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Document 62017CJ0644

Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 3. Juli 2019.
Verfahren auf Betreiben von Eurobolt BV.
Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 267 AEUV – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – Umfang der Kontrolle einer Handlung der Europäischen Union durch ein nationales Gericht – Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 – Art. 15 Abs. 2 – Übermittlung aller zweckdienlichen Informationen an die Mitgliedstaaten spätestens zehn Arbeitstage vor der Sitzung des Beratenden Ausschusses – Begriff ‚zweckdienliche Informationen‘ – Wesentliche Formvorschrift – Durchführungsverordnung (EU) Nr. 723/2011 – Ausweitung des eingeführten Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in China auf aus Malaysia versandte Einfuhren – Gültigkeit.
Rechtssache C-644/17.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2019:555

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

3. Juli 2019 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 267 AEUV – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – Umfang der Kontrolle einer Handlung der Europäischen Union durch ein nationales Gericht – Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 – Art. 15 Abs. 2 – Übermittlung aller zweckdienlichen Informationen an die Mitgliedstaaten spätestens zehn Arbeitstage vor der Sitzung des Beratenden Ausschusses – Begriff ‚zweckdienliche Informationen‘ – Wesentliche Formvorschrift – Durchführungsverordnung (EU) Nr. 723/2011 – Ausweitung des eingeführten Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in China auf aus Malaysia versandte Einfuhren – Gültigkeit“

In der Rechtssache C‑644/17

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 10. November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 17. November 2017, in dem Verfahren

Eurobolt BV,

Beteiligter:

Staatssecretaris van Financiën,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richterin K. Jürimäe sowie der Richter D. Šváby, S. Rodin (Berichterstatter) und N. Piçarra,

Generalanwalt: G. Hogan,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Eurobolt BV, vertreten durch C. van Oosten,

der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und A. M. de Ree als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. De Luca und P. Gentili, avvocati dello Stato,

des Rates der Europäischen Union, vertreten durch H. Marcos Fraile und B. Driessen als Bevollmächtigte im Beistand von N. Tuominen, avocat,

der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Ronkes Agerbeek, H. Krämer, N. Kuplewatzky und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Februar 2019

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2009, L 343, S. 51, mit Berichtigung in ABl. 2010, L 7, S. 22, im Folgenden: Grundverordnung) und von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) sowie die Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 723/2011 des Rates vom 18. Juli 2011 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China auf aus Malaysia versandte Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl, ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht (ABl. 2011, L 194, S. 6).

2

Es ergeht im Rahmen eines Verfahrens, das die Eurobolt BV gegen die Erhebung von Antidumpingzöllen wegen der Einfuhr von Verbindungselementen aus Eisen oder Stahl in die Europäische Union angestrengt hat.

Rechtlicher Rahmen

3

Zur Zeit des Sachverhalts, der dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegt, galt für den Erlass von Antidumpingmaßnahmen durch die Union die Grundverordnung.

4

In den Erwägungsgründen 12, 24 und 25 dieser Verordnung hieß es:

„(12)

Es ist notwendig, festzulegen, wie die interessierten Parteien davon unterrichtet werden, welche Informationen die Behörden benötigen, wie ihnen ausreichend Gelegenheit gegeben wird, alle einschlägigen Beweise vorzulegen, und wie sie uneingeschränkt Gelegenheit erhalten, ihre Interessen zu verteidigen. Außerdem sollten die Regeln und Verfahren klar festgelegt werden, die bei der Untersuchung einzuhalten sind, insbesondere, dass interessierte Parteien innerhalb bestimmter Fristen sich selbst melden, ihren Standpunkt darlegen und ihre Informationen vorlegen müssen, wenn diese Standpunkte und Informationen berücksichtigt werden sollen. Ferner sollte festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen eine interessierte Partei Zugang zu Informationen anderer interessierter Parteien erhalten und zu den Informationen Stellung nehmen kann. …

(24)

Ferner sollten in regelmäßigen Zeitabständen und bestimmten Phasen der Untersuchung Konsultationen in einem Beratenden Ausschuss vorgesehen werden. Der Ausschuss sollte sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten und einem Vertreter der Kommission, der den Vorsitz führt, zusammensetzen.

