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Document 62016CJ0530

Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 13. Juni 2018.
Europäische Kommission gegen Republik Polen.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Eisenbahnsicherheit – Richtlinie 2004/49/EG – Kein Erlass der Vorschriften, die erforderlich sind, um die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle zu gewährleisten.
Rechtssache C-530/16.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2018:430

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

13. Juni 2018 ( *1 )

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Eisenbahnsicherheit – Richtlinie 2004/49/EG – Kein Erlass der Vorschriften, die erforderlich sind, um die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle zu gewährleisten“

In der Rechtssache C‑530/16

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 18. Oktober 2016,

Europäische Kommission, vertreten durch W. Mölls und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna und K. Majcher als Bevollmächtigte im Beistand von T. Warchoł, ekspert,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, des Vizepräsidenten A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Vierten Kammer, des Richters C. Vajda, der Richterin K. Jürimäe und des Richters C. Lycourgos (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2017,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Januar 2018

folgendes

Urteil

1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission beim Gerichtshof, festzustellen, dass die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 16 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit) (ABl. 2004, L 164, S. 44, berichtigt in ABl. 2004, L 220, S. 16) verstoßen hat, dass

sie nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass die Sicherheitsbehörde von Eisenbahnunternehmen, Fahrwegbetreibern, Antragstellern und Beschaffungsstellen unabhängig ist, und

sie nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass die Untersuchungsstelle von Eisenbahnunternehmen und Fahrwegbetreibern unabhängig ist.

2

In ihrer Erwiderung hat die Kommission jedoch die Rüge, es werde gegen Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 verstoßen, weil die Sicherheitsbehörde nicht unabhängig sei, mit der Begründung zurückgenommen, die Republik Polen habe ihr am 1. Dezember 2016 den Text der Ustawa o zmianie ustawy o transporcie kolejowym oraz niektórych innych ustaw) (Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr und bestimmter anderer Gesetze) vom 16. November 2016 (Dz. U. 2016, Position 1923) übermittelt. Mit diesem Gesetz werde die genannte Richtlinienbestimmung korrekt umgesetzt.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Der 24. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/49 lautet:

„Eine Sicherheitsuntersuchung sollte unabhängig von der gerichtlichen Untersuchung ein und desselben Ereignisses durchgeführt werden, wobei Zugang zu Beweismaterial und Zeugen gewährt werden sollte. Sie sollte von einer ständigen Stelle durchgeführt werden, die von den Akteuren des Eisenbahnsektors unabhängig ist. Die Funktionsweise dieser Stelle sollte dergestalt sein, dass jeglicher Interessenskonflikt und jede mögliche Verwicklung in die Ursachen der untersuchten Ereignisse vermieden wird; insbesondere darf es keine negativen Auswirkungen auf ihre funktionelle Unabhängigkeit geben, wenn in organisatorischer und rechtlicher Hinsicht eine enge Beziehung zu der für den Eisenbahnsektor zuständigen nationalen Sicherheitsbehörde oder Regulierungsstelle besteht. Ihre Untersuchungen sollten mit größtmöglicher Offenheit durchgeführt werden. Die Untersuchungsstelle sollte für jedes Ereignis ein zuständiges Untersuchungsteam zusammenstellen, das für die Ermittlung von Auslösern und Ursachen des Ereignisses die nötige Sachkenntnis besitzt.“

4

Art. 3 dieser Richtlinie sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

b)

‚Fahrwegbetreiber‘ jede Stelle oder jedes Unternehmen, die/das gemäß Artikel 3 der Richtlinie 91/440/EWG insbesondere für die Einrichtung und die Unterhaltung von Eisenbahninfrastruktur oder Teilen davon zuständig ist; dies kann auch die Steuerung der Betriebsleit- und Sicherheitssysteme der Infrastruktur beinhalten. Die Funktionen des Fahrwegbetreibers in einem Schienennetz oder in Teilen davon können anderen Stellen oder Unternehmen übertragen werden;

c)

‚Eisenbahnunternehmen‘ die Eisenbahnunternehmen im Sinne der Richtlinie 2001/14/EG sowie jedes öffentliche oder private Unternehmen, dessen Tätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss; dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktion sicherstellen;

…“

5

In Art. 19 der Richtlinie 2004/49 heißt es:

„(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Artikel 21 genannte Untersuchungsstelle nach schweren Unfällen im Eisenbahnverkehr Untersuchungen durchführt, um die Eisenbahnsicherheit nach Möglichkeit zu verbessern und Unfälle zu verhüten.

(2)   Die in Artikel 21 genannte Untersuchungsstelle kann neben schweren Unfällen auch die Unfälle und Störungen untersuchen, die unter leicht veränderten Bedingungen zu schweren Unfällen hätten führen können, einschließlich technischer Störungen in den strukturbezogenen Teilsystemen oder an den Interoperabilitätskomponenten des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems oder des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems.

…“

6

Art. 21 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Artikel 19 genannten Unfälle und Störungen von einer ständigen Stelle untersucht werden, die über mindestens einen Untersuchungssachverständigen verfügt, der in der Lage ist, bei Unfällen oder Störungen als Untersuchungsbeauftragter tätig zu werden. Diese Stelle ist organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen von Fahrwegbetreibern, Eisenbahnunternehmen, entgelterhebenden Stellen, Zuweisungsstellen und benannten Stellen sowie von allen Parteien, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten, unabhängig. Sie ist darüber hinaus von der Sicherheitsbehörde und von den Regulierungsstellen im Eisenbahnsektor funktionell unabhängig.

(2)   Die Untersuchungsstelle nimmt ihre Aufgaben unabhängig von den in Absatz 1 genannten Organisationen wahr und wird mit den dafür notwendigen Mitteln ausgestattet. Ihr Untersuchungspersonal erhält eine Stellung, die ihm die erforderliche Unabhängigkeit garantiert.

…“

7

Art. 23 der Richtlinie lautet:

„(1)   Zu jeder Untersuchung eines Unfalls oder einer Störung im Sinne des Artikels 19 werden Berichte in einer der Art und Schwere des Unfalls bzw. der Störung sowie der Bedeutung der Ergebnisse der Untersuchung angemessenen Form erstellt. Diese Berichte verweisen auf den Untersuchungszweck gemäß Artikel 19 Absatz 1 und enthalten gegebenenfalls Sicherheitsempfehlungen.

(2)   Die Untersuchungsstelle gibt den Abschlussbericht schnellstmöglich und in der Regel nicht später als zwölf Monate nach dem Ereignis heraus. Der Aufbau des Berichts entspricht so genau wie möglich dem Modell in Anhang V. Der Bericht einschließlich der Sicherheitsempfehlungen wird den Betroffenen gemäß Artikel 22 Absatz 3 sowie den betreffenden Stellen und Beteiligten in anderen Mitgliedstaaten zugeleitet.

(3)   Die Untersuchungsstelle veröffentlicht jedes Jahr spätestens bis zum 30. September einen Bericht über die im Vorjahr durchgeführten Untersuchungen, die ausgesprochenen Sicherheitsempfehlungen und die im Anschluss an frühere Sicherheitsempfehlungen getroffenen Maßnahmen.“

8

Anhang V („Wesentliche Inhalte von Untersuchungsberichten über Unfälle und Störungen“) Nr. 4 („Auswertung und Schlussfolgerungen“) der Richtlinie 2004/49 sieht vor:

„1)

Abschließende Darstellung der Ereigniskette

abschließende Darlegung des Ereignisses anhand der in Nummer 3 ermittelten Tatsachen.

2)

Auswertung

Auswertung der in Nummer 3 ermittelten Tatsachen mit dem Ziel, Schlussfolgerungen in Bezug auf die Ursachen des Ereignisses und die Leistung der Rettungsdienste zu ziehen.

3)

Schlussfolgerungen

unmittelbare Auslöser des Ereignisses einschließlich der Einflussfaktoren im Zusammenhang mit Handlungen beteiligter Personen oder dem Zustand von Fahrzeugen und technischen Einrichtungen;

Ursachen im Zusammenhang mit Fachkenntnissen, Verfahren und Instandhaltung;

Grundursachen im Zusammenhang mit dem rechtlichen Rahmen und dem Sicherheitsmanagementsystem.

