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Document 62018CC0588

Schlussanträge des Generalanwalts H. Saugmandsgaard Øe vom 12. Dezember 2019.
Federación de Trabajadores Independientes de Comercio (Fetico) u. a. gegen Grupo de Empresas DIA SA und Twins Alimentación SA.
Vorabentscheidungsersuchen der Audiencia Nacional.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Sozialpolitik – Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer – Arbeitszeitgestaltung – Richtlinie 2003/88/EG – Art. 5 und 7 – Wöchentliche Ruhezeit – Jahresurlaub – Bezahlter Sonderurlaub, der es ermöglicht, der Arbeit fernzubleiben, um bestimmten Bedürfnissen und Verpflichtungen nachzukommen.
Rechtssache C-588/18.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2019:1083

 SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE

vom 12. Dezember 2019 ( 1 )

Rechtssache C‑588/18

Federación de Trabajadores Independientes de Comercio (Fetico),

Federación Estatal de Servicios, Movilidad y Consumo de la Unión General de Trabajadores (FESMC‑UGT),

Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO)

gegen

Grupo de Empresas DIA SA,

Twins Alimentación SA

(Vorabentscheidungsersuchen der Audiencia Nacional [Nationaler Gerichtshof, Spanien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2003/88/EG – Arbeitszeitgestaltung – Art. 5 und 7 – Wöchentliche Ruhezeit – Jahresurlaub – Freistellung von der Arbeit – Bezahlter Sonderurlaub – Anderer Zweck des Sonderurlaubs als der der wöchentlichen Ruhezeit oder des Jahresurlaubs – Zusammentreffen von Sonderurlaub mit der wöchentlichen Ruhezeit oder dem Jahresurlaub“

I. Einleitung

1.

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 und Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ( 2 ).

2.

Es ergeht im Rahmen eines Gerichtsverfahrens über die Auslegung von Tarifverträgen zwischen den Gewerkschaften Federación de Trabajadores Independientes de Comercio (Fetico), Federación Estatal de Servicios, Movilidad y Consumo de la Unión General de Trabajadores (FESMC‑UGT) und Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO) (im Folgenden: Gewerkschaften) einerseits und der Unternehmensgruppe DIA SA und Twins Alimentación SA (im Folgenden: Unternehmensgruppe) andererseits, in dem es um die Frage geht, unter welchen Voraussetzungen bezahlter Sonderurlaub, der in Art. 46 des einschlägigen Convenio colectivo del grupo de empresas Dia SA y Twins Alimentación SA (Tarifvertrag für die Unternehmensgruppe DIA SA und Twins Alimentación SA, im Folgenden: Tarifvertrag für die Unternehmensgruppe) ( 3 ) vorgesehen ist und Arbeitnehmern die Erfüllung persönlicher oder familiärer Pflichten ermöglichen soll, in Anspruch genommen werden kann, wenn der den Sonderurlaubsanspruch begründende Sachverhalt mit der wöchentlichen Ruhezeit oder Zeiten bezahlten Jahresurlaubs, die das Unionsrecht garantiert, zusammenfällt.

3.

Die vorliegende Rechtssache gibt dem Gerichtshof Gelegenheit, erneut – ausgehend von der Feststellung, dass bezahlter Sonderurlaub nicht die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer schützen soll, sondern lediglich bezweckt, den Arbeitnehmern zu ermöglichen, in Einzelfällen während ihrer Arbeitszeit eine Freistellung zu beanspruchen – klarzustellen, dass sich die Richtlinie 2003/88 darauf beschränkt, Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung aufzustellen, und den Mitgliedstaaten die Freiheit lässt, in Bereichen, die das Unionsrecht nicht erfasst, für die Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen zu erlassen.

4.

Als Ergebnis meiner Analyse werde ich dem Gerichtshof vorschlagen, daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass nationale Bestimmungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die die Mindestvorschriften der Richtlinie 2003/88 nicht beeinträchtigen können, nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.

5.

Hilfsweise werde ich die Auffassung vertreten, dass die Art. 5 und 7 der Richtlinie 2003/88 nationalen Regelungen und Tarifverträgen nicht entgegenstehen, wonach kein bezahlter Sonderurlaub gewährt wird, wenn die Umstände, die den Anspruch auf ihn begründen, während arbeitsfreier Tage eintreten.

6.

Zu diesem Zweck werde ich zunächst erläutern, weshalb der Anwendungsbereich der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum zeitlichen Zusammenfallen von Urlaubsansprüchen, die auf deren unterschiedliche Zwecke abstellt, um Regeln zum Schutz der von der Richtlinie 2003/88 gewährleisteten Rechte aufzustellen, meiner Ansicht nach nicht auf Fälle ausgedehnt werden muss, in denen der Arbeitnehmer weder zur Arbeit noch zur Erholung imstande ist. Danach möchte ich die Flexibilität der Regelung über die wöchentliche Ruhezeit herausstellen, die ausreicht, um die Ablehnung bezahlten Sonderurlaubs während dieses Zeitraums zu rechtfertigen.

II. Rechtlicher Rahmen

A.   Richtlinie 2003/88

7.

Der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88 lautet:

„Alle Arbeitnehmer sollten angemessene Ruhezeiten erhalten. Der Begriff ‚Ruhezeit‘ muss in Zeiteinheiten ausgedrückt werden, d. h. in Tagen, Stunden und/oder Teilen davon. Arbeitnehmern in der [Union] müssen Mindestruhezeiten – je Tag, Woche und Jahr – sowie angemessene Ruhepausen zugestanden werden. In diesem Zusammenhang muss auch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt werden.“

8.

Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) dieser Richtlinie bestimmt in seinen Abs. 1 und 2:

„(1)   Diese Richtlinie enthält Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung.

(2)   Gegenstand dieser Richtlinie sind

a)

die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten, der Mindestjahresurlaub, die Ruhepausen und die wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie

b)

bestimmte Aspekte der Nacht- und der Schichtarbeit sowie des Arbeitsrhythmus.“

9.

Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie sind:

1.

Arbeitszeit: jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt;

2.

Ruhezeit: jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit;

9.

ausreichende Ruhezeiten: [D]ie Arbeitnehmer müssen über regelmäßige und ausreichend lange und kontinuierliche Ruhezeiten verfügen, deren Dauer in Zeiteinheiten angegeben wird, damit sichergestellt ist, dass sie nicht wegen Übermüdung oder wegen eines unregelmäßigen Arbeitsrhythmus sich selbst, ihre Kollegen oder sonstige Personen verletzen und weder kurzfristig noch langfristig ihre Gesundheit schädigen.“

10.

Art. 5 („Wöchentliche Ruhezeit“) der Richtlinie 2003/88 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jedem Arbeitnehmer pro Siebentageszeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden gemäß Artikel 3 gewährt wird.

Wenn objektive, technische oder arbeitsorganisatorische Umstände dies rechtfertigen, kann eine Mindestruhezeit von 24 Stunden gewählt werden.“

11.

Art. 7 („Jahresurlaub“) der Richtlinie 2003/88 lautet:

„(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.

(2)   Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.“

12.

Art. 15 dieser Richtlinie sieht vor:

„Das Recht der Mitgliedstaaten, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder die Anwendung von für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigeren Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern zu fördern oder zu gestatten, bleibt unberührt.“

13.

Art. 17 („Abweichungen“) der Richtlinie bestimmt in seinen Abs. 1 und 2:

„(1)   Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer können die Mitgliedstaaten von den Artikeln 3 bis 6, 8 und 16 abweichen, wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann, und zwar insbesondere in Bezug auf nachstehende Arbeitnehmer:

a)

leitende Angestellte oder sonstige Personen mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis;

b)

Arbeitskräfte, die Familienangehörige sind;

c)

Arbeitnehmer, die im liturgischen Bereich von Kirchen oder Religionsgemeinschaften beschäftigt sind.

(2)   Sofern die betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher gleichwertigen Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen angemessenen Schutz erhalten, kann im Wege von Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder im Wege von Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern gemäß den Absätzen 3, 4 und 5 abgewichen werden.“

B.   Spanisches Recht

14.

Das Estatuto de los Trabajadores (Arbeitnehmerstatut) in der Fassung des Real Decreto Legislativo 2/2015, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley del Estatuto de los Trabajadores (Königliches Dekret mit Gesetzeskraft 2/2015 zur Billigung der Neufassung des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut) ( 4 ) vom 23. Oktober 2015 (im Folgenden: Arbeitnehmerstatut) bestimmt in seinem Art. 37 („Wöchentliche Ruhezeit, Feiertage und Urlaub“):

„1.   Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine wöchentliche Mindestruhezeit, die für einen Zeitraum von höchstens vierzehn Tagen kumuliert werden kann, in einem Umfang von eineinhalb Tagen ohne Unterbrechung, zu denen in der Regel der Samstagnachmittag oder gegebenenfalls der Montagvormittag und der gesamte Sonntag gehören. Die wöchentliche Ruhezeit für Personen unter 18 Jahren beträgt mindestens zwei Tage ohne Unterbrechung.

3.   Ein Arbeitnehmer kann, nachdem er seine Abwesenheit und die Gründe dafür angezeigt hat, aus folgenden Gründen und für folgende Zeiträume der Arbeit fernbleiben, ohne seinen Entgeltanspruch zu verlieren:

a)

Fünfzehn Kalendertage im Falle einer Heirat.

b)

Zwei Tage wegen der Geburt eines Kindes und wegen des Todes, eines schweren Unfalls, einer schweren Krankheit, eines Krankenhausaufenthalts oder einer häusliche Ruhe erfordernden ambulanten chirurgischen Operation eines bis zum zweiten Grad in gerader Linie verwandten oder verschwägerten Familienangehörigen. Wenn der Arbeitnehmer aus diesem Grund einen Ortswechsel vornehmen muss, beträgt der Zeitraum vier Tage.

c)

Einen Tag wegen Wechsels des gewöhnlichen Wohnsitzes.

d)

Die Zeit, die zur Erfüllung einer zwingenden im öffentlichen Interesse liegenden persönlichen Verpflichtung, einschließlich der Ausübung des aktiven Wahlrechts, absolut erforderlich ist. Sieht eine gesetzliche oder tarifvertragliche Bestimmung einen bestimmten Zeitraum vor, so ist diese für die Dauer der Abwesenheit und den finanziellen Ausgleich hierfür maßgeblich.

e)

Für die Ausübung von Gewerkschafts- oder Personalvertretungsfunktionen gemäß den gesetzlich oder vertraglich festgelegten Bedingungen.

f)

Für die Zeit, die für die Durchführung von Schwangerschaftsuntersuchungen oder Geburtsvorbereitungskursen bzw. im Fall einer Adoption, Adoptions- oder Familienpflege für die Teilnahme an den vorgeschriebenen Informationsveranstaltungen und die Durchführung der für die Erteilung der Eignungserklärung vorgeschriebenen sozialen und psychologischen Begutachtungen absolut notwendig ist, soweit diese jeweils während der Arbeitszeit stattfinden müssen.

…“

15.

Art. 38 („Jahresurlaub“) des Arbeitnehmerstatuts sieht vor:

„1.   Der bezahlte Jahresurlaub, der nicht durch eine finanzielle Abgeltung ersetzt werden kann, wird durch Tarif- oder durch Einzelvertrag festgelegt. Er darf in keinem Fall weniger als dreißig Kalendertage betragen.

2.   Der Zeitraum oder die Zeiträume, in denen der Urlaub genommen werden kann, werden vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer einvernehmlich gegebenenfalls im Einklang mit den tarifvertraglichen Bestimmungen über die Jahresurlaubsplanung festgelegt.

