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Document 62018CJ0134

    Urteil des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 14. März 2019.
    Maria Vester gegen Rijksinstituut voor ziekte- en invaliditeitsverzekering.
    Vorabentscheidungsersuchen der Arbeidsrechtbank Antwerpen.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Systeme der sozialen Sicherheit – Leistungen bei Invalidität – Art. 45 und 48 AEUV – Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Verordnung (EG) Nr. 883/2004 – Je nach Mitgliedstaat unterschiedliche Entschädigungsregelungen – ‚Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit‘ – Dauer – Gewährung einer Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit – Nachteile für Wanderarbeitnehmer.
    Rechtssache C-134/18.

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2019:212

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

    14. März 2019 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Systeme der sozialen Sicherheit – Leistungen bei Invalidität – Art. 45 und 48 AEUV – Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Verordnung (EG) Nr. 883/2004 – Je nach Mitgliedstaat unterschiedliche Entschädigungsregelungen – ‚Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit‘ – Dauer – Gewährung einer Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit – Nachteile für Wanderarbeitnehmer“

    In der Rechtssache C‑134/18

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Arbeidsrechtbank Antwerpen (Arbeitsgericht Antwerpen, Belgien) mit Entscheidung vom 8. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Februar 2018, in dem Verfahren

    Maria Vester

    gegen

    Rijksinstituut voor ziekte- en invaliditeitsverzekering

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen (Berichterstatter), des Richters J. Malenovský und der Richterin L. S. Rossi,

    Generalanwalt: Y. Bot,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    von Frau Vester, vertreten durch D. Volders, advocaat,

    der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs, L. Van den Broeck und C. Pochet als Bevollmächtigte,

    der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und C. S. Schillemans als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und M. van Beek als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 45 und 48 AEUV, der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 200, S. 1) sowie der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung Nr. 883/2004 (ABl. 2009, L 284, S. 1).

    2

    Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Maria Vester und dem Rijksinstituut voor ziekte- en invaliditeitsverzekering (Landesinstitut für Kranken- und Invalidenversicherung, im Folgenden: RIZIV) wegen dessen Weigerung, Frau Vester eine Entschädigung wegen Invalidität zu gewähren.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    Verordnung Nr. 883/2004

    3

    Art. 6 in Titel I („Allgemeine Bestimmungen“) der Verordnung Nr. 883/2004 sieht vor:

    „Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, berücksichtigt der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften:

    den Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Dauer oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs,

    von der Zurücklegung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten abhängig machen, soweit erforderlich die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten, als ob es sich um Zeiten handeln würde, die nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind.“

    4

    Art. 11 Abs. 3 Buchst. c in Titel II („Bestimmung des anwendbaren Rechts“) der Verordnung Nr. 883/2004 lautet:

    „Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

    c)

    eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats“.

    5

    Kapitel 5 („Alters- und Hinterbliebenenrenten“) des Titels III der Verordnung Nr. 883/2004 enthält die Art. 50 bis 60.

    6

    Art. 51 („Besondere Vorschriften über die Zusammenrechnung von Zeiten“) Abs. 1 und 2 dieser Verordnung bestimmt:

    „(1)   Ist nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Gewährung bestimmter Leistungen davon abhängig, dass die Versicherungszeiten nur in einer bestimmten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit oder einem Beruf zurückgelegt wurden, für die ein Sondersystem für beschäftigte oder selbstständig erwerbstätige Personen gilt, so berücksichtigt der zuständige Träger dieses Mitgliedstaats die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Zeiten nur dann, wenn sie in einem entsprechenden System, oder, falls es ein solches nicht gibt, in dem gleichen Beruf oder gegebenenfalls in der gleichen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit zurückgelegt wurden.

