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Document 62016CC0102

    Schlussanträge des Generalanwalts E. Tanchev vom 2. Februar 2017.
    Vaditrans BVBA gegen Belgische Staat.
    Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State (Belgien).
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Straßenverkehr – Ruhezeiten des Fahrers – Verordnung (EG) Nr. 561/2006 – Art. 8 Abs. 6 und 8 – Möglichkeit, die nicht am Standort eingelegten täglichen Ruhezeiten und reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen – Ausschluss der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten.
    Rechtssache C-102/16.

    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2017:82

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    EVGENI TANCHEV

    vom 2. Februar 2017 ( 1 )

    Rechtssache C‑102/16

    Vaditrans BVBA

    gegen

    Belgische Staat

    (Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State [Staatsrat, Belgien])

    „Vorabentscheidungsersuchen – Straßenverkehr – Verordnung (EG) Nr. 561/2006 – Ruhezeiten des Fahrers – Art. 8 Abs. 6 – Art. 8 Abs. 8 – Art. 19 – Umstände, unter denen Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden dürfen – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 49“

    1. 

    Wesentlicher Gegenstand des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens, das der Raad van State (Staatsrat, Belgien) an den Gerichtshof gerichtet hat, ist die Frage, ob Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (im Folgenden: Verordnung Nr. 561/2006) ( 2 ) es Fahrern verbietet, die in dieser Verordnung geregelten regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen. Das vorlegende Gericht möchte außerdem wissen, ob bestimmte Vorschriften der Verordnung Nr. 561/2006 den in Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) niedergelegten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen verletzen.

    2. 

    Die vorliegende Rechtssache betrifft keineswegs bloße technische Aspekte der Straßenverkehrspolitik der Union. Vielmehr bringt sie die Betrachtung komplexer sozialrechtlicher Problemstellungen mit sich, die von großer Bedeutung sind für das Alltagsleben der Unionsbürger und für die Mitgliedstaaten, etwa für die Gewährleistung der Straßenverkehrssicherheit in Europa und den Arbeitnehmerschutz.

    I. Rechtsrahmen

    A.  Unionsrecht

    3.

    Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 sieht vor:

    „(6)   In zwei jeweils aufeinander folgenden Wochen hat der Fahrer mindestens folgende Ruhezeiten einzuhalten:

    zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten oder

    eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit und eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden. Dabei wird jedoch die Reduzierung durch eine gleichwertige Ruhepause ausgeglichen, die ohne Unterbrechung vor dem Ende der dritten Woche nach der betreffenden Woche genommen werden muss.

    Eine wöchentliche Ruhezeit beginnt spätestens am Ende von sechs 24-Stunden-Zeiträumen nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit.

    (8)   Sofern sich ein Fahrer hierfür entscheidet, können nicht am Standort eingelegte tägliche Ruhezeiten und reduzierte wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden, sofern das Fahrzeug über geeignete Schlafmöglichkeiten für jeden Fahrer verfügt und nicht fährt.“

    4.

    Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 561/2006 bestimmt:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die vorliegende Verordnung und die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 Sanktionen fest und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig, abschreckend und nicht diskriminierend sein. …“

    B. Nationales Recht

    5.

    Die maßgebenden Bestimmungen des nationalen Rechts sind im Königlichen Erlass vom 19. April 2014„zur Änderung des Königlichen Erlasses vom 19. Juli 2000 über die Erhebung und die Hinterlegung eines Geldbetrags bei der Feststellung von Zuwiderhandlungen auf dem Gebiet des Straßenverkehrs“ ( 3 ) (im Folgenden: angefochtener Erlass) niedergelegt ( 4 ).

    6.

    Art. 2 des angefochtenen Erlasses bestimmt:

    „In Anhang 1 Anlage 1 zum [Königlichen Erlass vom 19. Juli 2000] wird Buchst. c (‚Lenk- und Ruhezeiten‘) um folgende Nr. 8 ergänzt:

    Image

    IIAusgangsverfahren und Vorlagefragen

    7.

    Die Vaditrans BVBA (im Folgenden: Klägerin) ist ein belgisches Güterkraftverkehrsunternehmen.

    8.

    Am 8. August 2014 erhob sie vor dem Raad van State (Staatsrat, Belgien) Klage auf Nichtigerklärung des angefochtenen Erlasses. Art. 2 dieses Erlasses sieht bei Zuwiderhandlung gegen das Fahrer treffende Verbot, die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit im Fahrzeug zu verbringen, eine Geldbuße von 1800 Euro vor.

    9.

    Zur Begründung ihrer Klage beanstandet die Klägerin die von Art. 2 des angefochtenen Erlasses vorausgesetzte Auslegung von Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006. Diese Bestimmung des angefochtenen Erlasses geht davon aus, dass die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit gemäß der Verordnung Nr. 561/2006 nicht im Fahrzeug verbracht werden dürfe. Nach Ansicht der Klägerin beruht diese Auslegung auf einem Umkehrschluss, der gegen das in Strafverfahren geltende Legalitätsprinzip verstoße.

    10.

    Der Belgische Staat (im Folgenden: Beklagter) ist der Meinung, dass Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 das in dieser Verordnung geregelte Verbringen der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit im Fahrzeug verbiete und dass Art. 2 des angefochtenen Erlasses nicht gegen das in Strafverfahren geltende Legalitätsprinzip verstoße.

    11.

    Vor diesem Hintergrund hat der Raad van State dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    1.

    Ist Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates dahin auszulegen, dass die regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten im Sinne von Art. 8 Abs. 6 dieser Verordnung nicht im Fahrzeug verbracht werden dürfen?

    2.

    Sofern die erste Frage bejaht wird: Verstößt Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 in Verbindung mit deren Art. 19 in diesem Fall dadurch gegen das in Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte strafrechtliche Legalitätsprinzip, dass die vorerwähnten Verordnungsbestimmungen kein ausdrückliches Verbot vorsehen, die regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten im Sinne von Art. 8 Abs. 6 dieser Verordnung im Fahrzeug zu verbringen?

    3.

    Sofern die erste Frage verneint wird: Gestattet es die Verordnung Nr. 561/2006 in diesem Fall den Mitgliedstaaten, in ihrem innerstaatlichen Recht festzulegen, dass es verboten ist, die regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten im Sinne von Art. 8 Abs. 6 dieser Verordnung im Fahrzeug zu verbringen?

    12.

    Die Klägerin, die österreichische, die belgische, die estnische, die französische, die deutsche und die spanische Regierung, das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission haben beim Gerichtshof schriftliche Erklärungen eingereicht.

