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Document 62016TJ0796

    Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 23. September 2020 (Auszüge).
    CEDC International sp. z o.o. gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
    Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung einer dreidimensionalen Unionsmarke – Form eines Grashalms in einer Flasche – Ältere nationale dreidimensionale Marke – Ernsthafte Benutzung der älteren Marke – Art. 15 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 18 Abs. 1 und Art. 47 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/1001) – Art der Benutzung – Beeinflussung der Unterscheidungskraft – Benutzung zusammen mit anderen Marken – Schutzobjekt – Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit – Erfordernis der Übereinstimmung der Beschreibung mit der Darstellung – Entscheidung, die nach Aufhebung einer früheren Entscheidung durch das Gericht getroffen wird – Verweis auf die Begründung einer aufgehobenen früheren Entscheidung – Begründungspflicht.
    Rechtssache T-796/16.

    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:T:2020:439

     URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

    23. September 2020 ( *1 )

    „Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung einer dreidimensionalen Unionsmarke – Form eines Grashalms in einer Flasche – Ältere nationale dreidimensionale Marke – Ernsthafte Benutzung der älteren Marke – Art. 15 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 18 Abs. 1 und Art. 47 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/1001) – Art der Benutzung – Beeinflussung der Unterscheidungskraft – Benutzung zusammen mit anderen Marken – Schutzobjekt – Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit – Erfordernis der Übereinstimmung der Beschreibung mit der Darstellung – Entscheidung, die nach Aufhebung einer früheren Entscheidung durch das Gericht getroffen wird – Verweis auf die Begründung einer aufgehobenen früheren Entscheidung – Begründungspflicht“

    In der Rechtssache T‑796/16,

    CEDC International sp. z o.o. mit Sitz in Oborniki Wielkopolskie (Polen), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Siciarek,

    Klägerin,

    gegen

    Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Walicka und V. Ruzek als Bevollmächtigte,

    Beklagter,

    andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

    Underberg AG mit Sitz in Dietlikon (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Renck,

    betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 29. August 2016 (Sache R 1248/2015-4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen CEDC International und Underberg,

    erlässt

    DAS GERICHT (Neunte Kammer)

    unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira, des Richters D. Gratsias und der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin),

    Kanzler: A. Juhász-Tóth, Verwaltungsrätin,

    aufgrund der am 11. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

    aufgrund der am 24. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

    aufgrund der am 8. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

    aufgrund des Aussetzungsbeschlusses vom 29. Mai 2017,

    aufgrund des Fortsetzungsbeschlusses vom 12. August 2019,

    aufgrund der prozessleitenden Maßnahmen vom 10. Dezember 2019 und der Antworten der Beteiligten, die am 23. Dezember 2019 und am 9. Januar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind,

    auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2020,

    folgendes

    Urteil ( 1 )

    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    1

    Am 1. April 1996 meldete die Streithelferin, die Underberg AG, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, ihrerseits ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

    2

    Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende dreidimensionale Zeichen:

    Image

    3

    Dieser Darstellung der angemeldeten Marke ist folgende Beschreibung beigefügt: „Gegenstand der Marke ist ein in eine Flasche gestellter grün-bräunlicher Grashalm, dessen Länge in etwa drei Viertel der Höhe der Flasche entspricht.“

    4

    Die Marke wurde u. a. für die Waren „Spirituosen und Liköre“ der Klasse 33 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

    5

    Die Anmeldung der Marke Nr. 33266 wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 51/2003 vom 23. Juni 2003 veröffentlicht.

    6

    Am 15. September 2003 erhob die Przedsiębiorstwo Polmos Białystok (Spółka Akcyjna), deren Rechtsnachfolgerin aufgrund einer am 27. Juli 2011 erfolgten Verschmelzung durch Aufnahme die CEDC International sp. z. o.o. – die Klägerin – ist, Widerspruch nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 4 genannten Waren.

    7

    Der Widerspruch wurde u. a. auf die im Folgenden dargestellte ältere französische dreidimensionale Marke gestützt, die für „alkoholische Getränke“ in Klasse 33 des Abkommens von Nizza am 18. September 1995 angemeldet, am 18. April 1997 unter der Nr. 95588457 eingetragen und am 9. Juni 2005 sowie am 13. Juli 2015 (nach Übertragung auf die Klägerin am 28. Oktober 2011) verlängert wurde:

    Image

    8

    Dieser Darstellung der älteren französischen dreidimensionalen Marke ist folgende Beschreibung beigefügt: „Die Marke besteht aus einer Flasche, wie oben dargestellt, mit einem Grashalm, der sich in einer fast diagonalen Position im Flaschenkörper befindet.“

    … [nicht übersetzt]

    10

    Als Widerspruchsgründe wurden erstens die Eintragungshindernisse nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt der Verordnung 2017/1001) hinsichtlich der oben in Rn. 7 wiedergegebenen älteren französischen dreidimensionalen Marke Nr. 95588457 geltend gemacht, zweitens nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt der Verordnung 2017/1001) bezüglich derselben Marke und der oben in Rn. 9 erwähnten eingetragenen Marken und drittens nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt der Verordnung 2017/1001) hinsichtlich der oben in Rn. 9 erwähnten nicht eingetragenen Zeichen.

    … [nicht übersetzt]

    21

    Mit Urteil vom 11. Dezember 2014, CEDC International/HABM – Underberg (Form eines Grashalms in einer Flasche) (T‑235/12, im Folgenden: Aufhebungsurteil, EU:T:2014:1058), hob das Gericht die erste Entscheidung auf.

    22

    Zunächst wies das Gericht darauf hin, dass die Klägerin die Feststellungen und Wertungen des EUIPO hinsichtlich sämtlicher Widerspruchsgründe rügte, nämlich derjenigen gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 Abs. 3 und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009, jedoch angab, ihr Vorbringen auf die Feststellungen der Beschwerdekammer zur Beurteilung der vorgelegten Benutzungsnachweise zu beschränken, da diese Feststellungen alle Widerspruchsgründe gleichermaßen beträfen (Aufhebungsurteil Rn. 29).

    … [nicht übersetzt]

    32

    Mit Entscheidung vom 29. August 2016 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) in der Sache R 1248/2015-4 wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück.

    33

    Die Beschwerdekammer stellte insbesondere fest, dass auch dann, wenn sie die verspätet zugunsten der Klägerin eingereichten Beweise im Rahmen ihrer Ermessensausübung berücksichtige, diese Beweise an ihrer früheren Entscheidung nichts änderten, wonach die Klägerin die Art der Benutzung und daher die ernsthafte Benutzung der älteren französischen dreidimensionalen Marke nicht gemäß Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 47 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2017/1001) nachgewiesen habe (Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung).

    34

    Zunächst stellte die Beschwerdekammer fest, dass der Schutzumfang durch die grafische Darstellung der Marke in ihrer angemeldeten Form und nicht durch die von der Klägerin vorgelegte Beschreibung der Marke festgelegt werde. Sie fügte hinzu, eine Markenbeschreibung müsse festlegen, was auf der Darstellung einer Marke zu sehen sei, und der Schutzumfang werde nicht durch eine mögliche Auslegung dessen erweitert, was der Anmelder mit dieser Darstellung habe sagen wollen oder gemeint habe. Im vorliegenden Fall stellte die Beschwerdekammer fest, dass die grafische Darstellung der älteren französischen dreidimensionalen Marke eine Flasche üblicher Form zeige, auf der, ausgehend von direkt unterhalb des Flaschenhalses, diagonal von links eine Linie bis zur unteren Kante der Flasche verlaufe; dass die Linie, die als fester Bestandteil des Flaschenkörpers dargestellt werde, eine gerade diagonale Line sei und nichts anderes und dass die von der Klägerin vorgelegte Beschreibung an dieser Feststellung nichts ändere, weil der Schutzumfang der Marke nicht dadurch bestimmt werde, was die Klägerin bei der Anmeldung der Marke bezweckt habe (Rn. 38 und 39 der angefochtenen Entscheidung).

    35

    Die Beschwerdekammer stellte fest, dass keiner der in erster Instanz vorgelegten Beweise die Marke in ihrer eingetragenen Form zeige, das heißt, so wie sie im Register grafisch dargestellt sei. Keine der Flaschen weise eine ununterbrochene diagonale Linie auf, geschweige denn die gleiche Linie wie jene, die Teil der älteren Marke sei; diese Linie sei nicht auf der Außenfläche einer der vorgelegten Flaschen angebracht und erscheine nicht auf dem Etikett selbst oder quer über diesem und es sei unmöglich, zu sehen, was sich in der Flasche hinter dem Etikett befinden könne, weil das nicht durchsichtige Etikett beinahe die gesamte Oberfläche der Flasche abdecke. Die Beschwerdekammer fügte hinzu, die Klägerin habe ihr zusätzliche Beweismittel vorgelegt, auf denen Flaschen zu sehen seien, manche mit unleserlichen Etiketten und andere mit Etiketten mit der Aufschrift „żubrówka bison vodka“, aber alle Flaschen seien ebenso wie die in erster Instanz vorgelegten mit einem nicht durchsichtigen Etikett versehen, weshalb man nicht sehen könne, was dahinter sei, und wiesen weder auf der Außenoberfläche der Flasche noch quer über das Etikett selbst die diagonale Linie auf, die Teil der älteren Marke sei. In Bezug auf die verspätet vorgelegten Beweise und insbesondere die der Erklärung von Herrn K. beigelegten Fotos der Flasche mit dem Etikett „żubrówka bison vodka“, die diesmal nicht nur von vorne, sondern auch von hinten und von den beiden Seiten dargestellt war, stellte die Beschwerdekammer fest, dass auf den Seitenansichten jedes Fotos eine ununterbrochene verlängerte Linie sichtbar sei und dass diese Linien, auch wenn sie auf den beiden Fotos leicht verschieden seien, keineswegs mit der geraden diagonalen Linie übereinstimmten, die Teil der älteren Marke sei: beispielsweise befänden sie sich nicht an der gleichen Stelle, seien beträchtlich länger, hätten einen anderen Ausgangspunkt am unteren Teil der Flasche und seien nicht ganz gerade (Rn. 40 bis 42 der angefochtenen Entscheidung).

