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Document 62016CJ0198

Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 19. Oktober 2017.
Agriconsulting Europe SA gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Außervertragliche Haftung der Union – Öffentlicher Dienstleistungsauftrag – Operative technische Unterstützung beim Aufbau und bei der Verwaltung eines Netzwerks für die Umsetzung der Europäischen Innovationspartnerschaft ‚Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit‘ – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Ungewöhnlich niedriges Angebot – Kontradiktorisches Verfahren.
Rechtssache C-198/16 P.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2017:784

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

19. Oktober 2017 ( *1 )

„Rechtsmittel – Außervertragliche Haftung der Union – Öffentlicher Dienstleistungsauftrag – Operative technische Unterstützung beim Aufbau und bei der Verwaltung eines Netzwerks für die Umsetzung der Europäischen Innovationspartnerschaft ‚Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit‘ – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Ungewöhnlich niedriges Angebot – Kontradiktorisches Verfahren“

In der Rechtssache C‑198/16 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 8. April 2016,

Agriconsulting Europe SA mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigter: R. Sciaudone, avvocato,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch L. Di Paolo und F. Moro als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter), der Richter E. Levits und A. Borg Barthet, der Richterin M. Berger und des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Agriconsulting Europe SA (im Folgenden: Agriconsulting) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 28. Januar 2016, Agriconsulting Europe/Kommission (T‑570/13, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2016:40), mit dem ihre Klage auf Verurteilung der Europäischen Union zum Ersatz des Schadens, der ihr aufgrund von Unregelmäßigkeiten der Europäischen Kommission im Rahmen der Ausschreibung „Aufbau eines Netzwerks für die Umsetzung der Europäischen Innovationspartnerschaft ‚Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit‘“ (AGRI‑2012-PEI-01) entstanden sein soll, abgewiesen wurde.

Rechtlicher Rahmen

2

Art. 139 („Ungewöhnlich niedrige Angebote“) der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 357, S. 1) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 478/2007 der Kommission vom 23. April 2007 (ABl. 2007, L 111, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2342/2002) sieht in Abs. 1 vor:

„Scheinen im Fall eines bestimmten Auftrags Angebote im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrig zu sein, so muss der öffentliche Auftraggeber vor Ablehnung dieser Angebote schriftlich die Aufklärung über die Einzelposten des Angebots verlangen, die er für angezeigt hält; die anschließende kontradiktorische Prüfung dieser Einzelposten erfolgt unter Berücksichtigung der eingegangenen Begründungen. Die entsprechenden Erläuterungen können insbesondere die Einhaltung der Vorschriften über Arbeitsschutz und Arbeitsbedingungen, die am Ort der Leistungserbringung gelten, betreffen.

…“

3

Art. 146 („Ausschuss für die Bewertung der Angebote und der Teilnahmeanträge“) der Verordnung Nr. 2342/2002 bestimmt in Abs. 4:

„Bei außergewöhnlich niedrigen Angeboten gemäß Artikel 139 bittet der Bewertungsausschuss um nähere Angaben zur Zusammensetzung des Angebots.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

4

Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt wird in den Rn. 1 bis 22 des angefochtenen Urteils wie folgt dargestellt:

„1

Mit einer Bekanntmachung in der Beilage zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 7. August 2012 (ABl. 2012/S 61‑150‑249926) veröffentlichte die Europäische Kommission die Ausschreibung AGRI‑2012‑PEI‑01 zum Aufbau eines Netzwerks für die Umsetzung der Europäischen Innovationspartnerschaft ‚Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit‘ (im Folgenden: Ausschreibung).

2

Gemäß Punkt 1 der Verdingungsunterlagen des Auftrags (im Folgenden: Verdingungsunterlagen) musste der Auftragnehmer einen Beitrag zum Aufbau und zur Verwaltung eines Partnernetzwerks leisten, das aus Akteuren bestand und für Akteure offen stand, die sich mit Innovation und innovativen Ansätzen im Bereich der Landwirtschaft beschäftigten, wie beispielsweise Landwirte, Forscher, Berater, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen, Verbraucher und öffentliche Stellen. Der Auftragnehmer war dafür verantwortlich, das Netzwerk aufzubauen und dessen Funktionieren zu gewährleisten, wobei das Netzwerk zum einen aus dem Personal bestehen sollte, das der Auftragnehmer für die Ausführung der in der Bekanntmachung angeführten Aufgaben abstellte, und zum anderen aus dem physischen Ort, an dem dieses Personal arbeitete und seine Dienstleistungen erbrachte (im Folgenden: Infopunkt).

3

Die Aufgaben des Auftragnehmers wurden in Punkt 2 der Verdingungsunterlagen definiert. Sie waren in neun Hauptaufgaben unterteilt, und zwar erstens Management des mit den Aufgaben betrauten Personals und des Infopunkts, zweitens Betreuung des Partnernetzwerks, drittens Vernetzung und Entwicklung von Kommunikationsinstrumenten, viertens Aktualisierung und Pflege einer vollständigen Datenbank, fünftens Führen einer Liste externer Fachleute, sechstens Durchführung von Koordinationstätigkeiten und Informationsaustausch, siebtens Ermittlung des Forschungsbedarfs bei den Akteuren vor Ort, achtens Erstellung des jährlichen Arbeitsprogramms und neuntens Archivierung, Inventarisierung und Sicherung von Dokumenten und Informationen. In den Verdingungsunterlagen war der Mindestpersonalbestand für die Erfüllung der Hauptaufgaben angegeben und vorgesehen, dass das mit den Aufgaben betraute Personal aus mindestens zehn ‚Vollzeitäquivalenten‘, davon mindestens sechs fest angestellte Personen, zu bestehen hatte.

4

Zudem sahen die Verdingungsunterlagen 27 zusätzliche Aufgaben vor, die auf jährliche Aufforderung der Kommission zu erfüllen waren, wobei pro Jahr mindestens drei bis maximal zehn zusätzliche Aufgaben vorgesehen waren und im ersten Jahr zumindest die Erfüllung der zusätzlichen Aufgaben 24, 26 und 27 gefordert war. Die zusätzlichen Aufgaben umfassten die Organisation von Reflexionsgruppen, d. h. Expertengruppen zur Prüfung und Erörterung insbesondere des Europäischen Innovationsplans (zusätzliche Aufgaben 1 bis 6), die Veranstaltung zusätzlicher Workshops (zusätzliche Aufgaben 7 bis 9), die Veranstaltung von Vor-Ort-Besuchstagen (zusätzliche Aufgaben 10 bis 13), die Veranstaltung zusätzlicher Seminare (zusätzliche Aufgaben 14 bis 17), die Bewertung der Arbeit der operationellen Gruppen (zusätzliche Aufgaben 18 bis 20), die Veranstaltung von Konferenzen (zusätzliche Aufgabe 21), die Organisation von Reisen und Unterbringung der Teilnehmer an den Reflexionsgruppen, Workshops und Seminaren (zusätzliche Aufgabe 22), die Erfüllung von Aufgaben in den Mitgliedstaaten (zusätzliche Aufgabe 23), die Erstellung einer Expertenliste (zusätzliche Aufgabe 24), die Schließung des Infopunkts (zusätzliche Aufgabe 25), die Schaffung des Infopunkts (zusätzliche Aufgabe 26) und die Erfassung aller Projekte zum Aufbau einer Datenbank (zusätzliche Aufgabe 27).

