

    betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 19. September 2018,

    CSTP Azienda della Mobilità SpA mit Sitz in Salerno (Italien), Prozessbevollmächtigte: G. Capo und L. Visone, avvocati,

    Rechtsmittelführerin,

    andere Parteien des Verfahrens:

    Europäische Kommission, vertreten durch G. Conte, P. J. Loewenthal und L. Armati als Bevollmächtigte,

    Beklagte im ersten Rechtszug,

    Asstra Associazione Trasporti mit Sitz in Rom (Italien), Prozessbevollmächtigter: M. Malena, avvocato,

    Streithelferin im ersten Rechtszug,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin, des Richters D. Šváby und der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin),

    Generalanwalt: E. Tanchev,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die CSTP Azienda della Mobilità SpA die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 11. Juli 2018, CSTP Azienda della Mobilità/Kommission (T‑186/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:431), mit dem dieses ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2015/1074 der Kommission vom 19. Januar 2015 zu der von Italien durchgeführten staatlichen Beihilfe SA.35842 (2014/C) (ex 2012/NN) – Zusätzliche Ausgleichsleistungen zugunsten von CSTP für die Erbringung von Gemeinwohldienstleistungen (ABl. 2015, L 179, S. 112, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

    Rechtlicher Rahmen

    2

    Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn‑, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABl. 1969, L 156, S. 1) bestimmt:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten heben die auf dem Gebiet des Eisenbahn‑, Straßen‑ und Binnenschiffsverkehrs auferlegten, in dieser Verordnung definierten Verpflichtungen auf, die mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbunden sind.

    (2)   Die Verpflichtungen können jedoch insoweit aufrechterhalten werden, als sie für die Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung unerlässlich sind.

    (4)   Die den Verkehrsunternehmen durch die Aufrechterhaltung von Verpflichtungen nach Absatz 2 und durch die Anwendung von Beförderungsentgelten und ‑bedingungen nach Absatz 3 entstehenden Belastungen sind nach den in dieser Verordnung vorgesehenen gemeinsamen Methoden auszugleichen.“

    3

    In Art. 2 Abs. 1, 2 und 5 dieser Verordnung heißt es:

    „(1)   Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes sind die Verpflichtungen, die das Verkehrsunternehmen im eigenen wirtschaftlichen Interesse nicht oder nicht im gleichen Umfang und nicht unter den gleichen Bedingungen übernehmen würde.

    (2)   Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes im Sinne des Absatzes 1 sind die Betriebspflicht, die Beförderungspflicht und die Tarifpflicht.

    (5)   Tarifpflicht im Sinne dieser Verordnung ist die Verpflichtung der Verkehrsunternehmen … zur Anwendung von behördlich festgesetzten oder genehmigten, mit dem kaufmännischen Interesse des Unternehmens nicht zu vereinbarenden Entgelten, die sich insbesondere bei bestimmten Gruppen von Reisenden, bestimmten Güterarten oder bestimmten Verkehrswegen aus der Auferlegung oder verweigerten Änderung von besonderen Tarifmaßnahmen ergeben.

    Unterabsatz 1 gilt weder für Verpflichtungen, die sich für alle Wirtschaftstätigkeiten aus allgemeinen preispolitischen Maßnahmen ergeben, noch für Verpflichtungen aus Maßnahmen, die auf dem Gebiet der allgemeinen Beförderungsentgelte und ‑bedingungen im Hinblick auf die Organisation des Verkehrsmarktes oder eines Teils des Verkehrsmarktes beschlossen werden.“

    4

    In den Art. 10 bis 13 dieser Verordnung sind die gemeinsamen Methoden für die Berechnung der in Art. 6 und Art. 9 Abs. 1 der Verordnung genannten Ausgleichsleistungen festgelegt.

    5

    Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1191/69 sieht vor:

    „Auf Ausgleichszahlungen, die sich aus der Anwendung dieser Verordnung ergeben, ist das Verfahren zur vorherigen Unterrichtung gemäß Artikel [108] Absatz 3 [AEUV] nicht anzuwenden.“

    6

    Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. 2007, L 315, S. 1) ist gemäß ihrem Art. 12 am 3. Dezember 2009 in Kraft getreten.

    7

    Art. 3 („Öffentliche Dienstleistungsaufträge und allgemeine Vorschriften“) der Verordnung Nr. 1370/2007 sieht in den Abs. 1 und 2 vor:

    „(1)   Gewährt eine zuständige Behörde dem ausgewählten Betreiber ausschließliche Rechte und/oder Ausgleichsleistungen gleich welcher Art für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, so erfolgt dies im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags.

    (2)   Abweichend von Absatz 1 können gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von Höchsttarifen für alle Fahrgäste oder bestimmte Gruppen von Fahrgästen auch Gegenstand allgemeiner Vorschriften sein. Die zuständige Behörde gewährt den Betreibern eines öffentlichen Dienstes gemäß den in den Artikeln 4 und 6 und im Anhang festgelegten Grundsätzen eine Ausgleichsleistung für die – positiven oder negativen – finanziellen Auswirkungen auf die Kosten und Einnahmen, die auf die Erfüllung der in den allgemeinen Vorschriften festgelegten tariflichen Verpflichtungen zurückzuführen sind; dabei vermeidet sie eine übermäßige Ausgleichsleistung. Dies gilt ungeachtet des Rechts der zuständigen Behörden, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von Höchsttarifen in öffentliche Dienstleistungsaufträge aufzunehmen.

    …“

    8

    In Art. 4 dieser Verordnung ist der obligatorische Inhalt öffentlicher Dienstleistungsaufträge und allgemeiner Vorschriften festgelegt.

    9

    Art. 6 („Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen“) dieser Verordnung bestimmt:

    „(1)   Jede Ausgleichsleistung im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift oder einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag entspricht unabhängig von den Vergabemodalitäten den Bestimmungen des Artikels 4. Jede wie auch immer beschaffene Ausgleichsleistung im Zusammenhang mit einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag, der in Übereinstimmung mit Artikel 5 Absätze 2, 4, 5 oder 6 direkt vergeben wurde, oder im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift unterliegt darüber hinaus den Bestimmungen des Anhangs.

    (2)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der [Europäischen] Kommission auf deren schriftliche Aufforderung binnen drei Monaten oder einer anderen in der Aufforderung gesetzten längeren Frist alle Informationen, die diese für erforderlich hält, um festzustellen, ob eine gewährte Ausgleichsleistung mit dieser Verordnung vereinbar ist.“

    Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

    10

    Das Gericht hat den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt in den Rn. 1 bis 39 des angefochtenen Urteils dargestellt. Für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens lässt er sich wie folgt zusammenfassen.

    11

    Die Rechtsmittelführerin ist eine Aktiengesellschaft, die auf der Grundlage regionaler und kommunaler Konzessionen Nahverkehrsdienste erbringt. Insbesondere unterhielt sie Autobusverbindungen als Konzessionärin der Regione Campania (Region Kampanien, Italien) (im Folgenden: Region). Die Tätigkeit der Rechtsmittelführerin wurde im Laufe der Zeit durch verschiedene aufeinanderfolgende Rechts- und Verwaltungsvorschriften geregelt.