    Erfüllt die betreffende Person auch unter Berücksichtigung solcher Zeiten nicht die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen im Rahmen eines Sondersystems, so werden diese Zeiten für die Gewährung von Leistungen des allgemeinen Systems oder, falls es ein solches nicht gibt, des Systems für Arbeiter bzw. Angestellte berücksichtigt, sofern die betreffende Person dem einen oder anderen dieser Systeme angeschlossen war.

    (2)   Die im Rahmen eines Sondersystems eines Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungszeiten werden für die Gewährung von Leistungen des allgemeinen Systems oder, falls es ein solches nicht gibt, des Systems für Arbeiter bzw. Angestellte eines anderen Mitgliedstaats berücksichtigt, sofern die betreffende Person dem einen oder anderen dieser Systeme angeschlossen war, selbst wenn diese Zeiten bereits in dem letztgenannten Mitgliedstaat im Rahmen eines Sondersystems berücksichtigt wurden.“

    7

    Art. 52 („Feststellung der Leistungen“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt:

    „(1)   Der zuständige Träger berechnet den geschuldeten Leistungsbetrag:

    a)

    allein nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften, wenn die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch ausschließlich nach nationalem Recht erfüllt wurden (autonome Leistung);

    b)

    indem er einen theoretischen Betrag und im Anschluss daran einen tatsächlichen Betrag (anteilige Leistung) wie folgt berechnet:

    i)

    Der theoretische Betrag der Leistung entspricht der Leistung, auf die die betreffende Person Anspruch hätte, wenn alle nach den Rechtsvorschriften der anderen Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungs- und/oder Wohnzeiten nach den für diesen Träger zum Zeitpunkt der Feststellung der Leistung geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden wären. Ist nach diesen Rechtsvorschriften die Höhe der Leistung von der Dauer der zurückgelegten Zeiten unabhängig, so gilt dieser Betrag als theoretischer Betrag;

    ii)

    Der zuständige Träger ermittelt sodann den tatsächlichen Betrag der anteiligen Leistung auf der Grundlage des theoretischen Betrags nach dem Verhältnis zwischen den nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften vor Eintritt des Versicherungsfalls zurückgelegten Zeiten und den gesamten nach den Rechtsvorschriften aller beteiligten Mitgliedstaaten vor Eintritt des Versicherungsfalls zurückgelegten Zeiten.“

    8

    Art. 57 („Versicherungs- oder Wohnzeiten von weniger als einem Jahr“) Abs. 1 dieser Verordnung lautet:

    „Ungeachtet des Artikels 52 Absatz 1 Buchstabe b) ist der Träger eines Mitgliedstaats nicht verpflichtet, Leistungen für Zeiten zu gewähren, die nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt wurden und bei Eintritt des Versicherungsfalls zu berücksichtigen sind, wenn:

    die Dauer dieser Zeiten weniger als ein Jahr beträgt,

    und

    aufgrund allein dieser Zeiten kein Leistungsanspruch nach diesen Rechtsvorschriften erworben wurde.

    Für die Zwecke dieses Artikels bezeichnet der Ausdruck ‚Zeiten‘ alle Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten, die entweder für den Leistungsanspruch oder unmittelbar für die Leistungshöhe heranzuziehen sind.“

    9

    Art. 65 („Arbeitslose, die in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt haben“) Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 sieht vor:

    „(2)   Eine vollarbeitslose Person, die während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt hat und weiterhin in diesem Mitgliedstaat wohnt oder in ihn zurückkehrt, muss sich der Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats zur Verfügung stellen. …

    (5)   

    a)

    Der in Absatz 2 Sätze 1 und 2 genannte Arbeitslose erhält Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, als ob diese Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gegolten hätten. Diese Leistungen werden von dem Träger des Wohnorts gewährt.“

    Verordnung Nr. 987/2009

    10

    Die Verordnung Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung Nr. 883/2004 enthält in Titel III Kapitel IV Vorschriften über Leistungen bei Invalidität sowie über Alters- und Hinterbliebenenrenten.