4)

Zusätzliche Bemerkungen

Mängel und Versäumnisse, die während der Untersuchung ermittelt wurden, für die Ursachenbestimmung jedoch nicht von Belang sind.“

Nationales Recht

9

Art. 28a der Ustawa o transporcie kolejowym (Gesetz über den Eisenbahnverkehr) vom 28. März 2003 (Dz. U. 2003, Position 86), der die Errichtung und die Arbeitsweise der Państwowa Komisja Badania Wypadków Kolejowych (Nationale Kommission zur Untersuchung von Eisenbahnunfällen, im Folgenden: PKBWK) regelt, bestimmt:

„(1)   Unter der Verantwortung des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers übt eine ständige Nationale Kommission zur Untersuchung von Eisenbahnunfällen [die PKBWK] ihre Tätigkeiten unabhängig aus, indem sie Untersuchungen in Bezug auf schwere Unfälle, Unfälle und Störungen durchführt …

(2)   Die [PKBWK] übt ihre Tätigkeiten im Namen des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers aus.

(3)   Der [PKBWK] gehören vier ständige Mitglieder an, darunter ein Direktor, ein stellvertretender Direktor und ein Sekretär.

(4)   Der [PKBWK] können auch nichtständige Mitglieder angehören, die vom Direktor der [PKBWK] aus einer von dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister zur Verfügung gestellten Liste ausgewählt werden, um an dem Verfahren teilzunehmen.

(6)   Der Direktor der [PKBWK] wird durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister ernannt und abberufen.

(7)   Der stellvertretende Direktor und der Sekretär werden durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister auf Ersuchen des Direktors der [PKBWK] ernannt und abberufen.

(8)   Die Mitglieder der [PKBWK] werden durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister nach Anhörung des Direktors der [PKBWK] ernannt und abberufen.

(9)   Der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister kann auf Ersuchen der [PKBWK], das mit absoluter Mehrheit beschlossen worden ist, Mitglieder der [PKBWK] abberufen.

(10)   Mitglied der [PKBWK] kann sein, wer

1.

die polnische Staatsangehörigkeit besitzt und volle Bürgerrechte genießt;

2.

voll geschäftsfähig ist;

3.

nicht wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.

die Bildungs- und Ausbildungsvoraussetzungen erfüllt.

(11)   Die Mitgliedschaft in der [PKBWK] endet mit dem Tod des Mitglieds, infolge der Nichterfüllung der in Art. 28a Abs. 10 genannten Anforderungen oder mit der Annahme des gegenüber dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister erklärten Rücktritts.

(12)   Der [PKBWK] können Spezialisten aus folgenden Bereichen angehören:

1.

Eisenbahnnetzbetrieb,

2.

Planung, Bau und Instandhaltung von Bahnstrecken, Knotenpunkten und Bahnhöfen,

3.

Sicherheits- und Steuereinrichtungen für Eisenbahnnetze und Kommunikation,

4.

Schienenfahrzeuge,

5.

Bahnstrom,

6.

Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter.

(13)   Personen mit höherer Bildung, einschlägigen Qualifikationen und mindestens fünf Jahren Erfahrung in einem bestimmten Bereich gelten als Experten in diesem Bereich.

(14)   Wenn die Mitglieder der [PKBWK] einen Beschluss im Sinne von Art. 281 Abs. 1 fassen, entscheiden sie nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung und sind hinsichtlich des Inhalts des gefassten Beschlusses nicht an Weisungen gebunden.

(15)   Während der Untersuchung eines schweren Unfalls, eines Unfalls oder einer Störung dürfen der [PKBWK] keine nichtständigen Mitglieder angehören, die im Dienst einer Organisationseinheit stehen, deren Eisenbahninfrastruktur, Arbeitskräfte oder Fahrzeuge an dem zu untersuchenden Ereignis beteiligt waren.

…“

10

Art. 28d des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr sieht vor:

„(1)   Der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister nimmt in den in seiner Verantwortung stehenden Teil des Staatshaushalts Mittel für die Ausübung der Tätigkeit [PKBWK] und ihre Mitarbeiter auf, insbesondere Mittel für die Vergütung ihrer Mitglieder, der Experten und der Mitarbeiter sowie für die technische Ausstattung, Schulungskosten, Veröffentlichungskosten und Kosten für Gutachten.

(2)   Die Funktionsfähigkeit der [PKBWK] wird durch die zugehörige Organisationseinheit der zuständigen Abteilung des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers sichergestellt.

(4)   Der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister bestimmt durch Erlass das Statut, das die Tätigkeiten der [PKBWK] und ihre Organisationsstruktur regelt, unter Berücksichtigung der Art der Aufgaben, die von der [PKBWK] wahrgenommen werden.“

11

§ 1 des Erlasses Nr. 59 des Ministers für Infrastruktur vom 11. Dezember 2008 zur Festlegung des Statuts der PKBWK (im Folgenden: Erlass vom 11. Dezember 2008 zur Festlegung des Statuts der PKBWK) lautet:

„Es wird ein Statut der [PKBWK] erlassen, das dem vorliegenden Erlass als Anhang beigefügt ist.“

12

§ 10 dieses Anhangs (im Folgenden: Statut der PKBWK) bestimmt:

„(1)   Der Direktor der [PKBWK] nimmt, nachdem er über einen schweren Unfall, einen Unfall oder eine Störung auf einer Bahnstrecke unterrichtet wurde, eine Einstufung des Ereignisses vor, um festzustellen, ob die [PKBWK] ein Verfahren einleiten muss.

(2)   Beschließt der Direktor der [PKBWK], ein Verfahren einzuleiten, setzt er ein Untersuchungsteam ein; er bestimmt insbesondere aus dem Kreis der Mitglieder der [PKBWK] einen Teamleiter und legt im Einvernehmen mit diesem die Zusammensetzung des Teams fest.

(3)   Der Direktor der [PKBWK] kann im Einvernehmen mit dem Leiter des Untersuchungsteams nichtständige Mitglieder in das Team aufnehmen, die aus einer Liste des Ministers ausgewählt werden.

(4)   Wenn dies durch besondere tatsächliche Umstände gerechtfertigt ist, können an den Arbeiten des Untersuchungsteams Experten beteiligt werden, die vom Direktor der [PKBWK] auf Ersuchen des Leiters des Untersuchungsteams benannt werden.“

13

§ 12 des Statuts der PKBWK sieht vor:

„Kein Mitglied eines Untersuchungsteams kann sein, wer

1.

in einem Unterordnungsverhältnis zu Personen oder Einrichtungen steht, die in das untersuchte Ereignis verwickelt sind;

2.

an dem untersuchten schweren Unfall, dem Unfall oder der untersuchten Störung auf einer Bahnstrecke beteiligt war;

3.

der Ehegatte einer Person ist, die durch den untersuchten schweren Unfall, den Unfall oder die untersuchte Störung auf einer Bahnstrecke betroffen ist;

4.

mit den in Nr. 3 genannten Personen in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis hin zu den Kindern der Geschwister verwandt oder verschwägert ist oder wer vom Verfahren erfasste Personen adoptiert hat oder die Vormundschaft oder Pflegschaft für sie übernommen hat.“

14

§ 22 des Statuts der [PKBWK] lautet:

„(1)   Die Beschlussfassung erfolgt mit der Mehrheit der per Handzeichen abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit ist die Stimme des Sitzungsvorsitzenden ausschlaggebend.

(2)   Unbeschadet von § 11 nehmen an der Abstimmung nur die ständigen Mitglieder der [PKBWK] und diejenigen nichtständigen Mitglieder teil, die an den Arbeiten des Untersuchungsteams beteiligt waren. Die Abstimmung darf nicht in Anwesenheit der in § 19 Abs. 1 Nr. 3 des Statuts genannten Personen stattfinden.

(3)   Der Beschluss ist schriftlich abzufassen und enthält die Unterschrift aller Mitglieder der [PKBWK], die an seinem Erlass beteiligt waren.“

15

§ 26 dieses Statuts bestimmt:

„(1)   Die Verwaltung des Personals der ständigen Mitglieder der [PKBWK] wird durch das Büro des Generaldirektors des Ministeriums sichergestellt.

