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Document 62014CC0472

Schlussanträge der Generalanwältin E. Sharpston vom 10. Dezember 2015.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:809

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 10. Dezember 2015 ( 1 )

Rechtssache C‑472/14

Canadian Oil Company Sweden AB,

Anders Rantén

gegen

Riksåklagaren

(Vorabentscheidungsersuchen des Högsta domstol [Oberster Gerichtshof, Schweden])

„Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) — Bereich der Harmonisierung — Registrierung chemischer Stoffe bei der Europäischen Chemikalienagentur vor ihrem Inverkehrbringen — Parallele Pflicht zur Registrierung chemischer Produkte, die gewerbsmäßig in einem Mitgliedstaat hergestellt oder in einen Mitgliedstaat eingeführt werden — Art. 34 und 36 AEUV — Mengenmäßige Einfuhrbeschränkung — Rechtfertigung — Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit sowie der Umwelt — Verhältnismäßigkeit“

1. 

Mit seinem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof ersucht der Högsta domstol (Oberster Gerichtshof, Schweden, im Folgenden: vorlegendes Gericht) um Klärung der Frage, ob die nach der REACH-Verordnung ( 2 ) bestehende Verpflichtung, chemische Stoffe zur Registrierung anzumelden, einerseits, und die Bestimmungen des Vertrags zur Gewährleistung des freien Warenverkehrs, andererseits, die Mitgliedstaaten daran hindern, eine entsprechende Anmelde- und Registrierungspflicht für solche Stoffe auf nationaler Ebene einzuführen. Wie weitreichend harmonisiert die REACH-Verordnung die Anmeldung und Registrierung chemischer Stoffe, und wie viel Raum bleibt den Mitgliedstaaten für die Verfolgung ihrer eigenen Politiken im Bereich der Herstellung, des Inverkehrbringens und der Verwendung chemischer Produkte?

Rechtsvorschriften

Unionsrecht

2.

Nach Art. 34 AEUV sind „[m]engenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung … zwischen den Mitgliedstaaten verboten“. Gemäß Art. 36 AEUV dürfen Mitgliedstaaten den Warenverkehr in verhältnismäßiger Weise einschränken, wenn dies aus bestimmten zulässigen Gründen, wie z. B. zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen und Tieren, gerechtfertigt ist.

3.

Die REACH-Verordnung enthält folgende Erwägungsgründe:

„…

(16)

In dieser Verordnung werden die jeweiligen Pflichten und Auflagen für Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender von Stoffen als solchen, in Gemischen und in Erzeugnissen festgelegt. …

(19)

… [D]ie Registrierungsbestimmungen für Hersteller und Importeure [sollten] die Verpflichtung vorsehen, Daten über die von ihnen hergestellten oder eingeführten Stoffe zu gewinnen, diese Daten zur Beurteilung der stoffspezifischen Risiken zu nutzen und geeignete Risikomanagementmaßnahmen zu entwickeln und zu empfehlen. Damit diese Verpflichtungen auch eingehalten werden sowie aus Gründen der Transparenz sollten sie im Rahmen der Registrierung bei der [Europäischen Chemikalienagentur][ ( 3 )] ein Dossier mit all diesen Informationen einreichen müssen. Registrierte Stoffe sollten frei im Binnenmarkt verkehren können.

(20)

… Gelangt die Agentur in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten zu der Auffassung, dass Gründe für die Annahme vorliegen, dass ein Stoff ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt birgt, so sollte die Agentur nach Aufnahme des Stoffes in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft für die Stoffbewertung dafür Sorge tragen, dass dieser Stoff bewertet wird, wobei sie sich auf die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten stützt.

(21)

Die im Rahmen der Bewertung gewonnenen Stoffinformationen sollten zwar in erster Linie von den Herstellern und Importeuren für das stoffspezifische Risikomanagement verwendet werden, sie können jedoch auch dazu genutzt werden, Zulassungs- oder Beschränkungsverfahren nach dieser Verordnung oder Risikomanagementverfahren nach anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft einzuleiten. Daher sollte sichergestellt werden, dass diese Informationen den zuständigen Behörden zur Verfügung stehen und von ihnen für derartige Verfahren genutzt werden können.

(44)

Zur Schaffung eines harmonisierten, einfachen Systems sollten alle Registrierungen bei der Agentur eingereicht werden. …

(103)

Über den Ausschuss der Mitgliedstaaten sollte die Agentur darauf hinarbeiten, zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten Einvernehmen in einzelnen Fragen zu erzielen, die einen harmonisierten Ansatz erfordern.

(105)

Angesichts der erhöhten Verantwortung natürlicher oder juristischer Personen für die sichere Verwendung chemischer Stoffe bedarf es einer besseren Durchsetzung der Vorschriften. Die Agentur sollte daher ein Forum bieten, in dessen Rahmen die Mitgliedstaaten Informationen über ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Rechtsvorschriften über Chemikalien austauschen und diese Tätigkeiten koordinieren können. …

(119)

Neben ihrer Beteiligung an der Durchführung des Gemeinschaftsrechts sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten aufgrund ihrer Nähe zu den Interessengruppen in den Mitgliedstaaten an dem Austausch von Informationen über Risiken von Stoffen und über die Pflichten der natürlichen und juristischen Personen aufgrund des Chemikalienrechts mitwirken. Gleichzeitig ist eine enge Zusammenarbeit zwischen der Agentur, der Kommission und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erforderlich, um die Kohärenz und Effizienz des gesamten Kommunikationsprozesses sicherzustellen.

…“

4.

Zweck der REACH-Verordnung ist es nach Art. 1 Abs. 1, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherzustellen, einschließlich der Förderung alternativer Beurteilungsmethoden für von Stoffen ausgehende Gefahren, sowie den freien Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt zu gewährleisten und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zu verbessern. Nach Art. 1 Abs. 2 enthält die REACH-Verordnung Bestimmungen über Stoffe und Gemische, die für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung derartiger Stoffe als solcher, in Gemischen oder in Erzeugnissen sowie für das Inverkehrbringen von Gemischen gelten. Nach Art. 1 Abs. 3 beruht die REACH-Verordnung auf dem Grundsatz, dass Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender sicherstellen müssen, dass sie Stoffe in einer Weise herstellen, in Verkehr bringen und verwenden, die die menschliche Gesundheit oder die Umwelt nicht nachteilig beeinflusst.

5.

Art. 3 enthält folgende Begriffsbestimmungen:

„1.

Stoff: chemisches Element und seine Verbindungen in natürlicher Form oder gewonnen durch ein Herstellungsverfahren, einschließlich der zur Wahrung seiner Stabilität notwendigen Zusatzstoffe und der durch das angewandte Verfahren bedingten Verunreinigungen, aber mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können;

2.

Gemisch: Gemenge, Gemische oder Lösungen, die aus zwei oder mehr Stoffen bestehen;

3.

Erzeugnis: Gegenstand, der bei der Herstellung eine spezifische Form, Oberfläche oder Gestalt erhält, die in größerem Maße als die chemische Zusammensetzung seine Funktion bestimmt;

13.

Nachgeschalteter Anwender: natürliche oder juristische Person mit Sitz in der Gemeinschaft, die im Rahmen ihrer industriellen oder gewerblichen Tätigkeit einen Stoff als solchen oder in einem Gemisch verwendet, mit Ausnahme des Herstellers oder Importeurs. Händler oder Verbraucher sind keine nachgeschalteten Anwender. …

37.

Expositionsszenarium: Zusammenstellung von Bedingungen einschließlich der Verwendungsbedingungen und Risikomanagementmaßnahmen, mit denen dargestellt wird, wie der Stoff hergestellt oder während seines Lebenszyklus verwendet wird und wie der Hersteller oder Importeur die Exposition von Mensch und Umwelt beherrscht oder den nachgeschalteten Anwendern zu beherrschen empfiehlt. Diese Expositionsszenarien können ein spezifisches Verfahren oder eine spezifische Verwendung oder gegebenenfalls verschiedene Verfahren oder Verwendungen abdecken;

…“

6.

