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Document 62015CJ0097

Urteil des Gerichtshofs (Neunte Kammer) vom 14. Juli 2016.
Sprengen/Pakweg Douane BV gegen Staatssecretaris van Financiën.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsamer Zolltarif – Kombinierte Nomenklatur – Positionen 8471 und 8521 – Erläuterungen – Übereinkommen über den Handel mit Waren der Informationstechnologie – ‚Screenplays‘.
Rechtssache C-97/15.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2016:556

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

14. Juli 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Gemeinsamer Zolltarif — Kombinierte Nomenklatur — Positionen 8471 und 8521 — Erläuterungen — Übereinkommen über den Handel mit Waren der Informationstechnologie — ‚Screenplays‘“

In der Rechtssache C‑97/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 6. Februar 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Februar 2015, in dem Verfahren

Sprengen/Pakweg Douane BV

gegen

Staatssecretaris van Financiën

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, des Richters C. Vajda (Berichterstatter) und der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Sprengen/Pakweg Douane BV, vertreten durch H. de Bie, S. S. Mulder und N. van den Broek, advocaten,

der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Noort, M. Bulterman und M. Gijzen als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Caeiros, F. Wilman und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 1987, L 256, S. 1) in den sich nacheinander aus der Verordnung (EG) Nr. 1549/2006 der Kommission vom 17. Oktober 2006 (ABl. 2006, L 301, S. 1) und der Verordnung (EG) Nr. 1214/2007 der Kommission vom 20. September 2007 (ABl. 2007, L 286, S. 1) ergebenden Fassungen und insbesondere die Auslegung der Positionen 8471 und 8521 KN.

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Sprengen/Pakweg Douane BV (im Folgenden: Sprengen) und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen) wegen der Einreihung von Apparaten, sogenannten „Screenplays“, die eine Multimediafestplatte enthalten und Mittel zur Wiedergabe einer großen Vielzahl an von einem Computer unmittelbar auf ein Fernsehgerät oder einen Videomonitor übertragenen Multimediadateien bieten, die von Fotos über Musik bis zu Filmen reichen, innerhalb der KN.

Rechtlicher Rahmen

KN und HS

3

Die Tarifierung von Waren, die in die Europäische Union eingeführt werden, richtet sich nach der KN.

4

Die KN beruht auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), das durch den Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation (WZO), der durch das am 15. Dezember 1950 in Brüssel unterzeichnete Abkommen zur Gründung dieses Rates errichtet worden war, erarbeitet wurde. Das HS wurde durch das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS-Übereinkommen) errichtet und mit dem dazugehörigen Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. 1987, L 198, S. 1) im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genehmigt. Die KN übernimmt die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des HS; nur die siebte und die achte Stelle bilden eigene Unterteilungen.

5

Nach Art. 12 der Verordnung Nr. 2658/87 veröffentlicht die Europäische Kommission jedes Jahr in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN zusammen mit den entsprechenden autonomen und vertragsmäßigen Zollsätzen des Gemeinsamen Zolltarifs, wie sie sich aus den vom Rat der Europäischen Union oder von der Kommission beschlossenen Maßnahmen ergeben. Diese Verordnung wird spätestens bis zum 31. Oktober im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und gilt jeweils ab dem 1. Januar des darauffolgenden Jahres.

6

Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht hervor, dass die KN auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens in ihren in den Jahren 2007 und 2008 geltenden Fassungen, die sich aus den Verordnungen Nrn. 1549/2006 und 1214/2007 ergeben, anwendbar ist. Die sich aus diesen Verordnungen ergebenden Fassungen der Allgemeinen Vorschriften, der Tarifpositionen der Kapitel 84 und 85 der KN sowie der Erläuterungen zu diesen Kapiteln, auf die sich die Vorlagefragen beziehen, weichen in ihrem Wortlaut nicht voneinander ab.

7

Teil II der KN enthält einen Abschnitt XVI mit der Überschrift „Maschinen, Apparate, mechanische Geräte und elektrotechnische Waren, Teile davon; Tonaufnahme‑ oder Tonwiedergabegeräte, Fernseh‑Bild‑ und ‑Tonaufzeichnungsgeräte oder Fernseh-Bild- und ‑Tonwiedergabegeräte, Teile und Zubehör für diese Geräte“.