(2)   Die finanzielle Verwaltung der [PKBWK] erfolgt durch das Finanzbüro des Ministeriums im Rahmen des im Finanzplan festgeschriebenen Ausgabenplans. Auf die Durchführung von Finanztransaktionen sind die im Ministerium geltenden Finanzkontrollverfahren anwendbar.

(3)   Die Verwendung von Dienstfahrzeugen durch die [PKBWK] erfolgt im Einklang mit den im Ministerium geltenden Verfahren.

(4)   Für die Vergabe öffentlicher Aufträge gelten die im Ministerium anwendbaren Vergabeverfahren.“

Vorverfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof

16

Am 21. Februar 2014 richtete die Kommission ein Aufforderungsschreiben an die Republik Polen, in dem sie auf die polnischen Rechtsvorschriften hinwies, die sie für unvereinbar mit der Richtlinie 2004/49 hielt. Sie beanstandete insbesondere die fehlende Unabhängigkeit der Sicherheitsbehörde (als Verstoß gegen Art. 16 Abs. 1 dieser Richtlinie) und die fehlende Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle (als Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie).

17

Am 17. April 2014 bestritt die Republik Polen die von der Kommission vorgeworfenen Unregelmäßigkeiten und setzte diese von ihrer Absicht in Kenntnis, ihre Rechtsvorschriften zu ändern.

18

Die Kommission erließ am 27. Februar 2015 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie bekräftigte, dass die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen u. a. aus Art. 16 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 verstoßen habe, dass sie nicht die geeigneten Maßnahmen ergriffen habe, um eine ordnungsgemäße Umsetzung und Durchführung dieser Richtlinie zu gewährleisten.

19

Am 27. April 2015 informierte die Republik Polen die Kommission über das Inkrafttreten zweier Verordnungen des Ministers für Infrastruktur und Entwicklung vom 17. Februar 2015. Am 18. und 30. Oktober 2015 übermittelte die Republik Polen der Kommission eine Verordnung des Ministers für Infrastruktur und Entwicklung vom 26. September 2015 und ein Gesetz vom 25. September 2015 zur Änderung des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr.

20

Nach Auffassung der Kommission werden mit diesen Bestimmungen zwar eine Reihe der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gerügten Verstöße beendet, doch könnten sie die Rügen der fehlenden Unabhängigkeit der Sicherheitsbehörde und der Untersuchungsstelle nicht beseitigen. Die Kommission hat daher die vorliegende Klage erhoben.

21

In ihrer Erwiderung hat die Kommission die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 aus den in Rn. 2 des vorliegenden Urteils genannten Gründen zurückgenommen.

Zur Klage

Zur Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

22

Nach Ansicht der Republik Polen ist die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 unzulässig, da sie hypothetisch und zu allgemein sei und die Kommission sie nicht hinreichend begründet habe.

23

Die Kommission habe die von den polnischen Behörden im Vorverfahren vorgetragenen Erläuterungen und Argumente nicht berücksichtigt. Daher sei die Analyse der Kommission unvollständig und habe die Republik Polen daran gehindert, ihre Verteidigung vorzubereiten.

24

Zudem habe die Kommission keine konkrete Situation und kein konkretes Ereignis benannt, die zu einer Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der PKBWK vom Fahrwegbetreiber führen könnten. Die PKBWK habe bei allen bisherigen Zwischenfällen unabhängig gehandelt, so dass die Rüge der Kommission hypothetisch sei.

25

Die Kommission macht zum einen geltend, sie habe in ihrer Klageschrift ausgeführt, aus welchen Gründen sie der Auffassung sei, dass die Vorschriften des polnischen Rechts nicht die Unabhängigkeit der PKBWK gewährleisteten, und die Gründe dargelegt, aus denen sie die von der polnischen Regierung im Vorverfahren vorgebrachten Gegenargumente nicht für überzeugend halte.

26

Zum anderen könne sie, wenn sie der Meinung sei, dass der Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 erwiesen sei, eine Klage auf Feststellung einer Vertragsverletzung beim Gerichtshof erheben, ohne abzuwarten, dass eine Eisenbahnkatastrophe stattfinde.

Würdigung durch den Gerichtshof

27

Die Republik Polen beanstandet die Zulässigkeit der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 im Wesentlichen mit der Begründung, dass sie zu allgemein und hypothetisch sowie nicht ausreichend begründet sei.

28

Es ist erstens darauf hinzuweisen, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die eine Klage gestützt wird, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben müssen (vgl. u. a. Urteil vom 25. April 2013, Kommission/Finnland, C‑74/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:266, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29

Im vorliegenden Fall genügt die Klageschrift der Kommission diesen Anforderungen. Die Kommission legt dort nämlich klar die Gründe dar, aus denen sie der Ansicht ist, dass die polnische Regelung nicht gewährleiste, dass die PKBWK vom Eisenbahnunternehmen PKP S.A. und vom Fahrwegbetreiber PKP PLK S.A. unabhängig sei.

30

Zudem wird nach ständiger Rechtsprechung der Gegenstand einer gemäß Art. 258 AEUV erhobenen Klage durch das in dieser Bestimmung vorgesehene Vorverfahren eingegrenzt, das dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit geben soll, zum einen seinen Verpflichtungen aus dem Unionsrecht nachzukommen und sich zum anderen gegenüber den Rügen der Kommission wirksam zu verteidigen. Daher muss die Klage auf die gleichen Gründe und das gleiche Vorbringen gestützt werden wie die mit Gründen versehene Stellungnahme. Dieses Erfordernis kann jedoch nicht so weit gehen, dass in jedem Fall eine völlige Übereinstimmung zwischen der Darlegung der Rügen im Tenor der mit Gründen versehenen Stellungnahme und in den Anträgen in der Klageschrift bestehen muss, sofern nur der Streitgegenstand, wie er in der mit Gründen versehenen Stellungnahme umschrieben ist, nicht erweitert oder geändert worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Mai 2017, Kommission/Luxemburg, C‑274/15, EU:C:2017:333, Rn. 37, und vom 14. September 2017, Kommission/Griechenland, C‑320/15, EU:C:2017:678, Rn. 31).

31

Die Republik Polen weist aber nicht nach, dass die Kommission die Tragweite der vorliegenden Klage auf Vorbringen und Gründe erweitert hat, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht enthalten waren. Selbst wenn erwiesen wäre, dass die Kommission die von der Republik Polen im Vorverfahren vorgetragenen Argumente nicht berücksichtigt hat, reichte dieser Umstand nicht aus, um die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 für unzulässig zu erklären.

32

Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission berechtigt ist, beim Gerichtshof eine Vertragsverletzungsklage wegen mangelnder Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle im Sinne des Art. 21 der Richtlinie 2004/49 zu erheben, ohne sich auf eine konkrete Situation berufen zu müssen, in der tatsächlich eine Beeinträchtigung dieser Unabhängigkeit eingetreten ist. Die Mitgliedstaaten sind nämlich verpflichtet, die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle durch den Erlass eines Katalogs an Vorschriften zu gewährleisten, die sicherstellen, dass sie ihre Aufgaben wahrnehmen kann, ohne Gefahr zu laufen, den Anordnungen oder dem Einfluss insbesondere von Fahrwegbetreibern oder Eisenbahnunternehmen unterworfen zu sein. Das Fehlen oder die Unzulänglichkeit eines solchen rechtlichen Rahmens kann schon allein einen Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 darstellen (vgl. entsprechend Urteil vom 2. Juni 2016, Kommission/Portugal, C‑205/14, EU:C:2016:393, Rn. 48).

33

Nach alledem ist die vorliegende Vertragsverletzungsklage zulässig.

Zur Begründetheit

Vorbringen der Parteien

34

Die Kommission macht erstens geltend, die polnischen Rechtsvorschriften enthielten entgegen dem, was in Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2004/49 verlangt werde, keine Bestimmung, die dem Untersuchungspersonal eine Stellung gäbe, die ihm die erforderliche Unabhängigkeit garantiere.

35

Mangels entsprechender konkreter und detaillierter Bestimmungen verleihe die bloße Verwendung des Begriffs „unabhängig“ in Art. 28a Abs. 1 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr, um die PKBWK zu beschreiben, die in Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2004/49 vorgesehene Stellung nicht tatsächlich und gewährleiste nicht, dass die PKBWK ihre Aufgaben entsprechend Art. 21 Abs. 1 dieser Richtlinie tatsächlich organisatorisch, rechtlich und hinsichtlich ihrer Entscheidungen völlig unabhängig vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministerium wahrnehmen könne.