Können sich die Parteien nicht einigen, wird der Termin, an dem der Urlaub genommen wird, durch das Gericht für Arbeitssachen festgelegt, und dessen Entscheidung ist unanfechtbar Das Verfahren wird beschleunigt und mit Vorrang durchgeführt.

3.   In jedem Unternehmen wird ein Urlaubsplan festgelegt. Der Arbeitnehmer erhält von den ihm zustehenden Urlaubsterminen mindestens zwei Monate vor Urlaubsbeginn Kenntnis.

Fällt die Zeit des Urlaubs, die in dem im vorstehenden Unterabsatz erwähnten betrieblichen Urlaubsplan festgelegt ist, mit der Zeit einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit wegen Schwangerschaft, Entbindung oder Stillens oder mit einem Zeitraum zusammen, in dem das Arbeitsverhältnis gemäß Art. 48 Abs. 4, 5 und 7 dieses Gesetzes ruht, besteht ein Recht, den Urlaub zu einem anderen Zeitpunkt als dem der vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit oder der Freistellung, die nach dieser Vorschrift zu gewähren ist, nach dem Ende des Ruhezeitraums in Anspruch zu nehmen, auch wenn das Kalenderjahr, auf das der Urlaub entfällt, abgelaufen ist.

Fällt die Zeit des Urlaubs mit der Zeit einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit wegen anderer unvorhergesehener Ereignisse als den im vorstehenden Unterabsatz genannten zusammen, die den Arbeitnehmer daran hindern, den Urlaub ganz oder teilweise in dem Kalenderjahr zu nehmen, auf das er entfällt, kann der Arbeitnehmer ihn nach dem Ende seiner Arbeitsunfähigkeit nehmen, sofern seit dem Ende des Jahres, in dem er entstanden ist, noch nicht mehr als achtzehn Monate vergangen sind.“

16.

In Art. 46 des Tarifvertrags für die Unternehmensgruppe heißt es:

„I.   Ein/e Arbeitnehmer/in kann, nachdem er/sie seine/ihre Abwesenheit und die Gründe dafür angezeigt hat, aus folgenden Gründen und für folgende Zeiträume der Arbeit fernbleiben, ohne seinen/ihren Entgeltanspruch zu verlieren:

A.

Fünfzehn Kalendertage im Falle einer Heirat, die nach Wahl des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin ab dem Tag des anspruchsbegründenden Ereignisses oder ab dem unmittelbar vorhergehenden Tag genommen werden können.

B.

Drei Tage wegen der Geburt eines Kindes und wegen des Todes, eines schweren Unfalls, einer schweren Krankheit oder eines Krankenhausaufenthalts eines bis zum zweiten Grad in gerader Linie verschwägerten oder verwandten Familienangehörigen. Im Falle des Todes des Ehegatten oder eines Kindes verlängert sich dieser Zeitraum auf fünf Tage. Wenn der/die Arbeitnehmer/in aus diesem Grund einen Ortswechsel vornehmen muss, wird diesem Zeitraum ein Tag hinzugerechnet.

C.

Zwei Tage wegen einer häusliche Ruhe erfordernden ambulanten chirurgischen Operation eines bis zum zweiten Grad in gerader Linie verwandten oder verschwägerten Familienangehörigen. Wenn der/die Arbeitnehmer/in aus diesem Grund einen Ortswechsel vornehmen muss, beträgt dieser Zeitraum vier Tage.

D.

Einen Tag wegen Wechsels des gewöhnlichen Wohnsitzes.

E.

Die Zeit, die zur Erfüllung einer zwingenden im öffentlichen Interesse liegenden persönlichen Verpflichtung, einschließlich der Ausübung des aktiven Wahlrechts, absolut erforderlich ist.

F.

Für die Ausübung von Gewerkschafts- oder Personalvertretungsfunktionen gemäß den gesetzlich oder vertraglich festgelegten Bedingungen.

G.

Für die notwendige und durch entsprechende ärztliche Bescheinigung nachgewiesene Zeit, wenn der/die Arbeitnehmer/in wegen Krankheit während seiner/ihrer Arbeitszeit Behandlung in einer Arztpraxis benötigen.

H.

Die Stunden, die notwendig sind, damit die Arbeitnehmer/innen an Abschlussprüfungen teilnehmen können, wenn sie eine offizielle oder akademische Ausbildung absolvieren. In diesen Fällen müssen sie eine Verwaltungsbescheinigung vorlegen, die ihr Begehren stützt.

I.

Arbeitnehmer können jährlich bis zu drei weitere Tage Sonderurlaub, die einzeln mit einem der unter den Buchst. A, B und D genannten Urlaubstage kombiniert werden können, oder bis zu zwei Tage im Falle des Todes des Ehegatten oder nichtehelichen Lebenspartners oder eines Kindes oder ebenfalls einzeln mit Ausnahme der Regelung in Abs. 1 in folgenden Fällen in Anspruch nehmen:

1)

Ein Tag oder acht Stunden pro Jahr gegen Vorlage der ärztlichen Bescheinigung über die aufgewandte Zeit, um ein Kind unter 16 Jahren während der Arbeitszeit des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zu einer Behandlung in einer Arztpraxis zu begleiten.

2)

Heirat von bis zum zweiten Grad in gerader Linie verwandten oder verschwägerten Familienangehörigen.

3)

Führerscheinprüfung und Unterzeichnung notarieller Urkunden, die zum Kauf oder Verkauf einer Wohnung durch den/die Arbeitnehmer/in erforderlich sind, wenn dies persönlich vorgenommen werden muss und in die Arbeitszeit des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin fällt.

II.   Hinsichtlich der Freistellungen mit Ausnahme der Freistellung gemäß Buchst. A haben nichteheliche Lebensgemeinschaften dieselben Rechte, sofern sie im einschlägigen amtlichen Register ordnungsgemäß eingetragen sind und der/die Arbeitnehmer/in eine Bescheinigung darüber beibringt, die den einschlägigen Vorschriften der betreffenden Autonomen Gemeinschaft entspricht.

III.   Der/die Arbeitnehmer/in muss seinen/ihren unmittelbaren Vorgesetzten so früh wie möglich unterrichten, damit die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden können und ihm/ihr die Freistellung gewährt wird, und eine glaubwürdige Bescheinigung über den Grund für die gewährte oder zu gewährende Freistellung vorlegen.

IV.   Ein Ortswechsel im Sinne dieses Artikels liegt vor, wenn der/die Arbeitnehmer/in zwischen seinem/ihrem gewöhnlichen Wohnsitz und dem Bestimmungsort mehr als 150 km zurücklegen muss.“

17.

Der Código Civil (Zivilgesetzbuch) wiederum sieht zum einen in seinem Art. 4 Abs. 3 vor, dass „[d]ie Bestimmungen dieses Gesetzbuchs … ergänzend in durch andere Gesetze geregelten Bereichen [gelten]“, und zum anderen in seinem Art. 5 Abs. 2, dass „[b]ei der Berechnung von Fristen im Zivilrecht … arbeitsfreie Tage nicht ausgenommen [sind]“.

III. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefragen

18.

Mit drei getrennten Klagen, die durch Entscheidung der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) verbunden worden sind, beantragen drei Gewerkschaften beim vorlegenden Gericht die Feststellung, dass der in Art. 46 des Tarifvertrags der Unternehmensgruppe vorgesehene bezahlte Sonderurlaub mit Ausnahme des Urlaubs wegen Heirat in einer Zeit genommen werden muss, in der der betreffende Arbeitnehmer für das Unternehmen arbeiten muss ( 5 ), und zwar sowohl der erste als auch alle anderen Tage des Urlaubs. Hinsichtlich des Urlaubs wegen Heirat fordern die Gewerkschaften, dass dieser Urlaub an einem Tag beginnt, an dem der Arbeitnehmer für das Unternehmen arbeiten muss.

19.

Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die wöchentliche Ruhezeit der Arbeitnehmer und der bezahlte Jahresurlaub in Art. 37 Abs. 1 sowie in Art. 38 des Arbeitnehmerstatuts geregelt seien, mit denen die Bestimmungen der Richtlinie 2003/88 zu Bedingungen umgesetzt worden seien, die über die vom Unionsrecht geforderten Mindestzeiträume hinausgingen ( 6 ).

20.

Es weist darauf hin, dass Art. 46 des Tarifvertrags der Unternehmensgruppe Art. 37 Abs. 3 des Arbeitnehmerstatuts, der den Arbeitnehmern einen Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub einräume, zu großzügigeren Bedingungen umsetze. Der bezahlte Sonderurlaub solle bestimmten Freistellungsbedürfnissen von Arbeitnehmern entgegenkommen – wie u. a. bei der Geburt eines Kindes, bei einem Krankenhausaufenthalt, bei einer Operation oder beim Tod eines nahen Angehörigen sowie bei der Wahrnehmung gewerkschaftlicher Mandate –, die während der Durchführung des Arbeitsverhältnisses aufträten und rechtfertigten, dass der Anspruch eingeräumt werde, der Arbeit fernzubleiben, ohne den Entgeltanspruch zu verlieren.

21.

Das vorlegende Gericht bemerkt, dass die Dauer des Urlaubs wegen Heirat in Art. 46 des Tarifvertrags der Unternehmensgruppe und in Art. 37 des Arbeitnehmerstatuts in Kalendertagen angegeben sei. Dort würden weder Einzelheiten zu den anderen Arten bezahlten Sonderurlaubs noch der Zeitpunkt des Beginns des Urlaubs wegen Heirat genannt.

22.

Art. 5 Abs. 2 des Zivilgesetzbuchs, der in Ermangelung spezieller Vorschriften anwendbar sei, sehe allerdings vor, dass Feiertage bei der Berechnung von Fristen im Zivilrecht nicht ausgenommen würden.

23.

Das vorlegende Gericht stellt fest, dass der erste Tag des Sonderurlaubs nach der üblichen Praxis der Unternehmensgruppe der Tag des anspruchsbegründenden Ereignisses sei, unabhängig davon, ob es sich um einen Arbeitstag handele oder nicht ( 7 ), und der Sonderurlaub in Kalendertagen berechnet werde.

24.

Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die Gewerkschaften ihre Klage auf das Urteil Nr. 145/2018 des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) vom 13. Februar 2018 stützten, das keine gefestigte Rechtsprechung darstelle. Nach diesem Urteil, das die Regelung über bezahlten Sonderurlaub in einem Branchentarifvertrag ( 8 ) betreffe, verschiebe sich der Beginn des Sonderurlaubs, wenn die anspruchsbegründende Tatsache an einem arbeitsfreien Tag ( 9 ) eintrete, auf den nächsten Arbeitstag.

25.

Das vorlegende Gericht betont, dass eine Abweisung der Klage der Gewerkschaften zur Folge hätte, dass die Arbeitnehmer den Verpflichtungen, für die der bezahlte Sonderurlaub geschaffen worden sei, während vom Unionsrecht garantierter Ruhezeiten nachkommen müssten.

26.

Daher wirft das vorlegende Gericht die Frage nach der Reichweite der Auslegung des in den Art. 5 und 7 der Richtlinie 2003/88 verankerten Rechts auf wöchentliche Ruhezeiten und Jahresurlaub auf, dessen Zweck, nämlich die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer wirksam zu schützen, durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs konkretisiert worden ist.

27.

Das vorlegende Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Gerichtshof bereits entschieden habe, dass ein vom Unionsrecht gewährleisteter Urlaub nicht das Recht beeinträchtigen dürfe, einen anderen unionsrechtlich gewährleisteten Urlaub zu nehmen, und jede Abweichung von der durch die Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Unionsregelung über die Arbeitszeitgestaltung so ausgelegt werden müsse, dass ihr Anwendungsbereich auf das beschränkt werde, was zur Wahrung der Interessen, deren Schutz die betreffende Abweichung ermögliche, unbedingt erforderlich sei.

