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Document 62018CJ0519

Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 12. Dezember 2019.
TB gegen Bevándorlási és Menekültügyi Hivatal.
Vorabentscheidungsersuchen der Fővárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Einwanderungspolitik – Recht auf Familienzusammenführung – Richtlinie 2003/86/EG – Art. 10 Abs. 2 – Kann-Bestimmung – Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung – In Art. 4 nicht genannter Familienangehöriger – Begriff ‚Person, der Unterhalt gewährt wird‘.
Rechtssache C-519/18.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2019:1070

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

12. Dezember 2019 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Einwanderungspolitik – Recht auf Familienzusammenführung – Richtlinie 2003/86/EG – Art. 10 Abs. 2 – Kann-Bestimmung – Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung – In Art. 4 nicht genannter Familienangehöriger – Begriff ‚Person, der Unterhalt gewährt wird‘“

In der Rechtssache C‑519/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Fővárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Budapest, Ungarn) mit Entscheidung vom 16. Juli 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 7. August 2018, in dem Verfahren

TB

gegen

Bevándorlási és Menekültügyi Hivatal

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter I. Jarukaitis, E. Juhász, M. Ilešič und C. Lycourgos (Berichterstatter),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von TB, vertreten durch G. Győző, ügyvéd,

der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und G. Tornyai als Bevollmächtigte,

der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Schillemans und M. Bulterman als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Tokár, C. Cattabriga und M. Condou-Durande als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. September 2019

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 2 und 3 sowie von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. 2003, L 251, S. 12).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen TB und dem Bevándorlási és Menekültügyi Hivatal (Amt für Einwanderung und Asyl, Ungarn) wegen der Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Familienzusammenführung zugunsten der Schwester des Betroffenen durch das Amt.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

In den Erwägungsgründen 2, 4 und 8 der Richtlinie 2003/86 heißt es:

„(2)

Maßnahmen zur Familienzusammenführung sollten in Übereinstimmung mit der Verpflichtung zum Schutz der Familie und zur Achtung des Familienlebens getroffen werden, die in zahlreichen Instrumenten des Völkerrechts verankert ist. Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und berücksichtigt die Grundsätze, die insbesondere in Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.

(4)

Die Familienzusammenführung ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass ein Familienleben möglich ist. Sie trägt zur Schaffung soziokultureller Stabilität bei, die die Integration Drittstaatsangehöriger in dem Mitgliedstaat erleichtert; dadurch wird auch der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt gefördert, der als grundlegendes Ziel der Gemeinschaft im Vertrag aufgeführt wird.

(8)

Der Lage von Flüchtlingen sollte wegen der Gründe, die sie zur Flucht gezwungen haben und sie daran hindern, ein normales Familienleben zu führen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Deshalb sollten günstigere Bedingungen für die Ausübung ihres Rechts auf Familienzusammenführung vorgesehen werden.“

4

Art. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Ziel dieser Richtlinie ist die Festlegung der Bedingungen für die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung durch Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig im Gebiet der Mitgliedstaaten aufhalten.“

5

Art. 3 Abs. 5 dieser Richtlinie lautet:

„Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, günstigere Regelungen zu treffen oder beizubehalten.“

6

Art. 4 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie bestimmt:

„(1)   Vorbehaltlich der in Kapitel IV sowie in Artikel 16 genannten Bedingungen gestatten die Mitgliedstaaten gemäß dieser Richtlinie folgenden Familienangehörigen die Einreise und den Aufenthalt:

a)

dem Ehegatten des Zusammenführenden;

b)

den minderjährigen Kindern des Zusammenführenden und seines Ehegatten, einschließlich der Kinder, die … adoptiert wurden;

c)

den minderjährigen Kindern, einschließlich der adoptierten Kinder des Zusammenführenden, wenn der Zusammenführende das Sorgerecht besitzt und für den Unterhalt der Kinder aufkommt. …

d)

den minderjährigen Kindern, einschließlich der adoptierten Kinder des Ehegatten, wenn der Ehegatte das Sorgerecht besitzt und für den Unterhalt der Kinder aufkommt. …

(2)   Vorbehaltlich der in Kapitel IV genannten Bedingungen können die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsvorschriften folgenden Familienangehörigen die Einreise und den Aufenthalt gemäß dieser Richtlinie gestatten:

a)

den Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades des Zusammenführenden oder seines Ehegatten, wenn letztere für ihren Unterhalt aufkommen und erstere in ihrem Herkunftsland keinerlei sonstige familiäre Bindungen mehr haben;

b)

den volljährigen, unverheirateten Kindern des Zusammenführenden oder seines Ehegatten, wenn sie aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können.

(3)   Vorbehaltlich der in Kapitel IV genannten Bedingungen können die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsvorschriften dem nicht ehelichen Lebenspartner, der Drittstaatsangehöriger ist und der nachweislich mit dem Zusammenführenden in einer auf Dauer angelegten Beziehung lebt, oder einem Drittstaatsangehörigen, der mit dem Zusammenführenden eine eingetragene Lebenspartnerschaft gemäß Artikel 5 Absatz 2 führt, und den nicht verheirateten minderjährigen Kindern, einschließlich der adoptierten Kinder, sowie den volljährigen, unverheirateten Kindern dieser Person, wenn sie aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können, die Einreise und den Aufenthalt gemäß dieser Richtlinie gestatten.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, eingetragene Lebenspartner im Hinblick auf die Familienzusammenführung ebenso zu behandeln wie Ehepartner.“

7

Kapitel V („Familienzusammenführung von Flüchtlingen“) Art. 10 der Richtlinie 2003/86 sieht vor:

„(1)   Hinsichtlich der Definition von Familienangehörigen findet Artikel 4 Anwendung; ausgenommen davon ist Absatz 1 Unterabsatz 3, der nicht für die Kinder von Flüchtlingen gilt.

