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Document 62016CC0078

Schlussanträge des Generalanwalts Y. Bot vom 12. Mai 2016.
Giovanni Pesce u. a. gegen Presidenza del Consiglio dei Ministri u. a.
Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale Amministrativo Regionale per il Lazio.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Pflanzenschutz – Richtlinie 2000/29/EG – Schutz der Europäischen Union gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse – Durchführungsbeschluss (EU) 2015/789 – Maßnahmen zum Schutz der Union gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Xylella fastidiosa (Wells und Raju) – Art. 6 Abs. 2 Buchst. a – Pflicht zur unverzüglichen Entfernung der Wirtspflanzen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand, auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen – Gültigkeit – Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2000/29 – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Vorsorgeprinzip – Begründungspflicht – Anspruch auf Entschädigung.
Verbundene Rechtssachen C-78/16 und C-79/16.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2016:340

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

YVES BOT

vom 12. Mai 2016 ( 1 )

Verbundene Rechtssachen C‑78/16 und C‑79/16

Giovanni Pesce u. a. (C‑78/16),

Cesare Serinelli u. a. (C‑79/16)

gegen

Presidenza del Consiglio dei Ministri (C‑79/16),

Presidenza del Consiglio dei Ministri – Dipartimento della Protezione Civile,

Commissario Delegato per Fronteggiare il Rischio Fitosanitario connesso alla Diffusione della Xylella nel Territorio della Regione Puglia,

Ministero delle Politiche Agricole Alimentari e Forestali,

Regione Puglia

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale amministrativo regionale per il Lazio [Verwaltungsgericht für die Region Latium, Italien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Richtlinie 2000/29/EG — Schutz von Pflanzen gegen die Einschleppung von Schadorganismen in die Europäische Union — Durchführungsbeschluss 2015/789/EU zur Verhinderung der Einschleppung und Ausbreitung von Xylella fastidiosa — Entfernung der Wirtspflanzen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand — Verhältnismäßigkeit — Anspruch auf Entschädigung“

I – Einleitung

1.

Xylella fastidiosa ist eine phytopathogene Bakterie, die bei vielen Kultur- oder Wildpflanzen die Leitgefäße angreift ( 2 ) und zum Tod der Pflanzen durch Austrocknung führen kann ( 3 ).

2.

Die in Nord- und Südamerika heimische ( 4 ) Bakterie wurde in Europa erstmals im Oktober 2013 in der Region Apulien (Italien) an Olivenbäumen beobachtet, bevor sie im Juli 2015 in Korsika (Frankreich) an exotischen Ziersträuchern sowie in Spanien an Ginsterpflanzen festgestellt wurde sowie im Oktober desselben Jahres im Departement Alpes-Maritimes (Frankreich) an derselben Strauchart wie in Korsika.

3.

Die genetisch vielfältige Bakterie hat mehrere Unterarten, die jeweils verschiedene Pflanzen angreifen ( 5 ). Sie verbreitet sich auf natürlichem Weg durch kleine Insekten, die sich vom Saft der befallenen Pflanzen ernähren.

4.

In Italien hat Xylella fastidiosa hauptsächlich den Olivenbaum befallen, der in den Mittelmeeranrainerstaaten eine erhebliche wirtschaftliche ( 6 ), kulturelle ( 7 ) und ökologische Bedeutung hat. Während die Prophylaxemaßnahmen, einschließlich des Rodens der Bäume, in den bereits von der Bakterie befallenen Regionen Bestürzung ausgelöst haben, hat das Risiko der Ausbreitung in noch nicht befallenen Regionen zu großer Beunruhigung geführt.

5.

Die Europäische Kommission wählte zur Tilgung der Bakterie eine Strategie, die durch eine schrittweise Verschärfung des eingesetzten Instrumentariums gekennzeichnet ist.

6.

Zwischen Februar 2014 und Dezember 2015 wurden nacheinander vier Durchführungsbeschlüsse auf der Grundlage der Richtlinie 2000/29/EG des Rates vom 8. Mai 2000 über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse ( 8 ) erlassen, genauer gesagt aufgrund ihres Art. 16 Abs. 3 Satz 3, der die Kommission ermächtigt, die „erforderlichen Maßnahmen“ zu erlassen, wenn die in Anhang I Teil A Kapitel I dieser Richtlinie aufgezählten Schadorganismen festgestellt werden, zu denen die Bakterie Xylella fastidiosa (Well und Raju) gehört.

7.

Mit ihrem ersten Durchführungsbeschluss 2014/87/EU vom 13. Februar 2014 ( 9 ) untersagte die Kommission die Verbringung zum Anpflanzen bestimmter Pflanzen aus der Provinz Lecce (Italien), schrieb die Durchführung jährlicher amtlicher Erhebungen über das Vorkommen von Xylella fastidiosa vor und gab den Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass eine Person, die feststellt oder Grund zu der Annahme hat, dass die Bakterie vorkommt, dies der zuständigen Behörde innerhalb von zehn Tagen meldet.

8.

Mit ihrem zweiten Durchführungsbeschluss 2014/497/EU vom 23. Juli 2014 ( 10 ) beschränkte die Kommission die Verbringung der Wirtspflanzen von Xylella fastidiosa und machte ihre Einfuhr in die Union von mehreren Voraussetzungen abhängig, wenn ihr Ursprung in Drittländern liegt, in denen die Bakterie bekanntermaßen vorkommt. Um die Bakterie zu tilgen und ihre Ausbreitung zu verhüten, gab die Kommission den Mitgliedstaaten zudem auf, erforderlichenfalls aus einer „Befallszone“ und einer „Pufferzone“ bestehende „abgegrenzte Gebiete“ festzulegen, in denen die Mitgliedstaaten insbesondere die befallenen Pflanzen sowie alle Pflanzen mit Symptomen, die auf einen möglichen Befall hindeuten, und alle Pflanzen, bei denen ein Befall als wahrscheinlich gilt, entfernen müssen.

9.

Mit ihrem dritten Durchführungsbeschluss (EU) 2015/789 vom 18. Mai 2015 ( 11 ) erweiterte die Kommission, gestützt auf das am 6. Januar 2015 von der EFSA veröffentlichte wissenschaftliche Gutachten über die Bedrohung der Pflanzengesundheit durch Xylella fastidiosa (Wells et al.), zunächst die Liste der anfälligen Pflanzenarten und schrieb angesichts der Lage in Süditalien vor, dass die Befallszone mindestens die gesamte Provinz Lecce umfasst, wobei die diese Zone umgebende Pufferzone mindestens 10 km breit sein muss. Die Kommission präzisierte sodann das Wesen der im abgegrenzten Gebiet zu ergreifenden „Tilgungsmaßnahmen“, indem sie dem betroffenen Mitgliedstaat aufgab, auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen nicht nur die Pflanzen, die bekanntermaßen befallen sind und Symptome aufweisen, die auf einen möglichen Befall hindeuten, und die Pflanzen, bei denen ein Befall als wahrscheinlich gilt, unverzüglich zu entfernen, sondern auch – unabhängig von ihrem Gesundheitszustand – „Wirtspflanzen“, die als die Pflanzen definiert wurden, die für die europäischen Isolate der Bakterie anfällig sind ( 12 ).

10.

Da die Kommission feststellte, dass die Bakterie in der Provinz Lecce nicht mehr getilgt werden kann, sah sie vor, dass die zuständige amtliche Stelle beschließen konnte, anstelle von Tilgungsmaßnahmen bloße „Eindämmungsmaßnahmen“ zu ergreifen, die „darauf abzielen, die Menge des bakteriellen Inokulums … zu verringern und die Vektorpopulation so klein wie möglich zu halten“ ( 13 ). Diese Maßnahmen bestanden hauptsächlich in der unverzüglichen Entfernung zumindest aller Pflanzen, bei denen ein Befall mit der Bakterie festgestellt wurde, wenn sie in der Nähe von Orten, die frei von Befall sind, in der Nähe von Flächen mit Pflanzen von besonderem kulturellen, sozialen oder wissenschaftlichen Wert oder an Orten stehen, die weniger als 20 km von der Grenze des Eindämmungsgebiets zum übrigen Unionsgebiet entfernt sind.

11.

Mit ihrem vierten Durchführungsbeschluss (EU) 2015/2417 vom 17. Dezember 2015 ( 14 ) änderte die Kommission schließlich den Durchführungsbeschluss 2015/789, um die Entwicklung des wissenschaftlichen Kenntnisstands zu berücksichtigen, und erstellte Notfallpläne auf der Ebene jedes Mitgliedstaats, um die Bekämpfung der Bakterie zu verbessern.

12.

Zur Durchführung dieser Beschlüsse der Kommission erließen die italienischen Behörden verschiedene Maßnahmen.

13.

Mit der Deliberazione della Giunta Regionale della Regione Puglia, n. 2023 – recante misure di emergenza per la prevenzione, il controllo e la eradicazione del batterio da quarantena Xylella fastidiosa associato al „Complesso del disseccamento rapido dell’olivo“ (Beschluss Nr. 2023 des Regionalrats der Region Apulien – Einführung von Dringlichkeitsmaßnahmen zur Prävention, Kontrolle und Tilgung der Erregerbakterie Xylella fastidiosa, die mit dem „Komplex der raschen Austrocknung des Olivenbaums“ zusammenhängt) vom 29. Oktober 2013 ergriff die Regione Puglia (Region Apulien) Dringlichkeitsmaßnahmen zur Prävention und zur Tilgung der Bakterie gemäß Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2000/29.

14.

Mit dem Decreto del Ministero delle Politiche Agricole Alimentari e Forestali (Dekret des Ministers für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten) vom 26. September 2014 ( 15 ) wurden die im Durchführungsbeschluss 2014/497 vorgesehenen Maßnahmen umgesetzt.

15.

Am 10. Februar 2015 erließ die Presidenza del Consiglio dei Ministri (Präsidium des Ministerrats) im Anschluss an die Deliberazione della Giunta Regionale della Regione Puglia n. 1842 – di richiesta di dichiarazione dello stato di emergenza fitosanitaria straordinaria (Beschluss Nr. 1842 des Regionalrats der Region Apulien – Antrag auf Ausrufung des außerordentlichen phytosanitären Notstands) vom 5. September 2014 einen Beschluss, mit dem aufgrund der Ausbreitung der pathogenen Erregerbakterie Xylella fastidiosa in der Region Apulien der Notstand ausgerufen wurde.

16.

Mit der Ordinanza della Presidenza del Consiglio dei Ministri – Dipartimento della Protezione Civile n. 225 (Beschluss Nr. 225 des Präsidiums des Ministerrats – Abteilung für Zivilschutz) vom 11. Februar 2015 wurde der Comandante regionale del Corpo Forestale dello Stato (Regionaler Kommandant der staatlichen Forstverwaltung) der Region Apulien zum bevollmächtigten Kommissar ernannt.

17.

Am 16. März 2015 nahm der bevollmächtigte Kommissar einen Plan zur rascheren Durchführung der im Dekret des Ministers für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 26. September 2014 vorgesehenen Maßnahmen an. Mit diesem Plan sollte eine Schutzzone zur Verhinderung der Ausbreitung der Bakterie in den Norden der Provinz Lecce geschaffen und die am stärksten befallene Zone verwaltet werden, um die Olivenbaumkultur in Salento (Italien) zu schützen.

18.

Mit dem Decreto del Ministero delle Politiche Agricole Alimentari e Forestali – recante misure di emergenza per la prevenzione, il controllo e l’eradicazione di Xylella fastidiosa (Wells e Raju) nel territorio della Repubblica italiana (Dekret des Ministers für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten – Einführung von Dringlichkeitsmaßnahmen zur Prävention, Kontrolle und Tilgung von Xylella fastidiosa [Wells und Raju] im Hoheitsgebiet der Italienischen Republik) vom 19. Juni 2015 ( 16 ) wurde der Durchführungsbeschluss 2015/789 umgesetzt.

19.

Die Art. 8 und 9 des Dekrets übernehmen im Wesentlichen den Inhalt von Art. 6 des Durchführungsbeschlusses über Tilgungsmaßnahmen und von dessen Art. 7 über Eindämmungsmaßnahmen.

20.

Ferner wurden die Eigentümer der betroffenen Grundstücke durch das Dekret zur Durchführung der Tilgungsmaßnahmen verpflichtet, wobei die Agenzia regionale per le Attività Irrigue e Forestali (Regionalbehörde für Bewässerung und Forsten) ermächtigt wurde, die Maßnahmen gegebenenfalls anstelle sich weigernder Eigentümer auf deren Kosten durchzuführen.

21.

Mit Beschluss vom 31. Juli 2015 verlängerte der Ministerrat die Dauer des Notstands um weitere 180 Tage.

22.

Am 30. September 2015 nahm der bevollmächtigte Kommissar, der am 3. Juli 2015 einen vorläufigen Plan für die in der Gemeinde Oria (Italien) durchzuführenden Dringlichkeitsmaßnahmen vorgelegt hatte, einen neuen Interventionsplan an, der im Wesentlichen die im Dekret vom 19. Juni 2015 vorgesehenen Maßnahmen übernahm.