    III. Würdigung

    13.

    Ich bin zu dem Ergebnis gelangt, dass Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass Fahrer ihre in dieser Verordnung geregelten wöchentlichen Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen dürfen. Ich bin außerdem zu der Schlussfolgerung gelangt, dass Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 in Verbindung mit deren Art. 19 nicht gegen den in Art. 49 der Charta verankerten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen verstößt. Aus diesen Ergebnissen folgt, dass meine Antwort auf die dritte Frage nur von Belang ist, falls der Gerichtshof sich meiner Antwort auf die erste Frage nicht anschließen sollte. Ich begründe meinen Standpunkt im Folgenden im Einzelnen, befasse mich zunächst jedoch mit bestimmten die Zulässigkeit betreffenden Vorfragen, die vom Rat und von der Klägerin aufgeworfen worden sind.

    A.  Zulässigkeit

    14.

    Der Rat bezweifelt die Zulässigkeit der zweiten Frage mit der Begründung, das vorlegende Gericht habe es entgegen Art. 94 Buchst. c der Verfahrensordnung versäumt, zu begründen, warum es Zweifel bezüglich der Gültigkeit der maßgebenden Bestimmungen der Verordnung Nr. 561/2006 habe bzw. warum eine Vorabentscheidung über die Gültigkeit dieser Bestimmungen für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits hilfreich wäre. Darüber hinaus zieht die Klägerin die Entscheidungserheblichkeit der dritten Frage in Zweifel.

    15.

    Meines Erachtens sind die Vorlagefragen aus folgenden Gründen zulässig.

    16.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt für Fragen, die das Unionsrecht betreffen, eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit. Der Gerichtshof kann es nur dann ablehnen, über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts zu befinden, wenn die erbetene Auslegung oder Beurteilung der Gültigkeit einer unionsrechtlichen Regelung offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind ( 5 ).

    17.

    Außerdem ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wie überdies auch schon aus Art. 94 Buchst. c der Verfahrensordnung hervorgeht ( 6 ), der dem Vorabentscheidungsverfahren zugrunde liegende Geist der Zusammenarbeit gebietet, dass das nationale Gericht in seinem Vorabentscheidungsersuchen die genauen Gründe darlegt, aus denen es eine Beantwortung der Fragen nach der Auslegung oder Gültigkeit bestimmter Vorschriften des Unionsrechts für entscheidungserheblich hält. Daher ist entscheidend, dass das nationale Gericht insbesondere die genauen Gründe angibt, aus denen ihm die Gültigkeit von Bestimmungen des Unionsrechts fraglich erscheint, und die Gründe angibt, aus denen es sie für ungültig hält ( 7 ).

    18.

    In der vorliegenden Rechtssache führt das vorlegende Gericht aus, es bedürfe einer Auslegung der maßgebenden Bestimmungen der Verordnung Nr. 561/2006, um über einen der Klagegründe der Klägerin entscheiden zu können.

    19.

    Damit befolgt das vorlegende Gericht Art. 267 Abs. 3 AEUV, der ein einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen wie im Fall des Raad van State selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, verpflichtet, dem Gerichtshof Fragen bezüglich der Auslegung oder Gültigkeit von Vorschriften des Unionsrechts vorzulegen, wenn es der Auffassung ist, dass deren Beantwortung für den Erlass seines Urteils erforderlich ist.

    20.

    Das vorlegende Gericht führt aus, dass je nach der Entscheidung des Gerichtshofs über der Auslegung der maßgebenden Bestimmungen der Verordnung Nr. 561/2006 „die Frage aufgeworfen werde“, ob diese Bestimmungen insoweit gegen das in Art. 49 der Charta verankerte strafrechtliche Legalitätsprinzip verstießen, als sie kein ausdrückliches Verbot vorsähen, die regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen.

    21.

    Dementsprechend hat das vorlegende Gericht die Gründe, die es veranlasst haben, die Frage der Gültigkeit der maßgebenden Bestimmungen der Verordnung Nr. 561/2006 ( 8 ) aufzuwerfen, und die Gründe, aus denen es sie für ungültig hält, ausreichend genau dargelegt, um dem Gerichtshof zu ermöglichen, eine sachdienliche Antwort zu geben.

    22.

    Ferner waren die belgische, die französische, die deutsche und die spanische Regierung sowie das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission auch tatsächlich in der Lage, ihre Standpunkte zu der dem Gerichtshof vorgelegten Frage der Gültigkeit darzulegen.

    23.

    Schließlich ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss kein Anhaltspunkt dafür, dass die Vorlagefragen in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits stehen oder ein hypothetisches Problem betreffen. Folglich liegen keine hinreichenden Gründe vor, um die Vermutung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlage zu widerlegen.

    24.

    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen gelange ich zu dem Ergebnis, dass die vom Raad van State in dieser Rechtssache vorgelegten Fragen zulässig sind.

    B.  Zur ersten Frage

    25.

    Der Gerichtshof hat sich bisher nicht unmittelbar mit der Frage befasst, ob Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass die in Art. 8 Abs. 6 angesprochenen regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten für Fahrer im Fahrzeug verbracht werden dürfen ( 9 ).

    26.

    Die österreichische, die belgische, die französische und die deutsche Regierung sowie die Kommission machen geltend, Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 sei so auszulegen, dass ein Fahrer die regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen dürfe ( 10 ), während die Klägerin sowie die estnische und die spanische Regierung den gegenteiligen Standpunkt vertreten.

    27.

    Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden ( 11 ). Die Entstehungsgeschichte einer unionsrechtlichen Vorschrift kann ebenfalls relevante Anhaltspunkte für deren Auslegung liefern ( 12 ).

    28.

    Auf dieser Grundlage bin ich zu dem Ergebnis gelangt, dass Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 so auszulegen ist, dass Fahrer ihre regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen dürfen. Und zwar aus folgenden Gründen.

    1.   Wortlaut

    29.

    Wie aus Nr. 3 der vorliegenden Schlussanträge ersichtlich, stellt Art. 8 Abs. 6 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 561/2006 die Regel auf, dass der Fahrer in zwei jeweils aufeinanderfolgenden Wochen mindestens zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten oder eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit und eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit einzuhalten hat, wobei in diesem Fall bestimmte Anforderungen erfüllt sein müssen. Art. 8 Abs. 6 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 561/2006 bestimmt ferner: „Eine wöchentliche Ruhezeit beginnt spätestens am Ende von sechs 24-Stunden-Zeiträumen nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit.“

    30.

    Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 lautet: „Sofern sich ein Fahrer hierfür entscheidet, können nicht am Standort eingelegte tägliche Ruhezeiten und reduzierte wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden, sofern das Fahrzeug über geeignete Schlafmöglichkeiten für jeden Fahrer verfügt und nicht fährt.“

    31.

    Bei der Auslegung von Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 ist Art. 4 der Verordnung zu berücksichtigen, der Legaldefinitionen enthält.

    32.

    Art. 4 Buchst. f der Verordnung Nr. 561/2006 definiert „Ruhepause“ als jeden ununterbrochenen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann.

    33.

    Art. 4 Buchst. g der Verordnung Nr. 561/2006 definiert den Begriff „tägliche Ruhezeit“ als „den täglichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann“ und der eine „regelmäßige tägliche Ruhezeit“ und eine „reduzierte tägliche Ruhezeit“ umfasst, wobei diese Bestimmung auch diese beiden Begriffe konkret definiert.

    34.

    Nach Art. 4 Buchst. h der Verordnung Nr. 561/2006 bezeichnet „wöchentliche Ruhezeit“ den wöchentlichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann und der eine „regelmäßige wöchentliche Ruhezeit“ und eine „reduzierte wöchentliche Ruhezeit“ umfasst. Mit „regelmäßige wöchentliche Ruhezeit“ ist „eine Ruhepause von mindestens 45 Stunden“ gemeint und mit „‚reduzierte wöchentliche Ruhezeit‘ eine Ruhepause von weniger als 45 Stunden, die vorbehaltlich der Bedingungen des Artikels 8 Absatz 6 auf eine Mindestzeit von 24 aufeinander folgenden Stunden reduziert werden kann“.

    35.

    Mithin unterscheidet Art. 4 Buchst. g und h der Verordnung Nr. 561/2006 hinsichtlich der Verwendung der Begriffe „regelmäßige“ und „reduzierte“„tägliche“ bzw. „wöchentliche“ Ruhezeit in der Verordnung.

    36.

    Dies wird in Art. 8 Abs. 6 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 561/2006 deutlich, der sowohl auf regelmäßige als auch auf reduzierte wöchentliche Ruhezeiten Bezug nimmt. Im Gegensatz dazu heißt es in Art. 8 Abs. 6 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 561/2006 „wöchentliche Ruhezeit“, womit beide gemeint sind.

    37.

    Dies zeigt sich im Übrigen auch in Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006. Durch die Bezugnahme auf „tägliche Ruhezeiten“ in Art. 8 Abs. 8, die sowohl regelmäßige als auch reduzierte tägliche Ruhezeiten umfasst, neben „reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten“ deutet der Wortlaut dieser Bestimmung stark darauf hin, dass regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten vom Geltungsbereich dieser Bestimmung ausgeschlossen sind. Hätte der Unionsgesetzgeber in Art. 8 Abs. 8 sowohl regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten als auch reduzierte wöchentliche Ruhezeiten abdecken wollen, hätte er wohl den Begriff „wöchentliche Ruhezeit“ verwendet, um beide zu erfassen.

    38.

    Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen, dass er eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit umfasst, ließe den Wortlaut dieser Bestimmung daher unlogisch und überflüssig werden. Ebenso unlogisch wäre es, Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 so auszulegen, dass er es dem Fahrer gestattet, regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug unter weniger strengen Bedingungen als denen zu verbringen, die im Fall täglicher Ruhezeiten und reduzierter wöchentlicher Ruhezeiten zu erfüllen sind.

    39.

    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin steht eine Auslegung des Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf, nicht deshalb zur Definition von „Ruhepause“ in Art. 4 Buchst. f dieser Verordnung im Widerspruch, weil die Möglichkeiten des Fahrers, frei über seine Zeit zu verfügen, eingeschränkt werden. Denn in den Definitionen der täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten in Art. 4 Buchst. g und h der Verordnung Nr. 561/2006 findet sich der gleiche Ausdruck, der dann in deren Art. 8 Abs. 6 und 8 aufgenommen wird.

    40.

    Demnach kann daraus, dass in Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 nur von täglichen Ruhezeiten und reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten die Rede ist, geschlossen werden, dass Art. 8 Abs. 6 und 8 dieser Verordnung so auszulegen ist, dass der Fahrer die in Art. 8 Abs. 6 angesprochenen regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf.

    41.

    Mit anderen Worten: Dass in Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 ausdrücklich von täglichen Ruhezeiten und reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten die Rede ist, bedeutet im Umkehrschluss, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf.

    42.

    Eine solche auf einen Umkehrschluss gestützte Argumentation ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Verordnung Nr. 561/2006 nicht ohne Vorbild. So hat er etwa im Urteil Eurospeed ( 13 ) ausgeführt, dass Art. 19 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 561/2006 ausdrücklich die Möglichkeit vorsehe, dass die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats bei einem Verstoß gegen die Verordnung Sanktionen gegen ein Unternehmen und/oder einen Fahrer verhängen, „und zwar selbst dann, wenn [dieser] Verstoß im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittstaats begangen wurde“, was im Umkehrschluss bedeute, dass ein Mitgliedstaat jedenfalls befugt sei, entweder gegen ein Unternehmen oder einen Fahrer oder gegen beide für einen in seinem Hoheitsgebiet begangenen Verstoß eine Sanktion zu verhängen.

    2.   Entstehungsgeschichte

    43.

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann die Entstehungsgeschichte eines Unionsrechtsakts oder einer Bestimmung desselben relevante Anhaltspunkte für den dem Rechtsakt oder der konkreten Bestimmung zugrunde liegenden Willen des Unionsgesetzgebers liefern und so das Ergebnis der Auslegung bestätigen ( 14 ). Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die fragliche Unionsvorschrift im Zuge des Beschlussfassungsverfahrens Änderungen erfahren hat, aus denen der Wille des Unionsgesetzgebers abgeleitet werden kann ( 15 ).

    44.

    In der vorliegenden Rechtssache liefert die Entstehungsgeschichte des Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 deutliche Anhaltspunkte für den Willen des Unionsgesetzgebers, regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten vom Geltungsbereich dieser Bestimmung auszuschließen.

    45.

    Im ursprünglichen Vorschlag der Kommission, der schließlich zur Verordnung Nr. 561/2006 geführt hat ( 16 ), hieß es: „Die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten können im Fahrzeug verbracht werden, sofern es über geeignete Schlafmöglichkeiten für jeden Fahrer verfügt und nicht fährt.“ ( 17 )

    46.

