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Document 62014TJ0735

Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 13. September 2018.
Gazprom Neft PAO gegen Rat der Europäischen Union.
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren – Aufnahme und sodann Verbleib des Namens der Klägerin in die bzw. auf der Liste der Organisationen, auf die die restriktiven Maßnahmen Anwendung finden – Begründungspflicht – Rechtsgrundlage – Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Russland – Eigentumsrecht – Recht auf wirtschaftliche Tätigkeit – Verhältnismäßigkeit.
Rechtssachen T-735/14 und T-799/14.

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2018:548

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

13. September 2018 ( *1 )

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren – Aufnahme und sodann Verbleib des Namens der Klägerin in die bzw. auf der Liste der Organisationen, auf die die restriktiven Maßnahmen Anwendung finden – Begründungspflicht – Rechtsgrundlage – Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Russland – Eigentumsrecht – Recht auf wirtschaftliche Tätigkeit – Verhältnismäßigkeit“

In den Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14,

Gazprom Neft PAO, zuvor Gazprom Neft OAO, mit Sitz in St. Petersburg (Russland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte L. Van den Hende und J. Charles sowie S. Cogman, Solicitor,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop und S. Boelaert als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten zunächst durch C. Brodie und S. Simmons, dann durch C. Brodie und V. Kaye, dann durch C. Brodie, C. Crane und S. Brandon, und schließlich durch C. Brodie, R. Fadoju und M. Brandon als Bevollmächtigte im Beistand von G. Facenna, QC, und C. Banner, Barrister,

und durch

Europäische Kommission, vertreten durch L. Havas, T. Scharf und D. Gauci als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung erstens von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d, Abs. 3 und 4, von Art. 4, von Art. 4a, von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a und von Anhang III des Beschlusses 2014/512/GASP des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. 2014, L 229, S. 13), in der durch den Beschluss 2014/659/GASP des Rates vom 8. September 2014 (ABl. 2014, L 271, S. 54) und durch den Beschluss 2014/872/GASP des Rates vom 4. Dezember 2014 (ABl. 2014, L 349, S. 58) geänderten Fassung, und zweitens von Art. 3, von Art. 3a, von Art. 4 Abs. 3 und 4, von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d, Abs. 3 und 4, von Art. 11 Abs. 1 Buchst. a und von Anhang VI der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. 2014, L 229, S. 1), in der durch die Verordnung (EU) Nr. 960/2014 des Rates vom 8. September 2014 (ABl. 2014, L 271, S. 3) und durch die Verordnung (EU) Nr. 1290/2014 des Rates vom 4. Dezember 2014 (ABl. 2014, L 349, S. 20) geänderten Fassung

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis (Berichterstatter) sowie der Richter D. Spielmann und Z. Csehi,

Kanzler: L. Grzegorczyk, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2017

folgendes

Urteil

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

1

Die Klägerin, die Gazprom Neft PAO, ist eine russische Handelsgesellschaft, die auf die Exploration und Förderung von Erdöl und Erdgas, den Verkauf und den Vertrieb von Rohöl und die Herstellung und den Verkauf von Erdölerzeugnissen spezialisiert ist. Ihr Mehrheitsaktionär ist die Gazprom Joint Stock Company, die unmittelbar und mittelbar 95,7 % ihrer Anteile hält. Die russische Regierung hält unmittelbar und mittelbar 50,23 % der Anteile der Gazprom Joint Stock Company.

2

Am 20. Februar 2014 verurteilte der Rat der Europäischen Union die Anwendung von Gewalt in der Ukraine aufs Schärfste. Er forderte die sofortige Einstellung der Gewalt und die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Ukraine. Der Rat erwog auch die Einführung restriktiver Maßnahmen gegen die für die Menschenrechtsverletzungen, die Gewalt und die exzessive Gewaltanwendung verantwortlichen Personen.

3

In einer außerordentlichen Sitzung vom 3. März 2014 verurteilte der Rat die Gewaltakte der russischen Streitkräfte, die eine offensichtliche Verletzung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit der Ukraine darstellten, sowie die am 1. März 2014 vom Soviet Federatsii Federal’nogo Sobrania Rossiskoï Federatsii (Föderationsrat der Föderationsversammlung der Russischen Föderation) erteilte Genehmigung, auf dem Gebiet der Ukraine die Streitkräfte einzusetzen. Die Europäische Union forderte die Russische Föderation auf, unverzüglich ihre Streitkräfte in die Gebiete zurückzubeordern, in denen sie gemäß ihren internationalen Verpflichtungen dauerhaft stationiert sein dürfen.

4

Am 5. März 2014 erließ der Rat restriktive Maßnahmen mit Schwerpunkt auf dem Einfrieren und der Einziehung von veruntreuten staatlichen Vermögenswerten der Ukraine.

5

Am 6. März 2014 billigten die Staats- und Regierungschefs der Union die Schlussfolgerungen des Rates vom 3. März 2014. Sie verurteilten die grundlose Verletzung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit der Ukraine durch die Russische Föderation scharf und forderten die Russische Föderation auf, unverzüglich ihre Streitkräfte in die Gebiete zurückzubeordern, in denen sie gemäß den einschlägigen Abkommen dauerhaft stationiert sein dürfen. Die Staats- und Regierungschefs der Union erklärten, dass alle weiteren Schritte der Russischen Föderation zur Destabilisierung der Lage in der Ukraine zu weitreichenden weiteren Konsequenzen für die Beziehungen zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits in einer Vielzahl von Wirtschaftsbereichen führen würden. Sie forderten die Russische Föderation auf, internationalen Beobachtern unverzüglich Zugang zu ermöglichen, und betonten, dass die Lösung der Krise in der Ukraine auf der territorialen Unversehrtheit, der Souveränität und der Unabhängigkeit des Landes sowie auf der strikten Einhaltung der internationalen Normen beruhen müsse.

6

Am 16. März 2014 hielten das Parlament der Autonomen Republik Krim und die örtliche Regierung der Stadt Sewastopol, beide Untereinheiten der Ukraine, ein Referendum über den Status der Krim ab. Im Rahmen dieses Referendums wurde die Bevölkerung der Krim gefragt, ob sie für einen Beitritt zur Russischen Föderation als Subjekt oder für die Wiederherstellung der Verfassung von 1992 und für einen Status der Krim als Teil der Ukraine sei. Aus dem in der Autonomen Republik Krim bekannt gegebenen Ergebnis ging hervor, dass 96,77 % der Stimmen für die Eingliederung des Gebietes in die Russische Föderation abgegeben worden waren und die Beteiligung 83,1 % betrug.

7

Am 17. März 2014 nahm der Rat weitere Schlussfolgerungen zur Ukraine an. Der Rat verurteilte das am 16. März 2014 auf der Krim abgehaltene Referendum über den Beitritt zur Russischen Föderation scharf, das seiner Ansicht nach unter offensichtlicher Verletzung der ukrainischen Verfassung stattgefunden hatte. Der Rat forderte die Russische Föderation nachdrücklich dazu auf, Schritte zur Deeskalation der Krise zu unternehmen, ihre Streitkräfte unverzüglich im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen auf die Stärke und zu den Standorten vor der Krise zurückzufahren bzw. zu verlegen, direkte Gespräche mit der Regierung der Ukraine zu führen und alle einschlägigen internationalen Mechanismen zu nutzen, um unter voller Einhaltung ihrer bilateralen und multilateralen Verpflichtungen zur Wahrung der Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Ukraine eine friedliche Verhandlungslösung zu finden. Insoweit bedauerte der Rat, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aufgrund des Vetos, das die Russische Föderation eingelegt hatte, nicht in der Lage war, eine Resolution zu verabschieden. Darüber hinaus appellierte er an die Russische Föderation, nichts zu unternehmen, um die Krim unter Verstoß gegen das Völkerrecht zu annektieren.

8

Am selben Tag erließ der Rat auf der Grundlage von Art. 29 EUV den Beschluss 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2014, L 78, S. 16), sowie auf der Grundlage von Art. 215 AEUV die Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2014, L 78, S. 6), mit denen er in Bezug auf Personen, die für Handlungen verantwortlich waren, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, sowie in Bezug auf mit ihnen verbundene Personen und Organisationen Reisebeschränkungen sowie ein Einfrieren von Vermögenswerten verfügte.

9

Am 17. März 2014 anerkannte die Russische Föderation offiziell die Ergebnisse des am 16. März 2014 auf der Krim abgehaltenen Referendums. Im Anschluss an dieses Referendum riefen der Oberste Rat der Krim und der Stadtrat von Sewastopol die Unabhängigkeit der Krim von der Ukraine aus und verlangten den Beitritt zur Russischen Föderation. Am selben Tag unterzeichnete der russische Präsident ein Dekret über die Anerkennung der Republik Krim als souveräner und unabhängiger Staat.

10

Der Europäische Rat erinnerte am 21. März 2014 an die Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Union vom 6. März 2014 und forderte die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gegebenenfalls weitere gezielte Maßnahmen auszuarbeiten.

11

Am 23. Juni 2014 beschloss der Rat, dass die Einfuhr von Waren mit Ursprung auf der Krim oder in Sewastopol, mit Ausnahme von Waren mit Ursprung auf der Krim oder in Sewastopol, für die ein Ursprungszeugnis der ukrainischen Regierung ausgestellt worden sei, in die Union verboten werden sollte.

12

Nach dem Absturz und der Zerstörung des Flugzeugs der Malaysia Airlines, das den Flug MH17 absolvierte, am 17. Juli 2014 in Donezk (Ukraine) ersuchte der Rat die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), ihre Vorarbeiten zu möglichen gezielten Maßnahmen abzuschließen und spätestens bis zum 24. Juli 2014 Maßnahmenvorschläge zu unterbreiten, u. a. in den Bereichen Zugang zu den Kapitalmärkten, Verteidigung, Güter mit doppeltem Verwendungszweck und sensible Technologien, unter Einschluss des Energiesektors.

13

Am 31. Juli 2014 erließ der Rat auf der Grundlage von Art. 29 EUV den Beschluss 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. 2014, L 229, S. 13). Am selben Tag erließ der Rat auf der Grundlage von Art. 215 AEUV die Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. 2014, L 229, S. 1).

14

Anhang II der Verordnung Nr. 833/2014 enthält eine Liste der in Art. 3 dieser Verordnung genannten Technologien, die in einen KN-Code eingereiht sind, und zwar im Wesentlichen Rohre von der für Öl- oder Gasfernleitungen verwendeten Art (line pipe) und Erd‑, Gesteins- oder Tiefbohrwerkzeuge, Verdrängerpumpen für Flüssigkeiten, Hebewerke für Flüssigkeiten, Bohrmaschinen und Tiefbohrgeräte zum Bohren des Bodens oder Teile solcher Maschinen, Bohr- oder Förderplattformen, Kraftfahrzeuge mit Bohrturm zum Tiefbohren, [Leucht]schiffe, Feuerlöschschiffe etc.

15

Sodann erließ der Rat am 8. September 2014 den Beschluss 2014/659/GASP zur Änderung des Beschlusses 2014/512 (ABl. 2014, L 271, S. 54) und die Verordnung (EU) Nr. 960/2014 zur Änderung der Verordnung Nr. 833/2014 (ABl. 2014, L 271, S. 3). Mit diesen Rechtsakten wurden die für die Tiefseeölexploration und ‑förderung, die Erdölexploration und ‑förderung in der Arktis oder Schieferölprojekte in Russland erforderlichen zugehörigen Dienstleistungen zusätzlichen Beschränkungen unterworfen. Mit denselben Rechtsakten wurden zusätzliche Beschränkungen des Zugangs zum Kapitalmarkt der Union verhängt und ihr Anwendungsbereich auf die drei größten unter Kontrolle oder mehrheitlich in Inhaberschaft des russischen Staates stehenden Gesellschaften ausgedehnt, die auf dem Gebiet des Rohöls und der Erdölerzeugnisse tätig waren, einschließlich der Klägerin.

16

Schließlich wurde der Beschluss 2014/512 in der durch den Beschluss 2014/659 geänderten Fassung durch den Beschluss 2014/872/GASP des Rates vom 4. Dezember 2014 (ABl. 2014, L 349, S. 58, im Folgenden: angefochtener Beschluss) geändert. Die Verordnung Nr. 833/2014 in der durch die Verordnung Nr. 960/2014 geänderten Fassung wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 1290/2014 des Rates vom 4. Dezember 2014 (ABl. 2014, L 349, S. 20, im Folgenden: angefochtene Verordnung) geändert.

17

Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses in der durch Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/659, sodann durch Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b des Beschlusses 2014/872 eingefügten bzw. geänderten Fassung bestimmt:

„(2)   Der unmittelbare oder mittelbare Kauf oder Verkauf von, die unmittelbare oder mittelbare Erbringung von Investitionsdiensten für oder Unterstützung bei der Begebung von oder der sonstige Handel mit Schuldverschreibungen, Kapitalbeteiligungen oder vergleichbaren Finanzinstrumenten mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen, die nach dem 12. September 2014 begeben werden, von

b)

in Anhang III aufgeführten in Russland niedergelassenen Organisationen, die sich mit Wirkung vom 12. September 2014 unter öffentlicher Kontrolle oder zu über 50 % in öffentlicher Inhaberschaft befinden und deren geschätzte Gesamtvermögenswerte sich auf über 1 Billion russische Rubel belaufen und deren geschätzte Einnahmen zu mindestens 50 % aus dem Verkauf oder der Beförderung von Rohöl oder Erdölerzeugnissen stammen,

c)

jeglicher außerhalb der Union niedergelassener juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die sich zu über 50 % in der Inhaberschaft einer unter den Buchstaben a und b genannten Organisation befindet, oder

d)

jeglicher juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die im Namen oder auf Anweisung einer Organisation handelt, die unter die in Buchstabe c genannte Kategorie fällt oder in Anhang II oder III aufgeführt ist, sind verboten.

