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Document 62015TJ0166

    Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 27. Februar 2018.
    Claus Gramberg gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
    Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Nichtigkeitsverfahren – Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das eine Hülle für Mobiltelefone darstellt – Offenbarung des Geschmacksmusters – Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 – Erstmals vor dem Gericht vorgelegte Beweismittel.
    Rechtssache T-166/15.

    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:T:2018:100

    URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

    27. Februar 2018 ( *1 )

    „Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Nichtigkeitsverfahren – Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das eine Hülle für Mobiltelefone darstellt – Offenbarung des Geschmacksmusters – Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 – Erstmals vor dem Gericht vorgelegte Beweismittel“

    In der Rechtssache T‑166/15

    Claus Gramberg, wohnhaft in Essen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt S. Kettler, dann Rechtsanwälte F. Klopmeier und G. Becker,

    Kläger,

    gegen

    Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Hanne als Bevollmächtigten,

    Beklagter,

    anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer:

    Sorouch Mahdavi Sabet, wohnhaft in Paris (Frankreich),

    betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des EUIPO vom 13. Januar 2015 (Sache R 460/2013‑3) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Herrn Gramberg und Herrn Mahdavi Sabet

    erlässt

    DAS GERICHT (Vierte Kammer)

    unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen, des Richters L. Calvo‑Sotelo Ibáñez‑Martín und der Richterin I. Reine (Berichterstatterin),

    Kanzler: E. Coulon,

    aufgrund der am 2. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

    aufgrund der am 24. August 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

    aufgrund der am 1. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

    aufgrund der schriftlichen Fragen des Gerichts an die Parteien und deren am 10. und 11. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Antworten auf diese Fragen,

    aufgrund der am 29. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erklärungen der Parteien zu ihren Antworten auf die prozessleitenden Maßnahmen,

    aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    I. Vorgeschichte des Rechtsstreits

    1

    Am 25. Dezember 2011 meldete Herr Sorouch Mahdavi Sabet beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) nach der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster an. Er beanspruchte die Priorität einer Anmeldung in Frankreich vom 30. Juni 2011.

    2

    Das angemeldete Geschmacksmuster (im Folgenden: streitiges Geschmacksmuster) wird wie folgt wiedergegeben:

    Image

    3

    Gemäß der Anmeldung sollte das streitige Geschmacksmuster für „Abdeckungen für Telefonapparate, Laptop-Taschen, Hüllen (für Mobiltelefone), Computerkoffer, Hüllen für Mobiltelefone“ verwendet werden, die zur Klasse 03.01 des Abkommens von Locarno zur Errichtung einer Internationalen Klassifikation für gewerbliche Muster und Modelle vom 8. Oktober 1968 in geänderter Fassung gehören.

    4

    Das EUIPO trug das streitige Geschmacksmuster am 25. Dezember 2011 unter der Nr. 001968496-0002 mit Prioritätsdatum 30. Juni 2011 ein. Die Eintragung wurde im Blatt für Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 35/2012 vom 17. Februar 2012 veröffentlicht.

    5

    Am 4. Mai 2012 beantragte der Kläger, Herr Claus Gramberg, beim EUIPO gemäß Art. 52 der Verordnung Nr. 6/2002, das streitige Geschmacksmuster wegen fehlender Neuheit für nichtig zu erklären. Er gab an, unter der Marke mumbi Zubehör für Mobiltelefone, insbesondere Schutzhüllen, zu vertreiben, und zwar primär auf dem Online-Verkaufsportal „amazon.de“ unter dem Händlernamen HandyNow.

    6

    Zur Begründung seines Antrags auf Nichtigerklärung machte der Kläger geltend, das streitige Geschmacksmuster sei vor dem Prioritätstag, dem 30. Juni 2011, unter folgenden Umständen zugänglich gemacht worden:

    zunächst habe er am 23. Mai 2011 bei einem Großhändler Hüllen erworben, die dem streitigen Geschmacksmuster entsprächen (Rechnung, Anlage D 1 zum Antrag auf Nichtigerklärung); sodann habe er am 26. Mai 2011 diese Hüllen ohne Abbildung auf der Online-Verkaufsplattform „amazon.de“ annonciert (Bildschirmausdruck der Website „amazon.de“, Anlage D 2 zum Antrag auf Nichtigerklärung); am 30. Mai 2011 schließlich habe er die erste Hülle verkauft (Rechnung, Anlage D 3 zum Antrag auf Nichtigerklärung);

    am 15. Juni 2011 sei das Angebot auf „amazon.de“ mit der Abbildung der fraglichen Hülle versehen gewesen (Bildschirmausdruck der Website „amazon.de“, Anlage D 4a zum Antrag auf Nichtigerklärung);

    am 27. Juni 2011 sei die Abbildung der Hülle erneut bei Amazon veröffentlicht worden (Bildschirmausdruck der Website „amazon.de“, Anlage D 4b zum Antrag auf Nichtigerklärung); für die Veröffentlichung dieser Abbildung sei am 26. Mai 2011 ein Foto gemacht worden (Digitalfoto, Anlage D 5 zum Antrag auf Nichtigerklärung).

    7

    Nach Auffassung des Klägers beweisen die in der vorstehenden Randnummer genannten, als Anlage zu seinem Antrag auf Nichtigerklärung vorgelegten Unterlagen die Offenbarung des streitigen Geschmacksmusters vor dem Prioritätstag 30. Juni 2011, die durch die folgenden Unterlagen bestätigt werde:

    eine eidesstattliche Erklärung, mit der ein Händler bestätige, dass der Kläger bei ihm am 31. Mai 2011 eine Hülle wie die in der Erklärung wiedergegebene „erworben“ habe (Anlage D 6 zum Antrag auf Nichtigerklärung);

    drei zwischen dem 15. und dem 29. Juni 2011 an ihn gerichtete Newsletter eines Online-Händlers, die die Abbildung der fraglichen Hülle enthielten (Anlagen D 7 bis D 9 zum Antrag auf Nichtigerklärung);

    einen Prospekt, den ihm ein Händler am 9. Juni 2011 zugesandt habe und der die fragliche Hülle zeige (Anlage D 10 zum Antrag auf Nichtigerklärung);

    die Abbildung einer seit 31. Dezember 2010 angebotenen Hülle auf der Website „amazon.de“ (Anlage D 11 zum Antrag auf Nichtigerklärung);

    eine Bestätigung über einen Online-Kauf einer Hülle (Anlage D 12 zum Antrag auf Nichtigerklärung);

    Bildschirmausdrucke der Website eBay.com in ungarischer Sprache (Anlage D 13 zum Antrag auf Nichtigerklärung).

    8

    Am 22. Januar 2013 erklärte die Nichtigkeitsabteilung das streitige Geschmacksmuster wegen fehlender Eigenart desselben gemäß Art. 6 und Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 für nichtig. In Bezug auf die Offenbarung stellte die Nichtigkeitsabteilung fest, dass die Anlagen D 1 bis D 11 zum Antrag auf Nichtigerklärung glaubhafte Nachweise für diese darstellten, weil sie vor dem Prioritätstag 30. Juni 2011 datiert seien und Herr Mahdavi Sabet nicht bewiesen habe, dass die Offenbarung unter den in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 genannten Bedingungen erfolgt sei.

    9

    Am 8. März 2013 legte Herr Mahdavi Sabet gemäß den Art. 55 bis 60 der Verordnung Nr. 6/2002 gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein.