5

Nach den Bestimmungen der Verdingungsunterlagen musste der Auftragnehmer auch für eine angemessene Personalausstattung sorgen, um dem Personal neben den Hauptaufgaben auch die Erledigung der zusätzlichen Aufgaben 24 und 27 zu ermöglichen, die für das erste Jahr des Vertrags vorgesehen waren.

6

Gemäß Punkt 6 der Verdingungsunterlagen wurde der Vertrag für eine Dauer von zehn Monaten abgeschlossen und konnte um maximal zwölf Monate verlängert werden. Ein Gesamtbudget von maximal 2500000 Euro pro Jahr war für die gemeinsame Durchführung der Hauptaufgaben und der zusätzlichen Aufgaben vorgesehen, wobei das maximale jährliche Budget für die Hauptaufgaben 1400000 Euro und jenes für die zusätzlichen Aufgaben 1500000 Euro betrug.

7

Gemäß Punkt 7.5 der Verdingungsunterlagen umfasste das Vergabeverfahren erstens die Phase der Prüfung der Angebote auf der Grundlage von Ausschlusskriterien, gefolgt von der Prüfung der Angebote auf der Grundlage von Auswahlkriterien, zweitens die Phase der Bewertung der Angebote auf der Grundlage der Vergabekriterien (qualitative Bewertung und Bewertung des Preises) und drittens die Phase der Auftragsvergabe auf der Grundlage des wirtschaftlich günstigsten Angebots. Die von der Kommission angewandten Ausschluss-, Auswahl- und Vergabekriterien waren in Punkt 9 der Verdingungsunterlagen aufgeführt.

8

Die Kommission erhielt fünf Angebote, darunter das der [Rechtsmittelführerin]. Alle Bieter erreichten nach erfolgreichem Durchlaufen der ersten Phase des Vergabeverfahrens, die in einer Prüfung ihres Angebots auf der Grundlage von Ausschluss- und Auswahlkriterien bestand, die zweite Phase des Verfahrens, die in einer Bewertung der Angebote auf der Grundlage der folgenden vier Vergabekriterien bestand:

Vergabekriterium 1: Ansatz hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Wissenschaft und Praxis;

Vergabekriterium 2: Ansatz zur Ausführung der Hauptaufgaben und der zusätzlichen Aufgaben;

Vergabekriterium 3: praktische Organisation der Aufgaben;

Vergabekriterium 4: Vorschläge betreffend den in Brüssel (Belgien) gelegenen Infopunkt.

9

Im Rahmen der zweiten Phase des Verfahrens erreichten nur zwei Bieter, und zwar die [Rechtsmittelführerin] und Vlaamse Landmaatschappij (im Folgenden: VLM), die laut Verdingungsunterlagen für die Vergabekriterien geforderte Mindestpunktzahl. Diese beiden Bieter erreichten somit die Phase, in der ihre Preise bewertet wurden, die für die [Rechtsmittelführerin] 1320112,63 Euro und für VLM 2316124,83 Euro betrugen.

10

Aus dem Protokoll der Sitzung des Bewertungsausschusses vom 20. November 2012 geht hervor, dass die [Rechtsmittelführerin] an erster Stelle eingestuft wurde und dass der Bewertungsausschuss aufgrund von Zweifeln wegen ihres ungewöhnlich niedrigen Angebots zu dem Schluss gelangte, dass von ihr Angaben zum Preis der zusätzlichen Aufgaben anzufordern seien.

11

Mit Schreiben vom 22. November 2012 teilte die Kommission der [Rechtsmittelführerin] mit, der Bewertungsausschuss habe die Preise für die zusätzlichen Aufgaben als ungewöhnlich niedrig erachtet. Sie ersuchte die [Rechtsmittelführerin] um ausführliche Erläuterungen zur Berechnung der für die zusätzlichen Aufgaben 1 bis 21 und 25 angebotenen Preise und fügte hinzu, dass ihr Angebot abgelehnt werden könne, wenn die Erläuterungen nicht überzeugend seien.

12

Mit Schreiben vom 29. November 2012 beantwortete die [Rechtsmittelführerin] das Auskunftsersuchen der Kommission und legte allgemeine Erläuterungen und eine Auflistung der Kosten für die Ausarbeitung ihrer Preisvorschläge für die zusätzlichen Aufgaben vor.

13

Aus dem endgültigen Bewertungsprotokoll zum Angebot der [Rechtsmittelführerin] vom 19. Dezember 2012 geht hervor, dass der Bewertungsausschuss ihre Erläuterungen geprüft und insbesondere Überschneidungen beim Personal für die Hauptaufgaben und jenem für die zusätzlichen Aufgaben festgestellt hatte, die den Anforderungen der Verdingungsunterlagen nicht entsprachen. Er änderte daher die Punktzahl für das Angebot der [Rechtsmittelführerin] hinsichtlich des Vergabekriteriums 3 von 11,8 Punkten auf 7 Punkte, wobei die nötige Mindestpunktzahl 7,5 Punkte von 15 betrug. Der Bewertungsausschuss schloss demnach seine Bewertung damit ab, dass er zum einen seine Einschätzung des Angebots der [Rechtsmittelführerin] als ungewöhnlich niedrig bestätigte und zum anderen feststellte, dass das Angebot der [Rechtsmittelführerin] auf der Grundlage der von ihr übermittelten neuen Informationen in Bezug auf das Vergabekriterium 3 nicht mehr die Mindestpunktzahl erreiche. Daher sprach der Ausschuss die Empfehlung aus, VLM den Zuschlag zu erteilen.

14

Mit Schreiben vom 25. März 2013 teilte die Kommission der [Rechtsmittelführerin] mit, dass ihr Angebot nicht ausgewählt worden sei, da es hinsichtlich des Vergabekriteriums 3 nicht die nötige Mindestpunktzahl erreicht habe und als ungewöhnlich niedrig erachtet worden sei, was die für die Ausführung bestimmter zusätzlicher Aufgaben angebotenen Preise anlange. Am selben Tag beschloss die Kommission, dem Angebot von VLM den Zuschlag zu erteilen.

15

Mit Schreiben vom 26. März 2013 ersuchte die [Rechtsmittelführerin] um Mitteilung des Namens der Auftragnehmerin sowie der Merkmale und Vorteile von deren Angebot. Die Kommission übermittelte ihr diese Informationen mit Schreiben vom 27. März 2013.

16

Mit Schreiben vom 29. März 2013 ersuchte die [Rechtsmittelführerin] die Kommission um weitere Informationen betreffend die Bewertung ihres Angebots. Die Kommission antwortete ihr darauf mit Schreiben vom 10. April 2013.

17

Mit Schreiben vom 12. April 2013 warf die [Rechtsmittelführerin] dem Auftraggeber die fehlende Übermittlung notwendiger Klarstellungen in Bezug auf die Bewertung des ersten und des zweiten Kriteriums, die Abänderung ihrer technischen Beurteilung nach Öffnen des finanziellen Angebots, die fehlerhafte Bewertung der Bedeutung des Teamleaders und seines Stellvertreters für die zusätzlichen Aufgaben und die Fehlerhaftigkeit der Schlussfolgerungen betreffend das Angebot von VLM vor.