    Von der Rechtsmittelführerin bei den innerstaatlichen Gerichten eingelegte Rechtsbehelfe

    12

    Mit Klage vom 12. März 2007 beantragte die Rechtsmittelführerin beim Tribunale amministrativo regionale di Salerno (Regionales Verwaltungsgericht Salerno, Italien), festzustellen, dass sie gegen die Region einen Anspruch auf 14545946 Euro als Ausgleichsleistung für die wirtschaftlichen Belastungen hat, die ihr durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entstanden seien, die sich aus den von der Region für die Jahre 1996 bis 2002 (im Folgenden: Prüfzeitraum) gemäß der Verordnung Nr. 1191/69 erteilten Konzessionen ergäben.

    13

    Mit Urteil vom 28. August 2008 wies das Tribunale amministrativo regionale di Salerno (Regionales Verwaltungsgericht Salerno) die Klage ab. Es war der Auffassung, dass die Rechtsmittelführerin keinen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung für die wirtschaftlichen Nachteile habe, die sich aus der Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen ergäben, wenn sie nicht zuvor deren Aufhebung verlangt habe.

    14

    Die Rechtsmittelführerin legte gegen dieses Urteil beim Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) ein Rechtsmittel ein. Mit Entscheidung Nr. 4683/2009 vom 27. Juli 2009 (im Folgenden: Entscheidung vom 27. Juli 2009) gab dieses Gericht dem Rechtsmittel der Rechtsmittelführerin statt und entschied, dass diese gemäß den Art. 6, 10 und 11 der Verordnung Nr. 1191/69 Anspruch auf die beantragte Ausgleichsleistung habe.

    15

    Nach Ansicht des Consiglio di Stato (Staatsrat) war der genaue Betrag der an die Rechtsmittelführerin zu zahlenden Ausgleichsleistung von der Region auf der Grundlage von zuverlässigen Daten aus den Büchern der Rechtsmittelführerin zu ermitteln, die die Differenz zwischen den Kosten, die dem von den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betroffenen Teil ihrer Geschäftstätigkeit zuzurechnen seien, und den entsprechenden Einnahmen belegten.

    16

    Da die Region den Betrag dieser Ausgleichsleistung nicht ermittelt hatte, strengte die Rechtsmittelführerin bei diesem Gericht ein gerichtliches Verfahren zur Durchführung der Entscheidung vom 27. Juli 2009 an. Während dieses Verfahrens wurden zwei Sachverständige ernannt. Das Verfahren endete mit der Entscheidung Nr. 5649/2012 des Consiglio di Stato (Staatsrat) vom 7. November 2012 (im Folgenden: Entscheidung vom 7. November 2012), in der der Betrag der für die Tarifpflichten geschuldeten Ausgleichsleistung auf 4951838 Euro festgelegt wurde. Die Region zahlte der Rechtsmittelführerin diesen Betrag am 21. Dezember 2012.

    Verwaltungsverfahren

    17

    Am 5. Dezember 2012 meldeten die italienischen Behörden bei der Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV eine staatliche Beihilfe an, die in einer zusätzlichen Ausgleichsleistung bestand, die der Rechtsmittelführerin in Durchführung der Entscheidung vom 7. November 2012 für die Erbringung von Personenverkehrsdiensten mit Bussen auf der Grundlage der von der Region während des Prüfzeitraums erteilten Konzessionen gewährt wurde (im Folgenden: in Rede stehende Maßnahme).

    18

    Diese Maßnahme wurde wie eine nicht angemeldete Maßnahme behandelt, weil die Region nach den der Kommission zur Verfügung stehenden Informationen erst ab dem 7. Dezember 2012 verpflichtet war, der Rechtsmittelführerin die ihr geschuldete zusätzliche Ausgleichsleistung zu zahlen, d. h. nachdem der italienische Staat die in Rede stehende Maßnahme angemeldet hatte, aber bevor die Kommission ihren Beschluss traf.

    19

    Mit Schreiben vom 20. Februar 2014 unterrichtete die Kommission die Italienische Republik über ihre Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten.

    Streitiger Beschluss

    20

    Am 19. Januar 2015 erließ die Kommission den streitigen Beschluss, mit dem sie feststellte, dass die in Rede stehende Maßnahme eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, die der Rechtsmittelführerin unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV gewährt worden sei, und den italienischen Behörden aufgab, die Beihilfe von der Rechtsmittelführerin zurückzufordern.

    21

    Erstens stellte die Kommission in den Erwägungsgründen 48 bis 63 des streitigen Beschlusses fest, dass die in Rede stehende Maßnahme dem Staat zuzurechnen sei, den Einsatz staatlicher Mittel beinhalte, der Rechtsmittelführerin einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffe, selektiven Charakter habe und geeignet sei, den Wettbewerb derart zu verfälschen, dass sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtige. In diesem Rahmen stellte die Kommission fest, dass die Maßnahme zwei der im Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, EU:C:2003:415), vom Gerichtshof aufgestellten Voraussetzungen (im Folgenden: Altmark-Voraussetzungen) nicht erfülle. Die Kommission schloss daraus im 64. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses, dass die in Rede stehende Maßnahme eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle.

    22

    Zweitens prüfte die Kommission in den Erwägungsgründen 65 bis 81 des streitigen Beschlusses die Frage, ob die in Rede stehende Maßnahme in Anbetracht von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1191/69 als Ausgleichszahlung angesehen werden könne, die von der Pflicht zur vorherigen Unterrichtung nach Art. 108 Abs. 3 AEUV befreit sei.

    23

    Im Rahmen dieser Prüfung untersuchte die Kommission in den Erwägungsgründen 69 bis 75 des streitigen Beschlusses, ob die italienischen Behörden der Rechtsmittelführerin die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Sinne von Art. 1 der Verordnung Nr. 1191/69 einseitig auferlegt hatten. Die Kommission stellte fest, dass weder die italienischen Behörden noch die Rechtsmittelführerin in der Lage gewesen seien, einen Betrauungsakt für den Prüfzeitraum vorzulegen. Insbesondere könne zwar die Auferlegung bestimmter gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen aus der Legge regionale n. 16 – Interventi regionali in materia di servizi di trasporto pubblico locale per viaggiatori (Regionalgesetz Nr. 16 über regionale Maßnahmen für lokale Personenverkehrsdienste) vom 25. Januar 1983 (GURI Nr. 118 vom 2. Mai 1983 und BU Campania Nr. 11, im Folgenden: Regionalgesetz Nr. 16/83) entnommen werden, Art. 2 dieses Gesetzes sehe jedoch nur vor, dass „[e]twaige Verluste oder Nachteile, die nicht durch die … Ausgleichszahlungen der Region abgedeckt sind, … zu Lasten der einzelnen Unternehmen [gehen]“. Ebenso würde in bestimmten von der Rechtsmittelführerin angeführten Rechtsakten der Region zwar auf einige während des Prüfzeitraums bestehende Vertragspflichten verwiesen, in diesen Rechtsakten erfolge jedoch keine klare Benennung von Pflichten, die als gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen eingestuft werden könnten, obwohl es sich um ein Anzeichen für das mögliche Bestehen derartiger Pflichten handele. Jedenfalls sei durch ihre vertragliche Natur eine einseitige Auferlegung ausgeschlossen. Was speziell das Vorliegen einer die in Rede stehende Maßnahme rechtfertigenden Tarifpflicht anbelangt, war die Kommission der Auffassung, dass ihr keine Belege dafür vorlägen, dass der Rechtsmittelführerin tatsächlich eine derartige Pflicht auferlegt worden sei.

