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Document 62017CC0151

    Schlussanträge des Generalanwalts H. Saugmandsgaard Øe vom 12. April 2018.
    Swedish Match AB gegen Secretary of State for Health.
    Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Administrative Court).
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Rechtsangleichung – Herstellung, Aufmachung und Verkauf von Tabakerzeugnissen – Richtlinie 2014/40/EU – Art. 1 Buchst. c und Art. 17 – Verbot des Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen zum oralen Gebrauch – Gültigkeit.
    Rechtssache C-151/17.

    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2018:241

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE

    vom 12. April 2018 ( 1 )

    Rechtssache C‑151/17

    Swedish Match AB

    gegen

    Secretary of State for Health,

    Beteiligte:

    New Nicotine Alliance

    (Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice [England & Wales], Queen’s Bench Division [Administrative Court] [Hoher Gerichtshof (England und Wales), Abteilung Queen’s Bench (Verwaltungsrechtskammer), Vereinigtes Königreich])

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Rechtsangleichung – Herstellung, Aufmachung und Verkauf von Tabakerzeugnissen – Richtlinie 2014/40/EU – Art. 1 Buchst. c – Art. 17 – Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch – Ersuchen um Prüfung der Gültigkeit – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Vorsorgeprinzip“

    I. Einleitung

    1.

    Mit seinem Vorabentscheidungsersuchen fragt der High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) (Hoher Gerichtshof [England und Wales], Abteilung Queen’s Bench [Verwaltungsrechtskammer], Vereinigtes Königreich), den Gerichtshof nach der Gültigkeit von Art. 1 Buchst. c und Art. 17 der Richtlinie 2014/40/EU ( 2 ). Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft Swedish Match AB und dem Secretary of State for Health (Minister für Gesundheit), Beteiligte: New Nicotine Alliance (im Folgenden: NNA), über die Gültigkeit nationaler Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Bestimmungen.

    2.

    Nach Art. 1 Buchst. c und Art. 17 der Richtlinie 2014/40 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, das Inverkehrbringen von Tabak zum oralen Gebrauch zu verbieten. Durch diese Bestimmungen wird eine seit 1992 bestehende Verpflichtung der Mitgliedstaaten beibehalten ( 3 ), die bereits durch Art. 8 der Richtlinie 2001/37/EG, die der Richtlinie 2014/40 vorausging, verlängert worden war ( 4 ). Für das Königreich Schweden gilt allerdings wegen des traditionellen Konsums eines als „Snus“ bezeichneten Tabakerzeugnisses zum oralen Gebrauch in diesem Land eine Ausnahme aufgrund einer Bestimmung in der Akte über den Beitritt Schwedens zur Europäischen Union ( 5 ).

    3.

    In den Urteilen Swedish Match ( 6 ) und Arnold André ( 7 ) hat der Gerichtshof bereits die Gültigkeit des Art. 8 der Richtlinie 2001/37 untersucht, und seine Prüfung hat nichts ergeben, was diese beeinträchtigen könnte. In der vorliegenden Rechtssache wird er im Wesentlichen ersucht zu entscheiden, ob die Gültigkeit der in der Richtlinie 2014/40 enthaltenen Bestimmungen ähnlicher Tragweite angesichts der seither eingetretenen Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Rechtsvorschriften über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse in Frage gestellt werden muss.

    4.

    In der Frage des vorlegenden Gerichts werden mehrere Gründe für eine eventuelle Ungültigkeit des Art. 1 Buchst. c und des Art. 17 der Richtlinie 2014/40 genannt. Dem Wunsch des Gerichtshofs entsprechend wird diese Frage in den vorliegenden Schlussanträgen allerdings nur unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob diese Bestimmungen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Einige in diesem Zusammenhang angestellte Überlegungen werden jedoch auch für die Prüfung dieser Frage unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit der genannten Bestimmungen mit dem Diskriminierungsverbot von Bedeutung sein.

    5.

    Ich bemerke vorab, dass diese Prüfung nichts ergeben wird, was zur Ungültigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen führen könnte.

    II. Rechtlicher Rahmen

    6.

    Am 19. Dezember 2012 erließ die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Überarbeitung der Richtlinie 2001/37 (im Folgenden: Kommissionsvorschlag) ( 8 ) mit einer als Begleitdokument beigefügten Folgenabschätzung, in der die Ergebnisse einer detaillierten Untersuchung der Kommissionsdienststellen zusammengefasst waren, die diese auf der Grundlage einer öffentlichen Konsultation der Interessenträger durchgeführt hatten (nachstehend: Folgenabschätzung) ( 9 ). Die Kommission prüfte darin die verschiedenen Optionen, die dem Gesetzgeber u. a. für die Regelung des Tabaks zum oralen Gebrauch offen standen, und untersuchte deren potenzielle gesundheitspolitische und sozioökonomische Auswirkungen. Dabei berücksichtigte sie seinerzeit verfügbare wissenschaftliche Studien, namentlich einen 2008 im Auftrag der Kommission vom EU Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks (Wissenschaftlicher Ausschuss „Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken“, SCENIHR) abgegebenen Bericht (im Folgenden: SCENIHR-Bericht) ( 10 ).

    7.

    Der Vorschlag der Kommission und die Folgenabschätzung dienten als Grundlage für den Erlass der Richtlinie 2014/40, deren 32. Erwägungsgrund lautet:

    „Gemäß der Richtlinie 89/622/EWG des Rates[ ( 11 )] war der Verkauf bestimmter Tabake zum oralen Gebrauch in den Mitgliedstaaten verboten. Mit der Richtlinie [2001/37]/EG wurde dieses Verbot bestätigt. Art. 151 der [Beitrittsakte] sieht für Schweden eine Ausnahme von dem Verbot vor. Das Verkaufsverbot für Tabak zum oralen Gebrauch sollte beibehalten werden, damit verhindert wird, dass ein Produkt in die Union (abgesehen von Schweden) gelangt, das suchterzeugend ist und gesundheitsschädigende Wirkungen hat. Bei anderen rauchlosen Tabakerzeugnissen, die nicht für den Massenmarkt hergestellt werden, werden strenge Kennzeichnungsvorschriften und bestimmte Vorschriften in Bezug auf ihre Inhaltsstoffe als ausreichend angesehen, um eine über den herkömmlichen Konsum dieser Erzeugnisse hinausgehende Expansion auf den Märkten einzudämmen.“

    8.

    Art. 1 Buchst. c dieser Richtlinie bestimmt:

    „Ziel dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für

    c)

    das Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch;

    …“

    9.

    Nach Art. 2 Nr. 8 dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „‚Tabak zum oralen Gebrauch‘ alle Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch – mit Ausnahme von Erzeugnissen, die zum Inhalieren oder Kauen bestimmt sind –, die ganz oder teilweise aus Tabak bestehen und die in Pulver- oder Granulatform oder in einer Kombination aus beiden Formen, insbesondere in Portionsbeuteln oder porösen Beuteln, angeboten werden“.

    10.

    In Art. 17 dieser Richtlinie heißt es: „Die Mitgliedstaaten verbieten das Inverkehrbringen von Tabak zum oralen Gebrauch unbeschadet des Artikels 151 der [Beitrittsakte].“

    11.

    Art. 151 Abs. 1 der Beitrittsakte bestimmt: „Die in Anhang XV aufgeführten Rechtsakte gelten für die neuen Mitgliedstaaten unter den in jenem Anhang festgelegten Bedingungen.“ In diesem Anhang heißt es namentlich, dass das Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch nicht für das Königreich Schweden gilt, mit Ausnahme des Verbots, dieses Erzeugnis in einer Form, die an ein Lebensmittel erinnert, in den Verkehr zu bringen.

    12.

    Im Vereinigten Königreich wurden Art. 1 Buchst. c und Art. 17 der Richtlinie 2014/40 durch Regulation 17 der Tobacco and Related Products Regulations 2016 (Verordnung über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse, im Folgenden: Tabakverordnung) umgesetzt, die vorsieht, dass „niemand Tabak … zum oralen Gebrauch herstellen oder liefern [darf]“.

    III. Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefrage und Verfahren vor dem Gerichtshof

    13.

    Swedish Match ist eine Aktiengesellschaft schwedischen Rechts, die hauptsächlich rauchfreie Tabakerzeugnisse, u. a. Snus, vertreibt. Snus wird oral konsumiert und besteht aus pasteurisiertem gemahlenem Tabak und lebensmittelrechtlich zugelassenen Zusatzstoffen. Die Herstellung von Snus unterliegt in Schweden dem Lebensmittelrecht. Der Höchstgehalt unerwünschter Stoffe in diesem Erzeugnis wurde von der schwedischen Lebensmittelbehörde genau festgesetzt.

    14.

    Diese Gesellschaft focht Regulation 17 der Tabakverordnung mit einer Klage vor dem vorlegenden Gericht an. Beklagter in diesem Verfahren ist der Secretary of State for Health (Minister für Gesundheit, Vereinigtes Königreich). Die NNA, ein eingetragener Verein mit dem Zweck der Förderung der öffentlichen Gesundheit durch die Verringerung der durch Tabak verursachten Schäden, wurde als Streithelferin in diesem Verfahren zugelassen.

    15.