(3)   Es ist verboten, unmittelbar oder mittelbar Vereinbarungen zu treffen oder an Vereinbarungen beteiligt zu sein, die die Neuvergabe von Darlehen oder Krediten mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen nach dem 12. September 2014 an die in den Absätzen 1 oder 2 genannten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen vorsehen, mit Ausnahme von Darlehen oder Krediten, die nachweislich ein spezifisches Ziel der Finanzierung nicht verbotener unmittelbarer oder mittelbarer Ein- oder Ausfuhren von Gütern oder nichtfinanzieller Dienstleistungen zwischen der Union und Russland oder einem anderen Drittstaat verfolgen, oder von Darlehen, die nachweislich ein spezifisches Ziel der Bereitstellung finanzieller Soforthilfe verfolgen, um die Solvabilitäts- und Liquiditätsanforderungen für in der Union niedergelassene juristische Personen, deren Eigentumsrechte zu mehr als 50 % bei einer in Anhang I genannten Organisation liegen, zu erfüllen.

(4)   Das Verbot gemäß Absatz 3 gilt nicht für die Inanspruchnahme oder Auszahlung von Beträgen im Rahmen eines vor dem 12. September 2014 geschlossenen Vertrags, wenn:

a)

alle Bedingungen für diese Inanspruchnahme oder Auszahlung:

i)

vor dem 12. September 2014 vereinbart wurden; und

ii)

zu oder nach diesem Zeitpunkt nicht geändert wurden; und

b)

vor dem 12. September 2014 ein vertragliches Fälligkeitsdatum für die vollständige Rückerstattung aller zur Verfügung gestellten Gelder sowie für die Aufhebung aller Zusagen, Rechte und Verpflichtungen nach dem Vertrag festgesetzt wurde.

Die Bedingungen für Inanspruchnahmen oder Auszahlungen nach diesem Absatz umfassen Bestimmungen über die Kreditlaufzeit für jede Inanspruchnahme oder Auszahlung, den angewandten Zinssatz oder die Berechnungsmethode für den Zinssatz und den Höchstbetrag.“

18

Mit dem Anhang zum Beschluss 2014/659 wird dem Beschluss 2014/512 ein Anhang III angefügt, mit dem der Name der Klägerin in die Liste der juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b dieses Beschlusses aufgenommen wird.

19

Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d, Abs. 3 und 4 der angefochtenen Verordnung in der durch Art. 1 Abs. 5 der Verordnung Nr. 960/2014 und sodann durch Art. 1 Abs. 6 und 7 der Verordnung Nr. 1290/2014 eingefügten bzw. geänderten Fassung sieht vor:

„(2)   Es ist verboten, übertragbare Wertpapiere und Geldmarktinstrumente mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen, die nach dem 12. September 2014 begeben wurden, unmittelbar oder mittelbar zu kaufen, zu verkaufen, Wertpapierdienstleitungen oder Hilfsdienste bei der Begebung zu erbringen oder anderweitig damit zu handeln, wenn sie von einer der nachstehend aufgeführten Personen, Organisationen oder Einrichtungen begeben wurden:

b)

einer in Russland niedergelassenen in Anhang VI aufgeführten juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die sich unter öffentlicher Kontrolle oder zu über 50 % in öffentlicher Inhaberschaft befindet, über geschätzte Gesamtvermögenswerte von über 1 Billion russische Rubel verfügt und deren geschätzte Einnahmen zu mindestens 50 % aus dem Verkauf oder der Beförderung von Rohöl oder Erdölerzeugnissen stammen;

c)

einer außerhalb der Union niedergelassenen juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, deren Anteile zu über 50 % unmittelbar oder mittelbar von einer der unter den Buchstaben a oder b aufgeführten Organisationen gehalten werden, oder

d)

einer juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die im Namen oder auf Anweisung einer der unter den Buchstaben a, b oder c aufgeführten Organisationen handelt.

(3)   Es ist verboten, unmittelbar oder mittelbar Vereinbarungen zu treffen oder an Vereinbarungen beteiligt zu sein, die die Neuvergabe von Darlehen oder Krediten mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen an die in den Absätzen 1 und 2 genannten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen nach dem 12. September 2014 vorsehen.

Das Verbot gilt nicht für

a)

Darlehen oder Kredite, die spezifisch und nachweislich zur Finanzierung nicht verbotener Einfuhren und Ausfuhren von Gütern und nichtfinanziellen Dienstleistungen zwischen der Union und einem Drittstaat bestimmt sind, einschließlich der Finanzierung von Ausgaben für Güter und Dienstleistungen aus einem anderen Drittstaat, die zur Erfüllung der Ausfuhr- oder Einfuhrverträge erforderlich sind, oder

b)

Darlehen, die nachweislich ein spezifisches Ziel der Bereitstellung finanzieller Soforthilfe verfolgen, um Solvabilitäts- und Liquiditätsanforderungen für in der Union niedergelassene juristische Personen, deren Eigentumsrechte zu mehr als 50 % bei einer in Anhang III genannten Organisation liegen, zu erfüllen.

(4)   Das Verbot gemäß Absatz 3 gilt nicht für die Inanspruchnahme oder Auszahlung von Beträgen im Rahmen eines vor dem 12. September 2014 geschlossenen Vertrags, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

Alle Bedingungen für diese Inanspruchnahme oder Auszahlung

i)

vor dem 12. September 2014 vereinbart wurden und

ii)

zu oder nach diesem Zeitpunkt nicht geändert wurden, und

b)

vor dem 12. September 2014 ein vertragliches Fälligkeitsdatum für die vollständige Rückerstattung aller zur Verfügung gestellten Gelder sowie für die Aufhebung aller Zusagen, Rechte und Verpflichtungen nach dem Vertrag festgesetzt wurde.

Die Bedingungen für Inanspruchnahmen oder Auszahlungen nach Buchstabe a umfassen Bestimmungen über die Kreditlaufzeit für jede Inanspruchnahme oder Auszahlung, den angewandten Zinssatz oder die Berechnungsmethode für den Zinssatz und den Höchstbetrag.“

20

Art. 1 Abs. 9 der Verordnung Nr. 960/2014 sieht vor, dass Anhang III dieser Verordnung, mit dem der Name der Klägerin in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 833/2014 aufgenommen wird, letzterer Verordnung als Anhang VI angefügt wird.

21

Art. 4 des angefochtenen Beschlusses in der durch den Beschluss 2014/872 geänderten Fassung sieht vor:

„(1)   Der unmittelbare oder mittelbare Verkauf, die unmittelbare oder mittelbare Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr von bestimmter Ausrüstung, die für die folgenden Kategorien von Explorations- und Fördervorhaben in Russland – einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels – geeignet ist, durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder vom Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten aus oder durch Schiffe oder Fluggeräte unter ihrer Flagge unterliegen der vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde des Ausfuhrmitgliedstaats:

a)

Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern;

b)

Erdölexploration und ‑förderung im Offshore-Gebiet nördlich des Polarkreises;

c)

Projekte, die das Potenzial haben, Erdöl aus Ressourcen in Ton- und Schiefergesteinformationen durch Hydrofracking zu gewinnen; das gilt nicht für Exploration und Förderung durch Ton- und Schiefergesteinformationen hindurch, um andere als Ton- und Schiefergesteinlagerstätten aufzufinden, oder Erdöl aus anderen als Ton- oder Schiefergesteinlagerstätten zu gewinnen.

Die Union trifft die notwendigen Maßnahmen zur Festlegung der relevanten Güter, die von diesem Absatz erfasst werden.

(2)   Die Bereitstellung von

a)

technischer Hilfe oder anderen Diensten im Zusammenhang mit der Ausrüstung nach Absatz 1,

b)

Finanzmitteln oder Finanzhilfen für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr der Ausrüstung gemäß Absatz 1 oder für die Erbringung damit verbundener technischer Hilfe oder Ausbildung,

unterliegt ebenfalls der vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde des Ausfuhrmitgliedstaats.

(3)   Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erteilen keine Genehmigung für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr der Ausrüstung oder für die Erbringung der Dienste gemäß den Absätzen 1 und 2, wenn sie feststellen, dass der betreffende Verkauf, die betreffende Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr oder die Erbringung des betreffenden Dienstes für eine der in Absatz 1 genannten Explorations- und Förderkategorien bestimmt ist.

(4)   Absatz 3 gilt unbeschadet der Erfüllung von Verträgen, die vor dem 1. August 2014 geschlossen wurden, oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung dieser Verträge erforderlich sind.

(5)   Eine Genehmigung darf außerdem erteilt werden, wenn der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern oder die Erbringung von Diensten gemäß den Absätzen 1 oder 2 zur dringenden Abwendung oder Eindämmung eines Ereignisses erforderlich ist, das voraussichtlich schwerwiegende und wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt haben wird. In hinreichend begründeten dringenden Fällen kann der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr oder die Erbringung von Diensten gemäß den Absätzen 1 oder 2 ohne vorherige Genehmigung erfolgen, sofern der Ausführer die zuständige Behörde innerhalb von fünf Arbeitstagen nach dem Verkauf, der Lieferung, der Verbringung, der Ausfuhr oder der Erbringung von Diensten davon unterrichtet und die einschlägigen Gründe für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung, die Ausfuhr oder die Erbringung von Diensten ohne vorherige Genehmigung ausführlich darlegt.“

22

Desgleichen bestimmen die Art. 3 und Art. 4 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 833/2014 in der durch die Verordnung Nr. 1290/2014 geänderten Fassung:

„Artikel 3

(1)   Güter gemäß Anhang II mit oder ohne Ursprung in der Union dürfen nur mit vorheriger Genehmigung unmittelbar oder mittelbar an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, oder – wenn diese Güter für eine Nutzung in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, bestimmt sind – in einem anderen Staat verkauft, geliefert, verbracht oder ausgeführt werden.

(2)   Für alle nach diesem Artikel genehmigungspflichtigen Verkäufe, Lieferungen, Verbringungen oder Ausfuhren wird die Genehmigung von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Ausführer niedergelassen ist, und nach den Vorgaben des Artikels 11 der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 erteilt. Die Genehmigung ist in der gesamten Union gültig.

(3)   Anhang II umfasst bestimmte für die folgenden Kategorien von Explorations- und Förderprojekten in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, geeignete Güter:

a)

Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern;

b)

Erdölexploration und ‑förderung im Offshore-Gebiet nördlich des Polarkreises;

c)

Projekte, die das Potenzial haben, Erdöl aus Ressourcen in Ton- und Schiefergesteinformationen durch Hydrofracking zu gewinnen; das gilt nicht für Exploration und Förderung durch Ton- und Schiefergesteinformationen hindurch, um andere als Ton- und Schiefergesteinlagerstätten aufzufinden, oder Erdöl aus anderen als Ton- oder Schiefergesteinlagerstätten zu gewinnen.

(4)   Die Ausführer übermitteln den zuständigen Behörden alle erforderlichen Angaben zu ihrem Antrag auf Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung.

(5)   Die zuständigen Behörden erteilen keine Genehmigung für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von in Anhang II aufgeführten Gütern, wenn sie hinreichende Gründe zu der Annahme haben, dass die verkauften, gelieferten, verbrachten oder ausgeführten Güter für eine der in Absatz 3 genannten Kategorien von Explorations- und Förderprojekten bestimmt sind.

Die zuständigen Behörden können jedoch eine Genehmigung erteilen, wenn durch den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr eine Verpflichtung aus einem Vertrag, der vor dem 1. August 2014 geschlossen wurde, oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung eines solchen Vertrags erforderlich sind, erfüllt wird.

Die zuständigen Behörden können außerdem eine Genehmigung erteilen, wenn der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr der Güter zur dringenden Abwendung oder Eindämmung eines Ereignisses erforderlich ist, das voraussichtlich schwerwiegende und wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt haben wird. In hinreichend begründeten dringenden Fällen kann der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr ohne vorherige Genehmigung erfolgen, sofern der Ausführer die zuständige Behörde innerhalb von fünf Arbeitstagen nach dem Verkauf, der Lieferung, der Verbringung oder der Ausfuhr davon unterrichtet und die einschlägigen Gründe für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr ohne vorherige Genehmigung ausführlich darlegt.

(6)   Unter den Voraussetzungen des Absatzes 5 können die zuständigen Behörden eine von ihnen erteilte Ausfuhrgenehmigung für ungültig erklären, aussetzen, ändern oder widerrufen.

(7)   Wenn eine zuständige Behörde nach Absatz 5 oder 6 eine Genehmigung ablehnt, für ungültig erklärt, aussetzt, erheblich einschränkt oder widerruft, meldet der betreffende Mitgliedstaat dies den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission, macht ihnen die einschlägigen Informationen zugänglich und beachtet dabei die die Vertraulichkeit dieser Informationen betreffenden Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates.

(8)   Bevor ein Mitgliedstaat eine Genehmigung nach Absatz 5 für eine Transaktion erteilt, die im Wesentlichen die gleiche ist wie eine Transaktion, die einer noch gültigen Ablehnung unterliegt, die von einem anderen Mitgliedstaat oder von anderen Mitgliedstaaten nach den Absätzen 6 und 7 erteilt wurde, konsultiert er zunächst den Mitgliedstaat oder die Mitgliedstaaten, die die Ablehnung erteilt haben. Beschließt der betreffende Mitgliedstaat nach diesen Konsultationen, die Genehmigung zu erteilen, so unterrichtet er die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission hiervon und übermittelt ihnen alle zur Erläuterung seines Beschlusses sachdienlichen Informationen.

Artikel 4

(3)   Einer Genehmigung durch die betreffende zuständige Behörde bedarf bzw. bedürfen

a)

unmittelbare oder mittelbare technische Hilfe oder Vermittlungsdienste im Zusammenhang mit den in Anhang II aufgeführten Gütern sowie mit deren Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwendung für natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, oder, wenn eine solche Hilfe Güter zur Verwendung in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, betrifft, für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in jedem anderen Staat;

b)

die unmittelbare oder mittelbare Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfe, insbesondere in Form von Zuschüssen, Darlehen und Ausfuhrkreditversicherungen, im Zusammenhang mit den in Anhang II aufgeführten Gütern für deren Verkauf, Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr oder für die Leistung von damit verbundener technischer Hilfe für natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, oder, wenn eine solche Hilfe Güter zur Verwendung in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, betrifft, für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in jedem anderen Staat.