36

Zweitens sei die PKBWK in das für Verkehrsangelegenheiten zuständige Ministerium eingegliedert. Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 verbiete zwar nicht, dass die Untersuchungsstelle in die organisatorischen Strukturen dieses Ministeriums eingebunden werde, doch sei dies nur zulässig, wenn Maßnahmen ergriffen würden, um ihre Unabhängigkeit vom Ministerium zu gewährleisten. Dies sei bei den polnischen Rechtsvorschriften aber nicht der Fall.

37

Drittens gewährleisteten die polnischen Rechtsvorschriften nicht die Unabhängigkeit der PKBWK vom Fahrwegbetreiber.

38

Die Staatskasse, vertreten durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister, besitze 85,09 % der Aktien des Fahrwegbetreibers PKP PLK S.A. und sei somit Haupteigentümer. Die übrigen Aktien seien im Besitz des Eisenbahnunternehmens PKP S.A., deren alleiniger Inhaber die Staatskasse, vertreten durch diesen Minister, sei. Diese dürfe die Aktien der PKP PLK S.A. nur an die Staatskasse veräußern. Die Staatskasse besitze 61,7 % der Stimmrechte in der Hauptversammlung des Fahrwegbetreibers und die PKP S.A. den Rest. Der Minister genehmige außerdem die Satzungen des Fahrwegbetreibers sowie ihre Änderungen, und die Hauptversammlung ernenne die Mitglieder des Aufsichtsrats des Fahrwegbetreibers aus den Reihen der vom Minister vorgeschlagenen Kandidaten. Folglich kontrolliere der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister den Fahrwegbetreiber.

39

Da die Untersuchungsstelle in die Struktur des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministeriums eingegliedert sei und das Ministerium den Fahrwegbetreiber kontrolliere, sei sie vom Fahrwegbetreiber nicht organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen unabhängig.

40

Viertens handele die PKBWK nicht im eigenen Namen, sondern erfülle ihre Aufgaben gemäß Art. 28a Abs. 2 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr im Namen des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers. Alle von ihr ergriffenen Maßnahmen müssten vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister genehmigt und unterzeichnet werden, so dass die PKBWK die Entscheidungen in Wirklichkeit nur vorbereite. Der Minister könne die vorgeschlagene Entscheidung ändern oder ablehnen. Außerdem ergebe sich aus § 1 des Erlasses vom 11. Dezember 2008 zur Festlegung des Statuts der PKBWK, dass diese innerhalb des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministeriums tätig werde, was zeige, dass sie weder unabhängig noch getrennt von diesem Ministerium handele.

41

Fünftens würden der Direktor der PKBWK, sein Stellvertreter und der Sekretär der PKBWK vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister ernannt und abberufen. Aus den polnischen Rechtsvorschriften gehe nicht hervor, nach welchen Kriterien und auf der Grundlage welcher Grundsätze der Minister diese Personen auswähle. Insbesondere gebe es keine Bestimmung, die etwa vorsähe, dass die Personen, die diese drei Funktionen wahrnähmen, über eine Stellung verfügten, die ihre Unabhängigkeit garantiere, wie dies Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2004/49 aber verlange.

42

Sechstens sehe Art. 28a Abs. 8 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr vor, dass der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister die ständigen Mitglieder der PKBWK nach nicht verbindlicher Stellungnahme des Direktors der PKBWK ernenne und abberufe. Folglich sei es dem Direktor der PKBWK nicht erlaubt, die Zusammensetzung seines eigenen Untersuchungsteams völlig unabhängig festzulegen, was einen Einfluss auf die Qualität, die Unvoreingenommenheit und die Offenheit der Untersuchung haben könne.

43

Die Liste der Kriterien in Art. 28a Abs. 10 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr enthalte insoweit nicht die in Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 vorgegebenen Unabhängigkeitsanforderungen, und die polnischen Rechtsvorschriften stellten nicht klar, nach welchen Kriterien und auf der Grundlage welcher Grundsätze der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister seine Entscheidung zu treffen habe. Ferner verböten die polnischen Rechtsvorschriften nicht, dass die Personen, die die in dieser Liste aufgestellten Kriterien erfüllen könnten, Vertreter von Eisenbahnunternehmen oder Fahrwegbetreibern seien, was den Grundsatz der organisatorischen Unabhängigkeit der PKBWK verletze.

44

Siebtens erstelle der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister gemäß Art. 28a Abs. 4 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr und § 10 des Statuts der PKBWK eine Liste, aus der der Direktor der PKBWK nichtständige Mitglieder für die Teilnahme an Untersuchungen auswählen könne. Der Direktor der PKBWK könne daher die Zusammensetzung seines eigenen Teams nicht selbst bestimmen, sondern sei gezwungen, Personen zu berufen, die zuvor vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister ausgewählt worden seien.

45

Es komme hinzu, dass in den polnischen Rechtsvorschriften nicht die Modalitäten oder Kriterien definiert seien, nach denen der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister die Liste der nichtständigen Mitglieder der PKBWK aufstelle, und auch nicht, in welcher Weise diesen Mitgliedern eine Stellung gewährt werde, die ihnen die erforderliche Unabhängigkeit garantiere. Auch schlössen die polnischen Rechtsvorschriften nicht aus, dass die Personen auf dieser Liste Vertreter von Eisenbahnunternehmen oder Fahrwegbetreibern seien.

46

Achtens beanstandet die Kommission, dass nach Art. 28d Abs. 2 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr die Funktionsfähigkeit der PKBWK von den zugehörigen Dienststellen der Verwaltung des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministeriums sichergestellt würde. Insbesondere werde die organisatorische Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle beträchtlich dadurch eingeschränkt, dass sie systematisch die Bereitstellung der für ihre Arbeit erforderlichen Mittel beim Verkehrsminister anfordern müsse.

47

Ferner gestatte es keine Bestimmung der Richtlinie 2004/49 den Mitgliedstaaten, sich auf haushaltspolitische Gründe zu berufen, um sich den Verpflichtungen aus Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie zu entziehen. Außerdem verlange Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie, dass die Untersuchungsstelle mit den Mitteln ausgestattet werde, die notwendig seien, um ihre Aufgaben wahrzunehmen und ihre Ziele zu erreichen. Da es gemäß Art. 28d Abs. 1 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr die Aufgabe des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers sei, die für die Tätigkeiten der PKBWK und ihre Funktionsfähigkeit erforderlichen Mittel sicherzustellen, verfüge sie nicht über eine eigene Haushaltslinie und stehe es diesem Minister frei, die Entscheidung, ob der PKBWK Ressourcen zuzuweisen seien, mit Blick auf die geschäftlichen Interessen des Fahrwegbetreibers zu treffen.

48

Die Republik Polen macht geltend, dass die Unabhängigkeit der PKBWK nicht nur durch die Bestimmungen des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr, die ausdrücklich auf die Unabhängigkeit der PKBWK hinwiesen, gewährleistet werde, sondern auch durch konkrete Garantien, mit denen ihre organisatorische und rechtliche Unabhängigkeit sowie ihre Unabhängigkeit in ihren Entscheidungen sichergestellt werde. Keine Bestimmung der Richtlinie 2004/49 enthalte einen Hinweis auf die Auswahl der Mitglieder der Untersuchungsstelle. Das Unionsrecht verlange nur, dass es sich um eine unabhängige Stelle handele.

49

Die organisatorische Unabhängigkeit der PKBWK spiegele sich darin wider, dass sie über ihre interne Struktur entscheiden und über eigene Organe und Ressourcen verfügen dürfe. Der Stellvertreter des Direktors und der Sekretär der PKBWK würden gemäß Art. 28a Abs. 7 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr auf Ersuchen des Direktors der PKBWK ernannt und abberufen. Der Direktor werde auch zur Ernennung und Abberufung der übrigen ständigen Mitglieder angehört. Des Weiteren könnten die nichtständigen Mitglieder der PKBWK, die aus der vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister erstellten Liste ausgewählt würden, nach Art. 28a Abs. 15 dieses Gesetzes keine Arbeitnehmer eines Unternehmens sein, dessen Eisenbahninfrastruktur, Arbeitnehmer oder Schienenfahrzeuge eine Rolle in dem Unfall, dem schweren Unfall oder der Störung gespielt hätten, die Gegenstand der Untersuchung seien.

