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Document 62016CC0530

    Schlussanträge des Generalanwalts M. Bobek vom 23. Januar 2018.
    Europäische Kommission gegen Republik Polen.
    Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Eisenbahnsicherheit – Richtlinie 2004/49/EG – Kein Erlass der Vorschriften, die erforderlich sind, um die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle zu gewährleisten.
    Rechtssache C-530/16.

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2018:29

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    MICHAL BOBEK

    vom 23. Januar 2018 ( 1 )

    Rechtssache C‑530/16

    Europäische Kommission

    gegen

    Republik Polen

    „Vertragsverletzung – Richtlinie 2004/49/EG über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft – Art. 21 Abs. 1 – Organisatorische und rechtliche Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle sowie Unabhängigkeit in den Entscheidungen – Unabhängigkeit gegenüber Fahrwegbetreibern, Eisenbahnunternehmen und allen Parteien, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten – Unabhängigkeit gegenüber dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister“

    I. Einleitung

    1.

    Gemäß Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49/EG (Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit) ( 2 ) werden Untersuchungen zu bestimmten Unfällen und Störungen von einer ständigen Untersuchungsstelle durchgeführt. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben muss diese Stelle unabhängig sein von einer Reihe von Akteuren, die in dieser Vorschrift aufgeführt sind, wie z. B. Fahrwegbetreiber, Eisenbahnunternehmen und alle Parteien, deren Interessen mit den der Untersuchungsstelle übertragenen Aufgaben in Konflikt geraten könnten.

    2.

    Die Europäische Kommission ist der Auffassung, dass die Republik Polen es versäumt hat, diese Anforderungen zu erfüllen. Sie beruft sich darauf, dass die polnische Untersuchungsstelle nicht von dem Eisenbahnunternehmen und dem Fahrwegbetreiber unabhängig sei. Der Grund dafür seien die engen Beziehungen, die zwischen dieser Stelle und dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister für Infrastruktur und Bauwirtschaft (im Folgenden: Minister), der im Ergebnis sowohl den Fahrwegbetreiber als auch das Eisenbahnunternehmen kontrolliere, bestünden.

    II. Rechtlicher Rahmen

    A.   Unionsrecht

    3.

    Im 23. Erwägungsgrund der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit heißt es: „Schwere Eisenbahnunglücke geschehen selten. Sie können jedoch verheerende Folgen haben und in der Öffentlichkeit zu Bedenken hinsichtlich der Sicherheit des Eisenbahnsystems führen. Alle derartigen Unfälle sollten daher unter dem Sicherheitsaspekt untersucht werden, um erneute Unfälle zu vermeiden, und die Untersuchungsergebnisse sollten veröffentlicht werden. …“

    4.

    Nach dem 24. Erwägungsgrund sollte eine „Sicherheitsuntersuchung … unabhängig von der gerichtlichen Untersuchung ein und desselben Ergebnisses durchgeführt werden, wobei Zugang zu Beweismaterial und Zeugen gewährt werden sollte. Sie sollte von einer zuständigen Stelle durchgeführt werden, die von den Akteuren des Eisenbahnsektors unabhängig ist. Die Funktionsweise dieser Stelle sollte dergestalt sein, dass jeglicher Interessenkonflikt und jede mögliche Verwicklung in die Ursachen der untersuchten Ereignisse vermieden wird; insbesondere darf es keine negativen Auswirkungen auf ihre funktionelle Unabhängigkeit geben, wenn in organisatorischer und rechtlicher Hinsicht eine enge Beziehung zu der für den Eisenbahnsektor zuständigen nationalen Sicherheitsbehörde oder Regulierungsstelle besteht. …“

    5.

    Kapitel IV der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit ist der Sicherheitsbehörde gewidmet. Art. 16 Abs. 1 lautet: „Jeder Mitgliedstaat richtet eine Sicherheitsbehörde ein. Diese Behörde, bei der es sich um das für Verkehr zuständige Ministerium handeln kann, ist organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnunternehmen, Fahrwegbetreibern, Antragstellern und Beschaffungsstellen unabhängig.“

    6.

    Kapitel V, das die Art. 19 bis 25 enthält, regelt die Untersuchung von Unfällen und Störungen. Nach Art. 19 Abs. 1 müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass „die … Untersuchungsstelle nach schweren Unfällen im Eisenbahnverkehr Untersuchungen durchführt, um die Eisenbahnsicherheit nach Möglichkeit zu verbessern und Unfälle zu verhüten“. Abs. 2 stellt es in das Ermessen der Untersuchungsstelle, „die Unfälle und Störungen [zu] untersuchen, die unter leicht veränderten Bedingungen zu schweren Unfällen hätten führen können“.

    7.

    Art. 21 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit enthält Bestimmungen über die Untersuchungsstelle:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Artikel 19 genannten Unfälle und Störungen von einer ständigen Stelle untersucht werden, die über mindestens einen Untersuchungssachverständigen verfügt, der in der Lage ist, bei Unfällen oder Störungen als Untersuchungsbeauftragter tätig zu werden. Diese Stelle ist organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen von Fahrwegbetreibern, Eisenbahnunternehmen, Entgelt erhebenden Stellen, Zuweisungsstellen und benannten Stellen sowie von allen Parteien, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten, unabhängig. Sie ist darüber hinaus von der Sicherheitsbehörde und von den Regulierungsstellen im Eisenbahnsektor funktionell unabhängig.

    (2)   Die Untersuchungsstelle nimmt ihre Aufgaben unabhängig von den in Absatz 1 genannten Organisationen wahr und wird mit den dafür notwendigen Mitteln ausgestattet. Ihr Untersuchungspersonal erhält eine Stellung, die ihm die erforderliche Unabhängigkeit garantiert.

    (4)   Die Untersuchungsstelle kann die ihr durch diese Richtlinie übertragenen Aufgaben mit Untersuchungen von Ereignissen kombinieren, bei denen es sich nicht um Eisenbahnunfälle oder ‑störungen handelt, sofern diese Untersuchungen ihre Unabhängigkeit nicht gefährden.

    …“

    8.

    Art. 23 enthält die Berichtspflichten. Insbesondere bestimmt Art. 23 Abs. 1, dass zu „jeder Untersuchung eines Unfalls oder einer Störung im Sinne des Artikels 19 … Berichte in einer der Art und Schwere des Unfalls bzw. der Störung sowie der Bedeutung der Ergebnisse der Untersuchung angemessenen Form erstellt [werden]. Diese Berichte verweisen auf den Untersuchungszweck gemäß Artikel 19 Absatz 1 und enthalten gegebenenfalls Sicherheitsempfehlungen.“

    B.   Polnisches Recht

    9.

    Art. 28a Ustawa o transporcie kolejowym (im Folgenden: Gesetz über den Eisenbahntransport) vom 28. März 2003 in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung regelte die Errichtung und die Arbeitsweise der Untersuchungsstelle, der Państwowa Komisja Badania Wypadków Kolejowych (Nationale Kommission zur Untersuchung von Eisenbahnunfällen) (im Folgenden: PKBWK) wie folgt:

    „1.   Unter der Verantwortung des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers übt eine ständige Nationale Kommission zur Untersuchung von Eisenbahnunfällen [PKBWK] ihre Tätigkeiten unabhängig aus, indem sie Untersuchungen in Bezug auf schwere Unfälle, Unfälle und Störungen durchführt...

    2.   Die PKBWK übt ihre Tätigkeiten im Namen des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers aus.

    3.   Der PKBWK gehören vier ständige Mitglieder an, darunter ein Direktor, ein stellvertretender Direktor und ein Sekretär.

    4.   Der PKBWK können auch nichtständige Mitglieder angehören, die vom Direktor der PKBWK aus einer von dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister zur Verfügung gestellten Liste ausgewählt werden, um an dem Verfahren teilzunehmen.

    6.   Der Direktor der PKBWK wird durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister ernannt und entlassen.

    7.   Der stellvertretende Direktor und der Sekretär werden durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister auf Ersuchen des Direktors der PKBWK ernannt und entlassen.

    8.   Mitglieder der PKBWK werden durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister auf Vorschlag des Direktors der PKBWK ernannt und entlassen.

    9.   Der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister kann auf Ersuchen der PKBWK, das mit absoluter Mehrheit beschlossen worden ist, Mitglieder der PKBWK entlassen.

    10.   Mitglied der PKBWK kann sein, wer

    (1)

    die polnische Staatsangehörigkeit besitzt und volle Bürgerrechte genießt,

    (2)

    voll geschäftsfähig ist,

    (3)

    nicht wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist und

    (4)

    die Bildungs- und Ausbildungsvoraussetzungen erfüllt.

    11.   Die Mitgliedschaft in der PKBWK endet mit dem Tod des Mitglieds, infolge der Nichterfüllung der in Art. 28a Nr. 10 genannten Anforderungen oder mit dem Zugang seiner gegenüber dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister abzugebenden Rücktrittserklärung.