    10

    In seiner am 30. Oktober 2013 eingereichten Stellungnahme zu dieser Beschwerde legte der Kläger über die im Verwaltungsverfahren vor der Nichtigkeitsabteilung vorgelegten Nachweise (Anlagen D 1 bis D 13 zum Antrag auf Nichtigerklärung) hinaus drei neue Nachweise vor:

    eine französische Fassung der Anlage D 6 zum Antrag auf Nichtigerklärung (Anlage D 6b zur Stellungnahme des Klägers);

    eine eidesstattliche Versicherung des Klägers, die bestätigt, dass die Bildschirmausdrucke der Websites weder hinsichtlich des Datums noch hinsichtlich der Bildbestandteile verändert worden seien (Anlage D 14 zur Stellungnahme des Klägers);

    eine eidesstattliche Versicherung eines Dritten, wonach die Newsletter (Anlagen D 7 und D 8 zum Antrag auf Nichtigerklärung) an den Kläger versandt worden seien (Anlage D 15 zur Stellungnahme des Klägers).

    11

    Mit Entscheidung vom 13. Januar 2015 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) hob die Dritte Beschwerdekammer des EUIPO die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung auf und wies den Antrag auf Nichtigerklärung zurück. Sie stellte im Wesentlichen fest, dass die Belege zum Nachweis einer Offenbarung des streitigen Geschmacksmusters vor dem 30. Juni 2011 unzureichend seien.

    II. Anträge der Parteien

    12

    Der Kläger beantragt,

    die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das streitige Geschmacksmuster für nichtig zu erklären;

    hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Nichtigkeit des streitigen Geschmacksmusters an die Beschwerdekammer zurückzuweisen;

    dem EUIPO die Kosten der Verfahren vor der Beschwerdekammer und vor dem Gericht aufzuerlegen.

    13

    Das EUIPO beantragt,

    die Klage abzuweisen;

    dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

    III. Rechtliche Würdigung

    A. Zur Zulässigkeit der erstmals vor dem Gericht vorgelegten Nachweise

    14

    Das EUIPO hält die vom Kläger erstmals vor dem Gericht vorgelegten Nachweise für unzulässig. Der Kläger mache in seiner Klageschrift einen umfassenden neuen Sachvortrag und reiche zahlreiche neue Nachweise ein (Anlagen A 2 bis A 27 zur Klageschrift), die nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem EUIPO gewesen seien. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts dürften dieser neue Sachvortrag und die entsprechenden Nachweise nicht berücksichtigt werden, weil sie den Streitgegenstand veränderten.

    15

    Der Kläger macht geltend, das Gericht müsse die streitigen Nachweise berücksichtigen, weil sie den Streitgegenstand nicht änderten, sondern lediglich den bisherigen Sachvortrag präzisierten und ergänzten.

    16

    Es ist festzustellen, dass die Nachweise in den Anlagen A 2 bis A 27 zur Klageschrift unstreitig erstmals vor dem Gericht vorgelegt wurden. Diese Unterlagen stellen somit neue Beweismittel dar, über die die Beschwerdekammer beim Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht verfügte.

    17

    Die betreffenden, erstmals vor dem Gericht vorgelegten Anlagen und ihre Beschreibung in der neuen Sachverhaltsdarstellung in der Klageschrift dürfen daher nicht berücksichtigt werden. Die Klage vor dem Gericht ist nämlich auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 61 der Verordnung Nr. 6/2002 gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, den Sachverhalt anhand erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen zu überprüfen (Urteil vom 13. November 2012, Antrax It/HABM – THC [Heizkörper], T‑83/11 und T‑84/11, EU:T:2012:592, Rn. 28). Unter diesen Umständen sind die Anlagen A 2 bis A 27 zur Klageschrift und die neue, diese Anlagen beschreibende Sachverhaltsdarstellung in der Klageschrift als unzulässig zurückzuweisen.

    B. Begründetheit

    1.   Zu den Anträgen auf Aufhebung und Zurückverweisung an die Beschwerdekammer

    18

    Der Kläger stützt seine Klage auf drei Klagegründe. Erstens auf einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002. Zweitens auf die Verletzung „wesentlicher Verfahrensvorschriften“. Drittens darauf, dass die Beschwerdekammer unberücksichtigt gelassen habe, dass Herr Mahdavi Sabet die Priorität des streitigen Geschmacksmusters nicht wirksam habe beanspruchen können.

    19

    Im Rahmen des ersten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 geltend gemacht wird, bringt der Kläger vor, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht angenommen, dass das streitige Geschmacksmuster nicht Gegenstand einer neuheitsschädlichen Offenbarung gewesen sei. Insbesondere habe sie die vom Kläger vorgelegten Nachweise fehlerhaft gewürdigt, indem sie ihnen jeglichen Beweiswert abgesprochen habe. Tatsächlich belegten diese Unterlagen zuverlässig, dass das streitige Geschmacksmuster bereits vor seiner Eintragung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 offenbart worden sei.

    20

    Das EUIPO tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Es ist im Wesentlichen der Auffassung, dass der Kläger die umfassenden Ausführungen der Beschwerdekammer verkürze und diese nicht widerlegen könne.

    21

    Gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 gilt ein Geschmacksmuster als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wenn es nach der Eintragung oder auf andere Weise bekannt gemacht, oder wenn es ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise offenbart wurde, und zwar vor dem Tag, an dem das Geschmacksmuster, das geschützt werden soll, erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, es sei denn, dass dies den in der Europäischen Union tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs im normalen Geschäftsverlauf nicht bekannt sein konnte.

    22

    Ein Geschmacksmuster gilt daher nach der Rechtsprechung als offenbart, wenn die Partei, die dies geltend macht, die die Offenbarung darstellenden Tatsachen bewiesen hat. Um diese Vermutung zu widerlegen, ist es hingegen Sache der die Offenbarung bestreitenden Partei, rechtlich hinreichend zu belegen, dass die Umstände des konkreten Falles verhindern konnten, dass diese Tatsachen den Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs im normalen Geschäftsverlauf bekannt sind (Urteil vom 21. Mai 2015, Senz Technologies/HABM – Impliva [Regenschirme], T‑22/13 und T‑23/13, EU:T:2015:310, Rn. 26).

    23

    Die Offenbarung des älteren Geschmacksmusters kann nicht durch Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachgewiesen werden, sondern muss auf konkreten und objektiven Gegebenheiten beruhen, die beweisen, dass das ältere Geschmacksmuster auf dem Markt wirksam offenbart wurde (vgl. Urteil vom 9. März 2012, Coverpla/HABM – Heinz-Glas [Fläschchen], T‑450/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:117, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    24

    Aus der Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass die vom Antragsteller im Nichtigkeitsverfahren vorgelegten Beweismittel im Zusammenhang zu beurteilen sind. Auch wenn nämlich einige dieser Beweismittel für sich genommen unzureichend sein können, um die Offenbarung eines älteren Geschmacksmusters nachzuweisen, können sie doch in Verbindung miteinander oder in der Zusammenschau mit anderen Dokumenten oder Informationen zum Beweis der Offenbarung beitragen (Urteil vom 9. März 2012, Fläschchen, T‑450/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:117, Rn. 25).

    25

    Ferner ist bei der Beurteilung des Beweiswerts eines Dokuments die Wahrscheinlichkeit und der Wahrheitsgehalt der darin enthaltenen Information zu prüfen. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die Herkunft des Dokuments, die Umstände seiner Ausarbeitung, sein Adressat und die Frage, ob es seinem Inhalt nach vernünftig und glaubhaft erscheint (Urteil vom 9. März 2012, Fläschchen, T‑450/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:117, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    26

    Aus der geltenden Unionsregelung für Gemeinschaftsgeschmacksmuster ergibt sich zum einen, dass der Antragsteller im Nichtigkeitsverfahren frei wählen kann, welchen Beweis er als zweckmäßig erachtet, um dem EUIPO zur Stützung seines Antrags auf Nichtigerklärung vorgelegt zu werden, und dass zum anderen das EUIPO verpflichtet ist, alle vorgelegten Nachweise zu prüfen, um zu entscheiden, ob sie tatsächlich einen Beweis für die Offenbarung des älteren Geschmacksmusters darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. März 2012, Fläschchen, T‑450/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:117, Rn. 21 bis 23, und vom 14. Juli 2016, Thun 1794/EUIPO – Adekor [Dekorative grafische Symbole], T‑420/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:410, Rn. 26).

