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Document 62016CJ0591
Judgment of the Court (Fourth Chamber) of 25 March 2021.#H. Lundbeck A/S and Lundbeck Ltd v European Commission.#Appeal – Competition – Agreements, decisions and concerted practices – Pharmaceutical products – Market for antidepressants (citalopram) – Settlement agreements relating to disputes concerning process patents concluded by a manufacturer of originator medicines who is the holder of those patents and manufacturers of generic medicines – Article 101 TFEU – Potential competition – Restriction by object – Characterisation – Calculation of the amount of the fine – Sales directly or indirectly related to the infringement.#Case C-591/16 P.
Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 25. März 2021.
H. Lundbeck A/S und Lundbeck Ltd gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Pharmazeutische Erzeugnisse – Markt für Antidepressiva (Citalopram) – Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über die Verfahrenspatente, die der Herstellers des Originalpräparats und Inhaber der Patente mit Generikaherstellern schließt – Art. 101 AEUV – Potenzieller Wettbewerb – Bezweckte Beschränkung – Einstufung – Berechnung der Geldbuße – Umsätze, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen.
Rechtssache C-591/16 P.
Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 25. März 2021.
H. Lundbeck A/S und Lundbeck Ltd gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Pharmazeutische Erzeugnisse – Markt für Antidepressiva (Citalopram) – Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über die Verfahrenspatente, die der Herstellers des Originalpräparats und Inhaber der Patente mit Generikaherstellern schließt – Art. 101 AEUV – Potenzieller Wettbewerb – Bezweckte Beschränkung – Einstufung – Berechnung der Geldbuße – Umsätze, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen.
Rechtssache C-591/16 P.
Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2021:243
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)
25. März 2021 ( *1 )
[Text berichtigt durch Beschluss vom 3. September 2021]
„Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Pharmazeutische Erzeugnisse – Markt für Antidepressiva (Citalopram) – Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über die Verfahrenspatente, die der Herstellers des Originalpräparats und Inhaber der Patente mit Generikaherstellern schließt – Art. 101 AEUV – Potenzieller Wettbewerb – Bezweckte Beschränkung – Einstufung – Berechnung der Geldbuße – Umsätze, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen“
In der Rechtssache C‑591/16 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. November 2016,
H. Lundbeck A/S mit Sitz in Valby (Dänemark),
Lundbeck Ltd mit Sitz in Milton Keynes (Vereinigtes Königreich),
Prozessbevollmächtigte: ursprünglich R. Subiotto, QC, und Rechtsanwalt T. Kuhn, dann R. Subiotto, QC,
Rechtsmittelführerinnen,
andere Parteien des Verfahrens:
[Berichtigt durch Beschluss vom 3. September 2021] Europäische Kommission, vertreten durch F. Castilla Contreras, T. Vecchi, B. Mongin und C. Vollrath als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
unterstützt durch:
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, ursprünglich vertreten durch D. Guðmundsdóttir, Z. Lavery und D. Robertson als Bevollmächtigte im Beistand von J. Turner, QC, J. Holmes, QC, M. Demetriou, QC, und T. Sebastian, Barrister, dann durch D. Guðmundsdóttir als Bevollmächtigte im Beistand von J. Turner, QC, J. Holmes, QC, M. Demetriou, QC, und T. Sebastian, Barrister,
Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,
European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) mit Sitz in Genf (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: F. Carlin, Barrister, und Rechtsanwältin N. Niejahr,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter D. Šváby (Berichterstatter) und S. Rodin, der Richterin K. Jürimäe und des Richters P. G. Xuereb,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Aleksejev, Referatsleiter, C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2019,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. Juni 2020
folgendes
Urteil
1 |
Mit ihrem Rechtsmittel begehren die H. Lundbeck A/S und die Lundbeck Ltd die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 8. September 2016, Lundbeck/Kommission (T‑472/13, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2016:449), mit dem ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses C(2013) 3803 final der Europäischen Kommission vom 19. Juni 2013 in einem Verfahren nach Art. 101 [AEUV] und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39226 – Lundbeck) (im Folgenden: streitiger Beschluss) sowie auf Herabsetzung der mit diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbußen abgewiesen wurde. |
Rechtlicher Rahmen
Verordnung (EG) Nr. 1/2003
2 |
Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) bestimmt: „Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig
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Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006
3 |
In den Ziff. 6, 13 und 22 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006) heißt es: „6. Die Verbindung des Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer [der Zuwiderhandlung] stellt eine Formel dar, die die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wiedergibt. Sie vermittelt Aufschluss über die Größenordnung der Geldbuße und sollte nicht als Grundlage für eine automatische arithmetische Berechnungsmethode verstanden werden. … 13. Zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des [Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)] verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Im Regelfall ist der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde zu legen, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war (nachstehend ‚Umsatz‘). … 22. Bei der Bestimmung der genauen Höhe innerhalb dieser Bandbreite berücksichtigt die Kommission mehrere Umstände, u. a. die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligten Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis.“ |
Leitlinien zu Technologietransfer-Vereinbarungen von 2014
4 |
Rn. 29 der Leitlinien zur Anwendung von Artikel 101 [AEUV] auf Technologietransfer-Vereinbarungen (ABl. 2014, C 89, S. 3, im Folgenden: Leitlinien zu Technologietransfer-Vereinbarungen von 2014) lautet: „Grundsätzlich gelten die Parteien einer Vereinbarung nicht als Wettbewerber, wenn sie sich in einer einseitigen oder zweiseitigen Sperrposition befinden. Eine einseitige Sperrposition liegt vor, wenn ein Technologierecht nicht verwertet werden kann, ohne ein anderes gültiges Technologierecht zu verletzen, oder wenn eine Partei am relevanten Markt nicht wirtschaftlich rentabel teilnehmen kann, ohne ein gültiges Technologierecht der anderen Partei zu verletzen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Technologierecht für die Verbesserung eines anderen Technologierechts besteht und die Verbesserung ohne eine Lizenz für das ursprüngliche Technologierecht nicht rechtmäßig genutzt werden kann. Eine zweiseitige Sperrposition liegt vor, wenn keines der Technologierechte verwertet werden kann, ohne das andere gültige Technologierecht zu verletzen, oder wenn keine der Parteien am relevanten Markt wirtschaftlich rentabel teilnehmen kann, ohne ein gültiges Technologierecht der anderen Partei zu verletzen, so dass die Parteien einander eine Lizenz gewähren oder auf ihre Rechte verzichten müssten. In der Praxis wird es jedoch Fälle geben, in denen nicht klar ist, ob ein bestimmtes Technologierecht gültig ist und verletzt wird.“ |
Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss
5 |
Das vorliegende Verfahren ist eines von sechs miteinander in Zusammenhang stehenden Verfahren über gegen sechs Urteile des Gerichts betreffend Klagen auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses eingelegte Rechtsmittel. Es handelt sich dabei außer dem vorliegenden Rechtsmittel um folgende Rechtsmittel: das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑586/16 P (Sun Pharmaceutical Industries und Ranbaxy [UK]/Kommission) gegen das Urteil vom 8. September 2016, Sun Pharmaceutical Industries und Ranbaxy (UK)/Kommission (T‑460/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:453), das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑588/16 P (Generics [UK]/Kommission) gegen das Urteil vom 8. September 2016, Generics (UK)/Kommission (T‑469/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:454), das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑601/16 P (Arrow Group und Arrow Generics/Kommission) gegen das Urteil vom 8. September 2016, Arrow Group und Arrow Generics/Kommission (T‑467/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:450), das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑611/16 P (Xellia Pharmaceuticals und Alpharma/Kommission) gegen das Urteil vom 8. September 2016, Xellia Pharmaceuticals und Alpharma/Kommission (T‑471/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:460) und das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑614/16 P (Merck/Kommission) gegen das Urteil vom 8. September 2016, Merck/Kommission (T‑470/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:452). |
6 |
Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 1 bis 75 des angefochtenen Urteils wie folgt dargestellt: „I – Gesellschaften, auf die sich die vorliegende Rechtssache bezieht
II – Betroffenes Erzeugnis und sich darauf beziehende Patente
III – Streitige Vereinbarungen
A – Vereinbarungen mit Merck (GUK)
B – Vereinbarungen mit Arrow
C – Vereinbarung mit Alpharma
D – Vereinbarung mit Ranbaxy
IV – Vorgehen der Kommission im Arzneimittelsektor und Verwaltungsverfahren
…
V – [Streitiger] Beschluss
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Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil
7 |
Mit Klageschrift, die am 30. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben H. Lundbeck und die Lundbeck Ltd (im Folgenden zusammen: Lundbeck) Klage auf teilweise Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses und Herabsetzung der von der Kommission gegen sie verhängten Geldbußen. |
8 |
Lundbeck machte zehn Klagegründe geltend. Mit dem vorliegenden Rechtsmittel wird nur die Zurückweisung des ersten, des zweiten, des dritten, des vierten, des fünften, des sechsten, des neunten und des zehnten Klagegrundes angegriffen. Mit dem ersten Klagegrund wandte sich Lundbeck gegen die im streitigen Beschluss enthaltene Feststellung, dass die Generikahersteller und sie zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen zumindest potenzielle Wettbewerber gewesen seien. Mit dem zweiten, dem dritten, dem vierten, dem fünften und dem sechsten Klagegrund machte Lundbeck im Wesentlichen geltend, dass die Kommission dadurch, dass sie die streitigen Vereinbarungen als „bezweckte Wettbewerbsbeschränkung“ eingestuft habe, gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen habe. Mit dem neunten und dem zehnten Klagegrund beanstandete Lundbeck hilfsweise die Verhängung von Geldbußen gegen sie und weiter hilfsweise die Berechnung dieser Geldbußen. |
9 |
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Klage vom Gericht in vollem Umfang abgewiesen. |
Verfahren vor dem Gerichtshof
10 |
Mit Schriftsatz, der am 18. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat Lundbeck das vorliegende Rechtsmittel eingelegt. |
11 |
Mit Schriftsatz, der am 24. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat Lundbeck beantragt, die vertrauliche Fassung des streitigen Beschlusses gegenüber der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA), der Streithelferin im ersten Rechtszug, vertraulich zu behandeln, so wie das Gericht in der Rechtssache T‑472/13 (Lundbeck/Kommission) mit diesem Beschluss verfahren sei. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2016, Lundbeck/Kommission (C‑591/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:967), hat der Präsident des Gerichtshofs diesem Antrag stattgegeben. Der EFPIA ist daher lediglich eine nicht vertrauliche Fassung des streitigen Beschlusses zugestellt worden. |
12 |
Mit Schriftsatz, der am 10. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat das Vereinigte Königreich beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 5. Juli 2017, Lundbeck/Kommission (C‑591/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:532), hat der Präsident des Gerichtshofs diesem Antrag stattgegeben. Auf Antrag von Lundbeck hat er die vertrauliche Fassung des streitigen Beschlusses gegenüber dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland jedoch vertraulich behandelt. Dem Vereinigten Königreich ist lediglich eine nicht vertrauliche Fassung des streitigen Beschlusses zugestellt worden. |
13 |
Der Präsident des Gerichtshofs hat Lundbeck auf deren Antrag von 17. März 2017 hin gestattet, eine Erwiderung einzureichen. |
14 |
Mit Schriftsatz, der am 16. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, die Frist für die Einreichung ihrer Gegenerwiderung zu verlängern. Mit Beschluss vom 17. Mai 2017 hat der Präsident des Gerichtshofs diesem Antrag stattgegeben. |
15 |
Mit Schriftsatz, der am 24. Juli 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat das Vereinigte Königreich beantragt, die Frist für die Einreichung seines Streithilfeschriftsatzes zu verlängern. Mit Beschluss vom 26. Juli 2017 hat der Präsident des Gerichtshofs diesem Antrag stattgegeben. |
16 |
Mit Schriftsätzen, die am 28. Juli 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen sind, hat das Vereinigte Königreich beantragt, auch in den oben in Rn. 5 genannten Rechtssachen C‑586/16 P (Sun Pharmaceutical Industries und Ranbaxy [UK]/Kommission), C‑588/16 P (Generics [UK]/Kommission), C‑601/16 P (Arrow Group und Arrow Generics/Kommission), C‑611/16 P (Xellia Pharmaceuticals und Alpharma/Kommission) und C‑614/16 P (Merck/Kommission) als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschlüssen vom 25. Oktober 2017, Sun Pharmaceutical Industries und Ranbaxy (UK)/Kommission (C‑586/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:831), vom 25. Oktober 2017, Generics (UK)/Kommission (C‑588/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:829), vom 25. Oktober 2017, Arrow Group und Arrow Generics/Kommission (C‑601/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:826), vom 25. Oktober 2017, Xellia Pharmaceuticals und Alpharma/Kommission (C‑611/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:825), und vom 25. Oktober 2017, Merck/Kommission (C‑614/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:828), hat der Präsident des Gerichtshofs diesen Anträgen stattgegeben. In Anbetracht seines Beschlusses vom 5. Juli 2017, Lundbeck/Kommission (C‑591/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:532), hat er jedoch in allen diesen Rechtssachen u. a. die vertrauliche Fassung des streitigen Beschlusses gegenüber dem Vereinigten Königreich vertraulich behandelt. Dem Vereinigten Königreich ist lediglich eine nicht vertrauliche Fassung des streitigen Beschlusses zugestellt worden. |
17 |
Nachdem die EFPIA und die Kommission ihre Gegenerwiderungen eingereicht und sich Lundbeck, die EFPIA und die Kommission zum Streithilfeschriftsatz des Vereinigten Königreichs geäußert hatten, ist das schriftliche Verfahren in der vorliegenden Rechtssache am 13. November 2017 abgeschlossen worden. |
18 |