28.

Das vorlegende Gericht bemerkt ferner, dass der bezahlte Sonderurlaub nach Art. 37 Abs. 3 des Arbeitnehmerstatuts bezwecke, Freistellungsbedürfnissen aus persönlichen oder staatsbürgerlichen Gründen entgegenzukommen, von denen einige mit der Freiheit, sich gewerkschaftlich zu betätigen, oder familiären Pflichten in Zusammenhang stünden.

29.

Wenn eines der in Art. 37 Abs. 3 des Arbeitnehmerstatuts aufgezählten Freistellungsbedürfnisse während der wöchentlichen Ruhezeit oder während des Jahresurlaubs einträten, überlagerten sich daher zwei unterschiedliche Zwecke. Wenn in diesem Fall anzunehmen wäre, dass es nicht möglich sei, den bezahlten Sonderurlaub zu einem anderen Zeitpunkt außerhalb der Ruhezeit in Anspruch zu nehmen, würde die Ruhezeit ausgehöhlt, da die Arbeitnehmer ihre wöchentliche Ruhezeit oder ihre Ferien dafür verwenden müssten, die Probleme zu lösen, die durch den Eintritt des Freistellungsbedürfnisses verursacht worden seien, für das der bezahlte Sonderurlaub geschaffen worden sei.

30.

Das vorlegende Gericht hat daher Zweifel, ob es mit den Art. 5 und 7 der Richtlinie 2003/88 im Einklang steht, dass Arbeitnehmern der Anspruch auf Urlaub, der in Art. 37 Abs. 3 des Arbeitnehmerstatuts geregelt und in Art. 46 des Tarifvertrags der Unternehmensgruppe vorgesehen ist, verwehrt wird, wenn das Freistellungsbedürfnis, für das er gewährt wird, zur selben Zeit auftritt wie die wöchentliche Ruhezeit oder der bezahlte Jahresurlaub, die von dieser Richtlinie vorgesehen sind. Es wirft außerdem die Frage auf, ob für den Fall der Gleichzeitigkeit Maßnahmen vorgesehen werden sollten, um zu gewährleisten, dass die Mindestruhezeiten, die diese Richtlinie vorsieht, tatsächlich in Anspruch genommen werden.

31.

Unter diesen Umständen hat die Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Art. 5 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die gestattet, dass die wöchentlichen Ruhezeiten mit bezahlten Freistellungen, die anderen Zwecken als der Erholung dienen, zusammenfallen?

2.

Ist Art. 7 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die gestattet, dass der Jahresurlaub mit bezahlten Freistellungen, die anderen Zwecken als der Erholung, Entspannung und Freizeit dienen, zusammenfällt?

32.

Die Gewerkschaften, die Unternehmensgruppe, die spanische Regierung und die Europäische Kommission haben beim Gerichtshof schriftliche Erklärungen eingereicht. Sie haben in der Sitzung vom 24. September 2019 mündlich verhandelt.

IV. Würdigung

33.

Mit seinen beiden Vorlagefragen möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob die Art. 5 und 7 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Regelungen und Tarifverträgen entgegenstehen, wonach kein bezahlter Sonderurlaub gewährt wird, wenn eines der Freistellungsbedürfnisse, für das er vorgesehen ist, während einer wöchentlichen Ruhezeit oder während des Jahresurlaubs eintritt.

34.

Die Grundlagen, auf denen diese Fragen beruhen, sollten meines Erachtens hervorgehoben werden. Das vorlegende Gericht stellt nämlich zum einen die Frage des Zusammenfallens von in der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Ruhezeiten und den Ereignissen aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers, die nach den einschlägigen nationalen Bestimmungen die Inanspruchnahme von bezahltem Sonderurlaub gerechtfertigt hätten, wenn sie während seiner Arbeitszeit eingetreten wären, und zum anderen die Frage, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Wirksamkeit der in der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Ruhezeiten zu gewährleisten ( 10 ).

35.

Daher halte ich es für erforderlich, zu klären, welchen Gegenstand die Vorlagefragen haben, bevor ich auf die möglichen Antworten eingehe.

A.   Zum Gegenstand der Vorlagefragen

36.

Das vorlegende Gericht begründet sein Vorabentscheidungsersuchen mit der Gefahr einer Beeinträchtigung der vom Unionsrecht garantierten Mindestruhezeiten ( 11 ), da mit dem bezahlten Sonderurlaub andere Zwecke verfolgt würden als mit dem Jahresurlaub und der wöchentlichen Ruhezeit ( 12 ). Es stützt sein Ersuchen auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Überschneidung des Jahresurlaubsanspruchs mit u. a. dem im Fall einer Erkrankung gewährten Urlaub ( 13 ).

37.

Diese Anknüpfung an die Rechtsprechung des Gerichtshofs, die das Recht auf Jahresurlaub aus Gründen schützt, die mit der Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers zusammenhängen, ist jedoch meines Erachtens fragwürdig, da sie sich allein aus der Feststellung des vorlegenden Gerichts ergibt, dass die Urlaubsansprüche unterschiedliche Zwecke verfolgten.

38.

Zudem lassen sich meiner Ansicht nach aus dem Urteil vom 19. November 2019, TSN und AKT ( 14 ), in dem es um die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 im Zusammenhang mit nationalen Rechtsvorschriften und Tarifverträgen geht, die die Gewährung von bezahltem Jahresurlaub vorsehen, der über die in dieser Bestimmung vorgesehene Mindestdauer von vier Wochen hinausgeht, bei Erkrankung des Arbeitnehmers aber eine Gutschrift sämtlicher über diese Mindestdauer hinausgehenden Urlaubstage oder eines Teils davon ausschließen ( 15 ), neue Erkenntnisse ableiten.

39.

Unter diesen Umständen halte ich es für notwendig, zu prüfen, ob bezahlter Sonderurlaub in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88 fällt, bevor auf die Frage eingegangen wird, ob sich die Rechtsprechung des Gerichtshofs, die aus den unterschiedlichen Zwecken von Urlaubsansprüchen Folgerungen ableitet, auf den Fall der Gewährung bezahlten Sonderurlaubs übertragen lässt.

B.   Zum Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88

40.

Unter anderem aus dem Wortlaut von Art. 1 der Richtlinie 2003/88 geht hervor, dass diese bezweckt, durch eine Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften über die Begrenzung der Arbeitszeit ( 16 ), die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten, den Jahresurlaub und zusätzlichen Schutz für Nachtarbeiter Mindestvorschriften für alle Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten festzulegen.

41.

Diese Richtlinie enthält keine besonderen Bestimmungen über Freistellungen während der Arbeitszeit, die gegebenenfalls ohne Entgeltausfall aus anderen Gründen zu gewähren sind als die, die auf die Sicherheit und die Gesundheit des Arbeitnehmers abstellen ( 17 ) und mit der Akkumulation von Zeiträumen der Arbeitsleistung für einen Arbeitgeber korrelieren ( 18 ).

42.

Art. 15 der Richtlinie 2003/88 belässt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, für die Arbeitnehmer günstigere Vorschriften einzuführen, die mit den Vorschriften dieser Richtlinie zum Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer vergleichbar sind ( 19 ). Dies ist vorliegend im spanischen Recht der Fall, was die wöchentlichen Ruhezeiten und den Jahresurlaub betrifft, die dem vorlegenden Gericht zufolge über die vom Unionsrecht vorgesehenen Mindestzeiträume hinausgehen, nicht aber hinsichtlich des bezahlten Sonderurlaubs ( 20 ).

43.

Der Sonderurlaub tritt zwar zu dem von der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Jahresurlaub hinzu, ist aber von anderer Art und verfolgt andere Zwecke. Denn beim Sonderurlaub handelt sich um eine Gestattung der Unterbrechung der Erfüllung des Arbeitsvertrags für eine Dauer von einigen Stunden bis zu mehreren Tagen, und er bezweckt eine bessere Vereinbarkeit der beruflichen Pflichten des Arbeitnehmers mit Pflichten aus seiner privaten oder familiären Sphäre an Tagen, an denen der Arbeitnehmer für das Unternehmen arbeiten muss.

44.

Der Arbeitnehmer kann somit diesen bezahlten Sonderurlaub auf seinen Antrag hin aus Gründen beanspruchen, die nichts mit der beruflichen Tätigkeit zu tun haben ( 21 ). Ihr Vergleich mit den Vorschriften der Richtlinie 2003/88 zeigt klar, dass damit nicht die Sicherheit oder der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung geschützt werden soll.

45.

Folglich stelle ich erstens fest, dass der spanische Gesetzgeber mit der Gewährung bezahlten Sonderurlaubs nicht von der Befugnis Gebrauch gemacht hat, die den Mitgliedstaaten durch Art. 15 dieser Richtlinie eingeräumt worden ist ( 22 ).

46.

Der spanische Gesetzgeber hat somit, als er von sich aus zugunsten der Arbeitnehmer Ansprüche geschaffen hat, die ein anderes Ziel verfolgen als die Richtlinie 2003/88, seine Zuständigkeit außerhalb des von dieser Richtlinie geregelten Bereichs ausgeübt ( 23 ).

47.

Insoweit muss der Geltungsbereich des Urteils vom 19. November 2019, TSN und AKT ( 24 ), zu Urlaubsansprüchen, die über die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 vorgesehene Mindestdauer hinausgehen, berücksichtigt werden. Dem Gerichtshof zufolge fallen diese Ansprüche, die von den Mitgliedstaaten oder den Sozialpartnern aufgrund der in Art. 15 der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Befugnis gewährt werden ( 25 ), oder auch die Bedingungen für eine Gutschrift im Fall der Erkrankung während des Urlaubs in die den Mitgliedstaaten verbliebene Zuständigkeit und sind weder durch diese Richtlinie geregelt, noch fallen sie in deren Anwendungsbereich ( 26 ).

48.

Ich stelle fest, dass in diesem Urteil eindeutig darauf hingewiesen wird, dass die Mitgliedstaaten, wenn die Unionsrechtsbestimmungen in dem betreffenden Bereich einen Aspekt nicht regeln und den Mitgliedstaaten keine besondere Verpflichtung auferlegen, ihre Zuständigkeit weiter frei ausüben können.

49.

Daher bin ich der Auffassung, dass sich die Lösung, die in diesem Urteil für den Anspruch auf den in der Richtlinie 2003/88 vorgeschriebenen Jahresurlaub entwickelt worden ist, im Wege eines „Erst recht“-Schlusses übertragen lässt, wenn die fraglichen Bestimmungen von den Mitgliedstaaten oder den Sozialpartnern in einem ganz anderen Bereich erlassen worden sind als dem, der vom Unionsrecht erfasst wird.

50.

Was zweitens die Grenze betrifft, die den Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit gezogen ist und auf die der Gerichtshof im Urteil vom 19. November 2019, TSN und AKT, hingewiesen hat ( 27 ), nämlich eine eventuelle Beeinträchtigung des durch Art. 7 der Richtlinie 2003/88 gewährleisteten Mindestschutzes ( 28 ), so bin ich der Ansicht, dass der Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub, der dem Arbeitnehmer gewährt wird, um die Vereinbarkeit zwischen seinem Privatleben und seinen beruflichen Zwängen zu erleichtern, als solcher die Befugnis, sein Recht auf wöchentliche oder jährliche Ruhe- und Erholungszeiten auszuüben, das das einzige von der Richtlinie 2003/88 verfolgte Ziel ist, nicht zu beeinträchtigen vermag ( 29 ). Denn in Ermangelung konkreter, dem Gerichtshof zur Kenntnis gebrachter Fälle ist schwer vorstellbar, wie vom nationalen Gesetzgeber vorgesehene zusätzliche Urlaubsansprüche, die dem Arbeitnehmer über die von der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Mindestansprüche hinaus ( 30 ) zur Verfügung stehen, die von dieser Richtlinie vorgesehenen Ruhe- und Erholungsansprüche beeinträchtigen könnten ( 31 ).