    36

    Die Beschwerdekammer stellte fest, dass die von der Klägerin gezeigte Benutzung nicht die Benutzung der Marke in ihrer eingetragenen Form sei, dass sie aber auch nicht im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 [jetzt Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung 2017/1001] eine Benutzung in einer Form sei, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweiche, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst werde. Insoweit berücksichtigte sie die Tatsache, dass die Unterscheidungskraft der älteren französischen Marke als solche eher schwach sei, weil diese aus einer Flasche üblicher Form mit einer einfachen geraden Linie bestehe, die an einer bestimmten Stelle platziert sei und eine bestimmte Länge aufweise und es in Wirklichkeit vom Gesamteindruck her diese Linie und ihre Platzierung und ihre bestimmte Länge seien, die der Marke leichte Unterscheidungskraft verliehen. Somit sei der durch ihre grafische Darstellung festgelegte Schutzumfang der älteren Marke sehr schwach und daher stelle eine Form, die von der in den vorgelegten Beweisen dargestellten Art abweiche, keineswegs eine Benutzung der älteren Marke dar. Die Erläuterung der Klägerin, wonach sich in den Flaschen in den Beweismitteln ein Grashalm befinde, der ein wichtiges Merkmal ihres Wodkas der Marke ŻUBRÓWKA sei, stütze ihr Vorbringen nicht und sei nicht relevant, weil die ältere französische Marke nicht den Begriff eines Grashalms in einer Flasche schütze (Rn. 43 bis 45 der angefochtenen Entscheidung).

    37

    Die Beschwerdekammer stellte fest, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung der erstmals vor ihr vorgelegten Beweise die Art der Benutzung der älteren französischen dreidimensionalen Marke nicht nachgewiesen habe, was eine notwendige Voraussetzung für den Nachweis der ernsthaften Benutzung dieser älteren Marke gemäß Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 sei. Daraus leitete sie ab, dass es bereits aus diesem Grund nicht notwendig sei, die verspätet eingereichten Beweise und die Frage, ob diese Beweise insgesamt zu berücksichtigen seien, weiter zu prüfen. Es bleibe dabei, dass der auf die ältere französische dreidimensionale Marke und die in Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Gründe gestützte Widerspruch zurückzuweisen sei. In Bezug auf die weiteren geltend gemachten Widerspruchsgründe und älteren Rechte „verweist [die Beschwerdekammer] ausdrücklich auf die Argumentation in ihrer Entscheidung vom 26. März 2012 in der Sache R 2506/2010-4“. Sie kam zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch hinsichtlich aller Gründe und aller Rechte, auf die er gestützt sei, zurückzuweisen sei (Rn. 46 bis 49 der angefochtenen Entscheidung).

    Verfahren und Anträge der Parteien

    … [nicht übersetzt]

    48

    Die Klägerin beantragt,

    die angefochtene Entscheidung zur Gänze aufzuheben;

    dem EUIPO und der Streithelferin die im Verfahren vor dem Gericht und der Beschwerdekammer entstandenen Kosten aufzuerlegen.

    49

    Das EUIPO beantragt,

    die Klage abzuweisen;

    der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

    50

    Die Streithelferin beantragt,

    die Klage abzuweisen;

    der Klägerin die Kosten, einschließlich aller der Streithelferin entstandenen Kosten, aufzuerlegen.

    Rechtliche Würdigung

    51

    Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 65 Abs. 6 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 72 Abs. 6 der Verordnung 2017/1001) geltend gemacht. Mit dem zweiten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 und Regel 22 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 10 Abs. 3 der Delegierten Verordnung 2018/625) sowie gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b und Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht. Mit dem dritten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 75 und Art. 76 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht.

    Vorbemerkungen

    Zeitlich anwendbares Recht

    52

    Aus der Akte geht hervor, dass die Beschwerdekammer die Verordnung Nr. 207/2009 angewandt hat (vgl. Rn. 3 der angefochtenen Entscheidung), dass die Klägerin ihre Klagegründe auf diese Verordnung gestützt hat (vgl. Rn. 4 der Klageschrift), dass die Streithelferin ihre Klagebeantwortung auf diese Verordnung gestützt hat und dass das EUIPO in seiner Klagebeantwortung eine Fassung der „UMV“ angeführt hat, deren nummerierte Vorschriften jenen dieser Verordnung entsprechen.

    53

    In Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat das EUIPO jedoch ausgeführt, dass das im vorliegenden Fall anwendbare Recht zumindest in materieller Hinsicht die Verordnung Nr. 40/94 sei, da der Zeitpunkt der Anmeldung der Marke ausschlaggebend sei.

    54

    Es ist festzustellen, dass aufgrund des Zeitpunkts der Anmeldung der Marke – im vorliegenden Fall ist dies der 1. April 1996 –, der für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts maßgeblich ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 26. Oktober 2015, Popp und Zech/HABM, C‑17/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:728, Rn. 2; Urteil vom 12. Dezember 2019, EUIPO/Wajos, C‑783/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:1073, Rn. 2), und in Anbetracht des Zeitpunkts des Erlasses der angefochtenen Entscheidung – im vorliegenden Fall ist dies der 29. August 2016 –, der für die Bestimmung des anwendbaren Verfahrensrechts maßgeblich ist, auf den vorliegenden Rechtsstreit zum einen die materiellen Vorschriften der Verordnung Nr. 40/94 und zum anderen die Verfahrensvorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 anwendbar sind. Die materiellen Vorschriften dieser beiden Verordnungen, die für die Zwecke des vorliegenden Rechtsstreits einschlägig sind, sind im Wesentlichen identisch.

    55

    Was den zweiten Klagegrund anlangt, mit dem ein Verstoß gegen verschiedene Vorschriften des materiellen Rechts geltend gemacht wird, wird das Gericht in Anbetracht der Tatsache, dass die einschlägigen Vorschriften der Verordnungen Nr. 40/94 und Nr. 207/2009 im Wesentlichen identisch sind, die materiellen Vorschriften der Verordnung Nr. 40/94 anwenden. Es ist jedoch festzustellen, dass die Anwendung der identischen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 durch die Beschwerdekammer, die im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet wird, nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen kann. Die zeitliche Anwendbarkeit einer dieser Verordnungen führt zu keinem anderen Ergebnis und jede Anfechtung dieser Entscheidung auf dieser Grundlage ginge ins Leere.

    56

    Was den ersten und dritten Klagegrund angeht, mit denen ein Verstoß gegen mehrere Verfahrensvorschriften gerügt wird, so sind darauf, da die angefochtene Entscheidung am 29. August 2016 erlassen wurde, die Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009, gegebenenfalls in der Fassung der Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung Nr. 207/2009 und der Verordnung Nr. 2868/95 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. 2015, L 341, S. 21), anwendbar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. Oktober 2019, Repower/EUIPO, C‑281/18 P, EU:C:2019:916, Rn. 2 und 3). Genauer gesagt sieht Art. 4 der Verordnung 2015/2424 vor, dass diese Verordnung am 23. März 2016 in Kraft tritt, dass jedoch manche Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009, darunter Art. 75, erst ab dem 1. Oktober 2017 anwendbar sind. Im vorliegenden Fall bleibt in Anbetracht des Zeitpunkts des Erlasses der in Rede stehenden Entscheidung Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 in seiner ursprünglichen Fassung auf diese Entscheidung anwendbar. Da es keine Übergangsbestimmung gibt, sind jedoch Art. 65 Abs. 6 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung in der Fassung der Verordnung 2015/2424 auf diese Entscheidung anwendbar. Letztlich führt die zeitliche Anwendbarkeit der ursprünglichen oder der geänderten Fassung der Verfahrensvorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 bei der Behandlung des ersten und dritten Klagegrundes zu keinem anderen Ergebnis.

    … [nicht übersetzt]

    Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 und die Regel 22 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 sowie gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b und Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009

    83

    Mit dem zweiten Klagegrund wirft die Klägerin der Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, festgestellt zu haben, dass die (der Widerspruchsabteilung und der Beschwerdekammer) vorgelegten Beweise keinen Nachweis für die ernsthafte Benutzung der älteren französischen dreidimensionalen Marke im relevanten Zeitraum darstellten. Sie trägt insoweit vier Rügen vor.