Mit Beschluss des Gerichtshofs vom 27. November 2018 ist die Rechtssache der Vierten Kammer zur Entscheidung nach gemeinsamer mündlichen Verhandlung der vorliegenden Rechtssache und der Rechtssachen C‑586/16 P (Sun Pharmaceutical Industries und Ranbaxy [UK]/Kommission), C‑588/16 P (Generics [UK]/Kommission), C‑601/16 P (Arrow Group und Arrow Generics/Kommission), C‑611/16 P (Xellia Pharmaceuticals und Alpharma/Kommission), und C‑614/16 P (Merck/Kommission) und unter Berücksichtigung der Schlussanträge zugewiesen worden. |
19 |
Der Gerichtshof hat den Parteien des Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache gemäß Art. 61 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs am 29. November 2018 schriftliche Fragen zur mündlichen Beantwortung in der mündlichen Verhandlung sowie einen vorläufigen Plan der mündlichen Verhandlung mit einer genauen Beschreibung von deren Ablauf übermittelt. Den Parteien ist, nachdem sie Stellung genommen hatten, am 22. Januar 2019 ein endgültiger Plan der mündlichen Verhandlung übermittelt worden. |
20 |
Die gemeinsame mündliche Verhandlung in der vorliegenden Rechtssache und in den oben in Rn. 18 genannten Rechtssachen hat am 24. Januar 2019 stattgefunden. |
21 |
Am 6. Februar 2020 hat die Generalanwältin den Parteien des Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache gemäß Art. 62 der Verfahrensordnung eine Frage zur schriftlichen Beantwortung (im Folgenden: Frage zur schriftlichen Beantwortung vom 6. Februar 2020) übermittelt, mit der sie diese aufgefordert hat, zu den etwaigen Auswirkungen des Urteils vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52), auf die in der vorliegenden Rechtssache geltend gemachten Rechtsmittelgründe betreffend das Bestehen eines potenziellen Wettbewerbs zwischen Lundbeck und den Generikaherstellern und die Einstufung der von Lundbeck mit den Generikaherstellern geschlossenen Vereinbarungen als „bezweckte Beschränkungen“ Stellung zu nehmen. Die Antworten auf diese Frage sind am 6. März 2020 beim Gerichtshof eingegangen. |
Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof
22 |
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Lundbeck,
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23 |
Die Kommission beantragt,
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24 |
Die EFPIA beantragt,
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25 |
Das Vereinigte Königreich beantragt, das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen. |
Zum Rechtsmittel
26 |
Lundbeck macht sechs Rechtsmittelgründe geltend. |
27 |
Mit dem ersten Rechtsmittelgrund rügt Lundbeck, dass das Gericht rechtsfehlerhaft nicht beanstandet habe, dass die Kommission die streitigen Vereinbarungen als „bezweckte Wettbewerbsbeschränkung“ eingestuft habe, obwohl diese in den Schutzbereich ihrer neuen Verfahrenspatente fielen. |
28 |
Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund macht Lundbeck geltend, dass das Gericht rechtsfehlerhaft nicht das richtige Prüfungsschema angewandt habe, um in Anbetracht des fehlenden Nachweises einer entsprechenden Willensübereinstimmung zwischen den Parteien der streitigen Vereinbarungen zu bestimmen, ob fünf davon, nämlich die GUK-Vereinbarung für den EWR, die Arrow-UK-Vereinbarung, die dänische Arrow-Vereinbarung, die Alpharma-Vereinbarung und die Ranbaxy-Vereinbarung, Beschränkungen enthielten, die außerhalb des Schutzbereichs ihrer neuen Verfahrenspatente lägen. |
29 |
Mit dem dritten Rechtsmittelgrund macht Lundbeck geltend, dass das Gericht zwar zu Recht angenommen habe, dass mindestens fünf der sechs streitigen Vereinbarungen nicht in den Schutzbereich ihrer neuen Verfahrenspatente fielen. Es habe aber zu Unrecht festgestellt, dass es sich bei diesen Vereinbarungen um bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen handele. |
30 |
Mit dem vierten Rechtsmittelgrund macht Lundbeck geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler und einen offensichtlichen Fehler bei der Würdigung der Beweise begangen und sich widersprochen habe, indem es die Feststellung der Kommission bestätigt habe, dass sie und die Generikahersteller zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber gewesen seien, ganz gleich, ob die Erzeugnisse der Generikahersteller ihre neuen Verfahrenspatente verletzten oder nicht. |
31 |
Mit dem fünften Rechtsmittelgrund macht Lundbeck geltend, dass das Gericht die Geldbußen, die die Kommission gegen sie verhängt habe, zu Unrecht bestätigt habe. |
32 |
Mit dem sechsten Rechtsmittelgrund macht Lundbeck hilfsweise geltend, dass das Gericht die Methode der Berechnung der Geldbußen, die die Kommission gegen sie verhängt habe, rechtsfehlerhaft bestätigt habe. Außerdem habe es seine Entscheidung insoweit nicht hinreichend begründet. |
33 |
Zunächst ist der vierte Rechtsmittelgrund zu prüfen, dann der erste, der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund zusammen und schließlich nacheinander der fünfte und der sechste Rechtsmittelgrund. |
Zum vierten Rechtsmittelgrund
Relevante Randnummern des angefochtenen Urteils
34 |
Mit dem ersten Klagegrund hatte Lundbeck geltend gemacht, dass die Annahme der Kommission, dass die Generikahersteller, die die streitigen Vereinbarungen geschlossen hätten, zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarungen zumindest potenzielle Wettbewerber von ihr gewesen seien, unter mehreren Rechts- und Beurteilungsfehlern leide. |
35 |
Der erste Klagegrund bestand aus neun Teilen, die das Gericht allesamt als unbegründet zurückgewiesen hat. |
36 |
In einem ersten Schritt ist das Gericht in Bezug auf den ersten, den zweiten, den dritten, den vierten und den fünften Teil des ersten Klagegrundes in den Rn. 117 bis 133 und 157 bis 167 des angefochtenen Urteils Lundbeck nicht darin gefolgt, dass die Markteinführung von Generika unter Verletzung der Rechte des geistigen Eigentums Dritter kein Ausdruck eines potenziellen Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 AEUV sei und dass die Anfechtung eines gültigen Patents keine reale und konkrete Möglichkeit darstelle, in den Markt einzutreten. |
37 |
Das Gericht hat festgestellt, dass in Anbetracht der verschiedenen Gesichtspunkte, die von der Kommission berücksichtigt worden seien, und der Entscheidung von Lundbeck, erhebliche Summen an die Generikahersteller zu zahlen, um diese während der Laufzeit der streitigen Vereinbarungen vom Markt fernzuhalten, erwiesen sei, dass Lundbeck und die Generikahersteller potenzielle Wettbewerber gewesen seien. Die Generikahersteller hätten über reale und konkrete Möglichkeiten sowie über die Fähigkeit verfügt, in den Markt einzutreten. |
38 |
Insoweit hat das Gericht insbesondere festgestellt, dass die Annahme der Kommission, dass die neuen Verfahrenspatente von Lundbeck nicht zwangsläufig unüberwindbare Hindernisse für Generikahersteller darstellten, nicht zu beanstanden sei (angefochtenes Urteil, Rn. 124) und dass jeder einzelne Generikahersteller über eine generische Version von Citalopram verfügt habe oder innerhalb eines ausreichend kurzen Zeitraums hätte verfügen können, die auf Verfahren basiert habe, von denen nicht nachgewiesen gewesen sei, dass sie zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen irgendeines der Patente von Lundbeck verletzt hätten (angefochtenes Urteil, Rn. 195). Das Gericht hat ferner festgestellt, dass der potenzielle Wettbewerb u. a. die Tätigkeiten der Generikahersteller einschließe, die dazu dienten, die erforderlichen Genehmigungen für das Inverkehrbringen zu erhalten, die für die Vorbereitung des Markteintritts unerlässlich seien (angefochtenes Urteil, Rn. 171). |
39 |
Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Gericht in den Rn. 126 und 254 des angefochtenen Urteils u. a. berücksichtigt, dass Lundbeck gewusst habe, dass das Patent für Kristallisation eigentlich schwach sei und für ungültig erklärt werden könne. Es hat in den Rn. 142 und 147 des angefochtenen Urteils jedoch klargestellt, dass die Feststellung, dass die Generikahersteller und Lundbeck potenzielle Wettbewerber gewesen seien, nicht hauptsächlich auf subjektiven Bewertungen beruhe. |
40 |
In den Rn. 134 bis 148 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auch Beweise aus der Zeit nach den streitigen Vereinbarungen herangezogen. In Rn. 254 des angefochtenen Urteils hat es Beweise berücksichtigt, die belegten, dass einige Generikahersteller und Lundbeck selbst zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen Zweifel an der Gültigkeit des Patents für Kristallisation gehegt hätten. Dagegen hat das Gericht es in Rn. 145 des angefochtenen Urteils angenommen, dass für die Beurteilung der Frage, ob Lundbeck und die Generikahersteller zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen potenzielle Wettbewerber gewesen seien, nicht entscheidend sein könne, dass das Patent für Kristallisation vom EPA 2009 in all seinen relevanten Aspekten bestätigt worden sei. |
41 |
In einem zweiten Schritt hat das Gericht im angefochtenen Urteil dort, wo es auf den sechsten, den siebten, den achten und den neunten Teil des ersten Klagegrundes eingeht, für jede der streitigen Vereinbarungen geprüft, ob mit den von der Kommission vorgelegten Beweisen tatsächlich der Nachweis erbracht worden sei, dass der betreffende Generikahersteller und Lundbeck potenzielle Wettbewerber gewesen seien. Dabei hat es in Rn. 181 des angefochtenen Urteils insbesondere festgestellt, dass die Kommission die Schlussfolgerung, zu der sie gelangt sei, auf eine Reihe von Faktoren gestützt habe. Sie habe der spezifischen Situation jedes einzelnen Generikaherstellers zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen und den Besonderheiten des Arzneimittelsektors Rechnung getragen. |
Vorbringen der Parteien
42 |
Mit dem vierten Rechtsmittelgrund, der aus sieben Teilen besteht, macht Lundbeck geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler und einen offensichtlichen Fehler bei der Würdigung der Beweise begangen und sich widersprochen habe, indem es die Feststellung der Kommission bestätigt habe, dass Lundbeck und die Generikahersteller zumindest potenzielle Wettbewerber gewesen seien. |
43 |
Mit dem ersten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes macht Lundbeck geltend, dass das Gericht rechtsfehlerhaft lediglich geprüft habe, ob die Generikahersteller tatsächlich in den Markt hätten eintreten können. Es habe verkannt, dass es rechtliche Schranken gegeben habe, nämlich ihre neuen Verfahrenspatente, die einem rechtlichen Eintritt der Generikahersteller in den Markt entgegengestanden hätten, was durch Rn. 29 der Leitlinien zu Technologietransfer-Vereinbarungen von 2014 bestätigt werde. Lundbeck macht unterstützt durch die EFPIA weiter geltend, dass die Kommission in Fällen, in denen ausschließliche Rechte wie Patente bestünden, um zu ermitteln, ob auf dem Markt ein potenzieller Wettbewerb bestehe, prüfen müsse, ob ein Unternehmen ohne die von ihr geprüfte Vereinbarung reale und konkrete Möglichkeiten gehabt hätte, rechtmäßig in den Markt einzutreten und dort mit den etablierten Unternehmen in Wettbewerb zu treten. Das Gericht habe mit seiner Annahme in Rn. 195 des angefochtenen Urteils, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, nachzuweisen, dass die Verfahren der Generikahersteller ihre neuen Verfahrenspatente nicht verletzten, die Beweislast verkannt und somit einen Rechtsfehler begangen. Auch die Annahme des Gerichts in den Rn. 115 bis 132 und 149 bis 167 des angefochtenen Urteils, dass die Generikahersteller, auch wenn sie nur über durch ihre neuen Verfahrenspatente geschütztes Citalopram verfügt hätten, aufgrund ihrer Möglichkeit, diese Patente anzufechten, gleichwohl potenzielle Wettbewerber von ihr gewesen seien, sei rechtsfehlerhaft. Sie verletze die für ihre neuen Verfahrenspatente streitende Vermutung der Gültigkeit. |
44 |
Mit dem zweiten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes macht Lundbeck geltend, dass die Feststellung des Gerichts in Rn. 145 des angefochtenen Urteils, dass sie selbst Zweifel an der Gültigkeit des Patents für Kristallisation gehabt habe, auf einem „offensichtlichen Fehler bei der Beweiswürdigung“ beruhe. Die Feststellung beruhe lediglich auf zwei Dokumenten vom 22. November 2002 bzw. 29. September 2003, die aus der Zeit nach den streitigen Vereinbarungen stammten. Dies sei nicht mit der Feststellung in Rn. 141 des angefochtenen Urteils zu vereinbaren, das Beweismittel aus der Zeit nach dem Abschluss der streitigen Vereinbarungen bei der Prüfung des Bestehens eines potenziellen Wettbewerbs nicht entscheidend sein könnten. Im Übrigen habe das Gericht in Rn. 254 des angefochtenen Urteils die Beweislast zulasten von ihr, Lundbeck, umkehrt, indem es von ihr verlangt habe, darzutun, inwiefern sie die Frage der Wahrscheinlichkeit, dass das Patent für Kristallisation für ungültig erklärt werde, vor dem Abschluss der streitigen Vereinbarungen anders beurteilt habe. |
45 |
Mit dem dritten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes macht Lundbeck geltend, dass das Gericht in den Rn. 134 bis 148 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass Beweise aus der Zeit nach Abschluss der streitigen Vereinbarungen bei der Beurteilung der Frage, ob sie und die einzelnen Generikahersteller potenzielle Wettbewerber gewesen seien, nicht entscheidend sein könnten, selbst wenn sie stichhaltig seien. |
46 |
Mit dem vierten, dem fünften, dem sechsten und dem siebten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes macht Lundbeck geltend, dass das Gericht in den Rn. 225, 230, 255, 270, 286 und 330 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt habe, dass Merck (GUK) im Vereinigten Königreich und in den übrigen Ländern des EWR zumindest ein potenzieller Wettbewerber von ihr gewesen sei, dass Arrow im Vereinigten Königreich und in Dänemark ein potenzieller Wettbewerber von ihr gewesen sei und dass Alpharma und Ranbaxy im EWR potenzielle Wettbewerber von ihr gewesen seien. Diese Generikahersteller hätten zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen für das Inverkehrbringen des Generikums im Hoheitsgebiet der betreffenden Staaten nicht über die erforderliche Genehmigung für das Inverkehrbringen bzw. eine vergleichbare Zulassung verfügt. Bei Arrow und Alpharma komme zu diesem Rechtsfehler hinzu, dass die Beweise ganz offensichtlich nicht richtig gewürdigt worden seien. |
47 |
Die Kommission hält den vierten Rechtsmittelgrund für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. |
Würdigung durch den Gerichtshof
48 |
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsmittel nach Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf Rechtsfragen beschränkt ist. Für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen und die Beweiswürdigung ist allein das Gericht zuständig, so dass es sich dabei, solange keine Verfälschung geltend gemacht wird, nicht um Rechtsfragen handelt, die im Rahmen eines Rechtsmittels als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterlägen. |
49 |
Zu dem Vorbringen von Lundbeck, dass die Feststellung, dass sie Zweifel an der Gültigkeit ihrer neuen Verfahrenspatente gehabt habe, unter einem offensichtlichen Beurteilungsfehler leide (vierter Rechtsmittelgrund, zweiter Teil), und dass dem Gericht bei Feststellung, dass Merck (GUK) zumindest ein potenzieller Wettbewerber von ihr gewesen sei und dass Arrow, Alpharma und Ranbaxy in den betreffenden Hoheitsgebieten potenzielle Wettbewerber von ihr gewesen seien, Beweise nicht richtig gewürdigt habe (vierter Rechtsmittelgrund, vierter, fünfter, sechster und siebter Teil), ist festzustellen, dass sich Lundbeck damit gegen die vom Gericht vorgenommene Feststellung oder Beurteilung von Tatsachen bzw. die vom Gericht vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ohne eine Verfälschung von Tatsachen oder Beweisen zu behaupten, geschweige denn zu belegen. |