    In erster Lesung strich das Europäische Parlament den Begriff „wöchentliche Ruhezeiten“ aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ( 18 ). Die Begründung hierfür lautete: „Die täglichen Ruhezeiten können in einem stillstehenden Fahrzeug verbracht werden, nicht aber die wöchentlichen Ruhezeiten. Würde man gestatten, die wöchentlichen Ruhezeiten so zu verbringen, so würde dies eine Verschlechterung gegenüber der derzeitigen Verordnung bedeuten und wäre in Bezug auf die Gesundheitspflege und das Wohlbefinden der Fahrer unangemessen.“ ( 19 )

    47.

    In ihrem geänderten Vorschlag schlug die Kommission die „Kompromisslösung“ vor, dass die reduzierte wöchentliche Ruhezeit nur entfernt vom Standort im Fahrzeug verbracht werden könne ( 20 ).

    48.

    Im Gemeinsamen Standpunkt übernahm der Rat diesen Ansatz und führte aus: „[K]ompromisshalber nahm der Rat eine Bestimmung an, wonach nur reduzierte wöchentliche Ruhezeiten in einem Fahrzeug genommen werden können“ ( 21 ).

    49.

    In zweiter Lesung änderte das Parlament die Bestimmung erneut, und zwar dahin, dass sie nur noch auf tägliche Ruhezeiten Bezug nimmt, und gab an: „Die Möglichkeit für den Fahrer, reduzierte wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen, wird gestrichen“ ( 22 ).

    50.

    In ihrer Stellungnahme zu diesen Abänderungen vertrat die Kommission weiterhin „die Auffassung, dass in einem entsprechend ausgestatteten Fahrzeug eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit genommen werden kann, da sich die Fahrzeugkonzeption in den letzten 20 Jahren erheblich verbessert hat“ ( 23 ).

    51.

    Der Gemeinsame Entwurf nach Billigung durch den Vermittlungsausschuss enthielt den Wortlaut des jetzigen Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 ( 24 ).

    52.

    Aus der Ablehnung des ursprünglichen Kommissionsvorschlags und der Einigung darauf, lediglich nicht am Standort eingelegte tägliche Ruhezeiten und reduzierte wöchentliche Ruhezeiten in die Bestimmung aufzunehmen, kann geschlossen werden, dass der Unionsgesetzgeber regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten vom Geltungsbereich des Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 ausschließen wollte.

    3.   Systematik und Zusammenhang

    53.

    Wie in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Pinckernelle ( 25 ) dargelegt, schließen die Systematik und der Zusammenhang einer Unionsvorschrift die Untersuchung des Zusammenhangs der betreffenden Vorschrift mit anderen Bestimmungen derselben unionsrechtlichen Maßnahme und anderen unionsrechtlichen Maßnahmen ein, die in erheblicher Weise mit der in Frage stehenden Maßnahme verwandt oder verknüpft sind.

    54.

    Erstens lässt die Prüfung der übrigen Absätze des Art. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 ( 26 ) und einiger ihrer Erwägungsgründe ( 27 ) den Willen des Unionsgesetzgebers erkennen, zwischen den Begriffen „regelmäßige wöchentliche Ruhezeit“ und „reduzierte wöchentliche Ruhezeit“ sowie dem allgemeinen Begriff „wöchentliche Ruhezeit“ zu unterscheiden.

    55.

    Zweitens trägt die estnische Regierung im Hinblick auf zusammenhängende Rechtsakte vor, dass die Auslegung von Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbringen dürfe, durch die Richtlinie 2006/22/EG ( 28 ) und bestimmte von der Kommission auf der Grundlage dieser Richtlinie erlassene Maßnahmen gestützt werde. Dem sei so, weil in den Anhängen zu diesen Maßnahmen nicht von einem Verstoß gegen Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 dadurch die Rede sei, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbringe.

    56.

    Die Verordnung Nr. 561/2006 ist einer von vier zusammenhängen Rechtsakten der Union zur Einführung und Durchsetzung von Sozialvorschriften im Straßenverkehr ( 29 ). Die Richtlinie 2002/15/EG ( 30 ) enthält ergänzende Bestimmungen zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben; die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 (im Folgenden: Verordnung Nr. 165/2014) ( 31 ) betrifft Fahrtenschreiber (Aufzeichnungsgeräte) im Straßenverkehr, und die Richtlinie 2006/22 ( 32 ) legt die Mindestbedingungen für die Durchsetzung dieser Vorschriften fest.

    57.

    Die Richtlinie 2006/22 enthielt einen Anhang III mit einer „nicht abschließenden“ Liste dessen, was als Verstoß gegen die aktuellen Verordnungen Nr. 561/2006 und Nr. 165/2014 anzusehen ist. Dieser Anhang III wurde nachfolgend durch einen neuen Anhang der Richtlinie 2009/5/EG der Kommission ( 33 ) ersetzt, der „Leitlinien für ein gemeinsames Spektrum von Verstößen“ gegen diese beiden Verordnungen, die gemäß ihrer Schwere in Kategorien aufgeteilt sind, enthält ( 34 ). Anhang III der Richtlinie 2006/22 wurde ferner durch die Verordnung (EU) 2016/403 der Kommission ( 35 ) geändert, indem der Schweregrad bestimmter Verstöße geändert wurde ( 36 ).

    58.

    Hieraus folgt, dass weder die Richtlinie 2006/22 noch anschließend auf Grundlage dieser Richtlinie erlassene Maßnahmen den Zweck haben, in umfassender und abschließender Art und Weise alle möglichen Verstöße gegen die Verordnung Nr. 561/2006 festzulegen. Daher lässt sich meines Erachtens aus dem Umstand, dass in diesen Maßnahmen ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 in Gestalt des Verbringens der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten im Fahrzeug nicht eigens genannt ist, nichts herleiten.

    4.   Zweck

    59.

    Gemäß ihrem 17. Erwägungsgrund und Art. 1 sollen mit der Verordnung Nr. 561/2006 die Arbeitsbedingungen der im Straßenverkehrsgewerbe beschäftigten Arbeitnehmer und die Straßenverkehrssicherheit verbessert sowie die Wettbewerbsbedingungen im Straßenverkehrsgewerbe angeglichen werden ( 37 ).

    60.

