Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62018CJ0559

    Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 5. September 2019.
    TDK-Lambda Germany GmbH gegen Hauptzollamt Lörrach.
    Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Baden-Württemberg.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 – Zollunion und gemeinsamer Zolltarif – Tarifierung – Kombinierte Nomenklatur – Unterposition 8504 40 30 – Stromrichter – Einreihungskriterien – Wesentliche Zweckbestimmung.
    Rechtssache C-559/18.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2019:667

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

    5. September 2019 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 – Zollunion und gemeinsamer Zolltarif – Tarifierung – Kombinierte Nomenklatur – Unterposition 85044030 – Stromrichter – Einreihungskriterien – Wesentliche Zweckbestimmung“

    In der Rechtssache C‑559/18

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Baden-Württemberg (Deutschland) mit Entscheidung vom 19. Juni 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 4. September 2018, in dem Verfahren

    TDK-Lambda Germany GmbH

    gegen

    Hauptzollamt Lörrach

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

    unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter) und L. Bay Larsen,

    Generalanwältin: E. Sharpston,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der TDK-Lambda Germany GmbH, vertreten durch die Steuerberater U. Reimer und R. Welzel,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch B.‑R. Killmann und A. Caeiros als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Unterposition 85044030 der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN), die in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 1987, L 256, S. 1) in den sich nacheinander aus der Verordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission vom 9. Oktober 2012 (ABl. 2012, L 304, S. 1) und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 der Kommission vom 4. Oktober 2013 (ABl. 2013, L 290, S. 1) ergebenden Fassungen enthalten ist.

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der TDK-Lambda Germany GmbH und dem Hauptzollamt Lörrach (im Folgenden: Zollamt) wegen der zolltariflichen Einreihung von Stromrichtern, die TDK Lambda Germany eingeführt hat.

    Rechtlicher Rahmen

    GATT 1994 und ITA

    3

    Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen von 1994 (ABl. 1994, L 336, S. 11, im Folgenden: GATT 1994) und insbesondere die Vereinbarung zur Auslegung des Artikels II Absatz 1 Buchstabe b) des GATT 1994 sind Teil des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO), das am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichnet und durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche genehmigt wurde (ABl. 1994, L 336, S. 1).

    4

    Das Übereinkommen über den Handel mit Waren der Informationstechnologie, das aus der am 13. Dezember 1996 auf der ersten Konferenz der WTO in Singapur angenommenen Ministererklärung über den Handel mit Waren der Informationstechnologie sowie ihren Anhängen und Anlagen besteht (im Folgenden: ITA), und die Mitteilung über die Durchführung dieses Übereinkommens wurden mit dem Beschluss 97/359/EG des Rates vom 24. März 1997 über die Beseitigung der Zölle auf Waren der Informationstechnologie (ABl. 1997, L 155, S. 1) im Namen der Gemeinschaft genehmigt.

    5

    Nach Abs. 1 des ITA sollten sich die Handelsregelungen einer jeden Vertragspartei so entwickeln, dass der Marktzugang für Waren der Informationstechnologie verbessert wird.

    6

    Nach Abs. 2 des ITA bindet und beseitigt jede Vertragspartei die Zölle und die anderen Abgaben und Belastungen jeder Art im Sinne des Art. II Abs. 1 Buchst. b des GATT 1994 für bestimmte Waren, darunter „Static converters for automatic data processing machines and units thereof, and telecommunication apparatus“.

    Unionsrecht

    Die KN

    7

    Die Tarifierung von Waren, die in die Europäische Union eingeführt werden, richtet sich nach der KN.

    8

    Nach Art. 12 der Verordnung Nr. 2658/87 veröffentlicht die Europäische Kommission jedes Jahr in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN zusammen mit den entsprechenden autonomen und vertragsmäßigen Zollsätzen des Gemeinsamen Zolltarifs, wie sie sich aus den vom Rat der Europäischen Union oder von der Kommission beschlossenen Maßnahmen ergeben. Diese Verordnung wird spätestens am 31. Oktober im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und gilt ab dem 1. Januar des folgenden Jahres.

    9

    Die auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassungen der KN sind die der Jahre 2013 und 2014, die sich aus den Verordnungen Nrn. 927/2012 und 1001/2013 ergeben. Die im Ausgangsverfahren anwendbaren Bestimmungen der KN sind jedoch in diesen beiden Fassungen gleich geblieben.