In hinreichend begründeten dringenden Fällen gemäß Artikel 3 Absatz 5 kann die Erbringung der im vorliegenden Absatz genannten Dienstleistungen ohne vorherige Genehmigung erfolgen, sofern der Erbringer die zuständige Behörde innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Erbringung der Dienstleistung davon unterrichtet.

(4)   Werden Genehmigungen gemäß Absatz 3 dieses Artikels beantragt, so gilt Artikel 3, insbesondere dessen Absätze 2 und 5, entsprechend.“

23

Art. 4a des angefochtenen Beschlusses in der durch Art. 1 Abs. 3 des Beschlusses 2014/659 eingefügten und sodann durch Art. 1 Abs. 6 des Beschlusses 2014/872 geänderten Fassung sieht vor:

„(1)   Die unmittelbare oder mittelbare Erbringung von akzessorischen Diensten, die für die folgenden Kategorien von Explorations- und Fördervorhaben in Russland – einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels – erforderlich sind, durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder vom Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten aus oder durch Schiffe oder Flugzeuge unter ihrer Flagge [ist] verboten:

a)

Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern;

b)

Erdölexploration und ‑förderung im Offshore-Gebiet nördlich des Polarkreises;

c)

Projekte, die das Potenzial haben, Erdöl aus Ressourcen in Ton- und Schiefergesteinformationen durch Hydrofracking zu gewinnen; das gilt nicht für Exploration und Förderung durch Ton- und Schiefergesteinformationen hindurch, um andere als Ton- und Schiefergesteinlagerstätten aufzufinden, oder Erdöl aus anderen als Ton- oder Schiefergesteinlagerstätten zu gewinnen.

(2)   Das in Absatz 1 genannte Verbot gilt unbeschadet der Erfüllung von Verträgen oder Rahmenvereinbarungen, die vor dem 12. September 2014 geschlossen wurden, oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung dieser Verträge erforderlich sind.

(3)   Das in Absatz 1 genannte Verbot gilt nicht, wenn die betreffenden Dienstleistungen zur dringenden Abwendung oder Eindämmung eines Ereignisses erforderlich sind, das voraussichtlich schwerwiegende und wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt haben wird.“

24

Desgleichen bestimmt Art. 3a der angefochtenen Verordnung in der durch Art. 1 Abs. 3 der Verordnung Nr. 960/2014 eingefügten und sodann durch Art. 1 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1290/2014 geänderten Fassung:

„(1)   Es ist verboten, unmittelbar oder mittelbar [die] für die folgenden Kategorien von Explorations- und Förderprojekten in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, erforderlichen zugehörigen Dienstleistungen zu erbringen:

a)

Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern;

b)

Erdölexploration und ‑förderung im Offshore-Gebiet nördlich des Polarkreises; oder

c)

Projekte, die das Potenzial haben, Erdöl aus Ressourcen in Ton- und Schiefergesteinformationen durch Hydrofracking zu gewinnen; das gilt nicht für Exploration und Förderung durch Ton- und Schiefergesteinformationen hindurch, um andere als Ton- und Schiefergesteinlagerstätten aufzufinden, oder Erdöl aus anderen als Ton- oder Schiefergesteinlagerstätten zu gewinnen.

Für die Zwecke dieses Absatzes bezeichnet der Ausdruck ‚zugehörige Dienstleistungen‘:

i)

Bohrungen,

ii)

Bohrlochprüfungen,

iii)

Bohrlochmessungen und Komplettierungsdienste,

iv)

Lieferung spezialisierter schwimmender Plattformen.

(2)   Die Verbote gemäß Absatz 1 gelten unbeschadet der Erfüllung von Verpflichtungen aus einem Vertrag oder einer Rahmenvereinbarung, der bzw. die vor dem 12. September 2014 geschlossen wurde, oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung eines solchen Vertrags erforderlich sind.

(3)   Das Verbot gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die betreffenden Dienstleistungen zur dringenden Abwendung oder Eindämmung eines Ereignisses erforderlich sind, das voraussichtlich schwerwiegende und wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt haben wird.

Der Dienstleister unterrichtet die zuständige Behörde innerhalb von fünf Arbeitstagen von jedweder Tätigkeit nach diesem Absatz und legt die einschlägigen Gründe für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr ausführlich dar.“

25

Art. 7 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses in der durch Art. 1 Abs. 4 des Beschlusses 2014/659 geänderten Fassung sieht vor:

„(1)   Forderungen im Zusammenhang mit Verträgen oder Geschäften, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit diesem Beschluss verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise berührt wird, einschließlich Schadensersatzansprüchen und ähnlichen Ansprüchen, wie etwa Entschädigungsansprüche oder Garantieansprüche, vor allem Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer Schuldverschreibung, einer Garantie oder eines Schadensersatzanspruchs, insbesondere einer finanziellen Garantie oder eines finanziellen Schadensersatzanspruchs in jeglicher Form, wird nicht stattgegeben, sofern sie von einer der folgenden natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen geltend gemacht werden:

a)

den in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben b oder c und in Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c oder d genannten oder in den Anhängen I, II, III oder IV aufgeführten Organisationen“.

26

Desgleichen bestimmt Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 833/2014 in der durch Art. 1 Abs. 5a der Verordnung Nr. 960/2014 geänderten Fassung:

„(1)   Ansprüche im Zusammenhang mit Verträgen oder Geschäften, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit dieser Verordnung verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise berührt wird, einschließlich Schadensersatzansprüchen und ähnlichen Ansprüchen, wie etwa Entschädigungsansprüche oder Garantieansprüche, vor allem Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer Schuldverschreibung, einer Garantie oder eines Schadensersatzanspruchs, insbesondere einer finanziellen Garantie oder eines finanziellen Schadensersatzanspruchs in jeglicher Form, werden nicht erfüllt, sofern sie von einer der folgenden natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen geltend gemacht werden:

a)

Organisationen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben b und c und Artikel 5 Absatz 2 Buchstaben c und d oder nach den Anhängen III, IV, V und VI“.

Verfahren und Anträge der Parteien

27

Mit Klageschrift, die am 24. Oktober 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin Klage in der Rechtssache T‑735/14 erhoben.

28

Mit Klageschrift, die am 5. Dezember 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin Klage in der Rechtssache T‑799/14 erhoben.

29

Mit gesondertem Schriftsatz, der am 2. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin beantragt, die Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14 zu verbinden und die Klageschriften in diesen Rechtssachen angepasst, um den Erlass des Beschlusses 2014/872 und der Verordnung Nr. 1290/2014 zu berücksichtigen.

30

Mit Beschluss vom 12. März 2015 hat der Präsident der Neunten Kammer des Gerichts die Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14 gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren verbunden.

31

Mit bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen haben die Kommission und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden. Mit Beschlüssen vom 24. Juni 2015 hat der Präsident der Neunten Kammer des Gerichts diese Streitbeitritte zugelassen. Die Streithelfer haben ihre Schriftsätze und die Hauptparteien ihre Stellungnahmen dazu innerhalb der gesetzten Fristen eingereicht.

32

Mit Beschluss vom 29. Oktober 2015 hat der Präsident der Neunten Kammer nach Einholung der Stellungnahmen der Parteien die Aussetzung des Verfahrens bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑72/15, Rosneft, angeordnet.

33

Nach Verkündung des Urteils vom 28. März 2017, Rosneft (C‑72/15, EU:C:2017:236), ist die Aussetzung des Verfahrens nach Art. 71 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts beendet worden.

34

Die Hauptparteien sind in diesem Zusammenhang aufgefordert worden, ihre Stellungnahmen zu den Schlussfolgerungen abzugeben, die aus dem Urteil vom 28. März 2017, Rosneft (C‑72/15, EU:C:2017:236), im Hinblick auf die im Rahmen der vorliegenden Klagen vorgetragenen Klagegründe und Argumente zu ziehen seien. Sie sind dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen.

35

Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Sechsten Kammer zugeteilt worden, der daher die vorliegenden Rechtssachen gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung zugewiesen worden sind.

36

Mit prozessleitender Maßnahme vom 12. Oktober 2017 sind die Parteien aufgefordert worden, bestimmte Argumente zur Zulässigkeit der Klage zu erläutern.

37

In der Rechtssache T‑735/14 beantragt die Klägerin,

Art. 4 des angefochtenen Beschlusses in der durch Art. 1 Abs. 5 des Beschlusses 2014/872 geänderten Fassung für nichtig zu erklären;

Art. 3 und Art. 4 Abs. 3 und 4 der angefochtenen Verordnung in der durch Art. 1 Abs. 3 und 5 der Verordnung Nr. 1290/2014 geänderten Fassung für nichtig zu erklären;

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

38

In der Rechtssache T‑799/14 beantragt die Klägerin,

Art. 4a des angefochtenen Beschlusses in der durch Art. 1 Abs. 3 des Beschlusses 2014/659 eingefügten und durch Art. 1 Abs. 6 des Beschlusses 2014/872 geänderten Fassung für nichtig zu erklären;

Art. 3a der angefochtenen Verordnung in der durch Art. 1 Abs. 3 der Verordnung Nr. 960/2014 eingefügten und durch Art. 1 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1290/2014 geänderten Fassung für nichtig zu erklären;

Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d, Abs. 3 und 4 und Anhang III des angefochtenen Beschlusses in der durch Art. 1 Abs. 1 und den Anhang zum Beschluss 2014/659 und durch Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b des Beschlusses 2014/872 eingefügten bzw. geänderten Fassung für nichtig zu erklären, soweit diese Vorschriften sie betreffen;

Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d, Abs. 3 und 4 und Anhang VI der angefochtenen Verordnung in der durch Art. 1 Abs. 5 und 9 und Anhang III der Verordnung Nr. 960/2014 und durch Art. 1 Abs. 6 und 7 der Verordnung Nr. 1290/2014 geänderten Fassung für nichtig zu erklären, soweit diese Vorschriften sie betreffen;

Art. 7 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses in der durch Art. 1 Abs. 4 des Beschlusses 2014/659 geänderten Fassung für nichtig zu erklären, soweit diese Vorschrift sie betrifft;

Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der angefochtenen Verordnung in der durch Art. 1 Abs. 5a Buchst. a der Verordnung Nr. 960/2014 geänderten Fassung für nichtig zu erklären, soweit diese Vorschrift sie betrifft;

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

39

Der Rat beantragt in der Rechtssache T‑735/14,

die Klage in Bezug auf Art. 4 des angefochtenen Beschlusses wegen Unzuständigkeit bzw., hilfsweise, als unzulässig abzuweisen;

die Klage in Bezug auf Art. 3 und Art. 4 Abs. 3 und 4 der angefochtenen Verordnung als unzulässig abzuweisen;

hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

40

Der Rat beantragt in der Rechtssache T‑799/14,

die Klage in Bezug auf den angefochtenen Beschluss wegen Unzuständigkeit bzw. hilfsweise als unzulässig abzuweisen;

Die Klage in Bezug auf die angefochtene Verordnung als unzulässig abzuweisen;

hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

41

In seiner schriftlichen Antwort auf die Frage des Gerichts nach Verkündung des Urteils vom 28. März 2017, Rosneft (C‑72/15, EU:C:2017:236), hat der Rat ausgeführt, dass er die Zuständigkeit des Gerichts nach Art. 275 Abs. 2 AEUV nur in Bezug auf die Art. 4 und 4a des angefochtenen Beschlusses in Frage stelle.

42

Die Kommission beantragt, die Klagen in den verbundenen Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14 in vollem Umfang abzuweisen.

43

Das Vereinigte Königreich beantragt, die Klagen in den verbundenen Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14 in vollem Umfang abzuweisen.

Rechtliche Würdigung

44

Vorab beschließt das Gericht, die Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14 gemäß Art. 68 Abs. 1 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden.

45

Sodann ist die Zuständigkeit des Gerichts und die Zulässigkeit der Klage zu prüfen, die vom Rat bestritten werden.

Zur Zuständigkeit des Gerichts

46

Zur Frage der Zuständigkeit des Gerichts für die Entscheidung über die Klage auf Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d, Abs. 3 und 4, von Art. 4, von Art. 4a, von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a und von Anhang III des angefochtenen Beschlusses hat der Rat in seiner schriftlichen Antwort auf die Frage des Gerichts nach Verkündung des Urteils vom 28. März 2017, Rosneft (C‑72/15, EU:C:2017:236), angegeben, dass er die Zuständigkeit des Gerichts für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieser Vorschriften auf der Grundlage von Art. 275 Abs. 2 AEUV nicht mehr in Frage stelle, mit Ausnahme der Art. 4 und 4a des angefochtenen Beschlusses.

47

Der Gerichtshof habe nämlich bestätigt, dass diese Vorschriften allgemeine Geltung hätten, da sie darauf abzielten, die Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr von bestimmter Ausrüstung, die im Anhang des angefochtenen Beschlusses aufgeführt sei, oder sonstige akzessorische Dienste für bestimmte Kategorien von Förder- oder Explorationsprojekten in Russland zu verbieten, unabhängig von der Identität oder dem Namen der Unternehmen, die diese Technologien und Dienstleistungen nutzen könnten, und ohne in diesem Zusammenhang den Namen der Klägerin zu erwähnen. Daher stellten diese Vorschriften keine restriktiven Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen im Sinne von Art. 275 Abs. 2 AEUV dar.

48

Zudem vertritt der Rat die Ansicht, die Tatsache, dass die Klägerin einer der beiden wichtigsten russischen Marktteilnehmer sei, die die in Art. 4 des angefochtenen Beschlusses genannten Technologien einsetzten, reiche nicht aus, um dieser Vorschrift einen hinreichend individuellen Charakter zu verleihen, so dass sie als Beschluss angesehen werden könne, mit dem gegenüber der Klägerin restriktive Maßnahmen im Sinne von Art. 275 Abs. 2 AEUV verhängt würden.

49

Die Klägerin beanstandet dieses Vorbringen und macht jedenfalls geltend, das Gericht sei für die Kontrolle aller Vorschriften der angefochtenen Verordnung zuständig.