    Wie in den Erklärungen der belgischen, der französischen und der deutschen Regierung sowie der Kommission ausgeführt wird, trägt die Auslegung des Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen dürfe, zur Erreichung der Ziele dieser Verordnung bei, die Arbeitsbedingungen der Fahrer und die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern. Dies wird verdeutlicht durch die Begründung, die das Parlament für die Streichung der Bezugnahme auf wöchentliche Ruhezeiten in dem ursprünglichen Vorschlag gegeben hat, nämlich einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen entgegenzuwirken ( 38 ).

    61.

    Die Klägerin und die estnische Regierung machen geltend, eine solche Auslegung des Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 führe dazu, dass ein Fahrer, wenn er regelmäßige Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen könnte, unter Umständen noch schlechtere Bedingungen hinnehmen müsste, und dass die Erfüllung einer solchen Voraussetzung schwer zu beweisen sei.

    62.

    Die Verordnung Nr. 561/2006 trifft keine ausdrückliche Regelung, wie ein Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten verbringen darf. Probleme der hier genannten Art können je nach Sachlage von den Mitgliedstaaten oder im Rahmen des Beschlussfassungsverfahrens der Union angesprochen werden. Sie liefern jedoch keinen Grund dafür, die Bestimmungen der Verordnung Nr. 561/2006 über die Ruhezeiten von Fahrern zu missachten.

    63.

    Tatsächlich wurde die dem Gerichtshof vorgelegte Fragestellung im Rahmen der von der Kommission in der Zeit vom 5. September 2016 bis zum 11. Dezember 2016 durchgeführten öffentlichen Anhörung über die Verbesserung der unionsrechtlichen Sozialvorschriften im Straßenverkehr erörtert ( 39 ).

    64.

    In einer Studie zur Ex-post-Bewertung der Sozialvorschriften im Straßenverkehrsgewerbe und ihrer Durchsetzung ( 40 ) wurde die Anwendung des Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 durch die Mitgliedstaaten bewertet ( 41 ). In einem Anhang ( 42 ) zu dieser Studie wurde mitgeteilt, dass es den Fahrern in 19 von 24 untersuchten Mitgliedstaaten ( 43 ) nicht gestattet sei, ihre regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen ( 44 ), während dies den Fahrern in acht Mitgliedstaaten erlaubt sei ( 45 ) (in drei Mitgliedstaaten treffen allerdings beide Antworten zu) ( 46 ).

    65.

    Diese Vergleichsstudie verdeutlicht, dass eine Auslegung des Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf, dem in einer Mehrheit der Mitgliedsstaaten verfolgten Ansatz entspricht.

    66.

    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen gelange ich zu dem Ergebnis, dass Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 so ausgelegt werden sollte, dass der Fahrer die in Art. 8 Abs. 6 angesprochenen regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf.

    C.  Zur zweiten Frage

    67.

    Für den Fall, dass der Gerichtshof die erste Frage dahin beantworten sollte, Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 sei so auszulegen, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf, soll mit der zweiten vom vorlegenden Gericht vorgelegten Frage im Wesentlichen in Erfahrung gebracht werden, ob Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 in Verbindung mit deren Art. 19 wegen Verstoßes gegen den in Art. 49 der Charta verankerten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen ungültig ist, weil diese Bestimmungen nicht ausdrücklich vorsehen, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf.

    68.

    Nach Ansicht der Klägerin und der spanischen Regierung ist die zweite Frage zu bejahen. Die Klägerin macht insbesondere geltend, dass in Ermangelung einer ausdrücklichen entsprechenden Regelung eine Auslegung der Verordnung Nr. 561/2006, die es einem Fahrer verbiete, regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen, auf einen nach dem Legalitätsprinzip nicht gestatteten Umkehrschluss hinauslaufe.

    69.

    Die belgische, die französische und die deutsche Regierung, das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission halten die vorerwähnten Bestimmungen nicht für aus diesem Grund ungültig, denn es sei Sache der Mitgliedsstaaten, die einschlägigen Strafen für Verstöße gegen die Verordnung Nr. 561/2006 festzulegen. Daher handele es sich um eine Angelegenheit des nationalen Rechts und nicht des Unionsrechts.

    70.

    Ich bin der Ansicht, dass das Vorbringen, mit dem die Gültigkeit des Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 in Verbindung mit deren Art. 19 unter dem Gesichtspunkt des in Art. 49 der Charta verankerten Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen in Zweifel gezogen wird, zurückzuweisen ist. Und zwar aus folgenden Gründen.

    71.

    Art. 49 Abs. 1 Satz 1 der Charta bestimmt: „Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. …“ ( 47 )

    72.

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen (nullum crimen, nulla poena sine lege), der durch Art. 49 der Charta garantiert wird und konkreter Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes der Rechtssicherheit ist, dass das Unionsrecht Straftaten und die für sie angedrohten Strafen klar definieren muss. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Rechtsunterworfene anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung und nötigenfalls mit Hilfe ihrer Auslegung durch die Gerichte erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine strafrechtliche Verantwortung begründen ( 48 ).

    73.

    Der Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen darf folglich nicht so verstanden werden, dass er die schrittweise Klärung der Vorschriften über die strafrechtliche Verantwortlichkeit durch richterliche Auslegung von Fall zu Fall untersagt, vorausgesetzt, dass das Ergebnis zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung insbesondere unter Berücksichtigung der Auslegung, die zu dieser Zeit in der Rechtsprechung zur fraglichen Rechtsvorschrift vertreten wurde, hinreichend vorhersehbar ist ( 49 ). Meines Erachtens genügt eine Auslegung des Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf, diesen Kriterien.

    74.

    Dies vorausgeschickt, bin ich auf jeden Fall der Ansicht, dass im Hinblick auf die Maßnahme, die angefochten werden soll, und die sich daraus für die Anwendung der Charta ergebenden Konsequenzen Klarheit herrschen muss.

    75.

    Im vorliegenden Fall verpflichtet die Verordnung Nr. 561/2006 die Mitgliedstaaten nicht, bei Verstößen gegen diese Verordnung strafrechtliche Sanktionen zu verhängen. Sie räumt ihnen vielmehr die Option ein, Verstöße gegen die Verordnung Nr. 561/2006 strafrechtlich zu ahnden ( 50 ).

    76.

    Vor diesem Hintergrund kann Art. 49 der Charta im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden, um die Gültigkeit von Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 in Verbindung mit deren Art. 19 in Zweifel zu ziehen ( 51 ). Hat sich jedoch ein Mitgliedstaat dafür entschieden, die Verordnung Nr. 561/2006 unter Heranziehung strafrechtlicher Sanktionen umzusetzen, verpflichtet ihn Art. 51 Abs. 1 der Charta zwangsläufig, alle Bestimmungen der Charta, einschließlich deren Art. 49 und den darin verankerten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen, zu beachten.