23.

Am 1. Oktober 2015 wies der Dirigente del Servizio Agricultura della Regione Puglia (Leiter des Landwirtschaftlichen Dienstes der Region Apulien) die Eigentümer von Agrarflächen, auf denen befallene Olivenbäume stehen, an, die befallenen Bäume sowie alle Wirtspflanzen auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen zu fällen. Diese Entfernungsbeschlüsse, die den Klägern der Ausgangsverfahren am 3. und 4. Oktober 2015 zugestellt wurden, sahen auch vor, dass gegen sie im Fall der Nichtbefolgung der Anordnung zusätzliche Sanktionen in Form der Auferlegung der mit der Tilgung von Xylella fastidiosa verbundenen Kosten und einer Verwaltungsstrafe verhängt werden könnten.

24.

Mit einer Klage beim Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht für die Region Latium, Italien) gegen die Presidenza del Consiglio dei Ministri (Präsidium des Ministerrats) (Rechtssache C‑79/16), die Presidenza del Consiglio dei Ministri – Dipartimento della Protezione Civile (Präsidium des Ministerrats – Abteilung für Zivilschutz), den Commissario Delegato per Fronteggiare il Rischio Fitosanitario connesso alla Diffusione della Xylella nel Territorio della Regione Puglia (Bevollmächtigter Kommissar für die Bekämpfung des mit der Ausbreitung von Xylella im Gebiet der Region Apulien verbundenen pflanzengesundheitlichen Risikos), den Ministero delle Politiche Agricole Alimentari e Forestali (Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten) und die Regione Puglia (Region Apulien) haben Herr Giovanni Pesce (Rechtssache C‑78/16) und Herr Cesare Serinelli (Rechtssache C‑79/16) sowie in beiden Rechtssachen weitere Kläger, die alle Eigentümer von Agrarflächen im Gebiet der Gemeinde Torchiarolo (Italien) sind, die Nichtigerklärung der Entfernungsbeschlüsse sowie jedes vorausgegangenen, verbundenen oder nachfolgenden Rechtsakts beantragt.

25.

Da das Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht für die Region Latium) an der Gültigkeit des Durchführungsbeschlusses 2015/789 zweifelt, auf dessen Grundlage die von den Klägern der Ausgangsverfahren angefochtenen nationalen Maßnahmen erlassen wurden, hat es beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Stehen die Richtlinie 2000/29, insbesondere hinsichtlich ihrer Bestimmungen in den Art. 11 Abs. 3, 13c Abs. 7 und 16 Abs. 1 bis 3 und 5, sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Logik und der Vernunft der Anwendung des Art. 6 Abs. 2 und 4 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 entgegen, wie er durch Art. 8 Abs. 2 und 4 des Dekrets vom 19. Juni 2015 in italienisches Recht umgesetzt wurde, und zwar insoweit, als mit ihm die unverzügliche Entfernung der Wirtspflanzen unabhängig von ihrem Gesundheitszustand auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die Pflanzen, die getestet wurden und nachweislich vom spezifizierten Organismus befallen sind, angeordnet und in diesem Zusammenhang bestimmt wird, dass der betreffende Mitgliedstaat vor dem Entfernen der in Art. 6 Abs. 2 genannten Pflanzen geeignete Pflanzenschutzbehandlungen gegen die Vektoren des spezifizierten Organismus und an Pflanzen, die möglicherweise als Wirte für diese Vektoren dienen, durchführen muss, die auch im Entfernen der Pflanzen bestehen können?

2.

Steht die Richtlinie 2000/29, insbesondere hinsichtlich ihres Art. 16 Abs. 1, wo von „erforderlichen Maßnahmen zur Tilgung oder, falls dies nicht möglich ist, zur Eindämmung der … Schadorganismen“ die Rede ist, der Anwendung des Art. 6 Abs. 2 des Durchführungsbeschlusses 2015/789, wie er durch Art. 8 Abs. 2 des Dekrets vom 19. Juni 2015 in italienisches Recht umgesetzt wurde, entgegen, der die unverzügliche Entfernung der Wirtspflanzen unabhängig von ihrem Gesundheitszustand auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die Pflanzen, die getestet wurden und befallen sind, vorsieht?

3.

Stehen Art. 16 Abs. 1 bis 3 und 5 der Richtlinie 2000/29 sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Logik und des fairen Verfahrens einer Auslegung des Art. 6 Abs. 2 und 4 des Durchführungsbeschlusses 2015/789, wie er durch Art. 8 Abs. 2 und 4 des Dekrets vom 19. Juni 2015 in italienisches Recht umgesetzt wurde, dahin entgegen, dass die Tilgungsmaßnahme nach Art. 6 Abs. 2 vor und unabhängig von einer vorherigen Anwendung der Bestimmungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 aufgegeben werden kann?

4.

Stehen das Vorsorgeprinzip sowie die Grundsätze der Angemessenheit und der Verhältnismäßigkeit der Anwendung des Art. 6 Abs. 2 bis 4 des Durchführungsbeschlusses 2015/789, wie er durch Art. 8 Abs. 2 und 4 des Dekrets vom 19. Juni 2015 in italienisches Recht umgesetzt wurde, entgegen, der Tilgungsmaßnahmen in Bezug auf Wirtspflanzen auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die vom Organismus Xylella fastidiosa befallenen Pflanzen vorschreibt, und zwar ohne adäquate wissenschaftliche Unterstützung, durch die mit Gewissheit der Kausalzusammenhang zwischen dem Auftreten dieses Organismus und der Austrocknung der als befallen erkannten Pflanzen bestätigt wird?

5.

Stehen Art. 296 Abs. 2 AEUV und Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ( 17 ) der Anwendung des Art. 6 Abs. 2 und 4 des Durchführungsbeschlusses 2015/789, der die unverzügliche Entfernung der Wirtspflanzen unabhängig von ihrem Gesundheitszustand auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die Pflanzen, die getestet wurden und befallen sind, vorsieht, insofern entgegen, als es diesem Beschluss an einer angemessenen Begründung mangelt?

6.

Stehen die Grundsätze der Angemessenheit und der Verhältnismäßigkeit der Anwendung des Durchführungsbeschlusses 2015/789, wie er mit dem Dekret vom 19. Juni 2015 in italienisches Recht umgesetzt wurde, entgegen, der Maßnahmen zur Entfernung der Wirtspflanzen unabhängig von ihrem Gesundheitszustand, der Pflanzen, die bekanntermaßen von dem spezifizierten Organismus befallen sind, und der Pflanzen mit Symptomen, die auf einen möglichen Befall durch den Organismus Xylella fastidiosa hindeuten, oder bei denen ein Befall als wahrscheinlich gilt, vorsieht, ohne für irgendeine Art von Entschädigung der an der Ausbreitung dieses Organismus unschuldigen Eigentümer zu sorgen?

26.

Da mit den vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen die Gültigkeit des Durchführungsbeschlusses 2015/789 in Frage gestellt wird, wird mit ihnen die zugrunde liegende Frage aufgeworfen, ob es der Kommission mit dem Erlass dieses Beschlusses gelungen ist, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Bestreben, noch nicht von der Bakterie befallene Gebiete zu schützen, und der Wahrung der Interessen von Eigentümern und Pächtern der in den bereits befallenen Gebieten gelegenen Grundstücke herbeizuführen.

27.

In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich darlegen, dass die in Art. 6 Abs. 2 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 vorgeschriebene Maßnahme der Entfernung von Pflanzen vom betreffenden Mitgliedstaat nach Anwendung der in Art. 6 Abs. 4 des Beschlusses vorgesehenen Pflanzenschutzbehandlungen durchgeführt werden muss und dass sich die verschiedenen in der letztgenannten Bestimmung – die der Begründungspflicht genügt – vorgesehenen Maßnahmen nicht widersprechen.

28.

Ich werde auch darlegen, dass die Kommission die ihr durch Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2000/29 übertragenen Durchführungsbefugnisse nicht überschritten hat und weder gegen das Vorsorgeprinzip noch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen hat, als sie die unverzügliche Entfernung der Wirtspflanzen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand, auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen vorsah.

29.

Ich werde ausführen, dass sich aus Art. 17 der Charta für die Eigentümer der vernichteten Pflanzen ein Anspruch auf eine Entschädigung ergibt, die in angemessenem Verhältnis zum Wert dieser Güter steht, und dass das Fehlen einer Regelung dieses Punktes in der Richtlinie 2000/29 und im Durchführungsbeschluss 2015/789 nicht als Ausschluss eines solchen Anspruchs ausgelegt werden kann. Daraus folgt meines Erachtens, dass die Mitgliedstaaten, wenn sie beim Erlass von Maßnahmen gemäß dem Durchführungsbeschluss 2015/789 das Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta durchführen, verpflichtet sind, eine Entschädigungsregelung einzuführen.

30.

Ich werde zu dem Ergebnis kommen, dass die Prüfung der Fragen nichts ergeben hat, was die Gültigkeit des Durchführungsbeschlusses 2015/789 berühren könnte.

II – Rechtlicher Rahmen

A – Richtlinie 2000/29

31.

Am 8. Mai 2000 erließ der Rat der Europäischen Union die Richtlinie 2000/29, mit der die Richtlinie 77/93/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse ( 18 ) kodifiziert wurde, die mehrfach geändert worden war ( 19 ).

32.

Art. 16 der Richtlinie 2000/29 lautet:

„(1)   Kommen Schadorganismen des Anhangs I Teil A Kapitel I oder des Anhangs II Teil A Kapitel I im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats vor oder treten Schadorganismen des Anhangs I Teil A Kapitel II oder des Anhangs I Teil B bzw. des Anhangs II Teil A Kapitel II oder des Anhangs II Teil B in einem Teil des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats auf, in dem ihr Vorkommen bislang nicht bekannt war, so unterrichtet der betreffende Mitgliedstaat hiervon unverzüglich in schriftlicher Form die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten.

Er trifft alle erforderlichen Maßnahmen zur Tilgung oder, falls dies nicht möglich ist, zur Eindämmung der betreffenden Schadorganismen. Er unterrichtet die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten über die getroffenen Maßnahmen.

(2)   Treten Schadorganismen, die weder in Anhang I noch in Anhang II aufgeführt sind und deren Vorkommen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats bislang nicht bekannt war, dort tatsächlich auf oder besteht ein entsprechender Verdacht, so unterrichtet der betreffende Mitgliedstaat hiervon unverzüglich in schriftlicher Form die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten. Er teilt der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten ferner die Schutzmaßnahmen mit, die er getroffen hat bzw. die er zu treffen beabsichtigt. Diese müssen unter anderem jedem Risiko der Ausbreitung der betreffenden Schadorganismen im Gebiet der anderen Mitgliedstaaten vorbeugen.

Der betreffende Mitgliedstaat trifft hinsichtlich der Partien von Pflanzen, Pflanzenerzeugnissen oder anderen Gegenständen aus Drittländern, von denen angenommen wird, dass sie eine unmittelbare Gefahr der Einschleppung oder der Ausbreitung der in Absatz 1 und in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes genannten Schadorganismen mit sich bringen, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz des Gebiets der Gemeinschaft und teilt diese der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten mit.

Besteht nach Auffassung eines Mitgliedstaats eine andere als die in Unterabsatz 2 genannte unmittelbare Gefahr, so unterrichtet er unverzüglich in schriftlicher Form die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten über die Maßnahmen, die er für wünschenswert hält. Ist er der Ansicht, dass diese Maßnahmen nicht in angemessener Frist getroffen werden, um die Einschleppung oder die Ausbreitung von Schadorganismen in seinem Gebiet zu verhindern, so kann er vorläufig die seines Erachtens erforderlichen zusätzlichen Vorkehrungen treffen, die dann bis zur Festlegung von Maßnahmen gemäß Absatz 3 durch die Kommission gelten.

Die Kommission legt dem Rat bis zum 31. Dezember 1992 einen Bericht über das Funktionieren dieser Bestimmung, gegebenenfalls mit entsprechenden Vorschlägen, vor.

(3)   Bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Fällen prüft die Kommission die Situation baldmöglichst im Ständigen Ausschuss für Pflanzenschutz. Untersuchungen an Ort und Stelle können unter Aufsicht der Kommission gemäß den entsprechenden Bestimmungen des Artikels 21 durchgeführt werden. Nach dem Verfahren des Artikels 18 Absatz 2 können auf der Grundlage einer Schadorganismus-Risikoanalyse bzw. in den Fällen nach Absatz 2 einer vorläufigen Schadorganismus-Risikoanalyse die erforderlichen Maßnahmen einschließlich eines etwaigen Beschlusses über die Rücknahme oder Änderung der von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen erlassen werden. Die Kommission verfolgt die Entwicklung der Situation und nimmt dementsprechend nach demselben Verfahren die Änderung oder Aufhebung der vorgenannten Maßnahmen vor. Bis zur Genehmigung einer Maßnahme nach dem vorgenannten Verfahren kann der Mitgliedstaat die Maßnahmen aufrechterhalten, die er angewandt hat.