    Swedish Match macht mit ihrer Klage geltend, dass das in Regulation 17 der Tabakverordnung ausgesprochene absolute Verbot, Tabak zu oralem Gebrauch im Vereinigten Königreich in den Verkehr zu bringen, mit dem Unionsrecht unvereinbar sei, denn die Bestimmungen, die diese Vorschrift umsetzen solle, nämlich Art. 1 Buchst. c und Art. 17 der Richtlinie 2014/40, verstießen selbst gegen höherrangige Normen des Unionsrechts.

    16.

    Swedish Match trägt vor, die Ausführungen des Gerichtshofs in dem Urteil Swedish Match ( 12 ), in dem dieser entschieden habe, dass die Prüfung nichts ergeben habe, was die Gültigkeit des in Art. 8 der Richtlinie 2001/37 ausgesprochenen Verbots des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch beeinträchtigen könnte, seien angesichts der zwischenzeitlich eingetretenen Entwicklungen der anwendbaren Rechtsvorschriften, der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Merkmale des Marktes für Tabakerzeugnisse nicht mehr relevant.

    17.

    Unvereinbar seien Art. 1 Buchst. c und Art. 17 der Richtlinie 2014/40 namentlich mit den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität, mit der in Art. 296 AEUV enthaltenen Begründungspflicht und mit dem durch die Art. 34 und 35 AEUV garantierten freien Warenverkehr.

    18.

    Die NNA trägt in ihrem Streithilfeschriftsatz vor, das Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch sei nicht nur unverhältnismäßig, sondern verstoße auch gegen die in den Art. 1 bzw. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerten Rechte auf Achtung der Menschenwürde und des Privat- und Familienlebens sowie gegen das in Art. 35 der Charta vorgesehene Recht auf Zugang zur ärztlichen Versorgung.

    19.

    Unter diesen Umständen hat das vorlegende Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Sind Art. 1 Buchst. c und Art. 17 der Richtlinie 2014/40/EU ungültig wegen

    i.

    Verstoßes gegen das allgemeine unionsrechtliche Diskriminierungsverbot,

    ii.

    Verstoßes gegen den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,

    iii.

    Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 3 EUV und das unionsrechtliche Subsidiaritätsprinzip,

    iv.

    Verstoßes gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV,

    v.

    Verstoßes gegen die Art. 34 und 35 AEUV und

    vi.

    Verstoßes gegen die Art. 1, 7 und 35 der Charta?

    20.

    Swedish Match, die NNA, die finnische und die ungarische Regierung, das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Kommission haben schriftliche Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht.

    21.

    Swedish Match, die NNA, die Regierung des Vereinigten Königreichs, die norwegische Regierung, das Parlament, der Rat und die Kommission haben an der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2018 teilgenommen.

    IV. Untersuchung

    A.   Einleitende Bemerkungen

    22.

    Das in Art. 1 Buchst. c und Art. 17 der Richtlinie 2014/40 ausgesprochene Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch verfolgt ebenso wie die übrigen Bestimmungen dieser Richtlinie die doppelte Zielsetzung, ausgehend von einem hohen Schutz der menschlichen Gesundheit besonders für junge Menschen, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu erleichtern ( 13 ).

    23.

    Das Verbot wurde in dieser Richtlinie beibehalten, um eine erneute Fragmentierung des Binnenmarktes wie die, die vor der Einführung dieser Maßnahme auf Unionsebene im Jahr 1992 bestand, zu vermeiden ( 14 ). Damals hatten mehrere Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von Tabak zum oralen Gebrauch untersagt oder waren dabei, dies zu tun, so dass eine Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften für nötig befunden wurde, um den Hindernissen für den Handel zuvorzukommen, die sich wahrscheinlich aus einer heterogenen Entwicklung dieser Rechtsvorschriften ergeben hätten ( 15 ).

    24.

    Der Gesetzgeber war wie schon 1992 und 2001 der Auffassung, dass diese Harmonisierung durch ein Verbot dieses Erzeugnisses erfolgen müsse, um auch das Ziel des Gesundheitsschutzes zu erreichen. Wie sich aus dem 32. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/40 ergibt, bezweckt dieses Verbot, den Zugang zu suchterzeugenden und schädlichen Tabakerzeugnissen, die für den Massenmarkt hergestellt werden, zu verhindern.

    25.

    Liest man diesen Erwägungsgrund im Licht des Kommissionsvorschlags und der Folgenabschätzung, so enthält er den Hinweis, dass der Gesetzgeber ausging von der dem Tabak zum oralen Gebrauch innewohnende Gefährlichkeit und der Notwendigkeit zu verhindern, dass in der Union eine neue Form der Nikotinabhängigkeit, besonders bei jungen Menschen, Platz greift (Initiationseffekt). Die Beibehaltung des Verbots des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch erschien umso notwendiger, als diese Abhängigkeit unter Umständen das Risiko des späteren Konsums von Rauchtabak erhöht (Gateway-Effekt). Außerdem könnte die Aufhebung des Verbots die Entwöhnungsbemühungen der Raucher dadurch vereiteln, dass sie ihnen eine Gelegenheit verschaffen würde, in rauchfreien Zonen unbemerkt Tabak zu konsumieren. Personen, deren Entwöhnungsbemühungen erfolglos blieben, liefen dann Gefahr, sowohl Rauchtabak als auch Tabak zum oralen Gebrauch zu konsumieren. Dagegen sei nicht nachgewiesen, dass Tabak zum oralen Gebrauch als Alternative zum Rauchtabak eine wirksame Hilfe bei der Entwöhnung darstelle (Substitutionseffekt). Der Gesetzgeber kam deshalb zu dem Ergebnis, dass die Beibehaltung des Verbots für die öffentliche Gesundheit insgesamt von Vorteil sei ( 16 ).

    26.

    Der Vorlageentscheidung zufolge halten Swedish Match und die NNA das Verbot für unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und verweisen auf die geringere relative Schädlichkeit von Tabak zum oralen Gebrauch gegenüber den anderen Tabakerzeugnissen. Sie tragen vor, die Aufhebung dieses Verbots würde es ermöglichen, Rauchtabakerzeugnisse durch andere weniger schädliche Tabakerzeugnisse zu ersetzen (Substitutionseffekt). Zugleich würden zahlreiche passive Raucher geschont. Im Übrigen gebe es keinen Beweis dafür, dass der Konsum von Tabak zum oralen Gebrauch einen Gateway-Effekt zum Konsum von Rauchtabak hervorrufe. Deshalb sei das Verbot insgesamt schädlich für die öffentliche Gesundheit, auch wenn Tabak zum oralen Gebrauch nicht völlig unschädlich sei. Swedish Match und die NNA machen ferner geltend, das Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch sei gegenüber der Behandlung anderer unter die Richtlinie 2014/40 fallender Erzeugnisse inkonsequent.

    27.

    Diese einander gegenüberstehenden Auffassungen spiegeln zwei verschiedene Herangehensweisen der Eindämmung des Tabakgebrauchs wider. Während das Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch Teil einer Strategie der Reduzierung des Angebots und des Konsums von Tabakerzeugnissen ist, würde sich die von Swedish Match und NNA befürwortete Aufhebung dieses Verbots in eine Strategie der Reduzierung der schädlichen Wirkungen des Tabaks einfügen.

    28.

    Hier hat der Gerichtshof allerdings nicht zu prüfen, ob die vom Gesetzgeber gewählte Maßnahme „die einzig mögliche oder die bestmögliche Maßnahme“ war, sondern nur, ob sie „offensichtlich ungeeignet“ war ( 17 ). Denn der Unionsgesetzgeber verfügt über ein weites Ermessen in Bereichen, in denen von ihm politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen verlangt werden und in denen er komplexe Beurteilungen vorzunehmen hat. Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass zu diesen Bereichen die Regelung der Tabakerzeugnisse ( 18 ) einschließlich des Tabaks zum oralen Gebrauch ( 19 ) gehört.

    29.

    Somit ist die gerichtliche Kontrolle der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eingeschränkt, was seine drei Voraussetzungen betrifft. Ich erinnere insoweit an die ständige Rechtsprechung, wonach dieser Grundsatz erstens verlangt, dass die Handlungen der Unionsorgane zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele geeignet sind („Eignungsprüfung“), zweitens dürfen sie nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was dazu erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, der am wenigsten belastenden der Vorzug zu geben ist („Notwendigkeitsprüfung“), und drittens müssen die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen („Prüfung der Verhältnismäßigkeit im eigentlichen Sinne“) ( 20 ).

    B.   Eignungsprüfung

    30.

    Aufgrund der Eignungsprüfung kann ein Rechtsakt, der in einem Bereich erlassen wurde, in dem der Unionsgesetzgeber über eine weite Regelungsbefugnis verfügt, nur dann für ungültig erklärt werden, wenn er zur Erreichung der verfolgten Ziele offensichtlich ungeeignet ist. Aber auch beim Bestehen einer solchen Befugnis ist der Gesetzgeber verpflichtet, seine Entscheidung auf Kriterien zu stützen, die objektiv sind und in angemessenem Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen, und dabei alle zum Zeitpunkt des Erlasses der in Rede stehenden Maßnahme bekannten Tatsachen und verfügbaren technischen und wissenschaftlichen Daten zu berücksichtigen ( 21 ).

    31.

    In den Urteilen Swedish Match ( 22 ) und Arnold André ( 23 ) hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass das in Art. 8 der Richtlinie 2001/37 ausgesprochene Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch zur Verfolgung der doppelten Zielsetzung der Richtlinie nicht offensichtlich ungeeignet war.