    10

    Teil I („Einführende Vorschriften“) der KN umfasst einen Titel I („Allgemeine Vorschriften“), dessen Abschnitt A („Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur“) u. a. bestimmt:

    „Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:

    1.

    Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und – soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist – die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

    6.

    Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und – sinngemäß – die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln.“

    11

    Teil II („Zolltarif“) der KN enthält einen Abschnitt XVI, zu dem Kapitel 85 („Elektrische Maschinen, Apparate, Geräte und andere elektrotechnische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Bild- und Tonaufzeichnungs- oder ‑wiedergabegeräte, für das Fernsehen, Teile und Zubehör für diese Geräte“) gehört. Dieses Kapitel umfasst die Position 8504 der KN mit dem Titel „Elektrische Transformatoren, elektrische Stromrichter (z. B. Gleichrichter) sowie Drossel- und andere Selbstinduktionsspulen“.

    12

    Die Unterposition 850440, die zu dieser Position der KN gehört, lautet wie folgt:

    8504 40

    – Stromrichter

    8504 40 30

    – – von der mit Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten verwendeten Art

     

    – – andere

    8504 40 55

    – – – Akkumulatorenladegeräte

     

    – – – andere

    8504 40 82

    – – – – Gleichrichter

     

    – – – – Wechselrichter

    8504 40 84

    – – – – – mit einer Leistung von 7,5 kVA oder weniger

    8504 40 88

    – – – – – mit einer Leistung von mehr als 7,5 kVA

    8504 40 90

    – – – – andere

    13

    Ausgenommen Waren der Unterposition 85044030, die von den Eingangsabgaben befreit sind, unterliegen Waren, die in die anderen Unterpositionen dieser Position der KN eingereiht werden, dem herkömmlichen Einfuhrzollsatz von 3,3 % bis 3,7 %.

    Erläuterungen zur KN

    14

    In den Erläuterungen zur KN (ABl. 2011, C 137, S. 1) in der durch eine Mitteilung vom 29. November 2012 (ABl. 2012, C 369, S. 7) geänderten Fassung hieß es in Bezug auf die Unterposition 85044030 der KN: „Hierher gehören z. B. Stromrichter für Telekommunikationsgeräte oder für automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten, die im Allgemeinen:

    über Stabilisierungsschaltungen verfügen;

    eine für diese Geräte typische Ausgangsspannung von z. B. 3,3, 5, 12, 24, 48 oder 60 Volt haben.

    Stromrichter für Telekommunikationsgeräte oder automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten dienen zum Beispiel zur Umwandlung von Wechselstrom aus dem Stromnetz in den erforderlichen Gleichstrom.

    Bei Einsatz mit automatischen Datenverarbeitungsmaschinen können so genannte ununterbrochene Gleichrichter mit Hilfe eines so genannten ‚Power Good Signal‘ ein Nachlaufen bei Stromausfall ermöglichen, um einen dadurch auftretenden Datenverlust zu verhindern.“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

    15

    Das Ausgangsverfahren betrifft die zolltarifliche Einreihung von Stromversorgungseinheiten.

    16

    Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, TDK-Lambda Germany, ist eine Tochtergesellschaft der in Tokyo (Japan) ansässigen japanischen Gesellschaft TDK-Lambda Corporation. Diese Gesellschaft befasst sich mit der Entwicklung, der Herstellung, dem Vertrieb und dem Kundendienst von Geräten und elektronischen Bauteilen, insbesondere Stromversorgungen. Zwischen dem 2. April 2013 und dem 4. Februar 2014 führte die Klägerin des Ausgangsverfahrens in 75 Fällen Stromversorgungseinheiten (im Folgenden: Umrichter) der Serien HFE, FPS und RFE in die Europäische Union ein. In den Zollanmeldungen gab die Klägerin des Ausgangsverfahrens an, dass die fraglichen Umrichter als Waren aus einem Drittland zollfrei in die Unterposition 85044030 der KN einzureihen seien. Entsprechend den Anmeldungen wurde auf diese Einfuhren zunächst kein Zoll erhoben.