    … [nicht übersetzt]

    93

    Bei diesem Klagegrund geht es im Wesentlichen um die Frage, ob die ältere Marke in der Form benutzt wurde, in der sie eingetragen wurde (oder in einer sie nicht verändernden Form, mit geringfügigen Abweichungen), und somit um den richtigen Gegenstand des durch diese Marke verliehenen Schutzes.

    … [nicht übersetzt]

    97

    Im Lichte dieser Erwägungen sind die vier Rügen des zweiten Klagegrundes der Klägerin und die Frage zu prüfen, ob die Beschwerdekammer in Rn. 46 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung der erstmals vor ihr vorgelegten Beweise die Art der Benutzung der älteren französischen dreidimensionalen Marke nicht nachgewiesen habe, was eine notwendige Voraussetzung für den Nachweis der ernsthaften Benutzung dieser Marke gemäß Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 sei.

    98

    Was das anwendbare materielle Recht betrifft, ist vorab darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung dann, wenn der Inhaber einer Unionsmarke verlangt, dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung erbracht wird, diese Benutzung nach der Verordnung Nr. 40/94 eine Voraussetzung ist, die nicht nur die Unionsmarken erfüllen müssen, sondern auch die älteren nationalen Marken, auf die der Widerspruch gegen diese Unionsmarke gestützt ist. Folglich bedeutet die Anwendung von Art. 43 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 auf ältere nationale Marken gemäß Abs. 3 dieses Artikels, dass der Begriff der ernsthaften Benutzung nach Art. 15 dieser Verordnung zu definieren ist und nicht nach nationalem Recht (vgl. entsprechend in Bezug auf Nichtigkeitsverfahren Urteil vom 12. Juli 2019, mobile.de/EUIPO – Droujestvo S Ogranichena Otgovornost “Rezon“ [mobile.ro], T‑412/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:516, Rn. 23). Die Beschwerdekammer hat daher keinen Rechtsfehler begangen, als sie im vorliegenden Rechtsstreit prüfte, ob die ältere nationale Marke Gegenstand einer ernsthaften Benutzung im Sinne letzterer Vorschrift des Unionsrechts gewesen war und nicht, ob sie dies nach nationalem Recht gewesen war.

    … [nicht übersetzt]

    101

    Um festzustellen, ob diese Beweise die Art der Benutzung der älteren Marke belegen, ist zunächst der richtige Gegenstand des von der Marke verliehenen Schutzes zu identifizieren.

    … [nicht übersetzt]

    Erste Rüge: Falsche Identifizierung der älteren Marke

    103

    Mit der ersten Rüge behauptet die Klägerin, die Beschwerdekammer habe die ältere Marke nicht richtig identifiziert, denn es handle sich um eine Flasche mit einem Grashalm im Inneren.

    – Rechtsvorschriften und Rechtsprechung

    104

    Abzustellen ist auf den legislativen und fallrechtlichen Kontext betreffend den Gegenstand des durch eine dreidimensionale Marke wie die ältere Marke verliehenen Schutzes, auf das Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit ihrer Darstellung sowie das Erfordernis der Übereinstimmung zwischen dieser Darstellung und der möglichen Beschreibung einer solchen Marke.

    105

    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Markenrecht der Europäischen Union kann ein Zeichen nur dann als Marke eingetragen werden, wenn der Anmelder es in Form einer grafischen Darstellung gemäß dem Erfordernis des Art. 4 der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 4 der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt der Verordnung 2017/1001) so einreicht, dass Gegenstand und Reichweite des begehrten Schutzes klar und eindeutig bestimmt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juli 2019, Red Bull/EUIPO, C‑124/18 P, EU:C:2019:641, Rn. 36; vgl. in diesem Sinne und entsprechend auch Urteil vom 27. März 2019, Hartwall, C‑578/17, EU:C:2019:261, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    106

    Wird der Anmeldung eine verbale Beschreibung des Zeichens beigefügt, so muss diese zur Klarstellung von Gegenstand und Reichweite des beantragten markenrechtlichen Schutzes beitragen und darf weder im Widerspruch zu der grafischen Darstellung einer Marke stehen noch Zweifel in Bezug auf Gegenstand und Reichweite dieser grafischen Darstellung wecken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juli 2019, Red Bull/EUIPO, C‑124/18 P, EU:C:2019:641, Rn. 37; vgl. in diesem Sinne und entsprechend auch Urteil vom 27. März 2019, Hartwall, C‑578/17, EU:C:2019:261, Rn. 39 und 40).

    107

    Eine grafische Darstellung muss es ermöglichen, das Zeichen insbesondere mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen sichtbar so wiederzugeben, dass es genau identifiziert werden kann. Zunächst hat das Erfordernis der grafischen Darstellung insbesondere den Zweck, die Marke selbst festzulegen, um den genauen Gegenstand des Schutzes zu bestimmen, den die eingetragene Marke ihrem Inhaber gewährt. Sodann muss die grafische Darstellung klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein, um diese Funktion gegenüber den zuständigen Behörden und den Verkehrskreisen, insbesondere den Wirtschaftsteilnehmern, zu erfüllen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juni 2017, M/S. Indeutsch International/EUIPO – Crafts Americana Group [Darstellung von Spitzklammern zwischen zwei parallelen Linien], T‑20/16, EU:T:2017:410, Rn. 33 und 34 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne und entsprechend auch Urteile vom 12. Dezember 2002, Sieckmann, C‑273/00, EU:C:2002:748, Rn. 46 und 48 bis 55, und vom 24. Juni 2004, Heidelberger Bauchemie, C‑49/02, EU:C:2004:384, Rn. 25 und 27 bis 32). Insbesondere soll mit der Darstellung gerade jedes subjektive Element im Prozess der Identifizierung und Wahrnehmung des Zeichens ausgeschlossen werden. Folglich muss das Mittel der grafischen Darstellung unzweideutig und objektiv sein (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 12. Dezember 2002, Sieckmann, C‑273/00, EU:C:2002:748, Rn. 54).

    108

    Eine grafische Darstellung, der es an Eindeutigkeit und Klarheit fehlt, lässt keine Bestimmung des beantragten Schutzumfangs zu (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 27. November 2003, Shield Mark, C‑283/01, EU:C:2003:641, Rn. 59). Der entscheidende Faktor für die Reichweite des Schutzes der Marke ist die Art und Weise, wie sie allein auf der Grundlage des Zeichens, wie es eingetragen ist, wahrgenommen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Januar 2018, Deichmann/EUIPO – Munich [Darstellung eines Kreuzes auf der Seite eines Sportschuhs], T‑68/16, EU:T:2018:7, Rn. 44). Das Erfordernis der grafischen Darstellung dient insbesondere dem Zweck, die Marke selbst festzulegen, um den genauen Gegenstand des Schutzes zu bestimmen, den die eingetragene Marke ihrem Inhaber gewährt. Daher obliegt es dem Anmelder, eine grafische Darstellung der Marke einzureichen, die genau dem Gegenstand des Schutzes entspricht, den er erreichen möchte. Sobald eine Marke eingetragen ist, kann ihr Inhaber nicht einen Schutz beanspruchen, der über den durch diese grafische Darstellung gewährten Schutz hinausgeht oder dieser Darstellung nicht entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. November 2017, Red Bull/EUIPO – Optimum Mark [Kombination der Farben Blau und Silber], T‑101/15 und T‑102/15, EU:T:2017:852, Rn. 71, und vom 19. Juni 2019, adidas/EUIPO – Shoe Branding Europe (Darstellung dreier paralleler Streifen), T‑307/17, EU:T:2019:427, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    109

    Zudem kann nach Regel 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 die Anmeldung auf freiwilliger Basis „eine Beschreibung der Marke enthalten“. Wenn eine Anmeldung eine Beschreibung enthält, muss diese Beschreibung daher zusammen mit der grafischen Darstellung geprüft werden. Aus dem Urteil vom 6. Mai 2003, Libertel (C‑104/01, EU:C:2003:244), ergibt sich, dass eine Beschreibung eines Zeichens erforderlich sein kann, um den Anforderungen von Art. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 zu genügen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. November 2017, Kombination der Farben Blau und Silber, T‑101/15 und T‑102/15, EU:T:2017:852, Rn. 79 und 80, und vom 19. Juni 2019, Darstellung dreier paralleler Streifen, T‑307/17, EU:T:2019:427, Rn. 31). Die gemeinsame Prüfung der Beschreibung kann jedoch den genauen Gegenstand des Schutzes, wie er in der Darstellung festgelegt ist, nicht erweitern (vgl. Rn. 108 oben), sondern nur dazu beitragen, ihn zu klären und zu präzisieren.