    32.

    In diesem Zusammenhang hat er auf die dem Tabak zum oralen Gebrauch innewohnende Gefährlichkeit hingewiesen. Erstens enthalte dieser Nikotin, eine Substanz, die zur Abhängigkeit führe und deren Toxizität außer Frage stehe. Zweitens habe der Konsum von Tabak zum oralen Gebrauch schädliche Wirkungen, so etwa ein erhöhtes Risiko von Krebserkrankungen in der Mundhöhle, wenngleich eine wissenschaftliche Kontroverse in diesem Punkt fortbestehe. Ferner sei bei Erlass der Richtlinie 2001/37 nicht erwiesen gewesen, dass diese schädlichen Wirkungen geringer gewesen seien als die, die mit dem Gebrauch anderer Tabakerzeugnisse verbunden seien ( 24 ).

    33.

    Der Gerichtshof hat weiter die möglichen Wirkungen einer Aufhebung des Verbots auf die Konsumgewohnheiten untersucht und daran erinnert, dass es eingeführt worden sei, um dem ernst zu nehmenden Risiko der Verwendung von Tabak zum oralen Gebrauch durch Kinder und Jugendliche zu begegnen. Im Übrigen sei ein eventueller Substitutionseffekt nicht erwiesen, sondern unter Wissenschaftlern nach wie vor umstritten ( 25 ).

    34.

    Meines Erachtens führen weder die Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse noch die Änderungen der Rechtsvorschriften über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse, die seit dem Erlass dieser Urteile eingetreten sind, zu einem anderen Ergebnis betreffend die Eignung des Art. 1 Buchst. c und des Art. 17 der Richtlinie 2014/40 zur Erreichung ihrer doppelten Zielsetzung.

    1. Zum Vorbringen betreffend die wissenschaftlichen Entwicklungen

    a) Vorbemerkungen über die Anwendung des Vorsorgeprinzips

    35.

    Ebenso wie die Richtlinie 2001/37 wurde die Richtlinie 2014/40 in einem Kontext erlassen, in dem Unsicherheiten und Kontroversen bezüglich der Natur und des Umfangs der schädlichen Wirkungen des Tabaks zum oralen Gebrauch sowie der Auswirkungen seines eventuellen Inverkehrbringens in der gesamten Union auf die Konsumgewohnheiten bestanden.

    36.

    Die Kommission räumte in der Folgenabschätzung ein, dass auch wenn bestimmte schädliche Wirkungen des Konsums von Tabak zum oralen Gebrauch als bewiesen anzusehen seien, Vorliegen und Umfang anderer schädlicher Wirkungen nach wie vor ungewiss seien. Desgleichen könnten die wahrscheinlichsten Auswirkungen einer Aufhebung des Verbots des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch auf die Konsumgewohnheiten in den anderen Mitgliedstaaten als Schweden, da es sich um Prognosen handele, nicht mit Gewissheit vorhergesagt werden ( 26 ).

    37.

    Im Übrigen waren die in der Folgenabschätzung aufgrund verschiedener wissenschaftlicher Arbeiten, namentlich des SCENIHR-Berichts, vorgenommenen Beurteilungen dieser potenziellen Wirkungen nicht unumstritten. Swedish Match und die NNA zogen aus bestimmten Teilen dieses Berichts und aus dort zitierten Artikeln verschiedene Schlüsse. Sie berufen sich insbesondere auf einen den schriftlichen Erklärungen von Swedish Match beigefügten wissenschaftlichen Bericht, der von dieser Firma zum Zweck einer kritischen Beurteilung der wissenschaftlichen Grundlagen der Richtlinie 2014/40 in Auftrag gegeben worden war, und verweisen ferner auf Gutachten aus der Zeit nach der Folgenabschätzung und nach dem Erlass der Richtlinie, in denen den in der Folgenabschätzung enthaltenen Beurteilungen widersprochen worden sei.

    38.

    Unter diesen Umständen ist die Eignung des Art. 1 Buchst. c und des Art. 17 der Richtlinie 2014/40 zum Schutz der öffentlichen Gesundheit im Licht des in Art. 191 Abs. 2 AEUV verankerten und in der Rechtsprechung präzisierten Vorsorgeprinzips zu prüfen. Danach können „bei Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens oder des Umfangs von Risiken für die menschliche Gesundheit Schutzmaßnahmen getroffen werden …, ohne dass abgewartet werden müsste, dass das Bestehen und die Schwere dieser Risiken in vollem Umfang nachgewiesen worden wären“ ( 27 ). Wie ich noch erläutern werde, können die Unsicherheiten, die die Anwendung dieses Grundsatzes rechtfertigen, sowohl die schädlichen Wirkungen eines Erzeugnisses als auch die Auswirkungen seines Inverkehrbringens auf die Konsumgewohnheiten betreffen ( 28 ).

    39.

    Die Rechtmäßigkeit von Vorsorgemaßnahmen setzt eine möglichst umfassende vorherige Risikobewertung voraus. So können rein hypothetische Erwägungen betreffend das Bestehen eines Risikos, die auf bloße wissenschaftlich nicht fundierte Vermutungen gestützt werden, den Erlass derartiger Maßnahmen nicht rechtfertigen ( 29 ). Dieser ist nur zulässig, „wenn es sich als unmöglich erweist, das Vorliegen oder den Umfang des behaupteten Risikos mit Sicherheit festzustellen, weil die Ergebnisse der durchgeführten Studien unschlüssig sind, die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Schadens für die Gesundheit der Bevölkerung jedoch fortbesteht, falls das Risiko eintritt“ ( 30 ).

    40.

    Die Beachtung der Verpflichtung, alle Vorsorgemaßnahmen auf eine solche Risikobewertung zu stützen, muss unter Berücksichtigung des weiten Ermessens geprüft werden, über das der Unionsgesetzgeber in Bereichen verfügt, in denen von ihm komplexe Beurteilungen verlangt werden ( 31 ). Dieses Ermessen bezieht sich nämlich nicht nur auf die Art und die Tragweite der zu ergreifenden Maßnahmen, sondern auch auf die dazu vorgenommene Beurteilung wissenschaftlich erwiesener Tatsachen ( 32 ). Deshalb darf der Unionsrichter „nicht seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen, dem allein der Vertrag diese Aufgabe anvertraut hat“ ( 33 ).

    41.

    Wenn nach der Risikobewertung wissenschaftliche Unsicherheiten fortbestehen, muss der Unionsgesetzgeber entscheiden, welches Risiko für die Bevölkerung nicht mehr akzeptabel ist, und geeignete Vorsorgemaßnahmen treffen. Dieses Risikomanagement auf der Grundlage einer Risikobewertung impliziert ferner ein weites Ermessen, wenn es darum geht, politische Entscheidungen über das zu erreichende Schutzniveau und die insoweit zu ergreifenden Maßnahmen zu treffen ( 34 ).

    42.

    Unter Beachtung dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob der Gesetzgeber durch den Erlass des Art. 1 Buchst. c und des Art. 17 der Richtlinie 2014/40 bei der Bewertung der mit dem Konsum von Tabak zum oralen Gebrauch verbundenen Risiken und der darauf gestützten Wahl der Art und der Tragweite der in Rede stehenden Maßnahme nicht die Grenzen seines Ermessens überschritten hat.

    b) Zu der Feststellung, dass Tabak zum oralen Gebrauch suchterzeugend und schädlich ist

    43.

    Im 32. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/40 heißt es, dass Tabak zum oralen Gebrauch „suchterzeugend … und gesundheitsschädigend“ ist. Diese Feststellung beruht auf der in der Folgenabschätzung enthaltenen Beurteilung, wonach der Konsum von Tabak zum oralen Gebrauch erwiesenermaßen mit dem Risiko der Nikotinabhängigkeit und mit unerwünschten Wirkungen wie Schwangerschaftskomplikationen und zudem mit ungewissen Risiken anderer schädlicher Wirkungen verbunden sei ( 35 ). Dazu wird in der Folgenabschätzung auf wissenschaftliche Ungewissheiten bezüglich eines erhöhten Risikos von Bauchspeicheldrüsen-, Mundhöhlen- und Luftröhrenkrebs und Mortalität nach Myokardinfarkt hingewiesen ( 36 ).

    44.

    Swedish Match und die NNA machen erstens geltend, die Risiken schädlicher Wirkungen seien beim Konsum von Tabak zum oralen Gebrauch geringer als beim Konsum von Rauchtabak.

    45.

    In der Tat wird in der Folgenabschätzung eingeräumt, dass Tabak zum oralen Gebrauch weniger schädlich ist als Rauchtabak ( 37 ). Dies widerlegt jedoch nicht die der gesetzgeberischen Entscheidung, das fragliche Verbot beizubehalten, zugrunde liegende Feststellung, dass Tabak zum oralen Gebrauch absolut gesehen der Gesundheit schadet.

    46.

    Zweitens äußern Swedish Match und die NNA Zweifel an der in der Folgenabschätzung enthaltenen Feststellung, dass der Konsum von Tabak zum oralen Gebrauch möglicherweise das Risiko bestimmter Krebsarten erhöhe. Dem stünden mehrere Studien, darunter systematische Untersuchungen und Metaanalysen von Einzeluntersuchen entgegen, die eine genauere Einschätzung dieser Risiken ermöglichten als die in der Folgenabschätzung herangezogenen Arbeiten ( 38 ).

