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Document 62015CO0137

    Beschluss des Gerichtshofs (Siebte Kammer) vom 17. November 2015.
    María Pilar Plaza Bravo gegen Servicio Público de Empleo Estatal Dirección Provincial de Álava.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Richtlinie 79/7/EWG – Art. 4 Abs. 1 – Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer – Überwiegend weibliche Teilzeitarbeitnehmer – Nationale Regelung, die einen Höchstbetrag der Leistung bei Arbeitslosigkeit vorsieht – Regelung, die für die Berechnung dieses Betrags auf das Verhältnis zwischen der Arbeitszeit der betreffenden Teilzeitarbeitnehmer und der Arbeitszeit der Vollzeitarbeitnehmer abstellt.
    Rechtssache C-137/15.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:771

    BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

    17. November 2015 ( * )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung — Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs — Richtlinie 79/7/EWG — Art. 4 Abs. 1 — Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer — Überwiegend weibliche Teilzeitarbeitnehmer — Nationale Regelung, die einen Höchstbetrag der Leistung bei Arbeitslosigkeit vorsieht — Regelung, die für die Berechnung dieses Betrags auf das Verhältnis zwischen der Arbeitszeit der betreffenden Teilzeitarbeitnehmer und der Arbeitszeit der Vollzeitarbeitnehmer abstellt“

    In der Rechtssache C‑137/15

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de la Comunidad Autónoma del País Vasco (Oberstes Gericht der Autonomen Gemeinschaft Baskenland, Spanien) mit Entscheidung vom 24. Februar 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 20. März 2015, in dem Verfahren

    María Pilar Plaza Bravo

    gegen

    Servicio Público de Empleo Estatal Dirección Provincial de Álava

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

    unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader, der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,

    Generalanwältin: E. Sharpston,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    des Königreichs Spanien, vertreten durch L. Banciella Rodríguez-Miñón und A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch S. Pardo Quintillán, A. Szmytkowska und D. Martin als Bevollmächtigte,

    aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

    folgenden

    Beschluss

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. 1979, L 6, S. 24).

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Plaza Bravo und dem Servicio Público de Empleo Estatal Dirección Provincial de Álava (Staatlicher Beschäftigungsdienst, Provinzialdirektion Álava, im Folgenden: SPEE) über die Höhe der von Frau Plaza Bravo bezogenen Leistungen bei Arbeitslosigkeit.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    3

    Gemäß ihrem Art. 2 findet die Richtlinie 79/7 u. a. auf Arbeitnehmer Anwendung, deren Erwerbstätigkeit durch unverschuldete Arbeitslosigkeit unterbrochen ist. Darüber hinaus findet sie nach Art. 3 u. a. auf die gesetzlichen Systeme Anwendung, die Schutz gegen Arbeitslosigkeit bieten.

    4

    Art. 4 der Richtlinie sieht in Abs. 1 vor:

    „Der Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im Besonderen betreffend:

    den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen,

    die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge,

    die Berechnung der Leistungen, einschließlich der Zuschläge für den Ehegatten und für unterhaltsberechtigte Personen, sowie die Bedingungen betreffend die Geltungsdauer und die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Leistungen.“

    Spanisches Recht

    5

    Art. 211 der Ley General de la Seguridad Social (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz), gebilligt durch das Real Decreto Legislativo 1/94 vom 20. Juni 1994 (BOE Nr. 154 vom 29. Juni 1994, S. 20658), bestimmt in der auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: LGSS):

    „1.   Die Berechnungsgrundlage der Leistung bei Arbeitslosigkeit ist die durchschnittliche Beitragsbemessungsgrundlage, nach der in den letzten 180 [Arbeits-]Tagen … für dieses Risiko Beiträge geleistet wurden.

    2.   Der Betrag der Leistung wird bestimmt, indem auf die Berechnungsgrundlage folgende Prozentsätze angewandt werden: 70 % während der ersten 180 Tage und 50 % ab dem 181. Tag.