50

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 275 Abs. 2 AEUV der Gerichtshof und folglich das Gericht „für die unter den Voraussetzungen des Artikels 263 Absatz 4 [AEUV] erhobenen Klagen im Zusammenhang mit der Überwachung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 [EUV] erlassen hat“, zuständig ist.

51

Hingegen ist nach Art. 275 Abs. 1 AEUV „[d]er Gerichtshof der Europäischen Union … nicht zuständig für die Bestimmungen hinsichtlich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und für die auf der Grundlage dieser Bestimmungen erlassenen Rechtsakte“.

52

Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei restriktiven Maßnahmen zugleich um Rechtsakte mit allgemeiner Geltung, die es einer allgemeinen und abstrakten Gruppe von Adressaten verbieten, den in ihren Anhängen aufgeführten Organisationen wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, und um Einzelentscheidungen gegenüber diesen Organisationen (vgl. Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53

Außerdem ist zu beachten, dass bei Rechtsakten, die auf der Grundlage von Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) erlassen wurden, ihr einzelfallbezogener Charakter nach Art. 275 Abs. 2 AEUV den Zugang zu den Unionsgerichten eröffnet (vgl. Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54

Zwar könnten solche Maßnahmen auch individuell auf andere Organisationen eines bestimmten Wirtschaftszweigs eines Drittstaats abzielen. Aufgrund ihrer Natur müssen die Maßnahmen, wenn ihre Rechtmäßigkeit in Frage gestellt wird, aber gemäß Art. 275 Abs. 2 AEUV einer gerichtlichen Kontrolle durch den Unionsrichter unterzogen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 104).

55

Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 des angefochtenen Beschlusses allen Marktteilnehmern der Union bestimmte Finanzgeschäfte oder bestimmte Arten von Vereinbarungen mit in Anhang III dieses Beschlusses aufgeführten, in Russland niedergelassenen Organisationen, die sich mit Wirkung vom 12. September 2014 unter öffentlicher Kontrolle oder zu über 50 % in öffentlicher Inhaberschaft befinden und deren geschätzte Gesamtvermögenswerte sich auf über 1 Billion russische Rubel (RUB) (ungefähr 13 Mrd. Euro) belaufen und deren geschätzte Einnahmen zu mindestens 50 % aus dem Verkauf oder der Beförderung von Rohöl oder Erdölerzeugnissen stammen, oder jeglicher außerhalb der Union niedergelassener juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die sich zu über 50 % in der Inhaberschaft einer Organisation befindet, deren Name in Anhang III dieses Beschlusses aufgeführt ist, oder die im Namen oder auf Anweisung einer Organisation handelt, die unter die beiden oben genannten Kategorien fällt, verbietet.

56

Daher ist festzustellen, dass der Rat durch die Aufstellung der Kriterien in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d des angefochtenen Beschlusses, anhand deren sich die Klägerin identifizieren lässt, und durch die Aufnahme derselben in Anhang III dieses Beschlusses restriktive Maßnahmen gegenüber dieser bestimmten juristischen Person erlassen hat.

57

Art. 1 Abs. 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses lässt auch unmittelbar die Klägerin erkennen, da er auf die in dessen Art. 1 Abs. 1 oder 2 genannten Organisationen und Einrichtungen verweist, zu denen die Klägerin gehört.

58

Desgleichen zielt auch Art. 7 des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich auf die in Anhang III des angefochtenen Beschlusses aufgeführten Organisationen ab, zu denen die Klägerin gehört.

59

Zu den Art. 4 und 4a des angefochtenen Beschlusses ist hingegen festzustellen, dass die Überwachung der Rechtmäßigkeit dieser Vorschriften nicht in die Zuständigkeit des Gerichts fällt.

60

Diese Vorschriften richten sich nämlich nicht gegen konkrete natürliche oder juristische Personen, sondern gelten für alle Wirtschaftsteilnehmer, die an dem Verkauf, der Lieferung, der Verbringung oder der Ausfuhr von Ausrüstung beteiligt sind, für die die Verpflichtung der vorherigen Genehmigung gilt, und generell für alle Erbringer akzessorischer Dienste. Unter diesen Umständen stellen die in den Art. 4 und 4a des angefochtenen Beschlusses vorgesehenen Maßnahmen keine restriktiven Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen im Sinne von Art. 275 Abs. 2 AEUV dar, sondern Maßnahmen mit allgemeiner Geltung, für die weder der Gerichtshof noch das Gericht zuständig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 97 bis 99).

61

An diesem Ergebnis ändert sich nichts dadurch, dass die Klägerin angegeben hat, sie fechte diese Vorschriften nur insoweit an, als sie davon betroffen sei oder sie eine der beiden Mineralölgesellschaften sei, die die nötigen Genehmigungen für die Ausübung dieser Tätigkeiten auf dem russischen Festlandsockel besitze, so dass diese Vorschriften auf sie dieselben Auswirkungen wie restriktive Maßnahmen hätten. Der Umstand, dass diese Vorschriften auf die Klägerin angewandt wurden, ändert nämlich nichts an ihrem Rechtscharakter als Rechtsakt mit allgemeiner Geltung. Im vorliegenden Fall befinden sich die „Beschlüsse über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen“ im Sinne von Art. 275 Abs. 2 AEUV in den Vorschriften, mit denen der Name der Klägerin in Anhang III des angefochtenen Beschlusses aufgenommen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 104, und vom 4. Juni 2014, Sina Bank/Rat, T‑67/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:348, Rn. 39). Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach bei Rechtsakten, die auf der Grundlage von Bestimmungen über die GASP erlassen wurden, ihr einzelfallbezogener Charakter nach Art. 275 Abs. 2 AEUV den Zugang zu den Unionsgerichten eröffnet (siehe oben, Rn. 53).

62

Folglich ist der Schluss zu ziehen, dass das Gericht für die Entscheidung über die Klage der Klägerin auf Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und 4, von Anhang III und von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses (im Folgenden: streitige Vorschriften des angefochtenen Beschlusses) zuständig ist, soweit darin restriktive Maßnahmen gegen die Klägerin vorgesehen sind. Hingegen ist das Gericht für die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage nicht zuständig, soweit sie sich gegen die Art. 4 und 4a des angefochtenen Beschlusses richtet.

63

Jedenfalls ist das Gericht gemäß Art. 263 Abs. 1 AEUV auch für die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage zuständig, soweit sie sich gegen die angefochtene Verordnung richtet, was der Rat nicht bestreitet. Wenngleich mit ihr der angefochtene Beschluss umgesetzt werden soll, der im Rahmen der GASP erlassen wurde, ist die angefochtene Verordnung nämlich keine „Bestimmung hinsichtlich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“ im Sinne von Art. 275 Abs. 1 AEUV, die nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union fällt.

Zulässigkeit

64

Der Rat macht geltend, die Klage sei sowohl in Bezug auf die Art. 3, 3a, Art. 4 Abs. 3 und 4, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d, Abs. 3 und 4, Anhang VI und Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der angefochtenen Verordnung, als auch in Bezug auf die streitigen Vorschriften des angefochtenen Beschlusses (im Folgenden zusammen: streitige Vorschriften) unzulässig, da die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Art. 263 Abs. 4 AEUV, auf den Art. 275 Abs. 2 AEUV ausdrücklich verweise, nicht erfüllt seien, insbesondere was die unmittelbare Betroffenheit der Klägerin anbelange.

65

Erstens nämlich sei die Klägerin von den streitigen Vorschriften nicht unmittelbar betroffen, da diese von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der Union notwendigerweise durchgeführt werden müssten, die insoweit über ein Ermessen verfügten. Nach Art. 4 Abs. 3 des angefochtenen Beschlusses obliege es ihnen, festzustellen, ob der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr der fraglichen Ausrüstung für die Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser oder in der Arktis oder für Schieferölprojekte in Russland bestimmt sei. Ebenso verlangten die Art. 3 sowie Art. 4 Abs. 3 und 4 der angefochtenen Verordnung, dass für jegliche Lieferung oder Ausfuhr bestimmter Technologien, die für die Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser oder in der Arktis oder für Schieferölprojekte in Russland bestimmt sei, sowie für technische Hilfe oder Vermittlungsdienste oder die Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfe im Zusammenhang mit diesen Technologien bei den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten eine vorherige Genehmigung einzuholen sei.

66

Zudem führt der Rat aus, die genaue Bedeutung bestimmter Schlüsselbegriffe habe zu dem Zeitpunkt, als die streitigen Vorschriften ursprünglich erlassen worden seien, nicht festgestanden und sei erst später im Beschluss 2014/872 und in der Verordnung Nr. 1290/2014 festgelegt worden. Die Behörden der Mitgliedstaaten verfügten jedoch stets über ein bestimmtes Ermessen.

67

Zweitens macht der Rat, unterstützt von der Kommission, geltend, die Klägerin sei von den streitigen Vorschriften nicht unmittelbar betroffen, da sich diese nicht im Sinne der Rechtsprechung unmittelbar auf ihre Rechtsstellung auswirkten. Im vorliegenden Fall seien die Lieferanten und Ausführer der Technologien und akzessorischen Dienste der Union den in den streitigen Vorschriften vorgesehenen Ausfuhrbeschränkungen unterworfen, aber diese Beschränkungen seien weder auf die Klägerin noch auf die Erdölindustrie in Russland anwendbar. Zudem werde durch diese Vorschriften der Klägerin keinesfalls verboten, die Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser oder in der Arktis oder auch für Schieferölprojekte in Russland zu gewährleisten. Auch wenn sie die genannten Technologien bei Lieferanten der Union für die Verwendung in diesen Projekten nicht mehr erwerben und auch keine technische oder Finanzhilfe erhalten könne, bedeute dies nicht, dass es zu unmittelbaren Auswirkungen auf ihre Rechtsstellung gekommen sei. Gleiches gelte insbesondere auch für die Beschränkungen des Zugangs zu den Kapitalmärkten der Union oder neuer Darlehen und Kredite mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen.

68

Drittens haben der Rat und die Kommission in Beantwortung einer Frage des Gerichts ausgeführt, die Art. 3 und Art. 4 Abs. 3 und 4 der angefochtenen Verordnung zögen Durchführungsmaßnahmen nach sich, da sie ein System der vorherigen Genehmigung vorsähen. Die Klägerin müsse daher nicht nur nachweisen, dass sie unmittelbar betroffen sei, sondern auch, dass sie von diesen Vorschriften individuell betroffen sei, was hier nicht der Fall sei.

69

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

70

Es ist zwischen der Frage der Klagebefugnis der Klägerin zum einen hinsichtlich der streitigen Vorschriften des angefochtenen Beschlusses sowie Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d, Abs. 3 und 4, Anhang VI und Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der angefochtenen Verordnung (im Folgenden: Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt) und zum anderen hinsichtlich der Art. 3, 3a und Art. 4 Abs. 3 und 4 der angefochtenen Verordnung (im Folgenden: Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen) zu unterscheiden.

Zur Klagebefugnis der Klägerin hinsichtlich der Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt

71

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 263 Abs. 4 AEUV jede natürliche oder juristische Person unter den Bedingungen nach den Abs. 1 und 2 gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben kann. Mit der zweiten Variante des Art. 263 Abs. 4 AEUV wird klargestellt, dass die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person, die nicht der Adressat der angefochtenen Handlung ist, davon abhängt, dass der Kläger von dieser Handlung unmittelbar und individuell betroffen ist. Mit dem Vertrag von Lissabon wurde Art. 263 Abs. 4 AEUV zudem eine dritte Variante hinzugefügt, mit der die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Nichtigkeitsklagen natürlicher und juristischer Personen gelockert wurden. Ohne die Zulässigkeit der von natürlichen und juristischen Personen erhobenen Nichtigkeitsklagen von der Voraussetzung der individuellen Betroffenheit abhängig zu machen, eröffnet diese Variante nämlich einen Rechtsbehelf gegen „Rechtsakte mit Verordnungscharakter“, die keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen und die klagende Partei unmittelbar betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 56 und 57).

72

Was erstens die Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit der Klägerin angeht, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die in Art. 263 Abs. 4 AEUV genannte Voraussetzung, dass eine natürliche oder juristische Person unmittelbar betroffen sein muss, nur dann erfüllt ist, wenn sich die beanstandete Maßnahme der Union auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbar auswirkt und ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Durchführung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ergibt, ohne dass weitere Durchführungsvorschriften angewandt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2008, Kommission/Infront WM, C‑125/06 P, EU:C:2008:159, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73

Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt insbesondere allen Marktteilnehmern der Union bestimmte Finanzgeschäfte oder den Abschluss einer Vereinbarung mit in Anhang III des angefochtenen Beschlusses oder in Anhang VI der angefochtenen Verordnung aufgeführten, in Russland niedergelassenen Organisationen verbieten, die sich mit Wirkung vom 12. September 2014 unter öffentlicher Kontrolle oder zu über 50 % in öffentlicher Inhaberschaft befinden und deren geschätzte Gesamtvermögenswerte sich auf über 1 Billion RUB belaufen und deren geschätzte Einnahmen zu mindestens 50 % aus dem Verkauf oder der Beförderung von Rohöl oder Erdölerzeugnissen stammen (vgl. oben, Rn. 17 bis 20).

74

Es ist daher festzustellen, dass die Klägerin von den Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt unmittelbar betroffen ist, die den mit ihrer Durchführung betrauten Adressaten keinerlei Ermessensspielraum lassen. Die sich daraus ergebenden restriktiven Maßnahmen sind auf sie nämlich unmittelbar anwendbar, als unmittelbare Folge der Tatsache, dass es sich bei ihr um eine Organisation handelt, die unter Art. 1 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 3 des angefochtenen Beschlusses und unter Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 3 der angefochtenen Verordnung fällt und ihr Name in Anhang III des angefochtenen Beschlusses und in Anhang VI der angefochtenen Verordnung aufgeführt ist. Insoweit ist es nicht von Bedeutung, dass diese Vorschriften der Klägerin nicht verbieten, die genannten Geschäfte außerhalb der Union zu tätigen. Es steht nämlich fest, dass die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt der Klägerin Beschränkungen des Zugangs zum Kapitalmarkt der Union auferlegen.