    12.   Der PKBWK können Spezialisten aus folgenden Bereichen angehören:

    (1)

    Eisenbahnnetzbetrieb,

    (2)

    Planung, Bau und Instandhaltung von Bahnstrecken, Knotenpunkten und Bahnhöfen,

    (3)

    Sicherheits- und Steuereinrichtungen für Eisenbahnnetze und Kommunikation,

    (4)

    Schienenfahrzeuge,

    (5)

    Bahnstrom,

    (6)

    Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter.

    13.   Personen mit höherer Bildung, einschlägigen Qualifikationen und mindestens fünf Jahren Erfahrung in einem bestimmten Bereich gelten als Experten in diesem Bereich.

    14.   Wenn die Mitglieder der PKBWK einen Beschluss fassen …, entscheiden sie nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung und sind hinsichtlich des Inhalts des gefassten Beschlusses nicht an Weisungen gebunden.

    15.   Während der Untersuchung eines schweren Unfalls, eines Unfalls oder einer Störung dürfen der PKBWK keine nichtständigen Mitglieder angehören, die im Dienst einer Behörde stehen, deren Eisenbahninfrastruktur, Arbeitskräfte oder Fahrzeuge an dem zu untersuchenden Ereignis beteiligt waren.

    16.   Nichtständige Mitglieder der PKBWK haben einen Vergütungsanspruch auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Vertrags.

    17.   Ein Mitglied der PKBWK darf in Angelegenheiten, die vor die PKBWK gebracht werden, nicht als gerichtlicher Sachverständiger tätig werden.

    18.   Wo es sachgerecht ist, werden Experten und Verwaltungsmitarbeiter an der Arbeit der PKBWK beteiligt.

    19.   Experten, die an der Arbeit der PKBWK beteiligt sind und Stellungnahmen abgeben oder Gutachten erstatten, haben einen Vergütungsanspruch auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Vertrags.“

    10.

    Art. 28d des Gesetzes über den Eisenbahntransport bestimmte darüber hinaus:

    „1.   Der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister nimmt in den in seiner Verantwortung stehenden Teil des Staatshaushalts Mittel für die PKBWK und deren Mitarbeiter zur Ausführung ihrer Tätigkeit auf, insbesondere Mittel für die Vergütung ihrer Mitarbeiter, der Experten und der Verwaltungsmitarbeiter sowie für die technische Ausstattung, Schulungskosten und die Kosten für Gutachten.

    2.   Die Funktionsfähigkeit der PKBWK wird durch die zugehörige Organisationseinheit der zuständigen Abteilung des für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministers sichergestellt.

    4.   Der für Verkehrsangelegenheiten zuständige Minister bestimmt durch Erlass das Statut, das die Tätigkeiten der PKBWK und ihre Organisationsstruktur regelt, unter Berücksichtigung der Art der Aufgaben, die durch die PKBWK ausgeführt werden.“

    III. Vorverfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof

    11.

    Am 21. Februar 2014 richtete die Kommission ein Aufforderungsschreiben an die Republik Polen betreffend die Unvereinbarkeit mehrerer Bestimmungen des Gesetzes über den Eisenbahntransport mit der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit. Im Einzelnen beanstandete sie die fehlende Unabhängigkeit der Sicherheitsbehörde (als Verstoß gegen Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit) und der Untersuchungsstelle (als Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1).

    12.

    Die Republik Polen antwortete mit Schreiben vom 17. April 2014. Sie bestritt, gegen Art. 16 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit verstoßen zu haben. Gleichwohl teilte die Republik Polen hinsichtlich des übrigen Vorbringens der Kommission in diesem Aufforderungsschreiben ( 3 ) mit, dass sie ihre Rechtsvorschriften ändern werde, um die Vorgaben der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit zu erfüllen.

    13.

    Die Kommission ließ sich hiervon nicht überzeugen. Sie erließ am 27. Februar 2015 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie die Republik Polen aufforderte, die Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit ordnungsgemäß umzusetzen.

    14.

    Die Republik Polen antwortete auf die mit Gründen versehene Stellungnahme mit Schreiben vom 27. April 2015. Sie informierte die Kommission dahin gehend, dass zwei Verordnungen erlassen worden seien, um die Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit umzusetzen, und dass die Beratungen über ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Eisenbahntransport andauerten. Am 18. und am 30. Oktober 2015 teilte die Republik Polen der Kommission mit, dass eine weitere Verordnung erlassen worden sei und dass am 25. September 2015 eine Änderung des Gesetzes über den Eisenbahntransport verabschiedet worden sei. Sie machte weiterhin geltend, dass sie nicht gegen Art. 16 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit verstoße.

    15.

    Obwohl die Änderungen des nationalen Rechts die ordnungsgemäße Umsetzung einer Reihe von Regelungen der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit sichergestellt hätten, verstieß die Republik Polen nach Auffassung der Kommission weiterhin gegen die Bestimmungen in Art. 16 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 dieser Richtlinie. Daher hat die Kommission vor diesem Gerichtshof wegen der fehlenden Unabhängigkeit der Sicherheitsbehörde und der Untersuchungsstelle Klage erhoben. In diesem Verfahren beantragte sie,

    festzustellen, dass die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 16 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit verstoßen hat, dass

    sie nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um die Unabhängigkeit der Sicherheitsbehörde gegenüber Eisenbahnunternehmen, Fahrwegbetreibern, Antragstellern und Beschaffungsstellen zu gewährleisten, und

    sie nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle gegenüber dem Eisenbahnunternehmen und dem Fahrwegbetreiber sicherzustellen, und

    der Republik Polen die Kosten aufzuerlegen.

    16.

    In der Folge entschied die Kommission, ihr Vorbringen, wonach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit, der die Unabhängigkeit der Sicherheitsbehörde regelt, verletzt sei, zurückzunehmen. Die Kommission trug in ihrer Erwiderung vor, dass das Gesetz über den Eisenbahntransport und andere nationale Gesetze durch ein Gesetz vom 16. November 2016, über das sie am 1. Dezember 2016 in Kenntnis gesetzt worden sei, geändert worden sei. Aufgrund dieser Änderung ist die Kommission der Auffassung, dass das polnische Recht Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie nun ordnungsgemäß umsetzt. Da die ordnungsgemäße Umsetzung jedoch erst nach Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens bewerkstelligt worden sei, seien der Republik Polen die Kosten in Bezug auf diesen Klagegrund gemäß Art. 141 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufzuerlegen.

    17.

    In Bezug auf Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit hält die Kommission an ihrem Vorbringen fest, wonach die polnische Untersuchungsstelle nicht von dem Fahrwegbetreiber und dem Eisenbahnunternehmen unabhängig sei. Sowohl der Fahrwegbetreiber als auch das Eisenbahnunternehmen stünden im Staatseigentum: Formal sei das Staatseigentum dem Finanzministerium zugeordnet, tatsächlich werde die Kontrolle jedoch durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister im Namen des Staates ausgeübt. Daher kontrolliere der Minister den Fahrwegbetreiber und das Eisenbahnunternehmen.

    18.

    Der Kommission zufolge stellt das polnische Recht nicht die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle gegenüber dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister sicher. Die Untersuchungsstelle habe keine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie sei in das Ministerium eingegliedert. Sie sei in ihren Entscheidungen nicht unabhängig, da sie nicht in eigenem Namen handle, sondern im Namen des Ministers, der ihre Entscheidungen unterzeichnen müsse. Die Kommission führt zudem an, dass die Bedingungen und das Verfahren für die Ernennung und Entlassung der Mitglieder der Untersuchungsstelle nicht deren Unabhängigkeit garantierten. Schließlich schränke das Erfordernis, dass die Untersuchungsstelle systematisch finanzielle oder personelle Ressourcen anfordern müsse, ihre organisatorische Unabhängigkeit gegenüber dem Minister erheblich ein.

    19.

    Zu ihrer Verteidigung trägt die Republik Polen vor, dass die Klage der Kommission unzulässig, jedenfalls aber unbegründet sei. Das polnische Recht enthalte präzise und detaillierte Unabhängigkeitsgarantien, die sicherstellten, dass die Untersuchungsstelle organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen unabhängig sei. Es bestehe kein Unterstellungsverhältnis der Untersuchungsstelle gegenüber dem Minister. Der Minister habe in der Praxis nie auf das Tagesgeschäft der Untersuchungsstelle eingewirkt. Der Umstand, dass die Untersuchungsstelle eine Organisationseinheit innerhalb des Ministeriums bilde und im Namen des Ministers handle, stärke vielmehr ihre Legitimität und ihre Autorität.

    20.

    Daher liegt nach Auffassung der Republik Polen kein Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit vor. Die Republik Polen beantragt daher, die von der Kommission erhobene Klage vollumfänglich abzuweisen und die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

    21.

    Die Republik Polen und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Beide Parteien haben darüber hinaus in der Sitzung vom 26. Oktober 2017 mündlich verhandelt.

    IV. Würdigung

    22.

    Die vorliegenden Schlussanträge sind wie folgt aufgebaut: Ich beginne, indem ich den Aufbau von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit darlege (A). Sodann werde ich mich auf Art. 21 Abs. 1 Satz 2, die im vorliegenden Fall einschlägige Vorschrift, konzentrieren: zunächst auf die konkrete Art von Unabhängigkeit, die diese Regelung fordert (B), und sodann auf die Frage, gegenüber wem genau diese Unabhängigkeit sichergestellt werden muss (C). Nachdem ich diese Anforderungen dargelegt habe, werde ich mich ihrer Anwendung auf den vorliegenden Fall widmen (D).