(25)

Die Informationen, die den Mitgliedstaaten im Beratenden Ausschuss unterbreitet werden, sind oft äußerst technisch und umfassen genaue wirtschaftliche und rechtliche Analysen. Damit den Mitgliedstaaten genug Zeit zur Prüfung der Informationen bleibt, sollte der Ausschussvorsitzende diese zu einem geeigneten Zeitpunkt vor einer anberaumten Sitzung übermitteln.“

5

Art. 6 Abs. 7 der Grundverordnung lautete:

„Die Antragsteller, die Einführer und Ausführer sowie ihre repräsentativen Verbände, die Verwender und die Verbraucherorganisationen, die sich gemäß Artikel 5 Absatz 10 selbst gemeldet haben, sowie die Vertreter des Ausfuhrlandes können auf schriftlichen Antrag alle von einer von der Untersuchung betroffenen Partei zur Verfügung gestellten Unterlagen mit Ausnahme der von den Behörden der Gemeinschaft oder ihrer Mitgliedstaaten erstellten internen Dokumente einsehen, die für die Darlegung ihres Standpunktes erheblich und nicht vertraulich im Sinne des Artikels 19 sind und bei der Untersuchung verwendet werden. Diese Parteien können zu diesen Unterlagen Stellung nehmen, und ihre Kommentare werden berücksichtigt soweit sie hinreichend begründet worden sind.“

6

Art. 13 („Umgehung“) dieser Verordnung sah vor:

„(1)   Die gemäß dieser Verordnung eingeführten Antidumpingzölle können auf die Einfuhren der gleichartigen Ware aus Drittländern, geringfügig verändert oder nicht, auf die Einfuhren der geringfügig veränderten gleichartigen Ware aus dem von Maßnahmen betroffenen Land oder auf die Einfuhren von Teilen dieser Ware ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet. Antidumpingzölle, die den gemäß Artikel 9 Absatz 5 eingeführten residualen Antidumpingzoll nicht übersteigen, können auf die Einfuhren von Unternehmen in den von Maßnahmen betroffenen Ländern, für die ein unternehmensspezifischer Zoll gilt, ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet. Die Umgehung wird als eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft oder zwischen einzelnen Unternehmen in dem von Maßnahmen betroffenen Land und der Gemeinschaft definiert, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, und wenn Beweise für eine Schädigung oder dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Zolls im Hinblick auf die Preise und/oder Mengen der gleichartigen Ware untergraben wird, und wenn erforderlichenfalls im Einklang mit Artikel 2 ermittelte Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten, die für die gleichartige Ware vorher festgestellt wurden, vorliegen.

(3)   Untersuchungen werden nach Maßgabe dieses Artikels auf Initiative der Kommission oder auf Antrag eines Mitgliedstaats oder jeder anderen interessierten Partei eingeleitet, wenn der Antrag ausreichende Beweise für die in Absatz 1 genannten Faktoren enthält. Die Einleitung erfolgt nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss durch eine Verordnung der Kommission, in der gleichzeitig den Zollbehörden Anweisung gegeben werden kann, die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich zu erfassen oder Sicherheitsleistungen zu verlangen. Die Untersuchungen werden von der Kommission durchgeführt, die von den Zollbehörden unterstützt werden kann, und innerhalb von neun Monaten abgeschlossen. Rechtfertigen die endgültig ermittelten Tatsachen die Ausweitung der Maßnahmen, wird diese Ausweitung vom Rat auf Vorschlag der Kommission nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss eingeführt. Der Vorschlag wird vom Rat angenommen, es sei denn, der Rat beschließt innerhalb eines Monats nach dessen Vorlage durch die Kommission mit einfacher Mehrheit, den Vorschlag abzulehnen. Die Ausweitung gilt ab dem Zeitpunkt, zu dem die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich erfasst wurden oder zu dem Sicherheiten verlangt wurden. Die einschlägigen Verfahrensbestimmungen dieser Verordnung zur Einleitung und Durchführung von Untersuchungen finden Anwendung.