(2)   Die Mitgliedstaaten können weiteren, in Artikel 4 nicht genannten Familienangehörigen die Familienzusammenführung gestatten, sofern der zusammenführende Flüchtling für ihren Unterhalt aufkommt.

(3)   Handelt es sich bei einem Flüchtling um einen unbegleiteten Minderjährigen, so

a)

gestatten die Mitgliedstaaten ungeachtet der in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a) genannten Bedingungen die Einreise und den Aufenthalt seiner Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades zum Zwecke der Familienzusammenführung;

b)

können die Mitgliedstaaten die Einreise und den Aufenthalt seines gesetzlichen Vormunds oder eines anderen Familienangehörigen zum Zwecke der Familienzusammenführung gestatten, wenn der Flüchtling keine Verwandten in gerader aufsteigender Linie hat oder diese unauffindbar sind.“

8

Art. 17 dieser Richtlinie lautet:

„Im Fall der Ablehnung eines Antrags, dem Entzug oder der Nichtverlängerung des Aufenthaltstitels sowie der Rückführung des Zusammenführenden oder seiner Familienangehörigen berücksichtigen die Mitgliedstaaten in gebührender Weise die Art und die Stärke der familiären Bindungen der betreffenden Person und die Dauer ihres Aufenthalts in dem Mitgliedstaat sowie das Vorliegen familiärer, kultureller oder sozialer Bindungen zu ihrem Herkunftsland.“

Ungarisches Recht

9

§ 19 des A harmadik országbeli állampolgárok beutazásáról és tartózkodásáról szóló 2007. évi II. törvény (Gesetz Nr. II von 2007 über die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen, im Folgenden: Gesetz von 2007) bestimmt:

„(1)   Zur Gewährleistung des familiären Zusammenlebens können Drittstaatsangehörige, die Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen sind, die über eine Aufenthalts‑, Einwanderungs‑, Niederlassungs‑, befristete Niederlassungs‑, nationale Niederlassungs- oder eine EG-Niederlassungserlaubnis verfügen, oder Familienangehörige von Personen sind, die über eine Aufenthaltskarte nach einem besonderen Gesetz oder Ständige Aufenthaltskarte verfügen (im Folgenden bei der Anwendung dieses Paragrafen: Zusammenführende), eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.

(4)   Zur Gewährleistung des familiären Zusammenlebens können eine Aufenthaltserlaubnis erhalten:

a)

unterhaltene Eltern des Zusammenführenden oder seines Ehegatten bzw. der als Flüchtling anerkannten Person,

b)

die Geschwister und die Verwandten gerader Linie des Zusammenführenden oder seines Ehepartners bzw. der als Flüchtling anerkannten Person, sofern sie aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht in der Lage sind, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

10

Am 7. September 2015 wurde TB von der zuständigen ungarischen Behörde als Flüchtling anerkannt. Die Schwester von TB beantragte am 12. Januar 2016 in der diplomatischen Vertretung Ungarns in Teheran (Iran) eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Familienzusammenführung mit TB und die Erteilung eines Visums zum Zwecke der Entgegennahme der Aufenthaltserlaubnis.

11

Dieser Antrag wurde durch eine Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde, die von der Behörde zweiter Instanz bestätigt wurde, mit der Begründung abgelehnt, dass die Schwester von TB, um die beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, zum einen bei der zuständigen Behörde falsche Angaben gemacht habe, und zum anderen im Hinblick auf ihre Bildungsabschlüsse und ihren Gesundheitszustand nicht nachgewiesen habe, dass sie aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht in der Lage sei, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, da sie nach den von ihr ihrem Antrag beigefügten ärztlichen Unterlagen an einer Depression leide, die regelmäßiger medizinischer Betreuung bedürfe.

12

Gegen diesen Ablehnungsbescheid erhob TB Klage beim vorlegenden Gericht. Er stützte diese Klage insbesondere darauf, dass die Regelung des § 19 Abs. 4 Buchst. b des Gesetzes von 2007, wonach die Geschwister einer als Flüchtling anerkannten Person eine Aufenthaltserlaubnis zur Gewährleistung des familiären Zusammenlebens erhalten können, sofern sie aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht in der Lage sind, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, gegen Art. 10 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2003/86 verstoße.

13

Das vorlegende Gericht, das Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Regelung mit Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 äußert, stellt fest, dass die in § 19 Abs. 4 Buchst. b des Gesetzes von 2007 vorgesehene Voraussetzung nicht der in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehenen Bedingung entspreche, die es zulasse, dass die Mitgliedstaaten weiteren, in Art. 4 dieser Richtlinie nicht genannten Familienangehörigen, wie z. B. Geschwistern des Flüchtlings, die Familienzusammenführung gestatten, sofern der Flüchtling „für ihren Unterhalt aufkommt“. Die in § 19 Abs. 4 Buchst. b genannte Voraussetzung entspreche der in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 3 der Richtlinie vorgesehenen Voraussetzung in Bezug auf die Familienzusammenführung, zwar nicht im Hinblick auf die Geschwister des Flüchtlings, aber im Hinblick auf die volljährigen, unverheirateten Kinder des Zusammenführenden oder seines Ehegatten sowie die volljährigen, unverheirateten gemeinsamen Kinder des Zusammenführenden und seines Lebenspartners.

