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Document 62014CC0085

Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 16. April 2015.
KPN BV gegen Autoriteit Consument en Markt (ACM).
Ersuchen um Vorabentscheidung: College van Beroep voor het bedrijfsleven - Niederlande.
Vorlage zur Vorabentscheidung - Elektronische Kommunikationsnetze und -dienste - Universaldienst und Nutzerrechte - Richtlinie 2002/22/EG - Art. 28 - Zugang zu Rufnummern und Diensten - Geografisch nicht gebundene Nummern - Richtlinie 2002/19/EG - Art. 5, 8 und 13 - Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörden - Preiskontrolle - Transitdienste für Anrufe - Nationale Regelung, die die Anbieter von Transitdiensten für Telefonanrufe verpflichtet, für Anrufe zu geografisch nicht gebundenen Nummern keine höheren Tarife anzuwenden als für Anrufe zu geografisch gebundenen Nummern - Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht - Zuständige nationale Behörde.
Rechtssache C-85/14.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:245

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

YVES BOT

vom 16. April 2015 ( 1 )

Rechtssache C‑85/14

KPN BV

gegen

Autoriteit Consument en Markt (ACM)

(Vorabentscheidungsersuchen des College van Beroep voor het Bedrijfsleven [Niederlande])

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste — Richtlinie 2002/22/EG — Art. 28 — Interessen und Rechte der Endnutzer — Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern und zu Diensten unter Verwendung dieser Nummern — Nationale Regelung, die den Anbietern von Transitdiensten für Anrufe untersagt, für Anrufe zu geografisch nicht gebundenen Nummern höhere Entgelte zu verlangen als für Anrufe zu geografisch gebundenen Nummern — Grenzüberschreitender Zugang — Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der erforderlichen Maßnahme durch das nationale Gericht — Begriff der ‚zuständigen nationalen Behörden‘“

1. 

Im Bereich der elektronischen Kommunikation bedeutet das Bestehen eines europäischen Binnenmarkts insbesondere, dass alle natürlichen Personen grundsätzlich zu allen geografisch gebundenen und geografisch nicht gebundenen Nummern in der Europäischen Union sowie zu Diensten, die über geografisch nicht gebundene Nummern angeboten werden, Zugang haben können.

2. 

In dem neuen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsdienste (im Folgenden: NRR) ( 2 ) soll Art. 28 der Universaldienstrichtlinie diesen Zugang zu den Nummern und den Diensten gewährleisten.

3. 

Dieser Art. 28, der sich in Kapitel IV der Universaldienstrichtlinie ( 3 ) findet, sieht in Abs. 1 vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die zuständigen nationalen Behörden alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um zu gewährleisten, dass die Endnutzer ( 4 ) in der Lage sind, Dienste unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern in der Union zu erreichen und zu nutzen und alle in der Union bestehenden Nummern zu erreichen.

4. 

Nach Art. 2 Buchst. d und f der Universaldienstrichtlinie ist eine geografisch nicht gebundene Nummer, die als das Gegenteil der geografisch gebundenen Nummer ( 5 ) definiert ist, eine Nummer des nationalen Nummernplans, bei der die Ziffernfolge keinen geografischen Bezug hat, der für die Leitwegbestimmung von Anrufen zum physischen Standort des Netzabschlusspunktes benutzt wird. Dieser Begriff erfasst u. a. die Nummern für Mobiltelefone, gebührenfreie Dienste und Sonderdienste mit erhöhtem Tarif.

5. 

Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen wird der Gerichtshof zum ersten Mal gebeten, den Anwendungsbereich und die Tragweite von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie zu bestimmen.

6. 

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen KPN BV (im Folgenden: KPN), dem traditionellen Betreiber von Telekommunikationsdiensten in den Niederlanden, und der Autoriteit Consument en Markt (Behörde zum Schutz von Verbrauchern und Märkten) (im Folgenden: ACM) als nationaler Regulierungsbehörde (im Folgenden: NRB) wegen der KPN vorgeworfenen Verletzung der nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie.

7. 