18

Mit E‑Mail an die Kommission vom selben Tag ersuchte die [Rechtsmittelführerin] diese unter Berufung auf Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) um Zugang zu den Protokollen des Bewertungsausschusses und zum Angebot der Auftragnehmerin.

19

Mit einem ersten Schreiben vom 29. April 2013 teilte die Kommission der [Rechtsmittelführerin] mit, man werde ihr das Protokoll des Bewertungsausschusses rasch übermitteln. Mit einem zweiten Schreiben vom selben Tag beantwortete die Kommission den Antrag der [Rechtsmittelführerin] auf Dokumentenzugang und übermittelte ihr eine auszugsweise Kopie des Bewertungsprotokolls vom 20. November 2012, des endgültigen Bewertungsprotokolls ihres Angebots vom 19. Dezember 2012 und des gesamten Bewertungsprotokolls vom 6. Februar 2013. Hingegen weigerte sich die Kommission unter Bezugnahme auf den Schutz der geschäftlichen Interessen des betreffenden Unternehmens gemäß Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, ihr das Angebot der Auftragnehmerin zu übermitteln.

20

Mit E‑Mail vom 13. Mai 2013 stellte die [Rechtsmittelführerin] nach Art. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag auf Dokumentenzugang. Die Kommission bestätigte dessen Empfang mit E‑Mail vom 14. Mai 2013 und kündigte eine Antwort innerhalb von 15 Arbeitstagen an.

21

Mit einem weiteren Schreiben vom 13. Mai 2013 widersprach die [Rechtsmittelführerin] der von der Kommission in ihrem zweiten Schreiben vom 29. April 2013 vertretenen Auffassung, die sie als nicht zufriedenstellend erachtete. Mit Schreiben vom 31. Mai 2013 antwortete die Kommission auch unter Verweis auf ihr Schreiben vom 29. April 2013, die [Rechtsmittelführerin] sei im Besitz der gesamten Dokumentation des Vergabeverfahrens, die als Grundlage für die Vergabeentscheidung gedient habe.

22

In Bezug auf den mit Schreiben vom 4. Juni 2013 gestellten Zweitantrag auf Dokumentenzugang teilte die Kommission der [Rechtsmittelführerin] mit, die Frist für die Beantwortung werde bis 26. Juni 2013 verlängert. Am 26. Juni 2013 teilte die Kommission der [Rechtsmittelführerin] mit, dass es ihr unmöglich sei, diesen Zweitantrag innerhalb der genannten Frist zu behandeln. Mit E‑Mail vom 4. Juli 2013 ersuchte die [Rechtsmittelführerin] um eine Antwort auf ihren Zweitantrag auf Dokumentenzugang, woraufhin die Kommission dem Unternehmen am 9. Juli 2013 mitteilte, dass ihm die Antwort in einigen Tagen übermittelt werde. Mit Schreiben vom 17. Juli 2013 beantwortete die Kommission den Zweitantrag der [Rechtsmittelführerin] auf Dokumentenzugang und bestätigte ihre frühere Entscheidung, bestimmte im Bewertungsprotokoll enthaltene Informationen nicht offenzulegen und in Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 keinen Zugang zum Angebot der Auftragnehmerin zu gewähren.“

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

5

Mit Klageschrift, die am 25. Oktober 2013 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Agriconsulting eine Klage, mit der sie beantragte, erstens der Kommission aufzugeben, ihr das Angebot der Auftragnehmerin VLM zu übermitteln, und zweitens die Kommission gemäß den Art. 268 und 340 AEUV zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihr aufgrund von Unregelmäßigkeiten der Kommission im Rahmen des Vergabeverfahrens entstanden sein soll. Mit dem angefochtenen Urteil wies das Gericht die Klage in vollem Umfang zurück.

Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

6

Agriconsulting beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der Hinweise des Gerichtshofs zurückzuverweisen;

der Kommission die Kosten dieses Verfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens aufzuerlegen.

7

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen;

der Rechtsmittelführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

8

Agriconsulting macht vier Rechtsmittelgründe geltend.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

9

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund, der aus zwei Teilen besteht, wirft Agriconsulting dem Gericht vor, in Rn. 46 des angefochtenen Urteils einen kausalen Zusammenhang zwischen den Rechtsverstößen, die betreffend die Vergabekriterien 1 und 2 bei der Bewertung ihres Angebots begangen worden sein sollen, und den in ihrer Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüchen verneint zu haben.

10

Im Rahmen des ersten Teils dieses Rechtsmittelgrundes macht Agriconsulting geltend, das Gericht habe ihre Argumente in Bezug auf den Kausalzusammenhang entstellt und verfälscht. Entgegen den Ausführungen des Gerichts in den Rn. 42 und 43 des angefochtenen Urteils habe sie nämlich in ihrer Klage die Schadensersatzanträge aufgrund der entgangenen Chance und der Kosten der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren von der Frage der Ablehnung ihres Angebots trennen wollen. Insoweit ergebe sich aus Rn. 105 der Klageschrift und Rn. 3 der Erwiderung im ersten Rechtszug eindeutig, dass sie die entgangene Chance und die Teilnahmekosten unabhängig von der Frage, wie sicher der Zuschlag des Auftrags gewesen sei, als erstattungsfähige Schadensposten angesehen habe.

11

Im Rahmen des zweiten Teils ihres ersten Rechtsmittelgrundes bringt Agriconsulting vor, das Gericht habe in den Rn. 43 bis 45 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft die Auffassung vertreten, dass die geltend gemachten Rechtsverstöße betreffend die Vergabekriterien 1 und 2 keinen Schadensersatzanspruch begründen könnten, da die Ablehnung ihres Angebots Folge der Entscheidung des Bewertungsausschusses hinsichtlich des Vergabekriteriums 3 und der Beurteilung dieses Angebots als ungewöhnlich niedrig gewesen sei. Das Gericht habe damit die Schadensersatzklage allein auf die Fälle von Rechtsverstößen beschränkt, die einen sicheren Einfluss auf die Vergabe eines Auftrags hätten, während nach der Rechtsprechung dieses Gerichts jede Unregelmäßigkeit im Vergabeverfahren, die die Möglichkeiten eines Bieters, den fraglichen Zuschlag zu erhalten, beeinträchtigen könne, einen Schadensersatzanspruch begründen könne.

12

Die Kommission hält den ersten Rechtsmittelgrund für nicht begründet.

Würdigung durch den Gerichtshof

13

Das Gericht hat zunächst in Rn. 41 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass Agriconsulting bezüglich der Unregelmäßigkeiten betreffend die Vergabekriterien 1 und 2 zwei Schadensposten geltend gemacht habe, nämlich die entgangene Chance und die Kosten der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren. Sodann hat es in Rn. 42 dieses Urteils das Vorbringen von Agriconsulting wie folgt zusammengefasst: „Die [Rechtsmittelführerin] macht geltend, die Voraussetzung des Bestehens eines Kausalzusammenhangs sei deshalb erfüllt, weil ihr Angebot als bestes eingestuft worden sei und den Zuschlag hätte erhalten müssen, wenn es nicht zu den festgestellten Verstößen gekommen wäre.“ Das Gericht hat sich schließlich in den Rn. 43 bis 46 des Urteils zu dem in dieser Weise zusammengefassten Vorbringen im Kern dahin gehend geäußert, dass die geltend gemachten Rechtsverstöße nicht in direktem kausalem Zusammenhang mit den von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Schadensposten stünden.