    A.   Der Aufbau von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit

    23.

    Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit enthält drei Sätze. Satz 1 fordert die Einrichtung einer ständigen Untersuchungsstelle. Es folgen zwei weitere Spezifizierungen hinsichtlich des Grades an Unabhängigkeit, den diese Stelle haben muss. Die beiden Sätze unterscheiden sich hinsichtlich Art und Reichweite.

    24.

    Einerseits fordert Art. 21 Abs. 1 Satz 2, dass die Untersuchungsstelle „organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen“ von einer Reihe von Akteuren unabhängig ist: „von Fahrwegbetreibern, Eisenbahnunternehmen, Entgelt erhebenden Stellen, Zuweisungsstellen und benannten Stellen sowie von allen Parteien, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten“.

    25.

    Andererseits zielt Art. 21 Abs. 1 Satz 3 auf eine andere (vielleicht eher enger gefasste) Art von Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle ab: Diese Stelle soll von der Sicherheitsbehörde und von den Regulierungsstellen im Eisenbahnsektor funktionell unabhängig sein.

    26.

    Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit unterscheidet damit zwischen zwei Arten – und anerkanntermaßen auch Graden – von Unabhängigkeit, die für dieselbe Untersuchungsstelle gelten. Die erste Art ist eine „bloß“ funktionelle Unabhängigkeit von der Sicherheitsbehörde und der Regulierungsstelle im Eisenbahnsektor, die zweite hingegen eine „erweiterte“ Unabhängigkeit, in organisatorischer und rechtlicher Hinsicht sowie hinsichtlich der Entscheidungen, gegenüber Fahrwegbetreibern, Eisenbahngesellschaften, Entgelt erhebenden Stellen, Zuweisungsstellen und benannten Stellen sowie gegenüber allen Parteien, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten.

    27.

    Man könnte annehmen, dass der Unterschied im Wortlaut auf dem Umstand beruht, dass es aufgrund der jeweiligen Aufgaben der Stellen, auf die Satz 3 Bezug nimmt, weniger wahrscheinlich ist, dass diese in die Aufgaben der Untersuchungsstelle eingreifen. Bei den Stellen, auf die Satz 2 Bezug nimmt, geht man hingegen davon aus, dass sie Interessen verfolgen, die mit einer größeren Wahrscheinlichkeit mit denen der Untersuchungsstelle in Konflikt geraten können.

    28.

    Art. 21 Abs. 1 Satz 3 ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, obwohl er sicherlich von mittelbarem Nutzen sein kann, indem er für die Auslegung herangezogen wird. Er gibt Aufschluss darüber, worin der Unabhängigkeitsbegriff des zweiten Satzes im Unterschied zu demjenigen des dritten Satzes bestehen könnte. Gleichwohl ist offensichtlich, dass die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle von der Sicherheitsbehörde oder der Regulierungsstelle im Eisenbahnsektor durch das vorliegende Verfahren nicht in Frage gestellt wird.

    29.

    Daher ist Satz 2 der Beurteilungsmaßstab für den vorliegenden Fall. Obwohl dieser Satz bereits einige Hinweise darauf gibt, auf welche Unabhängigkeit er abzielt, gibt es zwei Variablen, die genauer herausgearbeitet werden müssen: welche Art von Unabhängigkeit (B) und Unabhängigkeit von wem genau (C). Diesen beiden Aspekten wende ich mich nun zu.

    B.   Unabhängigkeit wovon?

    30.

    Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit verlangt, dass die Untersuchungsstelle in dreierlei Hinsicht von einer Zahl von Stellen unabhängig ist: organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen. Die Richtlinie enthält keine näheren Definitionen dieser Begriffe.

    31.

    Allgemein hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass „in Bezug auf öffentliche Stellen … der Begriff ‚Unabhängigkeit‘ in der Regel eine Stellung [bezeichnet], in der gewährleistet ist, dass die betreffende Stelle völlig frei von Druck und Weisungen handeln kann“ ( 4 ). Dementsprechend bedingt die Unabhängigkeit im Wesentlichen, dass die fragliche Stelle isoliert ist von anderen Stellen, deren Tätigkeit von anderen Interessen als denen, die diese Stelle verfolgt, geleitet sein kann. Dementsprechend muss die Stelle eine Reihe konkreter Unabhängigkeitsgarantien genießen, die sie gegen ungebührliche Beeinflussung, die sie daran hindern könnte, ihre Aufgaben auszuführen und ihren Auftrag zu erledigen, schützen ( 5 ).

    32.

    Unabhängigkeit kann jedoch kaum als einheitlicher Begriff verstanden werden, gleichsam als Patentrezept „von der Stange“, das für einen ganzen Bestand von Garantien bereitgestellt wird und auf alle unabhängigen Stellen in genau der gleichen Weise universell anwendbar ist. Die Unabhängigkeit gleicht eher einer Leiter, die man hinauf- oder hinuntersteigen und bei der man auf einer bestimmten Sprosse anhalten kann, je nachdem, welche Distanz man zu dem jeweiligen Akteur braucht, um seine Aufgabe unabhängig erfüllen zu können. Daher werden die exakten Garantien, die erforderlich sind, in Anbetracht der Funktionen definiert, die die fragliche Stelle unabhängig ausüben soll.

    33.

    Das Herzstück der Unabhängigkeit und die erste Stufe der Leiter ist die „Entscheidungsunabhängigkeit“: im einzelnen Fall eine Entscheidung unvoreingenommen, ohne vorherige Weisungen und ohne Sorge vor Konsequenzen jeglicher Art treffen zu dürfen. Über dieses Herzstück hinaus kann eine Verwaltungsbehörde sich auf weit höheren Sprossen der Leiter wiederfinden, wenn ein höheres Maß an Unvoreingenommenheit erforderlich ist: von einer unabhängigen Rechtspersönlichkeit über den Schutz gegen die Abberufung einzelner Mitglieder bis zu einem eigenen Budget und/oder vollständiger Selbstverwaltung und anderen Elementen. Auf der obersten Sprosse der Leiter wird sich eine hochgradig unabhängige und daher unvoreingenommene Verwaltungsbehörde den Garantien nähern, die für die richterliche Funktion erforderlich und dieser vorbehalten sind.

    34.

    Die Quintessenz dessen ist, dass die „richtige“ Distanz oder Sprosse für die fragliche Behörde diejenige ist, die jeden möglichen Interessenkonflikt beseitigt und sicherstellt, dass die konkreten Aufgaben der unabhängigen Verwaltungsbehörde auf unvoreingenommene und effektive Weise ausgeführt werden.

    35.

    Gleichwohl ist offensichtlich, dass die Mindestgarantie, die für jede unabhängige Verwaltungsbehörde, die ihren Namen verdient, gilt, die der Unabhängigkeit in den Entscheidungen ist: in dem Sinne, dass die Behörde in der Lage sein muss, im einzelnen Fall unvoreingenommen zu entscheiden, frei von Einwirkungen anderer Stellen, die potenziell entgegenstehende Ziele oder Interessen haben. Die Mitarbeiter dieser Behörde dürfen bei der Ausübung ihres Amtes nicht an Weisungen gebunden sein ( 6 ). Gleichzeitig verbieten solche Mindestanforderungen an die Unabhängigkeit, die auf die unvoreingenommene Entscheidung in Einzelfällen abzielen, jedoch nicht per se das Bestehen allgemeiner struktureller oder organisatorischer Verbindungen zwischen den betroffenen Stellen, sofern es klare und solide Garantien dafür gibt, dass es keine Einwirkung auf die individuelle Entscheidung geben kann.

    36.

    Wendet man sich nun spezifisch den Stellen zu, die Eisenbahnunfälle untersuchen, fordert Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle von einer Zahl von Akteuren im Eisenbahnsektor in organisatorischer und rechtlicher Hinsicht sowie hinsichtlich ihrer Entscheidungen. Wortlaut, Zusammenhang sowie Sinn und Zweck von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit geben weitere Hinweise dazu, was mit diesen Anforderungen gemeint sein kann.

    37.

    Erstens, vom natürlichen Wortsinn her, sollte die Unabhängigkeit in Bezug auf die Organisation für die Untersuchungsstelle die Möglichkeit nach sich ziehen, über ihren internen Aufbau zu entscheiden sowie eigene Organe und Verfahrensvorschriften zu haben. Darüber hinaus fallen Bestimmungen über die Ernennung und Entlassung von Mitgliedern der Untersuchungsstelle in diese Kategorie, um jede Einflussnahme auf deren Entscheidungen zu vermeiden. Während eine solche unabhängige Stelle eigene Organe sowie genügend Mittel haben sollte, um ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen zu können ( 7 ), dürfte ein eigenes Budget als solches nicht erforderlich sein ( 8 ).

    38.

    Was die rechtliche Struktur angeht, so sollte die Untersuchungsstelle eine eigene Rechtspersönlichkeit haben ( 9 ). Sie kann keine bloße (abhängige) Organisationseinheit innerhalb einer größeren Struktur sein, zu der eine Partei gehört, die potenziell entgegenstehende Interessen verfolgt.