    11

    Art. 45 („Beantragung von Leistungen“) der Verordnung Nr. 987/2009 sieht u. a. vor:

    „A.

    Beantragung von Leistungen aufgrund von Rechtsvorschriften des Typs A nach Artikel 44 Absatz 2 der [Verordnung Nr. 883/2004]

    B.

    Beantragung von Leistungen in sonstigen Fällen

    (4)   In anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen stellt der Antragsteller einen entsprechenden Antrag beim Träger seines Wohnorts oder beim Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn galten. …

    …“

    12

    Art. 47 („Bearbeitung der Anträge durch die beteiligten Träger“) der Verordnung Nr. 987/2009 bestimmt u. a.:

    „A.

    Kontakt-Träger

    (1)   Der Träger, an den der Leistungsantrag nach Artikel 45 Absatz 1 oder 4 der [Verordnung Nr. 987/2009] gerichtet oder weitergeleitet wird, wird nachstehend als ‚Kontakt-Träger‘ bezeichnet. …

    Zusätzlich zur Bearbeitung des Leistungsantrags nach den von ihm angewandten Rechtsvorschriften fördert dieser Träger in seiner Eigenschaft als Kontakt-Träger den Austausch von Daten, die Mitteilung von Entscheidungen und die für die Bearbeitung des Antrags durch die beteiligten Träger erforderlichen Vorgänge und übermittelt dem Antragsteller auf Verlangen alle die Gemeinschaftsaspekte der Bearbeitung betreffenden Angaben und hält ihn über den Stand der Bearbeitung seines Antrags auf dem Laufenden.

    B.

    Bearbeitung von Anträgen auf Leistungen aufgrund von Rechtsvorschriften des Typs A nach Artikel 44 der [Verordnung Nr. 883/2004]

    C.

    Bearbeitung sonstiger Leistungsanträge

    (4)   In anderen als den in Absatz 2 genannten Fällen übermittelt der Kontakt-Träger die Leistungsanträge und alle ihm vorliegenden Dokumente sowie gegebenenfalls die vom Antragsteller vorgelegten einschlägigen Dokumente unverzüglich allen beteiligten Trägern, damit diese gleichzeitig mit der Bearbeitung dieses Antrags beginnen können. Der Kontakt-Träger teilt den anderen Trägern die Versicherungs- oder Wohnzeiten mit, die nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind. Er gibt ferner an, welche Dokumente zu einem späteren Zeitpunkt einzureichen sind, und ergänzt den Antrag so bald wie möglich.

    (5)   Jeder beteiligte Träger teilt dem Kontakt-Träger und den anderen beteiligten Trägern so bald wie möglich die Versicherungs- oder Wohnzeiten mit, die nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind.

    (6)   Jeder beteiligte Träger berechnet den Leistungsbetrag nach Artikel 52 der [Verordnung Nr. 883/2004] und teilt dem Kontakt-Träger und den anderen betroffenen Trägern seine Entscheidung, den Leistungsbetrag und alle nach den Artikeln 53 bis 55 der [Verordnung Nr. 883/2004] erforderlichen Angaben mit.

    …“

    Belgisches Recht

    13

    Nach Art. 32 der Gecoördineerde wet betreffende de verplichte verzekering voor geneeskundige verzorging en uitkeringen (Koordiniertes Gesetz über die Gesundheitspflege- und Entschädigungspflichtversicherung) vom 14. Juli 1994 (im Folgenden: ZIV‑wet) sind Arbeitnehmer unter kontrollierter Arbeitslosigkeit unter den in diesem Gesetz vorgesehenen Bedingungen Begünstigte der in Titel III Kapitel III des Gesetzes festgelegten Gesundheitsleistungen.

    14

    Nach Art. 86 § 1 Buchst. c der ZIV-wet sind Arbeitnehmer unter kontrollierter Arbeitslosigkeit unter den in diesem Gesetz vorgesehenen Bedingungen als Berechtigte auch Begünstigte der in Titel IV Kapitel III des Gesetzes festgelegten Arbeitsunfähigkeitsentschädigungen.