75

Ebenso ist das Vorbringen des Rates zurückzuweisen, wonach die Klägerin in ihrer rechtlichen Lage nicht unmittelbar betroffen sei, da die durch die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt eingeführten Maßnahmen nur auf in der Union niedergelassene Einrichtungen anwendbar seien. Zwar enthalten diese Vorschriften Verbote, die in erster Linie auf in der Union niedergelassene Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute anwendbar sind, jedoch bezwecken und bewirken diese Verbote eine unmittelbare Beeinträchtigung von Organisationen wie der Klägerin, die aufgrund der Anwendung dieser Maßnahmen auf sie in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit eingeschränkt sind. Es versteht sich von selbst, dass es Sache der in der Union niedergelassenen Einrichtungen ist, diese Maßnahmen anzuwenden, da die von den Organen der Union verabschiedeten Rechtsakte grundsätzlich nicht darauf ausgerichtet sind, außerhalb des Gebiets der Union angewandt zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die von den Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt betroffenen Organisationen von den auf sie angewandten restriktiven Maßnahmen nicht unmittelbar betroffen sind. Der Umstand, dass es den Marktteilnehmern der Union untersagt wird, bestimmte Geschäfte mit außerhalb der Union niedergelassenen Organisationen zu tätigen, kommt nämlich einem Verbot für diese Organisationen gleich, die in Rede stehenden Geschäfte mit Marktteilnehmern der Union zu tätigen. Würde man insoweit der These des Rates folgen, würde dies darüber hinaus bedeuten, dass auch im Fall des Einfrierens einzelner Gelder die in die Liste aufgenommenen Personen, auf die die restriktiven Maßnahmen anwendbar sind, von solchen Maßnahmen nicht unmittelbar betroffen wären, da es in erster Linie den Mitgliedstaaten der Union und den in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden natürlichen und juristischen Personen obliegt, sie anzuwenden.

76

Im Übrigen stützt sich der Rat insoweit vergeblich auf die Rechtssache, in der der Beschluss vom 6. September 2011, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat (T‑18/10, EU:T:2011:419), ergangen ist. In jener Rechtssache hat das Gericht die Ansicht vertreten, dass sich die Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über den Handel mit Robbenerzeugnissen (ABl. 2009, L 286, S. 36) nur auf die Rechtsstellung derjenigen Kläger auswirkte, die im Inverkehrbringen von Robbenerzeugnissen in der Union tätig und von dem allgemeinen Verbot des Inverkehrbringens dieser Erzeugnisse betroffen waren, im Unterschied zu Klägern, die nicht im Inverkehrbringen dieser Erzeugnisse tätig waren oder zu denen, die unter die in der Verordnung Nr. 1007/2009 vorgesehene Ausnahme fielen, da das Inverkehrbringen in der Union von Robbenerzeugnissen, die aus einer Jagd stammten, die von Inuit und anderen indigenen Gemeinschaften traditionsgemäß betrieben wurde und zu deren Lebensunterhalt beitrug, grundsätzlich weiterhin zulässig war (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 6. September 2011, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, T‑18/10, EU:T:2011:419, Rn. 79). Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass die Klägerin auf dem Markt für Finanzdienstleistungen tätig ist, auf die die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt abzielen, und nicht auf irgendeinem Markt, der diesen Dienstleistungen vor- oder nachgelagert ist, wie der Rat geltend macht. Die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt sind nämlich der Grund dafür, dass es für die Klägerin unmöglich ist, bestimmte verbotene Finanzgeschäfte mit in der Union niedergelassenen Einrichtungen zu tätigen, wohingegen sie berechtigt wäre, solche Geschäfte zu tätigen, wenn es diese Rechtsakte nicht gäbe.

77

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Art. 7 des angefochtenen Beschlusses und Art. 11 der angefochtenen Verordnung vorsehen, dass Forderungen im Zusammenhang mit Verträgen oder Geschäften, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit diesem Beschluss oder dieser Verordnung verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise berührt wird, nicht stattgegeben wird, wenn eine solche Forderung u. a. von einer Organisation gestellt wird, die unter Anhang III des angefochtenen Beschlusses oder unter Anhang VI der angefochtenen Verordnung fällt. Es ist daher festzustellen, dass die Klägerin von diesen Vorschriften unmittelbar betroffen ist, weil sie zu den in den Anhängen aufgeführten Organisationen gehört, deren Parteifähigkeit beschränkt wurde.

78

Es ist daher der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin von den Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt unmittelbar betroffen ist.

79

Zweitens ist anzumerken, dass im vorliegenden Fall auch die in der zweiten Variante von Art. 263 Abs. 4 AEUV vorgesehene Voraussetzung der individuellen Betroffenheit erfüllt ist, ohne dass es nötig wäre, zu prüfen, ob die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen.

80

Nach Art. 263 Abs. 4 AEUV, auf den Art. 275 Abs. 2 AEUV verweist, eröffnet nämlich jede Aufnahme in eine Liste von Personen oder Einrichtungen, gegen die restriktive Maßnahmen verhängt werden, dieser Person oder Einrichtung, sofern sie ihr gegenüber einer Einzelfallentscheidung gleichkommt, den Zugang zum Unionsrichter (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. November 2013, Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 50, vom 1. März 2016, National Iranian Oil Company/Rat, C‑440/14 P, EU:C:2016:128, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).

81

Im vorliegenden Fall ist die Klägerin als von diesen Maßnahmen unmittelbar betroffen anzusehen, da ihr Name in den Listen von Anhang III des angefochtenen Beschlusses und von Anhang VI der angefochtenen Verordnung unter jenen Organisationen aufgeführt ist, auf die die gemäß Art. 1 Abs. 2 dieses Beschlusses und Art. 5 Abs. 2 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen anwendbar sind.

82

Jede andere Lösung verstieße gegen die Bestimmungen von Art. 263 AEUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV und wäre daher mit dem durch den AEU-Vertrag geschaffenen System des gerichtlichen Rechtsschutzes und dem in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerten Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf unvereinbar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2014, National Iranian Oil Company/Rat, T‑578/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:678, Rn. 36).

83

Daher ist der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin befugt ist, die Nichtigerklärung der durch die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt eingeführten restriktiven Maßnahmen, soweit sie sie betreffen, zu beantragen.

Zur Klagebefugnis der Klägerin hinsichtlich der Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen

84

Vorab ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Gericht für die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage nicht zuständig ist, soweit sie sich gegen die Vorschriften des angefochtenen Beschlusses über die Ausfuhrbeschränkungen, und zwar gegen die Art. 4 und 4a des angefochtenen Beschlusses richtet, da es sich um im Rahmen der GASP erlassene Maßnahmen mit allgemeiner Geltung handelt (vgl. oben, Rn. 59 bis 62). Hingegen ist das Gericht dafür zuständig, die Rechtmäßigkeit der entsprechenden Vorschriften der angefochtenen Verordnung zu prüfen (siehe oben, Rn. 63).

85

Daher ist die Klagebefugnis der Klägerin hinsichtlich der Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen in Bezug auf die Vorschriften von Art. 263 Abs. 4 AEUV zu prüfen (siehe oben, Rn. 71).

86

Insoweit ist erstens festzustellen, dass die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen, auch wenn sie Vorschriften mit allgemeiner Geltung sind, die Klägerin unmittelbar betreffen.

87

Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen vorsehen, dass „Güter gemäß Anhang II mit oder ohne Ursprung in der Union … nur mit vorheriger Genehmigung unmittelbar oder mittelbar an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, oder – wenn diese Güter für eine Nutzung in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, bestimmt sind – in einem anderen Staat verkauft, geliefert, verbracht oder ausgeführt werden [dürfen]“ (Art. 3 Abs. 1). Ferner ist vorgesehen, dass „[d]ie zuständigen Behörden … keine Genehmigung für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von in Anhang II aufgeführten Gütern [erteilen], wenn sie hinreichende Gründe zu der Annahme haben, dass die verkauften, gelieferten, verbrachten oder ausgeführten Güter für eine der in Absatz 3 genannten Kategorien von Explorations- und Förderprojekten bestimmt sind“ (Art. 3 Abs. 5). Nach Art. 3a der angefochtenen Verordnung erstreckt sich das Verbot auch auf die in diesem Artikel aufgeführten zugehörigen Dienstleistungen. Art. 4 Abs. 3 und 4 dieser Verordnung sieht die Anwendung des gleichen Verfahrens der vorherigen Genehmigung wie des in Art. 3 dargelegten für „technische Hilfe oder Vermittlungsdienste im Zusammenhang mit den in Anhang II aufgeführten Gütern sowie mit deren Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwendung“ und für die „Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfe, insbesondere in Form von Zuschüssen, Darlehen und Ausfuhrkreditversicherungen, im Zusammenhang mit den in Anhang II aufgeführten Gütern“ vor.

88

Daher ist festzustellen, dass die Klägerin von den Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen unmittelbar betroffen ist, da sie mit den dem Gericht vorgelegten Unterlagen nachgewiesen hat, dass sie an Explorations- und Förderprojekten in Russland wie denen, um die es in Art. 3 Abs. 3 der angefochtenen Verordnung geht, beteiligt ist, nämlich an der Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern, der Erdölexploration und ‑förderung im Offshore-Gebiet nördlich des Polarkreises oder an Projekten, die das Potenzial haben, Erdöl aus Ressourcen in Ton- und Schiefergesteinformationen durch Hydrofracking zu gewinnen (im Folgenden: unkonventionelle Projekte) und nicht auf irgendeinem Markt, der diesen vor- oder nachgelagert ist (vgl. die oben in Rn. 76 angeführte Rechtsprechung).

89

Aufgrund des Erlasses der Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen ist es für die Klägerin praktisch und rechtlich unmöglich, in Bezug auf in Anhang II der angefochtenen Verordnung aufgeführte Güter neue Verträge abzuschließen oder die Erfüllung von nach dem 1. August 2014 mit Marktteilnehmern der Union abgeschlossenen Verträgen zu verlangen, wenn sie für unkonventionelle Projekte bestimmt sind. Sie muss zudem für die Verträge, die durch erworbene Rechte geschützt sind, und für die Verträge über erlaubte Nutzungen eine vorherige Genehmigung beantragen und erwirken (Art. 3 Abs. 1 und Abs. 5 Unterabs. 2, Art. 3a Abs. 2 und Art. 4 Abs. 3 der angefochtenen Verordnung).

90

Was sodann das Vorbringen des Rates angeht, wonach die nationalen Behörden über ein Ermessen verfügten, so dass die Klägerin von den Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen nicht unmittelbar betroffen sei, ist darauf hinzuweisen, dass mit diesen Vorschriften zwar ein System der vorherigen Genehmigung eingeführt wird, in dessen Rahmen diese Behörden die vorgesehenen Verbote umsetzen müssen, dass diese jedoch insoweit in Wirklichkeit über keinerlei Ermessen verfügen.

91

So sieht Art. 3 Abs. 5 der angefochtenen Verordnung beispielsweise vor, dass die zuständigen Behörden „keine“ Genehmigung für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von in Anhang II aufgeführten Gütern „erteilen“, wenn sie hinreichende Gründe zu der Annahme haben, dass die verkauften, gelieferten, verbrachten oder ausgeführten Güter für eine der in Abs. 3 genannten Kategorien von Explorations- und Förderprojekten bestimmt sind. Die einzige Beurteilung, die die nationalen Behörden vornehmen können, ist rein faktischer Natur und erfolgt im Vorfeld und besteht darin, festzustellen, ob es bei dem betreffenden Geschäft um Güter geht, die für eine der Kategorien der unkonventionellen Projekte gemäß Abs. 3 bestimmt sind. Sie können jedoch keine Genehmigung erteilen, wenn sie vernünftige Gründe für die Annahme haben, dass dies der Fall ist.

92

Gleiches gilt für Art. 4 Abs. 3 und 4 der angefochtenen Verordnung, der für technische Hilfe oder Vermittlungsdienste sowie die Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfe in Zusammenhang mit den in Anhang II aufgeführten Technologien insofern eine vorherige Genehmigung durch die betreffende Behörde vorschreibt, als Art. 3, insbesondere dessen Abs. 2 und 5, entsprechend gilt, wenn Genehmigungen beantragt werden.

93

Art. 3a der angefochtenen Verordnung lässt den nationalen Behörden auch keinen Ermessensspielraum, da er vorsieht, dass es verboten ist, unmittelbar oder mittelbar [die] für bestimmte Kategorien von Explorations- und Förderprojekten in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, erforderlichen zugehörigen Dienstleistungen zu erbringen, auf die Art. 3 Abs. 3 der angefochtenen Verordnung Bezug nimmt. Der Rat hat im Übrigen in Bezug auf diese Vorschrift eingeräumt, dass sie keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, was notwendigerweise bedeutet, dass bei den nationalen Behörden keinerlei Ermessensspielraum besteht.

94

Es ist daher der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin von den Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen unmittelbar betroffen ist.

95

In Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung haben der Rat und die Kommission jedoch geltend gemacht, dass der Begriff der unmittelbaren Betroffenheit im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV auf dem Gebiet der GASP enger auszulegen sei als bei anderen Tätigkeitsbereichen der Union, wie beim Wettbewerbsrecht oder bei staatlichen Beihilfen.

96

Diesem Vorschlag kann jedoch nicht gefolgt werden.