14

Was den ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes betrifft, mit dem eine Entstellung der Argumente von Agriconsulting durch das Gericht gerügt wird, ist erstens darauf hinzuweisen, dass Agriconsulting in Rn. 102 der Klageschrift zur Erläuterung des Kausalzusammenhangs zwischen den Rechtsverstößen, die im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens begangen worden sein sollen, und der entgangenen Chance, die sie erlitten habe, festgestellt hatte, dass diese entgangene Chance „eine direkte Folge der Entscheidung des Vergabeausschusses [sei], die Punktzahl betreffend das Vergabekriterium 3 zu senken und das Angebot als ungewöhnlich niedrig zu beurteilen“.

15

Zudem hatte die Rechtsmittelführerin in den Rn. 76 und 79 ihrer Klageschrift ausgeführt, dass die geltend gemachte entgangene Chance sich darin niedergeschlagen habe, dass ihr Angebot als bestes eingestuft worden sei und sie den Zuschlag rechtswidrig nicht erhalten habe.

16

Daher hat das Gericht in Rn. 42 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zum Kausalzusammenhang zwischen den geltend gemachten Rechtsverstößen und der behaupteten entgangenen Chance nicht entstellt. Sie hat es vielmehr so übernommen, wie es sich aus der Klageschrift ergab.

17

Dieses Ergebnis kann nicht durch Rn. 105 der Klageschrift in Frage gestellt werden, die von Agriconsulting nicht mit Erfolg herangezogen werden kann, um den Inhalt ihres Vorbringens in Bezug auf die behauptete entgangene Chance nachzuweisen. Die Ausführungen in dieser Randnummer betreffen nämlich offensichtlich nicht dieses Thema, da die Rechtsmittelführerin dort die Voraussetzungen für die Erstattung der Kosten der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren nach der Rechtsprechung des Gerichts in Erinnerung ruft. Im Übrigen findet sich diese Randnummer im Abschnitt der Klageschrift mit der Überschrift „Kausalzusammenhang in Bezug auf den Schaden, der in den Kosten der Teilnahme an dem in Rede stehenden Ausschreibungsverfahren besteht“.

18

Die Rechtsmittelführerin kann sich auch nicht auf die Ausführungen in Rn. 3 der Erwiderung im ersten Rechtszug berufen. Die Rechtsmittelführerin wiederholte dort nämlich – verbunden mit einem Einschub, dass die geltend gemachten Rechtsverstöße betreffend die Vergabekriterien 1 und 2 nicht nur diesen Schadensposten, sondern auch die entgangene Chance „stützten“, ohne dass dies weiter ausgeführt wurde – lediglich, was sie in Rn. 105 ihrer Klageschrift als Rechtsprechung des Gerichts zur Erstattung von Teilnahmekosten dargelegt hatte. Diese Rn. 3 enthält daher nicht mehr als eine Präzisierung der geltend gemachten Schadensposten in Bezug auf diese Rechtsverstöße.

19

Zweitens ist zu dem Vorbringen von Agriconsulting in Bezug auf den Kausalzusammenhang zwischen den geltend gemachten Rechtsverstößen und dem Schadensposten in Form der Kosten der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren darauf hinzuweisen, dass das Gericht über die Frage der Erstattung dieser Kosten im Wesentlichen in den Rn. 112 bis 117 des angefochtenen Urteils entschieden hat. Die Rechtsmittelführerin macht jedoch in ihrem Rechtsmittel nicht geltend, dass die angebliche Entstellung oder Verfälschung ihrer Argumente durch das Gericht in Rn. 42 des angefochtenen Urteils die Einschätzung, die sich in diesen Randnummern befinde, rechtsfehlerhaft gemacht habe. Sie rügt daher eine Verfälschung, ohne zu erklären, welche Schlüsse sie daraus ziehe. Insoweit geht der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ins Leere.

20

Der erste Teil ist daher teilweise offensichtlich unbegründet und geht teilweise ins Leere.

21

Was den zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes betrifft, wie er in Rn. 11 des vorliegenden Urteils zusammengefasst wird, genügt der Hinweis, dass das Gericht in den Rn. 43 bis 45 des angefochtenen Urteils nicht abstrakt und allgemein festgestellt hat, dass Rechtsverstöße in einem Ausschreibungsverfahren wie im vorliegenden Fall die von Agriconsulting in Bezug auf die Vergabekriterien 1 und 2 geltend gemachten Verstöße niemals den Schadensersatzanspruch eines Bieters begründen könnten. Das Gericht hat sich im vorliegenden Fall darauf beschränkt, im Einzelfall zu prüfen, ob in Anbetracht des Vorbringens der Rechtsmittelführerin zum Kausalzusammenhang und nach dem besonderen Sachverhalt des vorliegenden Falles ein solcher Schadensersatzanspruch bestand.

22

Alles in allem stellt dieser Teil die Sachverhaltsbeurteilung des Gerichts betreffend den Kausalzusammenhang in Frage und fällt damit, sofern keine Verfälschung vorliegt, nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rahmen des Rechtsmittels. Da die Auffassung der Rechtsmittelführerin, es liege eine Verfälschung ihres Vorbringens vor, aus den in den Rn. 14 bis 19 des vorliegenden Urteils dargestellten Gründen unbegründet ist, ist dieser Teil unzulässig.

23

Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund in vollem Umfang zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

24

Im Rahmen des ersten Teils ihres zweiten Rechtsmittelgrundes macht Agriconsulting geltend, das Gericht habe in den Rn. 56 bis 62 des angefochtenen Urteils die Einschätzung des Bewertungsausschusses verfälscht und gegen seine Begründungspflicht verstoßen.

25

Wie nämlich aus dem abschließenden Bewertungsbericht hervorgehe, habe der Bewertungsausschuss die Verlässlichkeit des Angebots der Rechtsmittelführerin allein anhand des für die zusätzlichen Aufgaben angebotenen Preises beurteilt. Das Gericht habe dies in den Rn. 56 und 57 des angefochtenen Urteils erkannt, sei dann aber zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bewertungsausschuss dem Angebot in seiner Gesamtheit Rechnung getragen habe. Die Begründung des Gerichts sei insoweit unzureichend, nicht schlüssig und unbewiesen, da sie unter Verstoß gegen den Grundsatz onus probandi incumbit ei qui dicit keine Stütze in einem bestimmten Beweismittel finde.

26

Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht Agriconsulting aus ähnlichen Gründen, wie in vorstehender Randnummer dargelegt, geltend, dass das Gericht die Begründung des Bewertungsausschusses durch seine eigene ersetzt und die Verfahrensschriftstücke verfälscht habe.

27

Die Kommission hält den zweiten Rechtsmittelgrund für unzulässig, hilfsweise für unbegründet.