(4)   Die Durchführungsbestimmungen zu den Absätzen 1 und 2 werden erforderlichenfalls nach dem Verfahren gemäß Artikel 18 Absatz 2 erlassen.

(5)   Sind der Kommission die Maßnahmen, die in Anwendung der Absätze 1 oder 2 getroffen wurden, nicht mitgeteilt worden oder hält sie die getroffenen Maßnahmen für unzulänglich, so kann sie bis zur Sitzung des Ständigen Ausschusses für Pflanzenschutz auf der Grundlage einer vorläufigen Schadorganismus-Risikoanalyse vorläufige Schutzmaßnahmen erlassen, um den betreffenden Schadorganismus auszumerzen bzw., wenn dies nicht möglich ist, seine Verbreitung zu verhindern. Diese Maßnahmen werden vom Ständigen Ausschuss für Pflanzenschutz nach dem Verfahren des Artikels 18 Absatz 2 so schnell wie möglich bestätigt, geändert oder annulliert.“

33.

Art. 18 der Richtlinie 2000/29 bestimmt:

„(1)   Die Kommission wird von dem mit Beschluss 76/894/EWG[ ( 20 )] eingesetzten Ständigen Ausschuss für Pflanzenschutz … unterstützt.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG[ ( 21 )].

Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468 … wird auf drei Monate festgesetzt.

…“

34.

Nach Anhang I Teil A Kapitel I Buchst. b der Richtlinie 2000/29 gehört die Bakterie Xylella fastidiosa (Well und Raju) zu den Schadorganismen, deren Einschleppung in die und Ausbreitung in den Mitgliedstaaten verboten ist.

B – Durchführungsbeschluss 2015/789

35.

Art. 1 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 definiert den Begriff „spezifizierter Organismus“ dahin, dass er alle europäischen und außereuropäischen Isolate von Xylella fastidiosa (Wells et al.) erfasst. Dieser Artikel unterscheidet ferner zwischen den in Anhang I des Beschlusses aufgezählten „spezifizierte[n] Pflanzen“ und den in Anhang II aufgezählten „Wirtspflanzen“, wobei Erstere alle Pflanzen sind, die bekanntermaßen für den spezifizierten Organismus anfällig sind, während die Wirtspflanzen bekanntermaßen nur für die europäischen Isolate der Bakterie anfällig sind.

36.

Art. 4 („Festlegung abgegrenzter Gebiete“) des Durchführungsbeschlusses 2015/789 bestimmt:

„(1)   Wird das Auftreten des spezifizierten Organismus bestätigt, nimmt der betroffene Mitgliedstaat unverzüglich in Übereinstimmung mit Absatz 2 die Abgrenzung eines Gebiets … vor.

(2)   Das abgegrenzte Gebiet besteht aus einer Befallszone und einer Pufferzone.

Die Befallszone umfasst alle Pflanzen, die bekanntermaßen von dem spezifizierten Organismus befallen sind, alle Pflanzen, die Symptome aufweisen, welche auf einen möglichen Befall von diesem Organismus hindeuten, sowie alle anderen Pflanzen, die aufgrund ihrer unmittelbaren Nähe zu befallenen Pflanzen möglicherweise von diesem Organismus befallen sind oder weil sie – soweit bekannt – eine mit befallenen Pflanzen gemeinsame Erzeugungsquelle haben, oder aus befallenen Pflanzen hervorgegangene Pflanzen.

Im Hinblick auf das Vorkommen des spezifizierten Organismus in der Provinz Lecce umfasst die Befallszone mindestens die gesamte Provinz.

Die die Befallszone umgebende Pufferzone muss mindestens zehn Kilometer breit sein.

Die genaue Abgrenzung der Zonen muss anhand fundierter wissenschaftlicher Grundsätze, der Biologie des spezifizierten Organismus und dessen Vektoren, des Befallsgrads, des Vorkommens der Vektoren und der Verbreitung spezifizierter Pflanzen in dem betroffenen Gebiet erfolgen.

(3)   Wird in der Pufferzone ein Vorkommen des spezifizierten Organismus festgestellt, so werden die Grenzen der Befalls- und der Pufferzone unverzüglich überprüft und entsprechend geändert.

(4)   Auf der Grundlage der Meldungen der Mitgliedstaaten gemäß dem Durchführungsbeschluss 2014/917/EU der Kommission[ ( 22 )] erstellt und aktualisiert die Kommission eine Liste der abgegrenzten Gebiete und übermittelt diese Liste an die Mitgliedstaaten.

(5)   Wird anlässlich der Erhebungen gemäß Artikel 3 und der Überwachung gemäß Artikel 6 Absatz 7 der spezifizierte Organismus über einen Zeitraum von fünf Jahren in einem abgegrenzten Gebiet nicht mehr nachgewiesen, kann die Abgrenzung aufgehoben werden. Der betroffene Mitgliedstaat meldet dies der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten.

…“

37.

In Art. 6 („Tilgungsmaßnahmen“) des Durchführungsbeschlusses 2015/789 heißt es:

„(1)   Der Mitgliedstaat, der das in Artikel 4 genannte abgegrenzte Gebiet festgelegt hat, ergreift in diesem Gebiet die Maßnahmen gemäß den Absätzen 2 bis 11.

(2)   Der betroffene Mitgliedstaat entfernt auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die Pflanzen, die getestet wurden und nachweislich mit dem spezifizierten Organismus befallen sind, unverzüglich

a)

Wirtspflanzen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand;

b)

Pflanzen, die bekanntermaßen von dem spezifizierten Organismus befallen sind;

c)

Pflanzen mit Symptomen, die auf einen möglichen Befall durch den Organismus hindeuten, und Pflanzen, bei denen ein Befall als wahrscheinlich gilt.

(3)   Der betroffene Mitgliedstaat nimmt in Übereinstimmung mit dem Internationalen Standard für pflanzengesundheitliche Maßnahmen ISPM Nr. 31 … auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um jede der befallenen Pflanzen Proben von den spezifizierten Pflanzen und testet diese.

(4)   Der betroffene Mitgliedstaat führt vor dem Entfernen der in Absatz 2 genannten Pflanzen geeignete Pflanzenschutzbehandlungen gegen die Vektoren des spezifizierten Organismus und an Pflanzen durch, die möglicherweise als Wirte für diese Vektoren dienen. Eine solche Behandlung kann auch im Entfernen von Pflanzen bestehen.

(5)   Der betroffene Mitgliedstaat vernichtet an Ort und Stelle oder an einem dafür bestimmten nahegelegenen Ort innerhalb der Befallszone die in Absatz 2 genannten Pflanzen und Pflanzenteile derart, dass eine Verbreitung des spezifizierten Organismus nicht möglich ist.

(9)   Erforderlichenfalls ergreift der betroffene Mitgliedstaat Maßnahmen in besonderen Fällen oder bei Komplikationen, bei denen üblicherweise davon ausgegangen werden kann, dass sie die Tilgung verhindern, erschweren oder verzögern könnten, insbesondere solche im Zusammenhang mit der Zugänglichkeit und der angemessenen Vernichtung aller Pflanzen, die befallen sind oder bei denen ein Verdacht auf Befall besteht, unabhängig von ihrem Standort, öffentlichen oder privaten Eigentümern oder der für sie zuständigen Person oder Einrichtung.

(10)   Der betroffene Mitgliedstaat ergreift jegliche andere Maßnahme, die zur Tilgung des spezifizierten Organismus beitragen kann, in Übereinstimmung mit dem ISPM Nr. 9 … und unter Anwendung eines integrierten Konzepts nach den Grundsätzen des ISPM Nr. 14 …

…“

38.

Art. 7 („Eindämmungsmaßnahmen“) des Durchführungsbeschlusses 2015/789 bestimmt:

„(1)   Abweichend von Artikel 6 kann die zuständige amtliche Stelle des betroffenen Mitgliedstaats beschließen, Eindämmungsmaßnahmen gemäß den Absätzen 2 bis 6 anzuwenden, aber nur in der Provinz Lecce …

(2)   Der betroffene Mitgliedstaat entfernt unverzüglich zumindest alle Pflanzen, bei denen ein Befall mit dem spezifizierten Organismus festgestellt wurde, wenn sie an einem der folgenden Orte stehen:

a)

in der Nähe der in Artikel 9 Absatz 2 genannten Flächen;

b)

in der Nähe von Flächen mit Pflanzen von besonderem kulturellen, sozialen oder wissenschaftlichen Wert;

c)

an Orten, die weniger als 20 km von der Grenze des Eindämmungsgebiets mit dem übrigen Unionsgebiet entfernt stehen.

Es werden alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen, um eine Ausbreitung des spezifizierten Organismus während und nach dem Entfernen zu vermeiden.

(3)   Der betroffene Mitgliedstaat nimmt auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die Pflanzen gemäß Absatz 2, die nachweislich von dem spezifizierten Organismus befallen sind, in Übereinstimmung mit dem Internationalen Standard für pflanzengesundheitliche Maßnahmen ISPM Nr. 31 Proben von den Wirtspflanzen und testet diese. Diese Testung erfolgt in regelmäßigen Abständen und mindestens zwei Mal im Jahr.

(4)   Der betroffene Mitgliedstaat wendet vor dem Entfernen der in Absatz 2 genannten Pflanzen geeignete Pflanzenschutzbehandlungen gegen die Vektoren des spezifizierten Organismus und an Pflanzen an, die möglicherweise als Wirte für diese Vektoren dienen. Eine solche Behandlung kann auch im Entfernen von Pflanzen bestehen.

(5)   Der betroffene Mitgliedstaat vernichtet an Ort und Stelle oder an einem dafür bestimmten nahegelegenen Ort im Eindämmungsgebiet die in Absatz 2 genannten Pflanzen und Pflanzenteile derart, dass eine Ausbreitung des spezifizierten Organismus nicht möglich ist.

(6)   Der betroffene Mitgliedstaat wendet geeignete landwirtschaftliche Methoden zur Bekämpfung des spezifizierten Organismus und seiner Vektoren an.“

39.

Art. 8 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 sieht die Festlegung einer mindestens 30 km breiten Überwachungszone in Italien vor.

III – Würdigung

A – Zur Zulässigkeit der Fragen

40.

Mit seinen sechs Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Durchführungsbeschlusses 2015/789 aus verschiedenen Gründen gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV, Art. 41 der Charta, Art. 11 Abs. 3, Art. 13c Abs. 7 und Art. 16 Abs. 1 bis 3 und 5 der Richtlinie 2000/29 sowie die Grundsätze der Angemessenheit und der Verhältnismäßigkeit verstößt.

41.

Da die Gültigkeit des Durchführungsbeschlusses 2015/789 von den Klägern der Ausgangsverfahren inzident im Rahmen einer beim nationalen Gericht erhobenen Klage in Frage gestellt worden ist, die sich u. a. gegen das Dekret vom 19. Juni 2015 richtet, das in unmittelbarer Anwendung des Durchführungsbeschlusses erlassen wurde und dessen Wortlaut im Wesentlichen wiedergibt, ist zuvor zu prüfen, ob die bei dieser besonderen Fallgestaltung gestellten Fragen zulässig sind.

42.

Aus einer ständigen Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass der Gerichtshof das Recht einer Partei, sich im Wege der Einrede auf die Ungültigkeit eines Rechtsakts der Union zu berufen, davon abhängig macht, dass diese Partei nicht das Recht hatte, gemäß Art. 263 AEUV beim Unionsrichter unmittelbar seine Nichtigerklärung zu beantragen ( 23 ).

43.

Da dieser Ansatz jedoch auf der Gefahr beruht, dass die Bestandskraft eines Rechtsakts der Union umgangen wird, gilt er nur in Bezug auf eine Partei, die sich vor einem nationalen Gericht auf die Rechtswidrigkeit eines Rechtsakts der Union beruft, obwohl sie zweifelsfrei eine Nichtigkeitsklage gegen diesen Rechtsakt hätte erheben können, dies jedoch nicht innerhalb der vorgesehenen Fristen getan hat ( 24 ). Daher behält die Partei, die offenkundig nicht die Möglichkeit hatte, eine Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss zu erheben, die Möglichkeit, seine Rechtmäßigkeit indirekt in Frage zu stellen.

44.

Art. 263 Abs. 4 AEUV lautet: „Jede natürliche oder juristische Person kann unter den Bedingungen nach den Absätzen 1 und 2 gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.“

45.