51.

Weiter der Linie des Urteils vom 19. November 2019, TSN und AKT ( 32 ), folgend, stelle ich auch keine Beeinträchtigung der Kohärenz der Richtlinie 2003/88 oder der von ihr verfolgten Ziele fest ( 33 ). Hätte nämlich der nationale Gesetzgeber keine Ansprüche auf bezahlten Sonderurlaub geschaffen, damit dem Arbeitnehmer gestattet werden kann, auf seinen Antrag hin von der Arbeit fernzubleiben, wenn ein in seiner persönlichen Sphäre liegendes Ereignis während seiner Arbeitszeit eintritt, würde sich die Frage der Wirksamkeit des Jahresurlaubs oder der wöchentlichen Ruhezeit bei Eintritt dieses Ereignisses unionsrechtlich nicht stellen.

52.

Diese Feststellung verdeutlicht meiner Meinung nach, dass im vorliegenden Fall eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit des Jahresurlaubs oder der wöchentlichen Ruhezeit nur denkbar wäre, wenn man annähme, dass jedes Ereignis, das den Arbeitnehmer daran hindern könnte, uneingeschränkt in den Genuss einer Ruhe- oder Erholungszeit zu kommen, für ihn einen Anspruch auf zusätzlichen Urlaub begründet, damit der Zweck des Jahresurlaubs geschützt ist ( 34 ).

53.

Das ist jedoch nicht das von der Richtlinie 2003/88 verfolgte Ziel. Ihre Vorschriften sind das Ergebnis der Bemühungen, zwischen der Arbeitszeit und den Mindestruhezeiten ( 35 ) im Hinblick auf die künftige Fortführung der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers ein angemessenes Gleichgewicht herzustellen ( 36 ). Sie verleihen dem Arbeitnehmer im Ergebnis nur das Recht, vom Arbeitgeber zu verlangen, dass er die Ruhezeiten gewährt, die von dieser Richtlinie gewährleistet werden.

54.

Darüber hinaus darf der Mindestschutz, der den Arbeitnehmern aufgrund von Art. 5 und Art. 7 der Richtlinie 2003/88 gewährleistet ist, nicht unterschiedlich hoch sein, je nachdem, ob die Mitgliedstaaten besondere Vorschriften, die den in Spanien geltenden vergleichbar sind, erlassen oder nicht.

55.

Aus all diesen Erwägungen leite ich ab, dass die Vorlagefragen nicht dazu führen dürfen, dass der Gerichtshof die Bedingungen überprüft, unter denen ein vom nationalen Gesetzgeber geregelter Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub entsteht, da dieser Anspruch nicht mit der Fähigkeit des Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen, zusammenhängt und als solcher die Wirksamkeit des durch die Richtlinie 2003/88 garantierten Rechts auf wöchentliche Ruhezeiten oder Jahresurlaub oder das von dieser Richtlinie verfolgte Ziel nicht beeinträchtigen kann.

56.

Ich werde daher dem Gerichtshof vorschlagen, in erster Linie zu entscheiden, dass nationale Regelungen oder Tarifverträge, wonach einem Arbeitnehmer bezahlter Sonderurlaub gewährt wird, damit er an Arbeitstagen der Arbeit fernbleiben darf, um seine persönlichen oder familiären Pflichten zu erfüllen, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88 fallen.

57.

Sollte der Gerichtshof allerdings diese Auffassung nicht teilen, weil er der Ansicht ist, dass es ausreicht, wenn geltend gemacht wird, dass von den fraglichen nationalen Vorschriften die Gefahr einer Beeinträchtigung des Zwecks der von der Richtlinie garantierten Mindestruhezeit ausgeht ( 37 ), und diese Gefahr durch eine Verschiebung des von dieser Richtlinie garantierten Urlaubs auf einen anderen Zeitpunkt ausgeschlossen werden kann ( 38 ), wird er entscheiden müssen, ob sich seine Rechtsprechung, die bei Überschneidung von Urlaubsansprüchen auf die unterschiedlichen Urlaubszwecke abstellt, auf bezahlten Sonderurlaub übertragen lässt.

58.

Ich werde daher nun die Gesichtspunkte darstellen, die ich dem Gerichtshof zur Prüfung vorschlagen möchte. In Ermangelung von Rechtsprechung zu einem Fall, in dem Urlaubsansprüche und Ansprüche auf wöchentliche Ruhezeiten zusammenfallen, werde ich diese Fallgestaltung nach der Fallgestaltung prüfen, in der ein Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub mit Jahresurlaub zusammenfällt.

C.   Zur Anwendung der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei zeitlichem Zusammenfallen von zwei Urlaubsansprüchen

59.

Die vom Gerichtshof zu entscheidende Grundsatzfrage ist meines Erachtens, ob die im Fall des zeitlichen Zusammenfallens mit dem Recht auf Jahresurlaub vorzunehmende Ermittlung des Urlaubszwecks auf bezahlten Sonderurlaub ausgedehnt werden muss, wie es der Gerichtshof für den Genesungsurlaub ( 39 ) angenommen hat, der als Urlaub den „Gesundheitszustand der Arbeitnehmer“ verbessern soll ( 40 ), der sie an der Arbeit hindert. Mit anderen Worten geht es darum, festzustellen, was es rechtfertigt, allgemein auf das Kriterium des Zwecks von Urlaubsansprüchen zurückzugreifen, wenn sich Urlaubsansprüche im Rahmen der Durchführung des Arbeitsvertrags überschneiden ( 41 ).

60.

Ich werde daher diese Rechtsprechung in ihren Grundzügen darstellen, um das sich aus ihr ergebende Hauptkriterium herauszuarbeiten, bevor ich prüfen werde, ob sie auf das Recht auf bezahlten Sonderurlaub ausgedehnt werden kann.

1. Zu dem sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Kriterium der unterschiedlichen Zwecke von Urlaubsansprüchen

61.

Da der zusätzliche bezahlte Sonderurlaub vom nationalen Gesetzgeber in einem nicht vom Unionsrecht geregelten Bereich eingeführt worden ist ( 42 ), ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu einem ähnlichen Fall heranzuziehen, nämlich zur Überschneidung von Jahresurlaub mit Krankheitsurlaub ( 43 ) oder Genesungsurlaub ( 44 ), die vom nationalen Recht geregelt werden. Nach dieser Rechtsprechung muss der Zweck der nebeneinander bestehenden Urlaubsansprüche ermittelt werden.

62.

Insoweit hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. Juni 2016, Sobczyszyn ( 45 ), die anzustellenden Erwägungen noch einmal deutlich herausgestellt, die von der Feststellung ausgehen, dass „[d]er Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub, der darin liegt, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen, … vom Zweck des Anspruchs auf Krankheitsurlaub ab[weicht], der dem Arbeitnehmer die Genesung von einer Krankheit ermöglichen soll“ ( 46 ).

63.

An diese Feststellung schließt sich die gefestigte Ableitung an, dass „[i]n Anbetracht dieser unterschiedlichen Zwecke der beiden Urlaubsarten … ein Arbeitnehmer, der sich während eines im Voraus festgelegten bezahlten Jahresurlaubs im Krankheitsurlaub befindet, berechtigt ist, den Jahresurlaub auf seinen Antrag zu einer anderen als der mit dem Krankheitsurlaub zusammenfallenden Zeit zu nehmen, damit er ihn tatsächlich in Anspruch nehmen kann“ ( 47 ).

64.

Folglich muss nach Ansicht des Gerichtshofs geprüft werden, ob diese Überlagerung der beiden fraglichen Urlaubsarten unter Berücksichtigung ihres gegebenenfalls unterschiedlichen Zwecks dem entgegenstehen kann, dass der vom Arbeitnehmer erworbene Jahresurlaub zu einem späteren Zeitpunkt genommen wird ( 48 ).

65.

Reicht insoweit die Feststellung, dass die Urlaubsarten verschiedene Zwecke haben, für die Annahme aus, dass die vom Arbeitnehmer erworbenen Jahresurlaubsansprüche beeinträchtigt werden können?

66.

Ich glaube dies nicht. Denn neben der Feststellung des eigenständigen Zwecks des jeweiligen Urlaubsanspruchs stellt die Unterbrechung der Erfüllung des Arbeitsvertrags ( 49 ) die Basis der Rechtsprechung des Gerichtshofs dar, die die Wirksamkeit des von der Richtlinie vorgesehenen Jahresurlaubs schützt ( 50 ). Dieser beruht auf mehreren gefestigten Grundsätzen.

67.

An erster Stelle hat der Gerichtshof das gemeinsame Ziel berücksichtigt, die Gesundheit des Arbeitnehmers mit zwei Arten von Urlaub zu schützen, zum einem dem Jahresurlaub, zum anderen dem Urlaub wegen Krankheit, wozu der Arbeitgeber sowohl nach der Richtlinie 2003/88 als auch nach dem Übereinkommen Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub (Neufassung) verpflichtet ist ( 51 ).

68.

An zweiter Stelle hat der Gerichtshof die Merkmale des Krankheitsurlaubs hervorgehoben, die zur Folge haben, dass sich die positive Wirkung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub für die Sicherheit und die Gesundheit des Arbeitnehmers nicht vollständig entfalten kann ( 52 ). Es handelt sich um die unmittelbar auf den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers zurückzuführende Arbeitsunfähigkeit, das Vorliegen physischer oder psychischer Beschwerden ( 53 ), die Unvorhersehbarkeit des Eintretens dieser Arbeitsunfähigkeit, den Umstand, dass sie vom Willen des Arbeitnehmers unabhängig ist ( 54 ), und den Umstand, dass das Arbeitsverhältnis nicht ruht ( 55 ).

69.

Konkret besteht kein Zweifel daran, dass der kranke Arbeitnehmer unter solchen Umständen nicht nur arbeitsunfähig ist, sondern auch unfähig, „sich … von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und … über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen“ ( 56 ), und zwar Hinblick auf die künftige Fortführung seiner beruflichen Tätigkeit ( 57 ).

70.

Somit war meines Erachtens die Koexistenz von zwei Urlaubsansprüchen, die ausschließlich die Sicherheit und die Gesundheit des Arbeitnehmers durch eine Pflicht, nicht zu arbeiten, schützen sollen, die Rechtfertigung dafür, dass der Gerichtshof angenommen hat, dass sie unabhängig voneinander ausgeübt werden.

71.

An dritter Stelle hat der Gerichtshof daraus abgeleitet, dass der Jahresurlaub auf einen anderen Zeitpunkt verschoben werden muss, damit ihn der Arbeitnehmer „tatsächlich in Anspruch nehmen“ kann ( 58 ). In diesem Zusammenhang halte ich es wegen der in der Vorlageentscheidung genannten Gründe für angezeigt, den Sinn dieses Ausdrucks klarzustellen ( 59 ). Denn diese Gründe lassen ein Konzept sichtbar werden, wonach sich der Arbeitnehmer während einer Ruhe- oder Erholungszeit zwingend erholen muss ( 60 ).

72.