    3.   Der Höchstbetrag der Leistung bei Arbeitslosigkeit beträgt 175 % des öffentlichen Einkommensindikators für verschiedene Zwecke [indicador público de rentas de efectos múltiples, im Folgenden: IPREM], es sei denn, der Arbeitnehmer hat ein oder mehrere unterhaltsberechtigte Kinder; in diesem Fall beläuft sich der Höchstbetrag auf 200 % bzw. 225 % des [IPREM].

    Der Mindestbetrag der Leistung bei Arbeitslosigkeit beträgt 107 % bzw. 80 % des [IPREM], je nachdem, ob der Arbeitnehmer unterhaltsberechtigte Kinder hat oder nicht.

    Bei Arbeitslosigkeit infolge des Verlusts einer Teil- oder Vollzeitbeschäftigung sind die Höchst- und Mindestbeträge nach den vorstehenden Unterabsätzen zu bestimmen, indem der [IPREM] nach den durchschnittlich in den letzten 180 Tagen, auf die sich Abs. 1 dieses Artikels bezieht, geleisteten Arbeitsstunden berechnet und der sich ergebende Durchschnitt zur Zahl der Tage der Teil- oder Vollzeitarbeit in diesem Zeitraum ins Verhältnis gesetzt wird.

    Im Sinne dieses Absatzes ist der [IPREM] zu berücksichtigen, der im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs in Kraft war, erhöht um ein Sechstel.

    …“

    Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

    6

    Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens seit dem 30. März 1977 als Kellnerin in einem Hotel arbeitete, das zu einer Hotelkette gehört. Die Arbeitnehmerin war bei dem Unternehmen mit unbefristetem Vertrag teilzeitbeschäftigt; ihre Arbeitszeit entsprach 60 % der Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers. Sie leistete Beiträge zum allgemeinen System der spanischen Sozialversicherung.

    7

    Am 9. Mai 2013 wurde sie im Rahmen eines Massenentlassungsverfahrens aus wirtschaftlichen, organisatorischen und produktionsbedingten Gründen, das sich auf verschiedene Häuser dieser Hotelkette auswirkte und insgesamt 359 Arbeitnehmer erfasste, von denen 317 Frauen und 42 Männer waren, entlassen.

    8

    Nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses beantragte die Klägerin des Ausgangsverfahrens eine beitragsbezogene Leistung bei Arbeitslosigkeit, die ihr am 15. Mai 2013 durch den SPEE ab dem 10. Mai 2013 und für eine Bezugsdauer von 720 Tagen zuerkannt wurde. Der ursprüngliche Betrag dieser Leistung von 21,74 Euro pro Tag ergab sich in zwei Rechenschritten.

    9

    In einem ersten Schritt wurde die Leistung bei Arbeitslosigkeit pro Tag berechnet, indem die Berechnungsgrundlage pro Tag mit dem in Art. 211 Abs. 2 LGSS vorgesehenen Prozentsatz von 70 % multipliziert wurde. Diese Berechnungsgrundlage ergab sich, indem das von der Klägerin des Ausgangsverfahrens für ihre letzten 180 Arbeitstage bezogene durchschnittliche monatliche Entgelt, nämlich 1554,52 Euro, durch 30 dividiert wurde. Die Leistung pro Tag belief sich somit auf 36,27 Euro.