14

Daher fragt sich das vorlegende Gericht erstens, ob es gegen Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 verstößt, wenn ein Mitgliedstaat, der von der durch diese Bestimmung vorgesehenen Befugnis Gebrauch macht und weiteren, in Art. 4 dieser Richtlinie nicht genannten Familienangehörigen die Familienzusammenführung gestattet, diese von anderen Voraussetzungen als von den in der erstgenannten Bestimmung vorgesehenen abhängig macht.

15

Dazu führt das vorlegende Gericht aus, dass die Kúria (Oberster Gerichtshof, Ungarn) in einem früheren Urteil – ohne Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens – festgestellt habe, dass diese Frage zu verneinen sei und § 19 Abs. 4 Buchst. b des Gesetzes von 2007 somit nicht gegen Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie verstoße.

16

Können die Mitgliedstaaten jedoch gemäß Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 die Zusammenführung von nicht in Art. 4 dieser Richtlinie genannten Familienangehörigen gestatten und damit von der Definition des Begriffs „Familienangehöriger“ in Art. 4 abweichen, dürften sie nach Ansicht des vorlegenden Gerichts hingegen nicht von der in Art. 10 Abs. 2 genannten Voraussetzung abweichen, nach der diese Familienangehörigen sich auf das Recht der Familienzusammenführung berufen können, wenn der Flüchtling für ihren Unterhalt aufkommt.

17

Für den Fall, dass die Frage in Rn. 14 des vorliegenden Urteils bejaht wird, fragt das vorlegende Gericht zweitens nach der Auslegung des Begriffs „Person, der Unterhalt gewährt wird“ im Sinne der Richtlinie 2003/86.

18

Dazu stellt es fest, dass Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie in seiner Sprachfassung der Verfahrenssprache Familienangehörige erfasse, denen der Flüchtling Unterhalt gewährte („a menekült eltartottjai“), während diese Bestimmung in ihrer englischen Sprachfassung auf diejenigen verweise, die vom Flüchtling abhängig seien („dependent on the refugee“). Das vorlegende Gericht hat Zweifel daran, dass diese Ausdrücke völlig gleichbedeutend sind.

19

Ferner stelle sich die Frage, ob der Begriff „Person, der Unterhalt gewährt wird“ eine Gesamtbewertung unterschiedlicher Merkmale voraussetze, die die Abhängigkeit charakterisieren, oder ob sich dieser Begriff auf das Vorliegen eines einzigen dieser Merkmale, wie etwa dem, dass der betreffende Familienangehörige aufgrund seines Gesundheitszustands nicht selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen kann, beschränken könne, so dass ein Mitgliedstaat, gestützt allein auf dieses Merkmal, der Auffassung sein könnte, dass – ohne dessen individuelle Situation zu beurteilen – ein Familienangehöriger, der diese Voraussetzung nicht erfülle, nicht vom Zusammenführenden unterhalten werde. In diesem Zusammenhang weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass sich nach Ansicht der Kúria (Oberster Gerichtshof) aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebe, dass der Begriff nicht nur finanzielle, sondern auch physische und emotionale Abhängigkeit bedeute, so dass das Unterhaltsverhältnis als zusammengesetztes Abhängigkeitsverhältnis qualifiziert werden könne, in dem die finanzielle Unterhaltsgewährung nur ein Bestandteil sei.

20

Für den Fall, dass die Frage in Rn. 14 des vorliegenden Urteils verneint werden sollte, fragt das vorlegende Gericht drittens, ob es den Mitgliedstaaten freisteht, jedwede Voraussetzung, einschließlich die in Art. 4 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2003/86 vorgesehene, festzulegen, und möchte wissen, wie weit gegebenenfalls die in Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2003/86 vorgesehene Voraussetzung, nach der die betreffenden Familienangehörigen aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können, reicht.

21

Unter diesen Umständen hat das Fővárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Budapest, Ungarn) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat, wenn er aufgrund dieses Artikels Familienangehörigen, die nicht zu den in Art. 4 dieser Richtlinie genannten gehören, die Einreise gestattet, auf diese Familienangehörigen nur die in Art. 10 Abs. 2 vorgesehene Voraussetzung („Flüchtling[, der] für ihren Unterhalt aufkommt“) anwenden darf?

2.

Falls die erste Frage bejaht wird: Ist das Merkmal „für ihren Unterhalt aufkommen“ („dependency“) im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2003/86 ein tatsächlicher Umstand, bei dem die unterschiedlichen Formen der Abhängigkeit gleichzeitig, kumulativ vorliegen müssen, oder kann dieses Merkmal je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls auch durch eine beliebige Form der Abhängigkeit allein begründet werden? Steht in diesem Zusammenhang eine mitgliedstaatliche Rechtsvorschrift mit der in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehenen Voraussetzung („Flüchtling [, der] für ihren Unterhalt aufkommt“) in Einklang, wenn diese Rechtsvorschrift ohne Einzelfallprüfung ausschließlich auf ein einziges Tatbestandsmerkmal abstellt, das die Abhängigkeit kennzeichnet („aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht in der Lage …, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen“) und durch das die Erfüllung dieser Voraussetzung begründet wird?

3.