    39.

    Wendet man sich den Entscheidungen zu, bedeutet Unabhängigkeit in diesem Zusammenhang, dass die Stelle Entscheidungen frei, ohne Einflussnahme von außen treffen kann. Das bedeutet Garantien der Unvoreingenommenheit in den Entscheidungen.

    40.

    Zweitens ergibt sich aus dem Zusammenhang und dem Gesamtzweck dieser drei Aspekte der Unabhängigkeit, dass die Untersuchungsstellen in der Lage sein müssen, ihre Untersuchungen durchzuführen und Sicherheitsempfehlungen abzugeben, ohne dass irgendeine Stelle, deren Interesse möglicherweise darauf gerichtet ist, die wahren Gründe für solche Unfälle nicht offenzulegen, Einfluss nimmt.

    41.

    Legt man die in der Richtlinie vorgesehene Untersuchung unter Berücksichtigung der Funktionen dieser Stelle aus, ist somit offensichtlich, dass damit eine technische, administrative Untersuchung gemeint ist. Sie klärt keine Haftungsfragen. Wie im 24. Erwägungsgrund dargelegt, ist dies die Aufgabe der gerichtlichen Untersuchung. Gleichwohl sollte dieser Umstand nicht die Bedeutung schmälern, die eine solche scheinbar „technische“ Untersuchung in der Realität wahrscheinlich haben wird. Gerade wegen ihrer technischen Expertise kommt einer Stellungnahme über die Ursachen von Eisenbahnunfällen oder ‑störungen, wenn sie einmal verfasst und geäußert worden ist, ein erhebliches Gewicht zu. Verbunden mit der Aufgabe, darüber hinaus Sicherheitsempfehlungen für die Zukunft abzugeben, um weitere Unfälle zu vermeiden, erweist sich, dass die Untersuchungsstelle mit einem ziemlich hohen Grad an Unabhängigkeit gegenüber allen Stellen, deren Interessen mit diesen investigativen Aufgaben in Konflikt geraten könnten, ausgestattet sein sollte.

    42.

    Drittens gibt es den weiteren Zusammenhang (oder die systematische Auslegung). Die Auslegung von Art. 21 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit könnte im Licht anderer Rechtsinstrumente des Sekundärrechts der EU erfolgen, die vergleichbare Stellen mit vergleichbaren Funktionen ausstatten.

    43.

    Die Parteien dieses Verfahrens und, was das betrifft, auch der vorangehende Teil dieser Schlussanträge haben auf verschiedene parallele Regelungssysteme Bezug genommen. Gleichwohl sollte eingeräumt werden, dass, über die Auslegung allgemeiner Begriffe hinaus, weiter gehende Analogien zu diesen Regelungssystemen im Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall von geringem Nutzen sind, und dies aus einem einfachen Grund: Die Regelungssysteme und die konkreten Aufgaben der jeweiligen Behörde unterscheiden sich, und dies mitunter erheblich.

    44.

    Innerhalb desselben Gebiets müssen die Garantien unterschiedlich sein. Wenn man einmal von Untersuchungsstellen absieht und eine andere Verwaltungseinheit mit Aufgaben im Eisenbahnsektor nimmt, so ist beispielsweise die nationale Regulierungsstelle funktionell unabhängig von allen zuständigen Behörden, die bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge mitwirken. Sie ist eine eigenständige Behörde, die rechtlich getrennt und unabhängig von den anderen öffentlichen oder privaten Stellen in Bezug auf ihre Organisation, Funktion, hierarchische Stellung und Entscheidungsfindung ist. Außerdem ist sie, in weniger zwingenden Formulierungen, organisatorisch, bei ihren Finanzierungsbeschlüssen, rechtlich und in ihrer Entscheidungsfindung von Infrastrukturbetreibern, Entgelt erhebenden Stellen, Zuweisungsstellen und Antragstellern unabhängig ( 10 ).

    45.

    Blickt man über den Eisenbahnsektor hinaus, ist die vielleicht naheliegendste Analogie, die man herstellen könnte, diejenige anderer Verwaltungsbehörden, die Transportunfälle untersuchen. Obwohl es um andere Transportmittel geht, könnte man sagen, dass solche Behörden die gleichen Ziele und Aufgabe verfolgen. Daher sollten die sie betreffenden Regelungen und Anforderungen in Bezug auf ihre Unabhängigkeit vielleicht ähnlich formuliert sein und die gleiche Reichweite haben.

    46.

    Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein. In Bezug auf die Untersuchungsstellen im Bereich der Zivilluftfahrt scheint die Verordnung (EU) Nr. 996/2010 ( 11 ) anders aufgebaut zu sein. Einerseits „sollen [solche Behörden] völlig unabhängig ermitteln können“ ( 12 ) und „Haushaltsmittel [erhalten, um] ihre Aufgaben zu erfüllen“ ( 13 ). Andererseits verlangt Art. 4 Abs. 2 derselben Verordnung lediglich die funktionelle Unabhängigkeit gegenüber einer Reihe von Stellen. Sodann folgt in Bezug auf Stellen, die Unfälle im Bereich des Seeverkehrs untersuchen, aus Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2009/18/EG ( 14 ), dass sie „organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen unabhängig von allen Parteien [sind], deren Interessen mit der … [ihnen] übertragenen Aufgabe in Konflikt treten könnten“.

    47.

    Obwohl bei einem gewissen Grad an Abstraktion sicherlich einige Gemeinsamkeiten hervortreten, erlaubt es der Unterschied in Wortlaut und Systematik der einzelnen Regelungssysteme nicht wirklich, auf dieser Grundlage gemeinsame Standards zu formulieren.

    48.

    Schließlich gibt es am äußeren Rand des systematischen Spektrums die Rechtsprechung, die im Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall am häufigsten zitiert wurde und die Unabhängigkeit der Datenschutzbehörden betrifft. Dies ist aus praktischer Sicht verständlich, da der Gerichtshof bereits im Zusammenhang mit der Richtlinie 95/46/EG Gelegenheit hatte, auf diese Fragen einzugehen ( 15 ). Was die Garantien selbst und ihren genauen Grad betrifft, können dieses Instrument und die Rechtsprechung, die es auslegt, wenn überhaupt eher dazu dienen, einen Umkehrschluss zu ziehen (um beispielsweise zu verdeutlichen, wie weit die Legislative der EU offenbar nicht gehen wollte), als dazu, eine Analogie zur Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit zu bilden.

    49.

    Im Gegensatz zur Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit sieht die Datenschutz-Grundverordnung ( 16 ), die demnächst die Richtlinie 95/46 ersetzen wird, vor, dass die Aufsichtsbehörden „völlig unabhängig“ handeln ( 17 ). Ausweislich dieser Verordnung erfordert dies, dass diese Behörden über ihr „eigenes Personal [verfügen], … das ausschließlich der Leitung des Mitglieds oder der Mitglieder der Aufsichtsbehörde untersteht“ ( 18 ), sowie über „eigene, öffentliche, jährliche Haushaltspläne“ ( 19 ). Darüber hinaus nennt Art. 53 ausdrücklich Bedingungen für die Ernennung und das Ende des Amtes der Mitglieder der Aufsichtsbehörde, so dass ihre Unabhängigkeit sichergestellt ist. Es ist daher offensichtlich, dass diese Verordnung in Bezug auf die Unabhängigkeit sehr detaillierte Anforderungen und hohe Standards aufstellt, womit sie deutlich über die Standards und Anforderungen hinausgeht, die in der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit vorgesehen sind.

    50.

    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass nach Art. 21 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit die Untersuchungsstelle in dreierlei Hinsicht unabhängig sein muss: in organisatorischer und rechtlicher Hinsicht sowie hinsichtlich ihrer Entscheidungen. Weiterhin müssen diese drei Dimensionen von Unabhängigkeit im jeweiligen Zusammenhang betrachtet werden, mit Blick auf den Zweck, den die auf diese Weise geforderte Unabhängigkeit einer Untersuchungsstelle absichern soll: Die Befähigung der Untersuchungsstellen, ihre Untersuchungen durchzuführen und ihre Sicherheitsempfehlungen abzugeben, ohne Einflussnahme seitens einer Stelle, in deren Interesse es liegen könnte, dass die wahren Ursachen solcher Unfälle nicht offengelegt werden.

    51.

    Nachdem ich dargelegt habe, welche Art oder welchen Grad von Unabhängigkeit Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit erfordert, wende ich mich nun der zweiten Variablen zu, die Art. 21 Abs. 1 Satz 2 enthält: der Frage, gegenüber wem genau die Unabhängigkeit bestehen muss.

    C.   Unabhängigkeit gegenüber wem?

    52.

    Art. 21 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit nennt eine Reihe von Stellen, von denen die Untersuchungsstelle organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen unabhängig ist. Dies sind Fahrwegbetreiber, Eisenbahnunternehmen, Entgelt erhebende Stellen, Zuweisungsstellen, benannte Stellen und alle Parteien, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten.

    53.