…“

7

Art. 15 („Konsultationen“) der Grundverordnung bestimmte:

„(1)   Die in dieser Verordnung vorgesehenen Konsultationen finden in einem Beratenden Ausschuss statt, der aus Vertretern jedes Mitgliedstaats besteht und in dem ein Vertreter der Kommission den Vorsitz führt. Die Konsultationen werden auf Antrag eines Mitgliedstaats oder auf Veranlassung der Kommission umgehend und in jedem Fall so rechtzeitig eingeleitet, dass die in dieser Verordnung festgesetzten Fristen eingehalten werden können.

(2)   Der Ausschuss wird von seinem Vorsitzenden einberufen. Der Vorsitzende übermittelt den Mitgliedstaaten so bald wie möglich, aber spätestens zehn Arbeitstage vor der Sitzung alle zweckdienlichen Informationen.

(3)   Erforderlichenfalls können die Konsultationen nur im schriftlichen Weg erfolgen; in diesem Fall unterrichtet die Kommission die Mitgliedstaaten und legt eine Frist fest, innerhalb deren die Mitgliedstaaten ihre Stellungnahmen abgeben und mündliche Konsultationen beantragen können, die der Vorsitzende anberaumt, wobei diese mündlichen Konsultationen so rechtzeitig stattfinden, dass die in dieser Verordnung festgesetzten Fristen eingehalten werden können.

(4)   Die Konsultationen betreffen insbesondere:

a)

das Vorliegen von Dumping und die Methoden für die Ermittlung der Dumpingspanne;

b)

das Vorliegen und den Umfang einer Schädigung;

c)

den ursächlichen Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren und der Schädigung;

d)

die Maßnahmen, die unter den gegebenen Umständen zur Verhütung oder Behebung der durch das Dumping hervorgerufenen Schädigung zu treffen sind, sowie die Einzelheiten ihrer Anwendung.“

8

Am 26. Januar 2009 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. 2009, L 29, S. 1).

9

Mit der Verordnung (EU) Nr. 966/2010 vom 27. Oktober 2010 zur Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 des Rates eingeführten Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl durch aus Malaysia versandte Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl, ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht, und zur zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren (ABl. 2010, L 282, S. 29) leitete die Kommission gemäß Art. 13 Abs. 3 der Grundverordnung auf ihre Initiative eine Untersuchung der eventuellen Umgehung von Antidumpingmaßnahmen gegen Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in China ein.

10

Außerdem wies die Kommission in Art. 2 der Verordnung Nr. 966/2010 die Zollbehörden an, die von dieser Verordnung erfassten Einfuhren zollamtlich zu erfassen.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

11

Eurobolt ist eine Gesellschaft mit Sitz in ’s‑Heerenberg (Niederlande), die mit Verbindungselementen aus Eisen und Stahl handelt, welche sie von in Asien ansässigen Herstellern und Lieferanten zum Weiterverkauf in der Union erwirbt.

12

Nachdem mit der Verordnung Nr. 91/2009 Antidumpingzölle auf bestimmte Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in China eingeführt worden waren, beschloss Eurobolt, solche Verbindungselemente von zwei in Malaysia ansässigen Herstellern, nämlich TZ Fasteners (im Folgenden: TZ) und HBS Fasteners Manufacturing (im Folgenden: HBS), zu erwerben.

13

Im Zeitraum vom 29. Oktober 2010 bis 4. August 2011 meldete Eurobolt in den Niederlanden in 32 Fällen von HSB und TZ erworbene Verbindungselemente aus Stahl zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Als Ursprungsland gab sie Malaysia an. In Übereinstimmung mit der Verordnung Nr. 966/2010 erfassten die Zollbehörden diese Verbindungselemente und gaben sie zum freien Verkehr frei, ohne Antidumpingzölle zu erheben.

14

Nach der Veröffentlichung der Verordnung Nr. 966/2010 wurden die Behörden der Volksrepublik China und Malaysias, die bekannten Importeure aus diesen Ländern, darunter Eurobolt, sowie der betroffene Wirtschaftszweig der Union von der Kommission über die Einleitung der in dieser Verordnung vorgesehenen Untersuchung unterrichtet.