97

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Art. 263 Abs. 4 AEUV sind nämlich die gleichen für alle Klagen, die von natürlichen oder juristischen Personen erhoben werden, unabhängig von der Art des Rechtsakts oder der betreffenden Materie. Wenngleich nach der Rechtsprechung die Voraussetzung, dass eine natürliche oder juristische Person von einem Unionsrechtsakt unmittelbar betroffen sein muss, nur dann erfüllt ist, wenn sich die beanstandete Handlung auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbar auswirkt, werden in der Rechtsprechung immer wieder Nichtigkeitsklagen Einzelner gegen Unionsrechtsakte zugelassen, deren Auswirkungen auf die jeweiligen Kläger nicht im eigentlichen Sinne rechtlicher, sondern lediglich tatsächlicher Natur sind, etwa, weil sie in ihrer Eigenschaft als Marktteilnehmer im Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern unmittelbar betroffen sind. Bei der Bestimmung der unmittelbaren Betroffenheit einer Person sind daher nicht nur die Auswirkungen eines Unionsrechtsakts auf ihre Rechtsstellung, sondern auch seine Auswirkungen tatsächlicher Art auf diese Person zu berücksichtigen, wobei solche Auswirkungen doch mehr als nur mittelbarer Natur sein müssen. Dies ist in jedem Einzelfall mit Blick auf den Regelungsgehalt des jeweils in Frage stehenden Unionsrechtsakts konkret zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:21, Nrn. 70 bis 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

98

Zweitens ist zu prüfen, ob die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen Durchführungsmaßnahmen vorsehen.

99

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung für die Beurteilung, ob ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, auf die Stellung der Person abzustellen ist, die sich auf ihre Klageberechtigung nach Art. 263 Abs. 4 AEUV letzter Satzteil beruft. Die Frage, ob der fragliche Rechtsakt Durchführungsmaßnahmen im Hinblick auf andere Personen nach sich zieht, spielt deshalb keine Rolle (Urteil vom 19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission, C‑274/12 P, EU:C:2013:852, Rn. 30).

100

Wie der Rat und die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt haben, ist es im vorliegenden Fall nicht offensichtlich, dass die Klägerin selbst bei den nationalen Behörden die Erteilung einer Genehmigung beantragen kann und dass sie vor den nationalen Gerichten die Handlung anfechten kann, mit der eine solche Genehmigung erteilt oder verweigert wird, insbesondere wenn es um Transaktionen im Zusammenhang mit unkonventionellen Projekten geht, d. h., um „den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von in Anhang II aufgeführten Gütern, wenn sie hinreichende Gründe zu der Annahme haben, dass die verkauften, gelieferten, verbrachten oder ausgeführten Güter für eine der in Absatz 3 genannten Kategorien von Explorations- und Förderprojekten bestimmt sind“ (Art. 3 Abs. 5 der angefochtenen Verordnung). Gleiches gilt für die zugehörigen Dienstleistungen nach Art. 3a der angefochtenen Verordnung.

101

Daher ist entgegen dem Vorbringen des Rates in der mündlichen Verhandlung nicht davon auszugehen, dass diese Vorschriften allein deshalb Durchführungsmaßnahmen in Bezug auf die Klägerin nach sich ziehen, weil diese möglicherweise ihre in der Union niedergelassenen Vertragspartner ersuchen könnte, bei den zuständigen nationalen Behörden Genehmigungen zu beantragen, um die von diesen Behörden getroffenen Entscheidungen vor den nationalen Gerichten anfechten zu können.

102

Außerdem wird, selbst angenommen – wie die Klägerin in ihrer Antwort auf eine Frage des Gerichts geltend gemacht hat – es könne eine Genehmigung beantragt werden, dieser Antrag, wenn er sich auf Transaktionen im Zusammenhang mit unkonventionellen Projekten nach deren Art. 3 Abs. 3 bezieht, gemäß Art. 3 Abs. 5, Art. 3a und Art. 4 Abs. 3 und 4 der angefochtenen Verordnung nur abgelehnt werden. In einem solchen Fall wäre es unnatürlich oder übertrieben, von einem Marktteilnehmer zu verlangen, dass er einen Durchführungsrechtsakt beantragt, nur damit er diesen vor den nationalen Gerichten anfechten kann, wenn offensichtlich ist, dass ein solcher Antrag notwendigerweise abgelehnt werden würde, so dass er im normalen Geschäftsverlauf nicht gestellt worden wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Januar 2016, Doux/Kommission, T‑434/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:7, Rn. 59 bis 64).

103

Es ist daher der Schluss zu ziehen, dass die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen im Sinne der dritten Variante von Art. 263 Abs. 4 AEUV Vorschriften mit Verordnungscharakter sind, die keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen. Die Klägerin musste daher nur nachweisen, dass sie von diesen Vorschriften unmittelbar betroffen war, was sie im vorliegenden Fall getan hat. Daher ist ihre Klage auch insoweit als zulässig zu erklären, als sie sich auf die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen bezieht.

104

Im Ergebnis ist die Klage zulässig, soweit sie sich gegen die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt und gegen die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen richtet.

Begründetheit

105

In der Rechtssache T‑735/14 macht die Klägerin drei Klagegründe geltend und rügt erstens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht, zweitens das Fehlen einer geeigneten Rechtsgrundlage und drittens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen Grundrechte.

106

In der Rechtssache T‑799/14 macht die Klägerin vier Klagegründe geltend und rügt erstens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht, zweitens das Fehlen einer geeigneten Rechtsgrundlage in Bezug auf die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen und die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt, drittens einen Verstoß gegen das Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits, das am 24. Juni 1994 unterzeichnet und durch den Beschluss 97/800/EGKS, EG, Euratom des Rates und der Kommission vom 30. Oktober 1997 im Namen der Europäischen Gemeinschaften genehmigt wurde (ABl. 1997, L 327, S. 1, im Folgenden: Partnerschaftsabkommen EU–Russland), und viertens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen Grundrechte.

Zum ersten in den Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14 geltend gemachten Klagegrund: Begründungsmangel

107

Mit ihrem ersten Klagegrund in den beiden verbundenen Rechtssachen macht die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 296 AEUV geltend, da der angefochtene Beschluss und die angefochtene Verordnung (im Folgenden: angefochtene Rechtsakte) nicht in rechtlich hinreichender Weise begründet seien. Die durch diese Rechtsakte verhängten Sanktionen seien ungewöhnliche Maßnahmen, die daher eine umfassende Begründung erforderten. Die angefochtenen Rechtsakte enthielten aber nicht einmal den Versuch einer Erklärung, aus welchen Gründen die unkonventionellen Projekte Gegenstand der gezielten restriktiven Maßnahmen seien. Diese Projekte befänden sich zum Großteil im Stadium der Entwicklung und würden für die russische Regierung steuerpflichtige Gewinne frühestens in 20 Jahren generieren. Es werde auch nicht erklärt, warum die Ausrüstungskategorien, auf die die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen abzielten, als „sensible“ Waren oder Technologien anzusehen seien.

108

Hinsichtlich der Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt ist die Klägerin auch der Ansicht, der Begründung der angefochtenen Rechtsakte lasse sich nicht entnehmen, inwiefern diese die Erreichung des behaupteten Ziels dieser Rechtsakte ermöglichten, das darin bestehe, Druck auf die russische Regierung auszuüben. Zudem sei die vom Rat in seiner Klagebeantwortung gelieferte Begründung verspätet und könne jedenfalls die Gründe für die Verhängung dieser Beschränkungen gegen die Klägerin nicht rechtfertigen.

109

Außerdem gebe es keinerlei Begründung in Bezug auf die erforderliche Verbindung zwischen ihr und der russischen Regierung, und auch nicht in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der restriktiven Maßnahmen oder ihre Auswirkungen auf ihre Grundrechte, was es umso schwieriger mache, die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen zu bestreiten. Diese fehlende Begründung stehe in krassem Gegensatz zu der Begründung, die Einzelpersonen und Organisationen gegeben werde, gegen die sich die anderen restriktiven Maßnahmen, wie das Einfrieren von Geldern, richteten. Zuzugestehen, dass der Rat irgendwelche restriktiven Maßnahmen erlassen könne, ohne eine rationale Begründung zu liefern, sei inakzeptabel und untergrabe die Rechtsstaatlichkeit grundlegend.

110

Der Rat, unterstützt von der Kommission und dem Vereinigten Königreich, tritt diesem Vorbringen entgegen.

111

Nach Art. 296 Abs. 2 AEUV sind „[d]ie Rechtsakte … mit einer Begründung zu versehen“. Zudem umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta, der Art. 6 Abs. 1 EUV den gleichen rechtlichen Rang wie den Verträgen zuerkennt, insbesondere „die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen“.

112

Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Sie muss die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Betroffene ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen kann und das zuständige Gericht seine Kontrolle durchführen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Urteil vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2017, Almaz-Antey Air and Space Defence/Rat, T‑255/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:25, Rn. 56).

113

In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere ist ein beschwerender Rechtsakt zum einen hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihn in die Lage versetzt, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen. Zum anderen müssen die Anforderungen an die Genauigkeit, die an die Begründung eines Rechtsakts zu stellen sind, den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen Bedingungen angepasst werden, unter denen der Rechtsakt ergeht (vgl. Urteil vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2017, Almaz-Antey Air and Space Defence/Rat, T‑255/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:25, Rn. 56).

114

In Anbetracht dieser Rechtsprechung ist danach zu unterscheiden, ob die Begründung der angefochtenen Rechtsakte Vorschriften mit allgemeiner Geltung oder Vorschriften betrifft, die restriktiven Maßnahmen mit individueller Geltung für die Klägerin gleichkommen.

115

Was die Vorschriften mit allgemeiner Geltung wie die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen angeht, macht der Rat zu Recht geltend, die Begründung könne sich darauf beschränken, die Gesamtlage anzugeben, die zu ihrem Erlass geführt hat, und die allgemeinen Ziele zu bezeichnen, die mit ihnen erreicht werden sollen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).

116

Was hingegen die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Vorschriften in Bezug auf die Klägerin, soweit sie sie betreffen, restriktive Maßnahmen mit individueller Geltung darstellen (vgl. oben, Rn. 56 und 81).

117

Die Rechtsprechung hat insoweit klargestellt, dass die Begründung eines Rechtsakts des Rates, mit dem eine restriktive Maßnahme verhängt wird, nicht nur die Rechtsgrundlage dieser Maßnahme nennen muss, sondern auch die besonderen und konkreten Gründe, aus denen der Rat in Ausübung seines Ermessens annimmt, dass der Betroffene einer solchen Maßnahme zu unterwerfen sei (vgl. Urteil vom 3. Juli 2014, National Iranian Tanker Company/Rat, T‑565/12, EU:T:2014:608, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2017, Almaz-Antey Air and Space Defence/Rat, T‑255/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:25, Rn. 55).

118

Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob der Rat im vorliegenden Fall seiner Verpflichtung nachgekommen ist, die streitigen Vorschriften in rechtlich hinreichender Weise zu begründen.

119

Was erstens insbesondere die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen angeht, ist darauf hinzuweisen, dass sich die betreffenden Maßnahmen insgesamt in den der Klägerin bekannten und oben in den Rn. 2 bis 16 beschriebenen Kontext der internationalen Spannungen einfügen, die dem Erlass der angefochtenen Rechtsakte vorausgingen. Nach den Erwägungsgründen 1 bis 8 des angefochtenen Beschlusses und dem zweiten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung besteht das erklärte Ziel der angefochtenen Rechtsakte darin, die Kosten für die die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine untergrabenden Handlungen der Russischen Föderation zu erhöhen und eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen. Zudem ergibt sich aus dem zwölften Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von bestimmten sensiblen Gütern und Technologien untersagt werden sollten, wenn diese für die Tiefseeexploration und ‑förderung von Erdöl, die Erdölexploration und ‑förderung in der Arktis oder für Schieferölvorhaben bestimmt sind. In den streitigen Rechtsakten wird also die Gesamtlage, die zu ihrem Erlass geführt hat, angegeben, und es werden die allgemeinen Ziele bezeichnet, die mit ihnen erreicht werden sollen (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 123).

120

Was zweitens die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass diese restriktive Maßnahmen gegenüber der Klägerin vorsehen, da ihr Name im Zusammenhang mit den in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d des angefochtenen Beschlusses bzw. in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d der angefochtenen Verordnung aufgeführten verbotenen Tätigkeiten in Anhang III des angefochtenen Beschlusses und in Anhang VI der angefochtenen Verordnung aufgenommen wurde.

121

Daher ist das Vorbringen des Rates zurückzuweisen, wonach die Kriterien der Rechtsprechung zur Pflicht zur Begründung von Rechtsakten, mit denen individuelle restriktive Maßnahmen verhängt werden, im vorliegenden Fall nicht anwendbar seien.

122

Es ist jedoch festzustellen, dass die „besonderen und konkreten Gründe“, aus denen der Rat in Ausübung seines Ermessens festgestellt hat, dass die Klägerin im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung solchen Maßnahmen zu unterwerfen sei, im vorliegenden Fall den Kriterien entsprechen, die in den Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt festgelegt sind.

123

Da die Klägerin eine der Organisationen ist, auf die abgezielt wird, nämlich zu den „in Russland niedergelassenen Organisationen, die sich mit Wirkung vom 12. September 2014 unter öffentlicher Kontrolle oder zu über 50 % in öffentlicher Inhaberschaft befinden und deren geschätzte Gesamtvermögenswerte sich auf über 1 Billion russische Rubel belaufen und deren geschätzte Einnahmen zu mindestens 50 % aus dem Verkauf oder der Beförderung von Rohöl oder Erdölerzeugnissen stammen“, gehört, kann keine zusätzliche Begründung für die Aufnahme ihres Namens in die Anhänge dieser Rechtsakte verlangt werden.

124

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass allein deshalb, weil für den Erlass restriktiver Maßnahmen gegen mehrere Personen dieselben Erwägungen angestellt werden, nicht ausgeschlossen ist, dass diese Erwägungen eine hinreichend spezifische Begründung für jede der betroffenen Personen darstellen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 115).

125

Die Klägerin macht jedoch geltend, der Rat hätte die besonderen Gründe angeben müssen, weshalb auf den Erdölsektor abgezielt worden sei und inwiefern durch die Fokussierung auf diesen Sektor das mit den streitigen Maßnahmen verfolgte Ziel gefördert werden könne.

126

Es ist jedoch daran zu erinnern, dass in der Begründung nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden brauchen (vgl. oben, Rn. 113). Daher brauchte der Rat die Gründe nicht näher auszuführen, auf denen sein Beschluss beruht, zielgerichtete restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Wirtschaftszweige zu verhängen und die Ausfuhr bestimmter als „sensibel“ geltender Güter und Dienstleistungen zu verbieten. Im Übrigen ist die Frage, ob solche Maßnahmen im Einklang mit den Zielen der GASP stehen und ob sie für die Erreichung dieser Ziele geeignet und erforderlich sind, eher im Rahmen der materiellen Prüfung dieser Maßnahmen zu klären.