Da im vorliegenden Fall die Kläger der Ausgangsverfahren unstreitig nicht die Adressaten des Durchführungsbeschlusses 2015/789 sind, weil er sich an die Mitgliedstaaten richtet, ist zu prüfen, ob sie im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar und individuell von ihm betroffen sind oder ob der Durchführungsbeschluss im Sinne dieser Bestimmung als Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht und die Kläger der Ausgangsverfahren unmittelbar betrifft, eingestuft werden kann, wobei die Prüfung des Verordnungscharakters des Rechtsakts meines Erachtens vor der Prüfung der etwaigen unmittelbaren und individuellen Betroffenheit vorzunehmen ist.

46.

Erstens ist festzustellen, dass der Durchführungsbeschluss 2015/789 offensichtlich ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter ist, der Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht.

47.

Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der in Art. 263 Abs. 4 AEUV vorgesehene Begriff „Rechtsakte mit Verordnungscharakter“ Handlungen mit allgemeiner Geltung unter Ausschluss von Gesetzgebungsakten umfasst ( 25 ).

48.

Zwar wird der Begriff „Entscheidung“ allgemein als ein Rechtsakt mit individueller Geltung definiert, der nur die Personen verpflichtet, an die er gerichtet ist ( 26 ), doch kann er normativen Charakter haben, wenn er nicht auf eine begrenzte Zahl von Adressaten, sondern auf allgemein und abstrakt umschriebene Personengruppen anwendbar ist ( 27 ). Im Übrigen kann seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon einer Entscheidung umso eher normatives Potenzial zuerkannt werden, als Art. 288 AEUV ausdrücklich bestimmt, dass ein Rechtsakt ein Beschluss sein kann, auch wenn er sich nicht an bestimmte Adressaten richtet.

49.

Der Begriff der Entscheidung mit Verordnungscharakter ist somit kein juristisches Oxymoron, und darüber hinaus hängt die rechtliche Qualifizierung einer vom Rat oder von der Kommission erlassenen Maßnahme nicht allein von deren offizieller Bezeichnung ab, sondern in erster Linie von ihrem Gegenstand und Inhalt ( 28 ). Daher ist für die Zwecke der Einstufung des Durchführungsbeschlusses 2015/789 zu prüfen, ob er eine allgemeine Regelung ist.

50.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Handlung eine allgemeine Regelung, wenn sie für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen erzeugt ( 29 ).

51.

Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung verliert ein Rechtsakt seine allgemeine Geltung und damit seinen Normcharakter nicht dadurch, dass sich die Rechtssubjekte, auf die er zu einem bestimmten Zeitpunkt Anwendung findet, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmen lassen, solange feststeht, dass diese Anwendung aufgrund einer durch ihn im Hinblick auf seinen Zweck festgelegten objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolgt, die in dem Rechtsakt umschrieben ist ( 30 ).

52.

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass zum einen der Durchführungsbeschluss 2015/789 nicht im Gesetzgebungsverfahren erlassen wurde und zum anderen die darin auferlegten Pflichten allgemein und abstrakt formuliert sind und sich an alle Mitgliedstaaten richten, wie Art. 21 des Durchführungsbeschlusses ausdrücklich vorsieht. Ungeachtet dessen, dass die Italienische Republik mehr als andere Mitgliedstaaten betroffen ist und dass Art. 7 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 nur eine bestimmte geografische Region betrifft, nämlich die Provinz Lecce, richtet sich der Durchführungsbeschluss nicht an eine begrenzte Zahl namentlich bezeichneter oder bestimmbarer Adressaten, sondern ist abstrakt auf geografische Zonen anwendbar, die objektiv anhand des Vorkommens der Bakterie abgegrenzt sind ( 31 ). Zudem erzeugt der Durchführungsbeschluss unmittelbare Rechtswirkungen in allen Mitgliedstaaten und gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen.

53.

Sodann ist festzustellen, dass der Durchführungsbeschluss 2015/789 Durchführungsmaßnahmen enthält.

54.

Für die Beurteilung, ob ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, ist auf die Stellung der Person, die sich auf ihre Klageberechtigung nach Art. 263 Abs. 4 letzter Satzteil AEUV beruft, abzustellen ( 32 ), und ausschließlich der Klagegegenstand heranzuziehen ( 33 ).

55.

Ferner ist es im Rahmen dieser Beurteilung unerheblich, ob die Maßnahmen mechanischen Charakter haben ( 34 ).

56.

Im vorliegenden Fall ist zur Feststellung, ob der Durchführungsbeschluss 2015/789 Durchführungsmaßnahmen enthält, zu prüfen, ob der Beschluss selbst die zur Bekämpfung der Bakterie erforderlichen Prophylaxemaßnahmen bestimmt oder ob hierfür eine Entscheidung der nationalen Behörden erforderlich ist.

57.

Insoweit genügt die Feststellung, dass der Durchführungsbeschluss 2015/789 die Mitgliedstaaten zum Erlass von Maßnahmen verpflichtet, die insbesondere in der Abgrenzung der Befallszonen und Pufferzonen in ihrem Hoheitsgebiet gemäß seinem Art. 4 sowie in der Tilgung bzw. – ausschließlich für die Provinz Lecce – in der etwaigen Eindämmung der befallenen Pflanzen und der Wirtspflanzen bestehen. Folglich muss der Durchführungsbeschluss mit nationalen Maßnahmen durchgeführt werden, die Gegenstand einer Klage ihrer Adressaten sein können.

58.

Zweitens ist festzustellen, dass die Kläger der Ausgangsverfahren nicht individuell vom Durchführungsbeschluss 2015/789 betroffen sind.

59.

Die fehlende individuelle Betroffenheit ergibt sich meines Erachtens zwingend aus der Feststellung, dass der Beschluss nicht nur formalen, sondern auch materiellen Verordnungscharakter hat, weil das zur Klärung der Frage, ob dieser Rechtsakt normativen Charakter haben kann, herangezogene Kriterium – seine abstrakte Dimension und der objektive Charakter der von ihm erfassten Sachverhalte – es meiner Ansicht nach ausschließt, dass er die Kläger der Ausgangsverfahren wegen persönlicher Eigenschaften oder einer besonderen, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebenden tatsächlichen Situation berührt und sie deshalb wie einen Adressaten individualisiert.

60.

Da die Voraussetzungen für eine sowohl unmittelbare als auch individuelle Betroffenheit vom Rechtsakt der Union kumulativ sind, braucht im vorliegenden Fall nicht geprüft zu werden, ob die Kläger der Ausgangsverfahren unmittelbar vom Durchführungsbeschluss 2015/789 betroffen sind.

61.

Angesichts der vorstehenden Erwägungen waren die Kläger der Ausgangsverfahren nicht befugt, eine Nichtigkeitsklage gegen den Durchführungsbeschluss 2015/789 zu erheben. Daraus ist zu schließen, dass sie berechtigt sind, sich vor dem vorlegenden Gericht auf die Ungültigkeit des Durchführungsbeschlusses zu berufen, so dass die Vorlagefragen zulässig sind.

B – Zur Gültigkeit des Durchführungsbeschlusses 2015/789

1. Zur ersten und zur dritten Frage

62.

Mit seiner ersten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht zum einen wissen, ob Art. 6 Abs. 2 und 4 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 ungültig ist, weil er gegen Art. 11 Abs. 3, Art. 13c Abs. 7 und Art. 16 Abs. 1 bis 3 und 5 der Richtlinie 2000/29 verstößt, da er die unverzügliche Entfernung der Wirtspflanzen unabhängig von ihrem Gesundheitszustand auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen anordnet und zugleich vorsieht, dass der betreffende Mitgliedstaat vor der Entfernung der Pflanzen geeignete Pflanzenschutzbehandlungen gegen die Vektoren des spezifizierten Organismus und an Pflanzen, die möglicherweise als Wirte für diese Vektoren dienen, durchführt, die auch im Entfernen der Pflanzen bestehen können, und zum anderen, ob diese Bestimmung, sofern sie dahin auszulegen ist, dass die Tilgungsmaßnahme nach Abs. 2 vor und unabhängig von einer vorherigen Anwendung der Maßnahmen nach den Abs. 3 und 4 vorgeschrieben werden kann, im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 bis 3 und 5 der Richtlinie 2000/29 sowie auf die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Logik und des fairen Verfahrens ungültig ist.

63.

Aus den Gründen der Vorlageentscheidung (C‑79/16) und der Formulierung der Vorlagefragen geht hervor, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, in welchem Verhältnis Art. 6 Abs. 2 des Durchführungsbeschlusses 2015/789, der die „unverzüglich[e]“ Entfernung der befallenen Pflanzen und der Wirtspflanzen unabhängig von ihrem Gesundheitszustand vorschreibt, zu Art. 6 Abs. 3 und 4 steht, der eine Entnahme von Proben und die vorherige Durchführung geeigneter Pflanzenschutzbehandlungen gegen die Vektoren der Bakterie vorsieht.

64.

Genauer gesagt fragt sich das vorlegende Gericht, ob die Tilgungsmaßnahmen ohne vorherige Durchführung von Pflanzenschutzbehandlungen angeordnet werden können und ob diese beiden Regelungen mit einem inneren Widerspruch behaftet sind, der ihre Gültigkeit berühren könnte.

65.

Aus meiner Sicht besteht keine Ungewissheit in Bezug auf die Auslegung der streitigen Bestimmungen, und für mich ist auch kein Widerspruch ersichtlich, der sie unanwendbar machen würde.

66.

In den Abs. 2, 3 und 4 von Art. 6 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 heißt es, dass der betroffene Mitgliedstaat Wirtspflanzen, befallene Pflanzen und Pflanzen mit Symptomen, die auf einen möglichen Befall durch den Organismus hindeuten, sowie Pflanzen, bei denen ein Befall als wahrscheinlich gilt, „[unverzüglich] entfernt“, „auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um jede der befallenen Pflanzen Proben von den spezifizierten Pflanzen [nimmt] und … diese [testet]“ und „vor dem Entfernen der in Absatz 2 genannten Pflanzen geeignete Pflanzenschutzbehandlungen gegen die Vektoren [von Xylella fastidiosa] und an Pflanzen [durchführt], die möglicherweise als Wirte für diese Vektoren dienen“, wobei eine solche Behandlung auch im „Entfernen von Pflanzen“ bestehen kann.

67.

Der Wortlaut dieser Bestimmungen zeigt, dass der betroffene Mitgliedstaat vor Entfernung der Wirtspflanzen und der befallenen Pflanzen eine Pflanzenschutzbehandlung zur Bekämpfung der Vektoren der Krankheit, d. h. gegen die Sauginsekten, die sich von den Flüssigkeiten des Xylems der Pflanzen ernähren, vorzunehmen hat, wobei diese Insekten getilgt oder die als ihre Wirte dienenden Pflanzen entfernt werden. Diese vorherige Pflanzenschutzbehandlung entspricht der Logik der im Gutachten der EFSA vom 30. Dezember 2014 ( 35 ) vorgeschlagenen Tilgungsmaßnahmen; darin heißt es, dass die in den abgegrenzten Gebieten zuerst vorzunehmende Maßnahme zwar das schnellstmögliche Entfernen der befallenen Pflanzen ist, zuvor aber eine Behandlung mit Insektiziden vorzunehmen ist, da die Vektorinsekten von den befallenen Pflanzen zu anderen Pflanzen wandern können ( 36 ).

68.

Nach Art. 6 Abs. 3 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 hat der betroffene Mitgliedstaat ferner zu einem nicht näher festgelegten Zeitpunkt Proben von allen spezifizierten Pflanzen zu nehmen und diese zu testen, wobei diese Pflanzenkategorie weiter gefasst ist als die der Wirtspflanzen, denn es handelt sich um alle Pflanzen, die für die europäischen und außereuropäischen Isolate der Bakterie anfällig sind.

69.

Die vorherige Anwendung der Pflanzenschutzbehandlungen zur Bekämpfung der Vektoren der Krankheit, die das Entfernen der als ihre Wirte dienenden Pflanzen umfassen kann, und die Entnahme von Proben und Vornahme von Tests an allen spezifizierten Pflanzen stehen in keinem Widerspruch zur Entfernung der Wirtspflanzen und der Pflanzen, die befallen sind, bei denen ein Verdacht auf Befall besteht oder die Befallssymptome aufweisen. Letztlich sind die in Art. 6 Abs. 2 bis 4 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 vorgesehenen Maßnahmen von unterschiedlicher Natur und Tragweite, und die in Art. 6 Abs. 2 und 4 vorgesehenen Maßnahmen kommen nacheinander zur Anwendung. Daher sind sie nicht miteinander unvereinbar.

70.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zum einen, dass Art. 6 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 dahin auszulegen ist, dass die in seinem Abs. 2 vorgeschriebene Maßnahme der Entfernung von Pflanzen vom betroffenen Mitgliedstaat nach Durchführung der in Abs. 4 vorgesehenen Pflanzenschutzbehandlungen anzuwenden ist, und zum anderen, dass die Prüfung der ersten und der dritten Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit von Art. 6 Abs. 2 bis 4 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 berühren könnte.

2. Zur fünften Frage

71.

Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 6 Abs. 2 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 ungültig ist, weil die Maßnahme der unverzüglichen Entfernung der Wirtspflanzen unabhängig von deren Gesundheitszustand auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen nicht der Begründungspflicht genügt.

72.

Das Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht für die Region Latium) hält die Begründung des Durchführungsbeschlusses 2015/789 für lückenhaft, weil sie keine Angaben dazu enthalte, dass die Kommission die Verhältnismäßigkeit der den Mitgliedstaaten vorgeschriebenen Maßnahmen überprüft habe.

73.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung zwar der Natur des betreffenden Rechtsakts entsprechen und die Überlegungen des Unionsorgans, das ihn erlassen hat, so klar und eindeutig erkennen lassen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die getroffene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann, doch braucht sie nicht sämtliche tatsächlich oder rechtlich erheblichen Gesichtspunkte zu enthalten ( 37 ).

74.

Im Übrigen ist die Einhaltung der Begründungspflicht nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln. Handelt es sich wie in den Ausgangsverfahren um einen Rechtsakt, der allgemein gelten soll, so kann sich die Begründung darauf beschränken, die Gesamtlage anzugeben, die zu seinem Erlass geführt hat, und die allgemeinen Ziele zu bezeichnen, die mit ihm erreicht werden sollen. Lässt sich dem angegriffenen Rechtsakt der vom Organ verfolgte Zweck in seinen wesentlichen Zügen entnehmen, so wäre es unnötig, eine besondere Begründung für jede der fachlichen Entscheidungen zu verlangen, die das Organ getroffen hat ( 38 ).

75.

Im vorliegenden Fall lässt sich den Erwägungsgründen 1 bis 3 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 entnehmen, warum die ergriffenen Tilgungsmaßnahmen auf alle Wirtspflanzen auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen erstreckt wurden. Diese Maßnahmen entsprechen nämlich dem in den Erwägungsgründen 1 und 3 des Beschlusses zum Ausdruck kommenden allgemeinen Ziel, die Tilgungsmaßnahmen nach der Entdeckung neuer Ausbrüche zu verschärfen und die Ausbreitung von Xylella fastidiosa auf die übrige Union zu verhindern, und dem Bestreben, den neuen wissenschaftlichen Gutachten der EFSA vom 30. Dezember 2014 und vom 20. März 2015 Rechnung zu tragen, mit denen die Liste der für die Bakterie anfälligen Pflanzenarten erweitert wurde, dabei jedoch bestimmte Maßnahmen „[i]m Interesse der Verhältnismäßigkeit“ allein auf die Wirtspflanzen beschränkt wurden.

76.

Aus diesen Erwägungen folgt, dass der Durchführungsbeschluss 2015/789 der in Art. 296 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht genügt.

3. Zur zweiten Frage

77.

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 6 Abs. 2 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 ungültig ist, weil er gegen die Bestimmungen der Richtlinie 2000/29, insbesondere ihren Art. 16 Abs. 1, verstößt, indem er die unverzügliche Entfernung der Wirtspflanzen unabhängig von ihrem Gesundheitszustand auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen vorsieht.

78.

Nach Prüfung der Erwägungsgründe 11 und 37, von Art. 1 Abs. 2, Art. 11 Abs. 3, Art. 16 Abs. 1 und 5, Art. 22 und 23 Abs. 2 sowie von Anhang IV Teil A Kapitel I Nrn. 17, 20, 23.1 und 37 der Richtlinie 2000/29 kommt das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis, dass die Richtlinie keine Bestimmungen enthalte, die die Vernichtung gesunder Pflanzen – selbst zu präventiven Zwecken zur Vermeidung einer möglichen Ausbreitung eines anerkannten und klassifizierten pathogenen Organismus – erlaubten, sondern insgesamt auf den Schutz noch nicht befallener Organismen ausgerichtet sei. Nach dem von der Richtlinie errichteten System dürften nur Pflanzen vernichtet oder gejätet werden, die sich nach einer Untersuchung als bereits befallen erwiesen hätten oder zumindest objektive und wahrnehmbare Symptome aufwiesen, die den zweifelsfreien Verdacht zuließen, dass sie befallen sein könnten. Der Durchführungsbeschluss 2015/789 ordne jedoch die Beseitigung von Pflanzen an, die keine Befallssymptome aufwiesen.

79.

In ihren schriftlichen Stellungnahmen und in der mündlichen Verhandlung haben die Kläger der Ausgangsverfahren im gleichen Sinne vorgetragen, dass der Begriff der Tilgung nicht gleichbedeutend mit dem des Fällens sei und dass sich die in Art. 16 der Richtlinie 2000/29 vorgesehene Tilgung ausschließlich auf die Schadorganismen beziehe, so dass nur befallene Pflanzen gefällt werden könnten.

80.

Da der Durchführungsbeschluss 2015/789 ausschließlich auf der Grundlage der Richtlinie 2000/29 und insbesondere ihres Art. 16 Abs. 3 Satz 4 erlassen wurde, läuft die Vorlagefrage des vorlegenden Gerichts darauf hinaus, ob diese Richtlinie die Kommission ermächtigt, den Mitgliedstaaten vorzuschreiben, Tilgungsmaßnahmen in Bezug auf gesunde Pflanzen zu erlassen, oder ob sie mit dem Erlass solcher Maßnahmen die Befugnisse überschritten hat, die ihr die Richtlinie für den Vollzug der darin aufgestellten Regeln verliehen hat.

81.

Diese Frage betrifft somit nicht die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Unionsgesetzgebers, der Kommission gemäß Art. 202 dritter Gedankenstrich EG eine Durchführungsbefugnis zu übertragen, sondern die Rechtmäßigkeit des Durchführungsrechtsakts, nämlich des auf Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2000/29 gestützten Durchführungsbeschlusses 2015/789, mit dem dieses Organ seine Durchführungsbefugnisse überschritten haben soll.

82.

Vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon umfasste der Ausdruck „Befugnisse zur Durchführung“ in Art. 202 dritter Gedankenstrich EG die Befugnis, auf Unionsebene einen Gesetzgebungsakt der Union oder einige seiner Vorschriften umzusetzen, sowie unter bestimmten Umständen die Befugnis, normative Akte zur Ergänzung oder Änderung nicht wesentlicher Vorschriften eines Gesetzgebungsakts zu erlassen.

83.

Der Vertrag von Lissabon führte eine Unterscheidung zwischen der Durchführungsbefugnis und der delegierten Befugnis ein. Wird der Kommission eine Durchführungsbefugnis auf der Grundlage von Art. 291 Abs. 2 AEUV übertragen, hat sie den Inhalt des Gesetzgebungsakts zu präzisieren, um seine Umsetzung unter einheitlichen Bedingungen in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen. Wird der Kommission eine delegierte Befugnis auf der Grundlage von Art. 290 Abs. 1 AEUV übertragen, hat sie die Befugnis, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des Gesetzgebungsakts zu erlassen.

84.

Meiner Ansicht nach ist klar, dass die der Kommission durch Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2000/29 übertragene Befugnis, in den Fällen der Abs. 1 und 2 dieses Artikels die „erforderlichen Maßnahmen“ zu erlassen, eine Durchführungsbefugnis im Sinne dieser neuen Unterscheidung darstellt. Ich stelle außerdem fest, dass der Rechtsakt im Einklang mit den Vorschriften von Art. 291 Abs. 4 AEUV als „Durchführungsbeschluss“ eingestuft wurde.

85.

Aus Art. 290 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 291 Abs. 2 AEUV ergibt sich, dass die Kommission bei der Ausübung einer Durchführungsbefugnis den Gesetzgebungsakt weder ändern noch ergänzen kann, auch nicht in seinen nicht wesentlichen Teilen ( 39 ).

86.

Des Weiteren ergibt sich aus einer ständigen Rechtsprechung, dass sich die Durchführungsbefugnis der Kommission durch ihr weites Ermessen auszeichnet; sie kann – vorbehaltlich der Kontrolle, ob ein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder ein Ermessensmissbrauch vorliegt – frei bestimmen, was im Hinblick auf die mit der Grundregelung verfolgten Ziele erforderlich und angemessen ist. Nach der vom Gerichtshof regelmäßig verwendeten Formulierung „ist die Kommission … im Rahmen ihrer Durchführungsbefugnis, deren Grenzen insbesondere nach Maßgabe der wesentlichen allgemeinen Ziele des fraglichen Gesetzgebungsakts zu beurteilen sind, berechtigt, alle für die Durchführung dieses Gesetzgebungsakts erforderlichen oder zweckmäßigen Maßnahmen zu ergreifen, soweit diese nicht gegen diesen Gesetzgebungsakt verstoßen“ ( 40 ).

87.

Ferner ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Durchführungsbefugnis der Kommission im besonderen Bereich der Beurteilung der zur Bekämpfung eines Pflanzengesundheitsrisikos zu ergreifenden Maßnahmen ausgeübt wurde. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung unterliegt aber auf einem Gebiet, auf dem der Unionsgesetzgeber komplexe Abwägungen aufgrund von rasch veränderlichen technischen und wissenschaftlichen Faktoren vorzunehmen hat, die Ausübung der Befugnis der Kommission nur einer beschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie muss sich darauf beschränken, ob weder ein offensichtlicher Beurteilungsfehler noch ein Ermessensmissbrauch vorliegt und ob der Unionsgesetzgeber die Grenzen seines Ermessens nicht offenkundig überschritten hat ( 41 ). Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, dass eine in einem solchen Bereich erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig sein kann, wenn sie zur Erreichung des vom zuständigen Organ verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist ( 42 ).

88.

Unter Berücksichtigung dieses Ermessens und der daraus resultierenden beschränkten gerichtlichen Kontrolle werde ich die Rechtmäßigkeit des Durchführungsbeschlusses 2015/789 im Hinblick auf die der Kommission erteilte Ermächtigung prüfen.

89.

Aus den Erwägungsgründen 4 bis 6 und aus Art. 1 der Richtlinie 2000/29 geht hervor, dass sie vor allem ein hohes Pflanzenschutzniveau gewährleisten soll, um zu verhindern, dass Schadorganismen in den aus Drittländern eingeführten Erzeugnissen in die Union verbracht werden ( 43 ).

90.

Neben den Vorschriften über das Verbringen von Pflanzen aus Drittländern in die Union und innerhalb der Union dienen mehrere Maßnahmen der Bekämpfung des Vorkommens und der Ausbreitung von Schadorganismen, die in das Unionsgebiet gelangt sind. So sieht Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie u. a. vor, dass jeder Mitgliedstaat die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten unterrichten muss, wenn Schadorganismen wie die in Anhang I Teil A Kapitel I der Richtlinie aufgezählte Bakterie Xylella fastidiosa in seinem Hoheitsgebiet vorkommen.

91.

Im Anschluss an diese Mitteilung haben die Mitgliedstaaten und die Kommission nach der Richtlinie 2000/29 gemeinsam die gebotenen Maßnahmen zu ergreifen. Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie schreibt den Mitgliedstaaten vor, alle erforderlichen Maßnahmen zur Tilgung oder Eindämmung der Schadorganismen zu treffen, während Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie der Kommission die Befugnis überträgt, alle „erforderlichen Maßnahmen“ zu erlassen, wobei diese Befugnis, die auch eine Pflicht ist, ausdrücklich auch die Rücknahme oder Änderung der von den Mitgliedstaaten getroffenen Entscheidungen einschließt.

92.

Aus dem allgemein gehaltenen Wortlaut von Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2000/29 lässt sich nicht ableiten, dass der Anwendungsbereich der Maßnahmen, die ergriffen werden können, auf Maßnahmen beschränkt ist, die bereits befallene Pflanzen betreffen. Diese Bestimmung gestattet vielmehr unterschiedslos alle zur Tilgung oder Eindämmung der Schadorganismen erforderlichen Maßnahmen; wenn die Tilgung oder Eindämmung dieser Organismen die Vernichtung nicht nur der befallenen Pflanzen, sondern auch der in der Nähe stehenden gesunden Pflanzen voraussetzt, gehört deshalb auch diese Maßnahme zu den Befugnissen der Kommission.

93.

Die von den Klägern der Ausgangsverfahren befürwortete restriktive Auslegung findet somit keine Stütze im Wortlaut von Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2000/29. Sie wird auch nicht durch Art. 11 Abs. 3 und Art. 13c Abs. 7 der Richtlinie untermauert, die für die Beurteilung des Umfangs der Durchführungsbefugnis der Kommission irrelevant sind, da sich diese Befugnis ausschließlich auf Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie stützt. Aus der Zusammenschau dieser beiden Bestimmungen geht jedenfalls nicht hervor, dass sie hinsichtlich der Pflanzen, die von den Vernichtungsmaßnahmen betroffen sein können, eine Einschränkung vorsehen.

94.

Daraus folgt, dass die Kommission mit dem Erlass des Durchführungsbeschlusses 2015/789 die ihr durch die Richtlinie 2000/29 übertragenen Befugnisse zur Tilgung oder Eindämmung der Schadorganismen nicht überschritten hat.