    110

    Was dreidimensionale Marken anlangt, so bestimmt Regel 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 3 Abs. 3 Buchst. c der Durchführungsverordnung 2018/626 der Kommission vom 5. März 2018 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung 2017/1001 und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2017/1431 (ABl. 2018, L 104, S. 37), die keine Beschreibung für solche Marken verlangt:

    „Wird die Eintragung einer dreidimensionalen Marke beantragt, muss die Anmeldung eine entsprechende Angabe enthalten. Die Wiedergabe muss aus einer fotografischen Darstellung oder einer grafischen Wiedergabe der Marke bestehen. Es können bis zu sechs verschiedene Perspektiven der Marke wiedergegeben werden.“

    111

    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass für die Auslegung und Anwendung des Markenrechts der Europäischen Union die Darstellung der Marke, die klar und präzise sein muss, den Gegenstand des durch die Eintragung verliehenen Schutzes festlegt. Zudem muss die Beschreibung, die möglicherweise der Darstellung beigefügt sein kann, mit dieser in ihrer eingetragenen Form übereinstimmen und kann den Geltungsbereich der so festgelegten Marke nicht erweitern. Dieses Erfordernis der Übereinstimmung einer möglichen Beschreibung mit der Darstellung ist daher eine Folge des Erfordernisses der Klarheit und Eindeutigkeit der Darstellung, die den Gegenstand des Schutzes festlegt.

    112

    Im Lichte dieser Grundsätze hat die Beschwerdekammer zu Recht in Rn. 38 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die (damalige grafische) Darstellung der Marke in ihrer angemeldeten Form die Tragweite ihres Schutzes definiert und nicht die Beschreibung der Marke durch die Klägerin, dass eine Beschreibung einer Marke festlegen muss, was auf der Darstellung einer Marke zu sehen ist, und dass der Schutzumfang nicht durch eine mögliche Auslegung dessen erweitert wird, was der Anmelder mit dieser Darstellung sagen wollte oder gemeint hat.

    – Anwendung auf die Festlegung des genauen Gegenstands des durch die ältere Marke verliehenen Schutzes und auf die Übereinstimmung ihrer Beschreibung mit ihrer Darstellung im vorliegenden Fall

    113

    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Eintragungsurkunde der älteren dreidimensionalen französischen Marke, die vom Institut national de la propriété industrielle (INPI, Frankreich) ausgestellt wurde, dass diese Marke eine (in Rn. 7 oben wiedergegebene) grafische Darstellung enthält, der eine Beschreibung beigefügt ist, wonach „[d]ie Marke … aus einer Flasche [besteht], wie oben dargestellt, mit einem Grashalm, der sich in einer fast diagonalen Position im Flaschenkörper befindet“.

    114

    In Anbetracht dieser Eintragungsurkunde ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Beschreibung der älteren Marke nicht mit ihrer Darstellung übereinstimmt. Es ist festzustellen, dass die Darstellung eine Linie enthält und nicht einen Grashalm, wie beschrieben. Im Übrigen scheint sich die Linie auf der Darstellung eher auf dem Flaschenkörper zu befinden und es wird nicht klar, dass sie sich im Inneren der Flasche befindet. Da feststeht, dass die Beschreibung dieser Marke nicht mit ihrer Beschreibung übereinstimmt, kann sie zudem nicht zur Klärung oder Präzisierung der Marke dienen.

    115

    Daher hat die Beschwerdekammer in Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass die grafische Darstellung der älteren Marke „eine Flasche üblicher Form [zeigt], auf der, ausgehend von direkt unterhalb des Flaschenhalses, diagonal von links eine [gerade] Linie bis zur unteren Kante der Flasche verläuft;“ dass die Linie, die als fester Bestandteil des Flaschenkörpers dargestellt wird, eine gerade diagonale Line ist und nichts anderes und dass die von der Klägerin vorgelegte Beschreibung an dieser Feststellung nichts ändert, weil der Schutzumfang der Marke nicht dadurch bestimmt wird, was die Klägerin bei der Anmeldung der Marke bezweckt hat.

    116

    Wie die Streithelferin vorgebracht hat, entspricht diese Beurteilung der Beschwerdekammer den einschlägigen Grundsätzen für die richtige Identifizierung einer dreidimensionalen Marke, wonach für die Festlegung des Schutzumfangs einer solchen Marke die Darstellung entscheidend ist und die Beschreibung die Darstellung dieser Marke nicht ändern oder auslegen kann.

    117

    Diese Feststellung wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt, wonach die Wahrnehmung der älteren dreidimensionalen französischen Marke als Marke mit einem Grashalm in Inneren erstens den Feststellungen des Gerichts im Aufhebungsurteil, zweitens der Darstellung, Art und Beschreibung dieser Marke in ihrer Eintragungsurkunde und drittens den vorgelegten Beweisen entspreche.

    118

    Erstens hat sich das Gericht im Aufhebungsurteil inhaltlich keineswegs zum genauen Gegenstand des durch die ältere französische dreidimensionale Marke verliehenen Schutzes geäußert. Es hat sich darauf beschränkt, dem dritten Klagegrund der ersten Klage stattzugeben, der auf einen Begründungsmangel und eine falsche Ermessensausübung in Bezug auf die erstmalig vor der Beschwerdekammer vorgelegten Benutzungsnachweise gestützt war, das heißt, einem Klagegrund verfahrensrechtlicher Art, mit dem die Nichtberücksichtigung von Benutzungsnachweisen und nicht die Festlegung des Schutzgegenstandes gerügt wurde (vgl. auch Antwort auf den ersten Klagegrund in den Rn. 70 bis 82 oben).

    119

    Zweitens stützt sich die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach diese Marke „eine Flasche üblicher Form [schützt], auf der, ausgehend von direkt unterhalb des Flaschenhalses, diagonal von links eine gerade Linie bis zur unteren Kante der Flasche verläuft“, gerade auf die Darstellung der älteren französischen dreidimensionalen Marke in ihrer Eintragungsurkunde. Das behauptete Vorhandensein eines Grashalms geht hingegen aus der Darstellung nicht hervor, sondern nur aus der Beschreibung.

    120

    Wie die Streithelferin geltend macht, enthält diese Beschreibung eine unzulässige Auslegung der Darstellung, weil sie das grafische Element der Linie über das Sichtbare hinaus auslegt, indem behauptet wird, dass dieses Element einen Grashalm darstelle. In der schwarz-weißen (und daher nicht auf eine bestimmte Farbe, wie grün-braun, beschränkten, sondern alle Farben abdeckenden) Darstellung ist das grafische Element eine sehr gerade schwarze Linie ohne jegliche Biegung oder Unregelmäßigkeit, während ein Grashalm normalerweise nicht gerade ist, sondern Biegungen und Unregelmäßigkeiten aufweist. Zudem ist in dieser Darstellung nicht klar ersichtlich, dass sich die Linie im Inneren der Flasche befindet; vielmehr scheint sie auf dem Körper der Flasche angebracht zu sein. Daher liefe jede Auslegung oder Änderung der Darstellung durch die Beschreibung den in den Rn. 104 bis 112 oben dargelegten Grundsätzen zuwider.

    121

    Die Streithelferin fügt hinzu, dass die Klägerin, wenn sie einen Grashalm in einer Flasche hätte schützen wollen, ein völlig realitätsgetreues Bild eines Grashalms hätte anmelden müssen, wie dies bei anderen von der Klägerin angemeldeten Marken geschehen sei.

    122

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht zum genauen Gegenstand des Schutzes Stellung genommen hat, der von der unten abgebildeten dreidimensionalen polnischen Marke Nr. 189866 der Klägerin verliehen wird.

    Image

    123

    So hat das Gericht in den Rn. 94, 95, 97 und 98 des Urteils vom 12. November 2015, CEDC International/HABM – Fabryka Wódek Polmos Łańcut (WISENT) (T‑449/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:839), und in den Rn. 96, 97, 99 und 100 des Urteils vom 12. November 2015, CEDC International/HABM – Fabryka Wódek Polmos Łańcut (WISENT VODKA) (T‑450/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:841), entschieden, dass die ältere kollidierende Marke ein Bildelement enthalte, das aus einer dünnen Linie quer über die Flasche bestehe, und dass diese Linie gerade, leicht nach links geneigt, grün und durch das Etikett unterbrochen sei. Dem Gericht zufolge können diese schematischen Darstellungen dessen, was einen Grashalm darstellen könnte, jedoch nicht als echter Grashalm angesehen werden. Der in den einander gegenüberstehenden Marken, so wie sie dargestellt und eingetragen seien, vorhandene Strich werde als das wahrgenommen, was er sei, nämlich eine bloße Linie und kein Grashalm. Nur eine realistischere Darstellung eines Grashalms oder ein tatsächliches Bild eines Grashalms im Inneren einer Flasche könne ein Hinweis auf einen Grashalm sein, was im Übrigen durch dessen Beschreibung bestätigt werden könne. Das Gericht war jedoch der Auffassung, dass dies hier nicht der Fall sei. Seiner Ansicht nach stellte die Beschwerdekammer aufgrund der Wahrnehmung dieses Bildelements als einfache, gerade, leicht geneigte bzw. diagonale Linie quer über eine Flasche zu Recht fest, dass dieses Element bei Vorhandensein anderer Bildelemente weniger Unterscheidungskraft besitze und bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken eine untergeordnete Rolle spiele. Diese Schlussfolgerung könne durch das Vorbringen der Klägerin, wonach der Grashalm ein besonders auffälliges oder originelles Element sei, nicht entkräftet werden. Das auf den einander gegenüberstehenden Marken in ihrer dargestellten und eingetragenen Form vorhandene Bildelement sei eine gerade, leicht geneigte bzw. diagonale Linie, die als Linie quer über die Flasche wahrgenommen werde und nicht als Grashalm. Als einfache Form erscheine diese Linie nicht als besonders originell oder auffällig. Zudem sei die Linie sowohl im Fall der angemeldeten Marke als auch im Fall der älteren Marke aufgrund des Vorhandenseins anderer Wort- und Bildelemente in diesen Marken von untergeordneter Bedeutung. So werde sie weniger sichtbar und dadurch sei ihre Fähigkeit, dem Verbraucher im Gedächtnis zu bleiben, geringer.