    Es gibt eine klare Unterscheidung nach der Art der aufgezählten Stellen. Zum einen gibt es die spezifischen Stellen: Fahrwegbetreiber, Eisenbahnunternehmen, Entgelt erhebende Stellen, Zuweisungsstellen, benannte Stellen. Zum anderen gibt es den Auffangtatbestand für alle Parteien, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten.

    54.

    Folglich könnte angenommen werden, dass der Gesetzgeber in Bezug auf die ausdrücklich genannten Stellen tatsächlich davon ausgegangen ist, dass aufgrund ihrer Funktionen angesichts der von Natur aus unterschiedlichen und entgegenstehenden Interessen dieser Stellen ein Interessenkonflikt entsteht. Sofern die Untersuchungsstelle gegenüber einer der aufgezählten Stellen in Bezug auf die drei genannten Aspekte der Unabhängigkeit nicht unabhängig (oder unmittelbar abhängig) ist, liegt daher ein Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit vor.

    55.

    Im Gegensatz dazu ist der Auffangtatbestand anders aufgebaut. Einerseits ist er offen gefasst: Hierunter fällt nämlich jede Partei, deren Interessen kollidieren könnten. Andererseits müssen solche Interessenkonflikte im Einzelfall eindeutig festgestellt werden, wobei wiederum der Bezug auf die drei in Art. 21 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit genannten Aspekte der Unabhängigkeit gegeben sein muss.

    56.

    Der Auffangtatbestand für jede Partei mit einem Interessenkonflikt deckt meines Erachtens auch Situationen indirekter Abhängigkeit oder vermittelten Einflusses ab. Er schließt Situationen ein, in denen die Untersuchungsstelle formal gesehen nicht unmittelbar von einer der aufgezählten Stellen abhängig ist, in denen aber eine oder mehrere der aufgezählten (oder andere) Stellen ihrerseits, ebenso wie die Untersuchungsstelle, tatsächlich von einer dritten Partei abhängig sind. Diese andere Stelle wird dann zu einer Partei, deren Interessen nicht nur kollidieren könnten, sondern schon von Natur aus und strukturbedingt mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle in Konflikt geraten.

    57.

    Wenn man bedenkt, dass die Untersuchung von Eisenbahnunfällen oder ‑störungen am ehesten Fahrwegbetreiber oder Eisenbahnunternehmen betrifft, ist es von überragender Wichtigkeit, dass die Untersuchungsstelle insbesondere von diesen Akteuren unabhängig ist, damit es nicht zu einer Einmischung in die durch die Untersuchungsstelle wahrgenommenen Aufgaben kommt. Wie im 24. Erwägungsgrund dargelegt, sollte „eine Sicherheitsuntersuchung … von einer ständigen Stelle durchgeführt werden, die von den Akteuren des Eisenbahnsektors unabhängig ist. Die Funktionsweise dieser Stelle sollte dergestalt sein, dass jeglicher Interessenkonflikt und jede mögliche Verwicklung in die Ursachen der untersuchten Ereignisse vermieden wird.“ Infolgedessen, und auch angesichts der Bedeutung ihrer Aufgaben und ihrer Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit ( 20 ), sollte die Untersuchungsstelle in der Lage sein, ihre Aufgaben unabhängig wahrzunehmen, ohne dass die Gefahr direkten oder indirekten Drucks seitens anderer Akteure des Eisenbahnsektors besteht.

    58.

    Die letzte verbleibende allgemeine Frage ist die, ob eine Behörde, wie beispielsweise ein Minister, als eine der „Parteien, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten“, eingestuft werden kann.

    59.

    Wortlaut, Entstehungsgeschichte und größerer Zusammenhang des Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit sind jedenfalls dahin gehend eindeutig, dass es nicht allgemein und abstrakt erforderlich ist, dass die Untersuchungsstelle von öffentlichen Behörden an sich unabhängig ist.

    60.

    Die Aufzählung in Art. 21 Abs. 1 enthält jedenfalls keine solchen Behörden ( 21 ). Wiederum im Umkehrschluss dazu haben andere EU-Sekundärrechtsinstrumente das Erfordernis, in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich Vorgaben für eine solche eindeutige und strukturelle Trennung zu machen, bemerkt und ausdrücklich adressiert ( 22 ): Beispielsweise verlangt die Richtlinie 95/46 die „völlig[e] Unabhängigkeit“ ( 23 ) von Kontrollstellen. Diesen Begriff hat der Gerichtshof dahin ausgelegt, dass diese Stellen „vor jeglicher Einflussnahme von außen einschließlich der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme des Bundes oder der Länder sicher sein [müssen] und nicht nur vor der Einflussnahme seitens der kontrollierten Einrichtungen“ ( 24 ). Gleichwohl scheint die Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit auch insofern wieder in einem anderen Zusammenhang zu stehen ( 25 ).

    61.

    Daraus folgt, dass Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit nicht dahin ausgelegt werden kann, dass er unmittelbar verlangt, dass die Untersuchungsstelle von der Exekutive oder von jeder anderen Behörde an sich unabhängig ist.

    62.

    Gleichwohl können Letztere sicherlich je nach den Umständen des Einzelfalls der Kategorie der „Parteien, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten“, angehören. Ein solcher Interessenkonflikt wird von Natur aus gegeben sein, wenn eine Behörde eine oder sogar mehrere Stellen, die ausdrücklich in Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit genannt sind, tatsächlich kontrolliert, wie beispielsweise die Fahrwegbetreiber oder die Eisenbahnunternehmen.

    63.

    Man könnte hinzufügen, dass das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Kommission/Italien ( 26 ), das von der Republik Polen im gegenwärtigen Verfahren angeführt wird, dieser Schlussfolgerung nicht entgegensteht.

    64.

    In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass die Kommission es versäumt hat, darzulegen, dass Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14, wonach die Regulierungsstelle von verschiedenen Akteuren des Eisenbahnsektors unabhängig sein muss ( 27 ), im Hinblick darauf, dass die italienische Eisenbahngesellschaft im Staatseigentum steht und der Minister daher mittelbar Einfluss ausübt, auch die indirekte Unabhängigkeit von dem Eisenbahnunternehmen erfasst ( 28 ).

    65.

    Diese Feststellung scheint für den vorliegenden Fall und für die Auslegung der Voraussetzungen von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit von eher geringer Bedeutung zu sein. Ohne in eine Diskussion über die systemimmanenten und funktionellen Unterschiede zwischen einer Regulierungs- und einer Untersuchungsstelle auch nur eintreten zu wollen, wobei noch hinzu kommt, dass jede der beiden Stellen aus einem anderen Rechtsinstrument herrührt (und in einem anderen rechtlichen Zusammenhang tätig wird), reicht es aus, zwei signifikante Unterschiede im Wortlaut darzulegen. Anders als Art. 30 der Richtlinie 2001/14 sieht Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit zum einen nicht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass die fragliche Stelle der Minister selbst ist. Zum anderen schließt die zuletzt genannte Vorschrift auch den offenen Auffangtatbestand der „Parteien, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten“, ein, was in der Richtlinie 2001/14 nicht der Fall ist.

    66.

    Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Behörde, wie z. B. ein Minister, obwohl sie nicht ausdrücklich in Art. 21 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit genannt ist, je nach den Umständen des Einzelfalls eine Partei sein kann, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten. Sollte dies der Fall sein, muss sichergestellt sein, dass die Untersuchungsstelle organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen von einer solchen Behörde unabhängig ist.

    D.   Anwendung auf den vorliegenden Fall

    67.

    Wendet man das oben dargelegte analytische Rahmenwerk auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles an, hat es den Anschein, dass die Republik Polen die Anforderungen, die sich aus Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit ergeben, nicht erfüllt hat. Die polnische Untersuchungsstelle, die PKBWK, ist rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen nicht von dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister unabhängig.

    1. Direkte oder indirekte Abhängigkeit?

    68.

    Wie aus den schriftlichen Ausführungen folgt und in der mündlichen Verhandlung weiter bestätigt wurde, stehen sowohl der Fahrwegbetreiber als auch das Eisenbahnunternehmen im Eigentum des polnischen Staates. Die Kommission hat vorgetragen, dass der Fiskus, vertreten durch den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister, 100 % der Anteile an der PKP‑S.A.-Holding halte, zu der eine Reihe von Unternehmen gehöre, darunter das Eisenbahnunternehmen. Der Staat halte außerdem 85,90 % der Anteile am Fahrwegbetreiber (PKP PLK S.A.). Diesen Behauptungen wurde durch die Republik Polen nicht widersprochen. Somit kontrolliert der Minister sowohl den Fahrwegbetreiber als auch das Eisenbahnunternehmen.

    69.

    Außerdem wurde von der Kommission zutreffend angemerkt, dass eine solche Situation die Voraussetzungen für einen Interessenkonflikt innerhalb des Ministeriums schafft. Der Minister kommt nicht umhin, ein naturgemäßes Interesse am Ablauf und an den Ergebnissen der Arbeit des Fahrwegbetreibers und – im Zusammenhang mit Untersuchungen von Unfällen – des Eisenbahnunternehmens zu haben.

    70.