50 |
Folglich ist das entsprechende Vorbringen unzulässig. |
51 |
Dagegen stellen die übrigen Teile des vierten Rechtsmittelgrundes sowie das übrige Vorbringen im Rahmen des zweiten, des vierten, des fünften, des sechsten und des siebten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes entgegen dem Vorbringen der Kommission Rechtsfragen dar, die im Rahmen eines Rechtsmittels der Kontrolle durch den Gerichtshof unterliegen. |
52 |
Insoweit ist festzustellen, dass das Verhalten von Unternehmen nur dann unter das generelle Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt, wenn eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise, also eine Absprache, vorliegt und diese den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts spürbar einschränkt (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 31). |
53 |
Letzteres setzt bei Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, die auf derselben Ebene der Produktions- oder Vertriebskette tätig sind, voraus, dass die Absprache zwischen Unternehmen erfolgt, die tatsächliche oder zumindest potenzielle Wettbewerber sind (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 32). |
54 |
Um zu beurteilen, ob ein auf einem Markt nicht vertretenes Unternehmen mit einem oder mehreren anderen dort bereits vertretenen Unternehmen in einem Verhältnis des potenziellen Wettbewerbs steht, muss festgestellt werden, ob für das nicht auf dem Markt vertretene Unternehmen reale und konkrete Möglichkeiten bestehen, in den Markt einzutreten und mit dem oder den auf dem Markt vertretenen Unternehmen in Wettbewerb zu treten (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
55 |
Bei Vereinbarungen wie den streitigen, die bewirken, dass mehrere Unternehmen vorübergehend vom Markt ferngehalten werden, ist im Hinblick auf die Struktur und das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Marktes zu prüfen, ob für diese Unternehmen ohne die Vereinbarungen reale und konkrete Möglichkeiten bestanden hätten, in den Markt einzutreten und mit den dort vertretenen Unternehmen in Wettbewerb zu treten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 37 und 39). |
56 |
Sind solche Vereinbarungen im Kontext der Öffnung des Markts für ein Arzneimittel, das einen seit Kurzem gemeinfreien Wirkstoff enthält, für Generikahersteller geschlossen worden, ist unter Berücksichtigung der spezifischen Regelungen des Arzneimittelsektors und der Rechte des geistigen Eigentums, insbesondere der sich auf ein oder mehrere Verfahren zur Herstellung eines gemeinfreien Wirkstoffs beziehenden Patente der Originalpräparatehersteller (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 40 und 41) zu prüfen, ob der Generikahersteller nachweislich fest entschlossen und aus eigener Kraft in der Lage ist, in den Markt einzutreten, und dem nicht unüberwindliche Marktzutrittsschranken entgegenstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 58). |
57 |
Hierzu ist erstens zu prüfen, ob der betreffende Generikahersteller zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen ausreichende Vorbereitungsmaßnahmen getroffen hatte, um innerhalb einer Frist, die geeignet ist, Wettbewerbsdruck auf den Hersteller des Originalpräparats auszuüben, in den betreffenden Markt eintreten zu können. Zweitens ist zu prüfen, ob der Eintritt des Generikaherstellers in den Markt nicht auf unüberwindliche Marktzutrittsschranken stößt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 43 und 45). Die Feststellung, dass der Generikahersteller und der Hersteller des Originalpräparats potenzielle Wettbewerber sind, kann durch weitere Elemente bestätigt werden, etwa den Abschluss einer Vereinbarung zwischen ihnen zu einem Zeitpunkt, als der Generikahersteller nicht auf dem betreffenden Markt vertreten war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 54 bis 56). |
58 |
Speziell zu der Beurteilung der Frage, ob unüberwindliche Marktzutrittsschranken bestehen, hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Patent für ein Verfahren zur Herstellung eines gemeinfreien Wirkstoffs trotz der für das Patent streitenden Vermutung der Gültigkeit für sich genommen keine unüberwindliche Schranke darstellt, da die Vermutung der Gültigkeit des Patents im Zusammenhang mit der Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV nichts über den Ausgang eines Rechtsstreits über die Gültigkeit des Patents besagt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 46 bis 51). |
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Für sich genommen steht ein solches Patent der Einstufung des Generikaherstellers als „potenzieller Wettbewerber“ des Herstellers des Originalpräparats nicht entgegen, sofern der Generikahersteller tatsächlich fest entschlossen und aus eigener Kraft in der Lage ist, in den Markt einzutreten, und, wie seine Maßnahmen zeigen, bereit ist, das Patent anzufechten und sich beim Eintritt in den Markt einer Verletzungsklage des Patentinhabers auszusetzen (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 46). |
60 |
Im Übrigen hat der Gerichtshof auch klargestellt, dass die Wettbewerbsbehörde nicht zu prüfen hat, wie stark das Patent ist oder wie wahrscheinlich es ist, dass in einem Rechtsstreit zwischen dem Patentinhaber und einem Generikahersteller festgestellt wird, dass das Patent gültig ist und verletzt worden ist (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 50). |
61 |
Danach ist im vorliegenden Fall die Feststellung des Gerichts, dass die Kommission nicht positiv den Nachweis zu erbringen habe, dass das Citalopram, das die Generikahersteller in Verkehr hätten bringen wollen, nicht die neuen Verfahrenspatente von Lundbeck verletzt habe, und dass der Umstand, dass Lundbeck Inhaberin solcher Patente sei, der Feststellung, dass Lundbeck und die Generikahersteller potenzielle Wettbewerber gewesen seien, nicht entgegenstehe (angefochtenes Urteil, Rn. 117 bis 132, 157 bis 167 und 195), entgegen dem Vorbringen von Lundbeck rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere hat das Gericht weder gegen die für die neuen Verfahrenspatente von Lundbeck streitende Vermutung der Gültigkeit noch gegen die für Feststellung der in Art. 101 AEUV genannten Verhaltensweisen geltenden Beweislastregeln verstoßen. |
62 |
Das Gericht hat in den Rn. 117, 119 und 129 des angefochtenen Urteils nämlich die Hauptmerkmale sowohl der Patente als auch der Wettbewerbsverhältnisse auf den relevanten Markt sowie die im vorliegenden Fall vorherrschende Konstellation, dass die ursprünglichen Patente von Lundbeck für das API Citalopram und für die Herstellungsverfahren der Alkylierung und der Zyanierung ausgelaufen waren und es andere Verfahren gab, mit denen generisches Citalopram hergestellt werden konnte, bei denen nicht erwiesen war, dass sie andere Patente von Lundbeck verletzten, gebührend berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht hat in Rn. 124 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission fehlerfrei angenommen habe, dass die neuen Verfahrenspatente von Lundbeck nicht zwangsläufig unüberwindbare Hindernisse für Generikahersteller darstellten, die willens und bereit seien, in den Markt für Citalopram einzutreten, und zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen bereits erhebliche Investitionen zu diesem Zweck getätigt hätten. |
63 |
Ferner hat das Gericht in Rn. 159 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass, wenn nicht jegliche Unterscheidung zwischen tatsächlichem und potenziellem Wettbewerb geleugnet werden solle, es für den Nachweis des Bestehens eines potenziellen Wettbewerbs nicht erforderlich sei, dass die Generikahersteller mit Sicherheit in den Markt eingetreten wären und ein solcher Eintritt unweigerlich erfolgreich gewesen wäre, sondern lediglich, dass sie über reale und konkrete Möglichkeiten hierzu verfügt hätten. |
64 |
Die Schlussfolgerung, dass die Feststellung des Gerichts, dass die Generikahersteller potenzielle Wettbewerber von Lundbeck gewesen sein, rechtlich nicht zu beanstanden ist, wird durch die Leitlinien zu Technologietransfer-Vereinbarungen von 2014, insbesondere deren Rn. 29, nicht in Frage gestellt. Zum einen gilt diese Randnummer nur für Technologietransfer-Vereinbarungen. Die streitigen Vereinbarungen lassen sich aber nicht mit solchen Vereinbarungen gleichsetzen. Zum anderen geht aus der Rn. 29 der Leitlinien zu Technologietransfer-Vereinbarungen von 2014 hervor, dass die Feststellung der Kommission, dass Unternehmen, die sich aufgrund eines ausschließlichen Technologierechts in einer Sperrsituation befänden, keine Wettbewerber seien, nur „grundsätzlich“ gilt. Es gibt also Ausnahmen, die in der Rn. 29 der Leitlinien zu Technologietransfer-Vereinbarungen von 2014 im Übrigen auch angesprochen werden, wenn dort von Fällen die Rede ist, in denen „nicht klar ist, ob ein bestimmtes Technologierecht gültig ist und verletzt wird“. |
65 |
Somit ist der erste Teil des vierten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen. |
66 |
Zu den Beweisen dafür, dass Lundbeck und die Generikahersteller zumindest potenzielle Wettbewerber waren, ist bereits oben in Rn. 57 festgestellt worden, dass bei Vereinbarungen wie den streitigen bei der Beurteilung der Frage, ob der Hersteller des Originalpräparats und der Generikahersteller potenzielle Wettbewerber sind, auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung über die gütliche Beilegung des zwischen ihnen bestehenden Rechtsstreits über die Verfahrenspatente abzustellen ist (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 43). Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine solche Vereinbarung zu einem Zeitpunkt geschlossen wird, zu dem keine der Parteien der Vereinbarung Gewissheit darüber hat, ob das Verfahrenspatent des Herstellers des Originalpräparats gültig ist und ob das Generikum, das der Generikahersteller auf den Markt bringen will, Patente verletzt (vgl. in diesem Sinne, Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 52). |
67 |
Nach dem im Unionsrecht geltenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Urteil vom 27. April 2017, FSL u. a./Kommission, C‑469/15 P, EU:C:2017:308, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung) kann danach jeder Beweis, unabhängig davon, ob er aus der Zeit vor dem Abschluss der in Rede stehenden Vereinbarung, aus der Zeit des Abschlusses der Vereinbarung oder gar aus der Zeit danach stammt, berücksichtigt werden, sofern er Aufschluss darüber zu geben vermag, ob die betreffenden Unternehmen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung ein Wettbewerber waren oder nicht, wie das Gericht im Wesentlichen in Rn. 141 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat. |
68 |
Beweise, die sich auf Ereignisse nach dem Abschluss dieser Vereinbarung beziehen, insbesondere solche, die den späteren Ausgang des Rechtsstreits betreffen, wegen dessen die Vereinbarung geschlossen wurde, können, wie die Generalanwältin in den Nrn. 90 und 91 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, aber nicht herangezogen werden, um zu beurteilen, ob die Parteien der Vereinbarung zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung potenzielle Wettbewerber waren, und gegebenenfalls im Nachhinein zu festzustellen, dass sie dies nicht waren. |
69 |
Solche Beweise, die den Parteien zum Zeitpunkt des Abschlusses der fraglichen Vereinbarung nicht bekannt waren, können deren Marktverhalten nämlich nicht beeinflusst haben und vermögen daher keinen Aufschluss darüber zu geben, ob die betreffenden Unternehmen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung Wettbewerber waren oder nicht. |
70 |
Folglich hat das Gericht in den Rn. 141 und 254 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei und ohne Umkehrung der Beweislast festgestellt, dass Beweise aus der Zeit nach den streitigen Vereinbarungen berücksichtigt werden könnten, im vorliegenden Fall Dokumente, aus denen hervorgehe, wie die Parteien der streitigen Vereinbarungen die Stärke der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen eingeschätzt hätten, sofern sie es erlaubten, nachzuweisen, welche Position die Parteien der streitigen Vereinbarungen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen eingenommen hätten. |
71 |
Es stellt auch keinen Widerspruch dar, dass das Gericht diese Beweise aus der Zeit nach dem Abschluss der streitigen Vereinbarungen in den Rn. 141 und 254 des angefochtenen Urteils herangezogen, es in den Rn. 136 und 143 bis 146 des angefochtenen Urteil aber abgelehnt hat, andere, von Lundbeck vorgelegte Beweise zu berücksichtigen, die ebenfalls aus der Zeit nach dem Abschluss der streitigen Vereinbarungen stammen, vor allem die Bestätigung der Gültigkeit des Patents für Kristallisation in allen relevanten Aspekten durch die Beschwerdekammer des EPA und das niederländische Patentamt im Jahr 2009 und die Tatsache, dass Lundbeck in mehr als 50 % der Verfahren, die sie im Lauf der Jahre 2002 und 2003 angestrengt habe, „einstweilige Verfügungen oder andere Formen einstweiliger Maßnahmen erwirkt“ habe. |
72 |
Während die erstgenannten Beweise nämlich dazu beitragen können, zu ermitteln, welche Position die Parteien der streitigen Vereinbarungen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen hatten (siehe oben, Rn. 70), konnten die letztgenannten, die Ereignisse betreffen, die nach dem Abschluss der streitigen Vereinbarungen eingetreten sind und den Parteien der Vereinbarungen mithin nicht bekannt waren, keinen Einfluss auf das Marktverhalten der Parteien der streitigen Vereinbarung gehabt haben, wie das Gericht im Wesentlichen in den Rn. 145 und 146 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat. Sie vermögen daher keinen Aufschluss darüber zu geben, ob die betreffenden Unternehmen zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen Wettbewerber waren. |
73 |
Lundbeck rügt ferner, dass die Feststellung des Gerichts, dass sie und die Generikahersteller potenzielle Wettbewerber gewesen seien, auf subjektiven Beweisen beruhe, wie sie das Gericht in den Rn. 126 und 254 des angefochtenen Urteils herangezogen habe. |
74 |
Hierzu ist festzustellen, das für die Beurteilung der Frage, ob zwei Unternehmen, die auf derselben Stufe der Produktionskette tätig sind, potenzielle Wettbewerber sind, die oben in Rn. 57 genannten objektiven Kriterien maßgeblich sind. Das Vorliegen potenziellen Wettbewerbs kann aber durch weitere Elemente bestätigt werden (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 54), auch durch subjektive Elemente (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 42), solange diese für die vorgenommene Beurteilung nicht entscheidend sind. |
75 |
Danach ist die Berücksichtigung subjektiver Elemente für den Nachweis des Bestehens eines potenziellen Wettbewerbsverhältnisses zwischen zwei oder mehr Unternehmen nicht ausgeschlossen, solange dieses Verhältnis nicht ausschließlich oder im Wesentlichen anhand solcher Umstände nachgewiesen wird. |
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Dies gilt insbesondere für Einschätzung der Gefahr der vom Generikahersteller für seine geschäftlichen Interessen ausgehenden Gefahren durch den Hersteller des Originalpräparats, die, da sie dessen Marktverhalten bestimmt, für die Beurteilung der Frage, ob die beiden Hersteller potenzielle Wettbewerber sind, relevant ist (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 42 und 57). |