    124

    Was die im vorliegenden Fall in Rede stehende ältere französische dreidimensionale Marke anlangt, so ist umso mehr festzustellen, dass eine realistischere Darstellung eines Grashalms oder ein tatsächliches Bild eines Grashalms im Inneren einer Flasche das Vorhandensein eines Grashalms auf dieser Marke klarer und genauer hätte festlegen können, was im Übrigen durch dessen Beschreibung hätte bestätigt werden können, die dann mit der Darstellung übereingestimmt hätte. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.

    125

    Drittens können die vorgelegten Nachweise für die Benutzung der Waren grundsätzlich keinen Einfluss auf die Festlegung des genauen Gegenstands des durch eine Marke verliehenen Schutzes haben. Dieser Gegenstand wird durch die Darstellung der Marke in der Eintragungsurkunde festgelegt, möglicherweise durch die Beschreibung klargestellt und präzisiert, falls diese mit der Darstellung übereinstimmt, kann jedoch keineswegs durch die tatsächliche Benutzung der Marke auf dem Markt verändert werden. Zudem erlaubt es Art. 44 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 43 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 49 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) nicht, dass eine spätere Änderung des Antrags die Marke wesentlich ändert.

    126

    Ferner wird im vorliegenden Fall die unzureichende Klarheit und Eindeutigkeit der Darstellung zusammen mit ihrer Beschreibung vielmehr dadurch bestätigt, dass die Klägerin Benutzungsnachweise vorgelegt hat, die die ältere Marke in einer Art und Weise wiedergeben, die sich in Bezug auf Art, Länge und Position der Linie von der Darstellung in der Eintragungsurkunde unterscheidet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Juli 2019, Red Bull/EUIPO, C‑124/18 P, EU:C:2019:641, Rn. 45, und vom 30. November 2017, Kombination der Farben Blau und Silber, T‑101/15 und T‑102/15, EU:T:2017:852, Rn. 65).

    127

    Schließlich stellte die Beschwerdekammer in Rn. 45 der angefochtenen Entscheidung zu Recht fest, dass die ältere Marke den Begriff eines Grashalms in einer Flasche nicht zu schützen vermöge.

    128

    Insoweit hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine abstrakte Darstellung eines Begriffs in jeglichen denkbaren Formen nicht die nach Art. 4 der Verordnung Nr. 40/94 erforderlichen Merkmale der Eindeutigkeit und Beständigkeit aufweist. Eine solche Darstellung ließe nämlich zahlreiche unterschiedliche Kombinationen zu, die es dem Verbraucher nicht erlaubten, eine bestimmte Kombination zu erkennen und in Erinnerung zu behalten, auf die er sich mit Gewissheit für weitere Käufe beziehen könnte, und es auch den zuständigen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern nicht ermöglichten, den Umfang der geschützten Rechte des Markeninhabers zu kennen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juli 2019, Red Bull/EUIPO, C‑124/18 P, EU:C:2019:641, Rn. 38; vgl. in diesem Sinne und entsprechend auch Urteil vom 24. Juni 2004, Heidelberger Bauchemie, C‑49/02, EU:C:2004:384, Rn. 33 bis 35).

    129

    Zudem hat der Gerichtshof für Recht erkannt, dass der Gegenstand einer Markenanmeldung, die sich auf alle denkbaren Formen einer Ware oder eines Teils einer Ware bezieht, kein „Zeichen“ im Sinne von Art. 4 der Verordnung Nr. 40/94 darstellt und damit auch keine Marke im Sinne dieses Artikels sein kann (vgl. entsprechend Urteil vom 25. Januar 2007, Dyson, C‑321/03, EU:C:2007:51, Rn. 40).

    130

    Daraus folgt, dass die markenrechtlichen Vorschriften nicht den Schutz eines Begriffs oder einer Idee, sondern nur den Schutz eines konkreten Ausdrucks eines Begriffs oder einer Idee erlauben, wie er im Zeichen enthalten und durch die Darstellung dieses Zeichens festgelegt ist.

    131

    Die Klägerin selbst räumt ein, dass sie nicht beabsichtige, abstrakt alle Darstellungen eines Grashalms in einer Flasche für sich zu beanspruchen, sondern für eine konkrete Darstellung der Kombination dieser beiden Elemente, die Teil ihrer Marke sei, einen Ausschließlichkeitsanspruch stelle.

    132

    Daher bestimmt die konkrete Darstellung der älteren Marke den genauen Gegenstand des durch diese Marke verliehenen Schutzes zum Zweck der Prüfung der Art der Benutzung dieser Marke.

    133

    Es ist jedoch festzustellen, dass sich aus der Darstellung der älteren Marke, wie sie von der Beschwerdekammer richtig identifiziert wurde, ergibt, dass der genaue Gegenstand des durch diese Marke verliehenen Schutzes nur „eine Flasche üblicher Form [betrifft], auf der, ausgehend von direkt unterhalb des Flaschenhalses, diagonal von links eine gerade Linie bis zur unteren Kante der Flasche verläuft“, aber nicht, wie die Klägerin behauptet, ein Grashalm.

    134

    Die erste Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

    Zweite, dritte und vierte Rüge: Anwendung eines falschen und unangemessenen Kriteriums für die ernsthafte Benutzung der älteren Marke, Nichtberücksichtigung der Möglichkeit der gleichzeitigen Benutzung mehrerer Marken und fehlende Beeinflussung der Unterscheidungskraft der älteren Marke bei ihrer Benutzung

    135

    Mit der zweiten Rüge behauptet die Klägerin, die Beschwerdekammer habe aufgrund ihres unzulässig vereinfachenden und zweidimensionalen Ansatzes ohne dynamische Betrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln und dadurch, dass sie sich auf die Beurteilung der Beweise unabhängig voneinander beschränkt habe, ohne sie gemeinsam zu prüfen, „einmal mehr“ ein falsches und unangemessenes Kriterium für die ernsthafte Benutzung der älteren dreidimensionalen französischen Marke angewandt. Mit der dritten Rüge trägt sie vor, indem sie fälschlicherweise festgestellt habe, dass die Verwendung des Etiketts die Unterscheidungskraft der in Rede stehenden Marke verändere, habe die Beschwerdekammer die Möglichkeit einer gleichzeitigen Benutzung mehrerer Marken unterschiedlicher Art nicht berücksichtigt. Mit der vierten Rüge trägt sie vor, die Beschwerdekammer habe die ernsthafte Benutzung dieser Marke im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 falsch beurteilt, indem sie die ernsthafte Benutzung fälschlicherweise nur auf die Fälle beschränkt habe, in denen die Form „gleich“ oder „identisch“ mit der eingetragenen sei, und nicht anerkannt habe, dass geringfügige Unterschiede der Länge und Position des Grashalms in der Flasche, die auf dem französischen Markt verwendet werde, die Unterscheidungskraft dieser Marke in ihrer eingetragenen Form nicht verändert hätten.

    – Rechtsvorschriften und Rechtsprechung

    136

    Gemäß Art. 15 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) umfasst der Nachweis der ernsthaften Benutzung einer älteren nationalen oder Unionsmarke auch den Nachweis der Benutzung der älteren Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird.

    137

    Aus dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 folgt unmittelbar, dass die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Form abweicht, in der sie eingetragen wurde, als Benutzung im Sinne des Abs. 1 dieses Artikels gilt, sofern durch sie die Unterscheidungskraft der Marke in der Form, in der sie eingetragen wurde, nicht verändert worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2013, Specsavers International Healthcare u. a., C‑252/12, EU:C:2013:497, Rn. 21; vom 28. Februar 2017, Labeyrie/EUIPO – Delpeyrat [Darstellung eines Musters aus hellen Fischen auf dunklem Hintergrund], T‑767/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:122, Rn. 18, und vom 28. Juni 2017, Tayto Group/EUIPO – MIP Metro [real], T‑287/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:443, Rn. 22). Die Vorschrift, wonach die Benutzung einer Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird, auch als Benutzung dieser Marke anzusehen ist, kann der Kürze halber auch „Gesetz der zulässigen Varianten“ genannt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juni 2019, Darstellung dreier paralleler Streifen, T‑307/17, EU:T:2019:427, Rn. 48)

    … [nicht übersetzt]

    140

    Für die Zwecke einer solchen Feststellung sind auch die Eigenschaften und insbesondere der Grad der Unterscheidungskraft der eingetragenen Marke zu berücksichtigen, wenn sie nur als Teil einer zusammengesetzten Marke oder in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird. Je schwächer ihre Unterscheidungskraft ist, desto leichter wird sie nämlich durch den Zusatz eines unterscheidungskräftigen Elements beeinflusst und desto mehr verliert die fragliche Marke ihre Eignung, als Hinweis auf die Herkunft der Ware wahrgenommen zu werden. Dies gilt auch im entgegengesetzten Sinne (Urteile vom 24. September 2015, Form eines Kochherdes, T‑317/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:689, Rn. 33; vom 13. September 2016, Darstellung eines Vielecks, T‑146/15, EU:T:2016:469, Rn. 29, und vom 28. Februar 2017, Darstellung eines Musters aus hellen Fischen auf dunklem Hintergrund, T‑767/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:122, Rn. 22).