Eine solche Auslegung lässt sich jedoch nicht aus den Bestimmungen der Richtlinie 2003/88 ableiten, zum einen wegen der Definitionen von „Ruhezeit“ und „ausreichende Ruhezeiten“, die sich aus Art. 2 dieser Richtlinie in Verbindung mit ihrem fünften Erwägungsgrund ergeben. Insoweit hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Begriffe „Arbeitszeit“ und „Ruhezeit“ einander ausschließen ( 61 ).

73.

Zum anderen ist daran zu erinnern, dass Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie insbesondere gewährleisten soll, dass der Arbeitnehmer über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen kann, damit ein wirksamer Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit gewährleistet ist, in dem er vorsieht, dass der bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf.

74.

Um die Wirksamkeit des von dieser Richtlinie vorgesehenen Urlaubsanspruchs zu gewährleisten, genügt es folglich, dass die von den Mitgliedstaaten erlassenen Maßnahmen ( 62 ) vom Arbeitgeber umgesetzt werden ( 63 ). Konkret wird allein die dem Arbeitnehmer eingeräumte Befugnis, für die Zeit des Jahresurlaubs von der Arbeit fernzubleiben, geschützt, wenn er diese Befugnis aus von seinem Willen unabhängigen Gründen nicht ausüben kann ( 64 ).

75.

Hierfür lässt sich außerdem anführen, dass der von einem Arbeitnehmer erworbene Anspruch auf Jahresurlaub zur Folge hat, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein finanzieller Ausgleich geschuldet wird, damit dieser Anspruch nicht in seinem Wesensgehalt beeinträchtigt wird ( 65 ). Dass eine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer diese Befugnis nicht in Anspruch nehmen konnte ( 66 ), bestätigt, dass es nicht darum geht, ob die Erholung in dem Sinne wirksam war, dass sie tatsächlich positive Wirkungen hatte oder – mit anderen Worten – ob sich der Arbeitnehmer während der Zeit des Jahresurlaubs tatsächlich erholt oder entspannt hat.

76.

Es genügt, dass der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber keiner Verpflichtung unterliegt, die ihn daran hindern kann, frei und ohne Unterbrechung seinen eigenen Interessen nachzugehen ( 67 ).

77.

Im Licht dieser Erwägungen möchte ich die Prüfung fortsetzen, ob diese Rechtsprechung auf das Recht auf bezahlten Sonderurlaub ausgedehnt werden kann, wenn es zu einer Überschneidung mit dem Jahresurlaub kommt.

2. Zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Rechtsprechung über die unterschiedlichen Zwecke von Urlaubsarten bei Vorliegen von Umständen, die die Gewährung von bezahltem Sonderurlaub rechtfertigen

78.

Zunächst ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass der allgemeine Zweck von bezahltem Sonderurlaub darin besteht, die Vereinbarkeit des Berufslebens mit Umständen aus der privaten oder staatsbürgerlichen Sphäre, die während der Arbeitszeit eintreten, zu fördern.

79.

Dieser Urlaub lässt sich wegen der Umstände, die seine Gewährung rechtfertigen, nicht mit krankheitsbedingtem Urlaub gleichstellen. Denn mit Ausnahme von Arztbesuchen ( 68 ) stehen die Ereignisse, die dem Arbeitnehmer die Inanspruchnahme bezahlten Sonderurlaubs ermöglichen, in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers.

80.

Sodann ist die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers offensichtlich nicht beeinträchtigt, weil der bezahlte Sonderurlaub gerade deshalb eingeführt worden ist, damit der Arbeitnehmer die Erfüllung seines Arbeitsvertrags unterbrechen kann.

81.

„Der Arbeit fernbleiben kann“ ( 69 ) der Arbeitnehmer schließlich wegen einer Vielzahl von Umständen, deren Dringlichkeit oder Vorhersehbarkeit unterschiedlich ist ( 70 ), und aus Gründen, deren Wichtigkeit und Auswirkungen auf sein Privatleben seiner Einschätzung unterliegen, was den Unterschied zum Krankheitsurlaub ausmacht ( 71 ).

82.

Da keiner der Gründe für die Gewährung bezahlten Sonderurlaubs mit der Arbeitsfähigkeit des Betreffenden im Zusammenhang steht, sehe ich folglich keinen Grund, den Anwendungsbereich der Rechtsprechung des Gerichtshofs auszudehnen, die aus dem zweifachen Zweck von Urlaubsansprüchen im Hinblick auf die Richtlinie 2003/88 Folgerungen ableitet.

83.

Nur ein erweitertes Konzept des Zwecks von Urlaubsansprüchen, die zu einer Prüfung führt, ob kein Hindernis für die Erholung und einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit besteht ( 72 ), könnte die entgegengesetzte Lösung rechtfertigen. Dieses Konzept würde dazu führen, dass z. B. schwerwiegende Ereignisse aus der persönlichen Sphäre, wie der Tod oder der Krankenhausaufenthalt eines Angehörigen, die ebenso wenig vorhersehbar sind wie die Erkrankung eines Arbeitnehmers, sowie ihre Konsequenzen im Hinblick auf den Zweck des Jahresurlaubs berücksichtigt würden.

84.

In einem solchen Fall wäre der Arbeitnehmer nämlich, wie die Gewerkschaften im Ausgangsverfahren geltend gemacht haben, psychischen oder sogar physischen Beschwerden ausgesetzt, die mit Beschwerden vergleichbar sind, die durch eine Krankheit verursacht werden könnten und die es rechtfertigen würden, dass die Arbeitsleistung mit Rücksicht auf die Sicherheit oder die Gesundheit des Arbeitnehmers für mehrere Tage mit Hilfe von bezahltem Sonderurlaub unterbrochen wird. Bei dieser Sichtweise wäre, da der Zweck einiger dieser Urlaubsansprüche darin besteht, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, durch das eingetretene Ereignis begründete materielle Handlungen vorzunehmen, der Zweck des Jahresurlaubs, der darin besteht, sich zu erholen und über eine Zeit der Entspannung zu verfügen, nicht geschützt, wenn der bezahlte Sonderurlaub nur während der Arbeitszeit gewährt würde.

85.

Für eine solche Auslegung sehe ich jedoch, wie ich bereits ausgeführt habe, in Anbetracht der Richtlinie 2003/88 keine Grundlage ( 73 ). Zudem hätte eine solche Auslegung praktisch zur Folge, dass in jedem Einzelfall beurteilt würde, ob der Arbeitnehmer je nach den Umständen tatsächlich in der Lage gewesen ist, sich zu erholen oder zu entspannen, obschon das einzige Erfordernis, das sich aus dieser Richtlinie ergibt, darin besteht, dass der Arbeitnehmer während der Zeit des Jahresurlaubs gegenüber seinem Arbeitgeber keiner Verpflichtung unterliegt.

86.

Es ist bereits jetzt möglich, die Nachteile einer solchen Kasuistik vorherzusehen, die zudem von der persönlichen Einschätzung des einzelnen Arbeitnehmers abhängt. Ist beispielsweise die frei getroffene Entscheidung des Arbeitnehmers, sich während seines Jahresurlaubs um seine Eltern oder sein krankes Kind zu kümmern, geeignet, die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs zu beeinträchtigen? Allgemeiner, welche Konsequenzen wären daraus zu ziehen, wenn sich der Arbeitnehmer aus verschiedenen Gründen dafür entscheidet, sich nicht zu erholen?

87.

Mir erscheint es daher weder in Anbetracht der Bestimmungen der Richtlinie 2003/88, wie sie vom Gerichtshof ausgelegt worden sind, gerechtfertigt noch im Hinblick auf die Anwendung dieser Bestimmungen zweckmäßig, die Rechtsprechung des Gerichtshofs allein deshalb, weil die Urlaubsansprüche unterschiedliche Zwecke haben, auf Umstände auszudehnen, die keinen Zusammenhang mit der Arbeitsfähigkeit der betroffenen Person aufweisen, die unmittelbar erkrankt ist.

88.

Im Übrigen ist auch die abschreckende Wirkung zu berücksichtigen, die die Entscheidung des Gerichtshofs auf die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die Sozialpartner ausüben könnte, wenn es um die Frage, geht, ob sie Arbeitnehmern weiter gehende Ansprüche einräumen sollen ( 74 ).

89.

Ich bin der Ansicht, dass diese Initiativen unter Berücksichtigung von drei Faktoren ergriffen worden sein können, nämlich in erster Linie des Ziels, das zwar zur Sozialpolitik gehört, aber außerhalb des mit der Richtlinie 2003/88 geregelten Bereichs der Sicherheit und der Gesundheit des Arbeitnehmers angesiedelt ist, in zweiter Linie der in ihrer Gesamtheit betrachteten Bedingungen der Arbeitszeitgestaltung, wie der Dauer der Arbeitszeit oder der Überschreitung der Mindestruhezeiten, die diese Richtlinie vorsieht, ( 75 ) und in dritter Linie der Rolle, die Kollektivverhandlungen zukommt.

90.

Was in diesem Zusammenhang die Sozialpartner betrifft, hat der Gerichtshof entschieden, dass sie darauf achten, einen Ausgleich zwischen ihren jeweiligen Interessen festzulegen, wenn sie ihr in Art. 28 der Charta der Grundrechte (im Folgenden: Charta) anerkanntes Grundrecht auf Kollektivverhandlungen ausüben ( 76 ).

91.

Folglich bin ich der Ansicht, dass die Festlegung der konkreten Modalitäten für die Gewährung von bezahltem Sonderurlaub, der in keinem Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers steht, im Wege einer Auslegung allein der nationalen Vorschriften durch die zuständigen Behörden erfolgt, damit die Ansprüche auf bezahlten Sonderurlaub nicht ihres Inhalts beraubt werden ( 77 ).

92.

Hilfsweise schlage ich dem Gerichtshof daher vor, zu entscheiden, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88 nationalen Regelungen und Tarifverträgen nicht entgegensteht, wonach kein bezahlter Sonderurlaub gewährt wird, wenn die Umstände, die den Anspruch auf ihn begründen, während arbeitsfreier Tage eintreten.

D.   Zum Fall, dass sich die wöchentliche Ruhezeit mit bezahltem Sonderurlaub überschneidet

93.

Was den Anspruch auf wöchentliche Ruhezeit betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof noch keine Gelegenheit hatte, einen Fall zu entscheiden, in dem dieser mit Urlaubsansprüchen zeitlich zusammenfällt.

94.

Deshalb werde ich zum einen die Grundsätze darstellen, die für die Umsetzung der wöchentlichen Ruhezeit gelten. Zum anderen werde ich die Besonderheiten der Regelung für diese Ruhezeit herausarbeiten, die es dem Gerichtshof meines Erachtens ermöglichen, zu entscheiden, dass ein Arbeitnehmer, wenn diese Ruhezeit zeitlich mit einem Ereignis zusammenfällt, das einen Anspruch auf Sonderurlaub begründet hätte, wenn es während der Arbeitszeit eingetreten wäre, keinen Sonderurlaub beanspruchen kann.

1. Zu den für die wöchentlichen Ruhezeiten geltenden Grundsätzen

95.

In Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 wird „Ruhezeit“ definiert, ohne dass nach täglicher, wöchentlicher oder monatlicher Ruhezeit unterschieden wird.

96.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs entsprechen die Grundsätze für die wöchentliche Ruhezeit im Wesentlichen denen für den Jahresurlaub.

97.

Erstens ist nämlich das Recht eines jeden Arbeitnehmers auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit und auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten „nicht nur eine Regel des Sozialrechts der Union …, die besondere Bedeutung hat, sondern auch in Art. 31 Abs. 2 der Charta, der nach Art. 6 Abs. 1 EUV der gleiche rechtliche Rang wie den Verträgen zukommt, ausdrücklich verbürgt“ ( 78 ).

98.