Das Königreich der Niederlande setzte diesen Art. 28 durch Art. 6.5 des Telekommunikationsgesetzes (Telecommunicatiewet) in nationales Recht um, der die Möglichkeit vorsieht, nähere Vorschriften durch oder aufgrund einer allgemeinen Verwaltungsmaßnahme zu erlassen ( 6 ), um die Verpflichtung des Zugangs zu geografisch gebundenen und geografisch nicht gebundenen Nummern sowie zu Diensten unter Verwendung dieser Nummern zu gewährleisten.

8. 

Die niederländische Regierung machte von dieser Möglichkeit Gebrauch, indem sie Art. 5 der Verordnung über die Regeln für die Interoperabilität der öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste, den Zugang zum europäischen Telefonnummernraum und den grenzüberschreitenden Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern (Besluit houdende regels met betrekking tot interoperabiliteit van openbare elektronische communicatiediensten, toegang tot de Europese telefoonnummeringsruimte en landsgrensoverschrijdende toegang tot niet-geografische nummers – Besluit Interoperabiliteit) (im Folgenden: nationale Entgeltmaßnahme) erließ. Diese Maßnahme soll nach ihrer Änderung am 1. Juli 2013 einen Zugang zu den Diensten unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern gewährleisten, indem öffentlich zugänglichen Netzanbietern oder elektronischen Kommunikationsdiensten untersagt wird, für Anrufe zu geografisch nicht gebundenen Nummern höhere Gebühren in Rechnung zu stellen als für Anrufe zu geografisch gebundenen Nummern.

9. 

Den Akten ist zu entnehmen, dass die nationale Entgeltmaßnahme für alle Anbieter gilt, die bei Anrufen zu einer geografisch nicht gebundenen Nummer eingeschaltet sind, einschließlich der Anbieter von Transitdiensten für Anrufe ( 7 ) wie KPN in den Niederlanden.

10. 

Erlaubt Art. 28 der Universaldienstrichtlinie den Erlass einer solchen Maßnahme gegenüber Anbietern von Transitdiensten für Anrufe? Dies ist im Kern die Frage, um deren Beantwortung der Gerichtshof ersucht wird.

11. 

Nach Ansicht von KPN und der Europäischen Kommission ist diese Frage hauptsächlich aus drei Gründen zu verneinen. Erstens könne Art. 28 der Universaldienstrichtlinie nicht die Beziehungen zwischen den Anbietern (Vorleistungsmarkt) regeln. Er finde nur auf die Beziehungen zwischen den Anbietern und dem Einzelnen Anwendung (Endnutzermarkt). Zweitens erlaube der NRR den Erlass einer nationalen Entgeltmaßnahme nur nach einer Marktanalyse, die von der NRB gegenüber einem Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht auf dem relevanten Markt und nicht, wie im vorliegenden Fall, gegenüber einer Gesamtheit von Anbietern durchgeführt worden sei. Drittens sei nur eine NRB und nicht die niederländische Regierung die für den Erlass einer solchen Maßnahme zuständige nationale Behörde.

12. 

In diesen Schlussanträgen werde ich darlegen, weshalb ich der Auffassung bin, dass diese Frage im Gegenteil zu bejahen ist. Nach meiner Ansicht ist Art. 28 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen, dass er eine andere Behörde als die NRB nicht daran hindert, eine Entgeltmaßnahme wie die im Ausgangsverfahren zu erlassen, ohne dass sich aus einer Marktanalyse eine beträchtliche Marktmacht eines Betreibers ergeben hat, vorausgesetzt, diese Maßnahme ist erforderlich, um die Rechte der Endnutzer aus diesem Art. 28 zu gewährleisten, was vom nationalen Gericht zu prüfen sein wird.

I – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsrecht

1. Zugangsrichtlinie

13.

Art. 8 der Zugangsrichtlinie bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die [NRB] befugt sind, die in den Artikeln 9 bis 13a genannten Verpflichtungen aufzuerlegen.

(2)   Wird ein Betreiber aufgrund einer Marktanalyse nach Artikel 16 der [Rahmenrichtlinie] als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht auf einem bestimmten Markt eingestuft, so erlegt die [NRB] diesem im erforderlichen Umfang die in den Artikeln 9 bis 13 der vorliegenden Richtlinie genannten Verpflichtungen auf.