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Wie sich aus den Rn. 142 und 147 des angefochtenen Urteils ergibt, in Bezug auf die eine Verfälschung von Tatsachen oder Beweisen nicht behauptet, geschweige nachgewiesen worden ist, hat das Gericht jedoch verbindlich festgestellt, dass Lundbeck zu Unrecht geltend macht, dass sich die Kommission im streitigen Beschluss für den Nachweis, dass sie und die Generikahersteller potenzielle Wettbewerber gewesen seien, „nahezu ausschließlich“ auf solche subjektiven Bewertungen gestützt habe. |
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Hierzu wird in Rn. 142 des angefochtenen Urteils im Einzelnen ausgeführt, dass die Kommission bei den einzelnen Generikaherstellern jeweils sorgfältig geprüft habe, ob sie reale und konkrete Möglichkeiten gehabt hätten, in den Markt einzutreten. Sie habe sich dabei auf objektive Elemente gestützt, etwa die bereits getätigten Investitionen, die Schritte, die unternommen worden seien, um eine Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erhalten, und die mit den API-Lieferanten geschlossenen Liefervereinbarungen. Ferner hat das Gericht in Rn. 144 des angefochtenen Urteils klargestellt, dass der überzeugendste Gesichtspunkt darin liege, dass Lundbeck Vereinbarungen mit den Generikaherstellern geschlossen habe, um deren Markteintritt zu verzögern, worauf der Gerichtshof bereits im Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung), hingewiesen hat. |
79 |
Im Übrigen hat das Gericht in Rn. 254 des angefochtenen Urteils entgegen dem Vorbringen von Lundbeck im Rahmen des zweiten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes keine Beweislastumkehr zulasten von Lundbeck vorgenommen. Das Gericht hat sich dort im Wesentlichen auf die Feststellung beschränkt, dass Lundbeck keine Beweise vorgelegt habe, die geeignet gewesen wären, die Schlüsse, die sich aus den von der Kommission im streitigen Beschluss herangezogenen Beweisen ergäben, zu entkräften. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs können im Bereich der Verantwortlichkeit für eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln die tatsächlichen Gesichtspunkte, auf die sich eine Partei beruft, die andere Partei nämlich zu einer Erläuterung oder Rechtfertigung zwingen, da sonst der Schluss zulässig ist, dass den Anforderungen an die Beweislast genügt wurde (Urteile vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 80, und vom 18. Januar 2017, Toshiba/Kommission (C‑623/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:21, Rn. 52). |
80 |
Somit sind der zweite Teil des vierten Rechtsmittelgrundes, soweit er zulässig ist, und der dritte Teil dieses Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen. |
81 |
Was schließlich den vierten, den fünften, den sechsten und den siebten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes betrifft, mit denen Lundbeck geltend macht, dass das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass sie im Vereinigten Königreich und in den übrigen Ländern des EWR potenzielle Wettbewerberin von Merck (GUK), im Vereinigten Königreich und in Dänemark potenzielle Wettbewerberin von Arrow, und im EWR potenzielle Wettbewerberin von Alpharma et Ranbaxy gewesen sei, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen insoweit teilweise unzulässig ist, als es darauf abzielt, eine vollständige oder teilweise Überprüfung der vom Gericht gewürdigten Beweise zu erreichen (siehe oben, Rn. 49 und 50). |
82 |
Soweit das Vorbringen von Lundbeck nicht auf eine solche Überprüfung abzielt, werden zum einen methodische Rügen wiederholt, die nicht stichhaltig sind, wie im Zusammenhang mit dem ersten, dem zweiten und dem dritten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes festgestellt worden ist. Zum anderen wendet sich Lundbeck im Wesentlichen dagegen, dass das Gericht festgestellt habe, dass sie und die Generikahersteller zumindest potenzielle Wettbewerber gewesen seien, obwohl die Generikahersteller zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen für die betreffenden Generika nicht über eine Genehmigung für das Inverkehrbringen verfügt hätten. |
83 |
Hierzu ist festzustellen, dass für den Markteintritt eines Generikaherstellers und damit für die Feststellung, dass er und der Hersteller des Originalpräparats tatsächliche Wettbewerber sind, erforderlich ist, dass der Generikahersteller über eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen verfügt. Dass er zum Zeitpunkt des Abschlusses einer Vereinbarung mit dem Hersteller des Originalpräparats nicht über eine solche Genehmigung verfügt, heißt entgegen dem Vorbringen von Lundbeck aber noch lange nicht, dass er und der Hersteller des Originalpräparats keine potenziellen Wettbewerber sein können. |
84 |
Denn bestehen, wie im Wesentlichen oben in Rn. 57 ausgeführt, keine unüberwindlichen Marktzutrittsschranken, setzt ein potenzieller Wettbewerb zwischen dem Generikahersteller und dem Hersteller des Originalpräparats lediglich voraus, dass der Generikahersteller ausreichende Vorbereitungsmaßnahmen getroffen hat, um innerhalb einer Frist, die geeignet ist, Wettbewerbsdruck auf den Hersteller des Originalpräparats auszuüben, in den betreffenden Markt eintreten zu können. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob die Vorbereitungsmaßnahmen wie geplant abgeschlossen wurden oder erfolgreich waren, wie das Gericht in den Rn. 313 und 314 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat. |
85 |
In diesem Sinne hat der Gerichtshof im Übrigen bereits darauf hingewiesen, dass im Arzneimittelsektor ein potenzieller Wettbewerb weit vor Ablauf eines Patents für den Wirkstoff des Originalpräparats stattfinden kann, da die Generikahersteller bei Ablauf des Patents bereit sein wollen, in den Markt einzutreten (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 51). |
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Zu diesem Vorbereitungsmaßnahmen, anhand derer sich bei einem Arzneimittel mit einem gemeinfreien Wirkstoff feststellen lässt, ob der Generikahersteller trotz der Verfahrenspatente des Herstellers des Originalpräparats fest entschlossen und aus eigener Kraft in der Lage ist, in den Markt einzutreten, zählen u. a. die Schritte, mit denen der Generikahersteller in die Lage versetzt werden soll, über die Genehmigungen für das Inverkehrbringen oder vergleichbare Zulassungen zu verfügen, die für das Inverkehrbringen seines Generikums erforderlich sind. In den Rn. 171 bis 179, 230, 231, 246, 249, 269, 290 und 312 bis 326 des angefochtenen Urteils hat das Gericht im vorliegenden Fall für die einzelnen Generikahersteller jeweils festgestellt, dass solche Schritte unternommen wurden und dass sie genügten, um auf Lundbeck Wettbewerbsdruck auszuüben (vgl. entsprechend Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 134). |
87 |
Die Feststellung des Gerichts in Rn. 171 des angefochtenen Urteils, dass die Schritte, die die betreffenden Generikahersteller jeweils unternommen hätten, um für die betreffenden Arzneimittel eine Genehmigung für das Inverkehrbringen zu erhalten, aussagekräftige Indizien dafür darstellten, dass sie und Lundbeck potenzielle Wettbewerber gewesen seien, ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. |
88 |
Ferner ist festzustellen, dass die Feststellung, dass Lundbeck und sie potenzielle Wettbewerber gewesen seien, bei den einzelnen Generikaherstellern jeweils auf ein Bündel übereinstimmender Indizien gestützt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 44). So hat das Gericht nicht nur die jeweiligen realen und konkreten Möglichkeiten der einzelnen Generikahersteller, die Genehmigungen für das Inverkehrbringen oder vergleichbare Zulassungen zu erhalten, sondern auch, wie sich aus Rn. 181 des angefochtenen Urteils ergibt, eine Reihe von Faktoren berücksichtigt, mit denen der spezifischen Situation jedes einzelnen Generikaherstellers zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen Rechnung getragen wurde, sowie den Umstand, dass Lundbeck mit Generikaherstellern, die noch nicht auf dem Markt vertreten waren, Vereinbarungen geschlossen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 55 bis 57). |
89 |
Deshalb ist auch die im angefochtenen Urteil enthaltene Feststellung des Gerichts, dass Lundbeck im Vereinigten Königreich und in den übrigen Ländern des EWR potenzielle Wettbewerberin von Merck (GUK) (wie sich auch aus den heute in den Rechtssachen C‑588/16 P, Generics (UK)/Kommission [Rn. 36], und C‑614/16 P, Merck/Kommission [Rn. 45], verkündeten Urteilen ergibt), im Vereinigten Königreich und in Dänemark potenzielle Wettbewerberin von Arrow (wie sich auch aus dem heute in der Rechtssache C‑601/16 P, Arrow Group und Arrow Generics/Kommission [Rn. 48], verkündeten Urteil ergibt) und im EWR potenzielle Wettbewerberin von Alpharma und Ranbaxy gewesen sei (wie sich auch aus den heute in den Rechtssachen C‑611/16 P, Xellia Pharmaceuticals und Alpharma/Kommission [Rn. 59], und C‑586/16 P Sun Pharmaceutical Industries und Ranbaxy [UK]/Kommission [Rn. 43] verkündeten Urteilen ergibt), rechtlich nicht zu beanstanden. |
90 |
Soweit sie zulässig sind, sind der vierte, der fünfte, der sechste und der siebte Teil des vierten Rechtsmittelgrundes mithin als unbegründet zurückzuweisen. |
91 |
Nach alledem ist der vierte Rechtsmittelgrund als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen. |
Zu dem ersten, dem zweiten und dem dritten Rechtsmittelgrund
92 |
Mit dem ersten, dem zweiten und dem dritten Rechtsmittelgrund wendet sich Lundbeck gegen die Einstufung der streitigen Vereinbarungen als „bezweckte Beschränkung“. Diese Rechtsmittelgründe sind daher zusammen zu prüfen. |
Relevante Randnummern des angefochtenen Urteils
93 |
Mit dem zweiten, dem dritten, dem vierten, dem fünften und dem sechsten Klagegrund, mit denen im Wesentlichen ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV gerügt wurde, hatte Lundbeck geltend gemacht, dass die Annahme der Kommission im streitigen Beschluss, dass die streitigen Vereinbarungen als „bezweckte Beschränkung“ einzustufen seien, unter mehreren Rechts- und Beurteilungsfehlern leide. Mit dem vorliegenden Rechtsmittel wird lediglich die Zurückweisung des zweiten, des dritten, des vierten und des sechsten Klagegrundes gerügt. |
94 |
Das Gericht ist hat den Rn. 338 bis 344 des angefochtenen Urteils zunächst die Grundsätze und die Rechtsprechung dargestellt, die für die Einstufung als „bezweckte Beschränkung“ maßgeblich sind, und im Anschluss daran die einzelnen Klagegründe zurückgewiesen. |
95 |
Den zweiten Klagegrund (Rechts- und Tatsachenfehler sowie ein Begründungsmangel bei der Beurteilung der Rolle der in den streitigen Vereinbarungen vereinbarten Vermögenstransfers) hat das Gericht in den Rn. 361 bis 363 des angefochtenen Urteils u. a. mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Parteien der streitigen Vereinbarungen in der Frage uneins gewesen seien, ob die neuen Verfahrenspatente von Lundbeck stark genug gewesen seien, um einen Markteintritt von generischem Citalopram auszuschließen, so dass diese Patente für die Verpflichtung der Generikahersteller, nicht in den Markt einzutreten, nicht entscheidend gewesen sein könnten. |
96 |
Es hat in Rn. 366 des angefochtenen Urteils weiter festgestellt, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auf eine Reihe von Beweismitteln gestützt habe, mit denen habe dargetan werden sollen, dass es in erster Linie der Umfang der umgekehrten Zahlungen zugunsten der Generikahersteller gewesen sei, der diese veranlasst habe, die Verhaltensbeschränkungen zu akzeptieren, und nicht das Bestehen der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck oder aber der Wunsch, die Kosten im Zusammenhang mit einem etwaigen Rechtsstreit zu vermeiden. |
97 |
Ferner hat das Gericht zu dem Vorbringen von Lundbeck, dass der Schadensersatz, zu dem Generikahersteller verurteilt werden könnten, oftmals weit unter dem Schaden liege, der dem Originalpräparatehersteller bei einem rechtswidrigen Markteintritt entstehe, in Rn. 387 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass nicht hingenommen werden könne, dass Unternehmen die Wirkungen von Rechtsvorschriften, die sie für allzu ungünstig hielten, unter dem Vorwand, dass durch sie ein Ungleichgewicht zu ihren Lasten geschaffen worden sei, zu neutralisieren versuchten, indem sie Kartelle abschlössen, die diese Nachteile korrigieren sollten. |
98 |
Schließlich hat das Gericht in den Rn. 398 und 399 des angefochtenen Urteils das Vorbringen von Lundbeck zurückgewiesen, dass die streitigen Vereinbarungen keine Klausel enthielten, die die Generikahersteller daran gehindert hätten, die Gültigkeit ihrer neuen Verfahrenspatente anzufechten, so dass diese Vereinbarungen den Generikaherstellern nicht jeglichen Anreiz für einen Markteintritt genommen hätten. Hierzu hat das Gericht zum einen festgestellt, dass im angefochtenen Beschluss lediglich festgestellt werde, dass die in den streitigen Vereinbarungen vorgesehenen umgekehrten Zahlungen die Generikahersteller dazu ermutigt oder bewogen hätten, Beschränkungen ihrer Geschäftsautonomie zu akzeptieren, die sie ohne diese Zahlungen nicht akzeptiert hätten, und nicht, dass sie insoweit jeden Anreiz beseitigt hätten, und zum anderen, dass auch wenn die streitigen Vereinbarungen keine Nichtangriffsabrede enthielten, die Generikahersteller nach Abschluss dieser Vereinbarungen jedenfalls keinerlei Interesse daran gehabt hätten, die Gültigkeit der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck anzufechten, da die umgekehrten Zahlungen in etwa den Gewinnen, mit denen sie im Fall eines Markteintritts gerechnet hätten, oder dem Schadensersatz entsprochen hätten, den sie hätten erlangen können, wenn sie im Streitfall gegen Lundbeck obsiegt hätten. |
99 |
Den dritten Klagegrund (Rechtsfehler bei der Anwendung der Grundsätze, die sich auf den wettbewerbsbeschränkenden Zweck beziehen) hat das Gericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass die streitigen Vereinbarungen Marktausschlussvereinbarungen geähnelt hätten, die zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen gehörten (angefochtenes Urteil, Rn. 435), und dass es nicht erforderlich sei, dass Vereinbarungen gleicher Art von der Kommission bereits geahndet worden seien, um sie als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung ansehen zu können (angefochtenes Urteil, Rn. 438). Zu dem Vorbringen, der streitige Beschluss leide insoweit unter einem Rechtsfehler, als in ihm nicht anerkannt worden sei, dass das „kontrafaktische Szenario“ im vorliegenden Fall die Möglichkeit ausschließe, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung festzustellen, hat das Gericht in den Rn. 472 und 473 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission bei bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen lediglich habe nachzuweisen brauchen, dass die streitigen Vereinbarungen unter Berücksichtigung des Inhalts ihrer Bestimmungen, der mit ihnen verfolgten Ziele sowie des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in dem sie gestanden hätten, hinreichend wettbewerbsschädlich gewesen seien, ohne jedoch verpflichtet zu sein, die Auswirkungen der Vereinbarungen zu prüfen, da die Prüfung eines hypothetischen „kontrafaktischen Szenarios“ eher einer Prüfung der Auswirkungen der streitigen Vereinbarungen auf den Markt als einer objektiven Prüfung ihres hinreichend wettbewerbsschädlichen Charakters gleichkäme. |