    15

    Nach Art. 87 der ZIV-wet erhält der in Art. 86 § 1 erwähnte Berechtigte, der arbeitsunfähig ist, für jeden Werktag eines einjährigen Zeitraums, der mit Beginn seiner Arbeitsunfähigkeit einsetzt, oder für jeden Tag desselben Zeitraums, der einem Werktag gleichgesetzt wird, eine „Entschädigung wegen primärer Arbeitsunfähigkeit“ genannte Entschädigung.

    16

    Nach Art. 93 der ZIV-wet wird bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den Zeitraum primärer Arbeitsunfähigkeit hinaus für jeden Werktag der Arbeitsunfähigkeit oder für jeden Tag, der einem Werktag gleichgesetzt wird, eine „Invaliditätsentschädigung“ genannte Entschädigung gezahlt.

    17

    Für Arbeitsunfähigkeit mit Beginn vor dem 1. Mai 2017 bestimmt Art. 128 § 1 der ZIV‑wet, dass die in Art. 86 § 1 dieses Gesetzes erwähnten Berechtigten nur dann ein Anrecht auf die in Titel IV des Gesetzes vorgesehenen Leistungen haben, wenn sie während eines Zeitraums von sechs Monaten vor dem Datum der Erlangung des Rechts 120 Arbeitstage erreicht haben, und zwar gemäß Art. 203 des Koninklijk besluit tot uitvoering van de wet betreffende de verplichte verzekering voor geneeskundige verzorging en uitkeringen (Königlicher Erlass zur Ausführung des Gesetzes über die Gesundheitspflege- und Entschädigungspflichtversicherung) vom 3. Juli 1996 (Belgisch Staatsblad vom 31. Juli 1996, S. 20285) in der für Arbeitsunfähigkeit mit Beginn vor dem 1. Mai 2017 geltenden Fassung.

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    18

    Die in Belgien wohnhafte niederländische Staatsangehörige Frau Vester arbeitete vom 10. November 1997 bis zum 31. März 2015 in den Niederlanden. Ab dem 2. April 2015 erhielt sie vom zuständigen belgischen Träger Arbeitslosengeld.

    19

    Am 7. April 2015 meldete sich Frau Vester beim zuständigen belgischen Träger arbeitsunfähig. Obwohl sie die Voraussetzungen der belgischen Rechtsvorschriften nicht erfüllte, gewährte ihr der zuständige belgische Träger von diesem Tag bis zum 6. April 2016 gemäß dem in Art. 6 der Verordnung Nr. 883/2004 vorgesehenen Grundsatz der Zusammenrechnung der Versicherungszeiten eine Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit.

    20

    Am 7. April 2016 wurde bei ihr in Belgien die Invalidität anerkannt.

    21

    Mit Schreiben vom 17. Mai 2016 stellte sie beim Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen (Institut zur Auszahlung der Arbeitnehmerversicherungen, Niederlande) (im Folgenden: UWV) einen Antrag auf Gewährung einer Invaliditätsentschädigung in den Niederlanden.

    22

    In seiner Antwort vom 19. Mai 2016 teilte das UWV Frau Vester mit, dass nach den niederländischen Rechtsvorschriften die Anerkennung der Invalidität und die Gewährung der entsprechenden Entschädigung erst nach Ablauf einer „Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit“ von 104 Wochen möglich sei. Da Frau Vester in Belgien nur eine „Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit“ von 52 Wochen zurückgelegt habe, könne ihr das UWV keine solche Entschädigung gewähren; diese könne ihr erst ab dem 4. April 2017 gewährt werden.