50

Auch würden nach § 10 des Statuts der PKBWK die Verfahren in Bezug auf schwere Unfälle, Unfälle und Störungen auf Bahnstrecken von nichtständigen Teams durchgeführt, die vom Direktor der PKBWK ernannt würden, wobei die Mitglieder eines solchen Teams gemäß § 12 des Statuts der PKBWK nicht in einem Unterordnungsverhältnis mit den Personen und Einrichtungen stehen dürften, die in das untersuchte Ereignis verwickelt seien. Der Bericht über das Vorgehen im Rahmen einer solchen Untersuchung werde im Übrigen durch eine Abstimmung gebilligt, an der nur die Mitglieder dieses Teams teilnähmen.

51

In diesem Zusammenhang werde die Unabhängigkeit der PKBWK nicht durch die Möglichkeit beeinträchtigt, die nichtständigen Mitglieder der PKBWK auf der Grundlage einer vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister erstellten Liste zu ernennen. In der Praxis könne zudem jede Person, die die Anforderungen aus Art. 28a Abs. 10 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr erfülle, um Aufnahme in die Liste der nichtständigen Mitglieder ersuchen. Der Direktor der PKBWK entscheide autonom über ein solches Ersuchen.

52

Derzeit befänden sich 100 Personen auf der Liste der nichtständigen Mitglieder der PKBWK, die alle Fachleute im Bereich des Schienenverkehrs seien, was dem Direktor der PKBWK eine verhältnismäßig große Wahlfreiheit bei der Auswahl der nichtständigen Mitglieder gebe, die an einer bestimmten Untersuchung teilnähmen, da sich im Untersuchungsteam in der Regel nur ein einziges nichtständiges Mitglied befinde.

53

Darüber hinaus seien in Art. 28a Abs. 10 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr Bedingungen u. a. in Bezug auf die Qualifikationen vorgesehen, die von den Mitgliedern der PKBWK erfüllt werden müssten. Diese seien in Art. 28a Abs. 12 und 13 dieses Gesetzes angeführt. Art. 28a Abs. 11 des Gesetzes enthalte auch eine Aufstellung der Gründe für das Erlöschen der Mitgliedschaft. Solche Garantien ermöglichten eine Minimierung des Ermessensspielraums des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers bei der Ernennung und Abberufung der Mitglieder der PKBWK.

54

Um die Haushaltsausgaben zu rationalisieren, habe der nationale Gesetzgeber die Funktionsfähigkeit der PKBWK den zugehörigen Dienststellen des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministeriums anvertraut, aber nicht ohne die für die Tätigkeit der PKBWK notwendigen finanziellen Mittel zu gewährleisten.

55

Die für den Bedarf der PKBWK bereitgestellten Mittel seien in einem besonderen Teil des Staatshaushalts in der Rubrik „Verkehr“ isoliert und auf einem bestimmten Posten aufgeführt, der die Kosten für die Funktionsfähigkeit der Büros und zentralen Stellen der staatlichen Verwaltung erfasse. Auch wenn der für die Funktionsfähigkeit der PKBWK bereitgestellte Anteil vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister beschlossen werde, sei dieser doch nach Art. 28d Abs. 1 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr verpflichtet, die notwendigen Mittel für die Tätigkeiten der PKBWK und deren Funktionsfähigkeit aus dem ihm zur Verfügung stehenden Anteil am Staatshaushalt sicherzustellen. Eine Aufstellung der Ausgaben der PKBWK, deren Finanzierung vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister sichergestellt werde, befinde sich in diesem Gesetz. Das Budget der PKBWK sei im Übrigen in den letzten Jahren gestiegen.

56

Die Erledigung der Verwaltungsaufgaben durch das für Verkehrsangelegenheiten zuständige Ministerium beeinträchtige nicht die organisatorische Unabhängigkeit der PKBWK. Es seien nämlich innerhalb der Verwaltung dieses Ministeriums eigene Abteilungen eingerichtet worden, die ausschließlich mit administrativen Tätigkeiten betraut seien und vom Generaldirektor des Dienstes geleitet würden. Die Verwaltungsdienststellen des Ministeriums, insbesondere die Personalabteilung und die Finanzabteilung, unterständen somit dem Generaldirektor und arbeiteten ohne Beteiligung des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers, der die operativen Referate leite. Gemäß Art. 28a Abs. 1 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr sei die PKBWK eine Einrichtung, die dem Minister zugeordnet sei, was ihre Sonderstellung und ihre Unabhängigkeit belege. Die PKBWK befinde sich nicht in einem Unterordnungsverhältnis gegenüber dem Minister.

57

Was die rechtliche Unabhängigkeit der PKBWK anbelange, sei es in vielen Mitgliedstaaten auch dann gängige Praxis, die Untersuchungsstelle in die Struktur eines Ministeriums zu integrieren, wenn das Unternehmen, das die Eisenbahninfrastruktur betreibe, ein staatliches Unternehmen sei.

58

Eine Befassung mit der rechtlichen Unabhängigkeit der PKBWK sei nicht erforderlich, da die Trennung der PKBWK von den Fahrwegbetreibern und den Eisenbahnunternehmen unbestreitbar gewährleistet sei.

59

Zur Unabhängigkeit der PKBWK in ihren Entscheidungen führt die Republik Polen aus, dass deren Mitglieder gemäß Art. 28a Abs. 14 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr keinerlei Weisungen in Bezug auf den Inhalt ihrer Beschlüsse erhielten. Versuche der Einmischung in die Tätigkeit der PKBWK verstießen gegen dieses Gesetz und gegen den in Art. 7 der polnischen Verfassung verankerten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit.

60

Der Umstand, dass die PKBWK ihre Aufgaben im Namen des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers ausübe, beeinträchtige nicht ihre Unabhängigkeit, sondern erlaube ihr im Gegenteil, ihre Aufgaben effektiv wahrzunehmen, indem sie sich auf hoheitliche Befugnisse stütze. Die Kommission gehe außerdem irrig davon aus, dass die PKBWK keine autonomen Entscheidungen treffen könne. Die PKBWK treffe ihre Entscheidungen in Form von Beschlüssen, die mit der Mehrheit der Stimmen angenommen würden, wobei die Stimme des Sitzungsvorsitzenden bei Stimmengleichheit den Ausschlag gebe. An der Abstimmung nähmen nur die ständigen und diejenigen nichtständigen Mitglieder der PKBWK teil, die an den Arbeiten des Teams nach dem Unfall beteiligt gewesen seien. Der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister sei an dem Erlass der Beschlüsse in keiner Weise beteiligt, und seine Unterschrift sei für die Beschlüsse auch nicht erforderlich und erscheine nicht auf ihnen.

61

Abschließend trägt die Republik Polen vor, dass die PKBWK den betroffenen Stellen über das geführte Verfahren und die bisher erzielten Fortschritte Bericht zu erstatten habe, so dass die Offenheit ihrer Tätigkeit und die öffentliche Kontrolle der von ihr durchgeführten Verfahren gewährleistet sei. Die PKBWK müsse zudem einen Jahresbericht über ihre Tätigkeit erstellen.

Würdigung durch den Gerichtshof

 Vorbemerkungen

62

Es ist erstens darauf hinzuweisen, dass die PKBWK nach Art. 28a Abs. 1 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr die in Art. 21 der Richtlinie 2004/49 genannte Untersuchungsstelle in Polen ist. Sie wird gemäß dieser Bestimmung unter der Verantwortung des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers eingerichtet und übt ihre Tätigkeiten in dessen Namen aus. Sie besitzt, wie die Republik Polen in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof bestätigt hat, keine Rechtspersönlichkeit, und auch keine eigene Haushaltslinie, wie sich aus Art. 28d Abs. 1 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr ergibt. Nach Art. 28d Abs. 2 dieses Gesetzes wird die Funktionsfähigkeit der PKBWK durch die zugehörige Organisationseinheit der Verwaltung des Ministers sichergestellt.