4. Zur vierten Frage

95.

Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 6 Abs. 2 bis 4 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 ungültig ist, weil er gegen das Vorsorgeprinzip sowie die Grundsätze der Angemessenheit und der Verhältnismäßigkeit verstößt.

96.

Die vom vorlegenden Gericht insoweit geäußerten Zweifel rühren daher, dass die im Durchführungsbeschluss 2015/789 vorgeschriebenen Tilgungsmaßnahmen nicht nur die befallenen Pflanzen betreffen, sondern auch alle gesunden Pflanzen auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen, obwohl es weder hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen der Bakterie und der raschen Austrocknung der Olivenbäume noch hinsichtlich ihres pathogenen Charakters für die Wirtspflanzen wissenschaftliche Gewissheit gebe.

97.

Zudem gebe es keine objektiven Anhaltspunkte für die Annahme, dass ein Radius von genau 100 Metern – und kein geringerer – ausreiche, um das verfolgte Ziel zu erreichen; auch wenn diese Entfernung offenbar gewählt worden sei, weil die Vektorinsekten der Bakterie über keine größere Entfernung von einer Pflanze zur anderen fliegen könnten, habe die EFSA in ihrem Gutachten vom 26. November 2013 darauf hingewiesen, dass die Vektorinsekten vom Wind über große Entfernungen transportiert werden könnten, und in ihrem Gutachten vom 6. Januar 2015 habe sie ausgeführt, dass die Daten zur Bestimmung der Entfernung, bis zu der die Vektorinsekten fliegen könnten, unzureichend seien.

98.

Der Durchführungsbeschluss 2015/789 beruhe daher auf nicht auf wissenschaftlichen Daten, die gesichert seien und die von der Kommission getroffenen Entscheidungen stützen könnten, und enthalte keine Bewertung des Risikos und der potenziellen Folgen eines Untätigbleibens. Er enthalte weder Ausführungen zur Eignung der gewählten Maßnahmen noch eine Prüfung, ob es andere, weniger einschneidende Maßnahmen gebe.

a) Vorbemerkungen

99.

Zunächst ist die Datenlage zu klären, anhand deren die Rechtmäßigkeit der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahmen zu beurteilen ist, die auf der Grundlage der aktuell verfügbaren wissenschaftlichen Daten erlassen wurden.

100.

Die Rechtmäßigkeit eines Unionsrechtsakts ist grundsätzlich anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen ( 44 ). Ich glaube jedoch, in mehreren jüngeren Urteilen des Gerichtshofs den Beginn einer Rechtsprechungslinie erkennen zu können, mit der die Strenge dieses Grundsatzes dadurch abgemildert wird, dass unter bestimmten besonderen Umständen die Berücksichtigung späterer Tatsachen zugelassen wird.

101.

Diese Rechtsprechung wurde kürzlich in besonders klarer Weise im Urteil vom 6. Oktober 2015, Schrems ( 45 ), veranschaulicht, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass bei der Prüfung der Gültigkeit einer Entscheidung der Kommission, in der festgestellt wird, dass ein Drittland ein angemessenes Schutzniveau für übermittelte personenbezogene Daten gewährleistet, „auch nach dem Erlass dieser Entscheidung eingetretene Umstände zu berücksichtigen [sind]“ ( 46 ). Diese Lösung ist aufgrund der besonderen Natur der Angemessenheitsentscheidung gerechtfertigt, die von der Kommission nach Maßgabe des im Drittland bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Kontexts regelmäßig überprüft werden muss.

102.

Dem gleichen Gedankengang folgend hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 23. Dezember 2015, Scotch Whisky Association u. a. ( 47 ), entschieden, dass das nationale Gericht, das im Rahmen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer noch nicht in Kraft getretenen nationalen Regelung deren Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen hat ( 48 ), alle Gesichtspunkte berücksichtigen muss, von denen es Kenntnis hat, „erst recht …, wenn … hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Maßnahmen, die die nationale Regelung vorsieht, … wissenschaftliche Unsicherheiten bestehen“ ( 49 ). Der Gerichtshof hat diese Lösung auf den in seinem Urteil vom 9. Februar 1999, Seymour-Smith und Perez ( 50 ), aufgestellten Grundsatz gestützt, wonach die Erfordernisse des Unionsrechts „jederzeit zu beachten sind, sei es nun zum Zeitpunkt des Erlasses einer Maßnahme, zum Zeitpunkt ihrer Durchführung oder zum Zeitpunkt ihrer Anwendung auf den konkreten Einzelfall“ ( 51 ).

103.

Zuvor hatte der Gerichtshof entschieden, dass ein Mitgliedstaat, der im Rahmen einer Politik zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier eine nationale Regelung erlässt, diese Regelung überprüfen muss, wenn sich zeigt, dass sich die Gründe für ihren Erlass später geändert haben, insbesondere durch die Weiterentwicklung der aus der wissenschaftlichen Forschung resultierenden Erkenntnisse ( 52 ).

104.

Zur Anwendung des Vorsorgeprinzips hat der Gerichtshof entschieden, dass es, wenn neue Informationen die Einstufung eines Risikos ändern oder zeigen, dass ihm durch Maßnahmen begegnet werden kann, die weniger einschränkend sind als die bestehenden, den Unionsorganen und insbesondere der über das Initiativrecht verfügenden Kommission obliegt, für eine Anpassung der Regelung an die neuen Gegebenheiten zu sorgen ( 53 ).

105.

Schließlich ist zu beachten, dass der Gerichtshof in seinem Urteil vom 8. September 2011, Monsanto u. a. ( 54 ), entschieden hat, dass die nationalen Gerichte, die mit Klagen gegen die gemäß Art. 34 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel ( 55 ) von den Mitgliedstaaten erlassenen Notfallmaßnahmen befasst sind, zwar für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen u. a. in Ansehung der Tatbestandsvoraussetzungen der Verordnung zuständig sind, solange auf Unionsebene keine Entscheidung ergangen ist. Wenn in einem Einzelfall dagegen eine Entscheidung ergangen ist, binden die darin getroffenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen die Gerichte, die die Rechtmäßigkeit von vorläufigen nationalen Maßnahmen zu beurteilen haben ( 56 ). Dieses durch die Erfordernisse des Vorrangs und der Einheitlichkeit des Unionsrechts gerechtfertigte Urteil verlangt somit die Berücksichtigung tatsächlicher und rechtlicher Feststellungen in den auf Unionsebene erlassenen Entscheidungen, auch wenn sie nach den nationalen Maßnahmen ergangen sind, deren Rechtmäßigkeit angefochten wird.

106.

Ich schlage vor, eine Lösung zu wählen, die den Mittelweg zwischen der traditionellen Rechtsprechungslinie und dieser neuen Linie bildet, nach der spätere Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Nach dieser Lösung können neue, nach Erlass eines Rechtsakts eintretende Umstände es zwar nicht rechtfertigen, ihn rückwirkend für ungültig zu erklären, doch gegebenenfalls verhindern, dass die in Anwendung dieses Rechtsakts ergriffenen Maßnahmen als rechtmäßig durchgeführt gelten.

107.

Meines Erachtens können neue wissenschaftliche Daten, wonach jedes pflanzengesundheitliche Risiko in Verbindung mit Xylella fastidiosa ausgeschlossen ist, es zwar rechtfertigen, dass der Durchführungsbeschluss 2015/789 und die anschließenden nationalen Entscheidungen nicht mehr durchgeführt werden dürfen, doch meine ich, dass auch der Fortschritt des wissenschaftlichen Kenntnisstands, der umgekehrt das zum Zeitpunkt des Erlasses der Tilgungsmaßnahmen als potenziell eingestufte Risiko zur Gewissheit werden lässt, berücksichtigt werden kann, um die von der Kommission getroffenen Entscheidungen nachträglich zu bestätigen.

108.

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen werde ich mich bei der Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts nicht allein auf die zum Zeitpunkt des Erlasses des Durchführungsbeschlusses 2015/789 bekannten wissenschaftlichen Daten beschränken.

b) Beachtung des Vorsorgeprinzips

109.

Nach ständiger Rechtsprechung muss der Unionsgesetzgeber das Vorsorgeprinzip berücksichtigen, nach dem bei Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens oder des Umfangs von Risiken Schutzmaßnahmen getroffen werden können, ohne dass abgewartet werden muss, dass das Bestehen und die Schwere dieser Risiken vollständig dargelegt werden ( 57 ).

110.

Wenn es sich zudem als unmöglich erweist, das Vorliegen oder den Umfang des behaupteten Risikos mit Sicherheit festzustellen, weil die Ergebnisse der durchgeführten Studien unschlüssig sind, die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Schadens für die Gesundheit der Bevölkerung jedoch fortbesteht, falls das Risiko eintritt, rechtfertigt das Vorsorgeprinzip den Erlass beschränkender Maßnahmen ( 58 ).

111.

Das Vorsorgeprinzip stützt somit das Tätigwerden des Unionsgesetzgebers bei Ungewissheit darüber, ob ein Risiko für die Umwelt oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen vorliegt, wenn sich diese Ungewissheit nicht daraus ergibt, dass es überhaupt keine Erkenntnisse gibt, sondern aus substantiierten Anhaltspunkten, die das Ergebnis einer wissenschaftlichen Bewertung sind.

112.

Hat die Kommission gegen dieses Prinzip verstoßen, als sie den Mitgliedstaaten Tilgungsmaßnahmen auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen vorgeschrieben hat?

113.

Ich denke nicht.

114.

Die Kläger der Ausgangsverfahren rügen im Wesentlichen, dass eine Maßnahme von solcher Schwere angeordnet worden sei, ohne dass es hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen der Bakterie und der Austrocknung der Olivenbäume wissenschaftliche Gewissheit gebe.

115.

Es ist festzustellen, dass dieser Klagegrund auf einer unzutreffenden Auslegung des Vorsorgeprinzips beruht, das keineswegs jede Maßnahme verbietet, wenn es keine wissenschaftliche Gewissheit gibt, sondern das Tätigwerden der Unionsorgane selbst dann rechtfertigt, wenn sie mit einer Situation wissenschaftlicher Ungewissheit konfrontiert sind. Nach der klassischen Formel ist dieses Prinzip kein Grundsatz des Untätigbleibens, sondern ein Grundsatz des Tätigwerdens in einer Situation der Ungewissheit.

116.

Im Gutachten vom 6. Januar 2015 wurde zwar kein Kausalzusammenhang zwischen Xylella fastidiosa und dem Komplex der raschen Austrocknung der Olivenbäume nachgewiesen, doch eine signifikante Korrelation zwischen der Bakterie und dem Auftreten dieser Krankheit aufgezeigt. Daher konnte das Bestehen eines potenziellen Risikos infolge der Verbreitung der Bakterie nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand als hinreichend untermauert angesehen werden, um die Anwendung des Vorsorgeprinzips zu rechtfertigen.

117.

Zudem ist seit dem Gutachten der EFSA vom 17. März 2016 ( 59 ), in dem ausgeführt wird, dass die Ergebnisse der jüngsten Experimente zeigten, dass das Isolat „de Donno“ von Xylella fastidiosa die Symptome des Komplexes der raschen Austrocknung der Olivenbäume auslöse und es sich somit um den Krankheitserreger handele ( 60 ), aus dem lediglich potenziellen ein sicheres Risiko geworden.

118.

Zu prüfen bleibt, ob die im Durchführungsbeschluss 2015/789 getroffenen Maßnahmen verhältnismäßig sind.

c) Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

119.

Um zu klären, ob die Kommission bei der Ausübung der ihr durch Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2000/29 zuerkannten Befugnisse den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet hat, ist zu prüfen, ob die in ihrem Durchführungsbeschluss 2015/789 herangezogenen Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet waren und das Maß des hierzu Erforderlichen nicht überstiegen.

120.

Was zunächst die Eignung der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahme zur Erreichung des verfolgten Ziels anbelangt, ist festzustellen, dass die EFSA in ihrem Gutachten vom 6. Januar 2015 darauf hingewiesen hat, dass asymptomatische Wirtspflanzen und asymptomatische oder leichte Infektionen bei ausschließlich auf eine visuelle Untersuchung oder sogar auf Labortests gestützten Prüfungen unerkannt bleiben könnten, etwa weil sich die Infektion im Frühstadium befinde oder wegen einer heterogenen Verteilung der Bakterie in der Pflanze. Ausgehend von dem Befund, dass die Krankheit durch Vektorinsekten von einer Pflanze zur anderen verbreitet wird und zwischen der Infektion mit der Bakterie durch diese Vektoren und dem Auftreten von Symptomen sowie der Möglichkeit, die Bakterie in der Pflanze feststellen zu können, eine Latenzzeit besteht, hat es die EFSA bei der Vernichtung der als befallen erkannten Pflanzen für wesentlich gehalten, auch alle anderen Pflanzen in ihrer Umgebung zu vernichten.

121.