    … [nicht übersetzt]

    142

    So kann die Voraussetzung der ernsthaften Benutzung einer Marke erfüllt sein, wenn eine Marke in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird, sofern die Marke weiterhin als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Ware wahrgenommen wird (Urteile vom 28. Februar 2017, Darstellung eines Musters aus hellen Fischen auf dunklem Hintergrund, T‑767/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:122, Rn. 48; vom 10. Oktober 2017, Klement/EUIPO – Bullerjan [Form eines Ofens], T‑211/14 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:715, Rn. 47, und vom 28. Februar 2019, PEPERO original, T‑459/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:119, Rn. 97).

    … [nicht übersetzt]

    147

    Bei dreidimensionalen Marken, die im Erscheinungsbild der Ware selbst bestehen, muss, damit man zu der Schlussfolgerung gelangen kann, dass die ältere Marke tatsächlich entsprechend ihrer Hauptfunktion benutzt wurde, der Nachweis ihrer Benutzung aus Beweisen hervorgehen, die eindeutig darauf schließen lassen, dass der Verbraucher in der Lage ist, die durch die ältere Marke geschützte Form mit einem bestimmten Unternehmen zu verbinden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. September 2018, M J Quinlan & Associates/EUIPO – Intersnack Group [Form eines Kängurus], T‑219/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:610, Rn. 33, und vom 28. Februar 2019, PEPERO original, T‑459/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:119, Rn. 72).

    148

    Schließlich ist festzustellen, dass bei einer extrem einfachen Marke selbst leichte Änderungen der Marke Abweichungen darstellen können, die nicht geringfügig sind, so dass die geänderte Form nicht als der eingetragenen Form der Marke insgesamt gleichwertig angesehen werden kann. Je einfacher nämlich eine Marke ist, desto weniger ist sie geeignet, Unterscheidungskraft zu entfalten, und desto eher kann eine Änderung der Marke eines ihrer wesentlichen Merkmale beeinträchtigen und somit die Wahrnehmung der Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise verändern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. September 2016, Darstellung eines Vielecks, T‑146/15, EU:T:2016:469, Rn. 33 und 52 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 19. Juni 2019, Darstellung dreier paralleler Streifen, T‑307/17, EU:T:2019:427, Rn. 72).

    – Anwendung im vorliegenden Fall

    149

    Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich der vierten Rüge zunächst festzustellen, dass die ältere Marke, so wie sie dargestellt ist, deren Schutzgegenstand kein Grashalm ist, sondern „eine Flasche üblicher Form, auf der, ausgehend von direkt unterhalb des Flaschenhalses, diagonal von links eine gerade Linie bis zur unteren Kante der Flasche verläuft“ (vgl. Rn. 115 und 133 oben), von der Klägerin in den vorgelegten Benutzungsnachweisen nicht in identischer Form benutzt wurde.

    150

    Was die der Widerspruchsabteilung vorgelegten Beweise anlangt (vgl. Rn. 15 oben), in denen Flaschen abgebildet sind, so weist keine dieser Flaschen eine ununterbrochene diagonale Linie auf und schon gar nicht eine gerade Linie, die mit der identisch ist, die in der älteren Marke enthalten ist. Diese Linie ist zudem nicht auf der Außenfläche einer der Flaschen angebracht, sie erscheint auf dem Etikett selbst nicht bzw. verläuft nicht quer darüber. Ferner ist auf allen Flaschen ein nicht durchsichtiges (unleserliches oder mit der Aufschrift „żubrówka bison vodka“ versehenes) Etikett angebracht, das die Sichtbarkeit und Wahrnehmung dessen, was sich dahinter befindet, beeinträchtigen kann.

    151

    Was die vor der Beschwerdekammer verspätet vorgelegen Beweise (vgl. Rn. 25 oben) und vor allem die der Erklärung von Herrn K. beigefügten Fotos der Flasche mit dem Etikett mit der Aufschrift „żubrówka bison vodka“ anlangt, die diesmal nicht nur von vorne, sondern auch von hinten und von den beiden Seiten dargestellt ist, so ist zwar auf den Seitenansichten eine lange ununterbrochene Linie sichtbar.

    152

    Auch wenn sich diese in den beiden Seitenansichten dieses Benutzungsnachweises sichtbaren Linien leicht voneinander unterscheiden, unterscheiden sie sich doch stark von der geraden diagonalen Linie, die in der älteren Marke enthalten ist. Sie unterscheiden sich ihrer Art nach, da sie nicht ganz gerade, sondern leicht gekrümmt sind, durch ihre größere Länge und durch ihre Position, da sie an unterschiedlichen Stellen am Rand und im unteren Teil der Flasche beginnen und enden, was auch zu einer unterschiedlichen Neigung führt.

    153

    Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht in den Rn. 40 bis 42 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass keiner der Beweise, die der Widerspruchsabteilung (vgl. Rn. 15 oben) oder ihr selbst (vgl. Rn. 25 oben) vorlagen, die Marke in ihrer eingetragenen Form zeigt, das heißt so, wie sie in der Eintragungsurkunde grafisch dargestellt ist.

    154

    Zweitens ist festzustellen, dass die ältere Marke, so wie sie dargestellt ist, deren Schutzgegenstand kein Grashalm ist, sondern „eine Flasche üblicher Form, auf der, ausgehend von direkt unterhalb des Flaschenhalses, diagonal von links eine gerade Linie bis zur unteren Kante der Flasche verläuft“ (vgl. Rn. 115 und 133 oben), von der Klägerin auch nicht in einer Form benutzt wurde, die von der Eintragung nur in Bestandteilen oder geringfügig abwich, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wurde.

    155

    Insoweit ist zu berücksichtigen, wie dies die Beschwerdekammer in Rn. 44 der angefochtenen Entscheidung getan hat, dass die Unterscheidungskraft der älteren Marke als solcher gering ist. Diese Marke besteht aus einer Flasche üblicher Form, die mit einer einfachen geraden Linie versehen ist, die eine bestimmte Länge und aufgrund ihrer Position eine spezielle Neigung aufweist. Der Gesamteindruck ist der, dass diese einfache gerade Linie mit ihrer bestimmten Länge und ihrer speziellen Position der Marke leichte Unterscheidungskraft verleiht.

    156

    Somit ist der durch ihre grafische Darstellung festgelegte Schutzumfang der älteren Marke eng und es kommt leicht zu einer Beeinflussung ihrer Unterscheidungskraft (vgl. Rn. 140 oben), umso mehr, als es sich um eine dreidimensionale Marke handelt (vgl. Rn. 143 und 147 oben).

    157

    Die in den vorgelegten Nachweisen enthaltenen Formen unterscheiden sich von der geschützten Form der älteren Marke durch nicht geringfügige Abweichungen in Art, Länge und Position (vgl. Rn. 152 oben) und können nicht als „geringfügig“ bzw. als der eingetragenen Form dieser Marke „insgesamt gleichwertig“ im Sinne der Rechtsprechung angesehen werden (vgl. Rn. 148 oben).

    158

    Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht in den Rn. 43 bis 45 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass diese durch die erstmals vor ihr vorgelegten Nachweise belegte Benutzung nicht nur keine Benutzung der älteren Marke in der eingetragenen Form war, sondern auch keine Benutzung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen oder in geringfügigen Unterschieden abwich, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wurde.

    159

    Somit ist festzustellen, dass die ältere Marke in ihrer benutzten Form nach den vorgelegten Nachweisen nicht mit dieser Marke in ihrer dargestellten und eingetragenen Form übereinstimmt, und dass die Unterschiede zwischen ihnen eine Beeinflussung ihrer Unterscheidungskraft darstellen, die über geringfügige Abweichungen gemäß dem „Gesetz der zulässigen Varianten“ hinausgeht.