    10

    In einem zweiten Schritt wurde der Betrag dieser Leistung pro Tag auf den gemäß Art. 211 Abs. 3 LGSS festgelegten Höchstbetrag beschränkt. Da die Klägerin des Ausgangsverfahrens keine unterhaltsberechtigten Kinder hat, wurde zunächst der monatliche Höchstbetrag der Leistung bei Arbeitslosigkeit bestimmt, indem der monatliche IPREM des Jahres 2013 in Höhe von 532,51 Euro, erhöht um ein Sechstel, mit 175 % multipliziert wurde. Daraus ergab sich ein Betrag von 1087,20 Euro. Dieser Betrag wurde anschließend durch 30 dividiert, um den Höchstbetrag pro Tag der Leistung bei Arbeitslosigkeit zu erhalten. Schließlich wurde auf diesen Höchstbetrag von 36,24 Euro pro Tag ein Koeffizient von 60 % angewandt, der der von der Klägerin des Ausgangsverfahrens in Teilzeit geleisteten Arbeitszeit entspricht, die 60 % einer Vollzeitarbeit ausmacht. Aus dieser Berechnung ergab sich der in Rn. 8 des vorliegenden Beschlusses genannte Betrag von 21,74 Euro.

    11

    Die Klägerin des Ausgangsverfahrens legte Widerspruch ein, mit dem sie sich gegen die Anwendung dieses Koeffizienten wandte. Dieser Widerspruch wurde mit Entscheidung des SPEE vom 3. Juli 2013 zurückgewiesen. Mit Urteil vom 30. Juni 2014 bestätigte der Juzgado de lo social no 3 de Vitoria-Gasteiz (Arbeitsgericht Nr. 3 von Vitoria-Gasteiz) diese Entscheidung auf der Grundlage von Art. 211 Abs. 3 LGSS.

    12

    Das mit einem Rechtsmittel gegen dieses Urteil befasste vorlegende Gericht erläutert zunächst, dass auf Teilzeitarbeitsstellen in Spanien größtenteils Frauen beschäftigt seien. Diese allgemein bekannte Tatsache werde u. a. durch die Arbeitskräfteerhebung des Instituto Nacional de Estadística (Nationales Institut für Statistik) für den Monat Dezember 2014 belegt, aus der hervorgehe, dass in Spanien 25,3 % aller weiblichen Arbeitskräfte teilzeitbeschäftigt seien, also eine von vier Arbeitnehmerinnen, während dieser Prozentsatz bei Männern lediglich 7,8 % betrage, was weniger als einem von zwölf Arbeitnehmern entspreche.

    13

    Die Anwendung von Art. 211 Abs. 3 LGSS führe zu einer Schlechterstellung der Teilzeitarbeitnehmer im Vergleich zu Vollzeitarbeitnehmern, da diese Vorschrift einen bestimmten Höchstbetrag der Leistung bei Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung des IPREM, berechnet nach den durchschnittlich in den 180 letzten Arbeitstagen gearbeiteten Stunden, festlege.

    14

    Als Beispiel für diese unterschiedliche Behandlung führt das vorlegende Gericht an, ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer ohne unterhaltsberechtigte Kinder, wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens, der in den letzten 180 Tagen vor Eintritt der Arbeitslosigkeit im Sinne des Gesetzes eine Arbeitszeit habe, die 60 % der Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers entspreche, dessen durchschnittliches monatliches Arbeitsentgelt 1554,52 Euro betrage, von dem er Beiträge zur Sozialversicherung leiste, und der die einzige Beschäftigung, die er seit 36 Jahren innehabe, verliere, als beitragsbezogene Leistung bei Arbeitslosigkeit 652,20 Euro pro Monat erhalte (21,74 Euro x 30 Tage), während ein Vollzeitarbeitnehmer in der gleichen familiären Situation, der das gleiche Arbeitsentgelt beziehe und Sozialversicherungsbeiträge in gleicher Höhe leiste, 1087,20 Euro (36,24 Euro x 30 Tage) erhalte.

    15

    Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in Art. 211 Abs. 3 LGSS vorgesehene Regel sei nicht durch objektive Umstände gerechtfertigt und führe zu einer Verletzung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung aufgrund des Geschlechts. Vollzeitarbeitnehmer und Teilzeitarbeitnehmer trügen zur finanziellen Absicherung des Risikos der Arbeitslosigkeit die gleiche Beitragslast, die von der Höhe ihres Arbeitsentgelts abhänge, während die Höhe der Leistungen, auf die sie Anspruch hätten, sehr unterschiedlich sei. Diese Ungleichbehandlung betreffe mehrheitlich Frauen. Sie verstärke sich proportional zu dem Teilzeitkoeffizienten.