Würdigung durch den Gerichtshof

28

Mit den beiden Teilen ihres zweiten Rechtsmittelgrundes, die zusammen zu untersuchen sind, wirft Agriconsulting dem Gericht vor, „die Beurteilung des Bewertungsausschusses“ und die „Verfahrensschriftstücke“ verfälscht, die Bewertung des Bewertungsausschusses durch seine eigene ersetzt und eine unzureichende, widersprüchliche sowie nicht belegte Begründung gegeben zu haben. Dieses Vorbringen ist so zu verstehen, dass die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen geltend macht, dass zum einen das Gericht das Schreiben der Kommission vom 25. März 2013 sowie den abschließenden Bewertungsbericht verfälscht und zum anderen gegen seine Begründungspflicht verstoßen habe.

29

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 55 des angefochtenen Urteils auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs verwiesen hat, nach der die Frage, ob ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist, im Verhältnis zu den Einzelposten des Angebots und im Verhältnis zu der fraglichen Leistung zu beurteilen ist (vgl. entsprechend Urteil vom 18. Dezember 2014, Data Medical Service, C‑568/13, EU:C:2014:2466, Rn. 50). Sodann hat das Gericht in Rn. 56 des angefochtenen Urteils den Inhalt des Schreibens der Kommission vom 25. März 2013, mit dem diese die Rechtsmittelführerin von der Ablehnung ihres Angebots unterrichtet hatte, sowie den Inhalt des abschließenden Bewertungsberichts zusammengefasst. In Rn. 57 dieses Urteils hat es festgestellt, dass die Anomalien, aufgrund deren der Bewertungsausschuss zu dem Schluss gelangt sei, dass das Angebot der Rechtsmittelführerin ungewöhnlich niedrig sei, insbesondere bestimmte zusätzliche Aufgaben betroffen hätten. In den Rn. 58 bis 61 des Urteils hat das Gericht jedoch die Ansicht vertreten, dass angesichts der wirtschaftlichen und finanziellen Bedeutung der zusätzlichen Aufgaben im Gesamtpreis des fraglichen Auftrags die festgestellten Anomalien geeignet gewesen seien, die Kohärenz des Angebots von Agroconsulting in seiner Gesamtheit zu beeinträchtigten. Daraus hat es in Rn. 62 des Urteils den Schluss gezogen, dass der Bewertungsausschuss seine Beurteilung, dass das Angebot von Agriconsulting ungewöhnlich niedrig sei, hinsichtlich der Einzelposten des Angebots und der fraglichen Leistung unter Berücksichtigung der für diese Leistung maßgeblichen Umstände vorgenommen habe.

30

Erstens ist daher, was eine mögliche Verfälschung der Beweismittel durch das Gericht betrifft, darauf hinzuweisen, dass eine solche Verfälschung sich in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben muss, ohne dass es einer erneuten Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteile vom 20. November 2014, Intra-Presse/Golden Balls, C‑581/13 P und C‑582/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2387, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 26. Oktober 2016, Westermann Lernspielverlage/EUIPO, C‑482/15 P, EU:C:2016:805, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31

Im vorliegenden Fall will Agriconsulting jedoch unter dem Deckmantel einer Verfälschung der Beweismittel in Wirklichkeit eine neue Tatsachenwürdigung erreichen, die nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels fällt (vgl. entsprechend Urteile vom 2. September 2010, Calvin Klein Trademark Trust/HABM, C‑254/09 P, EU:C:2010:488, Rn. 49, sowie vom 19. März 2015, MEGA Brands International/HABM, C‑182/14 P, EU:C:2015:187, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32

Agriconsulting macht nämlich nicht geltend, dass die Auffassung, die sich das Gericht von dem Schreiben der Kommission vom 25. März 2013 und dem abschließenden Bewertungsbericht gebildet habe, in irgendeiner Weise sachlich falsch gewesen sei. Vielmehr räumt sie ein, dass das Gericht den Inhalt in Rn. 56 des angefochtenen Urteils zutreffend zusammengefasst habe. Die Rechtsmittelführerin beanstandet vielmehr die Bewertung des Inhalts dieser Schriftstücke durch das Gericht in den Rn. 57 bis 61 dieses Urteils im Hinblick auf den Zusammenhang, in dem sie stehen, einschließlich der wirtschaftlichen und finanziellen Bedeutung der zusätzlichen Aufgaben in dem fraglichen Auftrag, und den Schluss, den es daraus gezogen hat, dass die festgestellten Anomalien geeignet gewesen seien, die Zuverlässigkeit des Angebots von Agriconsulting in seiner Gesamtheit zu beeinträchtigen.

33

Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher insoweit unzulässig.

34

Zweitens ist, was den Vorwurf von Agriconsulting betrifft, das Gericht habe gegen seine Begründungspflicht verstoßen, darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob die Begründung eines Urteils des Gerichts widersprüchlich oder unzureichend ist, zwar eine Rechtsfrage ist, die im Rahmen eines Rechtsmittels geltend gemacht werden kann (Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35

Agriconsulting begehrt aber mit ihrer Behauptung, die Begründung des angefochtenen Urteils sei widersprüchlich, erneut eine neue Tatsachenwürdigung des vorliegenden Falles. Denn die Feststellung in Rn. 57 des angefochtenen Urteils, dass „die festgestellten Mängel … insbesondere bestimmte zusätzliche Aufgaben betreffen“, ist als solche nicht mit der Schlussfolgerung in Rn. 62 dieses Urteils unvereinbar, nach der „der Bewertungsausschuss seine Beurteilung hinsichtlich der Einzelposten des Angebots und der fraglichen Leistung … vorgenommen hat“. Die Rechtsmittelführerin beanstandet in Wirklichkeit die Sachverhaltsfeststellungen in Rn. 58 bis 61 dieses Urteils, aufgrund deren das Gericht zu diesem Schluss gelangt ist.

36

Was den von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Begründungsmangel betrifft, ergibt sich aus den Erwägungen in den Rn. 57 bis 61 des angefochtenen Urteils, die in Rn. 29 des vorliegenden Urteils wiedergegeben werden, dass das Gericht die Schlussfolgerung in Rn. 62 des angefochtenen Urteils rechtlich hinreichend begründet hat, dass der Bewertungsausschuss im Einklang mit der sich aus dem Urteil vom 18. Dezember 2014, Data Medical Service (C‑568/13, EU:C:2014:2466), ergebenden Rechtsprechung entschieden habe.

37

Der zweite Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführerin ist daher als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet in vollem Umfang zurückzuweisen.

Zum dritten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

38

Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht Agriconsulting in einem ersten Teil geltend, dass das Gericht in den Rn. 64 bis 69 des angefochtenen Urteils ihre Klageschrift entstellt und verfälscht habe. Während sie sich nämlich darauf berufen habe, dass die Referenzpreise und ‑kosten, anhand deren der Bewertungsausschuss beurteilt habe, ob ihr Angebot ungewöhnlich niedrig gewesen sei (im Folgenden: wirtschaftliche Bezugsparameter), willkürlich, irrational, subjektiv und unbestimmt gewesen seien, habe das Gericht zu deren Rechtmäßigkeit nicht Stellung genommen. Es habe lediglich in Rn. 66 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin die Seriosität ihres Angebots nicht belegt habe.