    23

    Das RIZIV wies Frau Vester mit Entscheidung vom 18. August 2016 darauf hin, dass sie bei Meldung ihrer Arbeitsunfähigkeit – der die Anerkennung der Invalidität gefolgt sei – erst vier Versicherungstage in Belgien aufgewiesen und damit nicht die Voraussetzungen für eine Invaliditätsentschädigung in Belgien erfüllt habe. Daher lehnte das RIZIV es gemäß Art. 57 der Verordnung Nr. 883/2004 ab, Frau Vester eine Invaliditätsentschädigung zu gewähren. Frau Vester erhob gegen diese Entscheidung Klage beim vorlegenden Gericht.

    24

    Am selben Tag reichte das RIZIV gemäß Art. 47 der Verordnung Nr. 987/2009 einen Leistungsantrag beim UWV ein, der aus den gleichen Gründen, wie sie in Rn. 22 des vorliegenden Urteils genannt sind, abgelehnt wurde.

    25

    Mit Wirkung vom 4. April 2017 – der Tag, an dem Frau Vester die nach den niederländischen Rechtsvorschriften erforderliche „Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit“ von 104 Wochen beendet hatte, während deren sie die einem Arbeitnehmer an und für sich in diesem Zeitraum gewährte Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit nicht erhielt – wurde in den Niederlanden ihre Invalidität anerkannt und ihr vom zuständigen niederländischen Träger eine Invaliditätsentschädigung gewährt.

    26

    Das vorlegende Gericht führt aus, wegen des Unterschieds zwischen den belgischen und den niederländischen Rechtsvorschriften hinsichtlich der Dauer der „Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit“ als Voraussetzung für die Anerkennung der Invalidität in Belgien und in den Niederlanden habe Frau Vester vom 7. April 2016 – dem Ende der „Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit“ nach belgischem Recht – und dem 3. April 2017 – dem Ende der „Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit“ nach niederländischem Recht – keinerlei Entschädigung erhalten. Das vorlegende Gericht bezweifelt, dass eine solche Situation mit den Art. 45 und 48 AEUV vereinbar ist.

    27

    Unter diesen Umständen hat die Arbeidsrechtbank Antwerpen (Arbeitsgericht Antwerpen, Belgien) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    1.

    Verstößt es gegen die Art. 45 und 48 AEUV, wenn der zuletzt zuständige Mitgliedstaat bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf einer Wartezeit von 52 Wochen Arbeitsunfähigkeit, während deren Leistungen bei Krankheit zuerkannt worden sind, aufgrund von Art. 57 der Verordnung Nr. 883/2004 einen Anspruch auf eine Leistung bei Invalidität verneint und der andere, nicht zuletzt zuständige Mitgliedstaat bei der Prüfung des Anspruchs auf anteilsmäßige Leistungen bei Invalidität in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht dieses Mitgliedstaats eine Wartezeit von 104 Wochen anwendet?

    2.

    Ist es in dem Fall mit dem Recht auf Freizügigkeit vereinbar, dass die betreffende Person während dieser Wartezeitlücke auf Sozialhilfe angewiesen ist, oder verpflichten die Art. 45 und 48 AEUV den nicht zuletzt zuständigen Staat dazu, den Anspruch auf Leistungen bei Invalidität nach Ablauf der im Recht des zuletzt zuständigen Staates vorgesehenen Wartezeit zu prüfen, auch wenn das nationale Recht des nicht zuletzt zuständigen Staates dies nicht zulässt?

    Zu den Vorlagefragen

    28

    Mit seinen Vorlagefragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 45 und 48 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Situation wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, in der ein Arbeitnehmer, bei dem nach einjähriger Arbeitsunfähigkeit durch den zuständigen Träger seines Wohnmitgliedstaats die Invalidität anerkannt wurde, ohne dass er nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats eine Entschädigung wegen Invalidität beanspruchen kann, nach den Vorgaben des zuständigen Trägers des Mitgliedstaats, in dem er alle seine Versicherungszeiten zurückgelegt hat, ein weiteres Jahr arbeitsunfähig sein muss, damit seine Invalidität anerkannt wird und ihm anteilsmäßige Leistungen bei Invalidität gewährt werden, ohne dass er während dieses Zeitraums eine Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit erhält.