100 |
Den vierten Klagegrund (Rechtsfehler und Begründungsmangel bei der Zurückweisung des Kriteriums des Schutzbereichs des Patents als wichtigstem Maßstab für die Prüfung von Patentvergleichen anhand von Art. 101 Abs. 1 AEUV) hat das Gericht in den Rn. 491 und 495 des angefochtenen Urteils u. a. mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Vorbringen von Lundbeck, dass die vertraglichen Beschränkungen, die in den zeitlichen, räumlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Rechte des Patentinhabers fielen, nicht gegen das Wettbewerbsrecht verstießen, da sie den Beschränkungen entsprächen, die sich aus dem zugrunde liegenden Patent ergäben, problematisch sei. Zum einen begründe es die Vermutung, dass ein Generikum das Patent des Herstellers des Originalpräparats verletze, und ermögliche auf dieser Grundlage den Ausschluss des Generikums, obwohl keineswegs feststehe, ob dieses rechtsverletzend sei oder nicht. Zum anderen stütze es sich auf die Vermutung, dass jedes im Rahmen eines Vergleichs geltend gemachte Patent im Fall der Anfechtung seiner Gültigkeit als gültig angesehen werde, während es hierfür weder rechtlich noch in der Praxis eine Grundlage gebe. Die Tatsache, dass bestimmte in den streitigen Vereinbarungen enthaltene Beschränkungen von der Kommission als möglicherweise in den Schutzbereich der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck fallend angesehen worden seien, bedeute im Übrigen lediglich, dass Lundbeck mittels gerichtlicher Entscheidungen zur Durchsetzung der Patente vergleichbare Beschränkungen hätte erwirken können, wenn sie denn vor den zuständigen nationalen Gerichten obsiegt hätte. In Rn. 515 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ferner festgestellt, dass die Frage, ob die in den streitigen Vereinbarungen enthaltenen Beschränkungen aus dem Schutzbereich der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck fielen, für die Feststellung, ob eine bezweckte Beschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV vorgelegen habe, als ein relevanter, aber nicht entscheidender Faktor betrachtet worden sei. |
101 |
Den sechsten Klagegrund (offensichtlich fehlerhafte Sachverhaltswürdigung, soweit im streitigen Beschluss festgestellt wird, dass die streitigen Vereinbarungen Beschränkungen enthielten, die über die Beschränkungen für die Ausübung der durch die neuen Verfahrenspatente von Lundbeck verliehenen Rechte hinausgingen) hat das Gericht in den Rn. 539 und 572 des angefochtenen Urteils mit der Begründung zurückgewiesen, dass die streitigen Vereinbarungen, auch wenn sie nicht über den Schutzbereich der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck hinausgegangen wären, gleichwohl bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV dargestellt hätten, da sie Absprachen enthalten hätten, mit denen der Markteintritt der Generikahersteller gegen umgekehrte Zahlungen in nicht unerheblicher Höhe habe verzögert werden sollen und die Unsicherheit hinsichtlich eines solchen Eintritts in die Gewissheit umgewandelt worden sei, dass er während der Laufzeit der streitigen Vereinbarungen nicht erfolgen würde. |
Vorbringen der Parteien
102 |
Mit ihrem ersten, aus vier Teilen bestehenden Rechtsmittelgrund, der sich gegen die Rn. 335, 491, 495, 515, 536, 539, 572 und 801 des angefochtenen Urteils richtet, rügt Lundbeck, dass das Gericht den streitigen Beschluss rechtsfehlerhaft insoweit gebilligt habe, als darin festgestellt werde, dass die streitigen Vereinbarungen eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckt hätten, obwohl die in ihnen vorgesehenen Beschränkungen in den Schutzbereich ihrer neuen Verfahrenspatente fielen. |
103 |
Lundbeck macht erstens im Wesentlichen geltend, dass die streitigen Vereinbarungen, da der Begriff der „bezweckten Beschränkung“ eng auszulegen sei, bereits aufgrund ihrer Art nicht als wettbewerbsschädlich angesehen werden könnten. Sie enthielten Beschränkungen, die mit denen vergleichbar seien, die der Inhaber der betreffenden Patente durch eine gerichtliche Entscheidung, mit der die Beachtung seiner Patente angeordnet worden wäre, hätte erwirken können. Ebenso habe das Gericht zu Unrecht angenommen, dass umgekehrte Zahlungen und ihre Unverhältnismäßigkeit für die Einstufung der streitigen Vereinbarungen als „bezweckte Beschränkung“ entscheidend seien. |
104 |
Zweitens macht Lundbeck geltend, dass das Gericht den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang der streitigen Vereinbarungen nicht richtig beurteilt habe. Dieses gebe Aufschluss darüber, warum sie die betreffenden Zahlungen an die Generikahersteller geleistet habe. Lundbeck weist insoweit in erster Linie darauf hin, dass die gütliche Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten eine legitime und gängige Form der Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten sei, die als solche wettbewerbsrechtlich unbedenklich sei, und dass die Asymmetrie der Risiken des Patentinhabers und der Generikahersteller, wegen derer der Patentinhaber keinen vollständigen Ersatz der durch einen rechtswidrigen Eintritt von Generika in den Markt entstandenen Schadens erlangen könne, Vergleiche auch dann rechtfertige, wenn die betreffenden Patente objektiv solide seien und verletzt würden. |
105 |
Drittens habe das Gericht es in den Rn. 466 bis 477 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft abgelehnt, der Kommission vorzuschreiben, das in Rede stehende „kontrafaktische Szenario“ zu prüfen. Die Prüfung des „kontrafaktischen Szenarios sei notwendiger Bestandteil einer jeden wettbewerbsrechtlichen Untersuchung, und zwar selbst dann, wenn davon ausgegangen werde, dass die betreffende Vereinbarung eine bezweckte Beschränkung enthalte. Sie diene dazu, den Kausalzusammenhang zwischen der betreffenden Verhaltensweise und der in Rede stehenden Beschränkung festzustellen und auszuschließen, dass Letztere durch andere Faktoren verursacht worden sei, wie im vorliegenden Fall durch das Bestehen von Patenten. In ihrer Antwort auf die Frage zur schriftlichen Beantwortung vom 6. Februar 2020 hat Lundbeck geltend gemacht, dass dieser Rechtsfehler durch die Bedeutung bestätigt werde, die der Gerichtshof der Prüfung des „kontrafaktorischen Szenarios“ in Rn. 37 des Urteils vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52), beigemessen habe. |
106 |
Viertens habe das Gericht die streitigen Vereinbarungen in den Rn. 435 und 470 bis 476 des angefochtenen Urteils mit der Begründung, dass sie von tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbern getroffen worden seien, mit unverhüllten Marktausschlussvereinbarungen gleichgesetzt. Das sei rechtsfehlerhaft. Mit den streitigen Vereinbarungen würden nämlich legitime Ziele verfolgt. Außerdem habe es in der Rechtsprechung und in der Entscheidungspraxis der europäischen und nationalen Wettbewerbsbehörden zur Zeit der streitigen Vereinbarungen weder Präzedenzfälle gegeben, noch habe Einigkeit über die Einstufung als „bezweckte Beschränkung“ bestanden. Aus den Mitteilungen des KFST gehe vielmehr hervor, dass sich Vereinbarungen wie die streitigen seinerzeit in einem Graubereich befunden hätten und daher keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs hätten erkennen lassen, um als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft werden zu können. |
107 |
Schließlich hat Lundbeck im Rahmen ihrer Antwort auf die Frage zur schriftlichen Beantwortung vom 6. Februar 2020 geltend gemacht, dass die streitigen Vereinbarungen nicht als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft werden könnten, da sie im Gegensatz zu denen, um die es in der Rechtssache gegangen sei, in der das Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52), ergangen sei, hinsichtlich der betreffenden Patente keine Nichtangriffsklauseln enthielten. |
108 |
Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund macht Lundbeck geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler und einen offensichtlichen Fehler bei der Würdigung der Beweise begangen habe, indem es bei der Feststellung, dass fünf der sechs streitigen Vereinbarungen, nämlich die GUK-Vereinbarung für den EWR, die Arrow-UK-Vereinbarung, die dänische Arrow-Vereinbarung, die Alpharma-Vereinbarung und die Ranbaxy-Vereinbarung, nicht in den Schutzbereich ihrer neuen Verfahrenspatente fielen, nicht das richtige rechtliche Kriterium angewandt habe. Diese Vereinbarungen ließen insbesondere im Licht des anwendbaren nationalen Rechts betrachtet nämlich keine Willensübereinstimmung dahin erkennen, die Vereinbarungen aus dem Schutzbereich ihrer neuen Verfahrenspatente herauszunehmen und sie damit auf Citalopram, das keine Patente verletze, anzuwenden. |
109 |
Mit dem dritten Rechtsmittelgrund macht Lundbeck für den Fall, dass der Gerichtshof den zweiten Rechtsmittelgrund ganz oder teilweise zurückweisen und somit bestätigen sollte, dass fünf oder weniger der sechs streitigen Vereinbarungen nicht in den Schutzbereich ihrer neuen Verfahrenspatente fielen, hilfsweise geltend, dass das Gericht die Vereinbarungen aus den im Rahmen des zweiten, des dritten und des vierten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes dargelegten Gründen rechtsfehlerhaft als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft habe. |
Würdigung durch den Gerichtshof
110 |
Es werden zweierlei Arten von Rügen geltend gemacht: Zum einen wendet sich Lundbeck gegen die Einstufung der streitigen Vereinbarungen als „bezweckte Beschränkung“ (erster, zweiter und vierter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes), zum anderen gegen die Methode, mit der das Gericht zu diesem Ergebnis gelangt ist, insbesondere, dass es das „kontrafaktische Szenario“ nicht geprüft habe (dritter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes). |
111 |
Daher sind beim ersten Rechtsmittelgrund zunächst der erste, der zweite und der vierte Teil zusammen und anschließend der dritte Teil zu prüfen. |
112 |
Was als Erstes den ersten, den zweiten und den vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes betrifft, hat der Gerichtshof, wie das Gericht in Rn. 343 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, bereits entschieden, dass der Begriff der „bezweckten Beschränkung“ eng auszulegen ist. Unter ihn fallen nur solche Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb nach ihrem Inhalt, den mit ihnen verfolgten Zielen und dem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie stehen, für sich genommen hinreichend beeinträchtigen, um davon ausgehen zu können, dass die Prüfung ihrer Wirkungen nicht notwendig ist. Bestimmte Formen der Absprache zwischen Unternehmen können nämlich schon ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
113 |
Zu vergleichbaren Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über ein Patent für ein Verfahren zur Herstellung eines gemeinfreien Wirkstoffs, die der Hersteller des Originalpräparats mit mehreren Generikaherstellern geschlossen hatte und die bewirkten, dass der Markteintritt von Generika verzögert wurde, während der Hersteller des Originalpräparats dafür Werte monetärer oder nicht monetärer Art auf die Generikahersteller übertrug, hat der Gerichtshof entschieden, dass solche Vereinbarungen nicht generell als „bezweckte Beschränkungen“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV angesehen werden können (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 84 und 85). |
114 |
Eine solche Vereinbarung ist jedoch als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs einzustufen, wenn ihre Prüfung ergibt, dass sich die vereinbarten Wertübertragungen allein durch das geschäftliche Interesse erklären lassen, das sowohl der Patentinhaber als auch das Unternehmen, dem vorgeworfen wird, das Patent zu verletzen, an der Vermeidung von Leistungswettbewerb haben, da Vereinbarungen, mit denen sich Wettbewerber bewusst für eine praktische Zusammenarbeit entscheiden anstatt sich auf einen mit Risiken verbundenen Wettbewerb einzulassen, ganz offensichtlich eine „bezweckte Beschränkung“ darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 83 und 87). |
115 |
Hierzu ist im Einzelfall zu bestimmen, ob der positive Nettosaldo der vom Hersteller des Originalpräparats auf den Generikahersteller übertragenen Werte hoch genug ist, um den Generikahersteller tatsächlich dazu zu veranlassen, vom Eintritt in den Markt abzusehen und mit dem Hersteller des Originalpräparats nicht in Leistungswettbewerb zu treten, wobei er nicht unbedingt höher sein muss als die Gewinne, die der Generikahersteller erzielt hätte, wenn er im Patentrechtsstreit obsiegt hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 93 und 94). |
116 |
Im vorliegenden Fall geht aus dem angefochtenen Urteil hervor, dass die streitigen Vereinbarungen bewirkt haben, dass die Generikahersteller aus den betreffenden Märkten ferngehalten wurden, und bei einem von ihnen, Merck (GUK), dazu, dass er die Belieferung eines auf dem schwedischen Markt der betreffenden Generika tätigen Vertriebshändlers eingestellt und sich aus dem Markt des Vereinigten Königreichs zurückgezogen hat, wie sich aus Rn. 131 des angefochtenen Urteils ergibt. |
117 |
Außerdem geht aus den Rn. 361 bis 363 sowie Rn. 366 des angefochtenen Urteils, die von Lundbeck mit dem Rechtsmittel nicht angegriffen werden, erstens hervor, dass die Parteien der streitigen Vereinbarungen vor deren Abschluss in der Frage uneins waren, ob die neuen Verfahrenspatente von Lundbeck stark genug gewesen sind, um einen Markteintritt von generischem Citalopram auszuschließen, so dass diese Patente für die Verpflichtung der Generikahersteller, nicht in den Markt einzutreten, nicht entscheidend gewesen sein können. Zweitens geht aus diesen Randnummern hervor, dass, was Lundbeck nicht bestreitet, die Beträge, die sie an die Generikahersteller gezahlt hat, möglicherweise auf der Grundlage des Gewinns oder des Umsatzes berechnet worden sind, den die Generikahersteller während der Laufzeit der streitigen Vereinbarungen zu erzielen hofften, falls sie in den Markt eingetreten wären. Drittens geht aus diesen Randnummern hervor, dass die Beweise, die sich auf den Zeitraum vor Abschluss der streitigen Vereinbarungen beziehen, belegen, dass die Generikahersteller erhebliche Anstrengungen unternommen hatten, um ihren Markteintritt vorzubereiten, und nicht beabsichtigten, diese Anstrengungen aufgrund der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck einzustellen, und somit, dass es in erster Linie der Umfang der umgekehrten Zahlungen zugunsten der Generikahersteller war, der diese veranlasste, die Verhaltensbeschränkungen zu akzeptieren. |
118 |
In Anbetracht dieser tatsächlichen Feststellungen hat das Gericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass die streitigen Vereinbarungen als „bezweckte Beschränkung“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV einzustufen seien, wobei dahinstehen kann, ob das Gericht die streitigen Vereinbarungen in den Rn. 435 und 476 des angefochtenen Urteils zu Recht mit Marktausschluss- oder gar Marktaufteilungsvereinbarungen gleichgesetzt hat. Dies gilt umso mehr, als Lundbeck nicht dargetan hat – insbesondere auch nicht in seiner Antwort auf die Frage zur schriftlichen Beantwortung vom 6. Februar 2020 –, dass die Wertübertragungen, die im Zusammenhang mit den streitigen Vereinbarungen erfolgt sind, dadurch hätten gerechtfertigt werden können, dass der eine oder andere Generikahersteller erwiesenermaßen und legitim Gegenleistungen erbracht oder auf bestimmte Verhaltensweisen verzichtet hätte. |