63

Der in Art. 21 der Richtlinie 2004/49 genannten Untersuchungsstelle obliegt gemäß Art. 19 dieser Richtlinie die Untersuchung schwerer Unfälle im Eisenbahnverkehr, um gegebenenfalls die Eisenbahnsicherheit zu verbessern und Unfälle zu verhüten. Sie kann außerdem entscheiden, andere Unfälle und Störungen zu untersuchen, die unter leicht veränderten Bedingungen zu schweren Unfällen hätten führen können.

64

Art. 23 der Richtlinie sieht vor, dass die Untersuchungsstelle zu jeder Untersuchung eines Unfalls oder einer Störung einen Abschlussbericht herausgibt, der gegebenenfalls Sicherheitsempfehlungen enthält und dessen Aufbau so genau wie möglich dem Modell in Anhang V der Richtlinie entspricht. Aus diesem Anhang geht hervor, dass die Schlussfolgerungen des Abschlussberichts die unmittelbaren Auslöser des Ereignisses einschließlich der Einflussfaktoren im Zusammenhang mit Handlungen beteiligter Personen oder dem Zustand von Fahrzeugen und technischen Einrichtungen, die Ursachen im Zusammenhang mit Fachkenntnissen, Verfahren und Instandhaltung und die Grundursachen u. a. im Zusammenhang mit dem Sicherheitsmanagementsystem enthalten müssen. Der Bericht wird den Betroffenen zugeleitet, insbesondere dem Fahrwegbetreiber und den Eisenbahnunternehmen.

65

Die Untersuchungsstelle ist zudem verpflichtet, einen Jahresbericht über die im Vorjahr durchgeführten Untersuchungen, die ausgesprochenen Sicherheitsempfehlungen und die im Anschluss an frühere Sicherheitsempfehlungen getroffenen Maßnahmen zu veröffentlichen.

66

Zweitens verlangt Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49, dass die Untersuchungsstelle rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von bestimmten ausdrücklich aufgeführten Akteuren des Eisenbahnsektors wie dem Fahrwegbetreiber und den Eisenbahnunternehmen unabhängig sein muss. Nach dem 24. Erwägungsgrund dieser Richtlinie sollte die Funktionsweise der Untersuchungsstelle dergestalt sein, dass jeglicher Interessenkonflikt und jede mögliche Verwicklung in die Ursachen der untersuchten Ereignisse vermieden wird.

67

Der Begriff der Unabhängigkeit wird in der Richtlinie 2004/49 nicht definiert. Deshalb ist auf seinen gewöhnlichen Sinn abzustellen. In Bezug auf öffentliche Stellen bezeichnet der Begriff der Unabhängigkeit in der Regel eine Stellung, die garantiert, dass die betreffende Stelle völlig frei von Weisungen und Druck der Einrichtungen handeln kann, denen gegenüber ihre Unabhängigkeit zu wahren ist.

68

Drittens wirft die Kommission, wie sich aus ihren Klageanträgen ergibt und sie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt hat, der Republik Polen nur vor, nicht sichergestellt zu haben, dass die PKBWK vom Fahrwegbetreiber PKP PLK S.A. und vom Eisenbahnunternehmen PKP S.A. unabhängig sei, und nicht, dass sie nicht die Unabhängigkeit vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister als solchem sichergestellt habe. Der Gerichtshof hat die vorliegende Vertragsverletzungsklage daher innerhalb dieser Grenzen zu prüfen.

69

Insoweit ist festzustellen, dass die Republik Polen die Behauptung der Kommission, der Staat, vertreten durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister, kontrolliere sowohl den Fahrwegbetreiber als auch das Eisenbahnunternehmen, nicht bestritten hat.

70

Daher ist zu prüfen, ob die PKBWK, die beim Verkehrsministerium angesiedelt ist, rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen vom Fahrwegbetreiber PKP PLK S.A. und vom Eisenbahnunternehmen PKP S.A. in einer Situation unabhängig ist, in der der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister diesen Fahrwegbetreiber und dieses Eisenbahnunternehmen kontrolliert.

71

Dabei ist zwar, wie die Republik Polen anregt, Art. 28a Abs. 1 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr zu berücksichtigen, der vorsieht, dass die PKBWK als ständige und unabhängige Einrichtung geschaffen wird, doch kann die grundsätzliche Aussage dieser Bestimmung nicht von den übrigen Elementen des für die PKBWK geltenden rechtlichen Rahmens getrennt werden. Ob die Republik Polen gegen ihre Verpflichtung verstoßen hat, die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle von allen Fahrwegbetreibern und Eisenbahnunternehmen zu gewährleisten, ist daher anhand aller einschlägigen nationalen Vorschriften zu prüfen.

72

Es ist viertens darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Kommission, in den polnischen Vorschriften werde die Stellung des Untersuchungspersonals nicht geregelt und die der PKBWK zur Verfügung gestellten Mittel reichten nicht aus, in den Anwendungsbereich von Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2004/49 fällt.

73

Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2004/49 wird aber in den Klageanträgen der Kommission nicht genannt. Diese beiden Argumente sind daher im Rahmen der vorliegenden Klage nicht zu prüfen.

 Zur rechtlichen Unabhängigkeit der PKBWK

74

Die Kommission wirft der Republik Polen vor, die PKBWK in die Dienststellen des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministeriums eingegliedert zu haben, ohne ausreichende Garantien für ihre Unabhängigkeit vorgesehen zu haben.

75

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, auch wenn die PKBWK Teil des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministeriums ist und nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, dies allein noch nicht belegt, dass sie nicht vom Fahrwegbetreiber PKP PLK S.A. und vom Eisenbahnunternehmen PKP S.A. rechtlich unabhängig ist, die selbst eine eigene und von diesem Ministerium getrennte Rechtspersönlichkeit besitzen. Wie aus Rn. 68 des vorliegenden Urteils hervorgeht, wirft die Kommission der Republik Polen nur vor, nicht sichergestellt zu haben, dass die PKBWK vom Fahrwegbetreiber PKP PLK S.A. und vom Eisenbahnunternehmen PKP S.A. unabhängig ist, und nicht, dass sie nicht die Unabhängigkeit vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister als solchem sichergestellt habe.

76

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2004/49 nicht die Eingliederung der Untersuchungsstelle in das für Verkehrsangelegenheiten zuständige Ministerium als solche verbietet.

77

Nach alledem hat die Kommission nicht rechtlich hinreichend dargetan, dass es an einer rechtlichen Unabhängigkeit der PKBWK von dem Fahrwegbetreiber und dem Eisenbahnunternehmen fehlt, die vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister kontrolliert werden.

 Zur organisatorischen Unabhängigkeit der PKBWK

78

Die Kommission wirft der Republik Polen erstens vor, es dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister zu überlassen, den Direktor der PKBWK, seinen Stellvertreter, den Sekretär und die ständigen Mitglieder der PKBWK zu ernennen und abzuberufen sowie die Liste zu erstellen, aus der die nichtständigen Mitglieder der PKBWK ausgewählt werden können.

79

Nach Art. 28a Abs. 6 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr wird der Direktor der PKBWK vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister ernannt. Der Stellvertreter des Direktors und der Sekretär der PKBWK werden gemäß Art. 28a Abs. 7 dieses Gesetzes auf Ersuchen des Direktors von diesem Minister ernannt. Die übrigen Mitglieder der PKBWK werden nach Art. 28a Abs. 8 des Gesetzes nach Anhörung des Direktors vom Minister ernannt.

80

Daraus folgt, dass der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister, auch wenn der Direktor der PKBWK, worauf die Republik Polen hinweist, bei der Ernennung bestimmter Mitglieder hinzugezogen wird, in Bezug auf die Ernennung aller ständigen Mitglieder der PKBWK über ein Ermessen verfügt.

81

Zudem ergibt sich aus Art. 28a Abs. 6 bis 8 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr, dass der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister die Befugnis hat, den Direktor der PKBWK und auf dessen Ersuchen seinen Stellvertreter und den Sekretär der PKBWK abzuberufen. Auch die übrigen Mitglieder der PKBWK kann dieser Minister nach Anhörung des Direktors abberufen.