Art. 5 („Ohne Daten kein Markt“) in Titel II („Registrierung von Stoffen“) bestimmt: „Vorbehaltlich der Artikel 6, 7, 21 und 23 dürfen Stoffe als solche, in Gemischen oder in Erzeugnissen nur dann in der Gemeinschaft hergestellt oder in Verkehr gebracht werden, wenn sie nach den einschlägigen Bestimmungen dieses Titels, soweit vorgeschrieben, registriert wurden.“

7.

Nach Art. 6 Abs. 1 hat ein Hersteller oder Importeur, der einen Stoff als solchen oder in einem oder mehreren Gemisch(en) in einer Menge von mindestens 1 Tonne pro Jahr herstellt oder einführt, bei der Agentur ein Registrierungsdossier einzureichen, soweit in der REACH-Verordnung nichts anderes bestimmt ist. Ebenso muss nach Art. 7 Abs. 1 der Produzent oder Importeur von Erzeugnissen für die in diesen Erzeugnissen enthaltenen Stoffe bei der Agentur ein Registrierungsdossier einreichen, wenn der Stoff in diesen Erzeugnissen in einer Menge von insgesamt mehr als 1 Tonne pro Jahr und pro Produzent oder Importeur enthalten ist und unter normalen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Verwendungsbedingungen freigesetzt werden soll.

8.

Nach Art. 10 Buchst. a ist einem solchen Registrierungsdossier ein technisches Dossier beizufügen, das insbesondere die Identität des Herstellers/der Hersteller oder des Importeurs/der Importeure, die Identität des Stoffes, Informationen zu Herstellung und Verwendung(en) des Stoffes (die alle identifizierten Verwendungen des Registranten umfassen), die Einstufung und Kennzeichnung des Stoffes und Leitlinien für die sichere Verwendung des Stoffes enthält; detaillierte Anforderungen an die Informationen, die das technische Dossier enthalten muss, sind in den Anhängen VI bis XI der REACH-Verordnung geregelt. Nach Art. 10 Buchst. b ist der Anmeldung bei der Agentur ferner ein Stoffsicherheitsbericht beizufügen.

9.

Nach Art. 37 Abs. 4 Unterabs. 1 muss der nachgeschaltete Anwender eines Stoffes als solchem oder in einem Gemisch für jede Verwendung, die von den Bedingungen gemäß der Beschreibung in einem Expositionsszenarium oder gegebenenfalls in einer Verwendungs- und Expositionskategorie, das/die ihm in einem Sicherheitsdatenblatt übermittelt wurde, abweicht, oder für jede Verwendung, von der sein Lieferant abrät, einen Stoffsicherheitsbericht erstellen. In diesem Fall hat er gemäß Art. 38 Abs. 1 und 2 vor dem Beginn oder der Fortsetzung einer bestimmten Verwendung eines Stoffes, den ein vorgeschalteter Lieferant nach Art. 6 hat registrieren lassen, der Agentur Informationen u. a. bezüglich seiner Identität und Kontaktangaben, der Registrierungsnummer des Stoffes/der Stoffe (falls verfügbar), der Identität des Stoffes/der Stoffe, der Identität des Herstellers/der Hersteller oder des Importeurs/der Importeure oder sonstiger Lieferanten sowie kurze allgemeine Angaben zu der Verwendung/den Verwendungen und zu den Verwendungsbedingungen mitzuteilen.

10.

Nach Art. 56 Abs. 1 ist das Inverkehrbringen von in Anhang XIV aufgeführten Stoffen grundsätzlich von einer Zulassung der Kommission abhängig. Art. 56 Abs. 2 bestimmt im Wesentlichen, dass ein nachgeschalteter Anwender einen zulassungspflichtigen Stoff verwenden darf, ohne eine weitere Zulassung zu beantragen, sofern diese Verwendung den Bedingungen entspricht, nach denen einem vorgeschalteten Lieferanten eine Zulassung für diese Verwendung erteilt wurde. Art. 57 führt die Kategorien von Stoffen auf, die in Anhang XIV aufgenommen werden können. In diese Kategorien fallen u. a. Stoffe, die die Kriterien für die Einstufung als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend erfüllen ( 4 ). Art. 59 regelt das Verfahren für die Festlegung einer Liste der für eine Aufnahme in die Liste in Anhang XIV in Frage kommenden Stoffe. Gemäß Art. 59 Abs. 3 kann jeder Mitgliedstaat ein Dossier nach Anhang XV für Stoffe ausarbeiten, die seiner Auffassung nach die Kriterien des Art. 57 erfüllen, und es der Agentur übermitteln ( 5 ).

11.

Nach Art. 67 Abs. 1 darf ein Stoff als solcher, in einem Gemisch oder in einem Erzeugnis, für den eine Beschränkung nach Anhang XVII gilt, grundsätzlich nur hergestellt, in Verkehr gebracht oder verwendet werden, wenn die Maßgaben dieser Beschränkung beachtet werden. Art. 68 Abs. 1 bestimmt: „Bringt die Herstellung, die Verwendung oder das Inverkehrbringen von Stoffen ein unannehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt mit sich, das gemeinschaftsweit behandelt werden muss, so wird Anhang XVII … geändert, indem … neue Beschränkungen … erlassen oder geltende Beschränkungen geändert werden. …“ Nach Art. 69 Abs. 4 muss ein Mitgliedstaat in dem Fall, dass nach seiner Auffassung die Herstellung, das Inverkehrbringen oder die Verwendung eines Stoffes als solchem, in einem Gemisch oder in einem Erzeugnis ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt mit sich bringt, das nicht angemessen beherrscht wird und gemeinschaftsweit behandelt werden muss, zur Einleitung des Beschränkungsverfahrens der Agentur ein den Anforderungen des Anhangs XV entsprechendes Dossier vorlegen.

12.

Nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e besteht die Agentur u. a. aus einem Ausschuss der Mitgliedstaaten, der für die Klärung von möglichen Meinungsverschiedenheiten zu Entscheidungsentwürfen, die von der Agentur oder von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen werden, sowie zu Vorschlägen zur Ermittlung von besonders besorgniserregenden Stoffen zuständig ist.

13.

Nach Art. 125 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, „ein System amtlicher Kontrollen und anderer im Einzelfall zweckdienlicher Tätigkeiten [zu unterhalten]“. Nach Art. 117 in Verbindung mit Art. 127 müssen die Mitgliedstaaten der Kommission alle fünf Jahre einen Bericht über die Anwendung der REACH-Verordnung in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet vorlegen, der u. a. Abschnitte über die Bewertung und Durchsetzung enthält, die die Ergebnisse der im vorangegangenen Berichtszeitraum erfolgten amtlichen Inspektionen umfassen.

14.

Art. 128 lautet:

„(1)   Vorbehaltlich des Absatzes 2 dürfen die Mitgliedstaaten die Herstellung, die Einfuhr, das Inverkehrbringen oder die Verwendung eines unter diese Verordnung fallenden Stoffes als solchem, in einem Gemisch oder in einem Erzeugnis, der dieser Verordnung und gegebenenfalls gemeinschaftlichen Rechtsakten zur Durchführung dieser Verordnung entspricht, nicht untersagen, beschränken oder behindern.

(2)   Diese Verordnung steht der Möglichkeit nicht entgegen, dass die Mitgliedstaaten innerstaatliche Vorschriften für den Schutz der Arbeitnehmer, der menschlichen Gesundheit und der Umwelt in Fällen beibehalten oder einführen, in denen die Anforderungen an die Herstellung, das Inverkehrbringen oder die Verwendung mit dieser Verordnung nicht harmonisiert werden.“

Schwedisches Recht

15.