    16

    Unter diesen Umständen hat das Tribunal Superior de Justicia de la Comunidad Autónoma del País Vasco (Oberstes Gericht der Autonomen Gemeinschaft Baskenland) entschieden, das Verfahren auszusetzen, und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Steht Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7 unter Umständen wie denen des Ausgangsrechtsstreits einer nationalen Bestimmung entgegen, nach der zur Berechnung des Betrags der Leistungen bei Vollarbeitslosigkeit, die ein Arbeitnehmer im Anschluss an den Verlust seiner einzigen, in Teilzeit ausgeübten Beschäftigung bezieht, der gesetzlich festgelegte Höchstbetrag der Leistungen bei Arbeitslosigkeit um einen Teilzeitkoeffizienten herabgesetzt wird, der dem Prozentsatz der Arbeitszeit des Teilzeitarbeitnehmers im Verhältnis zur Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers entspricht, wenn man berücksichtigt, dass in diesem Mitgliedstaat die immense Mehrheit der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer Frauen sind?

    Zur Vorlagefrage

    17

    Nach Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs kann dieser, wenn eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage mit einer Frage übereinstimmt, über die er bereits entschieden hat, wenn die Antwort auf eine solche Frage klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann oder wenn die Beantwortung der zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt, auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden.

    18

    Diese Verfahrensvorschrift ist in der vorliegenden Rechtssache anzuwenden.

    19

    Es ist darauf hinzuweisen, dass zwar feststeht, dass das Unionsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt lässt und dass in Ermangelung einer Harmonisierung auf der Ebene der Europäischen Union das Recht jedes Mitgliedstaats bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Leistungen der sozialen Sicherheit gewährt werden; gleichwohl müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Befugnis das Unionsrecht beachten (Urteil Cachaldora Fernández, C‑527/13, EU:C:2015:215, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    20

    Somit lässt das Unionsrecht grundsätzlich die Wahl des spanischen Gesetzgebers unberührt, durch eine Bestimmung wie Art. 211 Abs. 3 LGSS Höchst- und Mindestbeträge für eine Leistung bei Arbeitslosigkeit vorzusehen und auf diese Beträge einen Kürzungskoeffizienten bei Teilzeitarbeit anzuwenden. Jedoch ist zu prüfen, ob diese Wahl im Ausgangsverfahren mit der Richtlinie 79/7 vereinbar ist (vgl. entsprechend Urteil Cachaldora Fernández, C‑527/13, EU:C:2015:215, Rn. 26).

    21

    Zunächst ist festzustellen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts enthält, da sie unterschiedslos auf männliche und weibliche Arbeitnehmer anwendbar ist. Es ist daher zu prüfen, ob sie eine mittelbar auf dieses Kriterium gestützte Diskriminierung darstellt.

    22

    Was die Frage betrifft, ob eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende eine mittelbare Diskriminierung enthält, wie das vorlegende Gericht nahelegt, so liegt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn eine nationale Maßnahme zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber wesentlich mehr Frauen als Männer benachteiligt (Urteil Cachaldora Fernández, C‑527/13, EU:C:2015:215, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    23

    In der vorliegenden Rechtssache ist darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung des vorlegenden Gerichts auf der doppelten Prämisse beruht, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Bestimmung, d. h. Art. 211 Abs. 3 LGSS, die Gruppe der Teilzeitarbeitnehmer betrifft, die in ihrer großen Mehrheit aus weiblichen Arbeitnehmern besteht.