Zweitens wird mit der Harmonisierung der Arbeitszeitgestaltung auf der Ebene der Europäischen Union „bezweckt, einen besseren Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer durch die Gewährung von – u. a. täglichen und wöchentlichen – Mindestruhezeiten und angemessenen Ruhepausen zu gewährleisten sowie eine Obergrenze für die wöchentliche Arbeitszeit vorzusehen“ ( 79 ).

99.

Drittens müssen die Mitgliedstaaten daher zur Gewährleistung der vollen Wirksamkeit der Richtlinie 2003/88 die Beachtung dieser Mindestruhezeiten gewährleisten und jede Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit verhindern ( 80 ).

100.

Viertens müssen die Mitgliedstaaten angesichts des von der Richtlinie 2003/88 verfolgten wesentlichen Ziels, einen wirksamen Schutz der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer sowie einen besseren Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, sicherstellen, dass die praktische Wirksamkeit dieser Rechte in vollem Umfang gewährleistet wird, indem ihnen tatsächlich die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten und die Obergrenze für die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit, die in dieser Richtlinie festgesetzt sind, zugutekommen ( 81 ).

101.

Fünftens dürfen die von den Mitgliedstaaten festgelegten Modalitäten zur Sicherstellung der Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 2003/88 nicht zu einer Aushöhlung der in Art. 31 Abs. 2 der Charta und den Art. 3 und 5 sowie Art. 6 Buchst. b dieser Richtlinie verankerten Rechte führen ( 82 ).

2. Zur Besonderheit der Regelung über die wöchentlichen Ruhezeit

102.

Meines Erachtens sollte der Gerichtshof für den Fall, dass sich Urlaub und eine wöchentliche Ruhezeit überschneiden, in Anbetracht der Besonderheit der Regelung für diese Ruhezeit und des Vergleichs mit der Regelung für den Jahresurlaub andere Erwägungen anstellen als die, die er beim Jahresurlaub angestellt hat und die auf der Feststellung beruhen, dass die fraglichen Urlaubsansprüche unterschiedliche Zwecke haben.

103.

Erstens ergibt sich aus der durch den Gerichtshof vorgenommenen Auslegung von Art. 5 der Richtlinie 2003/88, dass die ununterbrochene wöchentliche Mindestruhezeit von 24 Stunden, die an einen Arbeitszeitraum von höchstens 48 Stunden geknüpft ist, innerhalb jedes Siebentageszeitraums gewährt werden muss, ohne dass es erforderlich ist, dass die Mindestruhezeit spätestens an dem Tag gewährt wird, der auf einen Zeitraum von sechs aufeinanderfolgenden Arbeitstagen folgt ( 83 ). Die Dauer der Ruhezeit ist also strikt mit der Arbeitszeit in Bezugszeiträumen verknüpft, die die Mitgliedstaaten nach der Methode ihrer Wahl frei bestimmen, vorausgesetzt, die mit dieser Richtlinie verfolgten Ziele werden eingehalten ( 84 ). Der Arbeitnehmer muss in jedem Fall den in der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Schutz in Bezug auf die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Höchstarbeitszeit genießen ( 85 ).

104.

Zweitens bezweckt diese Ruhezeit, die Ermüdung zu beseitigen, die mit der Erbringung der Arbeit angesammelt wurde, für die eine Obergrenze gilt, die im Allgemeinen auf die Woche bezogen ist ( 86 ). Deshalb müssen sich die Ruhezeiten unmittelbar an die Arbeitszeit anschließen, deren Ausgleich sie dienen ( 87 ), und „muss somit grundsätzlich vorgesehen werden, dass eine Arbeitsperiode regelmäßig von einer Ruheperiode abgelöst wird“ ( 88 ). Insoweit ist hervorzuheben, dass sich die Ruhezeiten innerhalb eines kurzen Zeitraums wiederholen müssen.

105.

Drittens erlaubt Art. 17 der Richtlinie 2003/88 Abweichungen von der wöchentlichen Ruhezeit, nicht aber vom Jahresurlaub ( 89 ).

106.

Im Vergleich dazu hat der Anspruch auf Jahresurlaub eine zwingende Dauer, die keinen Zusammenhang mit einer genauen Zahl tatsächlicher Arbeitsstunden aufweist. Er folgt einer eigenen Logik, die auf dem Grundsatz einer Ansammlung von Ansprüchen beruht, damit ein längerer Ruhe- und Erholungszeitraum in Anspruch genommen werden kann, der im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber festgelegt wird ( 90 ).

107.

Die Möglichkeit, den Jahresurlaub zu übertragen, wenn auch innerhalb bestimmter Grenzen ( 91 ), und der Grundsatz eines finanziellen Ausgleichs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestätigen meiner Ansicht nach diesen Mechanismus der Kapitalisierung des Jahresurlaubsanspruchs, der ihn grundlegend vom Anspruch auf wöchentliche Ruhezeit unterscheidet.

108.

Aufgrund all dieser Gesichtspunkte gelange ich zu der Auffassung, dass es, wenn ein Sachverhalt, der einen Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub begründet, und eine wöchentliche Ruhezeit zeitlich zusammenfallen ( 92 ), die Flexibilität, mit der die Mitgliedstaaten die Vorgaben der Richtlinie 2003/88 im Einklang mit den von ihr verfolgten Zielen umsetzen können ( 93 ), unmöglich macht, die Erwägungen, die der Gerichtshof für den Jahresurlaub und einen Urlaub zur Wiederherstellung der Gesundheit des Arbeitnehmers angestellt hat, im Wege der Analogie zu übertragen, soweit sie auf der Feststellung beruhen, dass diese Urlaubsansprüche unterschiedliche Zwecke haben.

109.

Deshalb schlage ich dem Gerichtshof vor, zu entscheiden, dass Art. 5 der Richtlinie 2003/88 aufgrund der Besonderheit der Regelung über die wöchentlichen Ruhezeiten in demselben Sinne auszulegen ist wie ihr Art. 7.

V. Ergebnis

110.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) wie folgt zu beantworten:

In erster Linie:

Nationale Regelungen oder Tarifverträge, wonach einem Arbeitnehmer bezahlter Sonderurlaub gewährt wird, damit er an Arbeitstagen der Arbeit fernbleiben darf, um seine persönlichen oder familiären Pflichten zu erfüllen, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.

Hilfsweise:

Die Art. 5 und 7 der Richtlinie 2003/88 stehen nationalen Regelungen und Tarifverträgen nicht entgegen, wonach kein bezahlter Sonderurlaub gewährt wird, wenn die Umstände, die den Anspruch auf ihn begründen, während arbeitsfreier Tage eintreten.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) ABl. 2003, L 299, S. 9.

( 3 ) Dieser Tarifvertrag wurde durch die Resolución de la Dirección General de Empleo, por la que se registra y publica el Convenio colectivo del grupo de empresas Dia SA y Twins Alimentación SA (Beschluss der Generaldirektion Beschäftigung zur Registrierung und Veröffentlichung des Tarifvertrags für die Unternehmensgruppe Dia SA und Twins Alimentación SA) vom 22. August 2016 (BOE Nr. 212 vom 2. September 2016, S. 63357) genehmigt.

( 4 ) BOE Nr. 255 vom 24. Oktober 2015, S. 100224.

( 5 ) [Für die deutsche Fassung der vorliegenden Schlussanträge nicht einschlägige Ausführungen.]

( 6 ) Das vorlegende Gericht führt aus: „Diese beiden Bestimmungen sind großzügiger als die Unionsrechtsvorschrift, da Art. 37 Abs. 1 als wöchentliche Ruhezeit allgemein einen ununterbrochenen Mindestzeitraum von eineinhalb Tagen vorschreibt und Art. 38 vorsieht, dass der Jahresurlaub mindestens 30 Kalendertage betragen muss.“

( 7 ) Aus den Erklärungen der Unternehmensgruppe geht hervor, dass ein Arbeitnehmer, wenn das anspruchsbegründende Ereignis während der wöchentlichen Ruhezeit eintritt, keinen bezahlten Sonderurlaub beanspruchen kann, weil er nicht arbeitet.

( 8 ) In der mündlichen Verhandlung ist darauf hingewiesen worden, dass sich dieser Tarifvertrag von dem im Ausgangsverfahren anwendbaren unterscheide.

( 9 ) Also ein Tag, an dem der Arbeitnehmer nicht arbeiten muss.

( 10 ) Vgl. Nrn. 29 und 30 der vorliegenden Schlussanträge. Der Antrag der Gewerkschaften auf Auslegung stützt sich zwar auf eine Entscheidung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) (vgl. Nr. 24 der vorliegenden Schlussanträge), das eine Verschiebung des Beginns des Sonderurlaubs auf den ersten nachfolgenden Arbeitstag vorsieht, wenn die den Sonderurlaubsanspruch begründende Tatsache an einem Feier- oder arbeitsfreien Tag eintritt; die Gewerkschaften haben jedoch in Beantwortung der Fragen des Gerichtshofs die Auffassung vertreten, dass der Jahresurlaub – entsprechend der im Urteil vom 21. Juni 2012, ANGED (C‑78/11, EU:C:2012:372), gefundenen Lösung – auf einen anderen Zeitpunkt verschoben werden müsse, wenn er mit Umständen zusammenfalle, die einen Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub begründeten.

( 11 ) Vgl. auch Urteil vom 19. November 2019, TSN und AKT (C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981, Rn. 35 bis 37).

( 12 ) Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der spanische Gesetzgeber bezahlten Sonderurlaub eingeführt hat, um Arbeitnehmern zu ermöglichen, persönliche Verpflichtungen unter möglichst günstigen Bedingungen zu erfüllen. Somit kann es dem Arbeitnehmer gestattet sein, seine Arbeitsleistung bei Ereignissen aus seiner privaten oder familiären Sphäre zu unterbrechen, wie z. B. einer Heirat, der Geburt eines Kindes, dem Tod eines Familienangehörigen, der medizinischen Behandlung eines nahen Verwandten, einem Umzug oder der Wahrnehmung von im öffentlichen Interesse liegenden Rechten und Pflichten, wie der Stimmabgabe oder der Vertretung von Arbeitnehmern. Der Tarifvertrag der Unternehmensgruppe, der auf dieser gesetzlichen Grundlage ausgehandelt wurde, hat den Zeitpunkt des Beginns des Urlaubs wegen Heirat konkretisiert, den Umfang bestimmter Ansprüche erweitert und Ansprüche für andere Fälle vorgesehen, etwa für die Teilnahme an Hochschul- oder Fahrerlaubnisprüfungen oder für die Unterzeichnung notarieller Urkunden über den Kauf oder Verkauf einer Wohnung.

( 13 ) Vgl. Nr. 61 der vorliegenden Schlussanträge.

( 14 ) C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981.

( 15 ) Vgl. Rn. 39 und 40 dieses Urteils.

( 16 ) Vgl. hierzu Urteil vom 20. November 2018, Sindicatul Familia Constanţa u. a. (C‑147/17, EU:C:2018:926, Rn. 39).

( 17 ) Vgl. Urteil vom 19. November 2019, TSN und AKT (C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981, Rn. 34, 47 und 48).

( 18 ) Vgl. Urteile vom 14. Oktober 2010, Union syndicale Solidaires Isère (C‑428/09, EU:C:2010:612, Rn. 37), und vom 4. Oktober 2018, Dicu (C‑12/17, EU:C:2018:799, Rn. 28).

( 19 ) Vgl. Urteile vom 21. Februar 2018, Matzak (C‑518/15, EU:C:2018:82, Rn. 41 bis 43), sowie vom 19. November 2019, TSN und AKT (C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 20 ) Vgl. Nr. 20 der vorliegenden Schlussanträge.