Nach Kapitel 14 § 12 des Umweltgesetzbuchs (Miljöbalken) müssen chemische Produkte, die gewerbsmäßig in Schweden hergestellt oder nach Schweden eingeführt werden, in ein von der zuständigen nationalen Behörde geführtes Verzeichnis (im Folgenden: schwedisches Produktverzeichnis) eingetragen werden. Nach Kapitel 14 § 2 Abs. 1 des Umweltgesetzbuchs sind chemische Produkte definiert als chemische Stoffe oder Mischungen chemischer Stoffe, bei denen es sich nicht um Erzeugnisse handelt.

16.

Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Pflicht der Anmeldung zur Registrierung nach Kapitel 14 § 12 verstößt, macht sich nach Kapitel 29 § 5 Abs. 5 des Umweltgesetzbuchs der Behinderung von Umweltkontrollen schuldig und wird mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.

17.

Die Regierung hat zur Durchführung von Kapitel 14 § 12 des Umweltgesetzbuchs die Verordnung über chemische Produkte und biotechnische Organismen (Förordningen om kemiska produkter och biotekniska organismer, im Folgenden: Verordnung) erlassen. Im Wesentlichen verpflichtet die Verordnung den Hersteller oder Importeur, der gewerbsmäßig mindestens 100 kg chemische Produkte pro Jahr in Schweden herstellt oder in diesen Mitgliedstaat einführt, zur Anmeldung dieser Herstellung oder Einfuhr bei der Aufsichtsbehörde für Chemikalien (Kemikalieinspektionen) ( 6 ).

18.

Nach Kapitel 3 § 4 der Vorschriften über chemische Produkte und biotechnische Organismen (Föreskrifter om kemiska produkter och biotekniska organismer) der Aufsichtsbehörde für Chemikalien (im Folgenden: Vorschriften der Aufsichtsbehörde für Chemikalien) muss die Anmeldung insbesondere folgende Angaben enthalten: (i) Name, Anschrift und Telefonnummer des Anmeldepflichtigen, (ii) Name und gegebenenfalls gebräuchliche Bezeichnung des Produkts, (iii) seine statistische Nummer, (iv) die Angabe, ob der Anmeldepflichtige Hersteller ist oder ob es sich um eine Einfuhr aus dem Binnenmarkt oder aus einem Drittland handelt, (v) die Angabe, ob das Produkt einen neuen Handelsnamen, einen neuen Warennamen oder eine neue Warenbezeichnung erhält, (vi) die Angabe, ob das Produkt dazu bestimmt ist, Verbrauchern zum persönlichen Gebrauch zur Verfügung zu stehen, (vii) die wesentliche Verwendung des Produkts oder, soweit es bei der Herstellung als Bestandteil und als Roherzeugnis verwendet wird, die geschätzte prozentuale Aufteilung der Verwendung auf höchstens drei verschiedene Wirtschaftszweige, (viii) bei Produkten, die der Anmeldepflichtige ausführt, die Angabe des ungefähren prozentualen Anteils der Ausfuhren, (ix) die Funktion des Produkts, (x) Name des Stoffes und die Konzentration aller enthaltenen Bestandteile, die insbesondere als krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend oder allergieerzeugend eingestuft sind, (xi) bei bestimmten Farben, Lacken oder Produkten der Fahrzeugreparaturlackierung die Angabe der Unterkategorie dieser Stoffe sowie der Konzentration der flüchtigen organischen Verbindungen, die diese Produkte in gebrauchsfertiger Form enthalten, in Gramm pro Liter, und (xii) die Angabe, bei welchen der im Produkt enthaltenen Stoffe es sich um Konservierungsmittel handelt, und ihrer jeweiligen Konzentration.

19.

Nach den Vorschriften der Aufsichtsbehörde für Chemikalien sind Name, Anschrift und Telefonnummer des Anmeldepflichtigen so bald wie möglich und spätestens dann mitzuteilen, wenn die Tätigkeit aufgenommen wird. Die übrigen Angaben sind der Aufsichtsbehörde für Chemikalien bis zum 28. Februar des auf die Entstehung der Anmeldepflicht für das Produkt folgenden Kalenderjahrs mitzuteilen.

Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

20.

Das Hovrätt över Skåne och Blekinge (Berufungsgericht von Schonen und Blekinge, im Folgenden: Hovrätt) befand am 24. April 2013 Herrn Anders Rantén der Behinderung von Umweltkontrollen nach Kapitel 29 § 5 Abs. 5 des Umweltgesetzbuchs für schuldig. Herr Rantén hatte der Aufsichtsbehörde für Chemikalien nicht bis zum 28. Februar 2010 gemeldet, dass die Canadian Oil Company Sweden AB (im Folgenden: Canadian Oil) im Jahr 2009 392 t chemische Produkte nach Schweden eingeführt hatte ( 7 ). Da Herr Rantén für diese Einfuhr verantwortlich war, verhängte das Hovrätt gegen ihn eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 100 SEK ( 8 ). Außerdem verhängte es eine Geldstrafe von 200000 SEK gegen das Unternehmen Canadian Oil ( 9 ).

21.

Im Ausgangsverfahren ist unstreitig, dass Canadian Oil diese Chemikalien unter Einhaltung der Registrierungserfordernisse nach der REACH-Verordnung nach Schweden eingeführt hat.

22.

Herr Rantén und Canadian Oil haben gegen die Entscheidung des Hovrätt Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht eingelegt, welches das Verfahren ausgesetzt und um eine Vorabentscheidung über folgende Fragen ersucht hat:

1.

Verstößt es gegen die REACH-Verordnung, dass derjenige, der gewerbsmäßig nach der REACH-Verordnung registrierungspflichtige chemische Produkte nach Schweden einführt, dies aufgrund schwedischer Vorschriften bei der Aufsichtsbehörde für Chemikalien zur Registrierung im schwedischen Produktverzeichnis anmelden muss?

2.

Falls Frage 1 verneint wird: Verstößt die schwedische Anmeldepflicht unter Berücksichtigung der Ausnahme nach Art. 36 AEUV gegen Art. 34 AEUV?

23.

Die Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens haben sehr knappe schriftliche Erklärungen eingereicht, in denen sie im Wesentlichen auf ihr gesamtes Vorbringen vor dem vorlegenden Gericht verweisen. Schriftliche Erklärungen haben ferner die dänische, die finnische, die norwegische und die schwedische Regierung sowie die Europäische Kommission eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2015 haben die Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens, die norwegische und die schwedische Regierung sowie die Kommission mündlich Stellung genommen.

Würdigung

Vorbemerkungen

24.

Dem Ausgangsverfahren ist zu entnehmen, dass die dort streitige innerstaatliche Anmelde- und Registrierungspflicht und die Anmelde- und Registrierungspflicht nach der REACH-Verordnung sich in gewissem Maße überschneiden ( 10 ). Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die letztere Verpflichtung den Mitgliedstaaten Raum dafür lässt, eine zusätzliche Anmeldung und Registrierung chemischer Produkte zu verlangen.

25.

Diese Frage stellt auf die Einfuhr chemischer Produkte nach Schweden ab. Sie stellt sich jedoch in gleicher Weise für die Herstellung chemischer Produkte in diesem Mitgliedstaat. Dem im Ausgangsverfahren streitigen zusätzlichen Anmelde- und Registrierungserfordernis unterliegen sowohl die Einfuhr als auch die Herstellung ( 11 ). Demzufolge wären meine Überlegungen zu Frage 1 auf die Herstellung chemischer Produkte übertragbar. Dagegen betrifft Frage 2 konkret die Beschränkung, die die Pflicht der Anmeldung chemischer Produkte zur Registrierung im schwedischen Produktverzeichnis für den freien Warenverkehr insoweit darstellen kann, als sie für chemische Produkte gilt, die aus anderen Mitgliedstaaten nach Schweden eingeführt werden.

26.

Weiterhin ist unstreitig, dass die gegen Herrn Rantén und Canadian Oil verhängten Geldstrafen im Ausgangsverfahren nur aufrechterhalten werden können, wenn die streitige Anmelde- und Registrierungspflicht mit der REACH-Verordnung und mit den Art. 34 AEUV und 36 AEUV vereinbar ist.