(3)   Unbeschadet

des Artikels 5 Absatz 1 und des Artikels 6,

der Artikel 12 und 13 der [Rahmenrichtlinie], der Bedingung 7 in Teil B des Anhangs der [Genehmigungsrichtlinie], die gemäß Artikel 6 Absatz 1 jener Richtlinie angewandt wird, sowie der Artikel 27, 28 und 30 der [Universaldienstrichtlinie] oder der einschlägigen Bestimmungen der [Richtlinie 2002/58], die Verpflichtungen für Unternehmen enthalten, mit Ausnahme jener, die als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht eingestuft wurden, oder

der Notwendigkeit der Einhaltung internationaler Verpflichtungen,

erlegen die [NRB] Betreibern, die nicht gemäß Absatz 2 eingestuft wurden, die in den Artikeln 9 bis 13 genannten Verpflichtungen nicht auf.

…“

14.

Art. 13 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie sieht vor:

„Weist eine Marktanalyse darauf hin, dass ein Betreiber aufgrund eines Mangels an wirksamem Wettbewerb seine Preise zum Nachteil der Endnutzer auf einem übermäßig hohen Niveau halten oder Preisdiskrepanzen praktizieren könnte, so kann die [NRB] dem betreffenden Betreiber gemäß Artikel 8 hinsichtlich bestimmter Arten von Zusammenschaltung und/oder Zugang Verpflichtungen betreffend die Kostendeckung und die Preiskontrolle einschließlich kostenorientierter Preise auferlegen und ihm bestimmte Auflagen in Bezug auf Kostenrechnungsmethoden erteilen. …“

2. Universaldienstrichtlinie

15.

Art. 17 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie lautet wie folgt:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die [NRB] den Unternehmen, die auf einem bestimmten Endnutzermarkt gemäß Artikel 14 der [Rahmenrichtlinie] als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht eingestuft worden sind, geeignete regulatorische Verpflichtungen auferlegen, wenn

a)

eine [NRB] aufgrund einer nach Artikel 16 der [Rahmenrichtlinie] durchgeführten Marktanalyse feststellt, dass auf einem gemäß Artikel 15 derselben Richtlinie ermittelten Endnutzermarkt kein wirksamer Wettbewerb herrscht, sowie

b)

die [NRB] zu dem Schluss kommt, dass die nach den Artikeln 9 bis13 der [Zugangsrichtlinie] auferlegten Verpflichtungen nicht zur Erreichung der in Artikel 8 der [Rahmenrichtlinie] vorgegebenen Ziele führen würden.“

16.

Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen nationalen Behörden im Rahmen der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten, sofern der angerufene Teilnehmer nicht Anrufe aus bestimmten geografischen Gebieten aus wirtschaftlichen Gründen eingeschränkt hat, alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass

a)

die Endnutzer in der Lage sind, Dienste unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern in der Gemeinschaft zu erreichen und zu nutzen ...“

B – Niederländisches Recht

17.

Wie bereits ausgeführt, wurde Art. 28 der Universaldienstrichtlinie durch Art. 6.5 des niederländischen Telekommunikationsgesetzes in niederländisches Recht umgesetzt. Dieser Artikel bestimmt:

„1.   Anbieter öffentlicher elektronischer Kommunikationsnetze oder öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste, die in diesem Zusammenhang den Zugang zu Endnutzern kontrollieren, stellen sicher, dass in der … Union befindliche Endnutzer in der Lage sind, alle

a)

in der … Union vergebenen Nummern eines nationalen Rufnummernplans,

b)

Nummern des europäischen Telefonnummernraums und

c)

von der [Internationalen Fernmeldeunion (ITU)] vergebene Nummern

zu erreichen und Dienste unter Verwendung der in den Buchst. a bis c genannten Nummern zu nutzen, es sei denn, dies ist technisch oder wirtschaftlich nicht möglich oder ein angerufener Teilnehmer hat Anrufe aus bestimmten geografischen Gebieten eingeschränkt.

2.   Durch Verordnung oder aufgrund einer Verordnung können Vorschriften zur Gewährleistung der Einhaltung der Verpflichtung im Sinne von Abs. 1 erlassen werden. Diese Vorschriften können sich u. a. auf die Gebühren für den Zugang zu den in Abs. 1 genannten Nummern beziehen.