8

Die Anmerkungen 3 und 5 zu Abschnitt XVI der KN lauten:

„(3)

Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind kombinierte Maschinen aus zwei oder mehr Maschinen verschiedener Art, die zusammen arbeiten sollen und ein Ganzes bilden, sowie Maschinen, die ihrer Beschaffenheit nach dazu bestimmt sind, zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) auszuführen, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit (Hauptfunktion) einzureihen.

(5)

Bei der Anwendung der Anmerkungen des Abschnitts XVI umfasst der Begriff ‚Maschinen‘ alle Maschinen, Apparate, Geräte und Vorrichtungen der in den Positionen des Kapitels 84 oder 85 genannten Art.“

9

Abschnitt XVI der KN enthält ein Kapitel 84 mit der Überschrift „Kernreaktoren, Kessel, Maschinen, Apparate und mechanische Geräte; Teile davon“.

10

In Anmerkung 5 zu Kapitel 84 heißt es:

„…

C)

Vorbehaltlich der Bestimmungen der nachstehenden Absätze D) und E) wird eine Einheit dann als Teil eines automatischen Datenverarbeitungssystems angesehen, wenn sie alle folgenden Bedingungen erfüllt:

1)

sie ist von der ausschließlich oder hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendeten Art;

2)

sie ist an die Zentraleinheit unmittelbar oder über eine oder mehrere andere Einheiten anschließbar; und

3)

sie ist in der Lage, Daten in einer Form (Codes oder Signale) zu empfangen oder zu liefern, die vom System verwendbar sind.

Gesondert gestellte Einheiten einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine sind in die Position 8471 einzureihen.

Tastaturen, X/Y-Koordinateneingabegeräte und Plattenspeichereinheiten, die die Bedingungen der vorstehenden Absätze C) 2) und C) 3) erfüllen, sind jedoch stets als Einheiten in die Position 8471 einzureihen.

D)

E)

Maschinen, in die eine automatische Datenverarbeitungsmaschine eingebaut ist oder die mit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine zusammenarbeiten und die eine eigene Funktion (andere als die Datenverarbeitung) ausführen, sind in die ihrer Funktion entsprechende Position oder, falls keine solche vorhanden ist, in eine Sammelposition einzureihen.“

11

Die Position 8471 KN und deren Unterposition 8471 70 50 lauten wie folgt:

„8471

Automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten; magnetische oder optische Leser, Maschinen zum Aufzeichnen von Daten auf Datenträger in codierter Form und Maschinen zum Verarbeiten solcher Daten, anderweit weder genannt noch inbegriffen:

8471 70

– Speichereinheiten:

8471 70 50

– – – – – Festplattenspeichereinheiten

…“

12

Abschnitt XVI der KN enthält auch ein Kapitel 85 mit der Überschrift „Elektrische Maschinen, Apparate, Geräte und andere elektrotechnische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Bild- und Tonaufzeichnungs- oder ‑wiedergabegeräte, für das Fernsehen, Teile und Zubehör für diese Geräte“.

13

Die Position 8521 KN und deren Unterposition 8521 90 00 lauten wie folgt:

„8521

Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder ‑wiedergabe, auch mit eingebautem Videotuner:

8521 90 00

– andere“.

Erläuterungen zum HS

14

Die WZO genehmigt nach Maßgabe von Art. 8 des HS-Übereinkommens die von dem in Art. 6 des Übereinkommens geregelten Ausschuss für das HS ausgearbeiteten Erläuterungen und Einreihungsavise. Nach Art. 7 Abs. 1 des HS‑Übereinkommens besteht die Aufgabe dieses Ausschusses u. a. darin, Änderungen des HS‑Übereinkommens vorzuschlagen und Erläuterungen, Einreihungsavise und sonstige Stellungnahmen zur Auslegung des HS auszuarbeiten.

15

Nach Art. 3 Abs. 1 des HS‑Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, ihre Zolltarifnomenklatur und ihre Statistiknomenklaturen mit dem HS in Übereinstimmung zu bringen, alle Positionen und Unterpositionen des HS sowie die dazugehörigen Codenummern zu verwenden, ohne etwas hinzuzufügen oder zu ändern, und die Nummernfolge des HS einzuhalten. Die Vertragsparteien verpflichten sich außerdem, die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS sowie alle Anmerkungen zu den Abschnitten, Kapiteln und Unterpositionen des HS anzuwenden und die Tragweite der Abschnitte, Kapitel, Positionen oder Unterpositionen des HS nicht zu verändern.