39

In diesem Rahmen wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht auch vor, es habe die Beweise, die sie beigebracht habe, um nachzuweisen, dass diese wirtschaftlichen Parameter nicht verlässlich seien, außer Acht gelassen. Insbesondere habe das Gericht eine Simulation unberücksichtigt gelassen, aus der sich ergebe, dass bei Anwendung derselben wirtschaftlichen Parameter auf die Hauptaufgaben das in den Verdingungsunterlagen für diese Aufgaben vorgesehene Budget nicht ausgereicht hätte.

40

Darüber hinaus ist Agriconsulting der Auffassung, das Gericht habe ihr nicht, wie in Rn. 66 des angefochtenen Urteils geschehen, entgegenhalten dürfen, sie habe in ihrem ursprünglichen Angebot keine Angaben gemacht, die die Preisnachlässe, die ihr gewährt worden seien, belegen könnten, da sie dazu durch keine Vorschrift des Ausschreibungsverfahrens verpflichtet gewesen sei. Das Gericht könne ihr auch nicht vorwerfen, diese Angaben nicht in ihrem Schreiben vom 29. November 2012 auf das Auskunftsverlangen der Kommission gemacht zu haben. Die Angaben gehörten nämlich nicht zu den Auskünften, um die die Kommission in ihrem Schreiben vom 22. November 2012 ersucht habe. Das Gericht könne ihr schließlich nicht zur Last legen, im weiteren Verlauf die Kooperationsverträge mit den Experten nicht weitergegeben zu haben, da die Kommission sie dazu nicht ermächtigt habe.

41

Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht in den Rn. 73 bis 76 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt habe, dass die Kommission nicht gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verstoßen habe, als sie der Rechtsmittelführerin das Recht versagt habe, diese zusätzlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.

42

Insoweit ergebe sich aus einer ständigen Rechtsprechung, dass der öffentliche Auftraggeber verpflichtet sei, den Bieter um nähere Angaben zu ersuchen, die im Rahmen eines kontradiktorischen Verfahrens die Seriosität des Angebots belegen könnten. Da das Ersuchen des Bewertungsausschusses im vorliegenden Fall jedoch so formuliert gewesen sei, dass es sich nicht auf die Angemessenheit der von Agriconsulting in dem Angebot veranschlagten Preise, sondern auf die Berechnungsmethode für diese Preise bezogen habe, habe sie sich nur veranlasst gesehen, zu den numerischen Elementen dieser Berechnung Auskunft zu geben. Sie hätte daher die Möglichkeit haben müssen, zusätzliche Angaben zu machen, um jeden Zweifel an der Richtigkeit der fraglichen Zahlen auszuschließen. Insoweit beschränke die Rechtsprechung das Recht eines Bieters zur Stellungnahme nicht auf eine einzige Mitteilung. Vielmehr verlange in diesem Zusammenhang der kontradiktorische Grundsatz, dass der Bieter nach Vorlage einer ersten Stellungnahme in angemessenem Rahmen ergänzende Ausführungen machen könne.

43

In einem dritten Teil vertritt Agriconsulting schließlich die Auffassung, dass das Gericht mehrere Rechtsfehler begangen habe, als es in den Rn. 81 bis 85 des angefochtenen Urteils einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verneint habe. Zunächst habe das Gericht zu Unrecht festgestellt, dass allein der Preis ihres Angebots für den Nachweis ausreiche, dass dieses Angebot ungewöhnlich niedrig sei. Sodann habe es nicht berücksichtigt, dass im Hinblick auf die wirtschaftlichen Bezugsparameter das Angebot von VLM ebenfalls ungewöhnlich niedrig erschienen sei. Vor allem hätte das Gericht berücksichtigen müssen, dass Agriconsulting und VLM sich, was ihre jeweiligen Angebote betreffe, tatsächlich in der gleichen Lage befunden hätten. Zum einen nämlich hätten diese Angebote denselben Auftrag betroffen, und zum anderen sei ihre Verlässlichkeit – im ersten Fall vom öffentlichen Auftraggeber und im zweiten Fall von Agriconsulting – angezweifelt worden.

44

Ferner habe das Gericht die Beweismittel, die die Rechtsmittelführerin für ihre Rügen angeboten habe, nicht angemessen geprüft und beurteilt. Insbesondere mit der Annahme in Rn. 84 des angefochtenen Urteils, dass die von ihr vorgelegte Simulation, die in Rn. 39 des vorliegenden Urteils erwähnt wird, irrelevant sei, habe das Gericht ein Beweismittel außer Acht gelassen, mit dem gerade habe bewiesen werden sollen, dass das Angebot von VLM ebenfalls ungewöhnlich niedrig gewesen sei und dass diese sich daher insoweit in einer vergleichbaren Lage wie die Rechtsmittelführerin befunden habe.

45

Die Kommission hält den dritten Rechtsmittelgrund für unbegründet.

Würdigung durch den Gerichtshof

46

Für die Prüfung des dritten Rechtsmittelgrundes soll die Reihenfolge seiner verschiedenen Teile umgekehrt werden.

47

Zum dritten Teil dieses Rechtsmittelgrundes, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend gemacht wird, ist darauf hinzuweisen, dass nach diesem Grundsatz die Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben müssen, was voraussetzt, dass die Angebote aller Bieter den gleichen Bedingungen unterworfen sein müssen (Beschluss vom 10. November 2016, Spinosa Costruzioni Generali und Melfi, C‑162/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:870, Rn. 23 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

48

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 82 und 83 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass das Angebot von VLM, das auf der Grundlage der in den Verdingungsunterlagen vorgesehenen Formel berechnet worden sei, etwas unter der Höchstgrenze des gemäß den Verdingungsunterlagen für die Ausführung des Auftrags vorgesehenen Budgets gelegen habe und um beinahe 1 Mio. Euro höher als jenes von Agriconsulting gewesen sei. Es schloss daraus, dass VLM nicht in der gleichen Lage gewesen sei wie Agriconsulting und dass die Kommission daher ohne Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes habe beschließen können, das ungewöhnlich niedrige Angebot der Rechtsmittelführerin zu prüfen, ohne VLM der gleichen Behandlung zu unterziehen.

49

Es ist festzustellen, dass die unterschiedliche Behandlung der Angebote von Agriconsulting und von VLM untrennbar mit der Frage der Identifizierung ungewöhnlich niedriger Angebote und des ihnen vorbehaltenen Verfahrens verbunden ist. Bei der Beurteilung der Stichhaltigkeit der Begründung des Gerichts in den Rn. 82 und 83 des angefochtenen Urteils ist daher auf die Pflichten einzugehen, die dem öffentlichen Auftraggeber in diesem Bereich obliegen.

50

Insoweit bestimmt Art. 139 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2342/2002, dass, sofern bei einem bestimmten Auftrag Angebote im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrig zu sein scheinen, der öffentliche Auftraggeber vor Ablehnung dieser Angebote schriftlich die Aufklärung über die Einzelposten des Angebots verlangen muss, die er für angezeigt hält, und die anschließende kontradiktorische Prüfung dieser Einzelposten unter Berücksichtigung der eingegangenen Begründungen erfolgt.