3.   Die Vorschriften nach Abs. 2 können für von ihnen zu bestimmende Gruppen von Anbietern im Sinne von Abs. 1 voneinander abweichen. Durch diese Vorschriften können [ACM] Aufgaben übertragen und Befugnisse zugewiesen werden.“

18.

Von der Möglichkeit, nähere Vorschriften festzulegen, wurde durch den Erlass der nationalen Entgeltmaßnahme Gebrauch gemacht. Diese Maßnahme sieht mit Wirkung vom 1. Juli 2013 vor:

„1.

Ein Anbieter öffentlicher Telefondienste oder ein daran beteiligter Anbieter öffentlicher elektronischer Kommunikationsnetze, der in diesem Zusammenhang den Zugang zu Endnutzern kontrolliert, gewährleistet, dass Endnutzer in der Lage sind, Dienste unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern in der … Union zu nutzen.

2.

Die Verpflichtung im Sinne von Abs. 1 beinhaltet jedenfalls, dass die in Abs. 1 genannten Anbieter öffentlicher Telefondienste und öffentlicher elektronischer Kommunikationsnetze für Anrufe bei einer Nummer aus den Reihen 0800, 084, 085, 087, 088, 0900, 0906, 0909, 116, 14 oder 18 Entgelte oder sonstige Gebühren anwenden, die mit den Entgelten oder sonstigen Gebühren vergleichbar sind, die diese Anbieter für Anrufe bei geografisch gebundenen Nummern anwenden, und ausschließlich dann abweichende Entgelte oder Gebühren anwenden, wenn dies erforderlich ist, um die zusätzlichen Kosten im Zusammenhang mit den Anrufen bei diesen geografisch nicht gebundenen Nummern zu decken. …

…“

II – Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefragen

19.

Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass KPN Transitdienste für Anrufe zu geografisch nicht gebundenen Nummern in den Niederlanden anbietet.

20.

Nachdem ACM festgestellt hatte, dass KPN unter Verstoß gegen die nationale Entgeltmaßnahme für die Transitdienste für Anrufe zu geografisch nicht gebundenen Nummern höhere Entgelte berechnete als für die gleichen Dienste für Anrufe zu geografisch gebundenen Nummern und diese Differenz nicht durch zusätzliche Kosten gerechtfertigt war, erlegte sie mit Entscheidung vom 18. Oktober 2013 KPN auf, bei Meidung eines Zwangsgelds von 25000 Euro pro Tag mit einem Höchstbetrag von 5 Mio. Euro ihre Entgelte zu berichtigen.

21.

KPN legte hiergegen vor dem College van Beroep voor het Bedrijfsleven (Berufungsgericht für Verwaltungsstreitigkeiten im Bereich Wirtschaft, Niederlande) Rechtsmittel ein.

22.

Im Rechtsmittelverfahren trug KPN u. a. vor, dass die nationale Entgeltmaßnahme nicht im Einklang mit dem NRR sei und insbesondere gegen Art. 28 der Universaldienstrichtlinie verstoße.

23.

Im Rahmen dieses Rechtsmittelverfahrens stellt sich für das vorlegende Gericht die Frage des Anwendungsbereichs und der Tragweite von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie. Da es Zweifel hinsichtlich der Auslegung dieser Vorschrift hat, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.   Erlaubt Art. 28 der Universaldienstrichtlinie die Regulierung von Entgelten, ohne dass eine Marktanalyse ergeben hat, dass eine Partei in Bezug auf den regulierten Dienst über beträchtliche Marktmacht verfügt, während die grenzüberschreitende Anwählbarkeit geografisch nicht gebundener Telefonnummern technisch ohne Weiteres möglich ist und das einzige Hindernis für den Zugang zu diesen Nummern darin besteht, dass Entgelte angewandt werden, aufgrund deren ein Anruf bei einer geografisch nicht gebundenen Nummer teurer ist als ein Anruf bei einer geografisch gebundenen Nummer?