16

In der im Jahr 2007 erlassenen Fassung der Erläuterungen zum HS heißt es zu Position 8521:

„A.- Aufzeichnungsgeräte und kombinierte Aufzeichnungs- und Wiedergabegeräte

Diese Geräte können, wenn sie an eine Fernsehkamera oder ein Fernsehempfangsgerät angeschlossen werden, elektrische Impulse (analoge Signale) oder analoge Signale, die in digitale Signale (oder eine Kombination dieser Signale) gewandelt wurden, die den Bildern und dem Ton entsprechen, wie sie von der Fernsehkamera oder einem Fernsehempfangsgerät empfangen wurden, auf einen Träger aufzeichnen. Gewöhnlich werden die Bilder und der Ton auf demselben Träger gespeichert. Die Aufzeichnung kann magnetisch oder optisch erfolgen. Gewöhnlich werden Bänder oder Platten als Aufzeichnungsträger verwendet.

Zu dieser Position gehören auch Geräte, die gewöhnlich digitale Codes, die Videobildern und Tönen entsprechen, auf eine magnetische Platte aufzeichnen, indem sie den digitalen Code von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine übertragen (z. B. digitale Videorecorder).

Bei der magnetischen Aufzeichnung auf Band werden die Bilder und Töne in getrennten Spuren auf das Band aufgezeichnet, während bei der magnetischen Aufzeichnung auf eine Platte die Bilder und Töne als magnetisierte Muster oder Stellen in spiralförmigen Spuren auf die Oberfläche der Platte aufgezeichnet werden.

Bei der optischen Aufzeichnung werden digitale Daten, die Bildern und Tönen entsprechen[,] durch einen Laser auf eine Platte geschrieben.

Videorekorder, die Signale von einem Fernsehempfangsgerät aufzeichnen, enthalten auch einen Tuner, der die Auswahl des gewünschten Signals (oder Fernsehkanals) aus dem Frequenzband, das von der Fernsehsendestation übertragen wird, ermöglicht.

Werden die Geräte zur Wiedergabe verwendet, wandeln sie die Aufzeichnungen in Videosignale um. Diese Signale werden entweder an eine Sendestation oder an ein Fernsehempfangsgerät weitergeleitet.

B.‑ WIEDERGABEGERÄTE

Diese Geräte sind ausschließlich zur direkten Bild‑ und Tonwiedergabe mit einem Fernsehempfangsgerät bestimmt. Die bei diesen Geräten verwendeten Träger werden zuvor mit Hilfe von speziellen Aufzeichnungsgeräten auf mechanischem, magnetischem oder optischem Wege mit Aufzeichnungen versehen. An derartigen Wiedergabegeräten können genannt werden:

Geräte für Platten, auf die Bild und Ton durch verschiedene Verfahren gespeichert sind und durch ein optisches Lasersystem, einen kapazitiven Sensor, Drucksensor oder Magnetkopf abgenommen werden. Vorbehaltlich der Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI sind Geräte, die sowohl Video‑ als auch Audioaufnahmen wiedergeben können, in diese Position einzureihen.

Geräte, die die auf einem lichtempfindlichen Film aufgezeichneten Bildangaben (der Ton ist auf demselben Film magnetisch aufgezeichnet worden) dekodieren und in Videosignale umwandeln.“

Übereinkommen über den Handel mit Waren der Informationstechnologie

17

Das Übereinkommen über den Handel mit Waren der Informationstechnologie, das aus der am 13. Dezember 1996 auf der ersten Konferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Singapur angenommenen Ministererklärung über den Handel mit Waren der Informationstechnologie sowie ihren Anhängen und Anlagen besteht (im Folgenden: ITA), sowie die Mitteilung über seine Durchführung wurden mit dem Beschluss 97/539/EG des Rates vom 24. März 1997 über die Beseitigung der Zölle auf Waren der Informationstechnologie (ABl. 1997, L 155, S. 1) im Namen der Gemeinschaft genehmigt. Nach Abs. 1 des ITA sollten sich die Handelsregelungen einer jeden Vertragspartei so entwickeln, dass der Marktzugang für Waren der Informationstechnologie verbessert wird.