15

Auf diese Untersuchung hin meldeten sich HBS und TZ bei der Kommission und übermittelten ihre Antworten zum Antidumpingfragebogen. Auch Eurobolt meldete sich als interessierte Partei.

16

Mit Schreiben vom 26. Mai 2011 übermittelte die Kommission ihr vorläufiges Untersuchungsergebnis an Eurobolt. Eurobolt nahm hierzu am 13. Juni 2011 innerhalb der ihr hierfür gesetzten Frist schriftlich Stellung. Der Beratende Ausschuss trat am 15. Juni 2011 zusammen.

17

Mit der Durchführungsverordnung Nr. 723/2011 wurde der eingeführte endgültige Antidumpingzoll auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl aus China auf aus Malaysia versandte Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl, ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht, ausgeweitet.

18

Nach dem Inkrafttreten dieser Durchführungsverordnung führten die zuständigen niederländischen Behörden bei Eurobolt eine nachträgliche Einfuhrkontrolle durch, in deren Folge Eurobolt zur Zahlung von Antidumpingzöllen in Höhe von 587802,20 Euro verpflichtet wurde.

19

Nach erfolglosem Widerspruch gegen die Erhebung dieser Antidumpingzölle beim Zollbüro Nijmegen (Nimwegen, Niederlande) erhob Eurobolt Klage bei der Rechtbank Noord-Holland (Bezirksgericht Nordholland, Niederlande) und machte u. a. geltend, dass die mit der Durchführungsverordnung Nr. 723/2011 vorgenommene Ausweitung des mit der Verordnung Nr. 91/2009 eingeführten Antidumpingzolls auf aus Malaysia versandte Einfuhren der betreffenden Waren ungültig sei.

20

Nachdem die Rechtbank die Klage mit Urteil vom 1. August 2013 abgewiesen hatte, legte Eurobolt Berufung beim Gerechtshof Amsterdam (Berufungsgericht Amsterdam, Niederlande) ein, der die Klage von Eurobolt mit Urteil vom 8. September 2015 ebenfalls abwies und u. a. die Auffassung vertrat, es bestehe kein Anlass, dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, die die Gültigkeit der Durchführungsverordnung Nr. 723/2011 betreffe.

21

Am 12. Oktober 2015 legte Eurobolt beim vorlegenden Gericht Rechtsmittel ein. Sie macht geltend, dass die Durchführungsverordnung im Hinblick auf die in Art. 13 der Grundverordnung angeführten Kriterien ungültig sei, da die Kommission während der Untersuchung ihre Verteidigungsrechte verletzt habe. Diese habe es nämlich unter Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung unterlassen, den Mitgliedern des Beratenden Ausschusses spätestens zehn Arbeitstage vor dessen Sitzung alle wesentlichen Informationen zu übermitteln, die Eurobolt ihr zugesandt gehabt habe.

22

In diesem Zusammenhang hat das vorlegende Gericht zum einen Zweifel, inwieweit nationale Gerichte Rechtsakte von Unionsorganen, insbesondere im Hinblick auf Art. 47 der Charta, auf ihre Gültigkeit überprüfen können. Zum anderen fragt es sich, wie Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung auszulegen ist. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebe sich nämlich, dass die Nichtbeachtung von Verfahrensregeln die Nichtigerklärung eines Rechtsakts wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften nach sich ziehen könne. Daher stelle sich die Frage, ob im vorliegenden Fall der Verstoß der Kommission gegen die in dieser Vorschrift vorgesehene Verpflichtung die Ungültigkeit der Durchführungsverordnung Nr. 723/2011 zur Folge haben könne.

23

Unter diesen Umständen hat der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

a)

Ist Art. 47 der Charta in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV dahin auszulegen, dass eine interessierte Partei die Rechtmäßigkeit einer von den nationalen Behörden durchzuführenden Entscheidung eines Unionsorgans unter Hinweis auf eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften, eine Verletzung der Verträge oder einiger bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnormen oder wegen Ermessensmissbrauchs bestreiten darf?

b)