2.   Sofern Frage 1 bejaht wird, stellen sich dem vorlegenden Gericht die beiden folgenden Fragen:

a)

Gilt die Befugnis zur Entgeltregulierung auch dann, wenn sich höhere Entgelte auf das Anrufaufkommen bei geografisch nicht gebundenen Nummern nur begrenzt auswirken?

b)

Inwiefern bleibt noch Raum für eine Prüfung durch das nationale Gericht, ob eine nach Art. 28 der Universaldienstrichtlinie erforderliche Entgeltmaßnahme angesichts der damit verfolgten Ziele für den Transit-Anbieter nicht unangemessen belastend ist?

3.

Lässt Art. 28 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie die Möglichkeit offen, dass die in dieser Vorschrift genannten Maßnahmen von einer anderen Behörde als der die in Art. 13 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie genannte Befugnis wahrnehmenden NRB getroffen werden und der letztgenannten Behörde lediglich die Befugnis zu Durchführungsanweisungen zukommt?

III – Würdigung

A – Zur ersten Frage

24.

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 28 der Universaldienstrichtlinie für den Erlass einer Entgeltverpflichtung wie der im Ausgangsverfahren eine Rechtsgrundlage bietet, ohne dass eine Analyse des betreffenden Marktes eine beträchtliche Marktmacht eines Betreibers auf diesem Markt ergeben hat und obwohl das Hindernis für den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern und Diensten unter Verwendung dieser Nummern nicht technischer, sondern tarifärer Art ist ( 8 ).

25.

Für das vorlegende Gericht stellt sich ferner die Frage, ob Art. 28 der Universaldienstrichtlinie nur die Fälle des grenzüberschreitenden Zugangs und die technischen Hindernisse betrifft.

26.

Ich werde zunächst darlegen, weshalb ich der Meinung bin, dass Art. 28 der Universaldienstrichtlinie den Erlass einer Entgeltverpflichtung wie der im Ausgangsverfahren zulässt, bevor ich zeigen werde, dass sich dieser Art. 28 nicht auf Fälle des grenzüberschreitenden Zugangs beschränkt und sowohl auf technische als auch auf nichttechnische Hindernisse Anwendung findet.

1. Zur Möglichkeit des Erlasses einer Entgeltverpflichtung auf der Grundlage von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie

27.

In ihren schriftlichen Erklärungen trägt KPN vor, dass der NRR den Erlass einer Entgeltmaßnahme nur zulasse, nachdem von der NRB eine Marktanalyse erstellt worden sei, aus der sich ergebe, dass auf dem im Ausgangsverfahren relevanten Markt ein Betreiber über eine beträchtliche Marktmacht verfüge.

28.

Die Kommission macht in ihren schriftlichen Erklärungen geltend, dass der NRR bewusst und ausdrücklich zwischen der Regelung der relevanten Aspekte auf der Ebene des Endnutzermarkts und derjenigen auf der Ebene des Vorleistungsmarkts unterscheide. Während die erste Regelung zur Universaldienstrichtlinie gehöre, sei die zweite in der Zugangsrichtlinie enthalten. Deshalb könne Art. 28 der Universaldienstrichtlinie nicht als Rechtsgrundlage dienen, um eine Entgeltmaßnahme gegenüber Anbietern von Transitdiensten für Anrufe auf dem Vorleistungsmarkt zu erlassen.

29.

Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschließen, da sie meines Erachtens auf einem fehlerhaften Verständnis des NRR beruht.

30.

Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden ( 9 ).

31.

Im Rahmen des Ausgangsverfahrens sind bei einer solchen Prüfung die allgemeine Systematik und die Zielsetzung nicht nur der Universaldienstrichtlinie, sondern auch die der anderen Richtlinien, die mit ihr den NRR bilden, insbesondere die der Zugangsrichtlinie, zu berücksichtigen.

32.

Zunächst ist festzustellen, dass der Wortlaut von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie keinen eindeutigen Hinweis auf dessen Anwendungsbereich enthält.

33.

Gemäß Art. 28 stellen die Mitgliedstaaten wie gesagt sicher, dass die zuständigen nationalen Behörden „alle erforderlichen Maßnahmen“ treffen, um zu gewährleisten, dass die Endnutzer insbesondere in der Lage sind, Dienste unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern in der Union zu erreichen.