27.

In der mündlichen Verhandlung haben die Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens einige Zeit auf die Abgaben verwendet, die Schweden offenbar auf Herstellung und Einfuhr chemischer Produkte erhebt. Sie haben im Wesentlichen vorgetragen, dass diese Abgaben, die auf Basis der im schwedischen Produktverzeichnis registrierten Mengen berechnet würden, mit den tatsächlichen Kosten, die den schwedischen Behörden durch die Überwachung chemischer Produkte entständen, in keinem Zusammenhang ständen und den freien Verkehr im Binnenmarkt insoweit behinderten, als sie auf die Einfuhr chemischer Produkte nach Schweden erhoben würden. Canadian Oil hat zusätzlich vorgetragen, dass diese Abgaben eine schwere Belastung für kleine und mittlere Unternehmen darstellten und somit mit dem im achten Erwägungsgrund der REACH-Verordnung festgehaltenen Ziel unvereinbar seien ( 12 ).

28.

Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft jedoch ausschließlich die Frage, ob ein Mitgliedstaat durch das Unionsrecht gehindert ist, Importeure, die gewerbsmäßig chemische Produkte in diesen Mitgliedstaat einführen, zu deren Anmeldung bei einer nationalen Behörde zur Registrierung in ein Chemieprodukte-Verzeichnis zu verpflichten. Das vorlegende Gericht ersucht nicht um Klärung der Frage, ob Abgaben, die auf nach Schweden eingeführte chemische Produkte erhoben werden, mit dem Unionsrecht vereinbar sind ( 13 ).

29.

Schließlich wird die Antwort des Gerichtshofs auf die Vorlagefragen in Dänemark, Finnland und Norwegen ( 14 ) von besonderer Bedeutung sein, wo es dem schwedischen Produktverzeichnis ähnliche Chemieprodukte-Verzeichnisse gibt und diese Informationen über die SPIN-Datenbank (Substances in Preparations in the Nordic Countries) ausgetauscht werden ( 15 ).

Hindert die REACH-Verordnung einen Mitgliedstaat daran, für in sein Hoheitsgebiet eingeführte chemische Produkte eine Anmeldung zur Registrierung in einem Chemieprodukte-Verzeichnis zu verlangen, obwohl für diese Produkte bereits ein Anmelde- und Registrierungserfordernis nach dieser Verordnung gilt (Frage 1)?

30.

Frage 1 betrifft im Wesentlichen die Auslegung von Art. 128 der REACH-Verordnung. Art. 128 Abs. 1 hindert die Mitgliedstaaten grundsätzlich daran, den Verkehr von unter diese Verordnung fallenden und ihr entsprechenden Stoffen zu untersagen, zu beschränken oder zu behindern. Das bedeutet insbesondere, dass dem Anmelde- und Registrierungserfordernis nach der REACH-Verordnung unterliegende Stoffe (wie die 392 t chemische Stoffe, die im Ausgangsverfahren nach Schweden eingeführt wurden) nach der Registrierung im EU-Verzeichnis grundsätzlich im Binnenmarkt frei verkehren können ( 16 ).

31.

Nach dem einleitenden Satz des Art. 128 Abs. 1 gilt diese Regelung jedoch „[v]orbehaltlich des Absatzes 2“. Nach dieser letzteren Bestimmung steht es den Mitgliedstaaten frei, innerstaatliche Vorschriften für den Schutz der Arbeitnehmer, der menschlichen Gesundheit und der Umwelt in Fällen beizubehalten oder einzuführen, in denen die Anforderungen an die Herstellung, das Inverkehrbringen oder die Verwendung von chemischen Stoffen mit dieser Verordnung nicht harmonisiert werden.

32.

Art. 128 Abs. 2 war im ursprünglichen Vorschlag der Kommission nicht enthalten ( 17 ). Bei der Aussprache im Rat wurde jedoch „darauf hingewiesen …, wie wichtig es ist, an den nationalen Kapazitäten festzuhalten, um den Herausforderungen zu begegnen und weiterhin in der Lage zu sein, die Bewertung der Stoffe vorzunehmen, die eine Gefahr für die Gesundheit und/oder die Umwelt darstellen könnten“ ( 18 ). Im Rat unterstützte daher eine Mehrheit die Aufnahme dieser zusätzlichen Bestimmung ( 19 ); dies belegt, dass die REACH-Verordnung die Anforderungen an die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung nur in bestimmten Fällen harmonisiert ( 20 ).

33.

Art. 128 Abs. 2 enthält in der Tat zwei Voraussetzungen. Erstens ist die Flexibilität, die er den Mitgliedstaaten gewährt, auf Fälle beschränkt, in denen die REACH-Verordnung die Anforderungen an die Herstellung, das Inverkehrbringen oder die Verwendung chemischer Stoffe nicht harmonisiert ( 21 ). Zweitens müssen die auf dieser Grundlage erlassenen innerstaatlichen Maßnahmen dem Schutz der Arbeitnehmer, der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt dienen.

34.

Das im Ausgangsverfahren streitige innerstaatliche Anmelde- und Registrierungserfordernis dient letztlich dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt ( 22 ). Es kommt hier also darauf an, ob mit den Bestimmungen der REACH-Verordnung, die die Anmeldung und Registrierung chemischer Stoffe vorschreiben, ein Maß an Harmonisierung verbunden ist, das einem innerstaatlichen Erfordernis dieser Art entgegensteht.

35.

Wie der Gerichtshof kürzlich festgestellt hat, führt die REACH-Verordnung ein integriertes System zur Kontrolle chemischer Stoffe ein, das ihre Registrierung, Bewertung und Zulassung sowie gegebenenfalls Beschränkungen ihrer Verwendung umfasst ( 23 ). Die Kernprinzipien zur Regelung dieser Aspekte wurden von der Kommission in der Einleitung zu ihrem Vorschlag dargestellt; das REACH-System umfasst demnach: erstens die Registrierung (für die die Industrie zweckdienliche Daten über Stoffe erlangen und diese Daten für einen sicheren Umgang mit diesen Stoffen verwenden muss), sodann die Bewertung (in deren Rahmen überprüft wird, ob die Industrie ihren Verpflichtungen nachkommt) und die Zulassung bei besonders besorgniserregenden Stoffen (sofern die Risiken der Verwendung angemessen gehandhabt werden oder die sozioökonomischen Vorteile diese Risiken überwiegen, wenn es keine alternativen Stoffe oder Technologien gibt) und schließlich ein Beschränkungsverfahren (das ein „Sicherheitsnetz“ darstellt, das Risiken auffangen soll, die nicht im Rahmen eines anderen REACH-Elements angemessen behandelt wurden) ( 24 ).

36.

Die REACH-Verordnung weist im Einklang mit diesen Grundsätzen der Industrie die Aufgabe der Prüfung der chemischen Stoffe zu. Dazu sieht sie verschiedene Informationsmechanismen vor, um entlang der gesamten Lieferkette gefährliche Eigenschaften zu ermitteln und Risiken zu kontrollieren, damit schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt verhindert werden ( 25 ). Hersteller und Importeure sind somit insbesondere verpflichtet, Daten über die von ihnen hergestellten oder eingeführten Stoffe zu gewinnen, diese Daten zur Beurteilung der stoffspezifischen Risiken zu nutzen und geeignete Risikomanagementmaßnahmen zu entwickeln und zu empfehlen ( 26 ). Erst wenn die Hersteller oder Importeure der Agentur diese Informationen zur Registrierung vorgelegt haben, dürfen die betreffenden Stoffe in der Europäischen Union hergestellt oder in Verkehr gebracht werden („Ohne Daten kein Markt“-Grundsatz).

37.

Vor diesem Hintergrund werde ich nun prüfen, ob die REACH-Verordnung unter Berücksichtigung ihrer Ziele und des Maßes der mit ihr erreichten Harmonisierung einem innerstaatlichen Anmelde- und Registrierungserfordernis wie dem im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht.

38.