    160

    Die vierte Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

    … [nicht übersetzt]

    166

    Was die dritte Rüge anlangt, mit der die Möglichkeit einer gleichzeitigen Benutzung mehrerer Marken unterschiedlicher Art geltend gemacht wird, so trifft es zwar zu, dass nach ständiger Rechtsprechung die Benutzung einer Marke sowohl die unabhängige Benutzung dieser Marke als auch ihre Benutzung als Teil einer anderen Marke oder in Verbindung mit dieser einschließen kann (Urteil vom 18. April 2013, Colloseum Holding, C‑12/12, EU:C:2013:253, Rn 32; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 18. Juli 2013, Specsavers International Healthcare u. a., C‑252/12, EU:C:2013:497, Rn. 23, 24 und 26, und vom 24. September 2015, Form eines Kochherdes, T‑317/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:689, Rn. 29).

    167

    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine eingetragene Marke, die nur als Teil einer zusammengesetzten Marke oder in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird, weiterhin als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Ware wahrgenommen werden muss, soll diese Benutzung dem Begriff der „ernsthaften Benutzung“ im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 genügen (Urteil vom 18. April 2013, Colloseum Holding, C‑12/12, EU:C:2013:253, Rn. 35, und vom 24. September 2015, Form eines Kochherdes, T‑317/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:689, Rn. 30).

    168

    Im vorliegenden Fall ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer das Vorhandensein des (unleserlichen oder mit der Aufschrift „żubrówka bison vodka“ versehenen) Etiketts vor allem deshalb erwähnte, weil sie der Ansicht war, dass das Vorhandensein eines solchen Etiketts die Sichtbarkeit und Wahrnehmung der älteren französischen dreidimensionalen Marke auf den Benutzungsnachweisen beeinträchtige, und nicht nur deshalb, weil das Vorhandensein einer Wort- oder Bildmarke einer anderen Art die Unterscheidungskraft dieser Marke beeinflusse. Auf den in Rn. 15 oben wiedergegebenen Fotos ist, je nachdem, entweder keine Linie sichtbar oder es ist im unteren Teil der Flasche unterhalb des Etiketts nichts sichtbar oder es sind mehrere (zwei oder drei) Linien unterhalb des Etiketts sichtbar.

    169

    Wie das EUIPO ausführt, ist daher die Beschwerdekammer nicht lediglich deshalb zu dem Schluss gekommen, dass die Benutzung der älteren Marke nicht nachgewiesen sei, weil mehrere Marken für die gleiche Ware benutzt wurden, sondern vor allem deshalb, weil es schwierig war, heraufzufinden, was sich hinter dem Etikett befand, insbesondere da die Fotos widersprüchlich waren, was das Fehlen oder Vorhandensein einer Linie oder eines Grashalms betraf.

    170

    Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer keineswegs die oben in den Rn. 166 und 167 angeführte Rechtsprechung zur Möglichkeit einer gemeinsamen Benutzung mehrerer Marken unterschiedlicher Art in Frage stellte, wonach die Voraussetzung der ernsthaften Benutzung einer Marke erfüllt sein kann, wenn eine Marke in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird, sofern die Marke weiterhin als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Ware wahrgenommen wird.

    171

    Zweitens ist jedenfalls mit der Streithelferin festzustellen, dass die Voraussetzungen einer solchen gemeinsamen Benutzung einer dreidimensionalen Marke gemeinsam mit anderen Marken im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. Wenngleich die kombinierte Benutzung von zwei Marken grundsätzlich die Benutzung einer dieser Marken darstellen kann, so ist dies nur der Fall, wenn die Unterscheidungskraft dieser Marke nicht beeinflusst wird, wobei diese Voraussetzung nur erfüllt ist, wenn die einschlägigen Verkehrskreise diese Marke individuell und unabhängig von der anderen Marke als Hinweis auf die Herkunft wahrnehmen.

    172

    Im vorliegenden Fall wird jedoch nicht nur die ältere Marke gemeinsam mit einer anderen Marke benutzt, die auf einem nicht durchsichtigen Etikett angebracht ist, das die Sichtbarkeit beeinträchtigt und die Wahrnehmung des unterscheidungskräftigen Teils der älteren Marke berührt, sondern die Klägerin hat jedenfalls mit den vorgelegten Benutzungsnachweisen keinen Nachweis für die individuelle und unabhängige Wahrnehmung dieser Marke als Herkunftsnachweis durch die einschlägigen Verkehrskreise erbracht, beispielsweise durch Vorlage einer Marktstudie.

    173

    Insoweit hat das Gericht in Bezug auf ein mit diesen Fotos vergleichbares Muster entschieden, dass die Linie aufgrund des Vorhandenseins anderer Wort- und Bildelemente in den gemeinsam benutzten Marken von untergeordneter Bedeutung sei, dass sie somit weniger sichtbar werde und dass deshalb ihre Fähigkeit, dem Verbraucher im Gedächtnis zu bleiben, geringer sei (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. November 2015, WISENT, T‑449/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:839, Rn. 98, und vom 12. November 2015, WISENT VODKA, T‑450/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:841, Rn. 100).

    174

    Dies ist auch hier der Fall. Es wurde nicht nachgewiesen, dass die ältere Marke, wenn sie gemeinsam mit der Wortmarke ŻUBRÓWKA VODKA BISON oder mit grafischen Elementen benutzt wird, die mit dem auf dem Etikett abgebildeten Bison in Verbindung stehen, von den einschlägigen Verkehrskreisen weiterhin als Hinweis auf die Herkunft wahrgenommen wird. Das ist umso weniger der Fall als die originäre Unterscheidungskraft der älteren Marke schwach ist (vgl. Rn. 155 oben), offensichtlich schwächer als jene dieser Wortmarke, und daher durch diese stark beeinflusst wird (vgl. Rn. 156 oben).

    175

    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Unterscheidungskraft der älteren Marke vor allem dadurch beeinflusst wird, dass sich die Linien, die in den – wenngleich verspätet eingereichten – Benutzungsnachweisen erscheinen, stark von der Linie unterscheiden, die sich auf der Darstellung der älteren Marke befindet, und zwar ihrer Art nach, da sie nicht ganz gerade, sondern leicht gekrümmt sind, durch ihre größere Länge und ihre unterschiedliche Position, da diese Linien nicht von der gleichen Stelle im unteren Teil der Flasche ausgehen, was zu einer unterschiedlichen Neigung führt (vgl. Rn. 151 oben). Im Gesamteindruck ist es aber diese gerade Linie mit ihrer speziellen Position und Länge, die der älteren Marke leichte Unterscheidungskraft verleiht, weil diese aus einer mit einer solchen Linie versehenen Flasche üblicher Form besteht.

    … [nicht übersetzt]

    177

    Da die originär schwache Unterscheidungskraft der älteren Marke in den Benutzungsnachweisen durch die anderen Marken oder die auf dem Etikett befindlichen Elemente stark beeinflusst wird, sind die Voraussetzungen für eine gemeinsame Benutzung nicht erfüllt.

    178

    Die dritte Rüge ist als sachlich unzutreffend und jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.

    179

    Daher ist die Beurteilung der Beschwerdekammer zu bestätigen, wonach die Benutzung der älteren französischen dreidimensionalen Marke, wie sie dargestellt und eingetragen ist, nicht nachgewiesen wurde.

    180

    Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

    Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 75 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009

    181

    Mit dem dritten Klagegrund macht die Klägerin Verstöße der Beschwerdekammer gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 (Begründungsmangel) und gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (unrichtige Ermittlung des Sachverhalts) geltend. Sie trägt insoweit vier Rügen vor, wobei die ersten drei, bei denen es um den in Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Widerspruchsgrund geht, gemeinsam zu prüfen sind, und die letzte, bei der es um die in Art. 8 Abs. 3 und 4 dieser Verordnung genannten Widerspruchsgründe geht, separat zu prüfen ist.

    … [nicht übersetzt]

    Vierte Rüge: Verweis der Beschwerdekammer auf die Begründung einer früheren Entscheidung, die vom Gericht aufgehoben wurde

    194

    Mit der vierten Rüge macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe die übrigen, auf Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Beschwerde- und Widerspruchsgründe nicht geprüft. In Rn. 48 der angefochtenen Entscheidung habe sie sich darauf beschränkt, lediglich auf die Begründung ihrer ersten Entscheidung in der Sache R 2506/2010-4 zu verweisen. Es scheine ihr „entgangen“ zu sein, dass diese frühere Entscheidung in ihrer Gesamtheit durch das Aufhebungsurteil aufgehoben worden sei. Daher habe die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung über alle von der Klägerin geltend gemachten Gründe entscheiden müssen und nicht auf eine nicht mehr existente Entscheidung verweisen dürfen.

    195

    Das EUIPO tritt diesem Vorbringen entgegen. Es weist darauf hin, dass die Klägerin selbst, wie in Rn. 29 des Aufhebungsurteils angeführt, ihre Argumentation allein auf die Feststellungen der Beschwerdekammer zur Beurteilung der Benutzungsnachweise beschränkt habe, die in der ersten Entscheidung dargelegt worden seien, und geltend gemacht habe, dass diese Feststellungen gleichermaßen alle zur Stützung des Widerspruchs angeführten Gründe beträfen.