Falls die erste Frage verneint wird, also der Mitgliedstaat nicht nur die Voraussetzung nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 („Flüchtling[, der] für ihren Unterhalt aufkommt“) anwenden darf: Bedeutet dies, dass es im Ermessen des Mitgliedstaats steht, jedwede Voraussetzung, einschließlich die in Art. 4 Abs. 2 und 3 der Richtlinie für andere Familienangehörige vorgesehenen Voraussetzungen, festzulegen, oder darf er nur die Voraussetzung gemäß Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie anwenden? Welcher tatsächliche Umstand ist in diesem Fall mit „objectively unable to provide for their own needs on account of their state of health“ in Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie gemeint? Ist diese Formulierung dahin auszulegen, dass die Familienangehörigen nicht „selbst für ihren Lebensunterhalt“ aufkommen können oder dahin, dass sie „nicht in der Lage sind, für sich selbst“ zu sorgen, oder ist sie gegebenenfalls auf andere Weise auszulegen?

Zu den Vorlagefragen

Vorbemerkungen

22

Die ungarische Regierung ist der Auffassung, die Vorlagefragen seien unzulässig, weil sie hypothetisch seien. Diese Fragen beruhten nämlich auf der unzutreffenden Prämisse, dass Ungarn mit § 19 Abs. 4 Buchst. b des Gesetzes von 2007 Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 umgesetzt habe, obwohl Ungarn die Kommission davon nicht gemäß Art. 20 dieser Richtlinie in Kenntnis gesetzt habe.

23

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es allein Sache des nationalen Gerichts ist, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen, die es dem Gerichtshof vorlegt. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 10. Dezember 2018, Wightman u. a., C‑621/18, EU:C:2018:999, Rn. 26).

24

Folglich gilt für Fragen, die das Unionsrecht betreffen, eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit. Der Gerichtshof kann die Beantwortung einer Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 10. Dezember 2018, Wightman u. a., C‑621/18, EU:C:2018:999, Rn. 27).

25

Im vorliegenden Fall ist zu betonen, dass nach Auffassung des vorlegenden Gerichts der ungarische Gesetzgeber mit dem Erlass von § 19 Abs. 4 Buchst. b des Gesetzes von 2007 sehr wohl Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 umsetzen wollte, der den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht einräumt, das integraler Bestandteil des von dieser Richtlinie aufgestellten Systems ist (vgl. entsprechend Urteil vom 21. Dezember 2011, N. S. u. a., C‑411/10 und C‑493/10, EU:C:2011:865, Rn. 65 bis 68).

26

Der Gerichtshof hat jedoch im Rahmen der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Unionsgerichten und den nationalen Gerichten in Bezug auf den tatsächlichen und rechtlichen Kontext, in den sich die Vorlagefragen einfügen, von den Feststellungen in der Vorlageentscheidung auszugehen. Daher muss die Prüfung des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens – ungeachtet der Kritik der ungarischen Regierung an der vom vorlegenden Gericht vorgenommenen Auslegung des nationalen Rechts – in Ansehung der von diesem Gericht vorgenommenen Auslegung dieses Rechts erfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juni 2016, New Valmar, C‑15/15, EU:C:2016:464, Rn. 25).

27

Der Umstand, dass Ungarn die Kommission nicht gemäß Art. 20 der Richtlinie 2003/86 von § 19 Abs. 4 Buchst. b des Gesetzes von 2007 als Maßnahme zur Umsetzung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie in Kenntnis gesetzt hat, ändert an diesem Befund nichts. Es genügt nämlich nicht, dass der betreffende Mitgliedstaat der Kommission eine nationale Maßnahme nicht mitgeteilt hat, um auszuschließen, dass diese Maßnahme eine Bestimmung einer Richtlinie umsetzt.

28

Die Einrede der Unzulässigkeit ist somit zurückzuweisen.

29

Ferner ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht mit seinen Fragen 2 und 3 den Gerichtshof auch um die zutreffende Auslegung von Art. 4 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2003/86 ersucht.

30

Diese Bestimmungen beziehen sich jedoch auf Sachverhalte, die sich von dem des Ausgangsverfahrens unterscheiden, da sie die Familienzusammenführung anderer Familienangehöriger des Flüchtlings als seine Schwester betreffen.

31

Der bloße Umstand, dass der ungarische Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 den in Art. 4 Abs. 2 und 3 dieser Richtlinie benutzten entsprechende Begriffe verwendet hat, genügt nicht, um einen Antrag auf Auslegung dieser Bestimmungen zu rechtfertigen. Das vorlegende Gericht macht in seinem Vorabentscheidungsersuchen nämlich nicht geltend, dass der ungarische Gesetzgeber mit dem Erlass von § 19 Abs. 4 Buchst. b des Gesetzes von 2007 unmittelbar und unbedingt auf diese Bestimmungen verweisen wollte (vgl. hierzu Urteile vom 18. Oktober 2012, Nolan, C‑583/10, EU:C:2012:638, Rn. 47, und vom 7. November 2018, C und A, C‑257/17, EU:C:2018:876, Rn. 33).

32

Daraus folgt, dass im Rahmen der vorliegenden Rechtssache Art. 4 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2003/86 nicht auszulegen ist.

Zur Beantwortung der Fragen

33

Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, der Schwester eines Flüchtlings die Zusammenführung nur dann zu gestatten, wenn diese aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht in der Lage ist, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen.

34

Ziel der Richtlinie 2003/86 ist nach ihrem Art. 1 die Festlegung der Bedingungen für die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung durch Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig im Gebiet der Mitgliedstaaten aufhalten.

35

In diesem Rahmen werden in Art. 4 dieser Richtlinie die Familienangehörigen eines Drittstaatsangehörigen aufgeführt, denen die Mitgliedstaaten ein Recht auf Familienzusammenführung im Sinne dieser Richtlinie entweder zuerkennen müssen oder können.