127

Zudem konnte der Klägerin als einem der wichtigsten Wirtschaftsteilnehmer des Erdölsektors in Russland, deren Anteile zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses 2014/512 zum größten Teil, wenn auch indirekt, vom russischen Staat gehalten wurden, bei vernünftiger Betrachtung nicht verborgen geblieben sein, aus welchen Gründen der Rat die gegen sie gerichteten Maßnahmen ergriffen hatte. In Einklang mit dem Ziel, die Kosten für die Handlungen der Russischen Föderation in Bezug auf die Ukraine zu erhöhen, werden in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b des Beschlusses 2014/512 bestimmten unter der Kontrolle des russischen Staates stehenden Organisationen des Erdölsektors Beschränkungen auferlegt, wobei u. a. auf ihre geschätzten Gesamtvermögenswerte von über 1 Billion RUB abgestellt wird. Da der politische Kontext zum Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahmen und die Bedeutung des Erdölsektors für die russische Wirtschaft im Übrigen allgemein bekannt sind, ist die Entscheidung des Rates, gegenüber Wirtschaftsteilnehmern dieses Sektors restriktive Maßnahmen zu erlassen, im Licht des erklärten Ziels der Rechtsakte leicht zu verstehen (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 124).

128

Daher ist der Schluss zu ziehen, dass der Rat die angefochtenen Rechtsakte hinreichend begründet hat, und der erste in den Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14 geltend gemachte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten in den Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14 geltend gemachten Klagegrund: Fehlende Rechtsgrundlage

129

Die Klägerin macht geltend, Art. 215 AEUV, der es dem Rat ermögliche, wirtschaftliche Sanktionen gegen Drittländer zu verhängen, könne nur ausnahmsweise dazu dienen, bestimmte Personen und Organisationen ins Visier zu nehmen, unter der Voraussetzung, dass eine hinreichende Verbindung zum einen zwischen der mit Sanktionen belegten Organisation und der Regierung des betreffenden Drittstaats und zum anderen zwischen der betroffenen Organisation und dem Ziel der Maßnahme bestehe. Diese Grundsätze gingen auch aus den Leitlinien des Rates vom 2. Dezember 2005 zur Umsetzung und Evaluierung restriktiver Maßnahmen (Sanktionen) im Rahmen der GASP der Union hervor. Diese Voraussetzungen seien jedoch im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

130

Erstens seien die Verbindungen zwischen der Klägerin und der russischen Regierung unzureichend, weil sie in keiner Weise eine Emanation des russischen Staates und nicht an der Ausübung öffentlicher Gewalt beteiligt sei und auch keine öffentliche Dienstleistung unter Kontrolle der Behörden erbringe. Die Tatsache, dass die Klägerin ein privatrechtliches Unternehmen sei, das zur Gazprom-Gruppe gehöre, deren Anteile zu 50,23 % vom russischen Staat gehalten würden, reiche insoweit nicht aus. Im Übrigen sei es nicht erlaubt, das Bestehen von Verbindungen zur russischen Regierung anzunehmen, ohne der betroffenen Organisation die Möglichkeit gegeben zu haben, ihren Standpunkt zu dieser Frage darzulegen.

131

Zweitens werde in den angefochtenen Rechtsakten die erforderliche Verbindung zwischen den Organisationen, gegen die sich die restriktiven Maßnahmen richteten, und dem Ziel dieser Maßnahmen in keiner Weise dargelegt. Es sei schwer zu erkennen, wie die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen, die auf unkonventionelle Projekte abzielten, oder die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt zur Erreichung der Ziele der angefochtenen Rechtsakte beitragen könnten. Der Rat dürfe solche Maßnahmen, die für die betroffenen Organisationen und ihre Handelspartner in der Union einen beträchtlichen Schaden verursachten, nicht völlig willkürlich verhängen.

132

Der Rat, unterstützt durch die Kommission und das Vereinigte Königreich, tritt diesem Vorbringen entgegen.

133

Was erstens das Vorbringen der Klägerin angeht, wonach im vorliegenden Fall keine hinreichende Verbindung zur russischen Regierung bestehe, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Art. 215 AEUV zum einen der Rat die erforderlichen Maßnahmen erlässt, wenn ein nach Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassener Beschluss die „Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern“ vorsieht, und zum anderen der Rat „restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen sowie Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten“ erlassen kann, wenn ein nach Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassener Beschluss dies vorsieht. Art. 215 Abs. 2 AEUV sieht also die Möglichkeit des Erlasses restriktiver Maßnahmen gegen nicht staatliche Einheiten vor, um einen auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassenen GASP-Beschluss umzusetzen.

134

Wie bereits ausgeführt worden ist, stellen die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt aber restriktive Maßnahmen gegen die Klägerin dar (vgl. oben, Rn. 56 und 81). Die Klägerin kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, diese Maßnahmen müssten zwangsläufig gegen Organisationen verhängt werden, bei denen eine hinreichende Verbindung zur russischen Regierung bestehe.

135

Was sodann die Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen angeht, ist darauf hinzuweisen, dass das Ziel dieser Maßnahmen nicht darin liegt, bestimmte Organisationen aufgrund ihrer Verbindungen mit der Lage in der Ukraine mit Sanktionen zu belegen, sondern darin, wirtschaftliche Sanktionen gegen die Russische Föderation zu verhängen, um die Kosten für deren Handlungen zu erhöhen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, und um eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen.

136

Da diese Maßnahmen auf einen bestimmten Sektor der Wirtschaft abzielen, ist es aufgrund von seiner Bedeutung für die russische Wirtschaft bzw. seiner Verbindung mit den Handlungen der Russischen Föderation zur Destabilisierung der Ukraine nicht notwendig, dass die Unternehmen, gegen die die Maßnahmen gerichtet sind, öffentliche russische Unternehmen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2017, Almaz-Antey Air and Space Defence/Rat, T‑255/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:25, Rn. 135).

137

Insoweit kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf das Urteil vom 13. März 2012, Tay Za/Rat (C‑376/10 P, EU:C:2012:138), berufen. Zwar hat der Gerichtshof in jenem Urteil darauf hingewiesen, dass der Begriff der „dritten Länder“ im Sinne der Art. 60 und 301 EG, die im Wesentlichen Art. 215 Abs. 1 AEUV entsprechen, die Machthaber eines solchen Landes sowie die mit diesen Machthabern verbundenen oder unmittelbar oder mittelbar von ihnen kontrollierten Personen und Organisationen einschließen kann (vgl. Urteil vom 13. März 2012, Tay Za/Rat, C‑376/10 P, EU:C:2012:138, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). Er hat festgestellt, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hatte, indem es entschieden hat, dass sich vermuten lasse, dass die Familienmitglieder von Führungskräften von Unternehmen aus der von diesen ausgeübten Funktion Nutzen zögen, so dass sie ebenfalls Nutzen aus der Wirtschaftspolitik der Regierung zögen und somit zwischen dem Rechtsmittelführer und dem Militärregime von Myanmar eine hinreichende Verbindung bestehe (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2012, Tay Za/Rat, C‑376/10 P, EU:C:2012:138, Rn. 71).

138

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass in der Rechtssache, in der das Urteil vom 13. März 2012, Tay Za/Rat (C‑376/10 P, EU:C:2012:138), ergangen ist, die vom Rat erlassenen restriktiven Maßnahmen auf dem Gemeinsamen Standpunkt 2006/318/GASP des Rates vom 27. April 2006 zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Birma/Myanmar (ABl. 2006, L 116, S. 77) beruhten. Diese Maßnahmen sahen insbesondere das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die sich im Eigentum von Mitgliedern der Regierung von Myanmar oder im Eigentum von mit ihnen verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen befanden, vor. Der Name des Klägers, von Herrn Pye Phyo Tay Za, war in der Liste der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen in Anhang II Abschnitt J („Personen, die Nutzen aus der Wirtschaftspolitik der Regierung ziehen“) des Gemeinsamen Standpunkts 2006/318 aufgeführt und mit dem Zusatz „Sohn von Tay Za“ versehen (Urteil vom 13. März 2012, Tay Za/Rat, C‑376/10 P, EU:C:2012:138, Rn. 4 bis 11). Es ging in jener Rechtssache also darum, festzustellen, ob das Gericht und der Rat zu Recht zu dem Schluss kommen konnten, dass davon auszugehen sei, dass Herr Tay Za als Familienmitglied des Unternehmensleiters Tay Za persönlichen Nutzen aus der Politik der Regierung ziehe und daher gemäß den im Gemeinsamen Standpunkt 2006/318 aufgestellten grundlegenden Kriterien als mit dem Regime verbunden angesehen werden könne. Der Gerichtshof hat jedoch nicht die Möglichkeit, wirtschaftliche Sanktionen gegen Drittstaaten zu verhängen, in Frage gestellt und auch nicht verlangt, dass die von solchen Maßnahmen beeinträchtigten Organisationen, ohne dass die Maßnahmen individuell gegen sie gerichtet sind, „Emanationen des Staates“ sein müssen, wie die Klägerin geltend macht.

139

Vielmehr ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Rat bei der Bestimmung des Gegenstands restriktiver Maßnahmen über ein weites Ermessen verfügt, insbesondere dann, wenn solche Maßnahmen in Einklang mit Art. 215 Abs. 1 AEUV die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern vorsehen (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 132). Jede Maßnahme dieser Art hat definitionsgemäß Auswirkungen, die die Eigentumsrechte und die freie Berufsausübung beeinträchtigen, und schädigt dadurch Parteien, die für die Situation, die zum Erlass der Sanktionen geführt hat, nicht verantwortlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juli 1996, Bosphorus, C‑84/95, EU:C:1996:312, Rn. 22).

140

Selbst unterstellt, dass eine Verbindung zwischen den Organisationen, gegen die sich die betreffenden restriktiven Maßnahmen angeblich richten, und Russland erforderlich ist, genügt es jedenfalls, festzustellen, dass die Klägerin als ein Unternehmen unter Kontrolle des russischen Staates anzusehen ist, da sie sich, wenn auch mittelbar, zu über 50 % in Inhaberschaft des russischen Staates befindet. Die Tatsache, dass die Klägerin keine Emanation des Staates im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2013, Bank Melli Iran/Rat, T‑35/10 und T‑7/11, EU:T:2013:397, Rn. 71 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), ist insoweit irrelevant, weil es nicht erforderlich ist, dass die Klägerin eine Organisation ist, die an der Ausübung öffentlicher Gewalt beteiligt ist oder eine öffentliche Dienstleistung unter der Kontrolle der Behörden erbringt, damit sie von den wirtschaftlichen Sanktionen betroffen sein kann, die der Rat auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 1 AEUV erlassen hat.

141

Was zweitens das angebliche Fehlen eines Zusammenhangs zwischen den im vorliegenden Fall erlassenen Maßnahmen und den mit den angefochtenen Rechtsakten verfolgten Zielen anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass der Rat nach ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung der Umstände, die bei der Verhängung von wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen auf der Grundlage von Art. 29 EUV und Art. 215 AEUV über ein weites Ermessen verfügt. Da der Unionsrichter seine Beurteilung der Beweise, Tatsachen und Umstände, die dem Erlass solcher Maßnahmen zugrunde liegen, nicht an die Stelle der Beurteilung des Rates setzen darf, muss sich die Kontrolle durch den Unionsrichter auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet worden sind, der Sachverhalt richtig ermittelt wurde und weder ein offensichtlicher Fehler in der Beurteilung der Tatsachen noch Ermessensmissbrauch vorliegt. Diese eingeschränkte Kontrolle gilt insbesondere für die Beurteilung der Zweckmäßigkeitserwägungen, auf denen solche Maßnahmen beruhen (vgl. Urteil vom 25. Januar 2017, Almaz-Antey Air and Space Defence/Rat, T‑255/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:25, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).

142

Im vorliegenden Fall besteht nach den Erwägungsgründen 1 bis 8 des angefochtenen Beschlusses und dem zweiten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung das erklärte Ziel dieser Rechtsakte darin, die Kosten für die die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine untergrabenden Handlungen der Russischen Föderation zu erhöhen und eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen. Ein solches Ziel entspricht dem Ziel der Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit, in Einklang mit den in Art. 21 EUV genannten Zielen des auswärtigen Handelns der Union (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 115).

143

Wie der Gerichtshof bereits ausgeführt hat, besteht entgegen dem Vorbringen der Klägerin sehr wohl eine logische Verbindung zwischen dem Abzielen auf Unternehmen des russischen Erdölsektors, insbesondere auf der Grundlage ihrer geschätzten Gesamtvermögenswerte von über 1 Billion RUB angesichts der Bedeutung, die dieser Sektor für die russische Wirtschaft hat, und dem mit den restriktiven Maßnahmen im vorliegenden Fall verfolgten Ziel, das darin besteht, die Kosten für die die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine untergrabenden Handlungen der Russischen Föderation zu erhöhen und eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 147).

144

Was drittens das Vorbringen der Klägerin anbelangt, wonach die aus den Vorschriften der angefochtenen Verordnung über Ausfuhrbeschränkungen resultierenden restriktiven Maßnahmen nur gegen die unkonventionellen Projekte des Erdölsektors und nicht gegen den Erdölsektor im Allgemeinen gerichtet seien, der weiterhin erhebliche Einnahmen für die russische Wirtschaft erwirtschafte, ist festzustellen, dass es dem Rat, wenn er dies für zweckmäßig hält, u. a. freisteht, Unternehmen Beschränkungen aufzuerlegen, die in ganz bestimmten Sektoren der russischen Wirtschaft tätig sind, in denen Produkte, Technologien oder Dienstleistungen aus der Union besonders wichtig sind. Das Abzielen auf Unternehmen oder Sektoren, die von hauptsächlich in der Union verfügbaren Spitzentechnologien oder Know-how abhängig sind, trägt dem Ziel Rechnung, die Effizienz der betreffenden restriktiven Maßnahmen zu gewährleisten und zu verhindern, dass die Wirkung der Maßnahmen durch die Einfuhr substituierbarer Produkte, Technologien oder Dienstleistungen aus Drittländern nach Russland neutralisiert wird (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 132).