    196

    Die Streithelferin tritt diesem Vorbringen entgegen. Sie ist der Ansicht, dass der Verweis der Beschwerdekammer auf die erste Entscheidung vom 26. März 2012 in der Sache R 2506/2010-4, mit dem sie habe zeigen wollen, dass die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht erfüllt seien, auch keinen Verstoß gegen die Art. 75 und 76 dieser Verordnung darstelle. Sie meint, dass Art. 8 Abs. 3 und 4 dieser Verordnung nach dem Verfahren vor dem Gericht nicht mehr Teil des Streitgegenstands vor der Beschwerdekammer gewesen sei, weil das Aufhebungsurteil den Verstoß gegen die Art. 75 und 76 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung zum Gegenstand gehabt und nur die Benutzungsnachweise betroffen habe. Sie führt aus, der Streitgegenstand sei – durch die Klägerin selbst – auf den Verstoß gegen diese Vorschriften beschränkt worden, da die Klägerin in Rn. 5.2 der in der früheren Rechtssache eingereichten Klageschrift erklärt habe, dass sie „ihre Argumentation allein auf die Feststellungen der Beschwerdekammer zur Beurteilung der Benutzungsnachweise [beschränkt hat], da diese Feststellungen gleichermaßen alle Widerspruchsgründe betreffen“. Die Streithelferin weist darauf hin, dass die Benutzungsnachweise nicht alle in Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Widerspruchsgründe beträfen, da sie selbst nach dem Urteil vom 29. März 2011, Anheuser-Busch/Budějovický Budvar (C‑96/09 P, EU:C:2011:189, Rn. 143), kein Recht habe, den Nachweis für die Benutzung dieser Rechte zu verlangen. Vielmehr könne ein Erfordernis einer Benutzung nur für ältere Rechte im Sinne von Art. 8 Abs. 1 dieser Verordnung gelten. Deshalb sei es im vorigen Verfahren vor dem Gericht nicht mehr um Art. 8 Abs. 3 und 4 dieser Verordnung gegangen und seien diese Vorschriften auch nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits über die angefochtene Entscheidung.

    197

    Zudem macht die Streithelferin geltend, in der ersten Entscheidung habe die Beschwerdekammer in den Rn. 20 bis 34 die genauen Gründe angeführt, weshalb diese Vorschriften nicht anwendbar seien. Die Klägerin habe jedoch kein Argument und keine Begründung dafür vorgetragen, weshalb dieser Teil der Entscheidung mit einem Fehler behaftet sei, sondern nur – zu Unrecht – auf die Frage der ernsthaften Benutzung als Vorbedingung für die Beurteilung dieser Gründe verwiesen. Nach Ansicht der Streithelferin steht dies nicht im Einklang mit Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung, der von der klagenden Partei verlange, dass sie im Einzelnen die Argumente dafür darlege, dass das EUIPO das Recht verletzt habe. Auch wenn daher die Klägerin die erste Entscheidung in Bezug auf Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009 habe anfechten wollen, sei dieser Klagegrund unzulässig und die Entscheidung habe nicht auf der Grundlage dieser Vorschriften aufgehoben werden können. Die Streithelferin kommt zu dem Schluss, dass das Gericht, als es die Entscheidung zur Gänze aufgehoben habe, sie nur insofern habe aufheben können, als sie angefochten worden sei. Die Klägerin habe jedoch die Zurückweisung der in Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Widerspruchsgründe nicht beanstandet. Zudem gehe die Beschränkung auf den in Art. 8 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Widerspruchsgrund auch aus der Argumentation der Klägerin hervor, die nur einen Verstoß gegen diesen Widerspruchsgrund geltend gemacht habe.

    198

    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in Rn. 48 der angefochtenen Entscheidung „[h]insichtlich der anderen Widerspruchsgründe und der anderen geltend gemachten älteren Rechte … ausdrücklich auf die Argumentation in ihrer Entscheidung vom 26. März 2012 in der Sache R 2506/2010-4 [verweist]“.

    199

    Es ist festzustellen, dass diese erste Entscheidung vom Gericht zur Gänze mit dem Aufhebungsurteil aufgehoben worden war, gegen das kein Rechtsmittel eingelegt wurde und das rechtskräftig geworden ist.

    200

    Da ein Aufhebungsurteil ex tunc gilt und damit der aufgehobenen Handlung rückwirkend ihren rechtlichen Bestand nimmt (vgl. Rn. 72 oben), ist diese erste Entscheidung in der Rechtsordnung der Union nicht vorhanden und kann dort keine Wirkungen entfalten.

    201

    Daher ist diese erste Entscheidung nicht Teil des rechtlichen Kontexts, in dem die Begründung der angefochtenen Entscheidung beurteilt werden muss.

    202

    Im Übrigen kann ein auf mehrere Gründe gestützter Widerspruch nur zurückgewiesen werden, wenn alle zu seiner Unterstützung vorgebrachten Gründe geprüft und verworfen werden.

    203

    Daraus folgt, dass es der Beschwerdekammer nicht erlaubt war, als Grundlage für den Tenor der angefochtenen Entscheidung, mit der alle geltend gemachten Widerspruchsgründe zurückgewiesen wurden, für manche dieser Gründe auf die Begründung einer in ihrer Gesamtheit vom Gericht aufgehobenen ersten Entscheidung zu verweisen, ohne jeden der Widerspruchsgründe zu prüfen und zu verwerfen.

    204

    Daher ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer dadurch, dass sie sich darauf beschränkte, hinsichtlich der in Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Widerspruchsgründe „ausdrücklich“ auf die in der ersten, zur Gänze vom Gericht aufgehobenen Entscheidung enthaltene Argumentation zu „verweisen“, und sodann den Tenor der Abweisung der bei ihr eingebrachten Beschwerde teilweise auf einen solchen Verweis stützte, den angefochtenen Beschluss unter Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht rechtlich hinreichend begründet hat.

    205

    Diese Feststellung wird nicht durch die Tatsache entkräftet, dass das Gericht in Rn. 29 des Aufhebungsurteils vorab wie folgt argumentierte:

    „[D]die Klägerin [rügt] die Feststellungen und Wertungen des [EUIPO] hinsichtlich sämtlicher Widerspruchsgründe, nämlich derjenigen gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 Abs. 3 und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 … Die Klägerin führt jedoch aus, dass sie ihr Vorbringen auf die Feststellungen der Beschwerdekammer zur Beurteilung der vorgelegten Benutzungsnachweise beschränke, da diese Feststellungen alle Widerspruchsgründe gleichermaßen beträfen.“

    206

    Ohne dass zu ermitteln ist, ob die Beurteilung der vorgelegten Benutzungsnachweise gleichermaßen alle Widerspruchsgründe betraf, genügt es insoweit, festzustellen, dass die Tatsache, dass das Gericht im Aufhebungsurteil dem dritten Klagegrund stattgab, mit dem ein Verstoß gegen Art. 75 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wurde und der die nicht begründete Nichtberücksichtigung bestimmter Benutzungsnachweise durch die Beschwerdekammer betraf, geeignet war, zumindest die Prüfung des in Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b dieser Verordnung genannten Widerspruchsgrunds in Frage zu stellen und damit den gesamten Tenor der ersten Entscheidung, mit der die Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung über die Zurückweisung des Widerspruchs zurückgewiesen wurde.

    207

    Wenn das Gericht mit einer Klage gegen eine Entscheidung der Beschwerdekammer, wie der ersten Entscheidung, befasst wird und feststellt, dass die Beurteilung der Beschwerdekammer unrichtig ist, und sei es auch nur in Bezug auf einen einzigen geltend gemachten Widerspruchsgrund, so obliegt es ihm, diese Entscheidung in vollem Umfang aufzuheben, wie es das im Aufhebungsurteil getan hat.

    208

    Daher ist der vierten Rüge des dritten zur Stützung der vorliegenden Klage geltend gemachten Klagegrundes stattzugeben.

    209

    Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung nur hinsichtlich der in Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Widerspruchsgründe, wie sie in der vierten Rüge des dritten Klagegrundes geltend gemacht werden, aufzuheben und die Klage im Übrigen abzuweisen, das heißt soweit es die die in Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b dieser Verordnung genannten Widerspruchsgründe betrifft.

    Kosten

    210

    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Ferner trägt nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

    211

    Im vorliegenden Fall ist die Klägerin teils unterlegen, da die Feststellung der Begründetheit der vierten Rüge des dritten Klagegrundes nur hinsichtlich der in Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Widerspruchsgründe zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führt und die Klage im Übrigen abgewiesen wird. Das EUIPO und die Streithelferin sind nur hinsichtlich dieser Rüge unterlegen, während die Klage in Bezug auf die in Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b dieser Verordnung genannten Widerspruchsgründe abgewiesen wird.

    212

    Daher ist zu entscheiden, dass jeder Beteiligte seine eigenen Kosten trägt.

     

    Aus diesen Gründen erlässt

    DAS GERICHT (Neunte Kammer)

    folgendes Urteil:

     

    1.

    Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 29. August 2016 (Sache R 1248/2015-4) wird aufgehoben, soweit sie die in Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke genannten Widerspruchsgründe betrifft.

     

    2.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

     

    3.

    CEDC International sp. z o.o., das EUIPO und die Underberg AG tragen ihre eigenen Kosten.

     

    Costeira

    Gratsias

    Kancheva

    Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. September 2020.

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

    ( 1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.

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