    27

    Für den Beweis, dass das streitige Geschmacksmuster bereits vor seiner Eintragung durch das EUIPO mit dem Prioritätstag 30. Juni 2011 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden war, hat sich der Kläger vor dem Gericht, unter den vor der Beschwerdekammer vorgelegten Nachweisen, auf die Anlagen D 2, D 3, D 4a, D 4b, D 5, D 6, D 7 bis D 9 und D 11 zu seinem Antrag auf Nichtigerklärung und auf die Anlagen D 6b und D 14 zu seiner Stellungnahme vor der Beschwerdekammer berufen.

    28

    Bei diesen Nachweisen handelt es sich um Bildschirmausdrucke der Website „amazon.de“ (Anlagen D 2, D 4a, D 4b und D 11), eine Rechnung (Anlage D 3), eine Computerdatei mit dem Foto einer Hülle (Anlage D 5), drei E‑Mails mit Newslettern (Anlagen D 7 bis D 9), zwei Erklärungen eines Dritten (Anlagen D 6 und D 6b) sowie eine Erklärung des Klägers selbst (Anlage D 14).

    29

    Unter Berücksichtigung dieser Nachweise und im Licht der oben in den Rn. 22 bis 26 angeführten Rechtsprechung ist zu beurteilen, ob die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, dass das streitige Geschmacksmuster nicht Gegenstand einer neuheitsschädlichen Offenbarung vor dem 30. Juni 2011 gewesen sei.

    30

    Aus der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Beschwerdekammer allen vom Kläger vorgelegten Nachweisen die Beweiskraft abgesprochen hat.

    31

    Nach Auffassung der Beschwerdekammer hatten die Bildschirmausdrucke der Website „amazon.de“ (Anlagen D 2, D 4a, D 4b und D 11) vor allem deshalb keinen Beweiswert, weil sie nicht zuverlässig seien und mit Skepsis gewürdigt werden müssten, da jeder dieser Bildschirmausdrucke, die das Datum vom 26. Mai, 15. Juni bzw. 27. Juni 2011 trügen, eine Kopfzeile mit zahlreichen Zusatzinformationen habe, die in gewöhnlichen Bildschirmausdrucken von Websites nicht enthalten seien. Der Kläger habe nicht erklärt, auf welche Weise er den Inhalt einer ein Jahr alten Website habe ausdrucken können (Anlagen D 2, D 4a und D 4b). Er habe auch nicht auf das Vorbringen von Herrn Mahdavi Sabet geantwortet, wonach er bei seiner Internet-Suche nach dem Geschmacksmuster der Hülle mit den beschreibenden Begriffen, die in dem Verkaufsangebot in der Anlage D 4b verwendet würden, auf eine völlig andere Hülle gestoßen sei. Außerdem hat die Beschwerdekammer in Bezug auf den Bildschirmausdruck der Website in der Anlage D 11 ausgeführt, dass das Datum des Verkaufsangebots für eine Hülle im Internet nicht dem tatsächlichen Verkaufsdatum des Produkts entspreche, für das diese Hülle bestimmt gewesen sei (Anlage D 11). Die Bildschirmausdrucke der fraglichen Website könnten ferner deshalb keinen Beweis für die Offenbarung darstellen, weil sie keine Abbildung (Anlage D 2) oder nur eine unscharfe Abbildung (Anlagen D 4a und D 11) enthielten.

    32

    Auch der vom Unternehmen des Klägers, HandyNow, an seinen Kunden gerichteten Rechnung vom 30. Mai 2011 (Anlage D 3), die den Verkauf einer der Hüllen insbesondere der Anlage D 2 belegen sollte, wurde von der Beschwerdekammer der Beweiswert abgesprochen, weil die verbale Beschreibung eines Erzeugnisses nicht ausreiche, um dessen Offenbarung nachzuweisen.

    33

    Die Beschwerdekammer hat auch die angeblich in Anlage D 4a verwendete Computerdatei mit einem Foto einer Hülle mit dem Datum 26. Mai 2011 (Anlage D 5) als Beweis der Offenbarung abgelehnt, weil der Kläger nicht erklärt habe, wie diese Datei entstanden sei, was sie mit der Anlage D 4a verbinde oder inwieweit sie geeignet sei, die Offenbarung der fraglichen Hülle zu beweisen.

    34

    Die E‑Mails vom 15., 22. und 29. Juni 2011 mit Newslettern, die der Kläger von dem Online-Handelsunternehmen Alibaba.com erhalten haben soll (Anlagen D 7 bis D 9), wurden von der Beschwerdekammer mit der Begründung zurückgewiesen, dass erstens die Abbildungen zu unscharf seien und es daher nicht erlaubten, eine Verbindung zu dem streitigen Geschmacksmuster herzustellen, dass zweitens die drei E‑Mails wegen der ungewöhnlichen Informationen in ihren Kopfzeilen nicht verlässlich seien und dass drittens diese E‑Mails allenfalls eine private Korrespondenz zwischen zwei Personen belegten.

    35

    Die Beschwerdekammer war der Auffassung, dass auch die beiden Erklärungen Dritter, die den Kauf der für das Mobiltelefon Samsung i9100 bestimmten Hülle durch den Kläger bestätigen sollten (Anlage D 6 und Anlage D 6b), nicht geeignet gewesen seien, die Behauptungen des Klägers zu stützen. Die in den beiden Anlagen enthaltene Abbildung sei unscharf, die Erklärung sei für sich genommen unzureichend, um die Offenbarung des streitigen Geschmacksmusters zu beweisen, und sie könne allenfalls eine geschäftliche Transaktion zwischen zwei Personen belegen. In Bezug auf speziell die Anlage D 6b stellte die Beschwerdekammer fest, dass es sich dabei nicht, wie der Kläger behauptet hatte, um die französische Fassung der Anlage D 6 handele, sondern um ein neu erstelltes und unterschriebenes Dokument. Außerdem sei dieses Dokument undatiert und enthalte nicht den Namen des Käufers.

    36

    Die Versicherung des Klägers, wonach die Bildschirmausdrucke von Websites, deren Zuverlässigkeit von Herrn Mahdavi Sabet in Frage gestellt worden war, „weder hinsichtlich des Datums noch hinsichtlich der Bildbestandteile [verändert]“ worden seien (Anlage D 14), hat die Beschwerdekammer angesichts der in den Kopfzeilen dieser Bildschirmausdrucke enthaltenen technischen Informationen und der Existenz anderer Geschmacksmuster von Hüllen mit derselben Referenznummer als unzureichenden Nachweis erachtet.