36

Aus dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/86 ergibt sich jedoch, dass die Richtlinie für Flüchtlinge günstigere Bedingungen für die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung vorsieht, weil ihre Lage wegen der Gründe, die sie zur Flucht aus ihrem Heimatland gezwungen haben und sie daran hindern, dort ein normales Familienleben zu führen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte (Urteil vom 12. April 2018, A und S, C‑550/16, EU:C:2018:248, Rn. 32).

37

Eine dieser günstigeren Bedingungen ist in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 formuliert.

38

Obwohl nämlich in Art. 10 Abs. 1 dieser Richtlinie die Anwendbarkeit ihres Art. 4 – mit Ausnahme des Vorbehalts in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 3, der nicht für die Kinder von Flüchtlingen gilt – auf Flüchtlinge vorgesehen ist, können die Mitgliedstaaten darüber hinaus gemäß Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 weiteren, in Art. 4 dieser Richtlinie nicht genannten Familienangehörigen die Familienzusammenführung im Sinne dieser Richtlinie gestatten.

39

Vor diesem Hintergrund ist allerdings als Erstes darauf hinzuweisen, dass Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 eine Kann-Bestimmung ist. Diese Bestimmung stellt somit die Entscheidung über die von ihr erlaubte Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs dieser Richtlinie in das Ermessen jedes einzelnen Mitgliedstaats.

40

Wie der Generalanwalt in Nr. 37 seiner Schlussanträge festgestellt hat, räumt Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie den Mitgliedstaaten außerdem einen weiten Ermessensspielraum ein, um unter den weiteren, in Art. 4 der Richtlinie nicht genannten Familienangehörigen des Flüchtlings diejenigen zu bestimmen, denen diese Mitgliedstaaten die Zusammenführung mit dem in ihrem Hoheitsgebiet wohnenden Flüchtling gestatten wollen.

41

Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass der Handlungsspielraum, über den die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 verfügen, jedoch durch die Voraussetzung begrenzt ist, an die diese Bestimmung eine solche Umsetzung knüpft. Schon aus dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 2 ergibt sich nämlich, dass die Mitgliedstaaten weiteren, in Art. 4 dieser Richtlinie nicht genannten Familienangehörigen des Flüchtlings die Zusammenführung gestatten können, sofern der Flüchtling für ihren Unterhalt aufkommt.

42

Da dieser Voraussetzung sonst jede praktische Wirksamkeit genommen würde, ist Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 erstens dahin auszulegen, dass er einen Mitgliedstaat daran hindert, einem nicht in Art. 4 dieser Richtlinie genannten Familienangehörigen eines Flüchtlings die Familienzusammenführung zu gestatten, wenn der Flüchtling nicht für dessen Unterhalt aufkommt. Eine nationale Regelung, die diese Voraussetzung nicht beachtete, liefe den Zielen der Richtlinie 2003/86 zuwider, da sie es ermöglichen würde, Personen, die nicht die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, die sich aus dieser Richtlinie ergebende Rechtsstellung zuzuerkennen (vgl. entsprechend Urteile vom 27. Juni 2018, Diallo, C‑246/17, EU:C:2018:499, Rn. 55, und vom 23. Mai 2019, Bilali, C‑720/17, EU:C:2019:448, Rn. 44).

43

Die den Mitgliedstaaten in Art. 3 Abs. 5 dieser Richtlinie eröffnete Befugnis, allein auf der Grundlage ihres nationalen Rechts ein Recht auf Einreise und Aufenthalt zu günstigeren Bedingungen zu gewähren, bleibt von dieser Feststellung jedoch unberührt.

44

Was zweitens die Bedeutung der Voraussetzung, dass der Flüchtling „für den Unterhalt aufkommt“, anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass aus den Erfordernissen sowohl der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch des Gleichheitsgrundsatzes folgt, dass die Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Europäischen Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen (Urteil vom 29. Juli 2019, Spiegel Online, C‑516/17, EU:C:2019:625, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45

Da aber Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 im Hinblick auf diese Voraussetzung keinen Verweis auf das nationale Recht der Mitgliedstaaten enthält, ist diese Voraussetzung in dieser Weise autonom und einheitlich auszulegen.

46

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits im Rahmen der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 2004, L 158, S. 77) die Voraussetzung ausgelegt hat, nach der der Zusammenführende für den Unterhalt des Familienangehörigen aufkommen muss.

47

Nach dieser Rechtsprechung setzt die Eigenschaft des Familienangehörigen, dem der aufenthaltsberechtigte Unionsbürger „Unterhalt gewährt“ voraus, dass das Vorliegen eines tatsächlichen Abhängigkeitsverhältnisses nachzuweisen ist. Diese Abhängigkeit ergibt sich aus einer tatsächlichen Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Familienangehörige vom Aufenthaltsberechtigten materiell unterstützt wird (Urteile vom 19. Oktober 2004, Zhu und Chen, C‑200/02, EU:C:2004:639, Rn. 43, vom 8. November 2012, Iida, C‑40/11, EU:C:2012:691, Rn. 55, vom 16. Januar 2014, Reyes, C‑423/12, EU:C:2014:16, Rn. 20 und 21, sowie vom 13. September 2016, Rendón Marín, C‑165/14, EU:C:2016:675, Rn. 50).