    17

    Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die jeweiligen wesentlichen technischen Eigenschaften der in Rede stehenden Umrichter der Serien HFE, FPS und RFE ähnlich sind: Das Modell HFE ist lediglich das weiterentwickelte Nachfolgeprodukt der FPS-Serie, während es sich beim Modell RFE um eine nicht steckbare Einbauvariante der Serien FPS bzw. HFE handelt.

    18

    Genauer wandeln nach der Vorlageentscheidung die drei Arten der in Rede stehenden Umrichter Wechselstrom oder Gleichstrom verschiedener Spannungen, die Eingangsspannung, in Gleichstrom des Spannungsniveaus 12 Volt, 24 Volt, 32 Volt oder 48 Volt, die Ausgangsspannung, um. Diese Geräte stellten insofern stabilisierte Ausgangsspannungen sicher, als diese Spannungen lediglich im Millivolt-Bereich variierten. Außerdem ermöglichten die in Rede stehenden Umrichter, dass auch bei einem Stromausfall, d. h. bei Wegfall der Eingangsspannung, für eine gewisse Zeit danach eine Ausgangsspannung zur Verfügung gestellt werde. Es handele sich um eine als „Power Good Signal“ bezeichnete Funktion, die ein sogenanntes Nachlaufen ermögliche.

    19

    Im Übrigen ist der Vorlageentscheidung zu entnehmen, dass die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens an Endkunden gelieferten Umrichter teilweise im Bereich der Telekommunikation und der Datenverarbeitung, aber auch im Maschinenbau und in der Medizintechnik eingesetzt werden.

    20

    Im Rahmen einer Zollprüfung im Jahr 2015 ging das Zollamt aufgrund einer entsprechenden Auskunft des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung (Deutschland) davon aus, dass es sich bei den fraglichen Umrichtern in ihrer Eigenschaft als Stromversorgungseinheiten um Stromrichter handele, die nicht als „von der mit Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten verwendeten Art“ im Sinne der Unterposition 85044030 der KN eingestuft werden könnten, also keine zollfreien Drittlandswaren seien.

    21

    Insoweit war das Zollamt insbesondere der Auffassung, dass die überprüften Umrichter der Serie HFE zur Verwendung für Geräte unterschiedlicher Anwendungsbereiche und nicht hauptsächlich für Telekommunikationsgeräte oder automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten bestimmt seien. Das Zollamt nahm daher an, dass die in Rede stehenden Umrichter nicht in die Unterposition 85044030 der KN (d. h. Drittlandszollsatz „frei“) fielen, sondern in die Unterposition 85044090 der KN (d. h. Drittlandszollsatz 3,3 %). Das gelte auch für Umrichter der Serien FPS und RFE.

    22

    Auf der Grundlage der bei dieser Prüfung getroffenen Feststellungen erließ das Zollamt am 10. Februar 2016 einen Einfuhrabgabenbescheid zur Nacherhebung von Einfuhrzöllen in Höhe von 18935,51 Euro zulasten der Klägerin des Ausgangsverfahrens. Ihren Einspruch gegen diesen Abgabenbescheid wies das Zollamt mit Entscheidung vom 30. August 2016 als unbegründet zurück.

    23

    Gegen diese ablehnende Einspruchsentscheidung erhob die Klägerin des Ausgangsverfahrens am 23. September 2016 Klage beim vorlegenden Gericht, dem Finanzgericht Baden-Württemberg (Deutschland), mit der sie sich insbesondere gegen die zolltarifliche Einreihung der fraglichen Umrichter in die Unterposition 85044090 der KN wendet.

    24

    Vor diesem Hintergrund hat das Finanzgericht Baden-Württemberg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    Ist die KN dahin auszulegen, dass Stromrichter wie die vorliegenden nur dann in die Unterposition 85044030 der KN einzureihen sind, wenn sie hauptsächlich mit Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten verwendet werden, oder reicht es zur Erfüllung des Merkmals „von der verwendeten Art“ aus, dass die Stromrichter nach ihrer objektiven Beschaffenheit neben anderen Einsatzbereichen auch mit Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten verwendet werden können?

    Zur Vorlagefrage

    25

    Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Unterposition 85044030 der KN dahin auszulegen ist, dass es für die Einreihung in diese Unterposition ausreicht, dass Stromrichter wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden aufgrund ihrer technischen Merkmale und ihrer objektiven Beschaffenheit mit „Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten“ im Sinne dieser Unterposition kompatibel sind.