    47.

    Meines Erachtens belegt dieses Vorbringen nicht, dass der Gesetzgeber sein Ermessen durch die Feststellung überschritten hat, dass wissenschaftliche Unsicherheiten bezüglich des Bestehens und der Tragweite dieser Risiken fortbestünden und dass dies ihn nicht daran hindere, ihnen entgegenzutreten ( 39 ). Tatsächlich hat er die fraglichen Risiken aufgrund einer Gesamtbeurteilung der verfügbaren wissenschaftlichen Daten bewertet und ist aufgrund dieser Bewertung in Ausübung seines Ermessens zu der Überzeugung gelangt, dass diese Risiken, auch wenn insoweit wissenschaftliche Unsicherheiten fortbestünden, ausreichend dokumentiert seien.

    48.

    Nach den Ausführungen der Kommission in der Folgenabschätzung kann dieses Gesamtergebnis nicht allein deshalb in Frage gestellt werden, weil bestimmte Erkenntnisse, aufgrund deren sie die Schädlichkeit von Tabak zum oralen Gebrauch bejaht habe, in Gegengutachten bestritten worden seien ( 40 ). Das Ermessen, über das der Gesetzgeber bei der Risikobewertung verfügt, erstreckt sich meiner Meinung nach auch auf die Beurteilung der Zuverlässigkeit und der Relevanz der verfügbaren Untersuchungen, auf die Interpretation ihrer Ergebnisse und auf die Gewichtung jeder relevanten Untersuchung.

    49.

    Was im Übrigen den Hinweis von Swedish Match und der NNA auf bestimmte aus der Zeit nach dem Erlass der Richtlinie 2014/40 stammende Untersuchungen betrifft, in denen jeder Zusammenhang zwischen dem Konsum von Tabak zum oralen Gebrauch und einem erhöhten Risiko von Mund- und Bauchspeicheldrüsenkrebs bestritten wird, braucht meines Erachtens nicht darauf eingegangen zu werden, ob und gegebenenfalls inwieweit diese Untersuchungen bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen zu berücksichtigen sind ( 41 ). Es genügt die Feststellung, dass jedenfalls nicht bewiesen ist, dass die Schlussfolgerungen, die Swedish Match und die NNA aus den genannten Untersuchungen ziehen, wissenschaftlich unumstritten sind, und dass die Unsicherheiten, denen der Gesetzgeber Rechnung getragen hat, deshalb beseitigt wären. Auch hat sich der Gesetzgeber nicht allein wegen dieser Risiken, sondern wegen aller Risiken, die mit den Wirkungen des Tabaks zum oralen Gebrauch auf die Gesundheit und die Konsumgewohnheiten zusammenhängen, entschlossen, das Verbot beizubehalten.

    50.

    Angesichts dieser Erwägungen hat der Gesetzgeber sein Ermessen nicht überschritten, indem er festgestellt hat, dass Tabak zum oralen Gebrauch suchterzeugend und gesundheitsschädigend ist, da er das Risiko bestimmter schädlicher Wirkungen erhöht und zudem das Risiko anderer schädlicher Wirkungen erhöhen könnte.

    c) Zur Beurteilung der möglichen Auswirkungen der Aufhebung des Verbots auf die Konsumgewohnheiten

    51.

    In der Folgenabschätzung führte die Kommission aus, obwohl sich die Gesundheit einer Person, die den Rauchtabak vollkommen durch Tabak zum oralen Gebrauch ersetze, verbessern würde, hinge die Gesamtwirkung einer Aufhebung des Verbots des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch auf die öffentliche Gesundheit von der Reaktion der Verbraucher auf diese Aufhebung auf Unionsebene ab. Allein die Beobachtung dieser Marktreaktion könnte zeigen, ob ein eventueller Substitutionseffekt stärker wäre als der mögliche Initiationseffekt, Gateway-Effekt und Doppelkonsum oder umgekehrt, wobei klar sei, dass alle diese Wirkungen gleichzeitig eintreten könnten ( 42 ).

    52.

    Gleichwohl prüfte die Kommission nacheinander im Einzelnen das Vorbringen zur Wahrscheinlichkeit jedes dieser Effekte im Wege einer Gesamtwürdigung der aus den Ländern, in denen Tabak zum oralen Gebrauch in den Verkehr gebracht werden darf, stammenden wissenschaftlichen Daten ( 43 ). Sie leitete daraus im Wesentlichen her, dass diese es nicht ermöglichten, zuverlässige Schlüsse auf die Wirksamkeit des Tabaks zum oralen Gebrauch zur Raucherentwöhnung zu ziehen. Außerdem bestätigten diese Daten das Bestehen nicht unbedeutender Risiken von Initiationseffekten und Doppelkonsum und ermöglichten weder die Bestätigung noch den Ausschluss des Risikos eines Gateway-Effekts ( 44 ). Aufgrund dieser Beurteilung kamen die Kommission und sodann der Gesetzgeber zu der Auffassung, dass die Aufhebung des Verbots die Gefahr negativer Auswirkungen auf die Konsumgewohnheiten heraufbeschwören würde, die nicht durch einen eventuellen Substitutionseffekt ausgeglichen würden.

    53.

    Swedish Match und die NNA widersprechen dieser Beurteilung, was die Wahrscheinlichkeit des Substitutions- und des Gateway-Effekts und die Gesamtwirkung der Aufhebung auf die öffentliche Gesundheit betrifft ( 45 ). Sie verweisen im Wesentlichen auf die Daten und Argumente, die für die Wirksamkeit des Tabaks zum oralen Gebrauch als Hilfe zur Raucherentwöhnung sprächen und den Gateway-Effekt verneinten, bestreiten allerdings nicht, dass die Gegenmeinung eine Stütze in anderen, von der Kommission namentlich aufgrund des SCENIHR-Berichts herangezogenen Daten und Argumenten finde.

    54.

    Es ist nicht Aufgabe des Gerichtshofs, eine Entscheidung über die Stichhaltigkeit dieser verschiedenen Thesen zu fällen und so seine Beurteilung der relevanten Tatsachen an die Stelle der Beurteilung des Gesetzgebers zu setzen. Ohnehin zeugt das Vorbringen von Swedish Match und der NNA vom Fortbestehen wissenschaftlicher Unsicherheiten hinsichtlich der Art und des Umfangs der möglichen Auswirkungen einer Aufhebung des Verbots des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch in der gesamten Union auf das Verhalten der Verbraucher.

    55.

    Da die möglichen Risiken einer solchen Aufhebung aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Konsumgewohnheiten vor Erlass der Richtlinie 2014/40 korrekt ermittelt und bewertet worden waren, hinderten diese Unsicherheiten den Gesetzgeber nicht am Erlass der Vorsorgemaßnahmen, selbst wenn das Bestehen und die Schwere dieser Risiken nicht vollständig dargelegt waren ( 46 ).

    56.

    Ich ziehe insoweit eine Lehre aus dem Urteil Pillbox 38 ( 47 ), in dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass es an schlüssigen wissenschaftlichen Daten fehle, namentlich was die Wirksamkeit der elektronischen Zigarette als Methode zur Raucherentwöhnung sowie das mit ihrem Gebrauch in Verbindung gebrachte Vorliegen eines Mittels für den „Einstieg“ in das Rauchen betreffe ( 48 ), weshalb der Unionsgesetzgeber unter Beachtung der sich aus dem Vorsorgeprinzip ergebenden Anforderungen tätig werden müsse. Folglich verstoße die in der Richtlinie 2014/40 enthaltene Festlegung der Bedingungen des Inverkehrbringens der elektronischen Zigaretten ( 49 ) nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ( 50 ).

    57.

    Sonach hat der Unionsgesetzgeber die Grenzen seines Ermessens nicht überschritten, als er aufgrund der Folgenabschätzung zu der Überzeugung gekommen ist, dass die Aufhebung des Verbots des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch aufgrund seiner Auswirkungen auf die Konsumgewohnheiten zu einer allgemeinen Erhöhung der durch Tabak verursachten Schäden in der Union führen könnte.

    d) Zur Wahl der Art und des Umfangs der in Rede stehenden Maßnahme

    58.

    Aufgrund der Bewertung der möglichen Risiken für die öffentliche Gesundheit durch eine Aufhebung des Verbots beschloss der Gesetzgeber, dieses in der Richtlinie 2014/40 beizubehalten. Meiner Meinung nach ist diese Entscheidung zur Verfolgung der doppelten Zielsetzung dieser Richtlinie nicht offensichtlich ungeeignet.

    59.

    Wie ich bereits dargelegt habe, fügt sich im Fall der Unsicherheit betreffend die Art und die Tragweite der Gefahren bestimmter Erzeugnisse für die Gesundheit die Entscheidung darüber, welches Risiko für die Bevölkerung nicht mehr akzeptabel ist, in eine vom Vorsorgeprinzip geleitete Entscheidung politischer, wirtschaftlicher und sozialer Natur ein, die im Ermessen des Gesetzgebers liegt ( 51 ).

    60.

    Nach mehreren Bestimmungen des Primärrechts ( 52 ) war der Gesetzgeber verpflichtet, bei der Ausübung dieses Ermessens ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen. Der Gerichtshof hat hinzugefügt, dass die Richtlinie 2014/40 bezwecke, einen so hohen Schutz der Gesundheit der gesamten Bevölkerung zu gewährleisten, dass ihre Eignung zur Erreichung dieses Ziels nicht nur im Hinblick auf eine einzige Kategorie von Verbrauchern beurteilt werden könne ( 53 ).