48

Um zu ermitteln, ob eine solche Abhängigkeit vorliegt, muss der Aufnahmemitgliedstaat prüfen, ob der Familienangehörige in Anbetracht seiner wirtschaftlichen und sozialen Lage nicht selbst für die Deckung seiner Grundbedürfnisse aufkommen kann. Der Unterhaltsbedarf muss im Herkunfts- oder Heimatland des Familienangehörigen zu dem Zeitpunkt bestehen, zu dem er beantragt, dem Unionsbürger nachzuziehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Januar 2007, Jia, C‑1/05, EU:C:2007:1, Rn. 37, und vom 16. Januar 2014, Reyes, C‑423/12, EU:C:2014:16, Rn. 22 und 30).

49

Diese Rechtsprechung ist zu berücksichtigen, um den Begriff „Familienangehöriger, dem Unterhalt gewährt wird“ im Sinne der Richtlinie 2003/86 auszulegen. Die Richtlinien 2004/38 und 2003/86 verfolgen nämlich ähnliche Ziele, da sie darauf abzielen, die Familienzusammenführung von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten oder von Drittländern, die sich im Aufnahmemitgliedstaat rechtmäßig aufhalten, dort sicherzustellen oder zu fördern.

50

Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass – wie aus dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/86 und schon aus Rn. 35 des vorliegenden Urteils hervorgeht – der Lage von Flüchtlingen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, da sie zur Flucht aus ihrem Land gezwungen wurden und nicht damit rechnen können, dort ein normales Familienleben zu führen, sie womöglich während eines langen Zeitraums von ihrer Familie getrennt gewesen waren, bevor ihnen der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde, und es für die Flüchtlinge oder ihre Familienangehörigen häufig nicht möglich oder gefährlich ist, amtliche Unterlagen vorzulegen oder Kontakt zu Behörden ihres Herkunftslands aufzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. November 2018, K und B, C‑380/17, EU:C:2018:877, Rn. 53, sowie vom 13. März 2019, E., C‑635/17, EU:C:2019:192, Rn. 66).

51

In diesem Zusammenhang zu verlangen, dass der Flüchtling zum Zeitpunkt des Antrags auf Zusammenführung seinem Familienangehörigen in dessen Herkunfts- oder Heimatland tatsächlich Unterhalt gewährt, könnte dazu führen, Familienangehörige des Flüchtlings, die tatsächlich von ihm abhängig sind, von der Anwendung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 allein deshalb auszuschließen, weil der Flüchtling nicht oder nicht mehr in der Lage ist, ihnen die für die Deckung ihrer Grundbedürfnisse in ihrem Herkunfts- oder Heimatland erforderliche materielle Unterstützung zukommen zu lassen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der Flüchtling aufgrund von Faktoren, die nicht von seinem Willen abhängen, wie die materielle Unmöglichkeit, die erforderlichen Mittel bereitzustellen oder die Befürchtung, durch Kontaktaufnahme mit ihnen die Sicherheit seiner Familienangehörigen zu gefährden, diese Unterstützung nicht oder nicht mehr leisten kann.

52

Der Familienangehörige eines Flüchtlings ist daher als unterhaltsberechtigt im Sinne von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 anzusehen, wenn er tatsächlich von ihm abhängig ist, und zwar in dem Sinne, dass er zum einen unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen und sozialen Umstände zu dem Zeitpunkt, zu dem er beantragt, dem Flüchtling nachzuziehen, nicht selbst für die Deckung seiner Grundbedürfnisse aufkommen kann, und dass zum anderen festgestellt wird, dass er tatsächlich vom Flüchtling materiell unterstützt wird oder dass unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände, wie der Grad der Verwandtschaft des betroffenen Familienangehörigen mit dem Flüchtling, die Art und Stärke seiner anderen familiären Bindungen sowie das Alter und die wirtschaftliche Situation seiner anderen Verwandten der Flüchtling sich als der Familienangehörige erweist, der am besten in der Lage ist, die erforderliche materielle Unterstützung zu leisten.

53

Diese Auslegung wird durch Art. 17 der Richtlinie 2003/86 bestätigt, in dem eine Einzelfallprüfung eines Antrags auf Familienzusammenführung verlangt wird, in deren Rahmen, wie sich aus dem achten Erwägungsgrund dieser Richtlinie ergibt, insbesondere die mit der Flüchtlingseigenschaft des Zusammenführenden verbundenen Besonderheiten berücksichtigt werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. November 2018, K und B, C‑380/17, EU:C:2018:877, Rn. 53).

54

Drittens ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass zwar, wie das vorlegende Gericht hervorhebt, Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie in einigen Sprachfassungen auf die Situation der Abhängigkeit des Familienangehörigen vom Flüchtling verweist, während er in anderen Fassungen auf die Eigenschaft als Familienangehöriger, dem von diesem Flüchtling Unterhalt gewährt wird, abstellt, diese Abweichung für die Auslegung der in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie aufgestellten Voraussetzung allerdings ohne Bedeutung ist.

55

Als Drittes ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten bei der Wahrnehmung der ihnen in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 eingeräumten Befugnis zusätzliche Anforderungen hinsichtlich der Art des durch diese Bestimmung vorgeschriebenen Abhängigkeitsverhältnisses vorsehen können, insbesondere indem sie die Zuerkennung der sich aus der Richtlinie 2003/86 ergebenden Rechte davon abhängig machen, dass der betreffende Flüchtling aus bestimmten Gründen für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufkommt.