    29

    Für eine sachgerechte Antwort an das vorlegende Gericht ist vorab darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 883/2004, deren Zweck die Koordinierung der unterschiedlichen nationalen Systeme ist, diese bestehen lässt und kein gemeinsames System der sozialen Sicherheit schafft. Somit sind die Mitgliedstaaten nach ständiger Rechtsprechung weiterhin für die Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit zuständig (vgl. entsprechend Urteile von 21. Februar 2013, Salgado González,C‑282/11, EU:C:2013:86, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. Dezember 2017, Zaniewicz-Dybeck,C‑189/16, EU:C:2017:946, Rn. 38).

    30

    In Ermangelung einer Harmonisierung auf Ebene der Europäischen Union bestimmt somit das Recht eines jeden Mitgliedstaats u. a. die Voraussetzungen für die Begründung von Ansprüchen auf Leistungen (Urteile vom 21. Februar 2013, Salgado González,C‑282/11, EU:C:2013:86, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. Dezember 2017, Zaniewicz-Dybeck,C‑189/16, EU:C:2017:946, Rn. 39).

    31

    Gleichwohl müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Befugnis das Unionsrecht und insbesondere die Bestimmungen des AEU-Vertrags über die jedem Unionsbürger zuerkannte Freiheit beachten, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Urteil vom 21. Februar 2013, Salgado González,C‑282/11, EU:C:2013:86, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. Dezember 2017, Zaniewicz-Dybeck,C‑189/16, EU:C:2017:946, Rn. 40).

    32

    Hierzu ist festzustellen, dass der AEU-Vertrag es einem Erwerbstätigen nicht garantiert, dass die Ausweitung seiner Tätigkeiten auf mehr als einen Mitgliedstaat oder deren Verlagerung in einen anderen Mitgliedstaat hinsichtlich der sozialen Sicherheit neutral ist. Aufgrund der Unterschiede der Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit der Mitgliedstaaten kann eine solche Ausweitung oder Verlagerung für den Erwerbstätigen je nach Einzelfall Vorteile oder Nachteile in Bezug auf den sozialen Schutz haben. Daraus folgt, dass solche Rechtsvorschriften selbst dann, wenn sie somit weniger günstig sind, im Einklang mit den Art. 45 und 48 AEUV stehen, sofern sie den betreffenden Erwerbstätigen im Vergleich zu den Personen, die alle ihre Tätigkeiten in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem diese Vorschriften gelten, oder zu den Personen, die ihnen bereits zuvor unterlagen, nicht benachteiligen und sofern sie nicht lediglich dazu führen, dass Beitragsleistungen erbracht werden, denen kein Anspruch auf Gegenleistungen gegenübersteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Oktober 2009, Leyman,C‑3/08, EU:C:2009:595, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    33

    So hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass der Zweck von Art. 45 AEUV nicht erreicht würde, wenn Wanderarbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verlören, die ihnen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats sichern. Eine solche Folge könnte nämlich den Arbeitnehmer der Union davon abhalten, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, und würde somit diese Freizügigkeit beeinträchtigen (Urteil vom 1. Oktober 2009, Leyman,C‑3/08, EU:C:2009:595, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    34

    Im vorliegenden Fall lässt sich den dem Gerichtshof vorgelegten Akten entnehmen, dass das belgische und das niederländische System der Invaliditätsversicherung die Anerkennung der Invalidität davon abhängig machen, dass der betreffende Arbeitnehmer zuvor eine „Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit“ zurückgelegt hat, während deren er eine Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit erhält. Erst nach Ablauf dieser Wartezeit wird bei dem Arbeitnehmer die Invalidität anerkannt und erhält er eine Entschädigung wegen Invalidität. Die belgischen und die niederländischen Rechtsvorschriften unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der Dauer der Wartezeit, die im einen Fall ein Jahr und im anderen Fall zwei Jahre beträgt.