( 21 ) Vgl. Fn. 70 und Nrn. 103 bis 107 der vorliegenden Schlussanträge.

( 22 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 10. Juli 2014, Julián Hernández u. a. (C‑198/13, EU:C:2014:2055, Rn. 39, 41, 44 und 45). Meines Wissens gibt es vergleichbare nationale Regelungen unterschiedlichen Ausmaßes in Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Kroatien, Italien, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien, der Slowakei und Finnland. Die Regelung über die gewährten Ansprüche kann von der Dauer der Arbeitszeit und den Bedingungen für die Inanspruchnahme des Urlaubs abhängen.

( 23 ) Ich weise im Übrigen darauf hin, dass nicht geltend gemacht worden ist, dass die spanischen Rechtsvorschriften eine Teilumsetzung von Paragraf 7 („Fernbleiben von der Arbeit aus Gründen höherer Gewalt“) der am 18. Juni 2009 geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG (ABl. 2010, L 68, S. 13) darstellen, die bis zum 1. August 2022 in Kraft ist. Diese Richtlinie wird mit Wirkung vom 2. August 2022 durch die Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates (ABl. 2019, L 188, S. 79) aufgehoben (siehe Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2019/1158). Paragraf 7 der Rahmenvereinbarung wird durch Art. 7 der Richtlinie 2019/1158 ersetzt werden, der im Wesentlichen die gleichen Bestimmungen enthält.

( 24 ) C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981. Vgl. Nr. 38 der vorliegenden Schlussanträge.

( 25 ) Vgl. Rn. 34 und 35 dieses Urteils.

( 26 ) Vgl. Rn. 52 dieses Urteils und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 27 ) C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981.

( 28 ) Vgl. Rn. 35 und 51 dieses Urteils sowie die dort angeführte Rechtsprechung.

( 29 ) Etwas anderes würde meines Erachtens gelten, wenn der Arbeitnehmer gezwungen wäre, infolge eines Antrags auf bezahlten Sonderurlaub Jahresurlaub zu nehmen, oder wenn die Dauer des Sonderurlaubs auf den Jahresurlaub angerechnet würde. Vgl. auch entsprechend die in Rn. 35 des Urteils vom 19. November 2019, TSN und AKT (C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981), angeführte Rechtsprechung, in der der Gerichtshof auf die Grenzen hingewiesen hat, die den Mitgliedstaaten gezogen sind, damit die Wirksamkeit der Mindesterholungszeit von vier Wochen gewährleistet ist.

( 30 ) Vgl. Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge.

( 31 ) Vgl. Nr. 71 der vorliegenden Schlussanträge.

( 32 ) C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981.

( 33 ) Vgl. Rn. 51 dieses Urteils.

( 34 ) Vgl. Nrn. 29 und 71 der vorliegenden Schlussanträge.

( 35 ) Eine ausführlichere Darstellung hierzu findet sich in den Nrn. 72 bis 76 der vorliegenden Schlussanträge.

( 36 ) Urteil vom 6. November 2018, Bauer und Willmeroth (C‑569/16 und C‑570/16, EU:C:2018:871, Rn. 47).

( 37 ) Dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

( 38 ) Vgl. hierzu Urteil vom 19. November 2019, TSN und AKT (C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981, Rn. 39).

( 39 ) Vgl. Urteil vom 30. Juni 2016, Sobczyszyn (C‑178/15, EU:C:2016:502, Rn. 27).

( 40 ) Dieser Ausdruck stammt aus dem Urteil vom 30. Juni 2016, Sobczyszyn (C‑178/15, EU:C:2016:502, Rn. 30).

( 41 ) Die Bedeutung dieser Voraussetzung, die auf die Arbeitsleistung abstellt, ist hervorzuheben, da sie eine Unterscheidung zum Elternurlaub ermöglicht. Vgl. hierzu Urteil vom 4. Oktober 2018, Dicu (C‑12/17, EU:C:2018:799, Rn. 35).

( 42 ) Zur Erinnerung: Im entgegengesetzten Fall, wenn zwei Ansprüche unionsrechtlich gewährleistet sind, darf ein unionsrechtlich gewährleisteter Urlaub nach ständiger Rechtsprechung nicht das Recht beeinträchtigen, einen anderen Urlaub zu nehmen, der einen anderen Zweck als der erstgenannte verfolgt. Vgl. u. a. Urteil vom 4. Oktober 2018, Dicu (C‑12/17, EU:C:2018:799, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Grundsatz, der im Fall des zeitlichen Zusammenfallens von Jahresurlaub und Mutterschaftsurlaub aufgestellt worden war (vgl. Urteil vom 18. März 2004, Merino Gómez,C‑342/01, EU:C:2004:160, Rn. 33 und 41), ist auf den Fall des zeitlichen Zusammenfallens von Elternurlaub und Mutterschaftsurlaub ausgedehnt worden (vgl. Urteile vom 14. April 2005, Kommission/Luxemburg,C‑519/03, EU:C:2005:234, Rn. 33, und vom 20. September 2007, Kiiski,C‑116/06, EU:C:2007:536, Rn. 56 und 57). Er gilt nicht für die Entscheidung darüber, ob ein Zeitraum des Elternurlaubs bei der Berechnung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung gleichzustellen ist (vgl. Urteil vom 4. Oktober 2018, Dicu,C‑12/17, EU:C:2018:799, Rn. 26 und 37).

( 43 ) Der Gerichtshof hat entschieden: „Anders als die Ansprüche auf Mutterschaftsurlaub oder auf Elternurlaub … werden der Anspruch auf Krankheitsurlaub und die Modalitäten für seine Ausübung … beim gegenwärtigen Stand des [Unions]rechts von diesem nicht geregelt“ (Urteil vom 20. Januar 2009, Schultz-Hoff u. a.,C‑350/06 und C‑520/06, EU:C:2009:18, Rn. 27).

Was frühere Entscheidungen zu Fällen betrifft, in denen sich Zeiträume des Jahresurlaubs und des Krankheitsurlaubs überschnitten, siehe Urteil vom 10. September 2009, Vicente Pereda (C‑277/08, EU:C:2009:542). In dieser Rechtssache hatte sich der Arbeitnehmer während des im Urlaubsplan des Unternehmens vorgesehenen Jahresurlaubs im Krankheitsurlaub befunden.

Vgl. auch hinsichtlich der Umstände, auf denen die zweite Vorlagefrage beruht, Urteil vom 21. Juni 2012, ANGED (C‑78/11, EU:C:2012:372), zu einem Fall, in dem der Betreffende während des Jahresurlaubs arbeitsunfähig geworden war (Rn. 24 dieses Urteils). Bei dieser Gelegenheit hat der Gerichtshof klargestellt, dass „der Zeitpunkt, zu dem die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, irrelevant ist“ (Rn. 21).

Vgl. auch das Urteil vom 19. November 2019, TSN und AKT (C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981), in dem es um die Weigerung ging, den Zeitraum des bezahlten Jahresurlaubs, in dem der Arbeitnehmer krank war, gutzuschreiben, wenn die tatsächliche Dauer des bezahlten Jahresurlaubs ohne die Gutschrift nicht weniger als vier Wochen beträgt.

( 44 ) Vgl. Urteil vom 30. Juni 2016, Sobczyszyn (C‑178/15, EU:C:2016:502, Rn. 29).

( 45 ) C‑178/15, EU:C:2016:502.

( 46 ) Urteil vom 30. Juni 2016, Sobczyszyn (C‑178/15, EU:C:2016:502, Rn. 25). Der Gerichtshof verweist insoweit auf das Urteil vom 21. Juni 2012, ANGED (C‑78/11, EU:C:2012:372, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat diese Feststellung zum ersten Mal im Urteil vom 20. Januar 2009, Schultz-Hoff u. a. (C‑350/06 und C‑520/06, EU:C:2009:18, Rn. 25), gemacht, nachdem er sie für den Mutterschaftsurlaub getroffen hatte, der u. a. den Gesundheitszustand der Arbeitnehmerin schützen soll (vgl. Urteile vom 18. März 2004, Merino Gómez,C‑342/01, EU:C:2004:160, Rn. 32, und vom 20. September 2007, Kiiski,C‑116/06, EU:C:2007:536, Rn. 30). Vgl. auch die Rechtsprechung, die in Nr. 69 der vorliegenden Schlussanträge angeführt ist.

( 47 ) Urteil vom 30. Juni 2016Sobczyszyn (C‑178/15, EU:C:2016:502, Rn. 26); Hervorhebung nur hier. Der Gerichtshof verweist auf die Urteile vom 10. September 2009, Vicente Pereda (C‑277/08, EU:C:2009:542, Rn. 22), und vom 21. Juni 2012, ANGED (C‑78/11, EU:C:2012:372, Rn. 20).

( 48 ) Vgl. Urteil vom 30. Juni 2016, Sobczyszyn (C‑178/15, EU:C:2016:502, Rn. 27).

( 49 ) Dieses Kriterium ermöglicht u. a. eine Unterscheidung des Urlaubs, der die Wiederherstellung der Gesundheit des Arbeitnehmers bezweckt, vom durch das Unionsrecht vorgesehenen Elternurlaub, der einen eigenständigen Zweck hat. Vgl. hierzu Urteil vom 4. Oktober 2018, Dicu (C‑12/17, EU:C:2018:799, Rn. 35).

( 50 ) Vgl. Urteil vom 30. Juni 2016, Sobczyszyn (C‑178/15, EU:C:2016:502, Rn. 26).

( 51 ) Vgl. Urteil vom 20. Januar 2009, Schultz-Hoff u. a. (C‑350/06 und C‑520/06, EU:C:2009:18, Rn. 37 und 38). Nach Art. 5 Abs. 4 dieses Übereinkommens „sind Arbeitsversäumnisse aus Gründen, die unabhängig vom Willen des beteiligten Arbeitnehmers bestehen, wie z. B. Krankheit, Unfall oder Mutterschaft, als Dienstzeit anzurechnen“. Abgesehen davon, dass der Gerichtshof auf diese Bestimmung Bezug nehmen musste, um auf die Frage der Voraussetzungen für die Gewährung des Jahresurlaubs einzugehen (vgl. Urteil vom 20. Januar 2009, Schultz-Hoff u. a., C‑350/06 und C‑520/06, EU:C:2009:18, Rn. 41), ist bemerkenswert, dass sie sich auf den Arbeitnehmer betreffende Ereignisse beschränkt, die diesem widerfahren, insbesondere bei Gefahren für seine Gesundheit, die rechtfertigen, dass seine Abwesenheiten grundsätzlich nicht von den Zeiträumen tatsächlicher Arbeitsleistung abgezogen werden. Siehe auch Urteile vom 22. November 2011, KHS (C‑214/10, EU:C:2011:761, Rn. 42), vom 4. Oktober 2018, Dicu (C‑12/17, EU:C:2018:799, Rn. 32), und vom 6. November 2018, Bauer und Willmeroth (C‑569/16 und C‑570/16, EU:C:2018:871, Rn. 81).

( 52 ) Vgl. Urteil vom 22. November 2011, KHS (C‑214/10, EU:C:2011:761, Rn. 32).

( 53 ) Vgl. Urteil vom 4. Oktober 2018, Dicu (C‑12/17, EU:C:2018:799, Rn. 33 im Umkehrschluss).

( 54 ) Vgl. Urteil vom 4. Oktober 2018, Dicu (C‑12/17, EU:C:2018:799, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 55 ) Vgl. Urteil vom 4. Oktober 2018, Dicu (C‑12/17, EU:C:2018:799, Rn. 35 im Umkehrschluss).