    61.

    Hier hat der Gesetzgeber eine Abwägung vorgenommen zwischen dem wenn auch unsicheren Risiko einer negativen Gesamtwirkung der Aufhebung des Verbots auf die öffentliche Gesundheit einerseits und dem ebenfalls unsicheren Risiko, dass die Beibehaltung des Verbots die derzeitigen Raucher daran hindert, eine Alternative zu wählen, die weniger schädlich ist als Rauchtabak.

    62.

    In der Überzeugung, dass das erstere Risiko schwerer wiege als das zweite, hat der Gesetzgeber im Interesse der Erreichung des letztendlich angestrebten Ziels des Schutzes der öffentlichen Gesundheit einem mittleren Ziel (nämlich dem der Verhinderung der Entstehung einer neuen Quelle für Nikotinabhängigkeit, besonders bei jungen Menschen, die außerdem noch zu einem späteren Einstieg in den Konsum von Rauchtabak führen könnte) den Vorzug gegeben vor einem anderen (nämlich dem, eine potenzielle Hilfe zur Raucherentwöhnung verfügbar zu machen).

    63.

    In meinen Augen lässt sich kaum bezweifeln, dass der Gesetzgeber dabei im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip gehandelt hat, denn sein Ermessen bei der Entscheidung darüber, welches Risiko für die Bevölkerung nicht mehr akzeptabel ist, umfasst gegebenenfalls die Entscheidung, welchem von mehreren gesundheitlichen Risiken entgegengetreten werden soll, wenn diese nicht gleichzeitig vermieden werden können ( 54 ).

    64.

    Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen von Swedish Match, dass der Gesetzgeber dadurch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, dass er die Aufhebung des Verbots des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch von dem Nachweis seiner Unschädlichkeit abhängig gemacht habe, während dieser Nachweis für kein anderes unter die Richtlinie 2014/40 fallendes Erzeugnis verlangt werde.

    65.

    Dieses Vorbringen gliedert sich in zwei Argumente. Erstens wirft Swedish Match dem Unionsgesetzgeber vor, das Verbot mit der Begründung beibehalten zu haben, dass das Nullrisiko für den Konsum von Tabak zum oralen Gebrauch nicht bewiesen sei, obwohl dieses Kriterium nach der Rechtsprechung unverhältnismäßig sei. Zweitens habe der Gesetzgeber das Ziel dieser Richtlinie nicht folgerichtig und systematisch verfolgt. Keines dieser Argumente vermag mich zu überzeugen.

    66.

    Das erste beruht, wie mir scheint, auf einem Missverständnis sowohl der Rechtsprechung als auch der Gründe, auf die sich der Unionsgesetzgeber gestützt hat.

    67.

    Der Gesetzgeber ist nämlich befugt, Maßnahmen zur Vorbeugung vor gesundheitlichen Risiken zu ergreifen, sofern diese aufgrund einer wissenschaftlichen Risikobewertung hinreichend dokumentiert wurden ( 55 ). Dagegen ist es nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, dass die Ergebnisse dieser Risikobewertung es ermöglichen, das tatsächliche Vorliegen der Risiken mit einem zuvor festgelegten Mindestmaß an Sicherheit vorauszusagen ( 56 ). Der Gerichtshof hat auch keine solche Schwelle betreffend die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Risiken oder bezüglich der Schwere dieses Eintritts festgelegt, die überschritten werden muss, damit eine Vorsorgemaßnahme ergriffen werden kann ( 57 ).

    68.

    Wie ich bereits festgestellt habe, bezwecken die Art. 1 Buchst. c und Art. 17 der Richtlinie 2014/40, bestimmten nachgewiesenen gesundheitlichen Risiken und anderen nicht rein hypothetischen Risiken vorzubeugen, die sowohl mit ihrer unmittelbaren Wirkung auf die Gesundheit als auch mit den möglichen Auswirkungen der Aufhebung des Verbots auf die Konsumgewohnheiten zusammenhängen. Diese Bestimmungen wurden also nicht erlassen, weil die Unschädlichkeit des Tabaks zum oralen Gebrauch nicht nachgewiesen war, sondern vielmehr, weil der Konsum dieses Erzeugnisses nachgewiesene oder zumindest korrekt bewertete Risiken schädlicher Wirkungen mit sich bringt.

    69.

    Das zweite Argument von Swedish Match überschneidet sich mit dem Vorbringen, das den Gegenstand des folgenden Abschnitts bildet.

    2. Zu dem auf die Änderungen der Rechtslage gestützten Vorbringen

    70.

    Mit ihrem Vorbringen, das in der Richtlinie 2014/40 vorgesehene Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch sei angesichts der Entwicklung des rechtlichen Rahmens seit den Urteilen Swedish Match ( 58 ) und Arnold André ( 59 ) offensichtlich ungeeignet, ziehen Swedish Match und die NNA hauptsächlich die Eignung dieser Maßnahme, das von ihr verfolgte Ziel auf kohärente und systematische Weise zu erreichen, in Zweifel.

    71.

    Sie tragen vor, dass die Richtlinie 2014/40 das Inverkehrbringen keines anderen Tabakerzeugnisses verbiete ( 60 ) und dass insbesondere Rauchtabak, Kautabak und Schnupftabak schädlicher seien als Tabak zum oralen Gebrauch. Zudem enthalte die Richtlinie neue Bestimmungen speziell für die neuartigen Tabakerzeugnisse und die elektronische Zigarette, verbiete diese jedoch nicht. Im 34. Erwägungsgrund dieser Richtlinie werde eingeräumt, dass alle Tabakerzeugnisse schädlich seien, und der Gerichtshof habe im Urteil Pillbox 38 ( 61 ) auf die von den elektronischen Zigaretten ausgehenden potenziellen gesundheitlichen Risiken hingewiesen. Dieses Vorbringen überschneidet sich weitgehend mit den Argumenten, mit denen Swedish Match und die NNA geltend machen, dass das Verbot gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstoße.

    72.

    Insoweit weise ich darauf hin, dass eine Maßnahme der Union nur dann zur Verwirklichung des verfolgten Ziels geeignet ist, wenn sie tatsächlich dem Anliegen, dieses zu erreichen, auf kohärente und systematische Weise gerecht wird ( 62 ). Dieses Erfordernis entspricht im Übrigen der Verpflichtung des Unionsgesetzgebers, sich auf objektive Kriterien zu stützen ( 63 ). Art. 1 Buchst. c und Art. 17 der Richtlinie 2014/40 erfüllen diese Voraussetzung. Denn weder die anderen Tabakerzeugnisse noch die elektronische Zigarette sind mit dem Tabak zum oralen Gebrauch vergleichbar, so dass deren unterschiedliche Behandlung sich aus objektiven, nicht diskriminierenden Kriterien ergibt.

    73.

    Was erstens die unterschiedliche Behandlung des Tabaks zum oralen Gebrauch im Verhältnis zu den anderen rauchlosen Tabakerzeugnissen wie Kautabak oder Schnupftabak betrifft, hat der Gerichtshof bereits ausgeführt, dass diese 1992 eingeführte und durch die Richtlinie 2001/37 beibehaltene Ungleichbehandlung nicht diskriminierend war. Sie ergab sich aus objektiven Umständen, die sowohl mit der Neuartigkeit der von dem Verbot erfassten Erzeugnisse auf dem damaligen Binnenmarkt als auch mit ihrer Attraktivität für Kinder und Jugendliche und mit der Existenz nationaler Verbotsmaßnahmen in bestimmten Mitgliedstaaten zusammenhingen ( 64 ). Aus den Akten ergibt sich kein Hinweis darauf, dass dies jetzt nicht mehr der Fall sein soll. Zudem hat die Kommission in der Folgenabschätzung festgestellt, dass die anderen rauchlosen Tabakerzeugnisse im Unterschied zum Tabak zum oralen Gebrauch nur Nischenmärkte beträfen, deren Wachstumspotenzial aufgrund der teuren und teilweise handwerklichen Herstellungsweise beschränkt sei ( 65 ). Wie sich aus dem 32. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/40 ergibt, hat der Unionsgesetzgeber es deshalb nicht für nötig gehalten, ihr Inverkehrbringen zu verbieten.

    74.

    Was zweitens die angebliche mangelnde Kohärenz im Verhältnis zu der Behandlung von Rauchtabak angeht, stelle ich fest, dass im Gegensatz zu diesem der Tabak zum oralen Gebrauch auf den Märkten der Mitgliedstaaten (mit Ausnahme von Schweden) zurzeit des Verbots seines Inverkehrbringens relativ neu war. Folglich konnte es durch das Verbot vermieden werden, eine neue Quelle für Nikotinabhängigkeit zu schaffen, wenn man die besondere Attraktivität des Tabaks zum oralen Gebrauch für junge Menschen bedenkt. In der Folgenabschätzung wird darauf hingewiesen, dass diese Erwägungen zurzeit des Erlasses der Richtlinie 2014/40 nach wie vor aktuell waren. Darüber hinaus hat die Kommission dort ausgeführt, dass das Verbot des Rauchtabaks sehr wahrscheinlich zur Entstehung eines Schwarzmarkts führen würde, da der Anteil der Raucher in der Union damals 28 % betrug ( 66 ).