    37

    Das Gericht hält es im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Art der Beweise, die der Kläger vorgelegt hat, um eine Offenbarung des streitigen Geschmacksmusters vor dem 30. Juni 2011 zu belegen, für zweckmäßig, die durch die Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung des Beweiswerts der Bildschirmausdrucke der Website „amazon.de“ (Anlagen D 2, D 4a, D 4b und D 11) einerseits und der E‑Mails vom 15., 22. und 29. Juni 2011 mit den Newslettern des Online‑Verkaufsportals Alibaba.com (Anlagen D 7 bis D 9) andererseits zu prüfen.

    a)   Zur Beurteilung des Beweiswerts der Bildschirmausdrucke der Website „amazon.de“ durch die Beschwerdekammer

    38

    Das Gericht stellt fest, dass sich das Vorbringen des Klägers in Bezug auf die durch die Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung des Beweiswerts der Bildschirmausdrucke der Website „amazon.de“ in den Anlagen D 2, D 4a, D 4b und D 11 im Wesentlichen in drei Rügen gliedern lässt. Erstens habe die Beschwerdekammer den Beweiswert dieser Anlagen wegen einer offenbar ungewöhnlichen Kopfzeile verneint und die Erklärung des Klägers zu dieser Kopfzeile nicht zur Kenntnis genommen. Zweitens habe sie die Angebote auf der Website „amazon.de“ mit der Angabe der genauen Daten nicht berücksichtigt. Drittens habe die Beschwerdekammer den als Anlage D 11 vorgelegten Bildschirmausdruck eines Angebots auf „amazon.de“ zu Unrecht zurückgewiesen.

    1) Zur ersten Rüge, wonach die Beschwerdekammer den Beweiswert der Anlagen D 2, D 4a und D 4b wegen einer offenbar ungewöhnlichen Kopfzeile verneint und die Erklärung des Klägers zu dieser Kopfzeile nicht zur Kenntnis genommen habe

    39

    Der Kläger macht geltend, die Beschwerdekammer habe die als Anlagen D 2, D 4a und D 4b vorgelegten Angebote von der Website „amazon.de“ wegen Zweifeln an der Glaubhaftigkeit des Inhalts dieser Angebote, einer offenbar ungewöhnlichen Kopfzeile mit zahlreichen Zusatzinformationen auf den betreffenden Anlagen und einer fehlenden Erklärung des Klägers in Bezug auf das Verfahren, mit dem er den Inhalt einer ein Jahr alten Website habe ausdrucken können, zu Unrecht zurückgewiesen.

    40

    Der Kläger bringt insoweit erneut – wie bereits vor dem EUIPO – vor, dass alle Informationen in der Kopfzeile bei der Archivierung gespeichert würden. Es sei Allgemeinwissen und hätte von der Beschwerdekammer selbständig berücksichtigt werden müssen, dass Händler, die, wie er selbst, über das Internet Massenware anböten, ein Archivierungssystem verwendeten.

    41

    Das EUIPO tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Es macht geltend, dass die Beschwerdekammer den der Website „amazon.de“ entnommenen Dokumenten in den Anlagen D 2, D 4a und D 4b nicht allein aufgrund der Kopfzeilen einen hinreichenden Beweiswert abgesprochen habe, sondern auch aus anderen Gründen, wie beispielsweise der schlechten Qualität der bildlichen Wiedergabe der fraglichen Hülle und der jederzeitigen Manipulierbarkeit von Inhalten im Internet.

    42

    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer die Anlagen D 2, D 4a und D 4b wegen einer offenbar ungewöhnlichen Kopfzeile und fehlender Erklärungen des Klägers in Bezug auf diese Kopfzeile zurückgewiesen hat, indem sie ausgeführt hat, dass Bildschirmausdrucke von Websites jederzeit geändert werden könnten oder schwer zu überprüfen seien, so dass der Inhalt einer Website nicht ohne Weiteres durch einen bloßen Ausdruck dieser Seite glaubhaft gemacht werden könne.

    43

    Selbst unterstellt, dass es vernünftig sein könnte, wie die Beschwerdekammer anzunehmen, dass der Inhalt einer Website jederzeit geändert werden und eine nachträgliche Prüfung ihres Inhalts schwierig sein kann, können solche Erwägungen nicht auf die als Anlagen D 4a und D 4b vorgelegten Angebote Anwendung finden.

    44

    Zum einen ist nämlich festzustellen, dass der Kläger sich bei seiner Rüge der Antwort der Beschwerdekammer auf die von Herrn Mahdavi Sabet aufgeworfenen Zweifel an der Zuverlässigkeit der Anlage D 4b auf „eine spezifische Referenznummer, die nur einem einzigen Angebot zugewiesen ist“, bezieht; zum anderen enthält diese Anlage tatsächlich eine solche Nummer, nämlich die ASIN B0058COLXM, und zwar unmittelbar vor der Nennung des Datums der Verfügbarkeit des Angebots auf der Website „amazon.de“.

    45

    Wie der Kläger in seiner Antwort auf die prozessleitenden Maßnahmen angegeben hat, ist die ASIN eine an jeden Artikel im Katalog vergebene eindeutige Referenz, die es erlaubt, diesen Artikel auf der Online‑Verkaufsplattform Amazon zu identifizieren. Der Website „Amazon.de Hilfe“ sei zu entnehmen, dass die an ein Produkt vergebene ASIN erstellt werde, wenn ein Produkt zum ersten Mal im Amazon-Katalog angeboten werde, und dass es verboten sei, eine neue ASIN für ein bereits auf Amazon angebotenes Produkt zu vergeben. Derselben Website zufolge werde, wenn ein Verkäufer Daten zu einem Produkt an Amazon übermittele, automatisch geprüft, ob es bereits eine Produktdetailseite oder eine Angebots-Website mit einer ASIN für das Produkt gebe, das der Verkäufer anbieten wolle.

    46

    Da das EUIPO diese in Beantwortung der prozessleitenden Maßnahmen gemachten Angaben des Klägers nicht bestritten hat, sieht das Gericht keinen Grund, sie nicht auch auf die Anlage D 4a anzuwenden, in der das fragliche Produkt ebenfalls mit seiner ASIN bezeichnet ist. Da die eindeutige ASIN speziell erstellt wird, um jedes Produkt des Amazon‑Katalogs zu bezeichnen, konnte die Beschwerdekammer nicht mit Erfolg ausführen, dass die Informationen in den Anlagen D 4a und D 4b in Bezug auf die fraglichen Hüllen einschließlich ihrer Beschreibung, ihrer Abbildung und des Zeitpunkts ihres Angebots zum Kauf, jederzeit hätten geändert werden können oder schwer zu verifizieren seien.

    47

    Das Vorbringen des EUIPO steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

    48

    Erstens macht das EUIPO geltend, der Kläger habe zwar spezifische Referenznummern genannt, die einem einzigen Angebot zugewiesen seien, aber nicht angegeben, dass diese Nummern ASIN seien. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

    49

    Es gibt nämlich keinen Grund für die Annahme, dass eine andere spezifische Referenznummer für die Angebote auf der Website „amazon.de“ existiert. Außerdem behauptet auch das EUIPO selbst nicht, dass es keine ASIN zur Bezeichnung von auf der Online‑Verkaufsseite Amazon angebotenen Produkten gebe, oder dass es eine andere Nummer gebe, die als spezifische, den auf dieser Seite verkauften Produkten zugewiesene Referenznummer anzusehen wäre.

    50

    Zweitens kann nach Auffassung des EUIPO die Bedeutung der ASIN nicht als allgemein bekannt eingestuft werden, so dass der Kläger weitere Erläuterungen zu diesen Nummern hätte abgeben müssen. Diesem Vorbringen ist nicht zu folgen.

    51

    Es ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger in seiner Stellungnahme vom 30. Oktober 2013 zu der von Herrn Mahdavi Sabet bei der Beschwerdekammer eingelegten Beschwerde zwei Anlagen erwähnt hat, die ASIN, nämlich B0052TD 5OM und B005RFUT 72, enthielten, und zwar um „ein Bild von der Richtigkeit der Information“ zu erhalten.

    52

    Mit dieser Klarstellung hat der Kläger zwar weder die Zusammensetzung von ASIN noch die Modalitäten ihrer Vergabe durch die Online-Verkaufsseite Amazon erläutert, aber die Bedeutung hervorgehoben, die den Anlagen zuerkannt werden konnte, die solche ASIN enthalten, und es erlaubt, deren Glaubhaftigkeit darzutun.