Ist Art. 47 der Charta in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV dahin auszulegen, dass die Unionsorgane, die am Erlass einer Entscheidung, deren Gültigkeit vor einem nationalen Gericht angefochten wird, beteiligt waren, verpflichtet sind, diesem Gericht auf dessen Aufforderung hin sämtliche ihnen vorliegenden Informationen, die sie beim Erlass dieser Entscheidung berücksichtigt haben oder hätten berücksichtigen müssen, zukommen zu lassen?

c)

Ist Art. 47 der Charta dahin auszulegen, dass es auch zum Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gehört, dass das Gericht umfassend prüft, ob die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 13 der Grundverordnung erfüllt sind? Führt Art. 47 der Charta insbesondere dazu, dass das Gericht in vollem Umfang beurteilen darf, ob der Sachverhalt vollständig ermittelt wurde und ob die entsprechende Rechtsfolge durch ihn angemessen gerechtfertigt sein kann? Führt Art. 47 der Charta insbesondere auch dazu, dass das Gericht in vollem Umfang beurteilen darf, ob ein Tatbestand, der angeblich bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt wurde, durch den die mit dem festgestellten Sachverhalt verbundene Rechtsfolge aber möglicherweise beeinflusst würde, hätte berücksichtigt werden müssen?

2.

a)

Ist der Begriff der „zweckdienlichen Informationen“ in Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung dahin auszulegen, dass darunter auch eine die Feststellungen der Kommission betreffende Stellungnahme eines in der Europäischen Union ansässigen unabhängigen Importeurs von Waren fällt, die Gegenstand der Untersuchung im Sinne dieser Vorschrift sind, wenn dieser Importeur von der Kommission über diese Untersuchung informiert wurde, der Kommission die angeforderten Informationen zukommen ließ und, nachdem ihm hierzu Gelegenheit gegeben wurde, rechtzeitig zu den Feststellungen der Kommission Stellung genommen hat?

b)

Falls Frage 2a bejaht wird: Kann dieser Importeur dann einen Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung geltend machen, wenn seine Stellungnahme dem in dieser Bestimmung genannten Beratenden Ausschuss nicht mindestens zehn Arbeitstage vor dessen Sitzung vorgelegt wird?

c)

Falls Frage 2b bejaht wird: Hat dieser Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung dann zur Folge, dass diese Entscheidung rechtswidrig ist und unangewendet bleiben muss?

Zu den Vorlagefragen

Zu den Fragen 1a und 1c

24

Mit seinen Fragen 1a und 1c möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 267 AEUV dahin auszulegen ist, dass ein Rechtsunterworfener, wenn er die Gültigkeit eines Sekundärrechtsakts der Union bestreiten will, vor einem nationalen Gericht Rügen geltend machen kann, die im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV vorgebracht werden können, einschließlich solcher Rügen, mit denen die Nichtbeachtung der Voraussetzungen für den Erlass des Rechtsakts beanstandet wird.

25

Wie sich aus ständiger Rechtsprechung ergibt, ist die Zuständigkeit des Gerichtshofs, gemäß Art. 267 AEUV über die Gültigkeit von Handlungen der Unionsorgane zu entscheiden, hinsichtlich möglicher Ungültigkeitsgründe nicht eingeschränkt (Urteile vom 12. Dezember 1972, International Fruit Company u. a., 21/72 bis 24/72, EU:C:1972:115, Rn. 5, sowie vom 16. Juni 1998, Racke, C‑162/96, EU:C:1998:293, Rn. 26).

26

Folglich ist auf die Fragen 1a und 1c zu antworten, dass Art. 267 AEUV dahin auszulegen ist, dass ein Rechtsunterworfener, wenn er die Gültigkeit eines Sekundärrechtsakts der Union bestreiten will, vor einem nationalen Gericht Rügen geltend machen kann, die im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV vorgebracht werden können, einschließlich solcher Rügen, mit denen die Nichtbeachtung der Voraussetzungen für den Erlass eines solchen Rechtsakts beanstandet wird.

Zu Frage 1b

27

Mit seiner Frage 1b möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 267 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht befugt ist, sich an die Unionsorgane zu wenden, die am Erlass eines Sekundärrechtsakts der Union beteiligt waren, dessen Gültigkeit vor ihm angefochten wird, um von diesen Informationen zu den Gesichtspunkten zu erhalten, die sie beim Erlass dieses Rechtsakts berücksichtigt haben oder hätten berücksichtigen müssen.