    75.

    Drittens sehe ich keine Inkohärenz zwischen den für Tabak zum oralen Gebrauch einerseits und der durch Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2014/40 eingeführten Kategorie der „neuartigen Tabakerzeugnisse“ andererseits geltenden Rechtsvorschriften. Diese Kategorie umfasst alle Erzeugnisse, die nicht unter die anderen in dieser Richtlinie genannten Kategorien fallen und die nach dem Inkrafttreten der Richtlinie auf den Markt der Union gelangen könnten ( 67 ). Ihre Wirkungen konnten zur Zeit des Erlasses der Richtlinie per definitionem nicht beobachtet und erst recht nicht untersucht werden. Deshalb bestimmt die Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten den betroffenen Herstellern und Importeuren vorschreiben müssen, neuartige Erzeugnisse vor dem Inverkehrbringen zu melden. Die Meldung muss namentlich Studien über deren Auswirkungen auf die Gesundheit und die Konsumgewohnheiten enthalten ( 68 ). Dieses Meldesystem erleichtert die Beurteilung dieser Wirkungen, die gegebenenfalls zu späteren Verboten oder Einschränkungen des Vertriebs derartiger Erzeugnisse führen kann. Dagegen waren die Wirkungen des Tabaks zum oralen Gebrauch, auch wenn sie nicht alle mit Gewissheit ermittelt und quantifiziert werden konnten, wissenschaftlich so ausreichend festgestellt und nachgewiesen, dass das Verbot seines Inverkehrbringens gerechtfertigt werden konnte.

    76.

    Das Vorbringen von Swedish Match und der NNA, auch Tabak zum oralen Gebrauch sei ein „neuartiges“ Erzeugnis im Sinne des 34. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2014/40 und der Rechtsprechung des Gerichtshofs ( 69 ), vermag nicht zu überzeugen. Meiner Meinung nach wurde der Tabak zum oralen Gebrauch nur deshalb als „neuartig“ eingestuft, weil er ohne das Verbot ein neues Erzeugnis auf dem Markt der Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Schwedens) gewesen wäre. Im Unterschied zu den „neuartigen Tabakerzeugnissen“ im Sinne des Art. 2 Nr. 14 dieser Richtlinie handelt es sich jedoch beim Tabak zum oralen Gebrauch um ein bekanntes und bestimmtes Erzeugnis, das seit langem in Schweden verfügbar ist und dessen Wirkungen Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen waren.

    77.

    Viertens ist das Vorbringen, das Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch sei inkohärent gegenüber den Vorschriften über elektronischen Zigaretten, aufgrund des Urteils Pillbox 38 ( 70 ) zurückzuweisen. Dort hat der Gerichtshof festgestellt, dass diese letzteren im Unterschied zu Tabakerzeugnissen erstens keinen Tabak enthielten, zweitens, dass sie ohne Verbrennung funktionierten, und drittens, dass sie verhältnismäßig neuartige Produkte seien, deren Risiken für die Gesundheit noch klärungsbedürftig seien. Auch wenn die zweite dieser Feststellungen lediglich die fehlende Vergleichbarkeit zwischen elektronischen Zigaretten und Tabak zum oralen Gebrauch untermauert, weisen die erste und die dritte auf die objektiven Merkmale hin, die elektronische Zigaretten von allen Tabakerzeugnissen einschließlich des Tabaks zum oralen Gebrauch unterscheiden.

    78.

    Allgemeiner teile ich die Auffassung, die Generalanwalt Geelhoed in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Arnold André ( 71 ) vertreten hat, nämlich dass der Unionsgesetzgeber, wenn sich mehrere gefährliche Erzeugnisse auf den Märkten der Mitgliedstaaten befinden, entscheiden kann, welches dieser Erzeugnisse vom Markt zu nehmen ist, wobei seine Entscheidung auf einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände beruhen und unbeschadet der Möglichkeit getroffen werden muss, andere Erzeugnisse vom Markt zu nehmen, wenn diese Umstände sich ändern ( 72 ).

    79.

    Diese Erwägungen führen zu dem Ergebnis, dass die Richtlinie 2014/40 dadurch, dass sie Tabak zum oralen Gebrauch anders behandelt als die anderen vorgenannten Erzeugnisse, nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstößt und auch nicht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch eine inkohärente und unsystematische Verfolgung ihrer Ziele verletzt.

    C.   Notwendigkeitsprüfung

    80.

    Die Untersuchung der Notwendigkeit eines Gesetzgebungsakts der Union in einem Bereich wie dem hier in Rede stehenden, in dem der Gesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt, erfordert die Prüfung, ob dieser Rechtsakt nicht offensichtlich über die Grenzen dessen hinausgeht, was zur Erreichung seiner Ziele erforderlich ist ( 73 ).

    81.

    Der Gerichtshof hat die Notwendigkeit des in Art. 8 der Richtlinie 2001/37 ausgesprochenen Verbots des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch zur Erreichung der Ziele der Richtlinie in den Urteilen Swedish Match ( 74 ) und Arnold André ( 75 ) bestätigt. Danach hätten alle anderen Maßnahmen, die darauf abzielten, die Hersteller technischen Normen zu unterwerfen, um die Schädlichkeit des Erzeugnisses zu verringern, oder die Etikettierung der Verpackungen dieses Erzeugnisses und die Bedingungen für seinen Verkauf vor allem an Minderjährige zu regeln, nicht dieselbe Präventivwirkung im Hinblick auf den Gesundheitsschutz, da sie es zulassen würden, dass sich ein Erzeugnis auf dem Markt etabliert, das auf jeden Fall schädlich bleibt ( 76 ).

    82.

    Diese Entscheidung behält auch nach der Beibehaltung des Verbots durch die Richtlinie 2014/40 ihre Gültigkeit. Wie die Kommission ausgeführt hat, rechtfertigt die Suchtwirkung des Tabaks zum oralen Gebrauch den rechtzeitigen Erlass von Vorsorgemaßnahmen wegen der schwer wieder gutzumachenden Wirkungen, die das Vordringen dieses Erzeugnisses auf den Markt in der gesamten Union hervorrufen könnte.

    83.

    Dies gilt umso mehr, als nach der Folgenabschätzung die anderen denkbaren Maßnahmen nicht die Realisierung der bedeutenden Absatzmöglichkeiten für Tabak zum oralen Gebrauch verhindern würden, wenn man insbesondere die Einrichtung von rauchfreien Zonen bedenkt ( 77 ). Darüber hinaus käme eine Aufhebung des Verbots einer zweideutigen Botschaft betreffend die Schädlichkeit der Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch gleich ( 78 ). Wie die finnische Regierung ausgeführt hat, würde die Aufhebung des Verbots, das schon seit 1992 gilt, den Eindruck erwecken, dass diese Erzeugnisse unschädlich sind, was ihre Attraktivität für junge Menschen verstärken könnte.

    D.   Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne

    84.

    Der dritte Teil der Prüfung der Verhältnismäßigkeit besteht in den Bereichen, in denen der Unionsgesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt, in der Untersuchung, ob der fragliche Rechtsakt nicht Nachteile mit sich bringt, die offensichtlich außer Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen ( 79 ). Der Gesetzgeber muss allerdings nicht nur das hauptsächlich verfolgte Ziel, sondern auch bestehende Interessen sorgfältig berücksichtigen, u. a. die Interessen der von diesem Rechtsakt beeinträchtigten Personen. Er muss untersuchen, ob die verfolgten Ziele negative wirtschaftliche Folgen selbst beträchtlichen Ausmaßes für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen können ( 80 ).

    85.

    Nach meiner Überzeugung ist der Unionsgesetzgeber beim Erlass des Art. 1 Buchst. c und des Art. 17 der Richtlinie 2014/40 diesen Anforderungen gerecht geworden.

    86.

    Dazu hat der Gerichtshof bereits ausgeführt, dass dem Ziel des Gesundheitsschutzes gegenüber wirtschaftlichen Interessen vorrangige Bedeutung beizumessen sei ( 81 ). Die grundlegende Bedeutung, die dieses Ziel in der Rechtsordnung der Union besitzt, kann somit negative wirtschaftliche Folgen selbst beträchtlichen Ausmaßes für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen ( 82 ).

    87.

    Aus diesem Grund, so scheint mir, hat der Gerichtshof in den Urteilen Swedish Match ( 83 ) und Arnold André ( 84 ) darauf verzichtet, ausdrücklich eine Abwägung zwischen den Interessen der Wirtschaftsteilnehmer und der öffentlichen Gesundheit vorzunehmen ( 85 ). Er ist stillschweigend davon ausgegangen, dass eine dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dienende Maßnahme, die der Verhältnismäßigkeitsprüfung in ihren ersten beiden Teilen genügt, notwendigerweise auch dem dritten Teil entspricht, da die privaten Interessen der Wirtschaftsteilnehmer hinter dem Allgemeininteresse der öffentlichen Gesundheit zurückstehen müssen.

    88.

    Aufgrund dieser Untersuchung komme ich zu dem Ergebnis, dass die in Rede stehenden Bestimmungen zur Verfolgung ihrer doppelten Zielsetzung nicht offensichtlich ungeeignet sind, nicht offensichtlich über das hinausgehen, was zu ihrer Verwirklichung erforderlich ist, und keine Nachteile mit sich bringen, die offensichtlich außer Verhältnis zu den angestrebten Vorteilen stehen.