56

Die Voraussetzung des Vorliegens eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem Flüchtling und seinem Familienangehörigen ist nämlich dahin auszulegen, dass sie darauf abzielt, die nicht in Art. 4 der Richtlinie genannten Familienangehörigen des Flüchtlings, denen er keinen Unterhalt gewährt, davon auszuschließen, in den Genuss der in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 eingeräumten Möglichkeit zu gelangen, ohne dass jedoch der Mitgliedstaat, der sich dafür entscheidet, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, verpflichtet ist, allen oder einem Teil der nicht in Art. 4 der Richtlinie genannten Familienangehörigen des Flüchtlings automatisch ein Recht auf Zusammenführung einzuräumen, sobald der Flüchtling für ihren Unterhalt aufkommt.

57

Insoweit ist zum einen hervorzuheben, dass die Unterschiede, die sich daraus ergeben können, dass es jedem Mitgliedstaat somit freisteht, die Art des Abhängigkeitsverhältnisses zu präzisieren, das nach seiner nationalen Regelung erlaubt, nicht in Art. 4 der Richtlinie 2003/86 genannten Familienangehörigen des Flüchtlings einen Anspruch auf Familienzusammenführung im Sinne dieser Richtlinie zu gewähren, mit der Natur und dem Ziel von Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie absolut vereinbar sind. Es ergibt sich nämlich bereits aus den Rn. 38 bis 40 des vorliegenden Urteils, dass Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 vom Unionsgesetzgeber als Kann-Bestimmung konzipiert wurde, deren Anwendung den Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum belässt, so dass Unterschiede in den nationalen Regelungen, mit denen von dieser Befugnis Gebrauch gemacht wird, sich natürlich aus der Entscheidung des betreffenden Gesetzgebers ergeben (vgl. entsprechend Urteil vom 12. April 2018, A und S, C‑550/16, EU:C:2018:248, Rn. 47).

58

Zum anderen beeinträchtigt die den Mitgliedstaaten damit eingeräumte Befugnis, zusätzliche Anforderungen festzulegen, als solche nicht die allgemeinen Ziele der Richtlinie 2003/86, wie sie in deren Erwägungsgründen 4 und 8 genannt sind, nämlich die Integration der betroffenen Drittstaatsangehörigen dadurch zu erleichtern, dass ihnen ermöglicht wird, ein normales Familienleben zu führen, und günstigere Bedingungen für die Ausübung des Rechts der Flüchtlinge auf Familienzusammenführung unter Berücksichtigung ihrer besonderen Situation vorgesehen werden. Wie nämlich in den Rn. 36 und 37 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, fördert der betreffende Mitgliedstaat bereits die Verwirklichung dieser Ziele, indem er von der Befugnis nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 Gebrauch macht und weiteren, in Art. 4 dieser Richtlinie nicht genannten Familienangehörigen des Flüchtlings die Familienzusammenführung gestattet, selbst dann, wenn er diese Zusammenführung strengeren Voraussetzungen unterwirft als die in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehene.

59

Würde einem Mitgliedstaat hingegen untersagt, solche zusätzlichen Anforderungen festzulegen, widerspräche dies der inneren Logik von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie, der es, wie in den Rn. 38 und 39 des vorliegenden Urteils festgestellt, den Mitgliedstaaten sowohl erlaubt, zu beschließen, keinem der in dieser Bestimmung genannten Familienangehörigen des Flüchtlings ein Recht auf Familienzusammenführung zuzuerkennen, als auch, frei zu entscheiden, welcher dieser Familienangehörigen ein solches Recht auf Familienzusammenführung in Anspruch nehmen kann.

60

Darüber hinaus könnte ein solches Verbot den in Rn. 58 des vorliegenden Urteils genannten Zielen zuwiderlaufen, indem es die Mitgliedstaaten veranlasst, auf die Wahrnehmung der in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 vorgesehenen Befugnis zu verzichten.

61

Als Viertes ist noch hervorzuheben, dass die Mitgliedstaaten durch die Wahrnehmung der ihnen in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 eingeräumten Befugnis das Unionsrecht durchführen.

62

Zunächst darf daher der den Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie eröffnete Ermessensspielraum von ihnen nicht in einer Weise genutzt werden, die das Ziel der Richtlinie 2003/86 und deren praktische Wirksamkeit beeinträchtigen würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2019, E., C‑635/17, EU:C:2019:192, Rn. 53).

63

Wie in diesem Zusammenhang in den Rn. 36, 50 und 53 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, erfordert zum einen die Situation der Flüchtlinge eine besondere Aufmerksamkeit bei der Umsetzung der Richtlinie 2003/86 und wird zum anderen in Art. 17 der Richtlinie eine Einzelfallprüfung der Anträge auf Familienzusammenführung vorgeschrieben.

64

Sodann muss die Richtlinie 2003/86, wie im Übrigen ihr zweiter Erwägungsgrund bestätigt, mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) im Einklang stehen.

65

Die Bestimmungen der Charta können zwar nicht dahin ausgelegt werden, dass den Mitgliedstaaten der Ermessensspielraum genommen würde, über den sie verfügen, wenn sie beschließen, Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 umzusetzen und die gemäß dieser Bestimmung gestellten Anträge auf Familienzusammenführung prüfen. Jedoch müssen bei dieser Prüfung die Bestimmungen dieser Richtlinie insbesondere im Licht von Art. 7 der Charta ausgelegt und angewandt werden, in dem u. a. das Recht auf Achtung des Familienlebens verankert ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2016, Khachab, C‑558/14, EU:C:2016:285, Rn. 28).

66

Schließlich müssen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, die Mittel, die von der nationalen Regelung zur Anwendung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 eingesetzt werden, zur Erreichung der mit dieser Regelung verfolgten Ziele geeignet sein und dürfen nicht über das dazu Erforderliche hinausgehen (Urteil vom 21. April 2016, Khachab, C‑558/14, EU:C:2016:285, Rn. 42).