    77.

    Das vorlegende Gericht hat sich nicht mit der Frage der Vereinbarkeit des Art. 2 des angefochtenen Erlasses mit dem in Art. 49 der Charta verankerten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen befasst. Diese Fragestellung ist daher in der vorliegenden Rechtssache nicht vom Vorlagebeschluss umfasst. Ob das maßgebende nationale Recht mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen im Einklang steht, hat das vorlegende Gericht zu entscheiden. Es kann natürlich eine weitere Vorlage nach Art. 267 AEUV einreichen.

    D.  Zur dritten Frage

    78.

    Für den Fall, dass der Gerichtshof die erste Frage dahin beantworten sollte, Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 sei so auszulegen, dass ein Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbringen darf, soll mit der dritten Frage des vorlegenden Gerichts im Wesentlichen in Erfahrung gebracht werden, ob die Verordnung Nr. 561/2006 nationale Bestimmungen wie Art. 2 des angefochtenen Erlasses zulässt, die dem Fahrer dies verbieten.

    79.

    In Abschnitt III.B meiner Schlussanträge bin ich zu dem Ergebnis gelangt, dass Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 so auszulegen ist, dass der Fahrer die regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf. Falls der Gerichtshof die erste Frage in dieser Weise beantworten sollte, bedarf es keiner Beantwortung dieser Frage durch den Gerichtshof.

    80.

    Nichtsdestotrotz möchte ich, hilfsweise, meinen Standpunkt zur dritten Frage darlegen.

    81.

    Nach Ansicht der Klägerin, der estnischen und der spanischen Regierung sowie der Kommission ist diese Frage zu verneinen. Die spanische Regierung vertritt den Standpunkt, es sei Sache des Unionsgesetzgebers, ein solches Verbot festzulegen, da die Mitgliedstaaten insoweit nicht in eigener Verantwortung tätig werden dürften. Die estnische Regierung und die Kommission betonen insbesondere, dass ein solches Verbot von den beschränkten Möglichkeiten, die den Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung Nr. 561/2006 eingeräumt seien, nicht umfasst sei und dass es dem Ziel der Verordnung, die Wettbewerbsbedingungen im Straßentransportgewerbe zu harmonisieren, zuwiderliefe, würde man es den einzelnen Mitgliedstaaten gestatten, in dieser Sache besondere Vorschriften zu erlassen.

    82.

    Nach Ansicht der belgischen und der deutschen Regierung ist diese Frage zu verneinen. Die belgische Regierung hebt insbesondere hervor, die Zuständigkeit zur Festlegung eines solchen Verbots verbleibe bei ihr, was dadurch gerechtfertigt sei, dass es dem wichtigen Belang des Arbeitnehmerschutzes diene, z. B. als Maßnahme gegen Sozialdumping sowie zur Gewährleistung der Straßenverkehrssicherheit. Nach den Ausführungen der deutschen Regierung verfügen die Mitgliedstaaten über die Zuständigkeit, Vorschriften zum Schutz gegen gefährliche und missbräuchliche Situationen wie etwa solche betreffend Ruhebereiche oder Parkmöglichkeiten für Fahrer zu erlassen. Ein solches Verbot stelle eine sinnvolle ergänzende Maßnahme dar, um die Ziele der Verordnung zu erreichen, die Fahrer zu schützen und die Straßenverkehrssicherheit zu erhöhen.

    83.

    Legt man Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 so aus, dass es einem Fahrer erlaubt ist, auf eigenen Wunsch wöchentliche (sowie tägliche) Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen, meine ich, dass es den Mitgliedstaaten nicht gestattet ist, nationale Rechtsvorschriften zu erlassen, die es dem Fahrer verbieten, regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen. Unter diesen Umständen stünde ein solches Verbot im direkten Widerspruch zu der obigen Bestimmung, wie sie vom Gerichtshof ausgelegt wird, d. h., es würde dem Fahrer etwas verbieten, was gemäß den Bestimmungen des Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 erlaubt ist ( 52 ).

    84.

    Dementsprechend gelange ich zu folgendem Ergebnis: Sollte der Gerichtshof entscheiden, Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 sei so auszulegen, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbringen dürfe, steht die Verordnung Nr. 561/2006 nationalen Vorschriften entgegen, die wie Art. 2 des angefochtenen Erlasses dem Fahrer dies verbieten.

    IV. Ergebnis

    85.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des Raad van State (Staatsrat, Belgien) wie folgt zu beantworten:

    1.

    Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 ist dahin auszulegen, dass der Fahrer die in deren Art. 8 Abs. 6 angesprochenen regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf.

    2.

    Die Prüfung der zweiten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 in Verbindung mit deren Art. 19 unter dem Gesichtspunkt des in Art. 49 der Charta verankerten Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen beeinträchtigen könnte.

    3.

    Die dritte Frage braucht nicht beantwortet zu werden.

    Hilfsweise, für den Fall, dass Art. 8 Abs. 6 und 8 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass der Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbringen darf, steht die Verordnung Nr. 561/2006 nationalen Vorschriften wie Art. 2 des angefochtenen Erlasses entgegen, die es dem Fahrer verbieten, die in Art. 8 Abs. 6 dieser Verordnung angesprochenen regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen.


    ( 1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

    ( 2 ) Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. 2006, L 102, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 561/2006).

    ( 3 ) Belgisch Staatsblad vom 11. Juni 2014, S. 44159.

    ( 4 ) Gemäß dem diesem beigefügten „Bericht an den König“ ist der angefochtene Erlass Teil eines vom belgischen Ministerrat am 28. November 2013 angenommenen Aktionsplans zur Bekämpfung der betrügerischen Entsendung von EU-Arbeitnehmern nach Belgien (sogenanntes Sozialdumping).

    ( 5 ) Vgl. z. B. Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 25).

    ( 6 ) Art. 94 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs sieht vor, dass das Vorabentscheidungsersuchen außer den dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen „eine Darstellung der Gründe, aus denen das vorlegende Gericht Zweifel bezüglich der Auslegung oder der Gültigkeit bestimmter Vorschriften des Unionsrechts hat, und den Zusammenhang, den es zwischen diesen Vorschriften und dem auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Recht herstellt“, enthalten muss. Vgl. auch Empfehlungen an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen (ABl. 2016, C 439, S. 1), Nrn. 7 und 15.