    26

    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass das entscheidende Kriterium für die zolltarifliche Einreihung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen ist, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. u. a. Urteil vom 26. Mai 2016, Invamed Group u. a.,C‑198/15, EU:C:2016:362, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insoweit können die Erläuterungen zur KN ein wichtiges Instrument zur Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen, ohne jedoch rechtsverbindlich zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2018, 2M-Locatel,C‑555/17, EU:C:2018:746, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    27

    Zweitens kann der Verwendungszweck des Erzeugnisses ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er dem Erzeugnis innewohnt, was sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften des Erzeugnisses beurteilen lassen muss (vgl. u. a. Urteil vom 26. Mai 2016, Invamed Group u. a.,C‑198/15, EU:C:2016:362, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Verwendungszweck eines Erzeugnisses kann jedoch nur dann ein erhebliches Kriterium sein, wenn die Tarifierung nicht allein auf der Grundlage der objektiven Merkmale und Eigenschaften dieses Erzeugnisses erfolgen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2016, Oniors Bio,C‑233/15, EU:C:2016:305, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    28

    Was die Einreihung von Erzeugnissen in eine Tarifposition für eine Verwendung angeht, d. h. eine Position, die auf ein Tarifierungskriterium abstellt, das auf einer besonderen Verwendung der betreffenden Waren beruht, ist es drittens nicht erforderlich, dass die alleinige oder ausschließliche Zweckbestimmung des einzureihenden Erzeugnisses dieser Verwendung entspricht. Ausreichend ist, dass die in der fraglichen Position genannte Verwendung die wesentliche Zweckbestimmung dieses Erzeugnisses ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juli 2014, Sysmex Europe,C‑480/13, EU:C:2014:2097, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    29

    Zur Unterposition 85044030 der KN ist darauf hinzuweisen, dass weder deren Wortlaut noch die Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln erläutern, ob es für die Annahme, dass ein Stromrichter „von der mit Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten verwendeten Art“ im Sinne dieser Unterposition ist, ausreicht, dass dieser Stromrichter unter Berücksichtigung seiner technischen Merkmale und objektiven Eigenschaften mit solchen Erzeugnissen verwendet werden kann.

    30

    Es ist jedoch hervorzuheben, dass der Wortlaut der Unterposition 85044030 der KN eindeutig auf eine besondere Verwendung der dort erfassten Stromrichter Bezug nimmt, nämlich auf eine Verwendung mit Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten.

    31

    Die Erläuterungen zur KN zu Unterposition 85044030 bestätigen im Übrigen, dass es sich um eine Position handelt, die auf ein Einreihungskriterium abstellt, das auf einer besonderen Verwendung der betreffenden Waren beruht. Die Erläuterungen stellen nämlich insbesondere klar, dass in diese Unterposition fallende Stromrichter für Telekommunikationsgeräte oder automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten bestimmt sind.

    32

    Zwar werden in diesen Erläuterungen auch beispielhaft technische Merkmale genannt, über die Stromrichter verfügen müssen, um in die Unterposition 85044030 der KN zu fallen. Allerdings schließt der Umstand, dass Umrichter solche allgemeinen Merkmale haben – Merkmale, die anscheinend eine große Anzahl von Stromrichtern der Unterposition 850440 der KN aufweisen – die Einreihung solcher Umrichter in eine andere Unterposition der Unterposition 850440 der KN nicht aus.

    33

    Wenn die fragliche Tarifposition auf ein Tarifierungskriterium abstellt, das auf einer besonderen Verwendung der betreffenden Waren beruht, ist dieses Kriterium nämlich, wie in Rn. 28 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, für die Einreihung von Waren in diese Position maßgebend.

    34

    Für Stromrichter, die, wie die in Rede stehenden Umrichter, in die Unterposition 85044030 der KN fallen könnten, kann daher allein der Umstand, dass sie mit den in dieser Unterposition genannten Geräten kompatibel sind, nicht ausreichen, um sie in diese Unterposition einzureihen, wenn nicht ihre wesentliche Zweckbestimmung der in dieser Unterposition genannten Verwendung entspricht.