    24

    In den Erwägungsgründen 76 bis 81 des streitigen Beschlusses prüfte die Kommission, ob die der Rechtsmittelführerin gewährte Ausgleichsleistung mit der in der Verordnung Nr. 1191/69 vorgesehenen gemeinsamen Ausgleichsmethode vereinbar war und so von der Pflicht von der vorherigen Unterrichtung nach Art. 17 dieser Verordnung befreit war. Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass die zusätzliche Ausgleichsleistung von dem in diesem Artikel vorgesehenen Verfahren zur vorherigen Unterrichtung nicht befreit gewesen sei.

    25

    Drittens prüfte die Kommission in den Erwägungsgründen 82 bis 95 des streitigen Beschlusses die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit den Rechtsvorschriften, die zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses in Kraft waren, nämlich der Verordnung Nr. 1370/2007. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die der Rechtsmittelführerin in Durchführung der Entscheidung vom 7. November 2012 gewährte Ausgleichsleistung nicht gemäß dieser Verordnung gezahlt worden sei und dass daher die in Rede stehende Maßnahme mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei.

    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

    26

    Mit Klageschrift, die am 14. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin Klage auf Aufhebung des streitigen Beschlusses.

    27

    Zur Stützung ihrer Klage machte sie acht Klagegründe geltend.

    28

    Mit dem ersten Klagegrund wurden eine Verletzung der Art. 93, 107, 108 und 263 AEUV in Verbindung mit Art. 17 der Verordnung Nr. 1191/69, ein Ermessensmissbrauch, die Unzuständigkeit der Kommission und eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren geltend gemacht.

    29

    Mit dem zweiten Klagegrund wurden eine Verletzung von Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) hinsichtlich der Art. 107 und 108 AEUV sowie eine Verletzung des fairen Verfahrens und ein Ermessensmissbrauch geltend gemacht.

    30

    Mit dem dritten Klagegrund wurden eine Verletzung und falsche Auslegung der Art. 93 bis 108 AEUV in Verbindung mit Art. 17 der Verordnung Nr. 1191/69 und von Art. 9 der Verordnung Nr. 1370/2007, eine Verletzung der „Grundsätze des Vertrauensschutzes, des tempus regit actum und der Rückwirkung gerichtlicher Entscheidungen“, ein Ermessensmissbrauch, das Fehlen „logischer Kohärenz“, „Irrationalität“, der „extrem anormale Charakter“ des streitigen Beschlusses sowie ein Begründungsmangel dieses Beschlusses geltend gemacht.

    31

    Mit dem vierten Klagegrund wurden eine Verletzung von Art. 1 Buchst. f und g sowie der Art. 4, 7 und 15 der Verordnung Nr. 659/1999, der Art. 93, 107 und 108 AEUV, ein Ermessensmissbrauch, die vollständige Nichterfüllung einer erforderlichen Voraussetzung sowie eine Verletzung der Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK), der Art. 258 ff. AEUV und von Art. 17 der Verordnung Nr. 1191/69 geltend gemacht.

    32

    Mit dem fünften Klagegrund wurden eine Verletzung der Art. 93, 107, 108 und 267 AEUV, der Art. 6 und 13 EMRK, die Unzuständigkeit der Kommission, ein Ermessensmissbrauch und die Verletzung des Grundsatzes der Verfahrensautonomie geltend gemacht.

    33

    Mit dem sechsten Klagegrund wurden eine Verletzung der Art. 6, 7 und 13 EMRK, Art. 93 bis 108 und 258 ff. AEUV in Verbindung mit Art. 101 der Costituzione (Verfassung) sowie von Art. 2909 des Codice civile (Zivilgesetzbuch), die Unzuständigkeit der Kommission, ein Ermessensmissbrauch und die Verletzung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit geltend gemacht.

    34

    Mit dem siebten Klagegrund wurden eine Verletzung der Art. 11 und 17 der Verordnung Nr. 1191/69 sowie der Art. 93 bis 108 AEUV, ein Ermessensmissbrauch, ein Begründungsmangel des streitigen Beschlusses, eine unzureichende Untersuchung und die Fehlerhaftigkeit einer Vorbedingung geltend gemacht.

    35

    Mit dem achten Klagegrund wurden eine Verletzung der Art. 1 bis 11 und 17 der Verordnung Nr. 1191/69, der Art. 93 bis 108 AEUV und der „Art. 44 bis 46 und 48 der Verfahrensordnung des Gerichts Nr. 659/1999“, ein Ermessensmissbrauch, ein Untersuchungs- und Begründungsmangel sowie die Fehlerhaftigkeit einer Vorbedingung geltend gemacht.

    36

    Mit dem angefochtenen Urteil wies das Gericht jeden einzelnen dieser Klagegründe zurück und wies dementsprechend die Klage in vollem Umfang ab.

    Anträge der Parteien

    37

    Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin,

    das angefochtene Urteil aufzuheben;

    endgültig über ihre Nichtigkeitsklage zu entscheiden und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären sowie

    der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

    38

    Die Kommission beantragt,

    das Rechtsmittel zurückzuweisen und

    der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

    Zum Rechtsmittel

    39

    Zur Stützung ihres Rechtsmittels macht die Rechtsmittelführerin fünf Rechtsmittelgründe geltend, die in der Reihenfolge, in der sie erhoben worden sind, geprüft werden.

    Zum ersten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    40

    Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in den Rn. 57 bis 120 des angefochtenen Urteils dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es die Auffassung vertreten habe, dass die in Rede stehende Maßnahme eine der Anmeldepflicht nach Art. 108 Abs. 3 AEUV unterliegende neue Beihilfe und keine nach Art. 108 Abs. 1 AEUV und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1191/69 von dieser Pflicht befreite bestehende Beihilfe darstelle.

    41

    Unter Berufung auf die Umstände, die zum Erlass der Entscheidung vom 7. November 2012 geführt hatten, trägt die Rechtsmittelführerin vor, diese Entscheidung könne nicht so verstanden werden, dass mit ihr eine Ausgleichsmaßnahme für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen eingeführt werde. Es handele sich nämlich um ein Urteil, mit dem ein bereits bestehender, auf die Verordnung Nr. 1191/69 gestützter Anspruch festgestellt werde.