34.

Mit einem so weit gefassten Ausdruck wie „alle erforderlichen Maßnahmen“ schließt Art. 28 meines Erachtens nicht von vornherein die Auferlegung einer Entgeltverpflichtung wie der im Ausgangsverfahren aus, da eine solche Endnutzern den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern und zu Diensten, die mit diesen Nummern angeboten werden, gewährleisten kann.

35.

Diese Ansicht wird durch eine Prüfung der Zugangsrichtlinie und insbesondere ihres Art. 8 bestätigt, der die Auferlegung, die Änderung oder die Aufhebung von Verpflichtungen betrifft.

36.

Aus Art. 8 Abs. 2 und 3 der Zugangsrichtlinie folgt nämlich, dass eine Entgeltverpflichtung wie die im Ausgangsverfahren grundsätzlich nicht gegenüber Betreibern erlassen werden kann, die nicht als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht eingestuft wurden ( 10 ), „außer in bestimmten Fällen“, die dort abschließend aufgeführt sind und zu denen auch Art. 28 der Universaldienstrichtlinie gehört.

37.

Ich werde diese zwei Absätze nacheinander prüfen und so zeigen, dass eine Entgeltverpflichtung wie die im Ausgangsverfahren in den Anwendungsbereich von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie fallen kann.

38.

Nach Art. 8 Abs. 2 der Zugangsrichtlinie dürfen die Entgeltverpflichtungen im Sinne von Art. 13 dieser Richtlinie ( 11 ) von den NRB nur erlassen werden, wenn kein wirksamer Wettbewerb besteht, d. h. auf Märkten, auf denen es einen oder mehrere Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht gibt ( 12 ). Die Auferlegung dieser Verpflichtungen soll verhindern, dass der marktmächtige Betreiber seine Preise zum Nachteil der Endnutzer auf einem übermäßig hohen Niveau halten oder Preisdiskrepanzen praktizieren kann ( 13 ), und macht es dadurch möglich, dass auf dem jeweiligen Markt ein tatsächlicher Wettbewerb wiederhergestellt wird.

39.

Aus den Akten ist zu entnehmen, dass ACM der Meinung gewesen war, dass auf dem Markt für die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Transitdienste für Anrufe ein wirksamer Wettbewerb geherrscht habe und dort kein Betreiber über eine beträchtliche Marktmacht verfügt habe ( 14 ). Im Übrigen wurde diese Feststellung auch vom College van Beroep voor het Bedrijfsleven bestätigt ( 15 ).

40.

Ferner ist festzustellen, dass seit dem Jahr 2007 der Markt für Transitdienste für Anrufe im öffentlichen Telefonfestnetz nicht mehr zu den von der Kommission im Anhang ihrer Empfehlung über relevante Märkte ( 16 ) ermittelten Märkten gehört, die es aufgrund ihrer Merkmale rechtfertigen können, Betreibern, die auf diesem Markt als marktmächtig eingestuft wurden, eine Vorabverpflichtung aufzuerlegen.

41.

Da es an einem relevanten, von der Kommission in ihrer Empfehlung ermittelten Markt fehlte und es auch keinen marktmächtigen Betreiber auf dem Markt für die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Transitdienste für Anrufe gab, war ACM nicht befugt, auf der Grundlage von Art. 13 der Zugangsrichtlinie eine Entgeltverpflichtung wie die im Ausgangsverfahren aufzuerlegen ( 17 ).

42.

Nach meiner Ansicht gilt Gleiches auch im Hinblick auf Art. 17 („Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf Dienste für Endnutzer“) der Universaldienstrichtlinie ( 18 ).

43.

Aus Art. 17 der Universaldienstrichtlinie ergibt sich nämlich ebenso wie aus der im Rahmen von Art. 13 der Zugangsrichtlinie vorgesehenen Regelung, dass die Entgeltverpflichtungen ( 19 ) nur auferlegt werden können, wenn auf dem betreffenden Endnutzermarkt kein wirksamer Wettbewerb herrscht.

44.

Nach Ansicht von KPN durfte ACM unter diesen Umständen den auf dem Markt für Transitdienste für Anrufe tätigen Anbietern keine Entgeltsverpflichtung wie die im Ausgangsverfahren auferlegen.