Im Urteil Lapin luonnonsuojelupiiri ( 27 ) hat der Gerichtshof geklärt, in welchem Umfang die REACH-Verordnung Beschränkungen der Verwendung von Stoffen harmonisiert. Er hat festgestellt, dass „für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung eines Stoffes im Sinne von Art. 67 Abs. 1 der REACH-Verordnung keine anderen Bedingungen festgelegt werden [können] als diejenigen, die in diesem Artikel enthalten sind und die, wie aus Art. 68 Abs. 1 und Art. 69 dieser Verordnung hervorgeht, festgelegt worden sind, weil ‚gemeinschaftsweit gehandelt‘ werden muss“ ( 28 ). Die Festlegung anderer als der in der REACH-Verordnung festgelegten Bedingungen ist daher als mit dem Ziel dieser Verordnung, insbesondere mit ihren Art. 67 und 128, grundsätzlich unvereinbar erachtet worden ( 29 ). Aus meiner Sicht müssen diese Erwägungen folgerichtig auch für die Zulassung von Stoffen gelten. Würden Stoffe, die von der Kommission ordnungsgemäß zugelassen worden sind, einer zusätzlichen Zulassung auf nationaler Ebene unterworfen, würde das mit der REACH-Verordnung eingeführte integrierte Zulassungssystem und in der Folge der Grundsatz des Art. 128 Abs. 1, dass Stoffe, die dieser Verordnung entsprechen, im Binnenmarkt frei verkehren können, eindeutig beeinträchtigt ( 30 ).

39.

Die Erwägungen des Gerichtshofs zu dem Maß der Harmonisierung, die mit der REACH-Verordnung für Beschränkungen (und damit auch Zulassungen) erreicht wurde, sind jedoch meines Erachtens auf den vorliegenden Fall, der das Maß der Harmonisierung für die Registrierung von Stoffen betrifft, nicht übertragbar. Das im Ausgangsverfahren streitige Anmelde- und Registrierungserfordernis ist keine Voraussetzung für das Inverkehrbringen eines chemischen Produkts auf dem schwedischen Markt. Insbesondere aus § 4 der Vorschriften der Aufsichtsbehörde für Chemikalien geht hervor, dass es sich bei diesem Erfordernis vielmehr um eine Formalität handelt, die aus der Herstellung bzw. Einfuhr chemischer Produkte folgt. Ferner ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass ein Verstoß gegen dieses Erfordernis nicht dazu führt, dass das Inverkehrbringen dieser Produkte rechtswidrig wird. Die Folge sind vielmehr Geld- oder Freiheitsstrafen für die Personen, die ihre Anmeldepflicht missachten ( 31 ).

40.

Sodann soll das schwedische Produktverzeichnis einen Überblick über chemische Produkte (d. h. chemische Stoffe und Mischungen chemischer Stoffe, bei denen es sich nicht um Erzeugnisse handelt) ( 32 ), die gewerbsmäßig in Schweden hergestellt oder nach Schweden eingeführt werden, und über ihre Verwendung vermitteln. Dieser Überblick hat mehrere Funktionen ( 33 ). Erstens dient er der Aufsichtsbehörde für Chemikalien und anderen Behörden als Datenbank für die Überwachung chemischer Produkte. Diese Datenbank liefert diesen Behörden vor Inspektionen sachdienliche Informationen über Wirtschaftsteilnehmer und die von ihnen hergestellten oder eingeführten Produkte. Es unterstützt die Behörden somit bei der Auswahl inspektionsbedürftiger Anlagen auf Grundlage einer Risikobewertung. Die schwedische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung als sonstige Behörden, die die Datenbank außer der Aufsichtsbehörde für Chemikalien nutzen, u. a. Giftnotrufzentralen, Feuerwehren (die z. B. Informationen dazu benötigen können, welche Chemikalien an einem Unfallort vorhanden sind), für die Inspektion klassifizierter Anlagen zuständige Stellen sowie örtliche Behörden angeführt. Zweitens dienen die Informationen im schwedischen Produktverzeichnis als Grundlage für die Berechnung von Chemikalienabgaben, die die Überwachung chemischer Produkte finanzieren sollen. Drittens trägt das schwedische Produktverzeichnis zur Erstellung von Statistiken wie amtlichen Statistiken zu Verwendung und Verkauf von Chemikalien bei und ermöglicht Trendanalysen. Schließlich nutzen die zuständigen nationalen Behörden das schwedische Produktverzeichnis bei der Entwicklung der Umweltpolitik – einschließlich der Politik auf Unionsebene – und für Forschungszwecke.

41.

Diese Ziele und die daraus folgende Notwendigkeit eines Überblicks über gewerbsmäßig in Schweden hergestellte oder nach Schweden eingeführte chemische Produkte, einschließlich ihres genauen Standorts in diesem Mitgliedstaat, erklären, warum sich das schwedische Produktverzeichnis und das EU-Verzeichnis in ihrem Umfang und den genauen Angaben, die sie enthalten, erheblich voneinander unterscheiden.

42.

Die Registrierung nach der REACH-Verordnung betrifft die Herstellung oder das Inverkehrbringen von Stoffen in der gesamten Europäischen Union im Einklang mit dem Ziel der Einführung eines integrierten Systems auf Unionsebene ( 34 ). Für diese Registrierung muss die Industrie zweckdienliche Daten über ihre Stoffe erlangen und diese Daten für einen sicheren Umgang mit diesen Stoffen verwenden. Es vermittelt jedoch keinen Überblick über die Herstellung oder das Inverkehrbringen von Stoffen in jedem einzelnen Mitgliedstaat.

43.

Es besteht somit Einigkeit darüber, dass die REACH-Verordnung grundsätzlich keine Registrierung von Stoffen durch nachgeschaltete Anwender vorschreibt ( 35 ). Ein nachgeschalteter Anwender muss der Agentur seine Identität, Kontaktangaben und den Stoff/die Stoffe, die er verwendet, im Wesentlichen nur mitteilen, wenn er eine bestimmte Verwendung eines registrierten Stoffs beabsichtigt, für die noch keine Registrierung vorliegt oder von der der Lieferant abrät ( 36 ). Demzufolge liefert das EU-Verzeichnis, wie die schwedische Regierung und die Kommission zu Recht ausführen, den nationalen Behörden keine systematischen Informationen dazu, wo in der Europäischen Union ein registrierter Stoff von nachgeschalteten Anwendern verwendet wird und in welchen Mengen. Dagegen muss ein nachgeschalteter Anwender, der mindestens 100 kg eines bestimmten chemischen Produkts pro Jahr nach Schweden einführt, diesen bei der Aufsichtsbehörde für Chemikalien anmelden.

44.

Die spezifischen Zwecke des schwedischen Produktverzeichnisses erklären auch, warum die beiden Verzeichnisse im Hinblick auf die Kategorien registrierungspflichtiger chemischer Produkte und die für jedes Produkt verfügbaren Informationen einen unterschiedlichen Geltungsbereich haben. So gilt die Anmelde- und Registrierungspflicht nach dem Umweltgesetzbuch für Hersteller und Importeure chemischer Produkte in Schweden, soweit sie mindestens 100 kg eines chemischen Produkts pro Jahr herstellen oder einführen. Dagegen gilt die Registrierung im EU-Verzeichnis nur für einen Hersteller oder Importeur, der einen Stoff als solchen oder in einem oder mehreren Gemisch(en) in einer Menge von mindestens 1 Tonne pro Jahr herstellt oder einführt ( 37 ). Ferner deckt die im Ausgangsverfahren streitige innerstaatliche Anmelde- und Registrierungspflicht alle chemischen Produkte ab, also auch Mischungen chemischer Stoffe, während nach der REACH-Verordnung nur Stoffe selbst registrierungspflichtig sind (selbst wenn sie in einem Gemisch oder Erzeugnis enthalten sind) ( 38 ). Darüber hinaus betreffen einige der Kategorien von Angaben, die nach den Vorschriften der Aufsichtsbehörde für Chemikalien erforderlich sind, ausschließlich oder im Wesentlichen Mischungen ( 39 ) oder gehen (allgemeiner) über die nach der REACH-Verordnung erforderlichen Angaben hinaus ( 40 ).