119 |
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen von Lundbeck. |
120 |
Erstens kann Lundbeck nicht darin gefolgt werden, dass die streitigen Vereinbarungen deshalb nicht als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft werden könnten, weil sie ausschließlich auf den Schutzbereich ihrer neuen Verfahrenspatente beschränkt gewesen seien, auf deren Beachtung sie Anspruch habe. |
121 |
Auch wenn der Abschluss eines Vergleichs mit einem Unternehmen, dem vorgeworfen wird, ein Patent zu verletzen, der nicht über den Schutzbereich und die Restlaufzeit des Patents hinausgeht, eine Ausprägung des Rechts des geistigen Eigentums des Inhabers des Patents darstellt und dieses Recht Letzteren insbesondere dazu berechtigt, sich gegen jegliche Zuwiderhandlung zur Wehr zu setzen, gewährt das Patent seinem Inhaber nicht das Recht, Verträge abzuschließen, die gegen Art. 101 AEUV verstoßen (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 97). |
122 |
Wie das Gericht in Rn. 495 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, gingen die streitigen Vereinbarungen, auch wenn sie darüber hinaus Beschränkungen enthielten, die möglicherweise in den Schutzbereich der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck fielen, „über den spezifischen Gegenstand ihrer Rechte des geistigen Eigentums hinaus, die zwar das Recht einschlossen, sich gegen Zuwiderhandlungen zur Wehr zu setzen, nicht aber das Recht, Vereinbarungen abzuschließen, mit denen tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber auf dem Markt dafür bezahlt wurden, dass sie nicht in den Markt eintreten“, was oben in den Rn. 117 und 118 im Wesentlichen bestätigt wird. |
123 |
Lundbeck kann mit ihrem Vorbringen, die streitigen Vereinbarungen stellten einen rechtmäßigen Ausdruck ihres Rechts des geistigen Eigentums dar daher nicht durchdringen. Abgesehen davon beruht dieses Vorbringen auf der zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Vereinbarungen nicht erwiesenen Annahme, dass die Gültigkeit der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck nicht in Frage gestellt werden könne und dass diese von den Generikaherstellern verletzt würden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 88). |
124 |
Zweitens kann Lundbeck auch nicht darin gefolgt werden, dass die streitigen Vereinbarungen deshalb nicht als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft werden könnten, weil mit ihnen legitime Ziele verfolgt worden seien, nämlich die Verteidigung ihrer neuen Verfahrenspatente mittels einer legitimen und gängigen Art der Beilegung von Streitigkeiten, oder weil sie einer Asymmetrie der Risiken der Originalpräparate- und der Generikahersteller entsprächen. |
125 |
Was zum einen das Argument betrifft, mit den streitigen Vereinbarungen sollten die neuen Verfahrenspatente von Lundbeck mittels einer legitimen und gängigen Form der Streitbeilegung verteidigt werden, ist festzustellen, dass das Patent seinem Inhaber, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 121), nicht das Recht gewährt, Verträge abzuschließen, die gegen Art. 101 AEUV verstoßen, wie auch das Gericht in Rn. 495 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat. |
126 |
Was zum anderen das Argument betrifft, die streitigen Vereinbarungen stellten eine Reaktion auf den Umstand dar, dass der Schaden, den der Hersteller des Originalpräparats beim rechtswidrigen Markteintritt eines Generikums ersetzt verlangen könne, oft weit unter demjenigen liege, der ihm entstanden sei, wie das Gericht im Übrigen in Rn. 378 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, ist festzustellen, dass es Aufgabe der Behörden und nicht privater Unternehmen ist, dafür zu sorgen, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 88). |
127 |
Wie das Gericht in Rn. 387 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, kann nicht hingenommen werden, dass Unternehmen die Wirkungen von Rechtsvorschriften, die sie für allzu ungünstig halten, unter dem Vorwand, dass durch diese ein Ungleichgewicht zu ihren Lasten geschaffen worden sei, zu neutralisieren versuchen, indem sie Kartelle abschließen, die diese Nachteile korrigieren sollen. |
128 |
Folglich können die von Lundbeck angeführten Umstände keinen Verstoß gegen Art. 101 AEUV und erst recht keine Absprache rechtfertigen, bei der festgestellt wurde, dass sie den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, um als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft werden zu können. |
129 |
Drittens kann Lundbeck auch nicht darin gefolgt werden, dass die streitigen Vereinbarungen deshalb nicht als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft werden könnten, weil zu dem Zeitpunkt, als sie geschlossen worden seien, Zweifel bestanden hätten, ob Vereinbarungen wie die streitigen als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft werden könnten, insbesondere angesichts des Fehlens einer Entscheidungspraxis zu solchen Vereinbarungen und der Zweifel, zu denen bestimmte Äußerungen der KFST und der Kommission Anlass gegeben hätten. |
130 |
Wie das Gericht in den Rn. 438 und 774 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, ist es für die Einstufung von Vereinbarungen als „bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen“ nämlich nicht erforderlich, dass Vereinbarungen gleicher Art von der Kommission bereits geahndet worden sind. Dies gilt auch für in dem besonderen Kontext der Rechte des geistigen Eigentums geschlossene Vereinbarungen. |
131 |
Für die Einstufung einer bestimmten Vereinbarung als „bezweckte Beschränkung“ kommt es allein auf die Wesensmerkmale der Vereinbarung an (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 84 und 85), aus denen auf eine etwaige besondere Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu schließen ist, gegebenenfalls nach eingehender Prüfung der Vereinbarung, ihrer Ziele sowie ihres wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs. |
132 |
Widersprüchliche und zum Teil lediglich von Dritten wiedergegebene Auffassungen der Kommission und einer nationalen Wettbewerbsbehörde im Zusammenhang mit einer Vereinbarung wie diejenigen, auf die in den Rn. 747 bis 751 des angefochtenen Urteils eingegangen wird, können, selbst wenn sie zuträfen, nicht dazu führen, dass die Vereinbarung deshalb auf keinen Fall als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft werden kann. Es ist nämlich überhaupt nicht erwiesen, dass sie auf einer Analyse, wie sie in der vorstehenden Randnummer beschrieben ist, beruhen. |
133 |
Viertens schließlich kann Lundbeck auch nicht darin gefolgt werden, dass die streitigen Vereinbarungen deshalb nicht als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft werden könnten, weil sie anders als die Vereinbarungen, um die es in der Rechtssache gegangen sei, in der das Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52), ergangen sei, keinen Nichtangriffsklauseln enthielten und weil in diesem Urteil aufgezeigt worden sei, wie wichtig es sei, bei der Prüfung der Frage, ob Vereinbarungen als „bezweckte Beschränkung“ einzustufen seien, die wettbewerbsfördernden Wirkungen der betreffenden Vereinbarungen zu berücksichtigen. |
134 |
Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 114), ist bei Vereinbarungen wie den streitigen zu ermitteln, ob sich Wettbewerber damit bewusst für eine praktische Zusammenarbeit entscheiden anstatt sich auf einen mit Risiken verbundenen Wettbewerb einzulassen, indem letztlich geprüft wird, ob sich der Nettosaldo der vereinbarten Wertübertragungen allein durch das geschäftliche Interesse erklären lässt, das sowohl der Patentinhaber als auch das Unternehmen, dem vorgeworfen wird, das Patent zu verletzen, an der Vermeidung von Leistungswettbewerb haben. |
135 |
Das Gericht hat in Rn. 399 des angefochtenen Urteils jedoch verbindlich festgestellt, dass die Generikahersteller nach Abschluss der streitigen Vereinbarungen, auch wenn diese keine Nichtangriffsabrede enthielten, jedenfalls keinerlei Interesse daran hatten, die Gültigkeit der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck anzufechten, da die umgekehrten Zahlungen in etwa den Gewinnen, mit denen sie im Fall eines Markteintritts rechneten, oder dem Schadensersatz entsprachen, den sie hätten erlangen können, wenn sie im Streitfall gegen Lundbeck obsiegt hätten, und dass, selbst wenn unterstellt wird, dass diese Zahlungen unter den Gewinnerwartungen lagen, es sich trotz allem um einen sicheren und unmittelbaren Vorteil handelte, ohne dass sie die Risiken hätten eingehen müssen, die ein Markteintritt mit sich gebracht hätte. |
136 |
Diese Feststellung genügt im vorliegenden Fall für den Nachweis, dass die streitigen Vereinbarungen eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckten, zumal Lundbeck im Rahmen des Rechtsmittels jedenfalls nicht vorgetragen hat, dass die streitigen Vereinbarungen irgendwelche wettbewerbsfördernden Auswirkungen gehabt hätten, und damit nicht die nach dem Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52), insbesondere der Rn. 107 dieses Urteils, den Nachweis erbracht hat, der erforderlich ist, um die Einstufung der streitigen Vereinbarungen als „bezweckte Beschränkung“ wegen begründeter Zweifel daran, dass diese den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, auszuschließen zu können. |
137 |
Die bloße, nicht mit Belegen untermauerte Behauptung, dass die streitigen Vereinbarungen wettbewerbsfördernde Auswirkungen gehabt hätten, reicht nämlich nicht aus, um deren Einstufung als „bezweckte Beschränkung“ auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 110). |
138 |
Zwar hatte Lundbeck im Rahmen ihrer Nichtigkeitsklage, insbesondere mit dem siebten Klagegrund, geltend gemacht, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, weil sie den Effizienzgewinn aus den streitigen Vereinbarungen im Rahmen der Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV fehlerhaft ermittelt habe. Die Rn. 708 bis 720 des angefochtenen Urteils, mit denen das Gericht diesen Klagegrund zurückgewiesen hat, werden mit dem Rechtsmittel jedoch nicht angegriffen. Die in diesem Randnummern enthaltene Begründung ist auch nicht herangezogen worden, um die Einstufung der streitigen Vereinbarungen als „bezweckte Beschränkung“ in Frage zu stellen, insbesondere nicht in der Antwort von Lundbeck auf die Frage zur schriftlichen Beantwortung vom 6. Februar 2020. |
139 |
Was als Zweites den dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes betrifft, mit dem die Rn. 472 und 473 des angefochtenen Urteils angegriffen werden, in denen das Gericht im Wesentlichen festgestellt hat, dass es für die Einstufung einer Verhaltensweise als „bezweckte Beschränkung“ nicht erforderlich sei, das „kontrafaktische Szenario“ zu prüfen, ist festzustellen, dass die Prüfung des kontrafaktischen Szenarios die Beurteilung der Auswirkungen einer Absprache nach Art. 101 AEUV ermöglicht, wenn die Prüfung der betreffenden Absprache keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt, aufgrund derer die Absprache als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft werden könnte (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 115 und 118 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
140 |
Soll die klare Unterscheidung zwischen dem Begriff der bezweckten Beschränkung und dem der bewirkten Beschränkung, wie sie sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV ergibt (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 63), nicht aufgegeben werden, kann die Prüfung des „kontrafaktischen Szenarios“, mit der die Auswirkungen einer bestimmten Absprache aufgezeigt werden sollen, für die Einstufung einer Absprache als „bezweckte Beschränkung“ nicht zwingend erforderlich sein. |
141 |
Daher kommt es für die Einstufung einer Absprache als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung, wie das Gericht in Rn. 472 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, allein darauf an, nachzuweisen, dass die Absprache nach dem Inhalt ihrer Bestimmungen, den mit ihr verfolgten Zielen und dem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie steht, den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt. Die Kommission ist hingegen nicht verpflichtet, zu prüfen, welche Auswirkungen die Absprache hat. |
142 |
Entgegen dem Vorbringen von Lundbeck in ihrer Antwort auf die Frage zur schriftlichen Beantwortung vom 6. Februar 2020 ergibt sich aus Rn. 37 des Urteils vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52), nichts anderes. |
143 |
Zwar hat der Gerichtshof in dieser Randnummer festgestellt, dass bei einer Vereinbarung, die dazu führt, dass ein Unternehmen vorübergehend vom Markt ferngehalten wird, zu prüfen ist, ob für dieses Unternehmen ohne die Vereinbarung reale und konkrete Möglichkeiten bestanden hätten, in den Markt einzutreten. Diese Feststellung bezog sich jedoch auf die Beurteilung der Frage, ob die Parteien einer Vereinbarung wie denjenigen, um die es in der Rechtssache ging, in der dieses Urteil ergangen ist, potenzielle Wettbewerber sind, und nicht um die Einstufung dieser Vereinbarungen als „bezweckte Beschränkung“. |
144 |
Folglich ist der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen. |
145 |
Zum zweiten Rechtsmittelgrund ist, ohne dass über seine von der Kommission bestrittene Zulässigkeit entschieden zu werden braucht, festzustellen, dass das Gericht in Rn. 539 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei festgestellt hat (siehe oben, Rn. 121), dass die streitigen Vereinbarungen auch dann, wenn sie nicht über den Schutzbereich der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck hinausgegangen wären, bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV dargestellt hätten. Wie sich aus Rn. 541 des angefochtenen Urteils ergibt, erfolgte die Prüfung des Vorbringens von Lundbeck, die mit dem zweiten Rechtsmittelgrund angegriffen wird, lediglich ergänzend. Der zweite Rechtsmittelgrund ist mithin gegen nicht tragende Gründe des angefochtenen Urteils gerichtet ist. Er ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2016, SV Capital/EBA, C‑577/15 P, EU:C:2016:947, Rn. 65). |
146 |
Schließlich ist festzustellen, dass Lundbeck im Rahmen des dritten Rechtsmittelgrundes auf sein Vorbringen zum ersten Rechtsmittelgrund verweist. Die Ausführungen zum ersten Rechtsmittelgrund betreffend die Einstufung der streitigen Vereinbarungen, soweit sie ausschließlich den Schutzbereich der neuen Verfahrenspatente von Lundbeck betreffen, als „bezweckte Beschränkung“, gelten aber erst recht für den dritten Rechtsmittelgrund betreffend die Einstufung einiger der streitigen Vereinbarungen, soweit sie über den Schutzbereich der Verfahrenspatente von Lundbeck hinausgehen, als „bezweckte Beschränkung“. |
147 |
Somit sind der erste, der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. |
Zum fünften Rechtsmittelgrund
Relevante Randnummern des angefochtenen Urteils
148 |
Mit dem ersten Teil des neunten Klagegrundes hatte Lundbeck geltend gemacht, dass es, unterstellt, die Kommission habe den Schluss ziehen dürfen, dass die streitigen Vereinbarungen gegen Art. 101 AEUV verstießen, angesichts der Neuartigkeit und Komplexität der aufgeworfenen Tatsachen- und Rechtsfragen im vorliegenden Fall keine Grundlage für eine Ermächtigung der Kommission gebe, ihnen Geldbußen aufzuerlegen. Die Verhängung von Geldbußen verstoße in einem solchen Fall gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der gesetzlichen Bestimmtheit von Tatbestand und Strafe (nullum crimen, nulla poena sine lege). |