18

Die Verordnung (EG) Nr. 2559/2000 des Rates vom 16. November 2000 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung Nr. 2658/87 (ABl. 2000, L 293, S. 1) wurde erlassen, um, wie aus den Erwägungsgründen 2 und 3 dieser Verordnung hervorgeht, das ITA anzuwenden.

19

Die Anlagen A und B des Anhangs I des ITA lauten wie folgt:

„Attachment A, Section 1

8471

Automatic data processing machines and units thereof; magnetic or optical readers, machines for transcribing data onto data media in coded form and machines for processing such data, not elsewhere specified or included:

8471 70

Storage units, including central storage units, optical disk storage, hard disk drives and magnetic tape storage units

Attachment B

Positive list of specific products to be covered by this agreement wherever they are classified in the HS.

Proprietary format storage devices including media therefore for automatic data processing machines, with or without removable media and whether magnetic, optical or other technology, including Bernoulli Box, Syquest, or Zipdrive cartridge storage units[.]

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

20

Sprengen meldete in den Jahren 2007 und 2008 in eigenem Namen und für eigene Rechnung für die Auftraggeberin Iomega International SA sogenannte „Screenplays“ zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an.

21

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass Screenplays Apparate sind, die die Speicherung von Multimediadateien und deren Wiedergabe auf einem Fernsehgerät oder einem Videomonitor erlauben.

22

Zu diesem Zweck enthalten die Screenplays eine Festplatte, auf die von einem Personalcomputer Video‑, Musik‑ oder auch Bilddateien in den verschiedenen gängigen Formaten gespeichert werden können. Die Verbindung mit dem Personalcomputer wird mittels des in die Screenplays eingebauten Firewire- oder USB-Anschlusses hergestellt.

23

Diese Geräte können anschließend von dem Computer getrennt werden und mit einem Kabel an ein Fernsehgerät oder einen Videomonitor angeschlossen werden, um darauf diese Videos, Musik oder Bilder wiederzugeben. Durch in den Screenplays vorhandene Hard‑ und Software werden die auf ihrer Festplatte gespeicherten (digitalen) Multimediadateien dekodiert und in ein (analoges) Pal‑/NTSC‑Signal umgewandelt, das sich auf einem solchen Fernsehgerät oder einem solchen Videomonitor darstellen lässt.

24

In der mit den Screenplays gelieferten Gebrauchsanweisung heißt es:

„Mit dem Iomega Screenplay Multimedia-Drive können Sie Ihre Lieblingsmultimediadateien auf Ihrem Computer auf Ihrem Fernsehgerät wiedergeben. Kopieren Sie einfach Filme, Fotos und Musik über den USB- oder Firewire-Anschluss von einem PC oder Mac-Computer auf den Screenplay Pro-Drive. Anschließend können Sie die Filme, Diapräsentationen der Fotos und Ihre Musik auf jedem Fernsehgerät wiedergeben.“

25

Die Screenplays wurden von Sprengen unter der Unterposition 8471 70 50 KN als „Festplattenspeichereinheiten“ angemeldet, für die ein Zollsatz von 0 % gilt.

26

Die niederländischen Zollbehörden vertraten nach einer Untersuchung die Auffassung, dass die Screenplays als „Videogeräte zur Bild‑ und Tonwiedergabe“ in die Unterposition 8521 90 00 KN einzureihen seien, für die ein Zollsatz von 13,9 % gelte. Daraufhin wurden Zahlungsaufforderungen erlassen und an Sprengen übermittelt.

27

Gegen diese Zahlungsaufforderungen legte Sprengen Einspruch ein. Nachdem der Einspruch zurückgewiesen worden war, erhob sie Klage gegen diese Zahlungsaufforderungen bei der Rechtbank Haarlem (Gericht Haarlem, Niederlande), die am 22. Dezember 2011 abgewiesen wurde. Sprengen legte daraufhin gegen dieses Urteil beim Gerechtshof Amsterdam (Berufungsgericht Amsterdam, Niederlande) Berufung ein, die mit Urteil vom 24. Oktober 2013 ebenfalls zurückgewiesen wurde, und zwar mit der Begründung, dass die Screenplays in die Position 8521 KN einzureihen seien.

