Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62015CA0524

    Rechtssache C-524/15: Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 20. März 2018 (Vorabentscheidungsersuchen des Tribulane di Bergamo — Italien) — Strafverfahren gegen Luca Menci (Vorlage zur Vorabentscheidung — Mehrwertsteuer — Richtlinie 2006/112/EG — Nichtabführung der geschuldeten Mehrwertsteuer — Sanktionen — Nationale Rechtsvorschriften, die für dieselbe Tat eine verwaltungsrechtliche und eine strafrechtliche Sanktion vorsehen — Charta der Grundrechte der Europäischen Union — Art. 50 — Grundsatz ne bis in idem — Strafrechtliche Natur der Verwaltungssanktion — Vorliegen derselben Straftat — Art. 52 Abs. 1 — Einschränkungen des Grundsatzes ne bis in idem — Voraussetzungen)

    ABl. C 166 vom 14.5.2018, p. 2–3 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    14.5.2018   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 166/2


    Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 20. März 2018 (Vorabentscheidungsersuchen des Tribulane di Bergamo — Italien) — Strafverfahren gegen Luca Menci

    (Rechtssache C-524/15) (1)

    ((Vorlage zur Vorabentscheidung - Mehrwertsteuer - Richtlinie 2006/112/EG - Nichtabführung der geschuldeten Mehrwertsteuer - Sanktionen - Nationale Rechtsvorschriften, die für dieselbe Tat eine verwaltungsrechtliche und eine strafrechtliche Sanktion vorsehen - Charta der Grundrechte der Europäischen Union - Art. 50 - Grundsatz ne bis in idem - Strafrechtliche Natur der Verwaltungssanktion - Vorliegen derselben Straftat - Art. 52 Abs. 1 - Einschränkungen des Grundsatzes ne bis in idem - Voraussetzungen))

    (2018/C 166/02)

    Verfahrenssprache: Italien

    Vorlegendes Gericht

    Tribunale die Bergamo

    Parteien des Ausgangsverfahrens

    Luca Menci

    Beteiligte: Procura della Repubblica

    Tenor

    1.

    Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der eine Person, die die geschuldete Mehrwertsteuer nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen abgeführt hat, in einem Strafverfahren verfolgt werden kann, obwohl sie wegen derselben Tat bereits mit einer bestandskräftigen Verwaltungssanktion strafrechtlicher Natur im Sinne von Art. 50 belegt wurde, sofern diese Regelung

    eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung hat, die eine solche Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen rechtfertigen kann, nämlich die Bekämpfung von Mehrwertsteuerstraftaten, wobei mit den Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen komplementäre Zwecke verfolgt werden müssen,

    Regeln zur Gewährleistung einer Koordinierung enthält, mit der die zusätzliche Belastung, die sich für die Betroffenen aus einer Kumulierung von Verfahren ergibt, auf das zwingend Erforderliche beschränkt wird, und

    Regeln vorsieht, mit denen sichergestellt werden kann, dass die Schwere aller verhängten Sanktionen auf das im Verhältnis zur Schwere der betreffenden Straftat zwingend Erforderliche beschränkt wird.

    2.

    Es ist Sache des nationalen Gerichts, sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Ausgangsverfahrens zu vergewissern, dass die Belastung, die sich für den Betroffenen aus der Anwendung der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung und aus der nach ihr zulässigen Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen konkret ergibt, nicht außer Verhältnis zur Schwere der begangenen Straftat steht.


    (1)  ABl. C 414 vom 14.12.2015.


    Top