    42

    Jedenfalls seien die von der Verordnung Nr. 1191/69 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt. Erstens bestünden tatsächlich Tarifpflichten zulasten der Rechtsmittelführerin, die sich aus dem innerstaatlichen Recht ergäben, auf das sich das Gericht selbst in Rn. 110 des angefochtenen Urteils ausdrücklich bezogen habe, nämlich die Legge regionale n. 9 – Disciplina e coordinamento tariffario dei servizi di trasporto di competenza regionale (Regionalgesetz Nr. 9 zur Regelung und Tarifkoordination der in der Zuständigkeit der Region stehenden Verkehrsdienste) vom 26. Januar 1987 (BU Campania vom 2. Februar 1987, im Folgenden: Regionalgesetz Nr. 9/87) und der Beschluss des Assessore ai trasporti (Regionaler Verkehrsminister, Italien). Zweitens sei im vorliegenden Fall das in Art. 13 der Verordnung Nr. 1191/69 vorgesehene Kriterium der Ex-ante-Festlegung der Höhe der Ausgleichsleistung im Rahmen der Entscheidung vom 7. November 2012 beachtet worden.

    43

    Nach Ansicht der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    44

    Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund beanstandet die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen die Gründe des angefochtenen Urteils, mit denen das Gericht zurückgewiesen hat, was es als ersten Teil im Rahmen ihres vierten und achten Nichtigkeitsgrundes angesehen hat und womit geltend gemacht wurde, dass die Ausgleichsleistung, die Gegenstand der in Rede stehenden Maßnahme war, eine bestehende Beihilfe darstelle, die von der Pflicht zur vorherigen Unterrichtung nach Art. 17 der Verordnung Nr. 1191/69 befreit sei.

    45

    Zur Frage, ob die Ausgleichsleistung, die Gegenstand des streitigen Beschlusses ist, eine mit der Entscheidung vom 7. November 2012 eingeführte Maßnahme war oder ob sie ihren Ursprung entsprechend dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin in dem legislativen Rahmen hat, der die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen regelt, denen die Rechtsmittelführerin unterlegen habe und aufgrund deren der Consiglio di Stato (Staatsrat) den Anspruch auf diese Ausgleichsleistung anerkannt habe, hat das Gericht zum einen in Rn. 94 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Beihilfe, die Gegenstand der in Rede stehenden Maßnahme sei, der Rechtsmittelführerin tatsächlich als zusätzliche Maßnahme für die Tarifpflichten gewährt worden sei, denen sie nach Art. 11 der Verordnung Nr. 1191/69 unterlegen habe.

    46

    In Rn. 95 dieses Urteils hat das Gericht daraus abgeleitet, dass zur Beantwortung der Frage, ob diese Maßnahme eine bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 darstelle, geprüft werden müsse, ob die Maßnahme die von der Verordnung Nr. 1191/69 vorgesehenen Tatbestandsmerkmale erfülle und so von der Pflicht zur vorherigen Unterrichtung nach Art. 17 Abs. 2 dieser Verordnung befreit sei.

    47

    Zum anderen war das Gericht wie die Kommission in Rn. 96 dieses Urteils der Auffassung, dass diese letztgenannte Bestimmung u. a. erfordere, dass einseitig auferlegte gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen bestünden und dass die Ausgleichsleistung nach der in den Art. 10 bis 13 dieser Verordnung vorgesehenen Methode berechnet werde.

    48

    Hierzu hat das Gericht in Rn. 106 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass es, da der Rechtsmittelführerin die in Rede stehende Maßnahme vom Consiglio di Stato (Staatsrat) auf der Grundlage dieser Verordnung gewährt worden sei, nämlich als Ausgleichsleistung für eine Tarifpflicht, das tatsächliche Vorliegen einer solchen Pflicht überprüfen müsse, die nach Art. 2 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1191/69 darin bestehe, behördlich festgesetzte oder genehmigte Entgelte aufzuerlegen.

    49

    Am Ende dieser in den Rn. 106 bis 112 des angefochtenen Urteils erfolgten Prüfung hat das Gericht in Rn. 113 dieses Urteils die Feststellung der Kommission im 73. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses gebilligt, wonach dieser keine Belege vorgelegen hätten, dass der Rechtsmittelführerin tatsächlich solche Tarifpflichten auferlegt worden wären. Daher war das Gericht in Rn. 114 dieses Urteils der Auffassung, dass es nicht erforderlich sei, die etwaige Einseitigkeit dieser mutmaßlichen Tarifmaßnahme zu prüfen.

    50

    In Anbetracht des kumulativen Charakters der von der Verordnung Nr. 1191/69 vorgesehenen Ausnahmebedingungen hat das Gericht in Rn. 115 des angefochtenen Urteils entschieden, dass nicht geprüft zu werden brauche, ob die in Rede stehende Maßnahme die anderen von dieser Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen erfülle. In Rn. 116 dieses Urteils war es allerdings der Ansicht, dass die Kommission jedenfalls zutreffend befunden habe, dass das Kriterium der Ex-ante-Festlegung der Höhe der Ausgleichsleistung nicht erfüllt gewesen sei.

    51

    Das Gericht hat deshalb in Rn. 120 des angefochtenen Urteils entschieden, dass, da die in Rede stehende Maßnahme zumindest eines der von der Verordnung Nr. 1191/69 vorgesehenen Tatbestandsmerkmale nicht erfülle, die Kommission zutreffend zu dem Ergebnis gelangt sei, die Maßnahme sei nicht von der Pflicht zur vorherigen Unterrichtung nach Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1191/69 befreit und folglich nicht als bestehende Beihilfe einzustufen, sondern als neue Beihilfe, die gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV bei der Kommission angemeldet werden müsse.

    52

    Zwar richtet sich das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zur Stützung ihres ersten Rechtsmittelgrundes im Wesentlichen gegen die Schlussfolgerung in der vorherigen Randnummer des vorliegenden Urteils, wonach die in Rede stehende Maßnahme als neue Beihilfe einzustufen ist, doch enthält dieser Rechtsmittelgrund kein Argument dafür, dass die in den Rn. 45 bis 51 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Argumentation des Gerichts, die zu dieser Schlussfolgerung geführt hat, mit irgendeinem Rechtsfehler behaftet ist.

    53

    Die Rechtsmittelführerin macht nämlich im Wesentlichen lediglich geltend, dass die in Rede stehende Maßnahme eine bestehende Beihilfe darstelle, da die Entscheidung vom 27. Juli 2009, mit der ihr Anspruch auf die streitige Ausgleichsleistung nach der Verordnung Nr. 1191/69 anerkannt worden sei, ein Urteil gewesen sei, mit der ein bereits bestehender, auf diese Verordnung gestützter Anspruch festgestellt worden sei.

    54

    Da dieses Vorbringen entgegen den Anforderungen nach Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie Art. 168 Abs. 1 Buchst. d und Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs nicht anderweitig untermauert wird, ist der erste Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen.

    Zum zweiten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    55

    Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin die Rn. 121 bis 136 des angefochtenen Urteils und macht geltend, dass diese Randnummern rechtsfehlerhaft seien, soweit das Gericht darin entschieden habe, dass die Altmark-Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

    56

    Das Gericht habe fehlerhaft entschieden, dass lediglich geprüft werden müsse, ob eine dieser Voraussetzungen, nämlich das Vorliegen einer eindeutig definierten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung, erfüllt sei, ohne dass geprüft werden müsse, ob auch die anderen Voraussetzungen erfüllt seien. Es habe sich daher zu Unrecht darauf beschränkt, in Rn. 134 des angefochtenen Urteils inzident zu prüfen, ob die zweite dieser Voraussetzungen, die vorherige Festlegung der Parameter für die Berechnung der Ausgleichsleistung, erfüllt sei.