    53

    Drittens erklärt das EUIPO, es sei nicht ersichtlich, inwieweit die ASIN die Argumentation der Beschwerdekammer zum fehlenden Beweiswert insbesondere der Anlagen D 4a und D 4b in Frage stellen sollten.

    54

    Aus den oben in Rn. 46 genannten Gründen belegt das Vorhandensein einer eindeutigen, einem einzigen Angebot zugewiesenen Nummer in den Anlagen D 4a und D 4b zwingend die Verlässlichkeit dieser Anlagen für die Zwecke des Nachweises der Offenbarung des streitigen Geschmacksmusters vor dem 30. Juni 2011.

    55

    Nach alledem ist festzustellen, dass der Beschwerdekammer ein Beurteilungsfehler unterlaufen ist, indem sie die Anlagen D 4a und D 4b aufgrund von Zweifeln an ihrer Verlässlichkeit zurückgewiesen hat, ohne dass die Rüge des Klägers geprüft zu werden brauchte, dass die Beschwerdekammer seine Erläuterungen in Bezug auf die offenbar ungewöhnliche Kopfzeile dieser Anlagen nicht zur Kenntnis genommen habe. In Bezug auf die Anlage D 2 stellt das Gericht fest, dass die Beschwerdekammer dieser zu Recht jeden Beweiswert abgesprochen hat, da diese Anlage keine ASIN enthält und der Kläger keinen anderen Gesichtspunkt vorgebracht hat, der ihre Verlässlichkeit hätte belegen können.

    2) Zur zweiten Rüge, wonach die Beschwerdekammer die Angebote auf der Website „amazon.de“ mit der Angabe der genauen Daten nicht berücksichtigt habe

    56

    Der Kläger macht geltend, die Beschwerdekammer habe, als sie Zweifel an der Authentizität der Unterlagen in den Anlagen D 2, D 4a und D 4b geäußert habe, übersehen, dass die Angebote auf der Website „amazon.de“ in den Anlagen D 4a und D 4b die Angabe „Im Angebot von ‚Amazon.de‘ seit:“ aufgewiesen hätten, wo für die betreffenden Angebote das Datum vom 26. Mai 2011 (Anlage D 4a) und das vom 27. Juni 2011 (Anlage D 4b) stehe.

    57

    Ferner sei das Vorbringen von Herrn Mahdavi Sabet, wonach bei dessen Internet-Suche nach dem Geschmacksmuster der Hülle mit den im als Anlage D 4b vorgelegten Angebot verwendeten beschreibenden Begriffen eine völlig andere Hülle erschienen sei, falsch. Diese Suchbegriffe stellten nämlich eine allgemeine Produktbeschreibung dar und keine spezifische Referenznummer, die nur einem einzigen Angebot entspreche.

    58

    Das EUIPO tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Die Beschwerdekammer habe die in den Dokumenten der Anlagen D 2, D 4a und D 4b genannten Datierungen nicht übersehen. Diese Daten belegten nicht die Offenbarung des streitigen Geschmacksmusters, weil sich die Erscheinungsform einer Hülle für ein Mobiltelefon jederzeit ändern und gleichwohl bei Amazon als fortlaufendes Angebot geführt werden könne.

    i) Zur Nichtberücksichtigung des in der Anlage D 4a angegebenen Datums 26. Mai 2011

    59

    In Bezug auf das in der Anlage D 4a angegebene Datum 26. Mai 2011 ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer – wie der Kläger vorgetragen hat – die Angabe „Im Angebot von ‚Amazon.de‘ seit: 26. Mai 2011“ auf der dritten Seite der Anlage D 4a tatsächlich nicht berücksichtigt hat. Die Beschwerdekammer hat weder die Abbildung in diesem Dokument geprüft, noch eine andere in dieser Anlage enthaltene Information, und zwar nur deshalb, weil Zweifel an der Wiedergabetreue des Inhalts des fraglichen Dokuments und allgemein im Hinblick auf die Möglichkeit bestanden, den Inhalt einer Website vor deren Ausdruck aus dem Internet zu ändern.

    60

    Das Gericht hat aber bereits oben in Rn. 55 festgestellt, dass die Beschwerdekammer einen Fehler begangen hat, indem sie die Anlagen D 4a und D 4b wegen Zweifeln an deren Zuverlässigkeit zurückgewiesen hat.

    61

    Da die Anlage D 4a im Zusammenhang mit den anderen vom Kläger vorgelegten Nachweisen zu beurteilen ist, ist außerdem festzustellen, dass die Anlagen D 3 und D 5 die Offenbarung des streitigen Geschmacksmusters ab dem 26. Mai 2011 bestätigen.

    62

    Die Rechnung des Klägers für einen Kunden (Anlage D 3) enthält nämlich eine Beschreibung der betreffenden Hülle, die der auf der Website „amazon.de“ (mumbi Silikon Case HTC Desire HD Silicon Tasche Hülle – DesireHD Schutzhülle) ähnlich ist. Zudem wird darin derselbe Preis genannt (6,99 Euro) wie der des seit dem 26. Mai 2011 auf dieser Seite erhältlichen Produkts mit der ASIN B0052TD 5OM. Außerdem datiert die Bestellung dieser Hülle vom 27. Mai 2011, d. h. dem auf den 26. Mai 2011 folgenden Tag. Angesichts all dessen kann nur festgestellt werden, dass diese Rechnung hinreichend genaue Informationen enthält und so die Informationen aus den anderen vom Kläger vorgelegten Nachweisen, insbesondere der Anlage D 4a, bestätigt.

    63

    Allerdings hat die Beschwerdekammer dieser Anlage allein wegen des Fehlens von Abbildungen jeden Beweiswert abgesprochen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass gewöhnlich eine Rechnung nicht hauptsächlich Abbildungen enthält. Sie enthält die Bezeichnung des Produkts, die einer der wichtigsten Bestandteile von Rechnungen im Allgemeinen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2013, Avery Dennison/HABM – Dennison-Hesperia [AVERY DENNISON], T‑200/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:467, Rn. 43). Zudem enthält eine Rechnung grundsätzlich Angaben zu relevanten Daten des die Rechnung stellenden Unternehmens, was auch die als Anlage D 3 vorgelegte Rechnung zeigt, die u. a. die eindeutige Steueridentifikationsnummer des Unternehmens des Klägers, HandyNow, ausweist.

    64

    Um den Beweiswert eines Finanzdokuments, das festhält, dass Geschäftsbeziehungen zwischen einem Unternehmen und seinem Kunden bestehen, in Frage stellen zu können und es als nicht tragfähigen Beweis abzulehnen, müsste die Beschwerdekammer daher ernsthafte Zweifel haben und begründen, was aus der angefochtenen Entscheidung nicht klar hervorgeht.

    65

    Was die Computerdatei mit dem Foto einer Hülle in Anlage D 5 angeht, stellt das Gericht fest, dass das Foto der fraglichen Hülle die Form erkennen lässt, die auf den ersten Blick dem streitigen Geschmacksmuster ähnelt, und dass die Datei den Urheber des Fotos nennt, nämlich das Unternehmen des Klägers, HandyNow, das Datum 26. Mai 2011 sowie die Marke des Klägers, mumbi, die auch in der Beschreibung der auf „amazon.de“ angebotenen und in den Anlagen D 2, D 4a und D 4b genannten Hüllen erwähnt wird. Es liegt somit auf der Hand, dass die Anlage D 5 mit der Anlage D 4a in Zusammenhang steht.