    ( 7 ) Vgl. z. B. Urteil vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 24 und 25).

    ( 8 ) Vgl. Urteil vom 22. Oktober 1987, Foto-Frost (C‑314/85, EU:C:1987:452, Rn. 12 bis 20).

    ( 9 ) Im Beschluss vom 18. Februar 2016, Ś. u. a. (C‑325/15, EU:C:2016:107, Rn. 22 bis 37), hat der Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass eine vergleichbare Frage offensichtlich unzulässig war, weil die Gründe für die Vorlage der Frage nicht ausreichend dargelegt worden seien.

    ( 10 ) Die belgische Regierung verweist insbesondere auf folgende Antwort der Kommission auf eine Parlamentarische Anfrage aus dem Jahr 2007: „Legt der Fahrer die regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeiten nicht am Standort ein, dürfen diese Zeiten nicht im Fahrzeug verbracht werden.“ Parlamentarische Anfrage E‑4333/2007, 3. Oktober 2007, zweiter Absatz. Seitdem hat die Kommission eine Vielzahl von Anfragen zu der vorliegenden Thematik beantwortet, wobei die Antworten mehrere ähnliche Erklärungen enthalten (vgl. beispielsweise Parlamentarische Anfragen E‑005884/2014, 9. September 2014, Nr. 1, zweiter Absatz; E‑006597/2014 und E‑007161/14, 23. Oktober 2014, erster Absatz; E‑000351/2015, 3. März 2015, erster Absatz), während die Kommission in einer kürzlich erteilten Antwort erklärt hat, dass die Antwort auf die Frage nicht klar sei (Parlamentarische Anfrage E‑010601/2015, 17. September 2015, zweiter Absatz).

    ( 11 ) Vgl. z. B. Urteile vom 16. Juli 2015, Lanigan (C‑237/15 PPU, EU:C:2015:474, Rn. 35), und vom 13. Oktober 2016, Mikołajczyk (C‑294/15, EU:C:2016:772, Rn. 26).

    ( 12 ) Vgl. beispielsweise Urteil vom 27. Oktober 2016, Kommission/Deutschland (C‑220/15, EU:C:2016:815, Rn. 39).

    ( 13 ) Urteil vom 9. Juni 2016, Eurospeed (C‑287/14, EU:C:2016:420, Rn. 33).

    ( 14 ) Vgl. z. B. Urteile vom 11. September 2014, Kommission/Deutschland (C‑525/12, EU:C:2014:2202, Rn. 47), und vom 16. November 2016, DHL Express (Österreich) (C‑2/15, EU:C:2016:880, Rn. 26).

    ( 15 ) Vgl. z. B. Urteil vom 16. April 2015, Angerer (C‑477/13, EU:C:2015:239, Rn. 33), Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet in der Rechtssache Karen Mills Fashions (C‑345/13, EU:C:2014:206, Nrn. 79 bis 82).

    ( 16 ) Ursprünglich bestimmte Art. 11 Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 543/69 des Rates vom 25. März 1969 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. 1969, L 77, S. 49) (im Folgenden: Verordnung Nr. 543/69): „Die Tagesruhezeit muss außerhalb des Fahrzeugs verbracht werden. Ist das Fahrzeug jedoch mit einer Schlafkabine ausgestattet, so kann die Tagesruhezeit bei stillstehendem Fahrzeug in dieser Kabine verbracht werden.“ Später sah Art. 8 Abs. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. 1985, L 370, S. 1), mit der die Verordnung Nr. 543/69 aufgehoben wurde, Folgendes vor: „Die tägliche Ruhezeit kann im Fahrzeug verbracht werden, sofern es mit einer Schlafkabine ausgestattet ist und nicht fährt.“

    ( 17 ) KOM(2001) 573 endgültig vom 12. Oktober 2001. In Nr. 3.14 seiner Stellungnahme zu diesem Vorschlag (ABl. 2002, C 221, S. 19) hat der Wirtschafts- und Sozialausschuss erklärt, es „wäre wünschenswert, dass die wöchentliche Ruhepause außerhalb des Fahrzeugs verbracht wird“.

    ( 18 ) Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Januar 2003 (ABl. 2004, C 38 E, S. 152).

    ( 19 ) Bericht des Europäischen Parlaments, 12. November 2002, A5‑0388/2002 Final, Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, 29. Mai 2002, Änderungsantrag 22.

    ( 20 ) Begründung, KOM(2003) 490 endgültig vom 11. August 2003 (Nr. 26).

    ( 21 ) Gemeinsamer Standpunkt des Rates, Dok. 11337/2/04 REV 2, 9. Dezember 2004, S. 5, und Dok. 11337/2/04 REV 2 ADD 1, 9. Dezember 2004, S. 19.

    ( 22 ) Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. April 2005 (ABl. 2006, C 33 E, S. 424); Bericht des Europäischen Parlaments, 23. März 2005, A6‑0076/2005 Final, Änderungsantrag 31.

    ( 23 ) KOM(2005) 0301 endgültig vom 27. Juni 2005, Nr. 4.2.2, erster Absatz.

    ( 24 ) Gemeinsamer Entwurf nach Billigung durch den Vermittlungsausschuss, Dok. PE‑CONS 3671/3/05 REV 3, 31. Januar 2006; Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. Februar 2006; Dok. 7580/06 vom 21. März 2006.

    ( 25 ) Meine Schlussanträge in der Rechtssache Pinckernelle (C‑535/15, EU:C:2016:996, Nr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 26 ) Vgl. z. B. Art. 8 Abs. 3 und Art. 8 Abs. 6a der Verordnung Nr. 561/2006.

    ( 27 ) Vgl. z. B. 34. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 561/2006.

    ( 28 ) Richtlinie 2006/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über Mindestbedingungen für die Durchführung der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr sowie zur Aufhebung der Richtlinie 88/599/EWG des Rates (ABl. 2006, L 102, S. 35) (im Folgenden: Richtlinie 2006/22)

    ( 29 ) Vgl. den jüngsten Bericht der Kommission über die Durchführung der Verordnung Nr. 561/2006, COM(2014) 709 final vom 21. November 2014, S. 2.

    ( 30 ) Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben (ABl. 2002, L 80, S. 35).

    ( 31 ) Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. 2014, L 60, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 165/2014).

    ( 32 ) Siehe oben, Nr. 28.

    ( 33 ) Richtlinie 2009/5/EG der Kommission vom 30. Januar 2009 zur Änderung von Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestbedingungen für die Durchführung der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr (ABl. 2009, L 29, S. 45).