    57

    In Bezug auf das angebliche Fehlen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen zulasten der Rechtsmittelführerin habe das Gericht außer Acht gelassen, dass ihre gemeinwirtschaftliche Verpflichtung ihren Ursprung in den Art. 2 bis 6 des Regionalgesetzes Nr. 9 vom 26. Januar 1987 habe. Außerdem sei die Argumentation des Gerichts kritikwürdig, da es von dem Beschluss des regionalen Verkehrsministers Kenntnis erlangt und anerkannt habe, dass der Rechtsmittelführerin mit diesem Beschluss Tarifpflichten auferlegt worden seien, ohne jedoch anzuerkennen, dass die in Rede stehende Maßnahme eine Ausgleichsleistung für die Erfüllung einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung sei. Die Rechtsmittelführerin macht hierzu geltend, dass der Umstand, dass der Kommission dieser Beschluss nicht vorgelegt worden sei, die Folge des anormalen Ablaufs des Verwaltungsverfahrens gewesen sei, da die Region über diesen Beschluss verfügt und kein Interesse daran gehabt habe, ihn im Rahmen dieses Verfahrens vorzulegen.

    58

    Die zweite Altmark-Voraussetzung sei in Rn. 134 des angefochtenen Urteils mit einem fehlerhaften Verweis auf die Rn. 117 bis 119 dieses Urteils kurz geprüft worden. In dieser Rn. 134 habe das Gericht die Erfüllung der von der Verordnung Nr. 1191/69 vorgesehenen Voraussetzung der Ex-ante-Festlegung der Ausgleichsleistung zu Unrecht nicht im Hinblick auf die Parameter, auf deren Grundlage diese Ausgleichsleistung berechnet werde, geprüft, wie es das Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, EU:C:2003:415), verlange, sondern anhand der Höhe der in Rede stehenden Maßnahme. Außerdem ergebe sich die Erfüllung dieser Voraussetzung im vorliegenden Fall aus der Entscheidung vom 27. Juli 2009. Diese zeige nämlich, dass die Parameter für die Berechnung der Ausgleichsleistung zuvor festgelegt worden seien und dass der Consiglio di Stato (Staatsrat) sie lediglich angewandt habe, nachdem er einen Verstoß der Region bei der Festlegung dieser Ausgleichsleistung festgestellt habe.

    59

    Obwohl die dritte und die vierte Altmark-Voraussetzung in dem angefochtenen Urteil gar nicht geprüft wurden, macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass aus der Entscheidung vom 7. November 2012 hervorgehe, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall ebenfalls erfüllt seien.

    60

    Nach Ansicht der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund als unzulässig und jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    61

    Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund beanstandet die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen die Gründe des angefochtenen Urteils, mit denen das Gericht zurückgewiesen hat, was es als zweiten Teil des vierten und des achten Nichtigkeitsgrundes angesehen hat und womit ein Fehler der Kommission geltend gemacht wurde, die die Auffassung vertreten habe, dass zwei der Altmark-Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

    62

    Soweit der zweite Rechtsmittelgrund die Altmark-Voraussetzungen betrifft, ist festzustellen – wie es das Gericht im Übrigen in Rn. 123 des angefochtenen Urteils getan hat –, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine staatliche Maßnahme nicht von Art. 107 Abs. 1 AEUV erfasst wird, soweit sie als Ausgleich anzusehen ist, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugutekommt, zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden, so dass diese Unternehmen in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten und die genannte Maßnahme somit nicht bewirkt, dass sie gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Unternehmen in eine günstigere Wettbewerbsstellung gelangen (Urteile vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 87, sowie vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma del País Vasco u. a./Kommission, C‑66/16 P bis C‑69/16 P, EU:C:2017:999, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    63

    Somit kann eine staatliche Maßnahme, die eine oder mehrere der Altmark-Voraussetzungen nicht erfüllt, als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV angesehen werden (Urteil vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma del País Vasco u. a./Kommission, C‑66/16 P bis C‑69/16 P, EU:C:2017:999, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    64

    Hierzu hat das Gericht in Rn. 125 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden, dass ein derartiger Ausgleich in einem konkreten Fall nur dann nicht als staatliche Beihilfe einzustufen ist, wenn die in den Rn. 88 bis 93 des Urteils vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, EU:C:2003:415), angeführten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma del País Vasco u. a./Kommission, C‑66/16 P bis C‑69/16 P, EU:C:2017:999, Rn. 46).

    65

    In den Rn. 129 bis 131 des angefochtenen Urteils hat das Gericht gestützt auf die Rn. 106 bis 114 des Urteils die Schlussfolgerung der Kommission im 55. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses bestätigt, wonach das Vorliegen einer einseitig auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung nicht dargetan worden sei und folglich die erste Altmark-Voraussetzung nicht erfüllt sei.

    66

    Daher hat das Gericht in den Rn. 132 und 133 des angefochtenen Urteils unter Hinweis auf den kumulativen Charakter der Altmark-Voraussetzungen zutreffend entschieden, dass, da die erste Altmark-Voraussetzung nicht erfüllt sei, die Beurteilung der Kommission im 56. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses zur zweiten Altmark-Voraussetzung nicht geprüft zu werden brauche.

    67

    Soweit die Rechtsmittelführerin mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund auch die Beurteilungen des Gerichts in den Rn. 106 bis 114 des angefochtenen Urteils zum angeblichen Vorliegen einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung, die der Rechtsmittelführerin durch das innerstaatliche Recht auferlegt worden sei, beanstandet, ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist. Daher ist allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig. Die Würdigung dieser Tatsachen und Beweismittel ist somit, außer im Fall ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (Urteil 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma de Galicia und Retegal/Kommission, C‑70/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:1002, Rn. 47 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    68

    Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelführerin aber eine Verfälschung des nationalen Rechts nicht geltend gemacht und erst recht nicht nachgewiesen.

    69

    Da das Gericht über die dritte und die vierte Altmark-Voraussetzung nicht entschieden hat, ist ferner das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt, als unzulässig zurückzuweisen.

    70

    Unter diesen Umständen ist der zweite Rechtsmittelgrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

    Zum dritten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    71

    Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in den Rn. 137 bis 154 des angefochtenen Urteils dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es die Auffassung vertreten habe, dass der streitige Beschluss rechtsgültig sei, was die Einstufung der in Rede stehenden Maßnahme als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV betreffe. Dieser Rechtsmittelgrund betrifft insbesondere die Voraussetzungen, wonach diese Einstufung verlangt, dass die Beihilfe zum einen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt und zum anderen den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht.