51

Der öffentliche Auftraggeber ist aufgrund dieser Bestimmung daher verpflichtet, erstens die zweifelhaften Angebote zu identifizieren, zweitens den betroffenen Bietern zu ermöglichen, ihre Seriosität zu beweisen, indem er von ihnen Aufklärung verlangt, wo er dies für angezeigt hält, drittens die Stichhaltigkeit der von den Betroffenen eingereichten Erklärungen zu beurteilen und viertens über die Zulassung oder Ablehnung dieser Angebote zu entscheiden (vgl. entsprechend Urteil vom 27. November 2001, Lombardini und Mantovani, C‑285/99 und C‑286/99, EU:C:2001:640, Rn. 55).

52

Jedoch nur, wenn von vornherein zweifelhaft ist, ob ein Angebot verlässlich ist, gelten für den öffentlichen Auftraggeber die in dieser Bestimmung vorgesehenen Verpflichtungen, einschließlich der vorliegend maßgeblichen Verpflichtung, die Seriosität der vorgeschlagenen Preise anhand der wirtschaftlichen Bezugsparameter im Einzelnen zu prüfen.

53

Da der Bewertungsausschuss im vorliegenden Fall das Angebot der Rechtsmittelführerin als auf den ersten Blick ungewöhnlich niedrig identifizierte und das Angebot von VLM nicht als von vornherein ungewöhnlich ansah, konnte er, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bewerber zu verstoßen, das in Art. 139 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2342/2002 vorgesehene kontradiktorische Verfahren in Bezug auf das erstgenannte Angebot durchführen und dessen Preise anhand der wirtschaftlichen Bezugsparameter im Einzelnen überprüfen, ohne VLM in gleicher Weise zu behandeln. Das Gericht hat daher in den Rn. 82 und 83 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass die beiden Unternehmen sich, was ihre jeweiligen Angebote betreffe, nicht in der gleichen Lage befunden hätten.

54

Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen von Agriconsulting in Frage gestellt, dass aus dem Angebotspreis allein nicht auf ein ungewöhnlich niedriges Angebot geschlossen werden könne.

55

Insoweit ist es mangels einer Definition des Begriffs „ungewöhnlich niedriges Angebot“ oder Regeln zur Identifizierung eines solchen Angebots in Art. 139 Abs. 1 oder Art. 146 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2342/2002 Sache des öffentlichen Auftraggebers, die für die Identifizierung der ungewöhnlich niedrigen Angebote verwendete Methode festzulegen (vgl. entsprechend Urteil vom 18. Dezember 2014, Data Medical Service, C‑568/13, EU:C:2014:2466, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung), vorausgesetzt, dass diese Methode sachlich und nicht diskriminierend ist (vgl. entsprechend Urteil vom 27. November 2001, Lombardini und Mantovani, C‑285/99 und C‑286/99, EU:C:2001:640, Rn. 68 und 69).

56

Im vorliegenden Fall hat, wie vom Gericht in den Rn. 81 und 82 des angefochtenen Urteils ausgeführt, der Bewertungsausschuss das Angebot von Agriconsulting als ungewöhnlich niedrig identifiziert, indem er dessen Preis mit dem in den Verdingungsunterlagen vorgesehenen Gesamtbudget von 2500000 Euro verglichen hat. Während das Angebot von VLM leicht unter diesem Budget lag, war das Angebot von Agriconsulting fast 1 Mio. Euro niedriger als dieses.

57

Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin spricht nach der in Rn. 55 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung nichts dagegen, dass der öffentliche Auftraggeber die Angebote mit dem veranschlagten Budget der Verdingungsunterlagen vergleicht und eines davon als auf den ersten Blick ungewöhnlich niedrig identifiziert, wenn die Höhe dieses Angebots erheblich unter dem veranschlagten Budget liegt. Die Rechtsmittelführerin hat namentlich nicht dargetan, aus welchem Grund eine solche Vorgehensweise nicht sachlich oder warum sie diskriminierend sein sollte.

58

Was schließlich das Vorbringen von Agriconsulting betrifft, dass das Gericht hätte annehmen müssen, dass sich VLM tatsächlich in der gleichen Lage befinde wie sie, ist zum einen festzustellen, dass der Umstand allein, dass die Rechtsmittelführerin die Verlässlichkeit des Angebots von VLM anzweifelt, nicht den Schluss auf eine Vergleichbarkeit der Situationen zulässt. Angesichts der Ausführungen in den Rn. 52 und 53 des vorliegenden Urteils hätte Agriconsulting auch begründen müssen, warum der öffentliche Auftraggeber auf den ersten Blick an der Verlässlichkeit des Angebots von VLM hätte zweifeln müssen.

59

Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 84 des angefochtenen Urteils zu Recht angenommen hat, dass die von der Rechtsmittelführerin vorgelegte Simulation insoweit irrelevant ist. Diese Simulation, die darin besteht, die im Angebot von VLM vorgeschlagenen Preise anhand der wirtschaftlichen Bezugsparameter im Einzelnen zu überprüfen, kann nicht den Nachweis erbringen, warum der öffentliche Auftraggeber im Vorhinein an der Seriosität dieses Angebots hätte zweifeln sollen, obwohl es seiner Höhe nach sehr nahe an dem veranschlagten Budget der Verdingungsunterlagen lag.

60

Demnach ist der dritte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes unbegründet.

61

Was sodann den zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes, einen Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht, nachdem es in Rn. 71 des angefochtenen Urteils die Verpflichtungen aufgelistet hatte, die sich aus Art. 139 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2342/2002, dessen Wortlaut in Rn. 50 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, ergeben, in den Rn. 72 bis 76 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass das in dieser Vorschrift vorgesehene kontradiktorische Verfahren im vorliegenden Fall eingehalten worden sei und dass die Rechtsmittelführerin die Möglichkeit gehabt habe, ihre als ungewöhnlich niedrig erachteten Kosten und Tarife zu rechtfertigen.

62

Demgegenüber macht Agriconsulting im Wesentlichen geltend, dass der öffentliche Auftraggeber seine Verpflichtungen nach diesem Art. 139 Abs. 1 nur dann erfüllt habe, wenn der betroffene Bieter über die förmliche Beachtung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Schritte des kontradiktorischen Verfahrens hinaus tatsächlich in der Lage gewesen sei, seine Kosten und Tarife zu rechtfertigen. Dies setze im vorliegenden Fall eine Ermächtigung der Rechtsmittelführerin voraus, ergänzende Angaben zu den Angaben in ihrem Schreiben vom 29. November 2012 zu machen, da sie aufgrund des Schreibens der Kommission vom 22. November 2012 nicht in der Lage gewesen sei, richtig zu beurteilen, um welche Auskünfte sie die Kommission ersucht habe.

63

Insoweit genügt die Feststellung, dass dieses Vorbringen in tatsächlicher Hinsicht auf einer Prämisse beruht, die das Gericht ausgeschlossen hat. Das Schreiben der Kommission vom 22. November 2012 wurde nämlich vom Gericht in Rn. 77 des angefochtenen Urteils dahin verstanden, dass die Kommission die Rechtsmittelführerin nicht nur zur Berechnungsmethode für die in ihrem Angebot enthaltenen Preise befragt habe, sondern zu allen Gesichtspunkten, die in die Berechnung dieser Preise eingeflossen seien.