Zur Entscheidung, den Radius um die befallenen Pflanzen auf 100 Meter festzusetzen, ist festzustellen, dass die EFSA nach einem Hinweis auf fortbestehende Ungewissheiten hinsichtlich der Rolle der Kontamination durch menschliches Eingreifen und des Ablaufs der Verbreitung durch den Wind sowie die unzureichenden Daten über die Flugweite der Vektorinsekten als des einzigen natürlichen Verbreitungswegs der Bakterie gleichwohl feststellte, dass diese Insekten im Allgemeinen über kurze Entfernungen bis zu 100 Meter flögen, auch wenn sie durch den Wind wahrscheinlich über größere Entfernungen transportiert werden könnten.

122.

Diese doppelte Feststellung der EFSA scheint mir die von der Kommission getroffene Entscheidung zu rechtfertigen, nicht nur die befallenen Pflanzen zu vernichten, sondern auch die Wirtspflanzen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand, in der Zone, in der die Wahrscheinlichkeit der Ausbreitung der Krankheit von einem befallenen Baum auf einen gesunden Baum am höchsten ist. Auch wenn natürlich nicht sicher ist, dass die von der Kommission erlassene Maßnahme die Verbreitung der Bakterie endgültig und vollständig aufhalten kann, scheint sie dennoch geeignet, die Verbreitungsrisiken wirksam zu begrenzen.

123.

Um auf den in der mündlichen Verhandlung von den Klägern der Ausgangsverfahren erhobenen Einwand zu antworten, dass es widersprüchlich sei, in den weniger befallenen Zonen Tilgungsmaßnahmen vorzusehen, die am stärksten befallene Provinz Lecce, in der bloße Eindämmungsmaßnahmen ergriffen werden könnten, aber davon auszunehmen, füge ich hinzu, dass diese unterschiedliche Behandlung in der Tat gerechtfertigt erscheint. Wie die Kommission im siebten Erwägungsgrund des Durchführungsbeschlusses 2015/789 ausgeführt hat, kann die Bakterie in der Provinz Lecce nämlich nicht mehr getilgt werden, da sie dort bereits zu stark verbreitet ist. Ferner erklärt sich dieser Unterschied, wie die italienische Regierung in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, durch die geografische Lage der Provinz Lecce, die im äußersten Süden Italiens liegt und, mit Ausnahme ihrer Nordgrenze, vom Meer umgeben ist.

124.

Was zweitens die Frage anbelangt, ob die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist, ist festzustellen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Durchführungsbeschlusses 2015/789 offenbar keine weniger einschneidenden Maßnahmen bestanden, um die Bakterie zu tilgen. In ihrem Gutachten vom 6. Januar 2015 hat die EFSA nämlich darauf hingewiesen, dass es keine Behandlung gebe, mit der die kranken Pflanzen vor Ort geheilt werden könnten, und dass Änderungen der Anbauweise, wie die Ausästung, Düngung oder Bewässerung, zwar einen gewissen Einfluss auf die Krankheit haben könnten, aber nicht ausreichten, um die Pflanzen zu heilen. Speziell bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Beschneidung der Olivenbäume hat sich die EFSA sodann wie folgt geäußert: „In Apulien hat das starke Ausästen befallener Olivenbäume zur Entstehung neuer Triebe am Baumstamm geführt, doch gibt es bisher keinen Nachweis dafür, dass die Pflanzen gesunden und ihr Absterben verhindert wird.“ ( 61 )

125.

Daher ist nicht dargetan, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie die Vernichtung der Wirtspflanzen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand, auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen vorschrieb.

C – Zur sechsten Frage

126.

Mit seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Durchführungsbeschluss 2015/789 wegen Verstoßes gegen die Grundsätze der Angemessenheit und der Verhältnismäßigkeit ungültig ist, da er Maßnahmen zur Entfernung der Wirtspflanzen unabhängig von ihrem Gesundheitszustand, der bekanntermaßen von Xylella fastidiosa befallenen Pflanzen, der Pflanzen mit Symptomen, die auf einen möglichen Befall hindeuten, sowie der Pflanzen, bei denen ein Befall als wahrscheinlich gilt, vorsieht, ohne für irgendeine Form von Entschädigung der an der Ausbreitung der Bakterie unschuldigen Eigentümer zu sorgen.

127.

Der Gerichtshof hatte schon mehrfach Gelegenheit, sich zum Ersatz der Schäden zu äußern, die Eigentümern durch nationale Maßnahmen zur Durchführung des Unionsrechts entstanden sind.

128.

Nach dem Urteil vom 6. April 1995, Flip und Verdegem ( 62 ), das eine Unionsregelung zur Bekämpfung der klassischen Schweinepest betraf, wollte der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass von Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Krankheit nicht die finanziellen Aspekte der Durchführung dieser Maßnahmen durch die Eigentümer der betroffenen Tiere regeln und insbesondere Maßnahmen zur Entschädigung dieser Eigentümer vorsehen ( 63 ). Mangels entsprechender Bestimmungen des Unionsrechts fällt die Entschädigung der Eigentümer, deren Schweine auf Anordnung der nationalen Behörden im Rahmen von Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Krankheit getötet wurden, in die Zuständigkeit des jeweiligen Mitgliedstaats ( 64 ).

129.

Der Gerichtshof hat seine Rechtsprechung im Urteil vom 10. Juli 2003, Booker Aquaculture und Hydro Seafood ( 65 ), bestätigt, das die Unionsregelung zur Festlegung von Mindestmaßnahmen zur Bekämpfung bestimmter Fischkrankheiten betraf. Nach der Feststellung, dass der Unionsgesetzgeber im Rahmen des weiten Ermessens, über das er auf dem Gebiet der Agrarpolitik verfügt, die Auffassung vertreten kann, dass die teilweise oder vollständige Entschädigung der Inhaber von Betrieben, in denen Tiere vernichtet und geschlachtet werden, angebracht ist, kam er zu dem Ergebnis, dass daraus nicht abgeleitet werden kann, dass es einen allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz gäbe, der in jedem Fall zur Gewährung einer Entschädigung verpflichtet ( 66 ).

130.

Der Gerichtshof hat diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 22. Mai 2014, Érsekcsanádi Mezőgazdasági ( 67 ), über die Unionsregelung zur Festlegung von Maßnahmen zur Bekämpfung der aviären Influenza erneut bestätigt und dabei klargestellt, dass sie auch auf die diesem Urteil zugrunde liegende Rechtssache übertragbar war, „insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die … in Rede stehenden nationalen Maßnahmen weniger einschneidend sind als die Maßnahmen der Vernichtung und Schlachtung, die zum Urteil [vom 10. Juli 2003,] Booker Aquaculture und Hydro Seafood[ ( 68 )], … geführt haben“ ( 69 ).

131.

Das rechtliche Umfeld hat sich jedoch seit den Urteilen vom 6. April 1995, Flip und Verdegem (C‑315/93, EU:C:1995:102), und vom 10. Juli 2003, Booker Aquaculture und Hydro Seafood (C‑20/00 und C‑64/00, EU:C:2003:397), grundlegend geändert.

132.

Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ist hinsichtlich der Grundrechte die Charta anzuwenden, die das Eigentumsrecht und das Recht auf eine angemessene Entschädigung im Fall seiner Entziehung gewährleistet. Nach Art. 17 Abs. 1 der Charta „darf [niemandem] sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“

133.

Nach den Erläuterungen zu Art. 17 der Charta ( 70 ), die gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 7 der Charta für deren Auslegung zu berücksichtigen sind, entspricht Art. 17 dem Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zu der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

134.

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte enthält Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten drei „gesonderte“, aber „komplementäre“ Regeln. Die erste Regel, die im ersten Satz des ersten Absatzes zum Ausdruck kommt, stellt den Grundsatz der Achtung des Eigentums auf, der allgemeinen Charakter hat, während die beiden anderen Regeln spezielle Fälle von Eingriffen in das Eigentumsrecht betreffen. Die zweite Regel, die im zweiten Satz des ersten Absatzes steht, bezieht sich auf den Entzug des Eigentums, den sie bestimmten Bedingungen unterwirft. Die dritte Regel, die im zweiten Absatz steht, erkennt schließlich das Recht der Vertragsstaaten an, Gesetze zu verabschieden, die sie zur Regelung der Nutzung des Eigentums für notwendig erachten ( 71 ).

135.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verlangt in jedem Fall die Einhaltung eines Verhältnismäßigkeitserfordernisses in Gestalt des Grundsatzes eines „angemessene[n] Ausgleich[s]“ zwischen den Erfordernissen des Allgemeinwohls und den Geboten der Wahrung des Eigentumsrechts ( 72 ).

136.

Im Fall einer Maßnahme, mit der einer Person ihr Eigentum entzogen wird, impliziert der angemessene Ausgleich, abgesehen von außergewöhnlichen Umständen, notwendigerweise die Zahlung einer Entschädigung in geeigneter Höhe. Bei Sachverhalten, die unter die Regelung der Benutzung des Eigentums fallen, oder solchen, die keiner konkreten Kategorie zugeordnet werden können, wird dem Bestreben, einen „angemessenen Ausgleich“ zwischen den Erfordernissen des Allgemeinwohls und den Geboten der Wahrung der Grundrechte des Einzelnen zu gewährleisten, anders entsprochen, da die Entschädigung des Eigentümers dann nur einen der bei der umfassenden Prüfung des „angemessenen Ausgleichs“ zwischen den betroffenen Interessen zu berücksichtigenden Gesichtspunkte darstellt,. An einem „angemessenen Ausgleich“ fehlt es, wenn eine Person einer „besonderen und übermäßigen Belastung“ ( 73 ) ausgesetzt wird, die außer Verhältnis zum verfolgten Allgemeinwohlziel steht, ohne dass diese Belastung durch eine adäquate Entschädigung ausgeglichen wird.

137.

Ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die Vernichtung der Pflanzen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand, auf einer Fläche mit einem Radius von 100 Metern um die befallenen Pflanzen einen Eigentumsentzug darstellt, weil sie einer echten Enteignungsmaßnahme gleichzustellen ist, genügt die Feststellung, dass diese Maßnahme offenkundig einen Eingriff in das Eigentumsrecht der Kläger der Ausgangsverfahren darstellt. In Anbetracht der besonders schadensträchtigen Folgen, die sich daraus für die betroffenen Eigentümer ergeben, scheint diese Maßnahme nur dann einen angemessenen Ausgleich zwischen den Erfordernissen des Allgemeinwohls und den Geboten der Wahrung des Eigentumsrechts herbeiführen zu können, wenn der Eigentümer des betroffenen Grundstücks eine Entschädigung erhalten kann. Aus Art. 17 der Charta ergibt sich daher, dass die Eigentümer der gefällten Pflanzen zur Gewährleistung eines angemessenen Ausgleichs zwischen den in Rede stehenden Interessen Anspruch auf eine Entschädigung haben, die in angemessenem Verhältnis zum Wert dieser Güter steht.

138.

Da sich der Entschädigungsanspruch unmittelbar aus Art. 17 der Charta ergibt, kann das Fehlen einer Regelung dieses Punktes in der Richtlinie 2000/29 und im Durchführungsbeschluss 2015/789 nicht als Ausschluss eines solchen Anspruchs ausgelegt werden. Infolgedessen können die Kläger der Ausgangsverfahren dem Unionsgesetzgeber nicht vorwerfen, gegen die Grundsätze der Angemessenheit und der Verhältnismäßigkeit verstoßen zu haben, weil er keine Entschädigungsregelung vorgesehen hat.

139.

Nach Art. 51 Abs. 1 der Charta gilt sie für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Die Mitgliedstaaten führen aber das Recht der Union im Sinne dieser Bestimmung durch, wenn sie Maßnahmen zur Tilgung oder zur Eindämmung gemäß dem Durchführungsbeschluss 2015/789 treffen, der seinerseits gemäß der Richtlinie 2000/29 erlassen wurde ( 74 ). Daher sind sie aufgrund von Art. 17 der Charta verpflichtet, eine Regelung vorzusehen, die den Eigentümern der betroffenen Grundstücke eine in angemessenem Verhältnis zum Wert der vernichteten Pflanzen stehende Entschädigung verschafft.

140.

Ich stelle außerdem fest, dass – wie die Kommission hervorhebt – für die von den Mitgliedstaaten als Ausgleich für den zum Wohl der Allgemeinheit erlittenen Eingriff in das Eigentumsrecht vorgesehenen Entschädigungsregelungen eine Kofinanzierung durch die Union im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 652/2014 ( 75 ) in Frage kommen kann.

141.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Prüfung der Vorlagefragen nichts ergeben hat, was die Gültigkeit von Art. 6 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 berühren könnte.

IV – Ergebnis

142.