45.

Meines Erachtens ist weder dem Wortlaut noch den Zielen der REACH-Verordnung zu entnehmen, dass ein Mitgliedstaat daran gehindert wäre, zur Verfolgung von Zielen wie die oben in Nr. 40 genannten Hersteller und Importeure chemischer Produkte zu verpflichten, einer nationalen Behörde Angaben der Art zu machen, wie sie im schwedischen Produktverzeichnis enthalten sind. Der 44. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung, wonach „alle Registrierungen bei der Agentur eingereicht werden [sollten]“, gilt daher nur innerhalb des Bereichs der Harmonisierung, die mit der REACH-Verordnung erreicht wird.

46.

Im Gegenteil dürfte ein Chemieprodukte-Verzeichnis wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende vielmehr das Ziel der REACH-Verordnung fördern, neben dem freien Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherzustellen.

47.

Erstens kann, wie im Wesentlichen von der finnischen, der norwegischen und der schwedischen Regierung sowie von der Kommission vorgetragen, ein Chemieprodukte-Verzeichnis wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende den zuständigen nationalen Behörden die Überprüfung erleichtern, ob Wirtschaftsteilnehmer ihren Verpflichtungen nach der REACH-Verordnung nachkommen. Es kann beispielsweise genutzt werden, um zu überprüfen, ob ein Hersteller oder Importeur eines Stoffes entweder als solchem oder in einem Gemisch oder ein Produzent oder Importeur von Erzeugnissen, in denen ein Stoff enthalten ist, die Mengenschwellen erreicht, die eine Registrierungspflicht nach Art. 6 oder Art. 7 der REACH-Verordnung auslösen. Es kann auch für die Überprüfung sachdienlich sein, ob ein nachgeschalteter Anwender einen zulassungspflichtigen Stoff den Bedingungen entsprechend verwendet, nach denen einem vorgeschalteten Lieferanten eine Zulassung erteilt wurde ( 41 ). Ein Chemieprodukte-Verzeichnis wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende kann somit Teil des Systems amtlicher Kontrollen sein, das ein Mitgliedstaat nach Art. 125 der REACH-Verordnung einführt, und diesen Mitgliedstaat letztlich dabei unterstützen, seine Berichterstattungspflichten nach den Art. 117 und 127 zu erfüllen.

48.

Zweitens kann ein solches Verzeichnis dem Mitgliedstaat als Grundlage dafür dienen, Änderungen an den Listen der Stoffe vorzuschlagen, die nach der REACH-Verordnung einer Zulassungspflicht oder Beschränkung(en) unterliegen.

49.

Der weite Geltungsbereich des schwedischen Produktverzeichnisses gibt den zuständigen Behörden mehr Raum für die Durchführung von Inspektionen im Bereich der bestimmte Mengen überschreitenden gewerbsmäßigen Herstellung oder Verwendung chemischer Produkte in Schweden. Dies liegt insbesondere daran, dass die streitige Anmelde- und Registrierungspflicht die Herstellung oder Einfuhr sowohl von Mischungen chemischer Stoffe als auch von chemischen Stoffen selbst erfasst und für Hersteller oder Importeure gilt, die mindestens 100 kg eines chemischen Produkts pro Jahr (ein Zehntel des Schwellenwerts nach den Art. 6 und 7 der REACH-Verordnung) herstellen oder einführen. Solche Inspektionen können beispielsweise zu Erkenntnissen führen, aufgrund deren die zuständigen Behörden ein mit der Herstellung, Verwendung oder dem Inverkehrbringen eines Stoffes einhergehendes unannehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, das gemeinschaftsweit behandelt werden muss, als gegeben ansehen ( 42 ). In diesem Fall kann Schweden entweder die Aufnahme einer neuen Beschränkung oder die Änderung einer bestehenden Beschränkung in der Liste in Anhang XVII vorschlagen, indem es der Agentur ein Dossier nach Art. 69 Abs. 4 und Anhang XV der REACH-Verordnung vorlegt ( 43 ). Dies verdeutlicht in der Tat die zentrale Rolle, die der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten nicht nur bei der Durchsetzung der REACH-Verordnung durch jeden Einzelnen, sondern auch beim Informationsaustausch über die Agentur (insbesondere über den nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der REACH-Verordnung eingesetzten Ausschuss der Mitgliedstaaten) im Hinblick darauf zugewiesen hat, bestehende Vorschriften zu beurteilen und, falls erforderlich, eine weitere Harmonisierung vorzuschlagen ( 44 ).

50.

Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass Art. 128 der REACH-Verordnung einen Mitgliedstaat nicht am Erlass von Vorschriften zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit – wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bestimmungen des Umweltgesetzbuchs, der Verordnung und der Vorschriften der Aufsichtsbehörde für Chemikalien – hindert, nach denen derjenige, der gewerbsmäßig eine bestimmte Menge chemischer Produkte pro Jahr in sein Hoheitsgebiet einführt, diese Einfuhr bei einer Behörde zur Registrierung in einem Chemieprodukte-Verzeichnis anmelden muss.

Stehen die Art. 34 AEUV und 36 AEUV einem Anmelde- und Registrierungserfordernis wie dem im Ausgangsverfahren streitigen entgegen (Frage 2)?

51.

Da die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden innerstaatlichen Vorschriften nicht in den Bereich der mit der REACH-Verordnung erreichten Harmonisierung fallen, ist Frage 2 zu erörtern, die den freien Warenverkehr betrifft ( 45 ). Ist das Anmelde- und Registrierungserfordernis nach Kapitel 14 § 12 des Umweltgesetzbuchs, wie es in der Verordnung und den Vorschriften der Aufsichtsbehörde für Chemikalien umgesetzt ist, insoweit eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV, als es für chemische Produkte aus anderen Mitgliedstaaten gilt? Wenn ja, ist es durch das Ziel des Schutzes der Umwelt und der menschlichen Gesundheit gerechtfertigt?

52.

Alle Maßnahmen eines Mitgliedstaats, die geeignet sind, den Handel innerhalb der Europäischen Union unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern, sind als Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen im Sinne von Art. 34 AEUV anzusehen ( 46 ). Insbesondere Einfuhrformalitäten können den Handel im Binnenmarkt behindern und den Marktzugang von Waren erschweren, die in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig hergestellt und vertrieben werden ( 47 ).

53.

Auch wenn das im Ausgangsverfahren streitige Anmelde- und Registrierungserfordernis keine Voraussetzung für das Inverkehrbringen eines chemischen Produkts auf dem schwedischen Markt ist ( 48 ), können sein verpflichtender Charakter, die Ausführlichkeit der Informationen, die der Registrant der Aufsichtsbehörde für Chemikalien vorzulegen hat, und die Verhängung von Strafen bei Verstößen sämtlich beschränkende Wirkungen auf den freien Verkehr chemischer Produkte haben, die aus anderen Mitgliedstaaten nach Schweden eingeführt werden ( 49 ).

54.

Die schwedische Regierung bringt vor, dass diese Beschränkung durch das mit den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden innerstaatlichen Vorschriften verfolgte Ziel des Schutzes der Umwelt und der menschlichen Gesundheit gerechtfertigt sei ( 50 ).

55.

Nach Art. 36 AEUV steht Art. 34 AEUV Einfuhrverboten oder ‑beschränkungen nicht entgegen, die u. a. zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt sind und in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Zielen stehen. Ferner können nach ständiger Rechtsprechung bestimmte „zwingende Erfordernisse“ wie der Umweltschutz nationale Maßnahmen rechtfertigen, die geeignet sind, den Handel im Binnenmarkt zu behindern, und die nicht unter die Ausnahme des Art. 36 AEUV fallen, sofern diese Maßnahmen unterschiedslos auf inländische und auf aus anderen Mitgliedstaaten stammende Waren anwendbar sind ( 51 ) und in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen ( 52 ). Das bedeutet, dass die nationalen Maßnahmen geeignet sein müssen, die Verwirklichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen dürfen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist ( 53 ).