149 |
Das Gericht hat dieses Vorbringen in Rn. 777 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass die in den streitigen Vereinbarungen vorgesehenen Wettbewerbsbeschränkungen, mit denen es dem Hersteller des Originalpräparats gelungen wäre, potenzielle Wettbewerber mittels umgekehrter Zahlungen in nicht unerheblicher Höhe für einen bestimmten Zeitraum vom Markt fernzuhalten, seinerzeit keineswegs unvorhersehbar gewesen seien. Sie hätten von den Parteien der Vereinbarungen vernünftigerweise als mit Art. 101 Abs. 1 AEUV unvereinbar wahrgenommen werden können. Die Kommission habe sie daher ahnden können, ohne gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der gesetzlichen Bestimmtheit von Tatbestand und Strafe (nullum crimen, nulla poena sine lege) zu verstoßen. |
150 |
In diesem Zusammenhang hat das Gericht in Rn. 776 des angefochtenen Urteils insbesondere darauf hingewiesen, dass einige Generikahersteller sehr wohl erkannt hätten, dass Vereinbarungen, die mit den streitigen Vereinbarungen vergleichbar gewesen seien, einen Verstoß darstellten. Sie hätten es gerade deshalb abgelehnt, solche Vereinbarungen abzuschließen. |
Vorbringen der Parteien
151 |
Mit dem fünften Rechtsmittelgrund, der aus drei Teilen besteht, rügt Lundbeck, dass das Gericht die Geldbußen, die die Kommission gegen sie verhängt habe, zu Unrecht bestätigt habe. |
152 |
Insoweit macht Lundbeck als Erstes geltend, dass das Gericht in Rn. 777 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft nicht die Schuldform angewandt habe, die erforderlich sei, um gegen die Person, die für eine wettbewerbswidrige Verhaltensweise verantwortlich sei, eine Geldbuße zu verhängen. Eine Geldbuße könne nur verhängt werden, wenn nicht nur möglich sei, sondern feststehe, dass der Verantwortliche gewusst habe, dass die Zuwiderhandlung wettbewerbswidrig sei. |
153 |
Als Zweites macht Lundbeck geltend, dass das Gericht in Anbetracht der Komplexität der streitigen Vereinbarungen rechtsfehlerhaft die Feststellung der Kommission bestätigt habe, dass Lundbeck sich nicht hätte darüber im Unklaren sein können, dass ihr Verhalten wettbewerbswidrig gewesen sei. Die vom Gericht insoweit herangezogenen Dokumente, die in Rn. 776 des angefochtenen Urteils genannt seien, trügen diese Feststellung nicht. Dies gelte zumindest für sämtliche streitigen Vereinbarungen. Zu einem anderen Ergebnis könne man nur gelangen, wenn die Dokumente verfälscht würden. |
154 |
Als Drittes macht Lundbeck geltend, dass das Gericht dadurch, dass es die Verhängung von über symbolische Geldbußen hinausgehenden Sanktionen bestätigt habe, gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und gegen das Verbot der Rückwirkung einer neuen Auslegung einer Bestimmung, in der eine Zuwiderhandlung definiert werde, verstoßen habe. Ein symbolischer Betrag hätte erstens deshalb geboten sein müssen, weil die durch die streitigen Vereinbarungen aufgeworfenen Fragen komplex und neuartig gewesen seien, zweitens, weil zum relevanten Zeitpunkt insbesondere wegen der Äußerungen des KFST hinsichtlich der Auslegung von Art. 101 AEUV Unsicherheit bestanden habe, und drittens, weil es keine Präzedenzfälle gegeben habe. |
155 |
Die Kommission ist der Ansicht, dass der fünfte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen sei. |
Würdigung durch den Gerichtshof
156 |
Wie das Gericht in Rn. 762 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, können gegen ein Unternehmen wegen einer Verhaltensweise, die in den Anwendungsbereich von Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt, Sanktionen verhängt werden, wenn sich das Unternehmen über die Wettbewerbswidrigkeit seines Verhaltens nicht im Unklaren sein kann, gleichviel, ob ihm dabei bewusst ist, dass es gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags verstößt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2013, Schenker & Co. u. a., C‑681/11, EU:C:2013:404, Rn. 37). |
157 |
Dass das Unternehmen sein Verhalten, auf dem die Feststellung der Zuwiderhandlung beruht, rechtlich unrichtig eingestuft, kann also nicht dazu führen, dass ihm keine Geldbuße auferlegt wird, sofern es sich über die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens nicht im Unklaren sein konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2013, Schenker & Co. u. a., C‑681/11, EU:C:2013:404, Rn. 38). |
158 |
Somit kommt es allein darauf an, ob das Unternehmen erkennen konnte, dass sein Verhalten wettbewerbswidrig war, und nicht, wie Lundbeck geltend macht, darauf, ob das Unternehmen dies tatsächlich erkannt hat. |
159 |
Insoweit hat das Gericht in den Rn. 764 und 777 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die in den streitigen Vereinbarungen vorgesehenen Wettbewerbsbeschränkungen von den Parteien der Vereinbarungen vernünftigerweise als mit Art. 101 Abs. 1 AEUV unvereinbar hätten wahrgenommen werden können, so dass sie beim Abschluss der Vereinbarungen keineswegs unvorhersehbar gewesen seien. |
160 |
Zur Begründung dieser Feststellung hat das Gericht in den Rn. 765 bis 776 des angefochtenen Urteils erstens ausgeführt, dass weder der Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV noch die zu dieser Bestimmung im Zusammenhang mit den Rechten des geistigen Eigentums ergangene Rechtsprechung – Lundbeck macht nicht geltend, dass diese vom Gericht nicht richtig ausgelegt worden sei – Zweifel daran zuließen, dass die streitigen Vereinbarungen nicht mit Art. 101 Abs. 1 AEUV vereinbar seien, zweitens, dass die Äußerung der KFST zu den streitigen Vereinbarungen, selbst wenn sie unzweideutig gewesen sein sollte, nicht geeignet gewesen sei, ein berechtigtes Vertrauen dahin zu begründen, dass die streitigen Vereinbarungen nicht geahndet würden, drittens, dass der Umstand, dass die Ahndung der streitigen Vereinbarungen neuartig sei, es nicht rechtfertige, lediglich symbolische Geldbußen zu verhängen, und viertens, dass einige Generikahersteller sehr wohl erkannt hätten, dass Vereinbarungen, die mit den streitigen Vereinbarungen vergleichbar gewesen sein, einen Verstoß darstellten, und es gerade deshalb abgelehnt hätten, solche Vereinbarungen abzuschließen. |
161 |
Damit ist aber rechtlich hinreichend dargetan, dass die Ahndung der streitigen Vereinbarungen zumindest vorhersehbar war. |
162 |
Darüber hinaus kann Lundbeck nicht mit Erfolg geltend machen, dass das Gericht mit der Annahme, dass einige Generikahersteller sehr wohl erkannt hätten, dass Vereinbarungen, die mit den streitigen Vereinbarungen vergleichbar gewesen seien, einen Verstoß darstellten, und es deshalb abgelehnt hätten, solche Vereinbarungen abzuschließen, Tatsachen oder Beweise verfälscht hätte. Abgesehen davon, dass sich dieses Vorbringen gegen nur einen der oben in Rn. 160 genannten Gründe richtet, auf denen die Schlussfolgerung des Gerichts beruht, ist nämlich darauf hinzuweisen, dass ein Rechtsmittelführer angesichts des Ausnahmecharakters eines Rechtsmittelgrundes, mit dem die Verfälschung von Tatsachen und Beweisen gerügt wird, nach Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung insbesondere genau angeben muss, welche Tatsachen das Gericht verfälscht haben soll, und darlegen muss, welche Beurteilungsfehler das Gericht seines Erachtens hierzu veranlasst haben (Urteil vom 20. Oktober 2011, PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic, C‑281/10 P, EU:C:2011:679, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
163 |
Lundbeck hat zwar eine Verfälschung der in Rn. 776 des angefochtenen Urteils genannten Dokumente geltend gemacht, aber in keiner Weise dargelegt, welche Beurteilungsfehler, die dem Gericht ihres Erachtens unterlaufen sind, dieses zur Verfälschung dieser Dokumente veranlasst haben sollen. Folglich ist der fünfte Rechtsmittelgrund, soweit mit ihm eine Verfälschung von Tatsachen und Beweisen geltend gemacht wird, als unzulässig zurückzuweisen. |
164 |
Außerdem ist der Umstand, dass bestimmte Generikahersteller oder Mitarbeiter von Lundbeck Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Vereinbarungen oder vergleichbarer Vereinbarungen haben äußern können, durchaus geeignet, die Feststellung zu untermauern, dass Lundbeck erkennen konnte, dass ihr Verhalten wettbewerbswidrig war oder zumindest sein konnte. |
165 |
Schließlich ist festzustellen, dass die Tatsache, dass das Gericht bestätigt hat, dass gegen Lundbeck Geldbußen verhängt wurden, die über ein symbolisches Niveau hinausgehen, in keiner Weise gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt, auch wenn die durch die streitigen Vereinbarungen aufgeworfenen Fragen neuartig und komplex waren, es keine Präzedenzfälle gab und von der KFST zu den streitigen Vereinbarungen veröffentlichte Dokumente vorlagen, deren Inhalt in den Rn. 749 bis 752 des angefochtenen Urteils wiedergegeben ist. |
166 |
Was als Erstes die Neuartigkeit der Ahndung der streitigen Vereinbarungen betrifft, kann, worauf das Gericht in Rn. 763 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen hingewiesen hat, der durch Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierte Grundsatz der Bestimmtheit des anwendbaren Rechts nicht so verstanden werden, dass er die schrittweise Klärung der Vorschriften über die strafrechtliche Verantwortlichkeit durch Auslegung seitens der Gerichte untersagt, sofern diese hinreichend vorhersehbar ist (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 167 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
167 |
Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 114), ist eine Vereinbarung als „bezweckte Beschränkung“ und erst Recht als „Einschränkung des Wettbewerbs“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV einzustufen, wenn sich die vereinbarten Wertübertragungen allein durch das geschäftliche Interesse erklären lassen, das sowohl der Patentinhaber als auch das Unternehmen, dem vorgeworfen wird, das Patent zu verletzen, an der Vermeidung von Leistungswettbewerb haben, da Vereinbarungen, mit denen sich Wettbewerber bewusst für eine praktische Zusammenarbeit entscheiden anstatt sich auf einen mit Risiken verbundenen Wettbewerb einzulassen, ganz offensichtlich eine „bezweckte Beschränkung“ darstellen. |
168 |
Im Übrigen hat das Gericht in den Rn. 764 und 777 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass Lundbeck die Ahndung der streitigen Vereinbarungen gemäß Art. 101 AEUV hätte vorhersehen können. |
169 |
Als Zweites ist zu den Angaben in den Dokumenten des KFST festzustellen, dass das Gericht in den Rn. 749 und 750 sowie in den Rn. 834 und 835 des angefochtenen Urteils verbindlich festgestellt hat, das aus ihnen entweder hervorgehe, dass der KFST die Auffassung vertreten habe, dass die streitigen Vereinbarungen den Wettbewerb beeinflussen könnten, falls sich herausstellen sollte, dass Lundbeck ihre Wettbewerber bezahlt habe, damit sie sich vom Markt fernhielten, und deshalb schwere Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV darstellten, oder dass es sich lediglich um die Wiedergabe einer vorläufigen Beurteilung der Kommission gehandelt habe. |
170 |
Wie das Gericht in Rn. 748 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, können die nationalen Wettbewerbsbehörden bei Unternehmen kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen, dass ihr Verhalten nicht gegen Art. 101 AEUV verstößt, da sie nicht befugt sind, eine Negativentscheidung zu erlassen, d. h. eine Entscheidung, mit der das Fehlen eines Verstoßes gegen diese Bestimmung festgestellt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2013, Schenker & Co. u. a., C‑681/11, EU:C:2013:404, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
171 |
Was im Übrigen das Vorbringen von Lundbeck betrifft, die Verhängung der betreffenden Geldbußen verstoße gegen das strafrechtliche Rückwirkungsverbot, ist festzustellen, dass dieses erstmals im Rechtsmittelverfahren vorgebrachte Argument ein neues Angriffsmittel darstellt und daher gemäß Art. 127 in Verbindung mit Art. 190 der Verfahrensordnung unzulässig ist. |
172 |
Wie aus Rn. 757 des angefochtenen Urteils hervorgeht, hatte Lundbeck im Rahmen des ersten Teils des neunten Klagegrundes nämlich lediglich einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der gesetzlichen Bestimmtheit von Tatbestand und Strafe (nullum crimen, nulla poena sine lege) geltend gemacht. |
173 |
Folglich ist der fünfte Rechtsmittelgrund als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen. |
Zum sechsten Rechtsmittelgrund
Relevante Randnummern des angefochtenen Urteils
174 |
Lundbeck rügt mit seinem Rechtsmittel lediglich die Zurückweisung des ersten und des zweiten Teils des zehnten Klagegrundes. Mit diesem hatte Lundbeck geltend gemacht, dass die Kommission mehrere Rechts- und Tatsachenfehler begangen habe, indem sie bei den Geldbußen, die sie gegen sie verhängt habe, als Grundbetrag einen viel zu hohen Anteil an dem mit dem betreffenden Produkt erzielten Umsatz, nämlich je nach der räumlichen Tragweite der streitigen Vereinbarungen 10 bzw. 11 %, zugrunde gelegt habe, und indem sie die Dauer der Zuwiderhandlungen nicht auf den Zeitraum beschränkt habe, in dem die Generikahersteller tatsächlich bereit gewesen seien, in den Markt einzutreten, wofür sie in den betreffenden Ländern zumindest über eine Genehmigung für das Inverkehrbringen hätten verfügen müssen, was etwa bei Österreich nicht der Fall gewesen sei. |
175 |
Das Gericht hat den ersten Teil des zehnten Klagegrundes in den Rn. 806 und 812 des angefochtenen Urteils mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Kommission bei der Festsetzung des Grundbetrags der betreffenden Geldbußen gemäß Ziff. 22 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 keinen Rechtsfehler begangen und auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe. |
176 |
Es hat in Rn. 804 des angefochtenen Urteils insbesondere ausgeführt, dass „die Kommission [entgegen dem Vorbringen von Lundbeck] nicht verpflichtet [war], den Grundbetrag der Geldbußen herabzusetzen und lediglich den Umsatz in den Ländern zu berücksichtigen, in denen die Generikahersteller mit ihren Vorbereitungen für einen Markteintritt weiter fortgeschritten waren“, und dass, „[d]a es um bezweckte Zuwiderhandlungen ging und die Zuwiderhandlungen, die mit den streitigen Vereinbarungen (mit Ausnahme der mit Arrow geschlossenen Vereinbarungen) begangen worden sind, eine räumliche Tragweite hatten, die sich auf den gesamten EWR erstreckte, … sich die Kommission nämlich auf diese räumliche Tragweite stützen [durfte], ohne eine gründliche Prüfung der Frage vornehmen zu müssen, welche konkreten Markteintrittsperspektiven die Generikahersteller in jedem einzelnen [Mitgliedstaat] des EWR hatten“. Das Gericht hat insoweit klargestellt, dass „[d]ie räumliche Tragweite der streitigen Vereinbarungen und damit der im vorliegenden Fall in Rede stehenden Zuwiderhandlungen … nämlich von den Parteien dieser Vereinbarungen festgelegt [wurde], als sie beschlossen, dass die genannten Vereinbarungen den gesamten EWR abdecken sollten (mit Ausnahme der mit Arrow begangenen Zuwiderhandlung).“ |
177 |
Den zweiten Teil des zehnten Klagegrundes hat das Gericht in den Rn. 815 und 816 des angefochtenen Urteils mit der der Begründung zurückgewiesen, dass die Kommission im streitigen Beschluss rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, dass der Wettbewerb durch die streitigen Vereinbarungen während deren gesamter Laufzeit eingeschränkt worden sei und dass Lundbeck weder dargetan habe, dass ohne die streitigen Vereinbarungen – sogar potenzieller – Wettbewerb zwischen ihnen und den Generikaherstellern unmöglich oder inexistent gewesen wäre, noch, dass die streitigen Vereinbarungen den Wettbewerb in keiner Weise beschränkt hätten. In der Rechtssache, in der das Urteil vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission (T‑360/09, EU:T:2012:332), ergangen sei, sei dies anders gewesen. Es hat ferner darauf hingewiesen, dass andernfalls die Unterscheidung zwischen „tatsächlichem Wettbewerb“ und „potenziellem Wettbewerb“ aufgehoben würde. |