    V. Ergebnis

    89.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, Ziff. ii der Vorlagefrage des High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) (Hoher Gerichtshof [England und Wales], Abteilung Queen’s Bench [Verwaltungsrechtskammer], Vereinigtes Königreich), wie folgt zu beantworten:

    Die Prüfung von Ziff. ii der Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Art. 1 Buchst. c und des Art. 17 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG beeinträchtigen könnte.


    ( 1 ) Originalsprache: Französisch.

    ( 2 ) Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG (ABl. 2014, L 127, S. 1).

    ( 3 ) Art. 1 Nrn. 1, 2 und 5 der Richtlinie 92/41/EWG des Rates vom 15. Mai 1992 zur Änderung der Richtlinie 89/622/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung von Tabakerzeugnissen (ABl. 1992, L 158, S. 30).

    ( 4 ) Richtlinie 2001/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen (ABl. 2001, L 194, S. 26).

    ( 5 ) Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1, im Folgenden: Beitrittsakte).

    ( 6 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑210/03, EU:C:2004:802).

    ( 7 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑434/02, EU:C:2004:800).

    ( 8 ) Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 2012 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen (KOM[2012] 788 endg.).

    ( 9 ) Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Zusammenfassung der Folgenabschätzung, Begleitunterlage zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen (COM[2012] 788 final), 19. Dezember 2012 (SWD[2012] 452 final).

    ( 10 ) Bericht „Health effects of smokeless tobacco products“ („Gesundheitliche Auswirkungen von rauchfreien Tabakerzeugnissen“), angenommen am 6. Februar 2008. Vgl. den zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/40.

    ( 11 ) Richtlinie vom 13. November 1989 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung von Tabakerzeugnissen sowie zum Verbot bestimmter Tabake zum oralen Gebrauch (ABl. 1989, L 359, S. 1).

    ( 12 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑210/03, EU:C:2004:802).

    ( 13 ) Vgl. die Erwägungsgründe 8 und 21 der Richtlinie 2014/40 sowie die Urteile vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 171) und Polen/Parlament und Rat (C‑358/14, EU:C:2016:323, Rn. 80).

    ( 14 ) Vgl. den Kommissionsvorschlag, S. 9, und die Folgenabschätzung, S. 62.

    ( 15 ) Vgl. dazu Urteile vom 14. Dezember 2004, Swedish Match (C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 37 bis 42) und Arnold André (C‑434/02, EU:C:2004:800, Rn. 38 bis 43).

    ( 16 ) Kommissionsvorschlag, S. 9, und Folgenabschätzung, S. 64 bis 69.

    ( 17 ) Vgl. etwa Urteile vom 12. Juli 2001, Jippes u. a. (C‑189/01, EU:C:2001:420, Rn. 83), vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a. (C‑58/08, EU:C:2010:321, Rn. 52), und vom 7. Februar 2018, American Express (C‑304/16, EU:C:2018:66, Rn. 86).

    ( 18 ) Urteile vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 123), vom 4. Mai 2016, Polen/Parlament und Rat, (C‑358/14, EU:C:2016:323, Rn. 79), und vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 49).

    ( 19 ) Urteile vom 14. Dezember 2004, Swedish Match (C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 48) und Arnold André (C‑434/02, EU:C:2004:800, Rn. 46). Dieses Ermessen wird nicht durch das von der NNA in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument in Frage gestellt, dass das Verbot des Inverkehrbringens von Tabak zum oralen Gebrauch das in Art. 35 der Charta garantierte Grundrecht auf Gesundheitsschutz beeinträchtige, das das Recht umfasse, sich als Alternative zum Rauchtabak weniger schädliche nikotinhaltige Erzeugnisse zu beschaffen. Ich weise insoweit darauf hin, dass dieses Verbot nicht die Einschränkung, sondern die Konkretisierung des Rechts auf Gesundheitsschutz bezweckt, was komplexe Beurteilungen nicht nur im Interesse der Raucher, sondern vielmehr der Bevölkerung insgesamt erfordert (vgl. in diesem Sinne namentlich Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 176).

    ( 20 ) Vgl. namentlich Urteil vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 21 ) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Siehe in diesem Sinne auch Urteile vom 7. September 2006, Spanien/Rat (C‑310/04, EU:C:2006:521, Rn. 122), und vom 8. Juli 2010, Afton Chemical (C‑343/09, EU:C:2010:419, Rn. 34).

    ( 22 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑210/03, EU:C:2004:802).

    ( 23 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑434/02, EU:C:2004:800).

    ( 24 ) Urteile vom 14. Dezember 2004, Swedish Match (C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 51 bis 53) und Arnold André (C‑434/02, EU:C:2004:800, Rn. 49 bis 51).

    ( 25 ) Urteile vom 14. Dezember 2004, Swedish Match (C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 49 und 51) und Arnold André (C‑434/02, EU:C:2004:800, Rn. 47 und 49).

    ( 26 ) Folgenabschätzung, S. 64 bis 68.

    ( 27 ) Vgl. namentlich Urteile vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission (C‑180/96, EU:C:1998:192, Rn. 99), vom 9. September 2003, Monsanto Agricoltura Italia u. a. (C‑236/01, EU:C:2003:431, Rn. 111), und vom 9. Juni 2016, Pesce u. a. (C‑78/16 und C‑79/16, EU:C:2016:428, Rn. 47).

    ( 28 ) Vgl. Nr. 56 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 29 ) Vgl. u. a. Urteile vom 9. September 2003, Monsanto Agricoltura Italia u. a. (C‑236/01, EU:C:2003:431, Rn. 106), vom 22. Dezember 2010, Gowan Comércio Internacional e Serviços (C‑77/09, EU:C:2010:803, Rn. 78), und vom 13. September 2017, Fidenato u. a. (C‑111/16, EU:C:2017:676, Rn. 51).

    ( 30 ) Vgl. u. a. Urteile vom 10. April 2014, Acino/Kommission (C‑269/13 P, EU:C:2014:255, Rn. 58), vom 17. Dezember 2015, Neptune Distribution (C‑157/14, EU:C:2015:823, Rn. 82), und vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 55).

    ( 31 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission (C‑180/96, EU:C:1998:192, Rn. 60), und vom 22. Dezember 2010, Gowan Comércio Internacional e Serviços (C‑77/09, EU:C:2010:803, Rn. 55).

    ( 32 ) Vgl. namentlich Urteil vom 7. September 2006, Spanien/Rat (C‑310/04, EU:C:2006:521, Rn. 121 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 33 ) Vgl. namentlich Urteil vom 8. Juli 2010, Afton Chemical (C‑343/09, EU:C:2010:419, Rn. 28 und 33 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 34 ) Urteile vom 22. Dezember 2010, Gowan Comércio Internacional e Serviços (C‑77/09, EU:C:2010:803, Rn. 60 und 82), vom 11. Juli 2013, Frankreich/Kommission (C‑601/11 P, EU:C:2013:465, Rn. 143), und vom 9. Juni 2016, Pesce u. a. (C‑78/16 und C‑79/16, EU:C:2016:428, Rn. 49). Siehe dazu auch die Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Kommission/Niederlande (C‑41/02, EU:C:2004:520, Nr. 32).

    ( 35 ) Vgl. Nr. 36 der vorliegenden Schlussanträge. In diesem Zusammenhang hat die Kommission besonders die schädlichen Wirkungen des schwedischen Snus untersucht und festgestellt, dass dieses Erzeugnis nicht unschädlich sei, auch wenn es nunmehr eine besonders niedrige Menge der im Tabak zum oralen Gebrauch enthaltenen hauptsächlichen krebserregenden Wirkstoffe enthalte. Zudem sei Snus in dieser Zusammensetzung noch nicht lange genug auf dem Markt, als dass man angesichts der verfügbaren Nachweise mit Sicherheit eine Verringerung des Krebsrisikos feststellen könnte (Folgenabschätzung, S. 64).

    ( 36 ) Folgenabschätzung, S. 64 und 65.

    ( 37 ) Folgenabschätzung, S. 23, 50 und 63. Daher ist die in den Urteilen vom 14. Dezember 2004, Swedish Match (C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 53) und Arnold André (C‑434/02, EU:C:2004:800, Rn. 51), getroffene Feststellung, es sei nicht nachgewiesen, dass Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch weniger schädlich seien als Zigaretten, nicht mehr aktuell.

    ( 38 ) Swedish Match und die NNA haben erläutert, dass Metaanalysen die Einzelergebnisse mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen mit Hilfe statistischer Methoden zusammenfassten; dies ermögliche es, die Kohärenz dieser Ergebnisse zu beurteilen und den Einfluss zufallsbedingter Varianten zu verringern.

    ( 39 ) Siehe Nrn. 38 bis 40 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 40 ) Folgenabschätzung, S. 66.

    ( 41 ) Dazu weise ich darauf hin, dass die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union nach ständiger Rechtsprechung anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen ist (vgl. namentlich Urteil vom 17. Oktober 2013, Schaible, C‑101/12, EU:C:2013:661, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat allerdings in den Urteilen vom 12. Januar 2006, Agrarproduktion Staebelow (C‑504/04, EU:C:2006:30, Rn. 40), und vom 9. Juni 2016, Pesce u. a. (C‑78/16 und C‑79/16, EU:C:2016:428, Rn. 51), hinzugefügt, dass die Organe der Union für eine Anpassung der Regelung an die neuen Gegebenheiten sorgen müssen, wenn neue Informationen die Einstufung eines Risikos ändern oder zeigen, dass diesem Risiko durch Maßnahmen begegnet werden kann, die weniger einschränkend sind als die bestehenden.