    Auf diese Weise wird der Minister eine Partei, „deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten“, im Sinne von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit. In der Folge muss die Untersuchungsstelle, um den Vorgaben dieser Regelung zu entsprechen, vom Minister organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen unabhängig sein.

    71.

    Der Vollständigkeit und Klarheit halber sollte hinzugefügt werden, dass die genaue Formulierung des durch die Kommission vorgetragenen Arguments etwas anders lautet. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Untersuchungsstelle – indirekt durch den Minister – nicht unabhängig vom Fahrwegbetreiber sei. Auf diese Weise stellt die Kommission im Ergebnis eine Beziehung indirekter Abhängigkeit zwischen der Untersuchungsstelle und einer der aufgezählten Stellen, dem Fahrwegbetreiber, her, ohne jedoch den Minister als eine Partei, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten, zu bezeichnen.

    72.

    Ein solches Vorgehen mag möglich sein. Gleichwohl scheint es angesichts des logischen Aufbaus von Art. 21 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit ( 29 ) etwas umständlich zu sein. Mir ist nicht ganz klar, warum es erforderlich sein soll, einen solchen argumentativen Umweg zu gehen, indem man sich auf mittelbare Beziehungen zwischen der Untersuchungsstelle und dem Fahrwegbetreiber beruft, wenn es möglich ist, direkt zum Kern des Problems zu gelangen, indem man sich auf die unmittelbaren Beziehungen zwischen der Untersuchungsstelle und Parteien mit einem Interessenkonflikt konzentriert, die von dieser Regelung erwogen – und auch ausdrücklich verboten – worden sind.

    73.

    Wie dem auch sei, es ist unstreitig, dass die Kommission der Republik Polen einen Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit auf der Grundlage des rechtlichen und tatsächlichen Rahmenwerks des polnischen Rechts sowie der Rolle, die für den für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister vorgesehen ist, vorwirft. Wie genau diese Situation innerhalb der Kategorien der (zutreffend geltend gemachten) Vorschrift des EU-Rechts einzuordnen ist, ist eine Rechtsfrage an diesen Gerichtshof.

    2. Elemente der (Un‑)Abhängigkeit

    a) Rechtsform

    74.

    Es besteht kein Zweifel daran, dass die PKBWK integraler Bestandteil des Ministeriums ist. Sie hat keine Rechtspersönlichkeit. Wie in der mündlichen Verhandlung durch die Republik Polen vorgetragen, leitet sie ihre Befugnisse formell vom Minister ab. Daher ist offensichtlich, dass die PKBWK als bloße Organisationseinheit innerhalb des Ministeriums rechtlich vom Minister nicht unabhängig ist.

    b) Organisation

    75.

    Die Kommission trägt vor, dass die PKBWK auch organisatorisch nicht unabhängig sei, und dies vor allem aus drei Gründen: Erstens ließen die Vorschriften über die Ernennung und Entlassung ihrer Mitglieder dem Minister einen zu großen Ermessensspielraum. Zweitens könne die PKBWK sich keine eigenen Verfahrensvorschriften geben. Drittens sei sie in Bezug auf die personellen und finanziellen Mittel vom Minister abhängig.

    76.

    Die Kommission argumentiert erstens, dass die Bedingungen für die Ernennung und Entlassung der Mitglieder der PKBWK deren Unabhängigkeit vom Minister nicht ausreichend sicherstellten. Sie trägt vor, dass das polnische Recht keine inhaltlichen Kriterien für die Ernennung des Direktors sowie der ständigen und der nichtständigen Mitglieder aufstelle. Sogar Vertreter des Fahrwegbetreibers oder des Eisenbahnunternehmens könnten ständige Mitglieder sein. Darüber hinaus stehe es im Belieben des Ministers, den Direktor der PKBWK zu entlassen.

    77.

    Die Republik Polen hat diese Behauptungen im Verlauf des Verfahrens nicht zu widerlegen vermocht.

    78.

    Art. 28a Nr. 6 des Gesetzes über den Eisenbahntransport sieht vor, dass der Direktor der PKBWK durch den Minister ernannt und entlassen wird. Nach Art. 28a Nrn. 7 und 8 werden der stellvertretende Direktor, der Sekretär und die Mitglieder der PKBWK auf Ersuchen oder Vorschlag des Direktors ernannt und entlassen. Darüber hinaus werden, wie sich aus Art. 28a Nr. 4 ergibt, nichtständige Mitglieder zwar vom Direktor ausgesucht, dies aber aus einer durch den Minister erstellten Liste.

    79.

    Dementsprechend folgt aus diesen nationalen Vorschriften, dass dem Minister eine Schlüsselrolle bei der Ernennung und Entlassung der Mitglieder der PKBWK zukommt. Alle ständigen Mitglieder werden durch ihn ernannt, und die nichtständigen Mitglieder werden aus einer durch ihn erstellten Liste ausgewählt. Es ist ohne Bedeutung, dass diese Liste, wie die Republik Polen vorträgt, in der Praxis durch den Direktor der PKBWK selbst erstellt wird. Mag dies auch die gängige Praxis sein, so regelt Art. 28a Nr. 4 des Gesetzes über den Eisenbahntransport doch eindeutig, dass die Liste durch den Minister erstellt wird. Der Umstand, dass der stellvertretende Direktor, der Sekretär und „einfache“ Mitglieder der PKBWK durch den Minister auf Ersuchen oder Vorschlag des Direktors ernannt werden, grenzt den Ermessensspielraum des Ministers nicht wesentlich ein, wenn man bedenkt, dass der Direktor selbst durch den Minister ernannt wird und durch diesen entlassen werden kann.

    80.

    Dieser Ermessensspielraum erscheint noch weiter, bedenkt man das Fehlen jeglicher detaillierter Voraussetzungen im Hinblick auf die Qualifikationen für eine Ernennung. Abgesehen von den allgemeinen Anforderungen, die sich aus Art. 28a Nr. 10 des Gesetzes über den Eisenbahntransport ergeben ( 30 ), legt das nationale Recht keine weiteren Kriterien hinsichtlich der Eignung der Mitglieder fest. Zudem gilt die einschlägige Regelung des nationalen Rechts ( 31 ), die die Ernennung von Personen verbietet, die im Dienst von Behörden stehen, deren Eisenbahninfrastruktur, Arbeitskräfte oder Fahrzeuge in einen Unfall oder eine Störung verwickelt waren, ausdrücklich nur für nichtständige Mitglieder, nicht jedoch für ständige Mitglieder.

    81.

    In Bezug auf das Ende der Amtszeit der Mitglieder der PKBWK regelt Art. 28a Nr. 11 drei Fälle, in denen die Mitgliedschaft einer Person in der PKBWK endet: Tod, Amtsniederlegung und Nichterfüllung der in Art. 28a Nr. 10 genannten Voraussetzungen. Allerdings ist unklar, ob die Aufzählung in Art. 28a Nr. 11 abschließend ist, da Art. 28a Nrn. 6 bis 9 die Entlassung von Mitgliedern der PKBWK durch den Minister vorsieht. Zuzugeben ist, dass nur der Direktor unmittelbar durch den Minister entlassen werden kann. Die übrigen Mitglieder können durch den Minister auf Ersuchen oder Vorschlag des Direktors oder der PKBWK entlassen werden.

    82.

    Es ist nach dem Wortlaut dieser Vorschriften unklar, ob der Minister in der Praxis die Mitglieder der PKBWK nach freiem Ermessen entlassen kann oder ob er an die darauf gerichteten Ersuchen oder Vorschläge des Direktors gebunden ist. Was die Unabhängigkeitsgarantien für die PKBWK und ihre Mitglieder angeht, ist dieser Aspekt jedoch etwas irreführend: Wenn der Minister die Macht hat, den Direktor jederzeit und nach freiem Ermessen zu entlassen, wie könnte diese Person dann jemals (indem sie ein entsprechendes Ersuchen nicht formuliert oder sich weigert, ihre Zustimmung zu erteilen) systemimmanente Garantien gegen die Entlassung (oder die Verhinderung der Entlassung) anderer Mitglieder der PKBWK geben?

    83.

    Zweitens hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass der Minister, soweit interne Vorschriften betroffen seien, die Organisation der PKBWK entscheidend gestalte, indem er solche Vorschriften erlasse. Obwohl die Republik Polen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass diese Vorschriften durch die Untersuchungsstelle selbst ausgearbeitet würden, verhält es sich gleichwohl wiederum so, dass es gemäß Art. 28d Nr. 4 des Gesetzes über den Eisenbahntransport der Minister ist, der im Wege des Erlasses das Statut, dem die Tätigkeit und die Organisationsstruktur der PKBWK unterliegen, bestimmt.

    84.

    Drittens können weiter gehende Zweifel an der organisatorischen Unabhängigkeit der PKBWK von den Regelungen im Bereich der finanziellen und personellen Mittel herrühren. Die Kommission betont, dass die PKBWK mangels eigener Mittel nicht in der Lage sei, ihre Aufgaben auszuführen. Der Umstand, dass die PKBWK systematisch finanzielle und personelle Mittel vom Minister anfordern müsse, schränke ihre organisatorische Unabhängigkeit gegenüber dem Minister deutlich ein.

    85.