28

Sprengen legte gegen das Berufungsurteil beim Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) Kassationsbeschwerde ein. Vor diesem Gericht machte Sprengen erstens geltend, dass der Berufungsrichter die Tragweite der Position 8521 KN und insbesondere den Begriff „Videogeräte zur Bild‑ und Tonwiedergabe“ im Sinne dieser Position zu weit ausgelegt habe, und dass diese Auslegung gegen das HS und die KN verstoße. Zweitens ist Sprengen der Ansicht, dass der Berufungsrichter, auch wenn die Screenplays in die Position 8521 KN eingereiht werden könnten, die Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI der KN falsch ausgelegt habe, wonach Maschinen, die zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) ausführen könnten, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit (Hauptfunktion) einzureihen seien. Zuletzt machte Sprengen geltend, der Gerechtshof Amsterdam (Berufungsgericht Amsterdam) habe zu Unrecht entschieden, dass die Screenplays nicht in den Anwendungsbereich des ITA fielen und dass sie sich im Zusammenhang mit der Anwendung des Zolltarifs nicht mit Erfolg auf dieses Übereinkommen berufen könne.

29

Unter diesen Umständen hat der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Anmerkung 5 C letzter Absatz zu Kapitel 84 der KN – gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Anlagen A und B (zum Anhang) des ITA – dahin auszulegen, dass Apparate wie die hier beschriebenen Screenplays als „Festplattenspeichereinheiten“ in die Unterposition 8471 70 50 KN einzureihen sind, obwohl sie Merkmale und Eigenschaften aufweisen, die es ihnen ermöglichen, auf den Festplatten gespeicherte Multimediadateien nach deren Umwandlung in analoge Signale auf einem Fernsehgerät oder einem Videomonitor wiederzugeben?

2.

Falls nicht, ist Position 8521 KN dann dahin auszulegen, dass Apparate wie die Screenplays selbst dann in diese Position einzureihen sind, wenn die Videowiedergabefunktion nicht ihre einzige Funktion, aber die Hauptfunktion darstellt?

Zu den Vorlagefragen

30

Mit seinen Fragen, die zusammen zu behandeln sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die KN dahin auszulegen ist, dass Apparate wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Screenplays, die zum einen die Funktion haben, Multimediadateien zu speichern, und zum anderen die Funktion, sie auf einem Fernsehgerät oder einem Videomonitor wiederzugeben, in die Unterposition 8471 70 50 KN oder in die Position 8521 dieser Nomenklatur einzureihen sind.

31

Im Hinblick auf die Beantwortung der Vorlagefragen ist zum einen anzumerken, dass nach den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN für die Einreihung der Waren der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln maßgebend ist, während die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise sind (vgl. Urteile vom 12. Juni 2014, Lukoyl Neftohim Burgas, C‑330/13, EU:C:2014:1757, Rn. 33, und vom 11. Juni 2015, Baby Dan, C‑272/14, EU:C:2015:388, Rn. 25).

32

Zum anderen ist nach ständiger Rechtsprechung das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. u. a. Urteile vom 16. Februar 2006, Proxxon, C‑500/04, EU:C:2006:111, Rn. 21, und vom 5. März 2015, Vario Tek, C‑178/14, EU:C:2015:152, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33

Hierzu ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Positionen 8471, in die die Unterposition 8471 70 50 fällt, und 8521 KN sowie den dazugehörigen Erläuterungen, dass die Funktion der betreffenden Ware für deren Einreihung in eine dieser Positionen entscheidend ist.

34

Diese Positionen beschreiben nämlich spezifisch die Funktion, die die von ihnen erfassten Waren erfüllen. So bezieht sich die Position 8471 KN insbesondere auf „Automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten“. Die Position 8521 KN betrifft hingegen „Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder ‑wiedergabe, auch mit eingebautem Videotuner“.

35

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Apparate Funktionen haben, die es für sich betrachtet erlauben, sie in beide Positionen einzureihen, die in Rn. 30 des vorliegenden Urteils erwähnt werden. Diese Apparate haben insbesondere zum einen die Funktion, Multimediadateien zu speichern, und zum anderen die Funktion, sie auf einem Fernsehgerät oder einem Videomonitor wiederzugeben.

36

Aus dieser Entscheidung ergibt sich auch, dass die Hauptfunktion dieser Apparate in der Bild‑ und Tonwiedergabe besteht.