    66

    Die Nachweise in den Anlagen D 3 und D 5 sind zusammen mit der Nennung des Angebotsdatums, d. h. „seit 26. Mai 2011“, in der Anlage D 4a geeignet, die Behauptung zu untermauern, dass das streitige Geschmacksmuster am 26. Mai 2011 offenbart wurde. Die Beschwerdekammer hat daher den in den Anlagen D 3 und D 5 enthaltenen Nachweisen zu Unrecht jeden Beweiswert abgesprochen.

    67

    Nach alledem ist festzustellen, dass der Beschwerdekammer ein Beurteilungsfehler unterlaufen ist, indem sie das in der Anlage D 4a enthaltene Angebotsdatum, nämlich 26. Mai 2011, nicht berücksichtigt hat.

    ii) Zur Nichtberücksichtigung des in der Anlage D 4b angegebenen Datums 27. Juni 2011

    68

    Was das Datum 27. Juni 2011 in der Anlage D 4b angeht, ist dagegen festzustellen, dass die Beschwerdekammer die Angabe, dass das – angeblich mit dem streitigen Geschmacksmuster identische – Hüllenmodell „seit 27. Juni 2011“ auf der „amazon.de“-Website im Angebot sei, nicht außer Acht gelassen hat. Vielmehr hat sie sie zusammen mit der gesamten Anlage D 4b in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung geprüft und ist dabei zu dem Schluss gelangt, dass diese Anlage keinen Beweiswert habe. Neben dem Grund, dass der fragliche Bildschirmausdruck eine ungewöhnliche Kopfzeile aufweise, hat die Beschwerdekammer hierzu angeführt, dass die betreffenden Angebote, selbst wenn sie auf den ersten Blick wie ein tauglicher Nachweis der Offenbarung des streitigen Geschmacksmusters erschienen, im Hinblick auf die von Herrn Mahdavi Sabet durchgeführte Internetsuche, die darauf abzielte, mit den in den Angeboten auf der Website „amazon.de“ verwendeten beschreibenden Begriffen das Hüllenmodell des Klägers zu finden, mit Skepsis zu betrachten seien. Die Ergebnisse dieser Suche hätten nämlich eine völlig andere Hülle als die auf der Website „amazon.de“ angebotene Hülle des Klägers zutage gefördert.

    69

    Nach Ansicht des Gerichts ist die Beschwerdekammer im Hinblick auf die Ausführungen oben in Rn. 55 zur Zuverlässigkeit der Anlagen D 4a und D 4b zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Anlage D 4b, die übrigens nach den Feststellungen der Beschwerdekammer in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung gemeinsame Merkmale mit dem streitigen Geschmacksmuster aufwies, nicht zuverlässig sei.

    70

    In Bezug auf die Ergebnisse der von Herrn Mahdavi Sabet im Internet durchgeführten Suche geht aus Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass bei dieser Suche die Schlüsselbegriffe „mumbi Silikon TPU Tasche Samsung Galaxy i9100 S II Silicon Case Hülle-Galaxy S 2 S 2 SII Schutzhülle“ verwendet wurden, d. h. die Marke des Klägers, mumbi, die Angabe des Materials sowie die Bezeichnung –wahrscheinlich – des Mobiltelefonmodells, für das die Hülle bestimmt war, nicht aber eine spezifische Referenznummer. Somit ist in Übereinstimmung mit dem Kläger festzustellen, dass sich die fragliche Suche nicht auf die genaue Bezeichnung eines bestimmten Mobiltelefonmodells bezog, sondern auf dessen Beschreibung.

    71

    Angesichts der Ausführungen oben in den Rn. 45 bis 55 zu der jedem Artikel im Katalog der Amazon-Website zugewiesenen spezifischen Referenznummer ASIN ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer die Zweifel, die Herr Mahdavi Sabet mit seiner Internet-Suche geweckt hatte, nicht rechtswirksam bestätigen konnte.

    72

    Da somit die Ergebnisse dieser Suche für sich genommen nicht geeignet sind, den Beweiswert der Angabe des Datums der Verfügbarkeit des Produkts „seit: 27. Juni 2011“ (Anlage D 4b) in Frage zu stellen, hat die Beschwerdekammer den Beweiswert der Anlage D 4b fehlerhaft beurteilt.

    3) Zur dritten Rüge, wonach die Beschwerdekammer den als Anlage D 11 vorgelegten Bildschirmausdruck eines Angebots auf „amazon.de“ zu Unrecht zurückgewiesen habe

    73

    Der Kläger macht geltend, die Beschwerdekammer habe den als Anlage D 11 vorgelegten Bildschirmausdruck eines seit 31. Dezember 2010 auf der Website „amazon.de“ stehenden Angebots zu Unrecht zurückgewiesen.

    74

    Zu dem Umstand, dass das auf der Website angegebene Datum für das Angebot einer Hülle nicht dem Datum des tatsächlichen Verkaufs des Produkts entspreche, für das diese Hülle bestimmt sei, bringt der Kläger vor, dass die in Rede stehende Hülle für zwei Mobiltelefone geeignet sei, nämlich das iPhone 4S und das bereits seit dem 24. Juni 2010 erhältliche iPhone 4. Das Erscheinen des neueren Mobiltelefons, des iPhone 4S, auf dem Markt habe zur Änderung des Titels des auf Amazon mit der ASIN B005RFUT 72 bezeichneten Produkts geführt.

    75

    Zur Qualität der in den genannten Bildschirmausdrucken enthaltenen Abbildungen führt der Kläger aus, die Anlage D 11 enthalte die gut erkennbare Fotografie eines Mobiltelefons mit allen Merkmalen des streitigen Geschmacksmusters. Außerdem macht er geltend, dass die Qualität der in dieser Anlage enthaltenen Fotografie auch in der der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung zugrunde liegenden Akte ersichtlich sei.

    76

    Das EUIPO tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Die Erklärungen des Klägers zu den von Herrn Mahdavi Sabet zum Ausdruck gebrachten Zweifeln in Bezug auf die Anlage D 11 seien unbeachtlich, weil sie erstmals vor dem Gericht abgegeben worden seien. Jedenfalls könnten die Angebote auf der Handelsplattform Amazon vom jeweiligen Anbieter jederzeit verändert werden, was auch für die bildliche Wiedergabe der Produkte gelte.

    77

    Was zunächst die Behauptung in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung betrifft, Herr Mahdavi Sabet habe bewiesen, dass das in dem als Anlage D 11 vorgelegten Bildschirmausdruck der Website „amazon.de“ enthaltene Datum des Angebots einer Hülle nicht dem Datum des tatsächlichen Verkaufs eines der Produkte – vorliegend des iPhone 4S – entspreche, für das die Hülle bestimmt sei, ist mit dem Kläger festzustellen, dass die Beschreibung der Hülle in der Anlage D 11 nicht nur auf das nach dem in der Anlage genannten Datum 31. Dezember 2010 auf den Markt gebrachte iPhone 4S abzielt, sondern auch auf das schon vor dem 31. Dezember 2010 vertriebene iPhone 4.

    78

    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Anlage D 11 ein auf der Website „amazon.de“ angebotenes Produkt mit der ASIN B005RFUT 72 betrifft. Aufgrund des – oben in Rn. 46 festgestellten – eindeutigen Charakters einer solchen Nummer konnte die Beschwerdekammer nicht rechtswirksam zu dem Schluss gelangen, dass die Anlage D 11 keine hinreichende Beweiskraft in Bezug auf die Offenbarung aufgewiesen habe.

    79

    Außerdem enthält, selbst wenn man der Beschwerdekammer zugesteht, dass sie die Auffassung vertreten konnte, dass das Dokument in der Anlage D 11 jederzeit hätte geändert werden können, die angefochtene Entscheidung keinerlei Ausführungen in der Begründung, die die Feststellung einer solchen Änderung zuließen.