    35

    Bei dieser Betrachtungsweise hat der vom vorlegenden Gericht erwähnte Umstand, dass sich die Unterposition 85044030 der KN nicht auf eine „ausschließliche“ oder „hauptsächliche“ Verwendung einer Ware mit Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten bezieht, keine Bedeutung.

    36

    Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass innerhalb der Unterposition 850440 der KN die Unterposition 85044030 – im Unterschied zu anderen Unterpositionen dieser Position – Stromrichter für eine spezifische Verwendung bezeichnet, nämlich für eine Verwendung mit Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten. Unter diesen Umständen kann aus dem Fehlen einer Klarstellung hinsichtlich der ausschließlichen oder hauptsächlichen Verwendung mit den von der Unterposition 85044030 erfassten Erzeugnissen nicht abgeleitet werden, dass jeder grundsätzlich mit diesen Erzeugnissen kompatible Umrichter in diese Unterposition fallen könnte.

    37

    Zum anderen ist zu beachten, dass Texte des abgeleiteten Rechts wie die KN nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit den von der Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträgen auszulegen sind (Urteil vom 20. September 2018, 2M-Locatel,C‑555/17, EU:C:2018:746, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    38

    Insoweit spiegelt die Unterposition 85044030 der KN, wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, die von der Union im ITA eingegangenen Verpflichtungen wider. Daher ist diese Unterposition im Einklang mit diesem Übereinkommen und dessen Ziel, den Marktzugang für Waren der Informationstechnologie zu verbessern, auszulegen. Zur Erreichung dieses Ziels sieht Abs. 2 des ITA vor, dass jede Vertragspartei die Zölle und die anderen Abgaben und Belastungen jeder Art für bestimmte Waren bindet und beseitigt, u. a. für Stromrichter für automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten und für Telekommunikationsgeräte.

    39

    Die Auslegung, wonach die Unterposition 85044030 der KN dahin zu verstehen ist, dass sie ausschließlich die Stromrichter erfasst, deren wesentliche Zweckbestimmung in ihrer Verwendung mit Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten besteht, ist angesichts des besonderen Kontexts, in den sich diese Unterposition einfügt, mit den vom ITA verfolgten Zielen vereinbar.

    40

    Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass es sich bei den in Rede stehenden Umrichtern um Stromrichter handelt, die nach ihren objektiven Merkmalen und Eigenschaften sowohl in Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten als auch in anderen elektrisch betriebenen Geräten (u. a. Druckmaschinen, medizinischen Apparaten) verwendet werden können.

    41

    Zwar obliegt es letztlich dem vorlegenden Gericht, die zolltarifliche Einreihung der fraglichen Umrichter vorzunehmen. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ergibt sich jedoch, dass diese Umrichter nicht die Merkmale aufzuweisen scheinen, die die Annahme erlauben würden, dass ihre wesentliche Zweckbestimmung in einer Verwendung mit Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten besteht. Vielmehr geht aus diesen Akten hervor, dass die fraglichen Umrichter so konzipiert sind, dass sie in einer Vielzahl verschiedener Maschinen eingesetzt werden können, so dass ihre Einreihung in die Unterposition 85044030 der KN auf den ersten Blick ausgeschlossen erscheint.

    42

    Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass die Unterposition 85044030 der KN dahin auszulegen ist, dass Stromrichter wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nur dann in diese Unterposition fallen können, wenn ihre wesentliche Zweckbestimmung in einer Verwendung mit „Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten“ im Sinne dieser Unterposition besteht, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

    Kosten

    43

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

     

    Die Unterposition 85044030 der Kombinierten Nomenklatur, die in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in den sich nacheinander aus der Verordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission vom 9. Oktober 2012 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 der Kommission vom 4. Oktober 2013 ergebenden Fassungen enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass Stromrichter wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nur dann in diese Unterposition fallen können, wenn ihre wesentliche Zweckbestimmung in einer Verwendung mit „Telekommunikationsgeräten oder automatischen Datenverarbeitungsmaschinen und ihren Einheiten“ im Sinne dieser Unterposition besteht, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

     

    Toader

    Rosas

    Bay Larsen

    Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. September 2019.

    Der Kanzler

    A. Calot Escobar

    Die Präsidentin der Sechsten Kammer

    C. Toader


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

    Top