    35

    Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, hat Frau Vester, die zum Zeitpunkt des 7. April 2015 Arbeitslosengeld nach den belgischen Rechtsvorschriften erhielt und diesen nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 883/2004 unterlag, in Belgien entsprechend diesen Rechtsvorschriften eine „Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit“ von einem Jahr zurückgelegt und während dieser Zeit eine Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit erhalten, und zwar nicht auf der Grundlage ihrer Versicherungszeiten in Belgien, die nicht genügten, sondern gemäß dem Grundsatz der Zusammenrechnung von Versicherungszeiten nach Art. 6 der Verordnung Nr. 883/2004 auf der Grundlage ihrer Versicherungszeiten in den Niederlanden.

    36

    Mit Ablauf dieser Wartezeit erkannte der zuständige belgische Träger bei Frau Vester die Invalidität an, lehnte es aber ab, ihr eine Entschädigung wegen Invalidität zu gewähren.

    37

    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der zuständige Träger eines Mitgliedstaats nach Art. 57 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 die Gewährung von Leistungen für Zeiten ablehnen kann, die nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt wurden, wenn die Dauer dieser Zeiten weniger als ein Jahr beträgt und aufgrund allein dieser Zeiten kein Leistungsanspruch nach diesen Rechtsvorschriften erworben wurde.

    38

    Im vorliegenden Fall steht fest, dass Frau Vester in Belgien keine ausreichenden Beitragsleistungen erbracht hat und eine Entschädigung wegen Invalidität nur auf der Grundlage ihrer Versicherungszeiten in den Niederlanden erhalten konnte.

    39

    Als die belgischen Behörden jedoch dem zuständigen niederländischen Träger gemäß Art. 47 der Verordnung Nr. 987/2009 einen Antrag auf Leistungen bei Invalidität übermittelten, lehnte dieser es ab, bei Frau Vester die Invalidität anzuerkennen und ihr die entsprechende Entschädigung zu gewähren, da sie nicht, wie in den niederländischen Rechtsvorschriften vorgesehen, einen Zeitraum von zwei Jahren Arbeitsunfähigkeit zurückgelegt habe.

    40

    Folglich verlangte dieser Träger, dass Frau Vester entsprechend den niederländischen Rechtsvorschriften ein zweites Jahr „Wartezeit bei Arbeitsunfähigkeit“ zurücklegte, ohne ihr jedoch die entsprechende Entschädigung zu gewähren.

    41

    Zwar unterscheiden die im Ausgangsverfahren fraglichen niederländischen Rechtsvorschriften auf den ersten Blick nicht zwischen Wanderarbeitnehmern und sesshaften Arbeitnehmern, da sie allgemein vorsehen, dass nach Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren Arbeitsunfähigkeit der Übergang zur Invalidität erfolgt. In der Praxis führen sie jedoch dazu, dass Wanderarbeitnehmer in einer Lage wie Frau Vester im zweiten Jahr der Arbeitsunfähigkeit gegenüber sesshaften Arbeitnehmern benachteiligt werden und einen Vorteil der sozialen Sicherheit, den ihnen diese Rechtsvorschriften an sich gewährleisten sollten, verlieren.

    42

    Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich nämlich, dass Arbeitnehmer, die anders als Frau Vester nicht von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben und die die gesamte Zeit der Arbeitsunfähigkeit nach den niederländischen Rechtsvorschriften zurücklegen, während dieses Zeitraums von zwei Jahren vom zuständigen niederländischen Träger eine Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit erhalten.

    43

    Es steht fest, dass Frau Vester diese Entschädigung im zweiten Jahr der Arbeitsunfähigkeit, das sie nach den niederländischen Rechtsvorschriften zurückgelegt hat, nicht erhalten hat.