    80

    Diese Schlussfolgerung wird nicht durch den von der Beschwerdekammer in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung angeführten Umstand in Frage gestellt, dass der Kläger sich im Verwaltungsverfahren nicht dazu geäußert habe, dass das Datum des Angebots einer Hülle und der Zeitpunkt der tatsächlichen Vermarktung des Produkts, für das diese bestimmt gewesen sei, zeitlich nicht zueinander gepasst hätten. Hierzu genügt die Feststellung, dass die in der Anlage D 11 enthaltene Information eine Bezugnahme sowohl auf das iPhone 4 als auch auf das iPhone 4S umfasst und dass bekannt ist, dass die Vermarktung des iPhone 4 der des iPhone 4S vorausging.

    81

    Das Vorbringen des EUIPO, die erstmals vor dem Gericht abgegebenen Erklärungen des Klägers zu den von Herrn Mahdavi Sabet geäußerten Zweifeln in Bezug auf diese zeitliche Divergenz seien unbeachtlich, hat für die vorstehenden Feststellungen keine Bedeutung.

    82

    Was schließlich die Qualität der Abbildung in der Anlage D 11 betrifft, stellt das Gericht fest, dass der Kläger zu Recht geltend macht, dass diese Abbildung in der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung gut sichtbar ist. Außerdem weist die in dieser Abbildung wiedergegebene Hülle auf den ersten Blick Merkmale auf, die dem streitigen Geschmacksmuster ähneln. Diese Abbildung kann daher nicht als unscharf bezeichnet werden.

    83

    Nach alledem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer eine fehlerhafte Beurteilung des als Anlage D 11 vorgelegten Dokuments vorgenommen hat, indem sie ihm jeden Beweiswert abgesprochen hat.

    b)   Zur Beurteilung des Beweiswerts der E‑Mails mit Newslettern des Online-Verkaufsportals Alibaba.com durch die Beschwerdekammer

    84

    Der Kläger macht geltend, dass die Beschwerdekammer die als Anlagen D 7, D 8 und D 9 vorgelegten Newsletter des Online-Handelsportals Alibaba.com, die er am 15., 22. und 29. Juni 2011 erhalten habe, nicht hätte unberücksichtigt lassen dürfen. Die in diesen Anlagen enthaltenen Fotografien seien ausreichend scharf und zeigten sämtliche Gestaltungsmerkmale des streitigen Geschmacksmusters. Zum Beleg dafür, dass die Fotografien eine ausreichende Qualität hätten, verweist er auf die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung.

    85

    In Bezug auf die Kopfzeile der Anlagen D 7 bis D 9 behauptet der Kläger, diese gebe zusätzliche Informationen wieder, die von seinem Archivierungssystem gespeichert würden.

    86

    Ferner habe die Beschwerdekammer die Anlagen D 7, D 8 und D 9 zu Unrecht als private Korrespondenz zwischen zwei Personen qualifiziert und daraus abgeleitet, sie stellten keinen Beleg dafür dar, dass ihr Inhalt den in der Union tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs im normalen Geschäftsverlauf habe bekannt sein können. Der Kläger macht geltend, er sei als Empfänger der Newsletter der Online-Handelsplattform Alibaba.com Teil der in der Union tätigen Fachkreise des betreffenden Wirtschaftszweigs, und daher belege schon die Sendung dieser Newsletter am 15., 22. und 29. Juni 2011 an ihn, dass das fragliche Geschmacksmuster den in der Union tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs bekannt gewesen sei.

    87

    Das EUIPO tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Es macht erstens geltend, dass die Qualität der bildlichen Wiedergabe der Hülle in den Anlagen D 7 bis D 9 unzureichend sei und dass die neu eingereichten Anlagen zur Klageschrift, die eine bessere Qualität aufweisen sollten, erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden und daher unbeachtlich seien. Zweitens wiederholt das EUIPO sein Vorbringen, wonach die Kopfzeilen der fraglichen E‑Mails Zweifel an deren Beweiswert geweckt hätten. Drittens ist das EUIPO der Auffassung, dass die Beschwerdekammer von einer privaten Korrespondenz ausgegangen sei, weil sich der Kläger auf die Behauptung beschränkt habe, dass alle Newsletter vom selben Anbieter stammten.

    88

    Zur Feststellung der Beschwerdekammer in Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung, die Abbildungen in den Anlagen D 7 bis D 9 seien zu unscharf und erlaubten es daher nicht, eine Verbindung mit dem streitigen Geschmacksmuster herzustellen, genügt es, darauf hinzuweisen, dass – was das Bild in der Anlage D 7 betrifft – die Merkmale der dort wiedergegebenen Hülle, wie der Kläger bemerkt hat, in der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung gut sichtbar sind und dass sie denen des streitigen Geschmacksmusters hinreichend ähnlich sind. Die in der Anlage D 7 wiedergegebene Abbildung kann somit nicht wegen fehlender Deutlichkeit zurückgewiesen werden.

    89

    Was die angeblich ungewöhnliche Kopfzeile der in der Anlage D 7 vorgelegten E‑Mail betrifft, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer in Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung ihre sehr allgemeinen Bemerkungen in Bezug auf die Zuverlässigkeit von dem Internet entnommenen Beweisen wiederholt, ohne ihren Verdacht, dass die fragliche E‑Mail und die beiden anderen betroffenen E‑Mails jederzeit geändert werden könnten, zu erhärten. Insoweit stützt sie sich allein auf die Vermutung, dass online gestellte und nur über Computer abrufbare Daten und Bilder jederzeit geändert werden können.

    90

    Zwar ist, wie die Beschwerdekammer in Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, nicht auszuschließen, dass der Inhalt einer Website oder jedes andere elektronische Dokument jederzeit geändert werden kann. Eine automatische Anwendung dieser Vermutung, ohne dass ernsthafte und geprüfte Zweifel vorliegen, dass die Beweise im konkreten Fall verändert wurden, ließe aber den oben in Rn. 24 angeführten Grundsatz der Rechtsprechung der Union ins Leere laufen, wonach die Beweismittel, die der Antragsteller im Nichtigkeitsverfahren vorlegt, im Zusammenhang zu beurteilen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2012, Fläschchen, T‑450/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:117, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    91

    Im Hinblick auf die oben in Rn. 55 getroffene Feststellung hat die Beschwerdekammer der E‑Mail in der Anlage D 7 folglich zu Unrecht jeglichen Beweiswert abgesprochen.

    92

    Diese Beurteilung kann nicht durch die Behauptung der Beschwerdekammer in Frage gestellt werden, dass die E‑Mails in den Anlagen D 7 bis D 9 allenfalls eine private Korrespondenz zwischen zwei Personen belegten.

    93

    Es ist festzustellen, dass das als Anlage D 7 vorgelegte Dokument nicht nur aus einer E‑Mail zwischen zwei Personen besteht, sondern auch einen Newsletter enthält, den der Online-Händler Alibaba.com an den Kläger geschickt hat. Für den Zweck des Nachweises der Offenbarung der in Rede stehenden Hülle ist der Inhalt der E‑Mail zu berücksichtigen und nicht deren Form. Ein Newsletter kann nicht als „private Korrespondenz“ eingestuft werden. Ein Newsletter ist seiner Art nach an eine Vielzahl von Personen gerichtet, die ihn abonnieren, und sein Zweck besteht in der Werbung für Produkte. Wie der Kläger vorgebracht hat, ohne dass ihm das EUIPO widersprochen hätte, versendet das Online-Handelsportal Alibaba.com seine Newsletter an Tausende Adressaten, nicht nur an den Kläger. Darüber hinaus ist es bekannt, dass die Website Alibaba.com eine bedeutende Plattform für den Verkauf von Produkten weltweit ist. Angesichts dieser Erwägungen geht aus der angefochtenen Entscheidung nicht klar hervor, aufgrund welcher Kriterien die Beschwerdekammer zu der Feststellung gelangt ist, dass die E‑Mail in der Anlage D 7 allenfalls eine private Korrespondenz zwischen zwei Personen belege.