178 |
Schließlich hat das Gericht in Rn. 842 des angefochtenen Urteils in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung festgestellt, dass kein Anlass bestehe, im vorliegenden Fall mildernde Umstände zu berücksichtigen, und dass die Höhe der mit dem streitigen Beschluss gegen Lundbeck verhängten Geldbuße zu bestätigen sei. |
Vorbringen der Parteien
179 |
Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund, der aus drei Teilen besteht, macht Lundbeck hilfsweise geltend, dass das Gericht die Festsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen rechtsfehlerhaft bestätigt habe. Es habe seine Entscheidung insoweit auch nicht hinreichend begründet. |
180 |
Lundbeck macht als Erstens geltend, dass das Gericht es in Rn. 804 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft nicht für erforderlich gehalten habe, bei der Festsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen die Umsätze außer Betracht zu lassen, auf die sich die streitigen Vereinbarungen nicht hätten auswirken werden können, nämlich die Umsätze, die sie in bestimmten Mitgliedstaaten des EWR erzielt habe, deren Märkte für Generikahersteller in Wirklichkeit geschlossen gewesen seien, weil ihnen vor dem Auslaufen der streitigen Vereinbarungen keine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden sei oder weil, wie im Fall von Österreich, das Patent für das API Citalopram von ihr, Lundbeck, während eines großen Teils der Laufzeit der streitigen Vereinbarungen in Kraft geblieben sei. Nach den Ziff. 6 und 13 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 hätte die Kommission aber nur die Umsätze berücksichtigen dürfen, die tatsächlich mit dem Verstoß in Zusammenhang gestanden hätten. |
181 |
Außerdem habe das Gericht in Rn. 804 des angefochtenen Urteils auch die Rechtsprechung nicht richtig angewandt. Zum einen habe es angenommen, dass die Kommission, weil es sich bei den streitigen Vereinbarungen um „bezweckte Beschränkungen“ gehandelt habe, nicht verpflichtet gewesen sei, eine konkrete Prüfung vorzunehmen. Eine solche Prüfung könne jedoch, wie der Gerichtshof in Rn. 31 des Urteils vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a. (C‑8/08, EU:C:2009:343), ausgeführt habe, in gewisser Weise für die Festsetzung der Geldbußen von Relevanz sein. Zum anderen habe das Gericht dadurch, dass es anders als in der Rechtssache, in der das Urteil vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission (T‑360/09, EU:T:2012:332), ergangen sei, die Umsätze, die mit Tätigkeiten erzielt worden seien, die während der Geltungsdauer der streitigen Vereinbarungen nicht miteinander in Wettbewerb hätten stehen können, bei der Festsetzung der Geldbußen nicht ausgenommen habe, nicht die tatsächliche und rechtliche Prüfung vorgenommen, die erforderlich sei, um die in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit dem Verstoß stehenden Umsätze zu bestimmen, wie sie nach dem Urteil Telefónica/Kommission vom 28. Juni 2016 (T‑216/13, EU:T:2016:369, Rn. 309) geboten sei. |
182 |
Als Zweitens macht Lundbeck geltend, dass das Gericht in Rn. 816 des angefochtenen Urteils nicht hinreichend begründet habe, warum es die im Urteil vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission (T‑360/09, EU:T:2012:332), angewandte Methode nicht angewandt habe. Insbesondere habe das Gericht nicht erläutert, inwieweit die Generikahersteller aufgrund des Fehlens einer Genehmigung für das Inverkehrbringen und aufgrund ihres Patents für das API Citalopram nicht de facto daran gehindert gewesen seien, in den Markt der betreffenden Mitgliedstaaten des EWR einzutreten. |
183 |
Als Drittes macht Lundbeck geltend, dass das Gericht die Umstände des Einzelfalls nicht richtig beurteilt habe, indem es in Rn. 806 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die Kommission keinen Rechtsfehler begangen habe, indem sie bei der Festsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 je nach der räumlichen Tragweite der streitigen Vereinbarungen einen Anteil an den mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehenden Umsätzen von 10 % bzw. 11 % angesetzt habe. In Anbetracht der begrenzten räumlichen Auswirkungen der streitigen Vereinbarungen, der Entscheidungspraxis der Kommission in vergleichbaren Fällen und weil es sich bei den streitigen Vereinbarungen nicht um Kartelle gehandelt habe, hätten die Anteile niedriger angesetzt werden müssen, und zwar so niedrig wie möglich. |
Würdigung durch den Gerichtshof
184 |
Was als Erstes den ersten und den zweiten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes betrifft, die zusammen zu prüfen sind, macht Lundbeck im Wesentlichen geltend, dass das Gericht in den Rn. 804 und 816 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft, ohne auf ihr Vorbringen einzugehen, festgestellt habe, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, den Grundbetrag der Geldbuße herabzusetzen und lediglich den in den Ländern erzielten Umsatz zu berücksichtigen, in denen die Generikahersteller mit ihren Vorbereitungen für einen Markteintritt weiter fortgeschritten gewesen seien. |
185 |
Zu der Verhängung einer Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 durch die Kommission, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Kommission in jedem Einzelfall und in Anbetracht des Kontexts und der Ziele, die mit der Sanktionsregelung der Verordnung Nr. 1/2003 verfolgt werden, die beabsichtigte Wirkung auf das betreffende Unternehmen beurteilen und dabei insbesondere einen Umsatz berücksichtigen muss, der die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Unternehmens in dem Zeitraum wiedergibt, in dem die Zuwiderhandlung begangen wurde (Urteil vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission, C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
186 |
In diesem Zusammenhang darf bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sowohl der Gesamtumsatz des Unternehmens, der – wenn auch nur annähernd und unvollständig – etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft aussagt, als auch der Teil dieses Umsatzes berücksichtigt werden, der mit den Waren erzielt worden ist, hinsichtlich deren die Zuwiderhandlung begangen wurde, und der somit einen Anhaltspunkt für das Ausmaß dieser Zuwiderhandlung liefern kann (Urteil vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission, C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
187 |
Da die mit dem streitigen Beschluss verhängten Geldbußen von der Kommission nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 festgesetzt wurden, ist darauf hinzuweisen, dass der in deren Ziff. 13 verwendete Umsatzbegriff nach der Rechtsprechung zwar nicht so weit ausgedehnt werden kann, dass er die von dem betreffenden Unternehmen getätigten Verkäufe umfasst, die nicht vom Anwendungsbereich des zur Last gelegten Kartells erfasst werden, jedoch würde das mit dieser Vorschrift verfolgte Ziel beeinträchtigt, wäre dieser Begriff dahin zu verstehen, dass er sich nur auf den Umsatz bezieht, der allein mit Verkäufen erzielt worden ist, bei denen feststeht, dass sie tatsächlich von diesem Kartell betroffen waren (Urteil vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission, C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 19). |
188 |
Danach sind von dem Umsatz, der Gegenstand einer Zuwiderhandlung ist, die Umsätze auszunehmen, die das Unternehmen, das die Zuwiderhandlung begangen hat, auf einem Markt erzielt hat, der nicht für den Wettbewerb geöffnet ist, wie demjenigen, um den es im Urteil vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission (T‑360/09, EU:T:2012:332, Rn. 105 und 155), geht, auf das sich Lundbeck beruft. Ein solcher Markt kann nämlich von einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise im Sinne von Art. 101 AEUV nicht betroffen sein. Auszunehmen sind auch die Umsätze, die ein Kartellteilnehmer auf Märkten erzielt hat, auf denen die übrigen Kartellteilnehmer nicht vertreten sind und nicht als potenzielle Wettbewerber angesehen werden können. |
189 |
Im vorliegenden Fall fällt jedoch keiner der von der Kommission in die zugrunde gelegten Umsätze einbezogenen Umsätze, deren Gesamtbetrag vom Gericht bestätigt worden ist, unter eine der in der vorstehenden Randnummer genannten Kategorien ausgeschlossener Umsätze. |
190 |
Wie die Generalanwältin in den Nrn. 222 und 223 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, sind sowohl die Umsätze, die in Österreich erzielt wurden, wo das Patent für das API Citalopram von Lundbeck nach deren Vorbringen erst im April 2003, also während des Zeitraums, in dem die streitigen Vereinbarungen durchgeführt wurden, auslief, als auch die Umsätze, die in Ländern erzielt wurden, in denen die Generikahersteller erst während des Zeitraums, in dem die streitigen Vereinbarungen durchgeführt wurden, oder gar erst danach eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erhielten, allesamt auf Märkten erzielt worden, auf denen die betreffenden Arzneimittelhersteller während der gesamten Laufzeit der streitigen Vereinbarungen zumindest potenzielle Wettbewerber waren, was das Gericht in Rn. 815 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat und durch die Zurückweisung des vierten Rechtsmittelgrundes bestätigt wird. |
191 |
Daher kann Lundbeck nicht darin gefolgt werden, dass die in der vorstehenden Randnummer genannten Umsätze mit den festgestellten Zuwiderhandlungen nicht einmal in mittelbarem Zusammenhang gestanden hätten und daher bei der Festsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. |
192 |
Denn, wie das Gericht in Rn. 804 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, wurde die räumliche Tragweite der streitigen Vereinbarungen mit Ausnahme der von Lundbeck mit Arrow geschlossenen Vereinbarungen von den Parteien der Vereinbarungen selbst auf den gesamten EWR erstreckt. Dies zeigt, dass diese davon ausgegangen sind, dass sie in allen diesen Märkten des EWR, wenn nicht tatsächliche, so doch zumindest potenzielle Wettbewerber waren. Deshalb sind die Umsätze, die Lundbeck auf allen diesen Märkten erzielt hat, als Umsätze anzusehen, die im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 „mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen“. |
193 |
Daher kann Lundbeck mit ihrem Vorbringen, das Gericht hätte in Rn. 804 des angefochtenen Urteils nicht billigen dürfen, dass die Kommission bei den streitigen Vereinbarungen mit Ausnahme der von ihr mit Arrow geschlossenen die im gesamten Gebiet des EWR erzielten Umsätze berücksichtigt hat, ohne vorher gründlich geprüft zu haben, welche konkreten Markteintrittsperspektiven die Generikahersteller in den einzelnen Mitgliedstaaten des EWR jeweils hatten, nicht durchdringen. |
194 |
Dasselbe gilt für das Vorbringen, das Gericht habe in Rn. 816 des angefochtenen Urteils nicht hinreichend begründet, warum es im vorliegenden Fall die im Urteil vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission (T‑360/09, EU:T:2012:332), entwickelte Lösung nicht angewandt habe. |
195 |
Das Gericht hat in dieser Randnummer ausgeführt, dass sich Lundbeck nicht auf die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, stützen könne, da in dieser Rechtssache während eines Teils des Zeitraums der Zuwiderhandlung auch ohne die betreffende wettbewerbswidrige Vereinbarung kein Wettbewerb möglich gewesen wäre, weil der Markt aufgrund der seinerzeit geltenden nationalen Rechtsvorschriften zulässigerweise jeglichem Wettbewerb entzogen gewesen sei, was eine faktische Monopolstellung begründet habe. Diese Begründung hat es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, aus denen das Gericht ihrer Argumentation nicht gefolgt ist, und hat dem Gerichtshof ausreichende Angaben geliefert, um seine Kontrollfunktion wahrnehmen zu können (Urteil vom 25. Juni 2020, SATCEN/KF, C‑14/19 P, EU:C:2020:492, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
196 |
Folglich sind der erste und der zweite Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen. |
197 |
Als Zweites ist zum dritten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes festzustellen, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, bei der Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittels die Würdigung des Gerichts, das in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über den Betrag der gegen Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht festgesetzten Geldbußen entscheidet, aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Würdigung zu ersetzen (Urteil vom 26. September 2018, Philips und Philips France/Kommission, C‑98/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:774, Rn. 107 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
198 |
Nur wenn der Gerichtshof der Ansicht wäre, dass die Höhe der Sanktion nicht nur unangemessen, sondern auch dermaßen überhöht ist, dass sie unverhältnismäßig wird, wäre ein Rechtsfehler des Gerichts wegen der unangemessenen Höhe einer Geldbuße festzustellen (Urteil vom 26. September 2018, Philips und Philips France/Kommission, C‑98/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:774, Rn. 107 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
199 |
Daraus folgt, dass es Lundbeck, soweit sie mit dem dritten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes die vom Gericht insbesondere in Rn. 842 des angefochtenen Urteils vorgenommene Beurteilung der Höhe der verhängten Geldbußen im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls beanstandet, ohne jedoch darzutun oder auch nur zu behaupten, dass die Höhe der verhängten Geldbußen nicht nur unangemessen, sondern auch dermaßen überhöht ist, dass sie unverhältnismäßig wird, in Wirklichkeit darum geht, eine neue Beurteilung der Angemessenheit der Höhe der gegen sie verhängten Geldbußen zu erreichen. Daher ist der dritte Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes als unzulässig zurückzuweisen. |
200 |
Der sechste Rechtsmittelgrund ist daher als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen. |
201 |
Nach alledem ist das Rechtsmittel zurückzuweisen. |
Kosten
202 |
Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. |
203 |
Da Lundbeck mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission aufzuerlegen. |
204 |
Nach Art. 184 Abs. 4 der Verfahrensordnung können einer erstinstanzlichen Streithilfepartei, wenn sie das Rechtsmittel nicht selbst eingelegt hat, im Rechtsmittelverfahren nur dann Kosten auferlegt werden, wenn sie am schriftlichen oder mündlichen Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat. Nimmt eine solche Partei am Verfahren teil, so kann der Gerichtshof ihr ihre eigenen Kosten auferlegen. |
205 |
Da die EFPIA am Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat, sind ihr unter den Umständen des vorliegenden Falles ihre eigenen Kosten aufzuerlegen. |
206 |
Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. |
207 |
Danach trägt das Vereinigte Königreich seine eigenen Kosten. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: |
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Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.