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Document 62014CN0557

Rechtssache C-557/14: Klage, eingereicht am 4. Dezember 2014 — Europäische Kommission/Portugiesische Republik

ABl. C 46 vom 9.2.2015, p. 28–31 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

9.2.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 46/28


Klage, eingereicht am 4. Dezember 2014 — Europäische Kommission/Portugiesische Republik

(Rechtssache C-557/14)

(2015/C 046/35)

Verfahrenssprache: Portugiesisch

Parteien

Klägerin: Europäische Kommission (Prozessbevollmächtigte: G. Braga da Cruz und E. Manhaeve)

Beklagte: Portugiesische Republik

Anträge

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen hat, dass sie nicht alle zur Durchführung des Urteils vom 7. Mai 2009 in der Rechtssache C-530/07 (1), Kommission/Portugiesische Republik, erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat;

die Portugiesische Republik zu verurteilen, ein Zwangsgeld in Höhe von 20  196 Euro für jeden Tag, um den sich die Durchführung des in der Rechtssache C-530/07 ergangenen schon genannten Urteils verzögert, ab dem Tag der Verkündung des Urteils in der vorliegenden Rechtssache bis zu dem Tag zu zahlen, an dem das in der Rechtssache C-530/07 ergangene schon genannte Urteil durchgeführt sein wird;

die Portugiesische Republik zu verurteilen, einen täglichen Pauschalbetrag von 2  244 Euro ab dem Tag der Verkündung des Urteils in der Rechtssache C-530/07 bis zum Tag der Verkündung des Urteils in der vorliegenden Rechtssache oder, wenn dieser letztgenannte Tag früher kommt, bis zu dem Tag zu zahlen, an dem das in der Rechtssache C-530/07 ergangene schon genannte Urteil durchgeführt sein wird;

der Portugiesischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

I)

Höhe der Sanktion — vorzunehmen unter Zugrundelegung dreier Kriterien:

1 —

Schwere des Verstoßes — Die Kommission schlage einen Schwerekoeffizienten 3 auf einer Skala von 1 bis 20 vor. Nach dem Wortlaut der Mitteilung der Kommission über die Anwendung von Artikel 228 EG-Vertrag (Mitteilung 2005) berechne die Kommission einen solchen Koeffizienten unter Berücksichtigung,

a)

der Bedeutung der unionsrechtlichen Rechtsvorschriften, gegen die der Mitgliedstaat verstoßen habe — Aus den Art. 1, 2, 3 Abs. 1 und 4 sowie Anhang I der Richtlinie 91/271/EWG (2) des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (Richtlinie 91/271) ergebe sich, dass die Einleitung von nicht behandeltem kommunalem Abwasser in die aufnehmenden Gewässer eine Verschmutzung verursache, die die Qualität solcher Gewässer und der mit ihnen verbundenen Ökosysteme erheblich beeinträchtige. Das Sammeln und Behandeln des gesamten kommunalen Abwassers von Gemeinden mit einem EW über 15  000 sei für die Erhaltung und Verbesserung der Qualität der aufnehmenden Gewässer, der aquatischen Ökosysteme und der terrestrischen Ökosysteme, die direkt von diesen Wasserkörpern abhängig seien, und auch im Hinblick auf die vollständige und ordnungsgemäße Anwendung anderer Richtlinien der Union von entscheidender Bedeutung.

b)

der Folgen dieses Verstoßes sowohl für das Gemeinwohl als auch für die Interessen Einzelner

Der Schutz der Umwelt und der Volksgesundheit beruhe auf einem Allgemeininteresse. Die unvollständige Durchführung des vom Gerichtshof in der Rechtssache C-530/07 erlassenen Urteils sei mit einem hohen Risiko der Umweltverschmutzung verbunden und habe Folgen für die Volksgesundheit.