145

Der Umstand, dass mit den unkonventionellen Projekten, gegen die bestimmte dieser Maßnahmen gerichtet sind, keine sofortigen Einnahmen für den russischen Staat erwirtschaftet würden, ist nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen, da der Rat durch die Gefährdung der Investitionen und zukünftigen Einnahmen der auf den Erdölsektor tätigen Organisationen, gegen die diese Maßnahmen gerichtet sind, vernünftigerweise die Hoffnung hegen konnte, Druck auf die russische Regierung auszuüben und die Kosten für die die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine untergrabenden Handlungen der Russischen Föderation zu erhöhen.

146

Nach alledem ist der zweite in den Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14 geltend gemachte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

Zum dritten in der Rechtssache T‑799/14 geltend gemachten Klagegrund: Verstoß gegen das Partnerschaftsabkommen EU–Russland

147

Mit ihrem dritten Klagegrund, der nur in der Rechtssache T‑799/14 vorgetragen wird, macht die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 52 Abs. 5 und 9, Art. 98 Abs. 1 und Art. 36 des Partnerschaftsabkommens EU–Russland geltend. Diese Vorschriften hätten eine unmittelbare Wirkung, da sie hinreichend klare und präzise Verpflichtungen enthielten, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhingen.

148

Erstens verstießen die Vorschriften über den Zugang zum Kapitalmarkt gegen Art. 52 Abs. 5 des Partnerschaftsabkommens EU–Russland, worin es heiße, dass „die Vertragsparteien … keine neuen Beschränkungen des Kapitalverkehrs und der damit zusammenhängenden laufenden Zahlungen zwischen den Gebietsansässigen der [Union] und Russlands [einführen] und … die bestehenden Regelungen nicht einschränkender [gestalten]“. Zweitens stünden diese Vorschriften im Widerspruch zu Art. 52 Abs. 9 des Partnerschaftsabkommens EU–Russland, der bestimme, dass die Union und Russland „einander die Meistbegünstigung für die Freiheit der laufenden Zahlungen und des Kapitalverkehrs sowie für die Zahlungsweisen“ gewähren. Drittens stehe die Vorschrift über die Nichterfüllung von Forderungen im Widerspruch zu Art. 98 Abs. 1 dieses Abkommens, der die Union verpflichte, „ohne Diskriminierung in Bezug auf ihre eigenen Staatsangehörigen den Zugang natürlicher und juristischer Personen aus [Russland] zu den zuständigen Gerichten und Verwaltungsinstanzen [der Union] sicherzustellen, um dort ihre persönlichen und ihre Eigentumsrechte, einschließlich ihrer Rechte an geistigem, gewerblichem und kommerziellem Eigentum, geltend zu machen“. Viertens stünden die Ausfuhrbeschränkungen im Widerspruch zu Art. 36 des Partnerschaftsabkommens EU–Russland, der auch eine Meistbegünstigungsklausel betreffend die Bedingungen für den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr enthalte.

149

Der Rat, unterstützt durch die Kommission und das Vereinigte Königreich, tritt diesem Vorbringen entgegen.

150

Hinsichtlich des Partnerschaftsabkommens EU–Russland hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Bestimmung eines zwischen der Union und Drittländern geschlossenen Abkommens unmittelbar anwendbar ist, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Zweck und die Natur des Abkommens eine klare und präzise Verpflichtung enthält, deren Erfüllung und deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängen (Urteil vom 12. April 2005, Simutenkov, C‑265/03, EU:C:2005:213, Rn. 21).

151

Selbst wenn im vorliegenden Fall die von der Klägerin geltend gemachten Vorschriften unmittelbar anwendbar und die betreffenden Maßnahmen mit manchen dieser Vorschriften unvereinbar wären, würde Art. 99 des Partnerschaftsabkommens EU–Russland jedenfalls ihren Erlass erlauben. Nach seinem Art. 99 Abs. 1 Buchst. d hindert das Partnerschaftsabkommen EU–Russland eine Vertragspartei nämlich nicht daran, alle Maßnahmen zu ergreifen, die sie insbesondere im Kriegsfall, bei einer ernsten, eine Kriegsgefahr darstellenden internationalen Spannung oder in Erfüllung der von ihr übernommenen Verpflichtungen zur Wahrung des Friedens und der internationalen Sicherheit zum Schutz ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen für notwendig erachtet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 110 und 111).

152

Wie sich aus dem zweiten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung ergibt, zielten im vorliegenden Fall die in den angefochtenen Rechtsakten getroffenen restriktiven Maßnahmen darauf ab, eine friedliche Beilegung der Krise in der Ukraine zu unterstützen. Ein solches Ziel entspricht dem Ziel der Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit, in Einklang mit den in Art. 21 EUV genannten Zielen des auswärtigen Handelns der Union (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 115).

153

Die Einschätzung des Rates, dass der Erlass der restriktiven Maßnahmen zum Schutz der wesentlichen Sicherheitsinteressen der Union und zur Wahrung des Friedens und der internationalen Sicherheit im Sinne von Art. 99 des Partnerschaftsabkommens EU–Russland notwendig war, ist daher in Anbetracht des großen Wertungsspielraums, über den der Rat in diesem Bereich verfügt, nicht zu beanstanden (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 116).

154

Daher ist der dritte in der Rechtssache T‑799/14 geltend gemachte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum dritten in der Rechtssache T‑735/14 und zum vierten in der Rechtssache T‑799/14 geltend gemachten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen Grundrechte der Klägerin

155

Die Klägerin macht zum einen einen Verstoß gegen die gemäß den Art. 16 und 17 der Charta garantierte unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht und zum anderen einen Verstoß gegen den in Art. 52 Abs. 1 der Charta als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts vorgesehenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geltend. Gemäß diesem Grundsatz müsse jede durch einen Rechtsakt der Union vorgesehene Maßnahme ein legitimes Ziel verfolgen, ein geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Ziels darstellen, erforderlich sein und dürfe keine Nachteile verursachen, die in einem unangemessenen Verhältnis zu den Vorteilen dieser Maßnahme stünden. Im vorliegenden Fall würden durch die streitigen Vorschriften Sanktionen verhängt, die speziell gegen die unkonventionellen Projekte der Klägerin gerichtet seien, und zwar in einem Zusammenhang, in dem diese weder beschuldigt worden sei, eine Zuwiderhandlung begangen zu haben, noch die Gelegenheit erhalten habe, ihren Standpunkt darzulegen, weshalb eine besonders strenge Kontrolle unter dem Gesichtspunkt der Grundrechte und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit notwendig sei.

156

Der Rat, unterstützt durch die Kommission und das Vereinigte Königreich, tritt diesem Vorbringen entgegen.

157

Nach Ansicht der Klägerin stellen die sich aus den angefochtenen Rechtsakten ergebenden restriktiven Maßnahmen insoweit einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre insbesondere durch die Art. 16 und 17 der Charta gewährleisteten Grundrechte dar, als sie an der freien Ausübung einer wirtschaftlichen Betätigung gehindert werde, ohne dass diese Beschränkung ihrer Rechte notwendig oder geeignet wäre, um die vom Rat verfolgten Ziele zu erreichen.

158

Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 16 der Charta „[d]ie unternehmerische Freiheit … nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt [wird]“.

159

Zweitens bestimmt Art. 17 Abs. 1 der Charta:

„Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“

160

Es ist zwar richtig, dass restriktive Maßnahmen wie die hier in Rede stehenden unbestreitbar die Rechte der Klägerin nach den Art. 16 und 17 der Charta beschränken (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 22. September 2016, NIOC u. a./Rat, C‑595/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:721, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

161

Jedoch beanspruchen die von der Klägerin geltend gemachten Grundrechte keine absolute Geltung und können folglich unter den Voraussetzungen von Art. 52 Abs. 1 der Charta eingeschränkt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. November 2013, Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 121, und vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 195 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

162

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 52 Abs. 1 der Charta zum einen „[j]ede Einschränkung der Ausübung der in [der] Charta anerkannten Rechte und Freiheiten … gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten [muss]“ und zum anderen „[u]nter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit … Einschränkungen nur vorgenommen werden [dürfen], wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen“.

163

Eine Einschränkung der Ausübung der betreffenden Grundrechte muss daher jedenfalls, um mit dem Unionsrecht vereinbar zu sein, drei Voraussetzungen erfüllen. Erstens muss die Einschränkung gesetzlich vorgesehen sein. Die betreffende Maßnahme muss, mit anderen Worten, eine Rechtsgrundlage haben. Zweitens muss die Einschränkung ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel, das als solches von der Union anerkannt wird, verfolgen. Drittens darf die Einschränkung nicht unverhältnismäßig sein. Einerseits muss sie in Bezug auf das verfolgte Ziel erforderlich und angemessen sein. Andererseits darf der „Wesensgehalt“, d. h. die Substanz, des fraglichen Rechts oder der in Rede stehenden Freiheit nicht beeinträchtigt werden (vgl. Urteil vom 30. November 2016, Rotenberg/Rat, T‑720/14, EU:T:2016:689, Rn. 170 bis 173 und die dort angeführte Rechtsprechung).

164

Es ist festzustellen, dass diese drei Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

165

Erstens sind die in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen „gesetzlich vorgesehen“, da sie in Rechtsakten festgelegt sind, die u. a. allgemeine Geltung haben und über eine eindeutige Rechtsgrundlage im Unionsrecht sowie über eine hinreichende Begründung verfügen (vgl. oben, Rn. 111 bis 128).

166

Zweitens besteht nach den Erwägungsgründen 1 bis 8 des angefochtenen Beschlusses und dem zweiten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung das erklärte Ziel dieser Rechtsakte darin, die Kosten für die die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine untergrabenden Handlungen der Russischen Föderation zu erhöhen und eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen. Ein solches Ziel entspricht dem Ziel der Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit, in Einklang mit den in Art. 21 EUV genannten Zielen des auswärtigen Handelns der Union (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 115).

167

Drittens ist in Bezug auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darauf hinzuweisen, dass nach diesem als allgemeinem Grundsatz des Unionsrechts die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. So ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (vgl. Urteil vom 30. November 2016, Rotenberg/Rat, T‑720/14, EU:T:2016:689, Rn. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung).

168

Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung zur gerichtlichen Kontrolle der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, dass der Unionsgesetzgeber in Bereichen, in denen er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Beurteilungen vornehmen muss, über einen großen Wertungsspielraum verfügt. Folglich ist eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 146 und die dort angeführte Rechtsprechung).

169

Insoweit ist festzustellen, dass der Inhalt der angefochtenen Rechtsakte in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihnen verfolgten Ziel steht. Ihr Ziel besteht nämlich u. a. darin, die Kosten für die die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine untergrabenden Handlungen Russlands zu erhöhen, so dass das Abzielen auf einen wichtigen Wirtschaftsteilnehmer des Erdölsektors, dessen Anteile zudem mehrheitlich vom russischen Staat gehalten werden, mit diesem Ziel in Einklang steht und jedenfalls nicht als offensichtlich ungeeignet in Bezug auf das verfolgte Ziel angesehen werden kann (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 147).

170

Zudem trifft es zwar zu, dass restriktive Maßnahmen definitionsgemäß Auswirkungen haben, die die Eigentumsrechte und die freie Berufsausübung beeinträchtigen, und dadurch Parteien schädigen, die für die Situation, die zum Erlass der Sanktionen geführt hat, nicht verantwortlich sind. Solche Auswirkungen haben gezielte restriktive Maßnahmen erst recht für die Organisationen, gegen die sie gerichtet sind (vgl. Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 149 und die dort angeführte Rechtsprechung).

171

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Bedeutung der mit den angefochtenen Rechtsakten verfolgten Ziele, nämlich der Schutz der territorialen Unversehrtheit, der Souveränität und der Unabhängigkeit der Ukraine und die Unterstützung einer friedlichen Beilegung der Krise in diesem Land – die sich in das übergeordnete Ziel der Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit in Einklang mit den in Art. 21 EUV genannten Zielen des auswärtigen Handelns der Union einfügen –, auch erhebliche negative Folgen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigt, die für die Situation, die zum Erlass der Sanktionen geführt hat, nicht verantwortlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 149 und 150 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

172

Unter diesen Umständen und insbesondere in Anbetracht dessen, dass sich die Intensität der vom Rat als Reaktion auf die Krise in der Ukraine erlassenen restriktiven Maßnahmen allmählich steigerte, kann der Eingriff in die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht der Klägerin nicht als unverhältnismäßig angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 150).

173

Wenn, wie die Klägerin geltend macht, manche ihrer Geschäfts- und Vertragspartner gezwungen werden konnten, ihre Geschäftsbeziehungen mit ihr zu beenden, was zu einer Aufschiebung ihrer unkonventionellen Projekte im Erdölsektor geführt hat, und wenn diese Maßnahmen negative Auswirkungen auf das Eigentumsrecht der Aktionäre der Klägerin und ihrer Muttergesellschaft haben konnten, so ist das genau das Ziel, das mit den durch die angefochtenen Rechtsakte eingeführten Maßnahmen verfolgt wird, so dass jeglicher Eingriff in ihr Eigentumsrecht und in ihr Recht auf wirtschaftliche Betätigung insoweit nicht als unverhältnismäßig eingestuft werden kann.

174

Daher ist der dritte in der Rechtssache T‑735/14 und der vierte in der Rechtssache T‑799/14 geltend gemachte Klagegrund zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

175

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Rates neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates aufzuerlegen.

176

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Kommission und das Vereinigte Königreich tragen daher ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Rechtssachen T‑735/14 und T‑799/14 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

 

2.

Die Klage wird abgewiesen.

 

3.

Die Gazprom Neft PAO trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates der Europäischen Union.

 

4.

Die Europäische Kommission und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten.

 

Berardis

Spielmann

Csehi

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. September 2018.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

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