82

Art. 28a Abs. 9 dieses Gesetzes bestimmt, dass der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister auf Ersuchen der absoluten Mehrheit der Mitglieder der PKBWK ein Mitglied abberufen kann. Art. 28a Abs. 11 des Gesetzes sieht vor, dass die Mitgliedschaft in der PKBWK mit dem Tod des Mitglieds, infolge der Nichterfüllung der in Art. 28a Nr. 10 genannten Anforderungen oder mit der Annahme des gegenüber diesem Minister erklärten Rücktritts endet.

83

Wie der Generalanwalt in Nr. 81 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, lässt sich jedoch in Anbetracht des Wortlauts von Art. 28a Abs. 6 bis 9 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr nicht mit Sicherheit feststellen, ob die drei in Abs. 11 dieses Artikels genannten Fälle die einzigen sind, in denen ein Mitglied der PKBWK abberufen werden kann.

84

Es ist außerdem nicht anzunehmen, dass der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister ein Mitglied der PKBWK nur auf Ersuchen der absoluten Mehrheit der Mitglieder der PKBWK abberufen kann. Denn nach Art. 28a Abs. 9 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr kann dieser Minister zwar auf Ersuchen der absoluten Mehrheit der Mitglieder der PKBWK ein Mitglied abberufen, doch bestimmen die Abs. 7 und 8 dieses Artikels, dass der Minister den Stellvertreter des Direktors und den Sekretär der PKBWK auf Ersuchen des Direktors sowie die Mitglieder der PKBWK nach Anhörung des Direktors abberuft. Wie in Rn. 81 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist der Minister befugt, den Direktor der PKBWK abzuberufen, ohne dass Art. 28a Abs. 6 eine solche Befugnis von einer Verfahrensvoraussetzung abhängig machen würde.

85

Somit räumt die einschlägige nationale Regelung dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister in Bezug auf die Abberufung der Mitglieder der PKBWK einen weiten Ermessensspielraum ein.

86

Ferner verbietet zwar keine Bestimmung der Richtlinie 2004/49, dass der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister alle Mitglieder der PKBWK ernennen und abberufen kann, doch steht Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie, soweit er verlangt, dass die Untersuchungsstelle u. a. von Fahrwegbetreibern und Eisenbahnunternehmen organisatorisch unabhängig ist, dem entgegen, dass die Behörde, die einen Fahrwegbetreiber und ein Eisenbahnunternehmen kontrolliert, alle Mitglieder der Untersuchungsstelle ernennen und abberufen kann, wenn diese Befugnis nicht streng gesetzlich dahin geregelt ist, dass diese Behörde Entscheidungen auf der Grundlage objektiver, klar und abschließend aufgeführter sowie überprüfbarer Kriterien treffen muss.

87

Insbesondere ist unter solchen Umständen das dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister eingeräumte weite Ermessen bei der Ernennung und Abberufung allein schon geeignet, die Unabhängigkeit der Mitglieder der PKBWK zu beeinträchtigen, wenn die Interessen des Fahrwegbetreibers und des Eisenbahnunternehmens berührt werden, die von diesem Minister kontrolliert werden.

88

Der Umstand, dass Art. 28a Abs. 10, 12 und 13 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr bestimmte Kriterien für die Aufnahme als Mitglied der PKBWK aufstellt, kann an diesem Ergebnis nichts ändern. Wie die Kommission vorträgt, ist nämlich keines dieser Kriterien geeignet, die Unabhängigkeit der ständigen Mitglieder der PKBWK vom Fahrwegbetreiber und vom Eisenbahnunternehmen sicherzustellen.

89

Hinzu kommt, dass § 12 des Statuts der PKBWK zwar vorsieht, dass, wer sich in einem Unterordnungsverhältnis zu in das untersuchte Ereignis verwickelten Personen oder Einrichtungen befindet, an diesem Ereignis beteiligt war oder der Ehepartner oder ein Verwandter einer vom Ereignis betroffenen Person ist, kein Mitglied des Untersuchungsteams sein kann. Diese Garantie reicht jedoch nicht aus, um die organisatorische Unabhängigkeit der PKBWK sicherzustellen.

90

Die genannte Vorschrift betrifft nämlich nicht allgemein und ständig alle Mitglieder der PKBWK, sondern nur diejenigen unter ihnen, die Teil des zur Untersuchung eines bestimmten Unfalls oder einer bestimmten Störung eingesetzten Untersuchungsteams sind, und auch nur für die Dauer der Untersuchung. Zudem erfasst die Vorschrift nicht alle Fälle, in denen in der Person eines Mitglieds des Untersuchungsteams ein Konflikt zwischen den von der PKBWK durchgeführten Nachforschungen und den Interessen eines Fahrwegbetreibers oder eines Eisenbahnunternehmens entstehen könnte. Auch ist der Erlass vom 11. Dezember 2008 zur Festlegung des Statuts der PKBWK durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister ergangen und kann jederzeit geändert werden. Der bloße Umstand, dass der Minister, wie die Republik Polen geltend macht, verpflichtet ist, die Bestimmungen des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr einzuhalten, ist nicht entscheidend. Diese Bestimmungen allein können nämlich, wie in den Rn. 79 bis 88 des vorliegenden Urteils ausgeführt, nicht sicherstellen, dass die Mitglieder der PKBWK unabhängig von den Interessen aller Fahrwegbetreiber und Eisenbahnunternehmen ernannt und abberufen werden.

91

Die Kommission beanstandet überdies, dass der Direktor der PKBWK die nichtständigen Mitglieder der PKBWK nur aus einer vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister erstellten Liste auswählen kann.

92

Nach Art. 28a Abs. 4 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr kann die PKBWK nichtständige Mitglieder zur Teilnahme an Untersuchungen hinzuziehen. Sie werden vom Direktor aus einer vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister erstellten Liste ausgewählt.

93

Somit verfügt der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister in Bezug auf die Benennung der Personen, die als nichtständige Mitglieder an den Untersuchungen von Eisenbahnunfällen und ‑störungen mitwirken können, und auf den Ausschluss anderer Personen von einer solchen Mitwirkung über ein weites Ermessen. Da dieser Minister ein Eisenbahnunternehmen und einen Fahrwegbetreiber kontrolliert, ist eine solche Beschränkung der Zusammensetzung des Untersuchungsteams nicht mit dem Erfordernis der organisatorischen Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle vereinbar.

94

Das gilt umso mehr, als die Republik Polen keine vernünftige Begründung dafür geliefert hat, dass der Direktor der PKBWK die nichtständigen Mitglieder nicht frei bestimmen kann, sondern gezwungen ist, sie aus dem vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister vorausgewählten Personenkreis auszuwählen.

95

Die in Art. 28a Abs. 15 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr vorgesehene Garantie, nach der die nichtständigen Mitglieder der PKBWK nicht an einer Untersuchung mitwirken dürfen, wenn sie im Dienst einer Organisationseinheit stehen, deren Eisenbahninfrastruktur, Arbeitskräfte oder Fahrzeuge an dem zu untersuchenden Ereignis beteiligt waren, stellt zwar eine notwendige Maßnahme dar, um die Entscheidungsautonomie der nichtständigen Mitglieder zu gewährleisten, doch kann sie nicht jeden Interessenkonflikt bei der Erstellung der Liste der Personen, die als nichtständige Mitglieder der PKBWK ernannt werden können, durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister ausschließen.

96

Ferner ist zu dem Vorbringen der Republik Polen, in der Praxis könne jeder, der die Voraussetzungen in Art. 28a Abs. 10 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr erfülle, den Direktor der PKBWK um Aufnahme in die Liste der nichtständigen Mitglieder der PKBWK ersuchen und der Direktor entscheide darüber autonom, festzustellen, dass bei einer Verwaltungspraxis, die naturgemäß jederzeit geändert werden kann, nicht davon auszugehen ist, dass sie die in Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 verlangte Unabhängigkeit hinreichend gewährleisten kann.

97

Die Kommission rügt zweitens, dass die PKBWK für ihren Bedarf an personellen und finanziellen Ressourcen vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister abhängig sei.