28

Die nationalen Gerichte können die Gültigkeit einer Unionshandlung prüfen und, wenn sie die Ungültigkeitsgründe, die von Amts wegen zu prüfen oder von den Parteien vorgebracht worden sind, für nicht zutreffend halten, diese Gründe mit der Feststellung zurückweisen, dass die Handlung in vollem Umfang gültig ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Juni 1981, Salonia, 126/80, EU:C:1981:136, Rn. 7, und vom 22. Oktober 1987, Foto-Frost, 314/85, EU:C:1987:452, Rn. 14). Die nationalen Gerichte sind hingegen nicht befugt, selbst die Ungültigkeit von Handlungen der Unionsorgane festzustellen. (Urteil vom 6. Dezember 2005, Gaston Schul Douane-expediteur, C‑461/03, EU:C:2005:742, Rn. 17).

29

Folglich muss das nationale Gericht, wenn die von den Parteien vorgebrachten Gründe ausreichen, um es von der Ungültigkeit einer Unionshandlung zu überzeugen, allein auf dieser Grundlage den Gerichtshof zur Entscheidung über die Frage ihrer Gültigkeit anrufen, ohne zusätzliche Ermittlungen durchzuführen. Wie sich nämlich aus dem Urteil vom 22. Oktober 1987, Foto-Frost (314/85, EU:C:1987:452, Rn. 18), ergibt, ist der Gerichtshof am besten in der Lage, über die Gültigkeit von Sekundärrechtsakten der Union zu entscheiden, da die Unionsorgane, deren Rechtsakte angefochten werden, nach Art. 23 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union das Recht haben, beim Gerichtshof schriftliche Erklärungen abzugeben, um die Gültigkeit dieser Rechtsakte zu verteidigen. Außerdem kann der Gerichtshof nach Art. 24 Abs. 2 dieser Satzung von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, die nicht Parteien des Rechtsstreits sind, alle Auskünfte verlangen, die er zur Regelung dieses Rechtsstreits für erforderlich erachtet.

30

Unbeschadet dessen ist ein nationales Gericht befugt, sich vor einer eventuellen Anrufung des Gerichtshofs an ein Unionsorgan zu wenden, um Informationen und genaue Anhaltspunkte zu erhalten, die es für unerlässlich erachtet, damit alle seine Zweifel an der Gültigkeit des betreffenden Unionsrechtsakts ausgeräumt werden und somit vermieden wird, dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Gültigkeit ersucht werden muss.

31

Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Unionsorgane zur loyalen Zusammenarbeit mit den Gerichten der Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die für die Anwendung und Einhaltung des Unionsrechts im Rahmen der nationalen Rechtsordnung Sorge zu tragen haben. Hierbei müssen die Unionsorgane nach Art. 4 Abs. 3 EUV diesen Gerichten die Angaben und Unterlagen übermitteln, um die diese Gerichte die Unionsorgane in Ausübung ihrer Zuständigkeiten ersucht haben, sofern die Weigerung, sie zu übermitteln, nicht durch legitime Gründe, zu denen u. a. der Schutz der Rechte Dritter oder die Gefahr einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit oder Unabhängigkeit der Union gehören, gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 6. Dezember 1990, Zwartveld u. a., C‑2/88‑IMM, EU:C:1990:440, Rn. 10 und 11).

32

Folglich ist auf die Frage 1b zu antworten, dass Art. 267 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht befugt ist, sich vor einer eventuellen Anrufung des Gerichtshofs an die Unionsorgane zu wenden, die am Erlass eines Sekundärrechtsakts der Union beteiligt waren, dessen Gültigkeit vor ihm angefochten wird, um von diesen Informationen und genaue Anhaltspunkte zu erhalten, die es für unerlässlich erachtet, damit alle seine Zweifel an der Gültigkeit des betreffenden Unionsrechtsakts ausgeräumt werden und vermieden wird, dass es den Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Gültigkeit dieses Rechtsakts ersuchen muss.