    ( 34 ) Vgl. Bericht der Kommission, KOM(2009) 225 endgültig vom 15. Mai 2009, S. 2.

    ( 35 ) Verordnung (EU) 2016/403 der Kommission vom 18. März 2016 zur Ergänzung der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Einstufung schwerwiegender Verstöße gegen die Unionsvorschriften, die zur Aberkennung der Zuverlässigkeit der Kraftverkehrsunternehmer führen können, sowie zur Änderung von Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2016, L 74, S. 8) (im Folgenden: Verordnung 2016/403 der Kommission).

    ( 36 ) Verordnung 2016/403 der Kommission, elfter Erwägungsgrund und Art. 2

    ( 37 ) Vgl. hierzu Urteile vom 9. Februar 2012, Urbán (C‑210/10, EU:C:2012:64, Rn. 25), vom 9. Juni 2016, Eurospeed (C‑287/14, EU:C:2016:420, Rn. 38 und 39 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 19. Oktober 2016, EL‑EM‑2001 (C‑501/14, EU:C:2016:777, Rn. 21). Art. 1 der Verordnung Nr. 561/2006 bestimmt darüber hinaus: „Ziel dieser Verordnung ist es ferner, zu einer besseren Kontrolle und Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten sowie zu einer besseren Arbeitspraxis innerhalb des Straßenverkehrsgewerbes beizutragen.“

    ( 38 ) Vgl. oben, Nr. 46.

    ( 39 ) Verfügbar unter https://ec.europa.eu/transport/modes/road/consultations/2016-social-legislation-road_en. Den Beteiligten wurden zwei Fragebögen übermittelt, die Fragen zu dieser Problematik enthielten. Vgl. allgemeiner Fragebogen, Fragen 14 und 20; besonderer Fragebogen, Fragen 13 und 21.

    ( 40 ) Europäische Kommission, Ex-post-Bewertung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr und ihrer Durchsetzung, Schlussbericht, Studienauftrag Nr. MOVE/D3/2014-256, Juni 2016, verfügbar unter http://ec.europa.eu/transport/sites/transport/files/facts-fundings/evaluations/doc/2016-Ex-post-eval-road-transport-social-legislation-final-report.pdf (im Folgenden: Studie).

    ( 41 ) Vgl. insbesondere Studie S. 28, 63 bis 65, 71, 134 und 135.

    ( 42 ) Studie, Anhang A, Abschnitt 9.1.1, S. 209 und 210.

    ( 43 ) Von insgesamt 26 Staaten einschließlich Norwegen und der Schweiz. Irland, Italien, Malta und Spanien sind nicht aufgeführt.

    ( 44 ) Österreich, Belgien, Kroatien, Zypern, Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Ungarn, die Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Schweden und Vereinigtes Königreich.

    ( 45 ) Bulgarien, Kroatien, Deutschland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Polen und Slowakei.

    ( 46 ) Kroatien, Polen und Slowakei.

    ( 47 ) Art. 49 Abs. 1 – mit Ausnahme des letzten Satzes und von Abs. 2 – der Charta entspricht Art. 7 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Vgl. Erläuterungen zur Charta der Grundrechte (ABl. 2007, C 303, S. 17), Erläuterungen zu Art. 49 und zu Art. 52 Nr. 1 zwölfter Gedankenstrich.

    ( 48 ) Vgl. z. B. Urteile vom 3. Juni 2008, Intertanko u. a. (C‑308/06, EU:C:2008:312, Rn. 70 und 71 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 29. März 2011, ThyssenKrupp Nirosta/Kommission (C‑352/09 P, EU:C:2011:191, Rn. 80). Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Taricco u. a. (C‑105/14, EU:C:2015:293, Nr. 113). Vgl. z. B. auch Urteile des EGMR vom 21. Oktober 2013, Del Río Prada/Spanien (EG:EGMR:2013:1021JUD004275009, §§ 77 bis 80 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 20. Oktober 2015, Vasiliauskas/Litauen (EG:EGMR:2015:1020JUD004534305, § 154 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 49 ) Vgl. z. B. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission (C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie z. B. Urteil des EGMR vom 20. Oktober 2015, Vasiliauskas/Litauen (EG:EGMR:2015:1020JUD004534305, § 155 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 50 ) Nach dem 26. Erwägungsgrund sowie Art. 18 und Art. 19 Abs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 561/2006 liegt es in der Verantwortung der Mitgliedsstaaten, Sanktionen festzulegen, die bei Verstößen gegen diese Verordnung zu verhängen sind, und deren Durchsetzung zu gewährleisten. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig, abschreckend und nicht diskriminierend sein und können finanzielle Sanktionen umfassen. Ferner kann nach dem 27. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 561/2006 die Verantwortung von Verkehrsunternehmen und Fahrern wegen Verstößen gegen diese Verordnung „in den Mitgliedstaaten gegebenenfalls strafrechtliche, zivilrechtliche oder verwaltungsrechtliche Sanktionen zur Folge haben“. Der Gerichtshof hat vor dem Hintergrund einiger dieser Bestimmungen den Standpunkt vertreten, das mit der Verordnung Nr. 561/2006 verfolgte Ziel sei nicht die Harmonisierung der Sanktionen, da die Verordnung den Mitgliedstaaten die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen und Sanktionen freistelle. Dem 27. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 561/2006 sei zudem unzweifelhaft zu entnehmen, dass die Mitgliedsstaaten im Hinblick auf die Art der anwendbaren Sanktionen über einen weiten Ermessensspielraum verfügten. Urteil vom 19. Oktober 2016, EL‑EM‑2001 (C‑501/14, EU:C:2016:777, Rn. 25 und 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 51 ) Mit anderen Worten: Die vorliegende Rechtssache kann nicht einem Streitfall gleichgestellt werden, in dem im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens die Gültigkeit eines Unionsrechtsakts wegen Verstoßes gegen in der Charta verankerte Grundrechte geprüft wird, sondern betrifft vielmehr die Durchführung von Unionsrecht durch einen Mitgliedstaat. Vgl. z. B. Urteile vom 8. April 2014, Digital Rights Ireland u. a. (C‑293/12 und C‑594/12, EU:C:2014:238), und vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 152 bis 165).

    ( 52 ) Vgl. hierzu Urteile vom 15. Juli 1964, Costa (C‑6/64, EU:C:1964:66, S. 1253, insbesondere S. 1270 und 1271), und vom 26. Februar 2013, Melloni (C‑399/11, EU:C:2013:107, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

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