Die unvollständige Durchführung des Urteils könne auch die Durchführung anderer Richtlinien der Europäischen Union beeinflussen und habe einen unmittelbaren Einfluss auf die Möglichkeit der Bürger, nicht verunreinigte aufnehmende Wasserkörper zu nutzen, die die Ausübung von Freizeitaktivitäten ermöglichten, was den Tourismussektor und die damit verbundene Wirtschaftstätigkeit beeinflussen könne.

c)

anderer erschwerender und mildernder Umstände

Mildernd:

i)

Die Zahl der Gemeinden mit mehr als 15  000 EW, die nicht den Anforderungen des Art. 4 der Richtlinie 91/271 entsprächen, habe sich seit dem Tag der Verkündung des Urteils nach Art. 258 AEUV von 15 auf 2 verändert.

ii)

Zur Gemeinde Vila Real de Santo António: die neue Behandlungsanlage arbeite seit 2009 und nur drei Gebiete dieser Gemeinde seien noch nicht an die Behandlungsanlage angeschlossen; zu Matosinhos: die derzeitige Behandlungsanlage erlaube eine Erstbehandlung des Abwassers dieser Gemeinde, das danach durch eine Unterwasserleitung mehr als 2 km von der Küste entfernt ins Meer geleitet werde.

Nach Auskunft der portugiesischen Behörden beeinträchtige dies nicht die gute Qualität der Badegewässer.

Erschwerend:

i)

Die vollständige Durchführung des Urteils werde nicht vor 2018 nachgewiesen werden können, obwohl die fraglichen Verpflichtungen zur Kanalisierung und Behandlung im vorliegenden Verfahren spätestens bis zum 31. Dezember 2000 vollständig hätten erfüllt sein müssen.

ii)

Die fraglichen Bestimmungen der Richtlinie 91/271, gegen die die Portugiesische Republik weiter verstoße, beschrieben eindeutige Verpflichtungen.

iii)

Die von den portugiesischen Behörden der Kommission vorgelegten aufeinander folgenden Fahrpläne seien nach Ansicht der Kommission in schwerwiegender Weise missachtet worden.

iv)

Die hohe Zahl der Vertragsverletzungsverfahren gegen Portugal, einschließlich Urteilen des Gerichtshofs in diesem besonderen Gebiet der Behandlung von kommunalem Abwasser, zeige ein wiederholtes rechtswidriges Verhalten, und zwar in einem Sektor, in dem die Auswirkungen auf die Volksgesundheit und die Umwelt besonders bedeutend seien.

2 —

Die Dauer des Verstoßes — Unter Berücksichtigung dem Tag der Verkündung des Urteils schon verstrichenen schlage die Kommission die Anwendung des höchsten Koeffizienten für die Dauer des Verstoßes, d. h. 3, vor.

3 —

Die erforderliche Abschreckungswirkung der Sanktion — Wie in der Mitteilung 2005 erläutert sei, werde die Abschreckungswirkung durch den Faktor n berücksichtigt, einen Durchschnittswert, der auf dem Bruttoinlandsprodukt und der Stimmengewichtung im Rat beruhe. Der derzeit auf Portugal anwendbare Faktor n sei 3,40.

II —    Berechnung des Betrags der Sanktion

a)

Verhängung eines Zwangsgeldes für jeden weiteren Tag des Nichtnachkommens

Es werde, wie mit der Mitteilung 2005 vorgeschlagen, gemäß folgender Formel berechnet:

Einheitlicher Pauschalbetrag x Schwerekoeffizient x Dauerkoeffizient x Faktor n, d. h. für das vorliegende Verfahren, 660 x 3 x 3 x 3,40 = 20  196 Euro/Tag.

Um die fortschreitende Verringerung des verhängten Zwangsgeldes für jeden weiteren Tag des Nichtnachkommens zu gewährleisten, sehe die Kommission vor, den Betrag des Zwangsgeldes für jeden weiteren Tag des Nichtnachkommens (20  196 Euro/Tag) durch die Zahl der bisher noch nicht mit dem Urteil konformen EW zu teilen. Nach den neuesten Daten belaufe sich die Zahl der noch nicht mit der Richtlinie 91/271 konformen EW auf 3 21  950. Folglich schlage die Kommission vor, den Wert des einheitlichen Pauschalbetrags (20  196 Euro/Tag) durch 3 21  950 zu teilen.