37

Es ist jedoch erstens festzustellen, dass nach Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI der KN, der die Kapitel 84 und 85 dieser Nomenklatur enthält, soweit nichts anderes bestimmt ist, kombinierte Maschinen aus zwei oder mehr Maschinen verschiedener Art, die zusammenarbeiten sollen und ein Ganzes bilden, sowie Maschinen, die zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) ausführen können, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit (Hauptfunktion) einzureihen sind.

38

Daraus folgt, dass Apparate wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Screenplays im Hinblick auf ihre Hauptfunktion grundsätzlich in die Position 8521 KN einzureihen sind, die speziell Videogeräte zur Bild- und Tonwiedergabe betrifft.

39

Diese Feststellung wird durch das Argument von Sprengen, wonach eine solche Einreihung aufgrund der Erläuterung zu Position 8521 HS ausgeschlossen sei, nicht in Frage gestellt. In diesem Rahmen macht Sprengen geltend, dass nach dieser Anmerkung nur die Geräte in diese Position einzureihen seien, die „ausschließlich“ zur direkten Bild‑ und Tonwiedergabe mit einem Fernsehempfangsgerät bestimmt seien. Selbst wenn die Screenplays eine solche Wiedergabefunktion hätten, würde es sich aber nach Ansicht von Sprengen jedenfalls nicht um die „ausschließliche“ Funktion dieser Geräte handeln.

40

Hierzu ist festzustellen, dass die HS‑Erläuterungen nach ständiger Rechtsprechung erheblich zur Auslegung der einzelnen Tarifpositionen beitragen, ohne jedoch rechtsverbindlich zu sein. Der Inhalt dieser Erläuterungen muss daher mit den Bestimmungen der KN in Einklang stehen und darf deren Bedeutung nicht verändern (Urteil vom 26. November 2015, Duval, C‑44/15, EU:C:2015:783, Rn. 24).

41

Daher steht der Umstand, dass Abschnitt B der Erläuterung zu Position 8521 HS besagt, dass die von dieser Position erfassten Geräte „ausschließlich“ zur direkten Bild‑ und Tonwiedergabe mit einem Fernsehempfangsgerät bestimmt sind, der Feststellung in Rn. 38 des vorliegenden Urteils nicht entgegen. Die Verwendung des Begriffs „ausschließlich“ schließt nämlich nicht jedes Gerät aus, das auch andere Funktionen als die Videowiedergabefunktion hat, sondern soll diese Geräte von den sogenannten „Kombinierten Aufzeichnungs- und Wiedergabegeräten“ unterscheiden, die von Abschnitt A dieser Erläuterungen erfasst sind.

42

Eine solche Auslegung wird zweitens durch Anmerkung 5 zu Kapitel 84 KN bestätigt, das die Unterposition 8471 70 50 KN enthält. Anmerkung 5 C zu diesem Kapitel enthält Bestimmungen, die vorbehaltlich der Anmerkungen 5 D und 5 E zu diesem Kapitel gelten. Nach Anmerkung 5 E zu Kapitel 84 KN „[sind] Maschinen, in die eine automatische Datenverarbeitungsmaschine eingebaut ist oder die mit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine zusammenarbeiten und die eine eigene Funktion (andere als die Datenverarbeitung) ausführen, … in die ihrer Funktion entsprechende Position oder, falls keine solche vorhanden ist, in eine Sammelposition einzureihen“.

43

Nach dem Wortlaut dieser Anmerkung 5 E bezeichnet der verwendete Ausdruck „eigene Funktion“ eine „andere als die Datenverarbeitung“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2008, Kip Europe u. a., C‑362/07 und C‑363/07, EU:C:2008:710, Rn. 32).

44

Des Weiteren folgt aus dem Sinn und Zweck dieser Anmerkung, dass mit der in dieser enthaltenen Wendung „sind in die ihrer Funktion entsprechende Position … einzureihen“ verhindert werden soll, dass Geräte, deren Funktion mit der Datenverarbeitung nichts zu tun hat, nur deshalb in die Position 8471 KN eingereiht werden, weil eine automatische Datenverarbeitungsmaschine in sie eingebaut ist oder sie mit einer solchen Maschine zusammenarbeiten (Urteil vom 11. Dezember 2008, Kip Europe u. a., C‑362/07 und C‑363/07, EU:C:2008:710, Rn. 33).