Zur zweiten Frage

33

Mit den Fragen 2a bis 2c, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Durchführungsverordnung Nr. 723/2011 angesichts von Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung ungültig ist, da die Stellungnahme von Eurobolt zu den Feststellungen der Kommission dem in dieser Vorschrift vorgesehenen Beratenden Ausschuss nicht als zweckdienliche Informationen im Sinne dieser Vorschrift spätestens zehn Arbeitstage vor der Ausschusssitzung zur Verfügung gestellt worden war.

34

Vorab ist zu bemerken, dass die in der Grundverordnung vorgesehenen Konsultationen, wie sich aus ihrem Art. 15 Abs. 1 ergibt, in einem Beratenden Ausschuss stattfinden, der aus Vertretern jedes Mitgliedstaats besteht und in dem ein Vertreter der Kommission den Vorsitz führt.

35

Nach Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung wird der Beratende Ausschuss von seinem Vorsitzenden einberufen, der den Mitgliedstaaten „so bald wie möglich, aber spätestens zehn Arbeitstage vor der Sitzung alle zweckdienlichen Informationen“ übermittelt.

36

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Sitzung des Beratenden Ausschusses am 15. Juni 2011 stattfand, also zwei Tage, nachdem Eurobolt innerhalb der ihr hierfür gesetzten Frist ihre Stellungnahme zu den Feststellungen der Kommission abgegeben hatte.

37

Für die Antwort auf die Frage, ob insoweit gegen Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung in einer Art und Weise verstoßen wurde, die die Durchführungsverordnung Nr. 723/2011 ungültig macht, ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Stellungnahme von Eurobolt unter den Begriff „zweckdienliche Informationen“ im Sinne dieser Vorschrift fällt.

38

Da Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung sehr allgemein formuliert ist, ist der Begriff „zweckdienliche Informationen“ in einem sehr weiten Sinne zu verstehen. Da zudem nach dem Wortlaut dieser Vorschrift den Mitgliedstaaten „alle“ zweckdienlichen Informationen übermittelt werden müssen, geht aus ihr klar hervor, dass der Beratende Ausschuss so umfassend wie möglich informiert werden soll.

39

Darüber hinaus wird die Bedeutung der den interessierten Parteien eingeräumten Möglichkeit, während der Untersuchung angehört zu werden und ihre Interessen zu verteidigen, im zwölften Erwägungsgrund der Grundverordnung hervorgehoben.

40

Im vorliegenden Fall ist die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Stellungnahme von Eurobolt in ihrer Eigenschaft als interessierte Partei im Rahmen einer von der Kommission gemäß Art. 13 Abs. 3 der Grundverordnung eingeleiteten Untersuchung abgegeben worden. Diese Stellungnahme bezog sich auf die vorläufigen Feststellungen der Kommission.

41

Eurobolt hat somit gemäß Art. 6 Abs. 7 der Grundverordnung ihren Standpunkt dargelegt und Informationen übermittelt.

42

Folglich – und wie der Generalanwalt in den Nrn. 47 bis 50 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – handelte es sich bei der Stellungnahme von Eurobolt um zweckdienliche Informationen im Sinne von Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung.

43

Daraus folgt, dass dadurch gegen diese Vorschrift verstoßen wurde, dass diese Stellungnahme den Mitgliedstaaten nicht spätestens zehn Arbeitstage vor der Sitzung des Beratenden Ausschusses übermittelt wurde, wie in Rn. 36 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist.

44

Daher ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob dieser Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung so geartet ist, dass er die Durchführungsverordnung Nr. 723/2011 ungültig macht.

45

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der nach der Grundverordnung erfolgende Erlass von Antidumpingmaßnahmen wie der Durchführungsverordnung Nr. 723/2011 auf der Grundlage eines Verfahrens, insbesondere einer Untersuchung, stattfindet, bei dem die im Beratenden Ausschuss vertretenen Mitgliedstaaten, wie im 24. Erwägungsgrund der Grundverordnung hervorgehoben wird, in bestimmten Phasen konsultiert werden müssen.

46

Für eine solche Konsultation sieht Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung vor, dass dem Beratenden Ausschuss alle zweckdienlichen Informationen übermittelt werden, und zwar „so bald wie möglich, aber spätestens zehn Arbeitstage vor der Sitzung“.