Das Ergebnis dieser Division (20  196: 3 21  950), d. h., 0,06 Euro/Tag, werde vom Wert des einheitlichen Pauschalbetrags für jeden inzwischen konformen EW abgezogen.

b)

Pauschalbetrag

Der bei der Festsetzung des Pauschalbetrags zugrunde zu legende Tagessatz werde weitgehend berechnet wie der bei der Festsetzung des Zwangsgeldes verwendete Tagessatz, d. h., ein einheitlicher Grundbetrag werde mit einem Schwerekoeffizienten multipliziert, und das Ergebnis werde mit einem festen Länderfaktor (Faktor n), der sowohl die Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats als auch seine Stimmenzahl im Rat berücksichtige, multipliziert.

Beim Pauschalbetrag gehe die Kommission jedoch von einem niedrigeren Grundbetrag aus als beim Zwangsgeld, da der Verstoß eines Mitgliedstaats zum Zeitpunkt eines Urteils nach Art. 260 AEUV aufgrund der Tatsache, dass der Mitgliedstaat zwei aufeinander folgenden Urteilen des Gerichtshofs nicht nachkomme, an Schwere zunehme. Der zu zahlende einheitliche Pauschalbetrag sei zur Zeit auf 220 Euro/Tag festgesetzt, und hierbei werde kein Dauerkoeffizient vorgeschlagen.

Demgemäß betrage der bei der Festsetzung des Pauschalbetrags zugrunde zu legende Tagessatz unter Berücksichtigung des Pauschalbetrags, des Schwerekoeffizienten und des Faktors n 220 x 3 x 3,40 = 2  244 Euro.

c)

Prüfung des Mindestpauschalbetrags

Es sei zu prüfen, ob dem Gerichtshof — unter Berücksichtigung des für den fraglichen Mitgliedstaat festgestellten Mindestpauschalbetrags — ein Tagessatz oder ein Pauschalbetrag vorzuschlagen sei. Hierfür sei es erforderlich, den Gesamtwert der bei der Festsetzung des Pauschalbetrags zugrunde zu legenden Tagessätze bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kommission (eine Klage nach Art. 260 AEUV zu erheben), einerseits, mit dem für den fraglichen Mitgliedstaat bestimmten Mindestpauschalbetrag, andererseits, zu vergleichen.

Die Zahl der vom Zeitpunkt der Verkündung des Urteils (7. Mai 2009) bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kommission, eine Klage nach Art. 260 AEUV zu erheben (16. Oktober 2014), verstrichenen Tage betrage 1987. Folglich betrage der Gesamtwert der bei der Festsetzung des Pauschalbetrags zugrunde zu legenden Tagessätze zum Zeitpunkt der genannten Entscheidung der Kommission 2  244 Euro x 1  987 Tage = 4 4 58  828 Euro.

Der für Portugal festgelegte Mindestpauschalbetrag betrage derzeit 1 8 75  000 Euro.

Da der Gesamtwert der bei der Festsetzung des Pauschalbetrags zugrunde zu legenden Tagessätze am 16. Oktober 2014 den für Portugal festgelegten Mindestpauschalbetrag überschritten habe, schlage die Kommission vor, dass Portugal den bei der Festsetzung des Pauschalbetrags zugrunde zu legenden Tagessatz zu zahlen habe, d. h. 2  244 Euro pro Tag ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils bis zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils nach Art. 260 AEUV oder bis zum Zeitpunkt, zu dem Portugal das erstere dieser Urteile erfülle, wenn dieser Zeitpunkt früher sein sollte.


(1)  EU:C:2009:292.

(2)  ABl. L 135, S. 40.


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