45

Es ist festzustellen, wie es die niederländische Regierung und die Kommission vor dem Gerichtshof erläutert haben, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Apparate eine eigene Funktion im Sinne dieser Bestimmung haben, die in der Wiedergabe von Bildern und Tönen auf Fernsehbildschirmen besteht. Diese Funktion kann nämlich nicht als Datenverarbeitungsfunktion im Sinne der Position 8471 KN angesehen werden.

46

Entgegen dem Vorbringen des vorlegenden Gerichts ist der Umstand, dass ein Gerät zwei Tätigkeiten ausführt, wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Apparate, für die Anwendbarkeit der Anmerkung 5 E zu Kapitel 84 der KN unerheblich. Diese Anmerkung setzt nämlich zwangsläufig voraus, dass das betreffende Gerät mehrere Tätigkeiten ausführen kann.

47

Daher sind die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Apparate nach der Anmerkung 5 E zu Kapitel 84 der KN nicht in die Position 8471 KN und insbesondere nicht in die Unterposition 8471 70 50 dieser Nomenklatur einzureihen.

48

Drittens ist zu prüfen, ob diese Auslegung der KN durch die Bestimmungen des ITA, auf die das vorlegende Gericht Bezug nimmt, in Frage gestellt wird. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Bestimmungen eines Übereinkommens wie des ITA zwar für den Einzelnen keine Rechte begründen können, auf die er sich nach dem Unionsrecht unmittelbar vor den Gerichten berufen könnte, wenn eine Unionsregelung in dem betreffenden Bereich besteht, dass aber der Vorrang der von der Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträge vor den Bestimmungen des abgeleiteten Rechts gebietet, diese Bestimmungen nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit den genannten Verträgen auszulegen (Urteil vom 22. November 2012, Digitalnet u. a., C‑320/11, C‑330/11, C‑382/11 und C‑383/11, EU:C:2012:745, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49

Nach Ansicht von Sprengen sind die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Apparate sowohl in Anlage A als „storage units“ als auch in Anlage B des Anhangs des ITA als „proprietary format storage devices“ einzureihen.

50

Diese Anlage A enthält einen Verweis auf die Unterposition 8471 70 HS, die der Unterposition 8471 70 KN entspricht. Wie sich jedoch aus Rn. 47 des vorliegenden Urteils ergibt, können diese Apparate nicht in diese Unterposition der KN eingereiht werden. Daher ist diese Anlage A für das Ausgangsverfahren irrelevant.

51

Anlage B des Anhangs des ITA, die ein Verzeichnis spezifischer Waren enthält, die unabhängig von ihrer Einreihung im HS unter das ITA fallen, nimmt Bezug auf „proprietary format storage devices“. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, ist für die Feststellung, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Apparate unter diesen Begriff einzureihen sind, auf deren Hauptfunktion und deren objektive Merkmale abzustellen. Aus der Vorlageentscheidung geht aber hervor, dass die Hauptfunktion dieser Apparate die Ton‑ und Bildwiedergabe und nicht die Datenspeicherung ist. Diese Apparate sind daher nicht unter den Begriff „proprietary format storage devices“ einzureihen, auf den diese Anlage B Bezug nimmt.

52

Folglich ist festzustellen, dass die Anlagen A und B des Anhangs des ITA für das Ausgangsverfahren nicht von Bedeutung sind.

53

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass die KN dahin auszulegen ist, dass Apparate wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Screenplays, deren Funktion zum einen darin besteht, Multimediadateien zu speichern, und zum anderen darin, diese auf einem Fernsehgerät oder einem Videomonitor wiederzugeben, in die Position 8521 dieser Nomenklatur einzureihen sind.

Kosten

54

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in den sich nacheinander aus der Verordnung (EG) Nr. 1549/2006 der Kommission vom 17. Oktober 2006 und der Verordnung (EG) Nr. 1214/2007 der Kommission vom 20. September 2007 ergebenden Fassungen ist dahin auszulegen, dass Apparate wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Screenplays, deren Funktion zum einen darin besteht, Multimediadateien zu speichern, und zum anderen darin, diese auf einem Fernsehgerät oder einem Videomonitor wiederzugeben, in die Position 8521 dieser Nomenklatur einzureihen sind.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.

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