    44

    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Anwendung der im Ausgangsverfahren fraglichen niederländischen Rechtsvorschriften auf einen Arbeitnehmer in einer Lage wie Frau Vester Wirkungen hat, die mit dem Zweck von Art. 45 AEUV unvereinbar sind und darauf beruhen, dass der Anspruch von Frau Vester auf Leistungen bei Invalidität nacheinander von divergierenden Rechtsvorschriften geregelt wurde.

    45

    Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass der in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit angesichts eines derartigen Unterschieds zwischen den Rechtsvorschriften von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten verlangt, dass sie alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um den Zweck des Art. 45 AEUV zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Oktober 2009, Leyman,C‑3/08, EU:C:2009:595, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    46

    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung, wenn das nationale Recht unter Verstoß gegen das Unionsrecht eine unterschiedliche Behandlung von mehreren Personengruppen vorsieht, die Angehörigen der benachteiligten Gruppe Anspruch auf die gleiche Behandlung und die Anwendung der gleichen Regelung wie die übrigen Betroffenen haben. Die für die Angehörigen der bevorzugten Gruppe geltende Regelung bleibt, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem (Urteil vom 13. Juli 2016, Pöpperl,C‑187/15, EU:C:2016:550, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 28. Juni 2018, Crespo Rey,C‑2/17, EU:C:2018:511, Rn. 73).

    47

    Wie sich aus der Vorlageentscheidung ergibt und bereits in Rn. 42 des vorliegenden Urteils festgestellt wurde, erhalten sesshafte Arbeitnehmer, die nicht von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben und die die gesamte Zeit der Arbeitsunfähigkeit nach den niederländischen Rechtsvorschriften zurücklegen, während dieses gesamten Zeitraums eine Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit.

    48

    Zwar ist es Sache der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, zu bestimmen, welche Mittel im innerstaatlichem Recht am besten geeignet sind, um die Gleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern und sesshaften Arbeitnehmern zu erreichen. Zu betonen ist aber, dass dieses Ziel auf den ersten Blick dadurch erreicht werden könnte, dass auch Wanderarbeitnehmern, die sich in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren fraglichen befinden, während des nach den niederländischen Rechtsvorschriften erforderlichen zweiten Jahres der Arbeitsunfähigkeit eine Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit gewährt wird.

    49

    Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass die Art. 45 und 48 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Situation wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, in der ein Arbeitnehmer, der ein Jahr arbeitsunfähig war und bei dem der zuständige Träger seines Wohnmitgliedstaats die Invalidität anerkannt hat, ohne dass er nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats eine Entschädigung wegen Invalidität beanspruchen kann, nach den Vorgaben des zuständigen Trägers des Mitgliedstaats, in dem er alle seine Versicherungszeiten zurückgelegt hat, ein weiteres Jahr arbeitsunfähig sein muss, damit seine Invalidität anerkannt wird und ihm anteilsmäßige Leistungen bei Invalidität gewährt werden, ohne dass er während dieses Zeitraums eine Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit erhält.

    Kosten

    50

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

     

    Die Art. 45 und 48 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Situation wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, in der ein Arbeitnehmer, der ein Jahr arbeitsunfähig war und bei dem der zuständige Träger seines Wohnmitgliedstaats die Invalidität anerkannt hat, ohne dass er nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats eine Entschädigung wegen Invalidität beanspruchen kann, nach den Vorgaben des zuständigen Trägers des Mitgliedstaats, in dem er alle seine Versicherungszeiten zurückgelegt hat, ein weiteres Jahr arbeitsunfähig sein muss, damit seine Invalidität anerkannt wird und ihm anteilsmäßige Leistungen bei Invalidität gewährt werden, ohne dass er während dieses Zeitraums eine Entschädigung wegen Arbeitsunfähigkeit erhält.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.

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