    ( 42 ) Folgenabschätzung, S. 64. Siehe ebenfalls Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed in der Rechtssache Arnold André (C‑434/02, EU:C:2004:487, Nrn. 53 und 54).

    ( 43 ) Folgenabschätzung, S. 66 bis 69.

    ( 44 ) Dazu hat die Kommission ausgeführt, dass der Konsum von Tabak zum oralen Gebrauch bestimmten aus den USA stammenden Beweisen zufolge zum späteren Gebrauch von Rauchtabak führen könne, während schwedische Daten diese Annahme nicht stützten. Die Kommission hat ferner auf eine Untersuchung hingewiesen, in der der Konsum von Tabak zum oralen Gebrauch zu Beginn der Adoleszenz mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zum Rauchen an deren Ende führe (Folgenabschätzung, S. 68).

    ( 45 ) Swedish Match und die NNA stellen dagegen nicht die Risiken des Initiationseffekts und des Doppelkonsums als solche in Frage. Swedish Match behauptet jedoch, dass sich aus den verfügbaren Untersuchungen keine besonderen oder deutlicheren schädlichen Wirkungen für Personen ergeben hätten, die sowohl Tabak zum oralen Gebrauch als auch Rauchtabak konsumierten.

    ( 46 ) Vgl. Nrn. 38 bis 40 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 47 ) Urteil vom 4. Mai 2016 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 50 bis 55 und 60).

    ( 48 ) Siehe 43. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/40.

    ( 49 ) Vgl. Art. 20 der Richtlinie 2014/40.

    ( 50 ) Vgl. auch die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2015:853, Nrn. 155 bis 159).

    ( 51 ) Vgl. Nr. 41 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 52 ) Art. 9, Art. 114 Abs. 3 und Art. 168 Abs. 1 AEUV sowie Art. 35 Satz 2 der Charta.

    ( 53 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 176) und Polen/Parlament und Rat (C‑358/14, EU:C:2016:323, Rn. 86).

    ( 54 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 96).

    ( 55 ) Vgl. Nr. 39 der vorliegenden Schlussanträge. In diesem Sinne ist auch das von Swedish Match in der mündlichen Verhandlung zitierte Urteil zu verstehen, wonach die Rücknahme oder Abschwächung einer vorbeugenden Maßnahme „nicht von dem Nachweis abhängig gemacht werden [darf], dass keinerlei Risiken bestehen, weil ein solcher Nachweis im Allgemeinen aus wissenschaftlicher Sicht nicht erbracht werden kann, da es in der Praxis ein Risikoniveau ‚null‘ nicht gibt“, so dass „eine vorbeugende Maßnahme nur dann getroffen werden [kann], wenn das Risiko, ohne dass seine Existenz und sein Umfang durch zwingende wissenschaftliche Daten‚in vollem Umfang‘ nachgewiesen worden wären, auf der Grundlage der zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Maßnahme verfügbaren wissenschaftlichen Daten gleichwohl hinreichend dokumentiert erscheint“ (Urteil vom 9. September 2011, Frankreich/Kommission, T‑257/07, EU:T:2011:444, Rn. 76).

    ( 56 ) Speziell zur Versagung oder zur Rücknahme einer Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels hat der Gerichtshof entschieden, dass die Gültigkeit derartiger Vorsorgemaßnahmen nur das Bestehen eines Risikos erfordere, das „nicht konkret sein [muss], sondern es genüg[t], dass [es] potenziell [besteht]“, vgl. Urteile vom 10. April 2014, Acino/Kommission (C‑269/13 P, EU:C:2014:255, Rn. 59 und 73), und vom 3. Dezember 2015, PP Nature-Balance Lizenz/Kommission (C‑82/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:796, Rn. 23).

    ( 57 ) Vgl. Nr. 41 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 58 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑210/03, EU:C:2004:802).

    ( 59 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑434/02, EU:C:2004:800).

    ( 60 ) In der mündlichen Verhandlung haben die Regierung des Vereinigten Königreichs und das Parlament zu Recht darauf hingewiesen, dass Art. 7 der Richtlinie 2014/40 vorbehaltlich der in seiner Nr. 14 vorgesehenen Übergangsfrist auch das Inverkehrbringen von aromatisierten Tabakerzeugnissen verbietet.

    ( 61 ) Urteil vom 4. Mai 2016 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 51 und 52).

    ( 62 ) Im Urteil vom 5. Juli 2017, Fries (C‑190/16, EU:C:2017:513, Rn. 48), hat der Gerichtshof auf eine Maßnahme der Union die ständige Rechtsprechung zur Eignung einer die vom AEU-Vertrag garantierte Freizügigkeit beschränkenden einzelstaatlichen Maßnahme zur Erreichung ihres Ziels auf kohärente und systematische Weise angewandt (vgl. namentlich Urteil vom 23. Dezember 2015, Scotch Whisky Association u. a., C‑333/14, EU:C:2015:845, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 63 ) Vgl. Nr. 30 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 64 ) Vgl. Urteile vom 14. Dezember 2004, Swedish Match (C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 66, 67 und 71) und Arnold André (C‑434/02, EU:C:2004:800, Rn. 64, 65 und 69).

    ( 65 ) Folgenabschätzung, S. 76.

    ( 66 ) Folgenabschätzung, S. 49 und 50. Siehe auch die Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed in den Rechtssachen British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:476, Nr. 231) und Arnold André (C‑434/02, EU:C:2004:487, Nrn. 60 bis 62).

    ( 67 ) Nach Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2014/40 ist ein neuartiges Tabakerzeugnis „ein Tabakerzeugnis, das a) nicht in eine der nachstehenden Kategorien fällt: Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen, Pfeifentabak, Wasserpfeifentabak, Zigarren, Zigarillos, Kautabak, Schnupftabak und Tabak zum oralen Gebrauch; und b) nach dem 19. Mai in Verkehr gebracht wird“.

    ( 68 ) Vgl. Art. 19 der Richtlinie 2014/40.

    ( 69 ) Vgl. Urteile vom 14. Dezember 2004, Swedish Match (C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 66) und Arnold André (C‑434/02, EU:C:2004:800, Rn. 64).

    ( 70 ) Urteil vom 4. Mai 2016 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 36 bis 42).

    ( 71 ) C‑434/02, EU:C:2004:487, Rn. 125.

    ( 72 ) Insofern hat der Gerichtshof ebenfalls entschieden, dass es dem Unionsgesetzgeber, wenn er eine komplexe Situation regeln muss, gestattet sei, einen schrittweisen Lösungsansatz zugrunde zu legen, sofern seine Entscheidung auf Kriterien gestützt sei, die objektiv seien und in angemessenem Verhältnis zu dem mit der betreffenden Regelung verfolgten Ziel stünden (vgl. namentlich Urteil vom 17. Oktober 2013, Schaible, C‑101/12, EU:C:2013:661, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 73 ) Vgl. namentlich Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 81).

    ( 74 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑210/03, EU:C:2004:802, Rn. 57).

    ( 75 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑434/02, EU:C:2004:800, Rn. 55).

    ( 76 ) Vgl. auch entsprechend Urteile vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 160) sowie Polen/Parlament und Rat (C‑358/14, EU:C:2016:323, Rn. 95).

    ( 77 ) Folgenabschätzung, S. 75.

    ( 78 ) Folgenabschätzung, S. 68.

    ( 79 ) Vgl. namentlich Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 91).

    ( 80 ) Vgl. u. a. Urteile vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 59), vom 17. Juli 2012, Association Kokopelli (C‑59/11, EU:C:2012:447, Rn. 40), und vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 185).

    ( 81 ) Vgl. Beschluss vom 12. Juli 1996, Vereinigtes Königreich/Kommission (C‑180/96 R, EU:C:1996:308, Rn. 93), sowie Urteile vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission (C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 156). In ihren Schlussanträgen in der Rechtssache Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2015:853, Nr. 179) hat Generalanwältin Kokott darauf hingewiesen, dass dem Schutz der menschlichen Gesundheit in der Werteordnung des Unionsrechts ein „ungleich höherer“ Stellenwert zukomme als den wirtschaftlichen Interessen der Wirtschaftsteilnehmer. Siehe auch die Schlussanträge von Generalanwalt Geelhoed in der Rechtssache British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:476, Nrn. 226 und 229).

    ( 82 ) Vgl. entsprechend Urteile vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a. (C‑58/08, EU:C:2010:321, Rn. 69), und vom 23. Oktober 2012, Nelson u. a. (C‑581/10 und C‑629/10, EU:C:2012:657, Rn. 81).

    ( 83 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑210/03, EU:C:2004:802).

    ( 84 ) Urteil vom 14. Dezember 2004 (C‑434/02, EU:C:2004:800).

    ( 85 ) Vgl. auch betreffend die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einzelstaatlicher Maßnahmen zur Einschränkung der vom AEU-Vertrag garantierten Freizügigkeitsrechte Urteil vom 23. Dezember 2015, Scotch Whisky Association u. a. (C‑333/14, EU:C:2015:845, Rn. 56 und 59).

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