    72

    Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin ist der in Rede stehende Dienstleistungsmarkt kein dem Wettbewerb offenstehender Markt. Auch wenn dieser Markt progressiv dem Wettbewerb geöffnet worden sei, gebe es noch keinen Wettbewerb „um den Markt“ oder „auf dem Markt“. Das Gericht habe daher in Rn. 149 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen, als es festgestellt habe, dass die in Rede stehende Maßnahme ein Wettbewerbshindernis beinhalte, da Unternehmen, auch ausländische, ihre öffentlichen Verkehrsdienste auf dem Markt, u. a. dem lokalen oder regionalen, auf denen die Rechtsmittelführerin in den Genuss dieser Maßnahme gekommen sei, anbieten wollen könnten.

    73

    Die Kommission ist der Auffassung, dieser Rechtsmittelgrund sei als unbegründet, jedenfalls aber als ins Leere gehend zurückzuweisen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    74

    Mit dem dritten Rechtsmittelgrund soll die Beurteilung des Gerichts in Bezug auf die Voraussetzungen, dass eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zum einen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen und zum anderen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen muss, in Frage gestellt werden.

    75

    Die Rechtsmittelführerin bezieht sich dabei zwar allgemein auf die Rn. 137 bis 154 des angefochtenen Urteils, sie macht jedoch in diesem Zusammenhang im Wesentlichen geltend, dass der vom Gericht in Rn. 149 dieses Urteils begangene Rechtsfehler darin bestehe, dass das Gericht dort entschieden habe, dass die in Rede stehende Maßnahme ein Wettbewerbshindernis darstelle, da Unternehmen, auch ausländische, ihre öffentlichen Verkehrsdienste auf dem italienischen Markt, u. a. dem lokalen oder regionalen, anbieten wollen könnten.

    76

    Mit dem dritten Rechtsmittelgrund sollen in Wirklichkeit Tatsachenwürdigungen des Gerichts in Frage gestellt werden, die entsprechend Rn. 67 des vorliegenden Urteils nicht der Kontrolle durch den Gerichtshof unterliegen, wenn keine Verfälschung vorliegt. Abgesehen davon geht dieser Rechtsmittelgrund jedenfalls ins Leere, da er sich nur auf Rn. 149 des angefochtenen Urteils bezieht.

    77

    In Rn. 148 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich entschieden, dass mit den Gesichtspunkten, die die Kommission im Rahmen ihrer Beurteilung in den Erwägungsgründen 60 bis 62 des streitigen Beschlusses berücksichtigt habe, dargetan werden könne, dass die Gewährung der in Rede stehenden Maßnahme den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen könne.

    78

    In diesem Rahmen hat sich das Gericht nicht nur auf die Feststellung in Rn. 149 des angefochtenen Urteils gestützt, die von der Rechtsmittelführerin beanstandet wird, sondern auf zwei weitere Feststellungen in den Rn. 150 und 151 dieses Urteils, die im Wesentlichen nicht von der Rechtsmittelführerin beanstandet werden.

    79

    In Rn. 150 dieses Urteils hat das Gericht zum einen festgestellt, dass die Tätigkeit im betreffenden Mitgliedstaat aufgrund der in Rede stehenden Maßnahme aufrechterhalten oder ausgebaut werden könne mit der Folge, dass die Chancen von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen, in den in Rede stehenden Markt einzutreten, geschmälert würden. In Rn. 151 des Urteils hat das Gericht erläutert, dass der Umstand, dass die Rechtsmittelführerin mit Unternehmen anderer Mitgliedstaaten auch auf anderen Märkten, auf denen sie tätig sei, in Wettbewerb stehe, einen Gesichtspunkt darstelle, mit dem dargetan werden könne, dass die Gewährung der Beihilfe, die Gegenstand der in Rede stehenden Maßnahme sei, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen könne.

    80

    Daher ist der dritte Rechtsmittelgrund als unzulässig und jedenfalls als ins Leere gehend zurückzuweisen.

    Zum vierten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    81

    Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass dem Gericht in den Rn. 155 bis 195 mehrere Rechtsfehler unterlaufen seien. Dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in drei Teile.

    82

    Mit dem ersten Teil macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es die Auffassung vertreten habe, allein die Kommission sei dafür zuständig, die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt zu beurteilen, obwohl der Consiglio di Stato (Staatsrat) eine rechtskräftig gewordene Entscheidung zu dieser Maßnahme erlassen habe.

    83

    Die in den Rn. 185, 186 und 188 des angefochtenen Urteils angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs sei insoweit ohne Belang, da sie Situationen betreffe, in denen es einen Beschluss der Kommission gebe, der vor einem nationalen Gerichtsverfahren ergangen sei. Daraus ergebe sich auch ein Rechtsfehler in Rn. 190 des angefochtenen Urteils, da das Gericht die Auffassung vertreten habe, dass der Grundsatz der Rechtskraft die Kommission nicht daran hindern könne, das Vorliegen einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe festzustellen, auch wenn diese Einstufung zuvor von einem letztinstanzlich entscheidenden nationalen Gericht verworfen worden sei. Ein solcher Ansatz kann nach Ansicht der Rechtsmittelführerin der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht entnommen werden, und das angefochtene Urteil enthalte zu diesem Punkt keine Begründung.

    84

    Im vorliegenden Fall habe der Consiglio di Stato (Staatsrat) keine Entscheidung erlassen, die zu einem früheren Beschluss der Kommission in Widerspruch stehe. Er habe autonom vor der Kommission entschieden und dabei unmittelbar die Verordnung Nr. 1191/69 angewandt und die in Rede stehende Maßnahme als Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Tarifpflichten eingestuft, was ihm erlaubt habe, die Einstufung dieser Maßnahme als staatliche Beihilfe auszuschließen. Ein etwaiges Einschreiten der Unionsorgane, im vorliegenden Fall der Kommission, hätte in Form einer Vorlagefrage an den Gerichtshof erfolgen können, aber der Consiglio di Stato (Staatsrat) habe es nicht für erforderlich erachtet, eine solche Frage zu stellen. Hingegen sei die Kommission jedoch auf nicht ordnungsgemäße Weise beteiligt gewesen, da die Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Unionsrecht Gegenstand einer auf nationaler Ebene rechtskräftig gewordenen Entscheidung gewesen sei.

    85

    Mit dem zweiten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin eine „Verfahrensanomalie“ geltend, da die Anmeldung der in Rede stehenden Maßnahme bei der Kommission durch die Region erfolgt sei, um eine negative Entscheidung der Kommission zu erhalten, was erklären könne, weshalb die Region der Kommission nur fragmentarische Informationen in Bezug auf die Maßnahme vorgelegt habe. Daher habe die Kommission gegen den Verfahrensrahmen verstoßen, dem sie sich unterworfen habe, wie er aus der Verordnung Nr. 659/1999 und der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. 2015, L 248, S. 9) hervorgehe. Die Region sei zu Unrecht als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 24 der Verordnung 2015/1589 und nicht als Urheberin der Mitteilung an die Kommission angesehen worden. Das Gericht habe es somit versäumt, die Rechtswidrigkeit des streitigen Beschlusses wegen eines solchen Verstoßes festzustellen. Zudem seien diese Verordnungen rechtswidrig angewandt worden, wodurch die Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden seien.