    Ich denke nicht, dass der Aspekt der finanziellen Unabhängigkeit im vorliegenden Fall angesprochen werden muss ( 32 ). Die Kommission hat in ihren Ausführungen gegenüber dem Gerichtshof nicht geltend gemacht, dass die Republik Polen gegen Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit verstoßen habe, wonach die Untersuchungsstelle in der Lage sein muss, ausreichende Mittel zu erlangen, um ihre Aufgaben unabhängig wahrnehmen zu können. Obwohl man meinen könnte, dass dieses Erfordernis in die organisatorische Unabhängigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 hineingelesen werden könnte, scheint mir, dass die beiden zuvor in diesem Teil diskutierten Aspekte bereits ausreichen, um nachzuweisen, dass die PKBWK nicht organisatorisch unabhängig gegenüber dem Minister ist.

    c) Entscheidungen

    86.

    Schließlich trägt die Kommission vor, dass die PKBWK gegenüber dem Minister nicht unabhängig in ihren Entscheidungen sei, da sie nicht in eigenem Namen handle, sondern im Namen des Ministers. Dementsprechend hat es den Anschein, als könne sie keine eigenen Entscheidungen treffen. Der Kommission zufolge muss die PKBWK für alle Maßnahmen, die sie trifft, die Genehmigung und die Unterschrift des Ministers einholen. Dies stelle ein Risiko für die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle gegenüber dem Minister dar.

    87.

    Obwohl ich nicht unbedingt sämtliche durch die Kommission vorgetragenen Kritikpunkte teile, gibt es eindeutig problematische Elemente im gegenwärtigen nationalen Rechtsrahmen, die sich in der fehlenden Unabhängigkeit der Entscheidungen niederschlagen.

    88.

    Wie aus Art. 28a Nr. 2 des Gesetzes über den Eisenbahntransport folgt, führt die PKBWK ihre Tätigkeiten im Namen des Ministers aus. Eine solche Aussage kann sehr gut dahin verstanden werden, dass sie impliziert, dass der Minister die Beschlüsse selbst fasst. Die gegenwärtige Praxis könnte, wie von der Republik Polen vorgetragen, so aussehen, dass der Minister tatsächlich keinen Einfluss auf die Entscheidungen ausübt oder hieran nicht beteiligt ist und dass nur die Mitglieder der PKBWK Beschlüsse fassen. Gleichwohl legt der Wortlaut des Art. 28a Nr. 2 etwas anderes nahe.

    89.

    Noch wichtiger ist vielleicht, dass die Beschlüsse der PKBWK, wie in der mündlichen Verhandlung erwiesen, erst im Amtsblatt des Ministeriums veröffentlicht werden können, nachdem das Dokument durch den Minister unterzeichnet worden ist. Letzterer ist daher eindeutig in die Veröffentlichung der Beschlüsse eingebunden, vielleicht streng genommen nicht in den Prozess der Entscheidungsfindung, aber mit Sicherheit in die Veröffentlichung der Entschließung. Die darauffolgende und auch in der mündlichen Verhandlung wiederholte Diskussion darüber, inwiefern eine solche Unterzeichnung eine „bloße Formalität“ ist und ob der Minister theoretisch die Unterschrift verweigern und auf diese Weise die Veröffentlichung verhindern könnte, kann nicht über die Bedeutung folgender Tatsache hinwegtäuschen: Wie bereits mehrfach erwähnt, sind Transparenz und Öffentlichkeit der Informationen einschließlich der freien Weitergabe möglicher Ergebnisse an die betroffene Öffentlichkeit ein wichtiges Element der Unabhängigkeit der Untersuchungen, das in der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit ausdrücklich vorgesehen ist ( 33 ). Einfach ausgedrückt: Die Information gehört demjenigen, der ihre Verbreitung kontrolliert.

    90.

    Schließlich ist der Umstand, dass, wie von der Republik Polen vorgetragen, Art. 28a Nr. 1 des Gesetzes über den Eisenbahntransport vorsieht, dass die PKBWK ihre Aufgaben unabhängig wahrnimmt, und dass Art. 28a Nr. 14 bestimmt, dass „Mitglieder der Kommission … nicht an Weisungen im Hinblick auf den Inhalt ihrer Entschließungen gebunden“ sind, sicherlich eine begrüßenswerte und angemessene Regelung. Gleichwohl reicht dies, wenn man es im Zusammenhang sieht mit all den übrigen problematischen Elementen des nationalen Rechtsrahmens, die in diesem Teil dargelegt worden sind und die die in Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit genannten Anforderungen eindeutig nicht erfüllen, und diesen Elementen gegenüberstellt, mit Sicherheit nicht aus, um diese übrigen Mängel im Hinblick auf die organisatorische und rechtliche Unabhängigkeit sowie die Unabhängigkeit in den Entscheidungen zu kompensieren.

    3. Schlussfolgerung

    91.

    In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen führt das Zusammenwirken aller erörterten Einzelfaktoren zu dem Schluss, dass die PKBWK in der Realität als bloße Organisationseinheit in dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Ministerium agiert und nicht als eine unabhängige Stelle im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit. Daher zeigt die PKBWK nicht die darin geforderten Elemente der Unabhängigkeit.

    92.

    Ich schlage daher dem Gerichtshof vor festzustellen, dass die Republik Polen, indem sie es unterlassen hat, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle von dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister, der den Fahrwegbetreiber und das Eisenbahnunternehmen kontrolliert und damit eine Partei ist, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten, sicherzustellen, die Vorgaben aus Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit nicht erfüllt hat.

    93.

    Zwei abschließende Anmerkungen sind angebracht.

    94.

    Zum einen sind, wie in den vorangehenden Teilen dieser Schlussanträge deutlich hervorgehoben, die Umstände des vorliegenden Einzelfalls durch eine Situation gekennzeichnet, in der eine Untersuchungsstelle Teil eines Ministeriums ist, das gleichzeitig auch den Fahrwegbetreiber und das Eisenbahnunternehmen kontrolliert. Daher können, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt Schlussfolgerungen aus einer solchen einmaligen „funktionellen Dreieinigkeit“ innerhalb ein und derselben Behörde für Sachverhalte gezogen werden, in denen keine derart engen Verbindungen zwischen dem Minister und dem Fahrwegbetreiber (sowie dem Eisenbahnunternehmen) bestehen. Zunächst einmal könnte ein Minister, wenn keine ähnlichen oder überhaupt keine Verbindungen bestehen, kaum per se als „Partei, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten“, im Sinne von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit bezeichnet werden.

    95.

    Zum anderen könnte man ein wiederkehrendes Thema, das sich wie der sprichwörtliche rote Faden durch diesen Fall und insbesondere durch den Vortrag der Republik Polen in Erwiderung auf die fehlenden Unabhängigkeitsgarantien der PKBWK zieht, bis zu einem gewissen Grad vereinfacht umschreiben mit „ja, das im vorliegenden Fall anwendbare nationale Recht sieht dies in der Tat so vor, doch in der Praxis wird ganz anders verfahren: die praktische Umsetzung steht vielmehr in Einklang mit der Richtlinie“ ( 34 ).

    96.

    Auf dieses Argument gibt es eine zweifache Antwort, eine spezifische und eine allgemeine: Soweit das Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV betroffen ist – und namentlich Klagen vor dem Gerichtshof wegen der Verletzung von Pflichten aus den Verträgen, die die institutionellen Unabhängigkeitsgarantien von Verwaltungsbehörden betreffen –, ist bereits unzweifelhaft festgestellt worden, dass die Umsetzung solcher Garantien durch bloße Verwaltungspraxis unzureichend ist ( 35 ). Ohne die Bedeutung einer solchen Praxis in Abrede stellen zu wollen, muss es daher auf einer höheren Stufe stehende, eindeutige und sichtbare gesetzliche Regelungen oder Verwaltungsvorschriften geben, die ausdrücklich bestimmte Maßnahmen festlegen, die sicherstellen, dass Art und Grad der Unabhängigkeit, die durch das Unionsrecht gefordert werden, erreicht werden.

    97.

    Diese spezifische Antwort steht, auf einer eher systemimmanenten Ebene, vollkommen im Einklang mit dem allgemeinen Verständnis der institutionellen Unabhängigkeitsgarantien. Solche Garantien können definitionsgemäß nicht vom guten Willen und Wohlverhalten der einzelnen Akteure sowie der aktuellen Verwaltungspraxis abhängen. Sie müssen eindeutig und ausdrücklich in die Gesetzesstruktur eingebettet sein und unabhängig von der Identität und den Absichten der jeweiligen Akteure funktionieren.

    98.

    Ohne die tatsächliche Wirkung des Rechts in der institutionellen Praxis und die überragende Bedeutung des Umstands, dass die Unabhängigkeit von den jeweiligen Akteuren verinnerlicht werden muss, unterschätzen zu wollen, kann sich die korrekte Umsetzung solcher Unabhängigkeitsgarantien mit Sicherheit nicht auf die Möglichkeit beschränken, dass sich bestimmte (positive) Dinge in der Praxis ereignen können. Eine korrekte Umsetzung muss sicherstellen, dass sich bestimmte (weniger positive) Dinge aufgrund des institutionellen Aufbaus und bestehender Absicherungen schlichtweg nicht ereignen können.