( 56 ) Urteil vom 6. November 2018, Bauer und Willmeroth (C‑569/16 und C‑570/16, EU:C:2018:871, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 57 ) Vgl. Urteil vom 6. November 2018, Bauer und Willmeroth (C‑569/16 und C‑570/16, EU:C:2018:871, Rn. 47). Vgl. auch Nr. 62 der vorliegenden Schlussanträge.

( 58 ) Vgl. Nr. 63 der vorliegenden Schlussanträge.

( 59 ) Vgl. Nrn. 29 bis 52 der vorliegenden Schlussanträge.

( 60 ) Vgl. auch Nr. 83 der vorliegenden Schlussanträge.

( 61 ) Vgl. Urteil vom 21. Februar 2018, Matzak (C‑518/15, EU:C:2018:82, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 62 ) Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Urlaubsansprüche als solche unmittelbar aus dem Unionsrecht ergeben (vgl. Urteil vom 20. Januar 2009, Schultz-Hoff u. a.,C‑350/06 und C‑520/06, EU:C:2009:18, Rn. 28) und dass die Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung dieser Ansprüche innerhalb der Grenzen des von den Unionsrechtsbestimmungen gewährleisteten Mindestschutzes von den Mitgliedstaaten gestaltet werden können (vgl. Urteil vom 19. November 2019, TSN und AKT, C‑609/17 und C‑610/17, EU:C:2019:981, Rn. 35).

( 63 ) Vgl. Urteil vom 29. November 2017, King (C‑214/16, EU:C:2017:914, Rn. 63).

( 64 ) Vgl. Urteil vom 29. November 2017, King (C‑214/16, EU:C:2017:914, Rn. 49).

( 65 ) Vgl. Urteil vom 6. November 2018, Bauer und Willmeroth (C‑569/16 und C‑570/16, EU:C:2018:871, Rn. 49).

( 66 ) Vgl. Urteil vom 29. November 2017, King (C‑214/16, EU:C:2017:914, Rn. 52).

( 67 ) Vgl. Urteil vom 9. September 2003, Jaeger (C‑151/02, EU:C:2003:437, Rn. 94).

( 68 ) Es handelt sich um den in Art. 46 Abs. I Buchst. G des Tarifvertrags der Unternehmensgruppe festgeschriebenen Urlaub. Er gibt dem Arbeitnehmer, die „notwendige Zeit“ für „Behandlung in einer Arztpraxis“„während seiner Arbeitszeit“. Diese an die Arbeitszeit geknüpfte Bedingung wird in dieser Bestimmung noch einmal erwähnt, weshalb ich sie von meiner Analyse ausnehme.

( 69 ) Dieser Ausdruck wird in den in Rede stehenden nationalen Bestimmungen verwendet.

( 70 ) In der Praxis dürfte die Gefahr einer Beeinträchtigung der Mindestdauer des Jahresurlaubs in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle – in Anbetracht der in Rede stehenden Umstände oder der Dauer der Freistellung von der Arbeit oder auch der Arbeitsorganisation, z. B. mit festen oder variablen Arbeitszeiten, die im jeweiligen Einzelfall der Beurteilung durch das nationale Gericht unterliegen – sehr beschränkt sein.

So müssen meines Erachtens unvorhersehbare Umstände von solchen unterschieden werden, die grundsätzlich vorhersehbar sind, wie eine Heirat oder ein Umzug (vgl. Urteil vom 20. September 2007, Kiiski,C‑116/06, EU:C:2007:536 Rn. 41 und 42), eine Wahl, die Wahrnehmung einer gewerkschaftlichen Funktion, die Beteiligung an rechtsprechender Tätigkeit, für die der Arbeitnehmer seine Zeit einteilen können muss, indem er entweder die Zeit des Jahresurlaubs wählt oder eine Verschiebung der Termine für den Jahresurlaub beantragt, wenn das einschlägige Recht und die Arbeitsorganisation es erlauben (vgl. hierzu als Beispiel Urteil vom 10. September 2009, Vicente Pereda, C‑277/08, EU:C:2009:542, Rn. 11).

( 71 ) Der Arbeitgeber ist zur Gewährung von Krankheitsurlaub verpflichtet (vgl. Urteil vom 29. November 2017, King, C‑214/16, EU:C:2017:914, Rn. 61), weil er an die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers anknüpft, die von einem Dritten festgestellt worden ist, der dazu berechtigt ist, anzuordnen, dass die Arbeitsleistung unterbrochen wird (vgl. Urteil vom 20. Januar 2009, Schultz-Hoff u. a., C‑350/06 und C‑520/06, EU:C:2009:18, Rn. 41).

( 72 ) Vgl. Nr. 69 der vorliegenden Schlussanträge.

( 73 ) Vgl. Nrn. 50 und 71 der vorliegenden Schlussanträge.

( 74 ) Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass in zahlreichen Mitgliedstaaten Maßnahmen erlassen worden sind, die den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vergleichbar sind; vgl. Fn. 22 der vorliegenden Schlussanträge.

( 75 ) Vgl. Fn. 22 der vorliegenden Schlussanträge.

( 76 ) Vgl. Urteil vom 19. September 2018, Bedi (C‑312/17, EU:C:2018:734, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 77 ) Die nationalen Gerichte können nämlich den ganz unterschiedlichen Zwecken von Sonderurlaub, der jeweiligen Situation der Arbeitnehmer und dem Umstand Rechnung tragen, ob die Arbeit mit festen oder flexiblen Arbeitszeiten organisiert ist, um den passenden Zeitpunkt für den Beginn des Sonderurlaubs oder dessen Verschiebung auf einen anderen Zeitpunkt festzulegen, wenn u. a. die anspruchsbegründende Tatsache während eines Zeitraums eintritt, in dem der Arbeitnehmer nicht arbeiten muss, und es ihm in diesem Zeitraum nicht möglich ist, seine Pflichten zu erfüllen, die mit einem unvorhersehbaren Ereignis aus seiner persönlichen Sphäre zusammenhängen, wie z. B. die Erledigung von Formalitäten bei einem Todesfall, die nur an Öffnungstagen der Dienststellen erfolgen kann. Vgl. insoweit aus dem Bereich der nationalen Entscheidungen Urteil Nr. 96‑43.323 der Chambre sociale de la Cour de Cassation (Kammer für Arbeits- und Sozialrechtsangelegenheiten des Kassationsgerichtshofs, Frankreich) vom 16. Dezember 1998 (der Cour de Cassation [Kassationsgerichtshof] zufolge muss die Freistellung nicht zwangsläufig am Tag des anspruchsbegründenden Ereignisses genommen werden, sondern während eines angemessenen Zeitraums, in dem der Tag gewährt wird: Urlaub wegen der Hochzeit eines Kindes am Vortag des Ereignisses; diese Lösung gilt für alle Freistellungen wegen familiärer Ereignisse). Vgl. auch die ausschließlich auf Todesfälle bezogene und in Analogie zum – einen Fall der Überschneidung zwischen Krankheitsurlaub und Jahresurlaub betreffenden – Urteil Nr. 14020/2001 der Corte suprema di cassazione, Sezioni unite (Kassationsgerichtshof, Vereinigte Abteilungen, Italien) vom 12. Dezember 2001 ergangene Entscheidung Nr. 1167/2003 des Tribunale di Milano, Sezione lavoro (Landesgericht Mailand, Abteilung für Arbeitssachen, Italien), vom 23. April 2003, wonach ein Trauerfall während des Jahresurlaubs dessen Unterbrechung rechtfertigt. Im selben Sinne hat das Tribunale amministrativo regionale per l’Abruzzo, Sezione staccata di Pescara (regionales Verwaltungsgericht für die Region Abruzzen, Kammer Pescara, Italien), in seinem Urteil Nr. 532/2007 vom 11. Mai 2007 angeordnet, dass Tage des Jahresurlaubs in Abwesenheitstage wegen eines Trauerfalls umgewandelt werden. Hingegen hat die Chambre sociale de la Cour de Cassation (Kammer für Arbeits- und Sozialrechtsangelegenheiten des Kassationsgerichtshofs) mit Urteil Nr. 13‑27.913 vom 8. Dezember 2016 (Bulletin 2016, V, Nr. 243) ein Urteil aufgehoben, das einer Lehrkraft, die ein Personalvertretungsmandat ausübte, Überstundenvergütung für Personalvertretungstätigkeit während der Schulferien zugesprochen hatte. Sie kann auch keine Verschiebung ihres Anspruchs auf bezahlten Urlaub auf einen anderen Zeitpunkt verlangen. Ebenso gibt es meines Wissens weder in Deutschland noch in Polen eine Entscheidung, die von dem Grundsatz abweicht, dass der Arbeitnehmer die gesetzliche Ermächtigung, der Arbeit fernzubleiben, nur dann beanspruchen kann, wenn er für das Unternehmen arbeiten muss.

( 78 ) Urteil vom 14. Mai 2019, CCOO (C‑55/18, EU:C:2019:402, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 79 ) Urteil vom 14. Mai 2019, CCOO (C‑55/18, EU:C:2019:402, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 80 ) Urteil vom 14. Mai 2019, CCOO (C‑55/18, EU:C:2019:402, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 81 ) Urteil vom 14. Mai 2019, CCOO (C‑55/18, EU:C:2019:402, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 82 ) Urteil vom 14. Mai 2019, CCOO (C‑55/18, EU:C:2019:402, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 83 ) Vgl. Urteil vom 9. November 2017, Maio Marques da Rosa (C‑306/16, EU:C:2017:844, Rn. 51).

( 84 ) Vgl. Urteil vom 11. April 2019, Syndicat des cadres de la sécurité intérieure (C‑254/18, EU:C:2019:318, Rn. 31).

( 85 ) Vgl. Urteil vom 9. November 2017, Maio Marques da Rosa (C‑306/16, EU:C:2017:844, Rn. 48).

( 86 ) Vgl. Urteil vom 11. April 2019, Syndicat des cadres de la sécurité intérieure (C‑254/18, EU:C:2019:318, Rn. 32 bis 34).

( 87 ) Vgl. Urteil vom 9. September 2003, Jaeger (C‑151/02, EU:C:2003:437, Rn. 94).

( 88 ) Vgl. Urteil vom 9. September 2003, Jaeger (C‑151/02, EU:C:2003:437, Rn. 95).

( 89 ) Vgl. Urteile vom 20. Januar 2009, Schultz-Hoff u. a. (C‑350/06 und C‑520/06, EU:C:2009:18, Rn. 24), und vom 20. November 2018, Sindicatul Familia Constanţa u. a. (C‑147/17, EU:C:2018:926, Rn. 75).

( 90 ) Vgl. Urteile vom 18. März 2004, Merino Gómez (C‑342/01, EU:C:2004:160, Rn. 39 und 41), vom 10. September 2009, Vicente Pereda (C‑277/08, EU:C:2009:542, Rn. 23), und vom 30. Juni 2016, Sobczyszyn (C‑178/15, EU:C:2016:502, Rn. 32).

Insoweit unterscheidet sich die für ihn geltende Regelung von der für die wöchentliche Ruhezeit, da sie keine Regelmäßigkeit und keinen Wiederholungscharakter aufweist.

( 91 ) Vgl. Urteil vom 29. November 2017, King (C‑214/16, EU:C:2017:914, Rn. 54 und 55 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 92 ) Zudem bezweifle ich, dass im Falle vorhersehbarer Umstände (siehe Fn. 70 der vorliegenden Schlussanträge) ein solcher Zufall wahrscheinlich ist.

( 93 ) Vgl. Urteil vom 9. November 2017, Maio Marques da Rosa (C‑306/16, EU:C:2017:844, Rn. 46 bis 48).

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