98

Nach Art. 28d Abs. 1 und 2 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr nimmt der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister in den in seiner Verantwortung stehenden Teil des Staatshaushalts die notwendigen Mittel für die Tätigkeiten der PKBWK und ihre Funktionsfähigkeit auf, die durch die zugehörige Organisationseinheit seiner Verwaltung sichergestellt wird. § 26 des Statuts der PKBWK sieht u. a. vor, dass die Verwaltung des Personals der ständigen Mitglieder der PKBWK durch das Büro des Generaldirektors des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministeriums und die finanzielle Verwaltung der PKBWK durch das Finanzbüro dieses Ministeriums erfolgt.

99

Es ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der organisatorischen Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle nicht so weit geht, dass ausgeschlossen wäre, dass der PKBWK die Dienststellen und das Personal des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministeriums zur Verfügung gestellt werden. Dennoch ist es unerlässlich, dass ihr der Zugang zu solchen Ressourcen auf der Grundlage klarer Regeln garantiert wird, die der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister nicht allein ändern kann. Die in der vorstehenden Randnummer angeführten Bestimmungen des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr können aber nicht sicherstellen, dass die PKBWK einen solchen garantierten Zugang zu diesen Ressourcen hat.

100

Als Zweites ist festzustellen, dass für die organisatorische Unabhängigkeit, die in Bezug auf die Untersuchungsstelle gefordert wird, grundsätzlich nicht erforderlich ist, dass diese über eine eigene Haushaltslinie verfügt. Die Mitgliedstaaten können somit vorsehen, dass die Untersuchungsstelle haushaltsrechtlich einer bestimmten Abteilung des Ministeriums zugeordnet ist, sofern ihr ein unabhängiger Zugang zu den Finanzmitteln garantiert wird, die ihr zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu gewähren sind.

101

Da jedoch im vorliegenden Fall die PKBWK nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt und sie strukturell in das für Verkehrsangelegenheiten zuständige Ministerium eingegliedert ist, dessen zuständiger Minister gleichzeitig die Behörde ist, die einen Fahrwegbetreiber und ein Eisenbahnunternehmen kontrolliert, kann eine solche Unabhängigkeit in Bezug auf den Zugang zu den finanziellen Mitteln, die ihr zu gewähren sind, damit sie ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen kann, nur dadurch gewährleistet werden, dass ihr eine eigene Haushaltslinie zugewiesen wird.

102

Denn auch wenn Art. 28d des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister verpflichtet, die für die Funktionsfähigkeit der PKBWK erforderlichen Mittel sicherzustellen, so ist diese Verpflichtung doch zu allgemein formuliert, um die Gefahr auszuschließen, dass die PKBWK in Fällen, in denen dieser Minister den Fahrwegbetreiber und das Eisenbahnunternehmen kontrolliert, in der unabhängigen Wahrnehmung ihrer Aufgaben behindert wird. Die Republik Polen hat in ihrer Gegenerwiderung insoweit ausgeführt, dass der für die Funktionsfähigkeit der PKBWK vorgesehene Teil des Haushaltspostens, der die Funktionsfähigkeit der Büros und Zentralorgane der Regierungsverwaltung abdecke, vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister selbst festgelegt werde.

103

Nach alledem hat die Republik Polen nicht alle Maßnahmen ergriffen, die erforderlich sind, um die organisatorische Unabhängigkeit der PKBWK von dem Fahrwegbetreiber und dem Eisenbahnunternehmen zu gewährleisten, die vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister kontrolliert werden.

 Zur Unabhängigkeit der PKBWK in ihren Entscheidungen

104

Die Kommission wirft der Republik Polen im Wesentlichen vor, dass die PKBWK nur die Entscheidungsentwürfe vorbereite, die sie dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister zur Genehmigung vorlege.

105

Nach Art. 28a Abs. 14 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr sind die Mitglieder der PKBWK bei der Annahme von Beschlüssen an keine Weisungen in Bezug auf ihren Inhalt gebunden. Außerdem unterzeichnen gemäß § 22 des Statuts der PKBWK nur deren Mitglieder die Beschlüsse über die Berichte zu Unfällen, schweren Unfällen oder Störungen.

106

Art. 28a Abs. 14 des Gesetzes über den Eisenbahnverkehr ist jedoch im Zusammenhang mit Art. 28a Abs. 2 dieses Gesetzes zu sehen, der bestimmt, dass die PKBWK ihre Tätigkeit im Namen des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers ausübt. Außerdem ist der Erlass vom 11. Dezember 2008 zur Festlegung des Statuts der PKBWK, wie in Rn. 90 des vorliegenden Urteils ausgeführt, durch diesen Minister ergangen und kann von ihm jederzeit geändert werden.

107

Unter solchen Umständen kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass das Gesetz über den Eisenbahnverkehr der PKBWK eine echte Autonomie bei der Erstellung ihrer Berichte verleiht. Eine solche Unsicherheit ist umso problematischer, da es der PKBWK, wie in den Rn. 78 bis 103 des vorliegenden Urteils ausgeführt, auch an organisatorischer Unabhängigkeit mangelt, und dies bereits allein die Gefahr birgt, dass die Unabhängigkeit der PKBWK in ihren Entscheidungen den Interessen des Fahrwegbetreibers und des Eisenbahnunternehmens untergeordnet wird, die vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister kontrolliert werden.

108

Wie die Republik Polen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, ist auch jede Veröffentlichung der Entscheidungen der PKBWK im Amtsblatt des Ministeriums vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister zu genehmigen.

109

Wie der Generalanwalt in Nr. 89 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist aber eine solche Öffentlichkeit eine der wesentlichen Zielsetzungen des Verfahrens für die Untersuchung von Eisenbahnunfällen und ‑störungen. Es ist daher nicht mit der für die Untersuchungsstelle geforderten Unabhängigkeit vom Fahrwegbetreiber und vom Eisenbahnunternehmen zu vereinbaren, dass eine Behörde, die diese beiden Unternehmen kontrolliert, in der Lage ist, die offizielle Veröffentlichung von Berichten zu verhindern, in denen gegebenenfalls diese beiden Unternehmen für den untersuchten Unfall oder die untersuchte Störung verantwortlich gemacht werden.

110

Folglich hat die Republik Polen nicht gewährleistet, dass die PKBWK in ihren Entscheidungen von dem Fahrwegbetreiber und dem Eisenbahnunternehmen unabhängig ist, die vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister kontrolliert werden.

111

Nach alledem hat die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 verstoßen, dass sie nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass die Untersuchungsstelle organisatorisch und in ihren Entscheidungen von dem Eisenbahnunternehmen und dem Fahrwegbetreiber unabhängig ist, die vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister kontrolliert werden.

Kosten

112

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

113

Da die Kommission beantragt hat, der Republik Polen die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem Vorbringen zur Rüge eines Verstoßes gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 unterlegen ist, sind diesem Mitgliedstaat die entsprechenden Kosten aufzuerlegen.

114

Gemäß Art. 141 Abs. 1 der Verfahrensordnung wird die Partei, die die Klage zurücknimmt, zur Tragung der Kosten verurteilt, wenn die Gegenpartei dies in ihrer Stellungnahme zur Rücknahme beantragt. Nach Art. 141 Abs. 2 der Verfahrensordnung werden jedoch auf Antrag der Partei, die die Rücknahme erklärt, die Kosten der Gegenpartei auferlegt, wenn dies wegen des Verhaltens der letztgenannten Partei gerechtfertigt erscheint.

115

Da die Republik Polen, wie sich aus Rn. 2 des vorliegenden Urteils ergibt, der Kommission die Änderungen ihrer Rechtsvorschriften erst nach Erhebung der vorliegenden Klage übermittelt hat, so dass die Kommission ihre Rüge eines Verstoßes gegen Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49 erst im Laufe des Verfahrens vor dem Gerichtshof zurücknehmen konnte, und da die Kommission beantragt hat, der Republik Polen die Kosten für diese Rüge aufzuerlegen, sind diesem Mitgliedstaat diese Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Republik Polen hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit) verstoßen, dass sie nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass die Untersuchungsstelle organisatorisch und in ihren Entscheidungen von dem Eisenbahnunternehmen und dem Fahrwegbetreiber unabhängig ist, die vom für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister kontrolliert werden.

 

2.

Die Republik Polen trägt die Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Polnisch.

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