    86

    Mit dem dritten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, es verstoße auch gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, dass das Gericht die Zuständigkeit der Kommission anerkannt habe, über eine Maßnahme zu befinden, die Gegenstand einer rechtskräftig gewordenen Entscheidung eines nationalen Gerichts sei. Im vorliegenden Fall seien nämlich zwischen dem Zeitpunkt, zu dem diese nationale Entscheidung erlassen worden sei, und dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission ihren Beschluss erlassen habe, mehr als fünf Jahre vergangen. Ein solcher Zeitraum sei bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs berücksichtigt worden, um eine Situation im Hinblick auf diesen Grundsatz zu bewerten. In Rn. 192 des angefochtenen Urteils habe das Gericht entschieden, dass der Vertrauensschutz nur geltend gemacht werden könne, wenn die Anmeldepflicht beachtet worden sei, wobei es sich dabei auf das Urteil vom 13. Juni 2013, HGA u. a./Kommission (C‑630/11 P bis C‑633/11 P, EU:C:2013:387, Rn. 134), gestützt habe. Das Gericht habe jedoch verkannt, dass im vorliegenden Fall die Anmeldung nicht erforderlich gewesen sei, da entgegen dem, was entschieden worden sei, die in Rede stehende Maßnahme keine neue Beihilfe darstelle. Zudem könne zwischen dem Grundsatz der Rechtskraft und dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der die Rückforderungspflicht begrenze, ein Zusammenhang hergestellt werden, wie aus Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 hervorgehe. Des Weiteren habe die Rechtsmittelführerin ein berechtigtes Vertrauen auf den Umstand gründen können, dass der Consiglio di Stato (Staatsrat) es nicht für erforderlich erachtet habe, dem Gerichtshof eine Vorabentscheidungsfrage in Bezug auf die in Rede stehende Maßnahme vorzulegen. Sie habe deshalb legitim auf die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme vertrauen dürfen, da alle Rechtswege erschöpft gewesen seien.

    87

    Die Kommission trägt vor, dass dieser Rechtsmittelgrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen sei.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    88

    Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund, dessen drei Teile zusammen zu prüfen sind, vertritt die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen die Auffassung, das Gericht habe mehrere Rechtsfehler begangen, weil es ihre Nichtigkeitsgründe 1, 5 und 6 zurückgewiesen habe, wonach die Kommission für den Erlass des streitigen Beschlusses nicht zuständig gewesen sei, da dieser Beschluss einer rechtskräftig gewordenen Entscheidung des nationalen Richters zuwidergelaufen sei.

    89

    In diesem Zusammenhang hat das Gericht in den Rn. 184 bis 188 des angefochtenen Urteils zutreffend darauf hingewiesen, dass die Anwendung der Unionsregeln im Bereich der staatlichen Beihilfen auf einer Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten einerseits und der Kommission und dem Unionsrichter andererseits beruht, in deren Rahmen jeder entsprechend der ihm durch den AEU-Vertrag zugewiesenen Rolle handelt.

    90

    So hat das Gericht in Rn. 185 des angefochtenen Urteils gestützt auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zutreffend festgestellt, dass die nationalen Gerichte im Bereich staatlicher Beihilfen mit Rechtsstreitigkeiten befasst werden können, die sie verpflichten, den in Art. 107 Abs. 1 AEUV genannten Begriff „Beihilfe“ auszulegen und anzuwenden, insbesondere um zu ermitteln, ob eine staatliche Maßnahme unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV eingeführt wurde. Dagegen sind innerstaatliche Gerichte nicht zuständig, darüber zu befinden, ob eine staatliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen oder einer Beihilferegelung mit dem Binnenmarkt ist nämlich ausschließlich die Kommission zuständig, die dabei der Kontrolle der Unionsgerichte unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2007, Lucchini, C‑119/05, EU:C:2007:434, Rn. 50 bis 52, und vom 15. September 2016, PGE, C‑574/14, EU:C:2016:686, Rn. 30 bis 32).

    91

    Wie das Gericht in Rn. 186 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden hat, bedeutet diese Rechtsprechung, dass die nationalen Gerichte insbesondere keine Entscheidungen erlassen dürfen, die einem Beschluss der Kommission zuwiderlaufen.

    92

    Allerdings geht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin in der umgekehrten Situation, in der es eine vor dem Beschluss der Kommission liegende Entscheidung eines nationalen Gerichts zu einer staatlichen Maßnahme gibt, aus dieser Rechtsprechung ebenfalls hervor, dass dieser Umstand die Kommission nicht daran hindern kann, die ihr durch den AEU-Vertrag verliehene ausschließliche Zuständigkeit zur Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt auszuüben.

    93

    Die Ausübung dieser Zuständigkeit setzt voraus, dass die Kommission in einer Situation, in der die Behörden eines Mitgliedstaats der Auffassung waren, dass eine Maßnahme nicht die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfülle, nach Art. 108 AEUV prüfen kann, ob diese Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt, die bei ihr gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV hätte angemeldet werden müssen, auch wenn die Behörden sich dabei an die Beurteilung eines nationalen Gerichts hielten.

    94

    Diese Schlussfolgerung kann nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass dieses Gericht eine Entscheidung erlassen hat, die rechtskräftig geworden ist. Die Regel der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission gilt nämlich wegen des Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts in der innerstaatlichen Rechtsordnung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2007, Lucchini, C‑119/05, EU:C:2007:434, Rn. 62).

    95

    Wie das Gericht in Rn. 188 des angefochtenen Urteils unter Berufung auf die ausschließliche Zuständigkeit der Kommission zutreffend festgestellt hat, darf nach dem Unionsrecht die Anwendung des Grundsatzes der Rechtskraft nicht die Rückforderung einer Beihilfe behindern, die unter Verstoß gegen dieses Recht gewährt wurde und deren Unvereinbarkeit durch einen bestandskräftig gewordenen Beschluss der Kommission festgestellt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2007, Lucchini, C‑119/05, EU:C:2007:434, Rn. 63).

    96

    Ebenso hat das Gericht in Rn. 190 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden, dass die Anwendung des Grundsatzes der Rechtskraft die Kommission nicht daran hindern kann, das Vorliegen einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe festzustellen, auch wenn eine solche Einstufung zuvor von einem letztinstanzlich entscheidenden nationalen Gericht verworfen worden ist.

    97

    Infolgedessen hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es in Rn. 190 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Kommission dafür zuständig war, die in Rede stehende Maßnahme nach Art. 108 AEUV zu prüfen, da diese, wie aus Rn. 189 dieses Urteils hervorgeht, eine rechtswidrige Beihilfe darstellte, auch wenn diese Maßnahme Gegenstand einer Entscheidung des Consiglio di Stato (Staatsrat) war.

    98

    Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen der Rechtsmittelführerin in Frage gestellt, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend gemacht wird.