    94

    Unter diesen Umständen hat die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen, indem sie der E‑Mail in der Anlage D 7 jeglichen Beweiswert abgesprochen hat.

    95

    Nach alledem führen die der Beschwerdekammer bei der Beurteilung von Nachweisen unterlaufenen Fehler zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Da die Beschwerdekammer bestimmte Nachweise, die möglicherweise Auswirkungen auf die Entscheidung des Rechtsstreits hätten haben können, nicht ordnungsgemäß beurteilt hat, war ihre Beurteilung in Bezug auf die Offenbarung des streitigen Geschmacksmusters unvollständig. Im Einklang mit dem Grundsatz der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem EUIPO und dem Gericht ist es nunmehr Sache der Dienststellen des EUIPO, erneut Stellung zu nehmen.

    96

    Folglich ist dem ersten Klagegrund stattzugeben und die angefochtene Entscheidung aufzuheben, ohne dass über den zweiten und den dritten Klagegrund entschieden zu werden brauchte. Auch über den Antrag des Klägers auf Zurückverweisung der Sache an die Beschwerdekammer ist nicht zu entscheiden. Nach Art. 61 Abs. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 hat das EUIPO nämlich die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichts ergeben. Aus dieser Bestimmung folgt, dass das Gericht dem EUIPO, das die Konsequenzen aus dem Tenor und den Gründen des Urteils des Gerichts zu ziehen hat, keine Anordnungen erteilen kann (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, Athinaiki Oikogeniaki Artopoiia/HABM – Ferrero [FERRÓ], T‑35/04, EU:T:2006:82, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    2.   Zum Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit des streitigen Geschmacksmusters

    97

    Der Kläger beantragt neben der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Nichtigerklärung des streitigen Geschmacksmusters durch das Gericht. Das EUIPO hält diesen Antrag für unzulässig, weil nach ständiger Rechtsprechung die dem Gericht zustehende Abänderungsbefugnis nicht bewirke, dass es dazu ermächtigt wäre, seine eigene Beurteilung an die Stelle der Beurteilung der Beschwerdekammer zu setzen, oder dazu, eine Frage zu beurteilen, zu der die Beschwerdekammer noch nicht Stellung genommen habe.

    98

    Es ist darauf hinzuweisen, dass die vom Gericht nach Art. 61 der Verordnung Nr. 6/2002 ausgeübte Kontrolle in einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des EUIPO besteht und es die mit der Klage angefochtene Entscheidung nur aufheben oder abändern kann, wenn zum Zeitpunkt ihres Erlasses einer der in Art. 61 Abs. 2 der Verordnung aufgeführten Gründe für ihre Aufhebung oder Abänderung vorlag. Die dem Gericht zustehende Abänderungsbefugnis bewirkt folglich nicht, dass es dazu ermächtigt wäre, seine eigene Beurteilung an die Stelle der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung zu setzen, oder dazu, eine Frage zu beurteilen, zu der die Beschwerdekammer noch nicht Stellung genommen hat. Die Ausübung der Abänderungsbefugnis ist folglich grundsätzlich auf Situationen zu beschränken, in denen das Gericht nach einer Überprüfung der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung auf der Grundlage der erwiesenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Entscheidung zu finden vermag, die die Beschwerdekammer hätte erlassen müssen (vgl. entsprechend Urteil vom 13. Mai 2015, Group Nivelles/HABM – Easy Sanitairy Solutions [Duschabflussrinne], T‑15/13, EU:T:2015:281, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    99

    Es genügt festzustellen, dass es im vorliegenden Fall, da die angefochtene Entscheidung wegen eines Beurteilungsfehlers der Beschwerdekammer in Bezug auf den Beweiswert der vom Kläger zum Beweis der Offenbarung des streitigen Geschmacksmusters vorgelegten Nachweise aufgehoben wird und die Beschwerdekammer erneut über den Beweiswert dieser Nachweise und sodann über die Nichtigerklärung des streitigen Geschmacksmusters zu entscheiden hat, nicht Sache des Gerichts ist, sich bereits jetzt zur Frage der Nichtigkeit des streitigen Geschmacksmusters zu äußern.

    100

    Der Antrag des Klägers, der darauf abzielt, dass das Gericht dem EUIPO gegenüber anordnet, das streitige Geschmacksmuster für nichtig zu erklären, ist daher unzulässig.

    IV. Kosten

    101

    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger beantragt, dem EUIPO die Kosten einschließlich der im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

    102

    Da das EUIPO unterlegen ist, ist es entsprechend dem Antrag des Klägers zur Tragung seiner eigenen Kosten sowie der Kosten des Klägers zu verurteilen. Gemäß Art. 190 Abs. 2 der Verfahrensordnung umfassen die erstattungsfähigen Kosten auch die Aufwendungen des Klägers, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren.

     

    Aus diesen Gründen hat

    DAS GERICHT (Vierte Kammer)

    für Recht erkannt und entschieden:

     

    1.

    Die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 13. Januar 2015 (Sache R 460/2013-3) wird aufgehoben.

     

    2.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

     

    3.

    Das EUIPO trägt seine eigenen Kosten sowie die Herrn Claus Gramberg entstandenen Kosten einschließlich der für das Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO notwendigen Aufwendungen.

     

    Kanninen

    Calvo-Sotelo Ibáñez-Martín

    Reine

    Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. Februar 2018.

    Der Kanzler

    E. Coulon

    Der Präsident

    H. Kanninen

    Inhaltsverzeichnis

     

    I. Vorgeschichte des Rechtsstreits

     

    II. Anträge der Parteien

     

    III. Rechtliche Würdigung

     

    A. Zur Zulässigkeit der erstmals vor dem Gericht vorgelegten Nachweise

     

    B. Begründetheit

     

    1. Zu den Anträgen auf Aufhebung und Zurückverweisung an die Beschwerdekammer

     

    a) Zur Beurteilung des Beweiswerts der Bildschirmausdrucke der Website „amazon.de“ durch die Beschwerdekammer

     

    1) Zur ersten Rüge, wonach die Beschwerdekammer den Beweiswert der Anlagen D 2, D 4a und D 4b wegen einer offenbar ungewöhnlichen Kopfzeile verneint und die Erklärung des Klägers zu dieser Kopfzeile nicht zur Kenntnis genommen habe

     

    2) Zur zweiten Rüge, wonach die Beschwerdekammer die Angebote auf der Website „amazon.de“ mit der Angabe der genauen Daten nicht berücksichtigt habe

     

    i) Zur Nichtberücksichtigung des in der Anlage D 4a angegebenen Datums 26. Mai 2011

     

    ii) Zur Nichtberücksichtigung des in der Anlage D 4b angegebenen Datums 27. Juni 2011

     

    3) Zur dritten Rüge, wonach die Beschwerdekammer den als Anlage D 11 vorgelegten Bildschirmausdruck eines Angebots auf „amazon.de“ zu Unrecht zurückgewiesen habe

     

    b) Zur Beurteilung des Beweiswerts der E‑Mails mit Newslettern des Online-Verkaufsportals Alibaba.com durch die Beschwerdekammer

     

    2. Zum Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit des streitigen Geschmacksmusters

     

    IV. Kosten


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

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