67

Folglich muss die nationale Regelung, mit der die in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehene Befugnis wahrgenommen wird, sowohl die in der Charta garantierten Grundrechte als auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und darf einer Einzelfallprüfung des Antrags auf Familienzusammenführung nicht entgegenstehen, wobei diese Prüfung darüber hinaus unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Flüchtlinge zu erfolgen hat.

68

Nach alledem ist schließlich zu prüfen, ob Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat das Recht auf Familienzusammenführung der Schwester eines Flüchtlings nur dann zuerkennt, wenn diese aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht in der Lage ist, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen.

69

Insoweit ist erstens festzustellen, dass die Schwester eines Flüchtlings nicht zu den in Art. 4 der Richtlinie 2003/86 genannten Familienangehörigen des Zusammenführenden gehört. Es steht somit einem Mitgliedstaat frei, einem solchen Familienangehörigen eines Flüchtlings gemäß Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie ein Recht auf Familienzusammenführung zuzuerkennen.

70

Zweitens ergibt sich aus den Ausführungen in den Rn. 54 bis 59 des vorliegenden Urteils, dass Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie der Einführung einer zusätzlichen Voraussetzung durch die Mitgliedstaaten, die verlangt, dass das Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Flüchtling und seinem Familienangehörigen seine Ursache in dessen Gesundheitszustand hat, nicht grundsätzlich entgegensteht.

71

Im Übrigen ist festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber im Rahmen einer detaillierteren Harmonisierung den Mitgliedstaaten in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 3 der Richtlinie 2003/86 ausdrücklich gestattet hat, das Recht bestimmter Familienangehöriger eines Drittstaatsangehörigen auf Familienzusammenführung von einer ähnlichen Voraussetzung abhängig zu machen.

72

Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch aus Rn. 42 des vorliegenden Urteils, dass ein Mitgliedstaat zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 nicht zulassen dürfte, dass die Schwester eines Flüchtlings das Recht auf Familienzusammenführung gemäß Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 in Anspruch nimmt, ohne dass ihr von dem Flüchtling Unterhalt gewährt wird, was, wie in Rn. 52 des vorliegenden Urteils dargelegt, nicht nur bedeutet, dass die Schwester des Flüchtlings nicht selbst für die Deckung ihrer Grundbedürfnisse aufkommen kann, sondern auch, dass festgestellt wird, dass sie tatsächlich vom Flüchtling materiell unterstützt wird, oder dass unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände der Flüchtling sich als der Familienangehörige erweist, der am besten in der Lage ist, die erforderliche materielle Unterstützung zu leisten.

73

Im Übrigen ergibt sich aus den Rn. 53 und 63 des vorliegenden Urteils auch, dass die zuständigen nationalen Behörden verpflichtet sind, eine Einzelfallprüfung dazu durchzuführen, ob die Voraussetzung, nach der der Flüchtling aufgrund des Gesundheitszustands der Schwester für ihren Unterhalt aufkommen muss, eingehalten ist.

74

Daraus folgt insbesondere, dass ein solcher Antrag nicht allein deshalb abgelehnt werden kann, weil die Erkrankung, an der die Schwester des Flüchtlings leidet, ohne Weiteres als nicht geeignet angesehen wird, ein solches Abhängigkeitsverhältnis zu begründen.

75

Insbesondere wird die Einzelfallprüfung des Antrags in ausgewogener und angemessener Weise alle relevanten Umstände der persönlichen Situation der Schwester des Flüchtlings, wie ihr Alter, ihr Bildungsniveau, ihre berufliche und finanzielle Situation sowie ihren Gesundheitszustand zu berücksichtigen haben. Ferner müssen die nationalen Behörden berücksichtigen, dass der Umfang der Bedürfnisse individuell sehr unterschiedlich sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2010, Chakroun, C‑578/08, EU:C:2010:117, Rn. 48), wie auch die konkrete Situation der Flüchtlinge, namentlich die besonderen Schwierigkeiten, mit denen sie bei der Beschaffung von Beweismitteln in ihrem Herkunftsland konfrontiert sind.

76

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, sein nationales Recht und insbesondere § 19 Abs. 4 Buchst. b des Gesetzes von 2007 so weit wie möglich im Einklang mit diesen Anforderungen auszulegen.

77

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, der Schwester eines Flüchtlings die Familienzusammenführung nur dann zu gestatten, wenn diese aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht in der Lage ist, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, sofern

zum einen diese Unfähigkeit unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Flüchtlinge und nach einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände bewertet wird, und

zum anderen, auch unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Flüchtlinge und nach einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände festgestellt werden kann, dass die betroffene Person tatsächlich vom Flüchtling materiell unterstützt wird oder dass der Flüchtling sich als der Familienangehörige erweist, der am besten in der Lage ist, die erforderliche materielle Unterstützung zu leisten.

Kosten

78

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, der Schwester eines Flüchtlings die Familienzusammenführung nur dann zu gestatten, wenn diese aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht in der Lage ist, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, sofern

 

zum einen diese Unfähigkeit unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Flüchtlinge und nach einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände bewertet wird, und

 

zum anderen, auch unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Flüchtlinge und nach einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände festgestellt werden kann, dass die betroffene Person tatsächlich vom Flüchtling materiell unterstützt wird oder dass der Flüchtling sich als der Familienangehörige erweist, der am besten in der Lage ist, die erforderliche materielle Unterstützung zu leisten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Ungarisch.

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