56.

Im vorliegenden Fall zielt das fragliche nationale Erfordernis u. a. auf den Umweltschutz und gilt sowohl für die Einfuhr als auch für die Herstellung chemischer Produkte. Es unterscheidet daher nicht zwischen inländischen und eingeführten Waren.

57.

Da der Schutz der Umwelt zum einen und der Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit zum anderen eng miteinander verbundene Ziele sind, ist es angebracht, sie zusammen zu prüfen ( 54 ).

58.

Was den ersten Teil der Verhältnismäßigkeitsprüfung angeht, ist eindeutig, dass das schwedische Produktverzeichnis geeignet ist, die Verwirklichung der meisten oben in Nr. 40 genannten Ziele zu gewährleisten. Erstens liefert dieses Verzeichnis den zuständigen Behörden sachdienliche Informationen für die Feststellung, wo auf Grundlage einer Risikobeurteilung Inspektionen durchzuführen sind. Es dürfte daher die Aufsicht über die gewerbsmäßige Herstellung und Verwendung chemischer Produkte in Schweden erleichtern. Zu dieser Aufsicht gehört, dass sichergestellt wird, dass Wirtschaftsteilnehmer in Übereinstimmung mit ihren Verpflichtungen nach der REACH-Verordnung handeln ( 55 ). Ferner werden mit der im schwedischen Produktverzeichnis enthaltenen Datenbank Statistiken zu Verwendung und Verkauf von Chemikalien erstellt und Trendanalysen ermöglicht – z. B. zu Kategorien und Mengen gefährlicher Stoffe, die von der schwedischen Industrie verwendet werden, oder zum Anteil nach Schweden eingeführter im Verhältnis zum Anteil dort hergestellter derartiger Produkte. Schließlich ist unstreitig, dass das schwedische Produktverzeichnis (und wohl auch die Statistiken und Trendanalysen, die es ermöglicht) den zuständigen nationalen Behörden sachdienliche Informationen zur Bestimmung der Umweltpolitik liefern können.

59.

Dagegen bin ich nicht davon überzeugt, dass das schwedische Produktverzeichnis ein geeignetes Instrument ist, um eine schnelle und sachgerechte Reaktion auf Unfälle wie Vergiftungen oder Brände in Anlagen, in denen chemische Produkte gelagert oder verarbeitet werden, zu erleichtern. Die meisten Angaben zu chemischen Produkten müssen der Aufsichtsbehörde für Chemikalien nicht sofort nach der Einfuhr mitgeteilt werden. Diese Angaben sind erst bis zum 28. Februar des auf die Entstehung der Anmeldepflicht folgenden Kalenderjahrs mitzuteilen. Es besteht daher durchaus die Möglichkeit, dass die zuständigen schwedischen Behörden die Informationen nicht haben, die erforderlich sind, um auf einen Unfall mit chemischen Produkten angemessen zu reagieren. Die Informationen können (ganz rechtmäßig) noch nicht gemeldet worden sein ( 56 ).

60.

Was den zweiten Teil der Verhältnismäßigkeitsprüfung betrifft, geht das im Ausgangsverfahren streitige Anmelde- und Registrierungserfordernis meines Erachtens nicht über das hinaus, was zur Erreichung der oben in Nr. 58 genannten Ziele erforderlich ist.

61.

Erstens dürften die Wirkungen dieses Erfordernisses auf den Handel im Binnenmarkt begrenzt sein ( 57 ). Es steht einem Inverkehrbringen chemischer Produkte aus anderen Mitgliedstaaten auf dem schwedischen Markt nicht entgegen ( 58 ).

62.

Zweitens bin ich mit der dänischen und der schwedischen Regierung der Ansicht, dass nur der Gesamtüberblick über chemische Produkte in Schweden, den das schwedische Produktverzeichnis bietet, geeignet ist, die verschiedenen, oben in Nr. 40 beschriebenen Funktionen (in den in Nr. 58 angeführten Grenzen) zu erfüllen und damit das Niveau des Schutzes der Umwelt sowie des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit zu erreichen, das Schweden gewährleisten will. Das nach der REACH-Verordnung geführte EU-Verzeichnis vermittelt diesen Überblick nicht ( 59 ).

Ergebnis

63.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, in Beantwortung der vom Högsta domstol (Oberster Gerichtshof, Schweden) vorgelegten Fragen wie folgt zu entscheiden:

Bei richtiger Auslegung hindern weder Art. 128 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) noch Art. 34 AEUV oder Art. 36 AEUV einen Mitgliedstaat am Erlass von Vorschriften zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit – wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften –, nach denen derjenige, der gewerbsmäßig eine bestimmte Menge chemischer Produkte pro Jahr in sein Hoheitsgebiet einführt, diese Einfuhr bei einer Behörde zur Registrierung in einem Chemieprodukte-Verzeichnis anmelden muss.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396, S. 1). Für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgebend ist die REACH-Verordnung in ihrer zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 552/2009 der Kommission vom 22. Juni 2009 (ABl. L 164, S. 7) geänderten Fassung.

( 3 ) Im Folgenden: Agentur.

( 4 ) Diese Einstufung ist in der Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (ABl. Nr. 196, S. 1) geregelt.

( 5 ) In Anhang XV ist geregelt, dass ein solcher Vorschlag insbesondere die Identität des betroffenen Stoffes/der betroffenen Stoffe, verfügbare Informationen über Verwendung und Exposition sowie Informationen über Alternativstoffe oder ‑technologien enthalten muss.

( 6 ) Der Vorlagebeschluss erwähnt diese Regelung nur in Bezug auf die Einfuhr chemischer Produkte nach Schweden. Aus den schriftlichen Erklärungen Schwedens und der Kommission geht jedoch hervor, dass sie auch für die Herstellung chemischer Produkte gilt.

( 7 ) Aus den beim Gerichtshof eingereichten Akten des nationalen Gerichts geht hervor, dass Canadian Oil chemische Produkte aus anderen Mitgliedstaaten der Union einführt.

( 8 ) Dies entspricht zu dem bei Abfassung dieser Schlussanträge geltenden Wechselkurs einer Gesamtsumme von etwa 640 Euro.

( 9 ) Dies entspricht zu dem bei Abfassung dieser Schlussanträge geltenden Wechselkurs etwa 21300 Euro.

( 10 ) Zu einem ausführlicheren Vergleich des Umfangs der jeweiligen Verpflichtungen siehe unten, Nrn. 41 bis 44.

( 11 ) Kapitel 14 § 12 des Umweltgesetzbuchs.

( 12 ) Nach diesem Erwägungsgrund „[sollten] [d]ie möglichen Auswirkungen dieser Verordnung auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und die Notwendigkeit, jegliche Diskriminierung dieser Unternehmen zu vermeiden, … besondere Berücksichtigung finden“.

( 13 ) Dies erklärt, warum das vorlegende Gericht keine Angaben zur Rechtsgrundlage dieser Abgaben, zu ihrer Höhe oder zu den Modalitäten ihrer Berechnung macht. Es nimmt lediglich auf die Feststellungen des Hovrätt Bezug, wonach das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Produktverzeichnis u. a. als Grundlage für die Abrechnung von Chemikalienabgaben diene, die die Aufsichtstätigkeit finanzierten (Rn. 25 des Vorlagebeschlusses).

( 14 ) Die REACH-Verordnung gilt in Norwegen aufgrund des Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 25/2008 vom 14. März 2008 zur Änderung von Anhang II (Technische Vorschriften, Normen, Prüfung und Zertifizierung) des EWR-Abkommens (ABl. L 182, S. 11).