    24

    Insoweit ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Bestimmung, wie sich aus der Vorlageentscheidung ergibt und wie auch die spanische Regierung ausführt, nicht auf alle Teilzeitarbeitnehmer anzuwenden ist, sondern nur auf diejenigen, für die angesichts des Entgelts, das sie in den letzten 180 Tagen vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bezogen haben, die Höchst- oder Mindestbeträge der Leistung bei Arbeitslosigkeit gelten. Somit erlauben die allgemeinen statistischen Daten in Bezug auf die Gruppe der Teilzeitarbeitnehmer in ihrer Gesamtheit nicht die Feststellung, dass von dieser Bestimmung wesentlich mehr Frauen als Männer betroffen sind (vgl. entsprechend Urteil Cachaldora Fernández, C‑527/13, EU:C:2015:215, Rn. 30).

    25

    Auch geht aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten nicht hervor, dass in Bezug auf die Gruppe der Arbeitnehmer, die speziell von der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Vorschrift betroffen sind, statistische Daten vorliegen, mit denen sich nachweisen ließe, dass von dieser Vorschrift eine weitaus größere Zahl Frauen als Männer betroffen ist.

    26

    Des Weiteren ist, worauf die spanische Regierung und die Kommission hingewiesen haben, festzustellen, dass die in Art. 211 Abs. 3 LGSS vorgesehenen Höchstbeträge der Leistung bei Arbeitslosigkeit, um die es im Ausgangsverfahrens geht, die Vollzeitarbeitnehmer ebenso, wenn nicht sogar stärker benachteiligen können, da diese Beträge nach Maßgabe des IPREM, der für alle Arbeitnehmer gilt, bestimmt werden.

    27

    Außerdem kann der Umstand, dass diese Höchstbeträge nach dem Grundsatz pro rata temporis angepasst werden, um die gegenüber einem Vollzeitarbeitnehmer geringere Arbeitszeit eines Teilzeitarbeitnehmers berücksichtigen zu können, für sich allein nicht als dem Unionsrecht zuwiderlaufend angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Österreichischer Gewerkschaftsbund, C‑476/12, EU:C:2014:2332, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    28

    Im Übrigen ist diese Anpassung nach dem Grundsatz pro rata temporis, wie die Kommission zu Recht ausführt, geeignet, denselben Höchstbetrag der Leistung pro geleisteter Arbeitsstunde sicherzustellen und damit die Gleichbehandlung zu fördern.

    29

    Angesichts der vorstehenden Erwägungen kann die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Bestimmung auf der Grundlage der in der Vorlageentscheidung beschriebenen Elemente nicht als Benachteiligung vor allem einer bestimmten Kategorie von Arbeitnehmern, im vorliegenden Fall Teilzeitarbeitnehmer und a fortiori Frauen, angesehen werden. Diese Bestimmung kann daher nicht als mittelbar diskriminierende Maßnahme im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7 eingestuft werden.

    30

    Daher ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7 unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einer nationalen Bestimmung nicht entgegensteht, nach der zur Berechnung des Betrags der Leistungen bei Vollarbeitslosigkeit, die ein Arbeitnehmer im Anschluss an den Verlust seiner einzigen, in Teilzeit ausgeübten Beschäftigung bezieht, der gesetzlich festgelegte Höchstbetrag der Leistungen bei Arbeitslosigkeit um einen Teilzeitkoeffizienten herabgesetzt wird, der dem Prozentsatz der Arbeitszeit des Teilzeitarbeitnehmers im Verhältnis zur Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers entspricht.

    Kosten

    31

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:

     

    Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit steht unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einer nationalen Bestimmung nicht entgegen, nach der zur Berechnung des Betrags der Leistungen bei Vollarbeitslosigkeit, die ein Arbeitnehmer im Anschluss an den Verlust seiner einzigen, in Teilzeit ausgeübten Beschäftigung bezieht, der gesetzlich festgelegte Höchstbetrag der Leistungen bei Arbeitslosigkeit um einen Teilzeitkoeffizienten herabgesetzt wird, der dem Prozentsatz der Arbeitszeit des Teilzeitarbeitnehmers im Verhältnis zur Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers entspricht.

     

    Unterschriften


    ( * )   Verfahrenssprache: Spanisch.

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