    99

    Auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes kann sich jeder berufen, bei dem ein Unionsorgan durch klare Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat (Urteile vom 16. Dezember 2010, Kahla Thüringen Porzellan/Kommission, C‑537/08 P, EU:C:2010:769, Rn. 63, und vom 13. Juni 2013, HGA u. a./Kommission, C‑630/11 P bis C‑633/11 P, EU:C:2013:387, Rn. 132 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    100

    Angesichts dieser Rechtsprechung, aus der sich diejenige ergibt, auf die sich das Gericht in Rn. 192 des angefochtenen Urteils gestützt hat, kann die Rechtsmittelführerin nicht geltend machen, die Entscheidung des Consiglio di Stato (Staatsrat) habe bei ihr begründete Erwartungen geweckt, die sie der Ausübung der ausschließlichen Zuständigkeit durch die Kommission entgegenhalten könne, wie sie von der Rechtsprechung anerkannt wurde, auf die in Rn. 90 des vorliegenden Urteils hingewiesen wurde.

    101

    Was schließlich das Vorbringen der Rechtsmittelführerin bezüglich einer „Verfahrensanomalie“, die die Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses beeinträchtigt habe, betrifft, ist dieses für unzulässig zu erklären, da die Rechtsmittelführerin keine Erwägung im angefochtenen Urteil benennt, die sie spezifisch beanstanden möchte.

    102

    Infolgedessen ist der vierte Rechtsmittelgrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

    Zum fünften Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    103

    Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es entschieden habe, dass die Verordnung Nr. 1370/2007 auf die Prüfung der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt zeitlich und sachlich anwendbar sei. In Bezug auf die zeitliche Anwendbarkeit dieser Verordnung habe das Gericht in Rn. 216 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden, dass auf den Zeitpunkt abzustellen sei, zu dem die Maßnahme durchgeführt oder die Beihilfe gezahlt worden sei, was im vorliegenden Fall ein Zeitpunkt nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung sei. Die Rn. 220 des angefochtenen Urteils weise einen Begründungsmangel hinsichtlich der sachlichen Anwendung dieser Verordnung auf den vorliegenden Fall auf.

    104

    Es stehe außer Zweifel, dass die Verordnung Nr. 1370/2007 im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, da sie sich ausschließlich auf „öffentliche Dienstleistungsaufträge“ beziehe, die gemäß ihrem Art. 5 Abs. 1 und 3 im Wege einer Ausschreibung vergeben werden müssten. Die in Rede stehenden Verträge seien jedoch nicht Gegenstand irgendeiner Ausschreibung gewesen und fielen unter keine Ausnahme von der in dieser Verordnung vorgesehenen Regel eines Vergabeverfahrens.

    105

    Nach Ansicht der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    106

    Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund vertritt die Rechtsmittelführerin die Auffassung, das Gericht habe mehrere Rechtsfehler begangen, weil es ihren dritten Nichtigkeitsgrund zurückgewiesen habe, mit dem sie die Entscheidung der Kommission im 92. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses beanstandet habe, die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme im Hinblick auf die Verordnung Nr. 1370/2007 zu prüfen, die am 3. Dezember 2009 in Kraft getreten sei und mit der die Verordnung Nr. 1191/69 aufgehoben worden sei.

    107

    Soweit die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht geltend gemacht hat, dass die Kommission, was den Zeitpunkt der Durchführung der in Rede stehenden Maßnahme betreffe, auf den Zeitpunkt der Entscheidung vom 27. Juli 2009 und nicht den der Entscheidung vom 7. November 2012 hätte abstellen müssen, hat das Gericht in Rn. 216 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer Beihilfe auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem diese Maßnahme durchgeführt oder diese Beihilfe gezahlt wurde, d. h. im vorliegenden Fall der 21. Dezember 2012.

    108

    Zwar vertritt die Rechtsmittelführerin mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund die Auffassung, dass diese Rn. 216 rechtsfehlerhaft sei, sie gibt jedoch nicht an, worin der Fehler bestehen soll, so dass ihr Vorbringen als unzulässig zurückzuweisen ist.

    109

    In Bezug auf die Rüge der Rechtsmittelführerin, das angefochtene Urteil weise hinsichtlich der sachlichen Anwendung der Verordnung Nr. 1370/2007 einen Begründungsmangel auf, ist festzustellen, dass diese Rüge auf einer unvollständigen Lektüre des angefochtenen Urteils beruht.

    110

    Aus den Rn. 208 und 209 des angefochtenen Urteils geht nämlich hervor, dass das Gericht auf das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, die Verordnung Nr. 1370/2007 sei auf die Prüfung der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme nicht anwendbar, da diese Verordnung auf den Begriff „öffentlicher Dienstleistungsauftrag“ gestützt sei und im vorliegenden Fall kein Vertrag von der Region geschlossen worden sei, eingegangen ist. Das Gericht hat hierzu ausgeführt, dass diese Frage bereits vom Gerichtshof im Urteil vom 6. Oktober 2015, Kommission/Andersen (C‑303/13 P, EU:C:2015:647), geprüft worden sei und dass die Parteien bei der Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts sowie während der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gehabt hätten, sich zu den aus diesem Urteil zu ziehenden Konsequenzen zu äußern, was die Rechtsmittelführerin im Rahmen ihres Rechtsmittels nicht bestreitet.

    111

    Des Weiteren hat das Gericht in Rn. 220 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu einer „unlogischen und irrationalen Anwendung der Verordnung Nr. 1370/2007“ auf eine Situation, in der kein öffentlicher Dienstleistungsauftrag geschlossen worden sei, sondern in der die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ihren Ursprung in einer Konzessionsregelung hätten, unter Verweis auf die vorherigen Randnummern dieses Urteils zurückgewiesen, in denen das Gericht festgestellt hat, dass die Kommission die in dieser Verordnung festgelegten Regeln zu Recht angewandt habe.

    112

    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Rn. 220 des angefochtenen Urteils im Licht u. a. der Rn. 208 und 209 dieses Urteils es sowohl der Rechtsmittelführerin ermöglicht, die Gründe zu erkennen, aus denen das Gericht ihr Vorbringen zurückgewiesen hat, als auch dem Gerichtshof ausreichende Angaben zur Hand gibt, damit er seine Kontrollaufgabe im Rahmen eines Rechtsmittels wahrnehmen kann, so dass sie den Anforderungen der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs in diesem Bereich genügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 2013, Land Burgenland u. a./Kommission, C‑214/12 P, C‑215/12 P und C‑223/12 P, EU:C:2013:682, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    113

    Die Rüge der Rechtsmittelführerin, es liege ein Verstoß gegen die Begründungspflicht vor, ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

    114

    Schließlich ist auch das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen, die Verordnung Nr. 1370/2007 sei auf die vorliegende Rechtssache sachlich nicht anwendbar. Da die Rechtsmittelführerin nämlich nicht die Randnummer des angefochtenen Urteils angibt, die sie beanstanden möchte, und keinerlei Rechtsfehler identifiziert, den das Gericht in diesem Zusammenhang begangen habe, ist dieses Vorbringen unzulässig.

    115

    Folglich ist der fünfte Rechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

    116

    Da keiner der Rechtsmittelgründe der Rechtsmittelführerin durchgreift, ist das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen.

    Kosten

    117

    Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Rechtsmittelführerin zur Tragung der Kosten beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

     

    1.

    Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

     

    2.

    Die CSTP Azienda della Mobilità SpA trägt die Kosten.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.

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