47

Insoweit ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, die unbedingt formuliert ist, dass die in ihr vorgesehene Frist von zehn Tagen zwingend ist (vgl. entsprechend Urteil vom 29. Juli 2010, Griechenland/Kommission, C‑54/09 P, EU:C:2010:451, Rn. 46).

48

Sodann geht aus dem 25. Erwägungsgrund der Grundverordnung hervor, dass die in ihrem Art. 15 Abs. 2 vorgesehene Frist, da die betreffenden Informationen „oft äußerst technisch [sind] und … genaue wirtschaftliche und rechtliche Analysen [umfassen]“, den im Beratenden Ausschuss vertretenen Mitgliedstaaten genug Zeit lassen soll, um diese Informationen vor der Ausschusssitzung in Ruhe zu prüfen (vgl. entsprechend Urteil vom 20. September 2017, Tilly-Sabco/Kommission, C‑183/16 P, EU:C:2017:704, Rn. 102).

49

Im Übrigen soll diese Frist außerdem den Regierungen der Mitgliedstaaten ermöglichen, über ihre Vertreter im Beratenden Ausschuss von allen zweckdienlichen Informationen zu einer Untersuchung Kenntnis zu erlangen, damit diese Regierungen mittels interner und externer Konsultationen einen Standpunkt festlegen können, mit dem innerhalb des Beratenden Ausschusses ihre jeweiligen eigenen Interessen gewahrt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 20. September 2017, Tilly-Sabco/Kommission, C‑183/16 P, EU:C:2017:704, Rn. 103).

50

Schließlich soll diese Frist auch gewährleisten, dass die Informationen und Stellungnahmen, zu deren Einreichung die interessierten Parteien – wie in Rn. 39 des vorliegenden Urteils ausgeführt – während einer Untersuchung berechtigt sind, im Rahmen des Konsultationsverfahrens im Beratenden Ausschuss gebührend berücksichtigt werden können.

51

Unter diesen Umständen – und wie der Generalanwalt insbesondere in den Nrn. 61 und 66 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – gehört das in Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung aufgestellte Erfordernis, dem Beratenden Ausschuss alle zweckdienlichen Informationen spätestens zehn Arbeitstage vor seiner Sitzung zu übermitteln, zu den für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens wesentlichen Formvorschriften, deren Verletzung die Nichtigkeit des betreffenden Rechtsakts zur Folge hat (vgl. entsprechend Urteile vom 10. Februar 1998, Deutschland/Kommission, C‑263/95, EU:C:1998:47‚ Rn. 32, und vom 20. September 2017, Tilly-Sabco/Kommission, C‑183/16 P, EU:C:2017:704‚ Rn. 114).

52

In Anbetracht dessen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Durchführungsverordnung Nr. 723/2011 ungültig ist, weil sie unter Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 der Grundverordnung erlassen wurde.

Kosten

53

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 267 AEUV ist dahin auszulegen, dass ein Rechtsunterworfener, wenn er die Gültigkeit eines Sekundärrechtsakts der Union bestreiten will, vor einem nationalen Gericht Rügen geltend machen kann, die im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV vorgebracht werden können, einschließlich solcher Rügen, mit denen die Nichtbeachtung der Voraussetzungen für den Erlass eines solchen Rechtsakts beanstandet wird.

 

2.

Art. 267 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht befugt ist, sich vor einer eventuellen Anrufung des Gerichtshofs an die Organe der Europäischen Union zu wenden, die am Erlass eines Sekundärrechtsakts der Union beteiligt waren, dessen Gültigkeit vor ihm angefochten wird, um von diesen Informationen und genaue Anhaltspunkte zu erhalten, die es für unerlässlich erachtet, damit alle seine Zweifel an der Gültigkeit des betreffenden Unionsrechtsakts ausgeräumt werden und vermieden wird, dass es den Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Gültigkeit dieses Rechtsakts ersuchen muss.

 

3.

Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 723/2011 des Rates vom 18. Juli 2011 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China auf aus Malaysia versandte Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl, ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht, ist ungültig, weil sie unter Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern erlassen worden ist.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.

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