64

Da der Gerichtshof, vorausgesetzt, es liegt keine Verfälschung vor, im Rahmen eines Rechtsmittels keine Aufklärung des Sachverhalts, wie er vom Gericht beurteilt wurde, vornehmen kann, ist der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes unzulässig.

65

Was schließlich den ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes betrifft, dass nämlich das Gericht die Klageschrift von Agriconsulting entstellt und verfälscht habe, machte die Rechtsmittelführerin in Rn. 68 ihrer Klageschrift offensichtlich geltend, dass die Bezugskosteneinheit, die für die Berechnung der Kosten der Experten verwendet worden sei, subjektiv sei und weder dem Umstand, dass sie mit den Experten niedrigere Tarife habe aushandeln können, noch ihren organisatorischen und geschäftlichen Fähigkeiten Rechnung getragen habe.

66

Hierzu hat das Gericht in den Rn. 66 und 67 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass die Behauptungen der Rechtsmittelführerin, dass sie mit den Experten niedrigere Tarife habe aushandeln können als die der wirtschaftlichen Bezugsparameter, nicht bewiesen seien.

67

Darüber hinaus hat das Gericht in Rn. 68 dieses Urteils festgestellt, dass Agriconsulting ihr Argument, die Kosteneinheit für die Berechnung der Expertenkosten sei ein subjektiver Parameter, nicht durch bezifferte Angaben untermauert habe. Im Übrigen spreche die Tatsache, dass sich Agriconsulting auf Honorarverhandlungen mit Experten derselben Kategorie wie die Experten für die Hauptaufgaben berufen habe, dafür, dass diese Kosten unter der Norm gelegen hätten, ohne dass dies indes genauer begründet worden sei.

68

Das Gericht hat daher das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht verkannt und rechtlich hinreichend beantwortet. Es konnte sich nämlich insoweit mit der Feststellung begnügen, dass Agriconsulting die Richtigkeit ihrer Behauptungen, die wirtschaftlichen Bezugsparameter seien unangemessen und die Tarife, die sie habe aushandeln können, niedriger gewesen, nicht untermauert habe. Die Rechtsmittelführerin rügt im Übrigen nicht, dass das Gericht ihr die Beweislast insoweit rechtsfehlerhaft auferlegt habe. Sie macht daher zu Unrecht eine Entstellung oder Verfälschung ihrer Klageschrift durch das Gericht geltend.

69

Was das Vorbringen von Agriconsulting betrifft, das Gericht habe die Simulation nicht berücksichtigt, die sie vorgelegt habe, um zu zeigen, dass die wirtschaftlichen Bezugsparameter willkürlich und nicht verlässlich gewesen seien, genügt der Hinweis, dass das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist. Daher ist, sofern keine Verfälschung von Tatsachen oder Beweismitteln vorliegt, allein das Gericht für die Feststellung und Bewertung der rechtserheblichen Tatsachen und die Bewertung der ihm vorgelegten Beweismittel zuständig (Beschluss vom 11. November 2003, Martinez/Parlament, C‑488/01 P, EU:C:2003:608, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

70

Die Rechtsmittelführerin hat jedoch keinen Nachweis für eine solche Verfälschung beigebracht. Im Übrigen ist festzustellen, dass das Gericht die streitige Simulation, da diese in dem angefochtenen Urteil mehrfach, u. a. in Rn. 84, erwähnt wird, nicht außer Acht gelassen hat. Der Umstand, dass das Gericht sie nicht in den Rn. 63 bis 69 dieses Urteils herangezogen hat, zeigt – nicht mehr und nicht weniger –, dass es sie in diesem Zusammenhang nicht als aussagekräftig erachtete, wobei eine solche Einschätzung, sofern jegliche Verfälschung ausgeschlossen ist, allein in seiner Zuständigkeit liegt.

71

Was schließlich das in Rn. 40 des vorliegenden Urteils dargelegte Vorbringen von Agriconsulting betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht, soweit es in den Rn. 72 bis 76 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die Rechtsmittelführerin die Möglichkeit gehabt habe, ihre Kosten und Tarife zu rechtfertigen, ihr durchaus vorwerfen konnte, ihre Behauptungen nicht untermauert zu haben. Angenommen, die Rechtsmittelführerin wollte mit diesem Argument diese Feststellung des Gerichts in Frage stellen, ist dieses Vorbringen im Übrigen aus den in Rn. 64 des vorliegenden Urteils genannten Gründen unzulässig.

72

Daher ist der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes teilweise unzulässig und teilweise unbegründet.

73

Folglich ist der dritte Rechtsmittelgrund in vollem Umfang zurückzuweisen.

74

Gemäß Art. 139 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2342/2002 ist der Umstand, dass das Angebot von Agriconsulting ungewöhnlich niedrig war, ein rechtlich hinreichender Grund für seine Zurückweisung. Aus sämtlichen vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Rechtsmittelführerin nicht darzutun vermochte, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es entschieden hat, dass im vorliegenden Fall, was die Beurteilung ihres Angebots durch die Kommission als ungewöhnlich niedrig betrifft, kein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht vorlag.

75

Daher ist es nicht erforderlich, zu prüfen, ob der weitere Grund für die Zurückweisung des Angebots von Agriconsulting, nämlich die ihm hinsichtlich des Vergabekriteriums 3 zugeteilte Punktzahl, berechtigt war oder nicht.

76

Ferner hat das Gericht in Rn. 105 des angefochtenen Urteils aus ähnlichen Gründen, wie in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils ausgeführt, festgestellt, dass ein Kausalzusammenhang zwischen einer etwaigen Unregelmäßigkeit bei der Beurteilung des Angebots hinsichtlich des Vergabekriteriums 3 und dem von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten entgangenen Gewinn wegen des Verlusts des Auftrags nicht nachgewiesen werden könne. Auch wenn sie in Rn. 65 ihres Rechtsmittels tatsächlich die Ausführungen des Gerichts zum Kausalzusammenhang erwähnt, wollte sie diese jedoch offensichtlich nicht in Frage stellen und erhebt jedenfalls in diesem Sinne keine Rüge.

77

Da die Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV kumulativer Art sind, genügen die Ausführungen in den Rn. 74 bis 76 des vorliegenden Urteils, um das Rechtsmittel von Agriconsulting zurückzuweisen, ohne dass über den vierten Rechtsmittelgrund entschieden zu werden braucht, der die Prüfung des Schadens in Form des ihr entgangenen Gewinns infolge der Zurückweisung ihres Angebots durch das Gericht zum Gegenstand hat (vgl. entsprechend Urteile vom 19. April 2007, Holcim [Deutschland]/Kommission, C‑282/05 P, EU:C:2007:226, Rn. 57, und vom 14. Oktober 2014, Giordano/Kommission, C‑611/12 P, EU:C:2014:2282, Rn. 54).

Kosten

78

Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet dieser über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

79

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Agriconsulting mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die Agriconsulting Europe SA trägt die Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.

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