    V. Kosten

    99.

    Im Hinblick auf den Klagegrund, der sich aus der Verletzung von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit ableitet, ist gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung die unterlegene Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen, wenn die obsiegende Partei dies beantragt hat. Da die Kommission beantragt hat, die Kosten der Republik Polen aufzuerlegen und Letztere mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind die Kosten der Republik Polen aufzuerlegen.

    100.

    Hinsichtlich des Klagegrundes, der sich aus der Verletzung von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit ableitet, sieht Art. 141 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung vor, dass eine Partei, die die Klage oder einen Antrag zurücknimmt, zur Tragung der Kosten verurteilt wird, wenn die Gegenpartei dies in ihrer Stellungnahme zu der Rücknahme beantragt. Die Kosten werden jedoch auf Antrag der Partei, die die Rücknahme erklärt, der Gegenpartei auferlegt, wenn dies aufgrund des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt erscheint.

    101.

    Ohne in irgendeiner Weise, auch nicht indirekt, zu der Frage Stellung nehmen zu wollen, ob die Republik Polen die Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit erfüllt hat oder nicht, bleibt die Tatsache bestehen, dass die Republik Polen ihre Gesetzgebung erst nach Einleitung des Verfahrens vor diesem Gerichtshof durch die Kommission geändert und diese darüber informiert hat. Durch ihre (Un‑)Tätigkeit hat die Republik Polen daher die Kommission gezwungen, auch aus dem zuletzt genannten Grund Klage zu erheben. Da die Kommission in ihrer Erwiderung, mit der sie diesen Antrag zurückgenommen hat, auch den Antrag zur Auferlegung der Kosten gestellt hat, erscheint es gerechtfertigt, dass die Republik Polen auch die im Zusammenhang mit diesem Antrag entstandenen Kosten trägt.

    VI. Ergebnis

    102.

    Aus den oben dargelegten Gründen schlage ich dem Gerichtshof folgende Entscheidung vor:

    1.

    Es wird festgestellt, dass die Republik Polen, indem sie es unterlassen hat, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle gegenüber dem für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Minister, der den Fahrwegbetreiber und das Eisenbahnunternehmen kontrolliert und damit eine Partei ist, deren Interessen mit den Aufgaben der Untersuchungsstelle kollidieren könnten, sicherzustellen, die Vorgaben aus Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten und für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung nicht erfüllt hat.

    2.

    Die Republik Polen trägt die gesamten Kosten dieses Verfahrens.


    ( 1 ) Originalsprache: Englisch.

    ( 2 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit) (ABl. 2004, L 164, S. 44).

    ( 3 ) Betreffend die geltend gemachten Verletzungen von Art. 9 Abs. 1, Art. 10 Abs. 3, Art. 17 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1, Art. 21 Abs. 3, Art. 24 Abs. 2 und Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit.

    ( 4 ) Urteil vom 9. März 2010, Kommission/Deutschland (C‑518/07, EU:C:2010:125, Rn. 18).

    ( 5 ) Vgl. weiterführend zu unabhängigen Verwaltungsbehörden z. B. Conseil d’État, Rapport public 2001 – Les autorités administratives indépendantes, Études et documents no 52, La Documentation française, Paris, 2001, S. 251-386; Chevallier, J., „Le statut des autorités administratives indépendantes: harmonisation ou diversification?“, RFDA 2010, S. 896.

    ( 6 ) Urteil vom 16. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑614/10, EU:C:2012:631, Rn. 42).

    ( 7 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 18. April 2013, Kommission/Frankreich (C‑625/10, EU:C:2013:243, Rn. 51), hinsichtlich der organisatorischen und rechtlichen Unabhängigkeit sowie hinsichtlich der Unabhängigkeit in den Entscheidungen von Entgelt erhebenden Stellen gegenüber Eisenbahnunternehmen nach der Richtlinie 2001/14.

    ( 8 ) Vgl. z. B. Urteil vom 16. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑614/10, EU:C:2012:631, Rn. 58). In dieser Hinsicht muss beachtet werden, dass die Legislative der EU Regelungen für spezifische Haushaltslinien ausdrücklich aufnimmt, wenn es das ist, was gewünscht wird. Vgl. z. B. im Hinblick auf den Europäischen Datenschutzbeauftragten Art. 43 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. 2001, L 8, S. 1).

    ( 9 ) Vgl. insofern Urteile vom 28. Februar 2013, Kommission/Österreich (C‑555/10, EU:C:2013:115, Rn. 55), und vom 18. April 2013, Kommission/Frankreich (C‑625/10, EU:C:2013:243, Rn. 51).

    ( 10 ) Art. 55 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (Neufassung) (ABl. 2012, L 343, S. 32).

    ( 11 ) Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Richtlinie 94/56/EG (ABl. 2010, L 295, S. 35).

    ( 12 ) 15. Erwägungsgrund.

    ( 13 ) Art. 4 Abs. 6 Buchst. d der Verordnung Nr. 996/2010.

    ( 14 ) Richtlinie 2009/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Festlegung der Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr und zur Änderung der Richtlinie 1999/35/EG des Rates und der Richtlinie 2002/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2009, L 131, S. 114).

    ( 15 ) Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. 1995, L 281, S. 31). Vgl. Urteile vom 9. März 2010, Kommission/Deutschland (C‑518/07, EU:C:2010:125, Rn. 18 bis 30), und vom 16. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑614/10, EU:C:2012:631, Rn. 41 bis 66).

    ( 16 ) Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. 2016, L 119, S. 1).

    ( 17 ) Art. 52 Abs. 1 der Verordnung 2016/679.

    ( 18 ) Art. 52 Abs. 5 der Verordnung 2016/679.

    ( 19 ) Art. 52 Abs. 6 der Verordnung 2016/679.

    ( 20 ) 23. Erwägungsgrund, oben in Nr. 3 wiedergegeben.

    ( 21 ) Gleiches scheint für den ursprünglichen Vorschlag der Kommission (COM[2002] 21 endg.) zu gelten.

    ( 22 ) Vgl. z. B. Art. 55 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2012/34 zur Regulierungsstelle für den Eisenbahnsektor.

    ( 23 ) Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 95/46.

    ( 24 ) Vgl. Urteil vom 9. März 2010, Kommission/Deutschland (C‑518/07, EU:C:2010:125, Rn. 25). Hervorhebung nur hier. Diese Anforderung ist offenbar mittlerweile in extenso in Art. 52 Abs. 2 der Datenschutz-Grundverordnung kodifiziert worden.

    ( 25 ) Wie oben dargelegt, Nrn. 48 und 49.

    ( 26 ) Urteil vom 3. Oktober 2013 (C‑369/11, EU:C:2013:636).

    ( 27 ) Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 lautet: „Unbeschadet des Artikels 21 Absatz 6 richten die Mitgliedstaaten eine Regulierungsstelle ein. Diese Stelle, bei der es sich um das für Verkehrsfragen zuständige Ministerium oder eine andere Behörde handeln kann, ist organisatorisch, bei ihren Finanzierungsbeschlüssen, rechtlich und in ihrer Entscheidungsfindung von Betreibern der Infrastruktur, Entgelt erhebenden Stellen, Zuweisungsstellen und Antragstellern unabhängig. Darüber hinaus ist die Regulierungsstelle funktionell unabhängig von allen zuständigen Behörden, die bei der Vergabe von Verträgen über öffentliche Dienstleistungen mitwirken. Für die Tätigkeit der Regulierungsstelle gelten die Grundsätze dieses Artikels; Rechtsbehelfs- und Regulierungsfunktionen können gesonderten Stellen übertragen werden.“ Hervorhebung nur hier.

    ( 28 ) Urteil vom 3. Oktober 2013, Kommission/Italien (C‑369/11, EU:C:2013:636, Rn. 61 f.).

    ( 29 ) Wie oben unter den Nrn. 52 bis 66 dargelegt.

    ( 30 ) Wiedergegeben oben in Nr. 9 dieser Schlussanträge.

    ( 31 ) Art. 28a Nr. 15 des Gesetzes über den Eisenbahntransport.

    ( 32 ) Wie bereits im Allgemeinen angedeutet (Nr. 37), sollten Untersuchungsstellen ausreichende Mittel zu ihrer Verfügung haben. Ohne Mittel ist es naturgemäß schwierig, Untersuchungen durchzuführen. Ob und in welchem Umfang dies wiederum ein eigenes Budget voraussetzt und wie genau budgetiert und genehmigt wird, ist eine andere Frage.

    ( 33 ) Siehe oben, 23. Erwägungsgrund (zitiert in Nr. 3) und Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit.

    ( 34 ) Vgl. oben, insbesondere Nrn. 19, 20, 79, 83 und 88.

    ( 35 ) Vgl. Urteile vom 10. Mai 2007, Kommission/Österreich (C‑508/04, EU:C:2007:274, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 15. März 2012, Kommission/Polen (C‑46/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:146, Rn. 28): „eine bloße Verwaltungspraxis, die die Verwaltung naturgemäß beliebig ändern kann und die nur unzureichend bekannt ist, [kann] nicht als Erfüllung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Rahmen der Richtlinienumsetzung angesehen werden“.

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