( 15 ) Die Datenbank ist unter der folgenden Adresse online zugänglich: http://195.215.202.233/DotNetNuke/default.aspx

( 16 ) 19. Erwägungsgrund. Es können zusätzliche Voraussetzungen zu erfüllen sein, bevor ein Stoff im Binnenmarkt frei verkehren kann (vgl. insbesondere Art. 56 Abs. 1 und Art. 67 Abs. 1 der REACH-Verordnung).

( 17 ) Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (Reach), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe sowie zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und der Verordnung (EG) über persistente organische Schadstoffe, KOM(2003) 644 endgültig. Art. 125 des Vorschlags enthielt lediglich den wesentlichen Inhalt des späteren Art. 128 Abs. 1 der REACH-Verordnung.

( 18 ) Mitteilung an die Presse über die 2665. Tagung des Rates Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie und Forschung) in Luxemburg am 6. und 7. Juni 2005, C/05/133, S. 9.

( 19 ) Gemeinsame Leitlinien des Generalsekretariats des Rates zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung eines Europäischen Amtes für chemische Stoffe sowie zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und der Verordnung (EG) über persistente organische Schadstoffe und zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates im Hinblick auf ihre Anpassung an die Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, Ratsdokument 15472/05, 8. Dezember 2005, S. 6.

( 20 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Lapin luonnonsuojelupiiri (C‑358/11, EU:C:2013:142, Rn. 33).

( 21 ) Dagegen sind die Mitgliedstaaten zum Erlass von Schutzmaßnahmen, die von den harmonisierten Regelungen abweichen, nur unter den strengen Verfahrens- und materiellen Voraussetzungen nach Art. 129 der REACH-Verordnung befugt.

( 22 ) Zu diesen Zielen siehe ferner unten, Nr. 40.

( 23 ) Urteil FCD und FMB (C‑106/14, EU:C:2015:576, Rn. 32).

( 24 ) Urteil FCD und FMB (C‑106/14, EU:C:2015:576, Rn. 32).

( 25 ) Urteil FCD und FMB (C‑106/14, EU:C:2015:576, Rn. 33).

( 26 ) 19. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung.

( 27 ) C‑358/11, EU:C:2013:142.

( 28 ) Urteil Lapin luonnonsuojelupiiri (C‑358/11, EU:C:2013:142, Rn. 35).

( 29 ) Urteil Lapin luonnonsuojelupiiri (C‑358/11, EU:C:2013:142, Rn. 37 und 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 30 ) Eine solche zusätzliche Zulassung könnte nur im Rahmen der Schutzklausel in Art. 129 der REACH-Verordnung zugelassen werden.

( 31 ) Siehe oben, Nr. 16.

( 32 ) Kapitel 14 § 2 Abs. 1 des Umweltgesetzes.

( 33 ) Die Stellungnahmen der schwedischen Regierung und der Kommission entsprechen in diesem Punkt der Zusammenfassung der Feststellungen des Hovrätt im Vorlagebeschluss, die das vorlegende Gericht nicht in Frage stellt.

( 34 ) Siehe oben, Nr. 35.

( 35 ) Es sei denn, der nachgeschaltete Anwender ist außerdem Produzent von Erzeugnissen, in denen ein Stoff enthalten ist, der nach Art. 7 der REACH-Verordnung registrierungspflichtig ist.

( 36 ) Art. 37 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 38 der REACH-Verordnung.

( 37 ) Art. 6 Abs. 1 der REACH-Verordnung. Ebenso muss ein Importeur oder Produzent von Erzeugnissen der Agentur ein Registrierungsdossier für in diesen Erzeugnissen enthaltene Stoffe nur dann einreichen, wenn u. a. der Stoff in diesen Erzeugnissen in einer Menge von insgesamt mehr als 1 Tonne pro Jahr und pro Produzent oder Importeur enthalten ist (Art. 7 Abs. 1).

( 38 ) In der mündlichen Verhandlung hat die schwedische Regierung bestätigt, dass etwa 90 % aller Registrierungen im schwedischen Produktverzeichnis Mischungen chemischer Stoffe betreffen.

( 39 ) Beispielsweise die Unterpunkte in § 4 der Vorschriften der Aufsichtsbehörde für Chemikalien, die Farben, Lacke und Produkte der Fahrzeugreparaturlackierung oder in Produkten enthaltene Konservierungsmittel betreffen.

( 40 ) Beispielsweise die Unterpunkte in § 4 der Vorschriften der Aufsichtsbehörde für Chemikalien, die die Funktion des Produkts oder Produkte betreffen, die bei der Herstellung als Roherzeugnis verwendet werden.

( 41 ) Art. 56 Abs. 2 der REACH-Verordnung.

( 42 ) Art. 68 Abs. 1 der REACH-Verordnung.

( 43 ) Dieses Dossier muss die Identität des Stoffes und die vorgeschlagene(n) Beschränkung(en), eine zusammenfassende Begründung, Informationen zu schädlichen Wirkungen und Risiken, Informationen über Alternativstoffe und -technologien, Informationen dazu, warum ein gemeinschaftsweites Vorgehen erforderlich ist, und Informationen über die sozioökonomischen Auswirkungen der vorgeschlagenen Beschränkung umfassen.

( 44 ) Siehe insbesondere die Erwägungsgründe 20, 21, 103, 105 und 119.

( 45 ) Vgl. entsprechend z. B. Urteile ATRAL (C‑14/02, EU:C:2003:265, Rn. 49 und 61 und die dort angeführte Rechtsprechung) und Radlberger Getränkegesellschaft und S. Spitz (C‑309/02, EU:C:2004:799, Rn. 56 und 57).

( 46 ) Die bekannte „Dassonville-Formel“ (Urteil Dassonville, 8/74, EU:C:1974:82, Rn. 5). Vgl. jüngst Urteil Capoda Import-Export (C‑354/14, EU:C:2015:658, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 47 ) Vgl. u. a. Urteil Ahokainen und Leppik (C‑434/04, EU:C:2006:609, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 48 ) Siehe oben, Nr. 39.

( 49 ) Vgl. entsprechend Urteil Kieffer und Thill (C‑114/96, EU:C:1997:316, Rn. 28).

( 50 ) Siehe oben, Nr. 34.

( 51 ) Vgl. z. B. Urteil Aragonesa de Publicidad Exterior und Publivía (C‑1/90 und C‑176/90, EU:C:1991:327, Rn. 13).

( 52 ) Vgl. beispielsweise Urteile Kommission/Dänemark (302/86, EU:C:1988:421, Rn. 9 und 12), Kommission/Österreich (C‑320/03, EU:C:2005:684, Rn. 70) und Mickelsson und Roos (C‑142/05, EU:C:2009:336, Rn. 32).

( 53 ) Vgl. u. a. Urteil ATRAL (C‑14/02, EU:C:2003:265, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 54 ) Vgl. entsprechend Urteil Mickelsson und Roos (C‑142/05, EU:C:2009:336, Rn. 33).

( 55 ) Siehe oben, Nr. 47.

( 56 ) Selbstverständlich kann es sein, dass den zuständigen Behörden aus anderen Gründen relevante Informationen zur Verfügung stehen. In der mündlichen Verhandlung hat die schwedische Regierung erläutert, dass z. B. für den Transport gefährlicher Stoffe durchaus gesonderte nationale oder örtliche Rechtsvorschriften gelten könnten. Relevante Informationen können auch aufgrund der Mitteilungspflicht nach Art. 6 der Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (ABl. 1997, L 10, S. 13, „Seveso-II-Richtlinie“) vorliegen. Diese Bestimmung wurde mit Wirkung vom 1. Juni 2015 durch Art. 7 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197, S. 1, „Seveso-III-Richtlinie“) ersetzt.

( 57 ) Zu betonen ist noch einmal, dass die Begründung sich hier auf die Anmeldepflicht als solche und nicht auf die Abgaben bezieht, die Schweden offenbar auf in sein Hoheitsgebiet eingeführte chemische Produkte erhebt.

( 58 ) Siehe oben, Nr. 39.

( 59 ) Siehe oben, Nrn. 42 und 43.

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