Angesichts der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt auf die Vorlagefragen des Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht für die Region Latium, Italien) zu antworten:

Art. 6 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2015/789 der Kommission vom 18. Mai 2015 über Maßnahmen zum Schutz der Union gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Xylella fastidiosa (Wells et al.) ist dahin auszulegen, dass die in Abs. 2 vorgeschriebene Maßnahme der Entfernung von Pflanzen vom betreffenden Mitgliedstaat nach Vornahme der in Abs. 4 vorgesehenen Pflanzenschutzbehandlungen gegen die Vektoren der Bakterie durchgeführt werden muss.

Die Prüfung der Vorlagefragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 6 des Durchführungsbeschlusses 2015/789 berühren könnte.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) Die Bakterie entwickelt sich im Xylem der Pflanzen, wo sie Ansammlungen bildet, die schließlich die Gefäße verstopfen und den Flüssigkeitshaushalt behindern.

( 3 ) Auf die Frage des Kausalzusammenhangs zwischen der Bakterie und der Austrocknung werde ich weiter unten zurückkommen.

( 4 ) Die Bakterie befiel Ende des 19. Jahrhunderts in großem Umfang kalifornische Weingüter und wurde erstmals 1892 vom Phytopathologen Newton B. Pierce beschrieben (vgl. Pierce, N. B., „The California vine disease“, U.S. Department of Agriculture, Division of Vegetable Pathology, Bulletin Nr. 2); deshalb wird das Syndrom der raschen Rebenaustrocknung als „Pierce-Krankheit“ bezeichnet.

( 5 ) Die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aktualisierte Liste enthält 359 Pflanzenarten, die für die Bakterie anfällig sind (vgl. die zum Zeitpunkt der Abfassung der vorliegenden Schlussanträge verfügbare Aktualisierung der Datenbank der Wirtspflanzen von Xylella fastidiosa vom 20. November 2015 auf der Website der EFSA unter http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/4378).

( 6 ) Angesichts der Bedeutung der Olivenölerzeugung in den betroffenen Regionen. Auf die Europäische Union entfallen nämlich mehr als 75 % der weltweiten Erzeugung von Olivenöl, wobei sie allein im Königreich Spanien, dem weltweit größten Erzeuger, 45 % ausmacht. Die Italienische Republik ist der weltweit zweitgrößte Erzeuger.

( 7 ) In den Mittelmeerländern wird der Olivenbaum traditionell als symbolträchtiger Baum mit vielen Qualitäten betrachtet. Wie Gabriele D’Annunzio (D’Annunzio, G., „Agli Olivi“ [Den Olivenbäumen], Gedichte, 1878 bis 1893) schrieb:

„Olivenbäume, heilige Bäume, die ihr in der schrecklichen mediterranen Hitze aufmerksam dem Meer lauscht, …

… ergießt den Frieden, den ihr verströmt, den glorreichen Frieden, ergießt ihn gütig in mein Herz,

… O ihr, … im immensen Blau, von solch majestätischer Schwere, dass ich an die antike Göttin Pallas Athene denke!“

( 8 ) ABl. 2000, L 169, S. 1, in der Fassung der Richtlinie 2002/89/EG des Rates vom 28. November 2002 (ABl. 2002, L 355, S. 45, im Folgenden: Richtlinie 2000/29).

( 9 ) Durchführungsbeschluss über Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von Xylella fastidiosa (Well und Raju) innerhalb der Union (ABl. 2014, L 45, S. 29).

( 10 ) Durchführungsbeschluss über Maßnahmen zum Schutz der Union gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Xylella fastidiosa (Well und Raju) (ABl. 2014, L 219, S. 56).

( 11 ) Durchführungsbeschluss über Maßnahmen zum Schutz der Union gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Xylella fastidiosa (Wells et al.) (ABl. 2015, L 125, S. 36).

( 12 ) Vgl. Art. 1 Buchst. c des Durchführungsbeschlusses 2015/789.

( 13 ) Siebter Erwägungsgrund des Durchführungsbeschlusses 2015/789.

( 14 ) Durchführungsbeschluss zur Änderung des Durchführungsbeschlusses 2015/789 (ABl. 2015, L 333, S. 143).

( 15 ) GURI Nr. 239 vom 14. Oktober 2014.

( 16 ) GURI Nr. 148 vom 29. Juni 2015, im Folgenden: Dekret vom 19. Juni 2015.

( 17 ) Im Folgenden: Charta.

( 18 ) ABl. 1977, L 26, S. 20.

( 19 ) Zuletzt durch die Richtlinie 1999/53/EG der Kommission vom 26. Mai 1999 (ABl. 1999, L 142, S. 29).

( 20 ) Beschluss vom 23. November 1976 zur Einsetzung eines Ständigen Ausschusses für Pflanzenschutz (ABl. 1976, L 340, S. 25).

( 21 ) Beschluss des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (ABl. 1999, L 184, S. 23).

( 22 ) Durchführungsbeschluss vom 15. Dezember 2014 mit Durchführungsvorschriften für die Richtlinie 2000/29 betreffend die Meldung des Vorkommens von Schadorganismen und der von den Mitgliedstaaten ergriffenen oder beabsichtigten Maßnahmen (ABl. 2014, L 360, S. 59).

( 23 ) Vgl. u. a. Urteil vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf (C‑188/92, EU:C:1994:90, Rn. 17).

( 24 ) Vgl. u. a. Urteil vom 5. März 2015, Banco Privado Português und Massa Insolvente do Banco Privado Português (C‑667/13, EU:C:2015:151, Rn. 30).

( 25 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat (C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 58, 60 und 61).

( 26 ) Vgl. die ständige Rechtsprechung, nach der „Verordnungen und Entscheidungen … danach voneinander abzugrenzen [sind], ob die betreffende Handlung allgemeine Geltung hat oder nicht“ (vgl. u. a. Urteil vom 17. März 2011, AJD Tuna, C‑221/09, EU:C:2011:153, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 27 ) Vgl. in diesem Sinne Kovar, R., „L’identification des actes normatifs en droit communautaire“, in Dony, M., und de Walsche, A., Mélanges en hommage à Michel Waelbroeck, Bruylant, Brüssel, 1999, S. 387, wonach „die Anwendung des Grundsatzes der ‚Überschreitung des Anscheins‘ … auch für die an die Mitgliedstaaten gerichteten Entscheidungen, die normative Geltung haben können, [gilt], wenn diese Entscheidungen durch Bezugnahme auf eine objektive tatsächliche oder rechtliche Situation, die im Verhältnis zur Zielsetzung dieser Rechtsakte umschrieben ist, für einen Personenkreis gelten“ (S. 395).

( 28 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 1962, Confédération nationale des producteurs de fruits et légumes u. a./Rat (16/62 und 17/62, EU:C:1962:47, S. 979).

( 29 ) Vgl. Urteile vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat (C‑229/05 P, EU:C:2007:32, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 17. März 2011, AJD Tuna (C‑221/09, EU:C:2011:153, Rn. 51).

( 30 ) Vgl. u. a. Beschluss vom 28. Juni 2001, Eridania u. a./Rat (C‑352/99 P, EU:C:2001:364, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 31 ) Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass in einem Rechtsakt enthaltene Beschränkungen oder Ausnahmen vorübergehender Art oder räumlicher Art Bestandteil der gesamten Vorschriften sind, zu denen sie gehören, und außer im Fall eines Ermessensmissbrauchs deren allgemeine Rechtsnatur teilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 1993, Gibraltar/Rat, C‑298/89, EU:C:1993:267, Rn. 18).

( 32 ) Vgl. Urteile vom 19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission (C‑274/12 P, EU:C:2013:852, Rn. 30), und vom 10. Dezember 2015, Kyocera Mita Europe/Kommission (C‑553/14 P, EU:C:2015:805, Rn. 44).

( 33 ) Vgl. Urteile vom 19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission (C‑274/12 P, EU:C:2013:852, Rn. 31), und vom 10. Dezember 2015, Kyocera Mita Europe/Kommission (C‑553/14 P, EU:C:2015:805, Rn. 45).

( 34 ) Vgl. Urteile vom 28. April 2015, T & L Sugars und Sidul Açúcares/Kommission (C‑456/13 P, EU:C:2015:284, Rn. 41 und 42), sowie vom 10. Dezember 2015, Kyocera Mita Europe/Kommission (C‑553/14 P, EU:C:2015:805, Rn. 46).

( 35 ) Vgl. „Scientific Opinion on the risk to plant health posed by Xylella fastidiosa in the EU territory, with the identification and evaluation of risk reduction options“, verfügbar auf der Website der EFSA.

( 36 ) Vgl. Nr. 4.6.8 des Gutachtens.

( 37 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2015, Estland/Parlament und Rat (C‑508/13, EU:C:2015:403, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 38 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2015, Estland/Parlament und Rat (C‑508/13, EU:C:2015:403, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 39 ) Vgl. Urteil vom 15. Oktober 2014, Parlament/Kommission (C‑65/13, EU:C:2014:2289, Rn. 45).

( 40 ) Vgl. u. a. Urteil vom 15. Oktober 2014, Parlament/Kommission (C‑65/13, EU:C:2014:2289, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 41 ) Vgl. Urteil vom 22. Mai 2014, Glatzel (C‑356/12, EU:C:2014:350, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 42 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 1. März 2016, National Iranian Oil Company/Rat (C‑440/14 P, EU:C:2016:128, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 43 ) Dies war bereits Gegenstand der Richtlinie 77/93, die durch die Richtlinie 2000/29 ersetzt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. September 2003, Anastasiou u. a., C‑140/02, EU:C:2003:520, Rn. 45).

( 44 ) Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 23. Dezember 2015, Parlament/Rat (C‑595/14, EU:C:2015:847, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 45 ) C‑362/14, EU:C:2015:650.

( 46 ) Rn. 77.

( 47 ) C‑333/14, EU:C:2015:845.

( 48 ) Rn. 63.

( 49 ) Rn. 64.

( 50 ) C‑167/97, EU:C:1999:60.

( 51 ) Rn. 45.

( 52 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. September 1984, Heijn (94/83, EU:C:1984:285, Rn. 18), und vom 13. März 1986, Mirepoix (54/85, EU:C:1986:123, Rn. 16).

( 53 ) Vgl. Urteil vom 11. Juli 2013, Frankreich/Kommission (C‑601/11 P, EU:C:2013:465, Rn. 110 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 54 ) C‑58/10 bis C‑68/10, EU:C:2011:553.

( 55 ) ABl. 2003, L 268, S. 1.

( 56 ) Urteil vom 8. September 2011, Monsanto u. a. (C‑58/10 bis C‑68/10, EU:C:2011:553, Rn. 78 bis 80).

( 57 ) Vgl. u. a. Urteil vom 17. Dezember 2015, Neptune Distribution (C‑157/14, EU:C:2015:823, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 58 ) Vgl. u. a. Urteil vom 17. Dezember 2015, Neptune Distribution (C‑157/14, EU:C:2015:823, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 59 ) Vgl. „Scientific opinion on four statements questioning the EU control strategy against Xylella fastidiosa“, verfügbar auf der Website der EFSA.

( 60 ) Vgl. S. 10 und 11 des Gutachtens.

( 61 ) Vgl. S. 97 des Gutachtens.

( 62 ) C‑315/93, EU:C:1995:102.

( 63 ) Rn. 25.

( 64 ) Rn. 30.

( 65 ) C‑20/00 und C‑64/00, EU:C:2003:397.

( 66 ) Rn. 85.

( 67 ) C‑56/13, EU:C:2014:352.

( 68 ) C‑20/00 und C‑64/00, EU:C:2003:397.

( 69 ) Urteil vom 22. Mai 2014, Érsekcsanádi Mezőgazdasági (C‑56/13, EU:C:2014:352, Rn. 49).

( 70 ) Vgl. Erläuterungen zur Charta der Grundrechte (ABl. 2007, C 303, S. 17).

( 71 ) EGMR, 23. September 1982, Sporrong und Lönnroth gegen Schweden, CE:ECHR:1982:0923JUD000715175, § 61.

( 72 ) EGMR, 23. September 1982, Sporrong und Lönnroth gegen Schweden, CE:ECHR:1982:0923JUD000715175, § 69.

( 73 ) EGMR, 23. September 1982, Sporrong und Lönnroth gegen Schweden, CE:ECHR:1982:0923JUD000715175, § 73.

( 74 ) In diesem Punkt bin ich nicht mit der Lösung einverstanden, die in Rn. 55 des Urteils vom 22. Mai 2014, Érsekcsanádi Mezőgazdasági (C‑56/13, EU:C:2014:352), gewählt wurde.

( 75 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 mit Bestimmungen für die Verwaltung der Ausgaben in den Bereichen Lebensmittelkette, Tiergesundheit und Tierschutz sowie Pflanzengesundheit und Pflanzenvermehrungsmaterial, zur Änderung der Richtlinien des Rates 98/56/EG, 2000/29/EG und 2008/90/EG, der Verordnungen (EG) Nr. 178/2002, (EG) Nr. 882/2004 und (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Entscheidungen des Rates 66/399/EWG, 76/894/EWG und 2009/470/EG (ABl. 2014, L 189, S. 1).

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