45.

Ich kann mich dieser Schlussfolgerung, die Art. 8 Abs. 3 der Zugangsrichtlinie nicht berücksichtigt, nicht anschließen.

46.

Denn nach dieser Bestimmung erlegen die NRB „unbeschadet“ der Art. 27, 28 und 30 der Universaldienstrichtlinie, die Verpflichtungen für „Unternehmen enthalten mit Ausnahme jener, die als Unternehmen, die nicht mit beträchtlicher Marktmacht eingestuft wurden“, den Unternehmen, die nicht im Sinne von Art. 8 Abs. 2 dieser Richtlinie eingestuft wurden, keine der in den Art. 9 bis 13 der Zugangsrichtlinie genannten Verpflichtungen auf.

47.

Nach meiner Auffassung ist Art. 8 Abs. 3 der Zugangsrichtlinie dahin auszulegen, dass die NRB, „außer“ im Rahmen bestimmter Vorschriften, insbesondere von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie, Unternehmen, die auf einem bestimmten Markt keine beträchtliche Marktmacht haben, keine Entgeltverpflichtungen auferlegen, die mit denen in Art. 13 der Zugangsrichtlinie vergleichbar sind. Mit anderen Worten: Art. 28 der Universaldienstrichtlinie erlaubt die Auferlegung von Entgeltverpflichtungen, die mit jenen im Sinne von Art. 13 der Zugangsrichtlinie vergleichbar sind, und zwar gegenüber Unternehmen, die auf demselben Markt über keine beträchtliche Marktmacht verfügen.

48.

Diese Beurteilung wird durch die Leitlinien der Kommission bestätigt, die in Nr. 111 vorsehen, dass „[m]it Ausnahme der in Abschnitt 4.3 genannten Fälle … nach dem [NRR] [die] [in den Art. 9 bis 13 der Zugangsrichtlinie und in Art. 17 der Universaldienstrichtlinie vorgesehenen] Verpflichtungen nur Unternehmen auferlegt werden [sollten], die auf einem relevanten Markt erwiesenermaßen über beträchtliche Marktmacht verfügen“ ( 20 ).

49.

Dieser Abschnitt 4.3 der Leitlinien der Kommission verweist auf die in Art. 8 Abs. 3 der Zugangsrichtlinie genannten Fälle. Wie bereits festgestellt gehört zu diesen Fällen Art. 28 der Universaldienstrichtlinie.

50.

Nach alledem kann eine Entgeltverpflichtung wie die im Ausgangsverfahren eine „Maßnahme“ darstellen, die nach Art. 28 der Universaldienstrichtlinie gegenüber einer Gesamtheit von Unternehmen erlassen werden kann, die auf dem betreffenden Markt nicht über eine beträchtliche Marktmacht verfügen.

51.

Ich bin der Meinung, dass dieses Ergebnis den Willen des Unionsgesetzgebers widerspiegelt, die Rechte und die Interessen der Endnutzer in jedem Fall zu gewährleisten, und zwar auch dann, wenn trotz Bestehens eines wirksamen Wettbewerbs auf dem bestimmten Markt die Rechte, die sich für die Endnutzer aus einem integrierten und wettbewerbsbestimmten Markt im Bereich der elektronischen Kommunikation ergeben, nicht gewährleistet werden können ( 21 ).

52.

Art. 28 der Universaldienstrichtlinie, der in ihrem Kapitel IV („Interessen und Rechte der Endnutzer“) enthalten ist, verfolgt eindeutig das Ziel, die Rechte und Interessen zu gewährleisten, die sich für die Endnutzer aus einem integrierten und wettbewerbsbestimmten Markt im Bereich der elektronischen Kommunikation ergeben. Daher stellt dieser Art. 28 nach meiner Auffassung eine angemessene Rechtsgrundlage für den Erlass einer Entgeltverpflichtung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden dar.

53.

Ferner muss die Maßnahme zur Gewährleistung der Rechte, die die Endnutzer aus diesem Art. 28 herleiten, nämlich eines Zugangs zu geografisch nicht gebundenen Nummern und zu Diensten, die über diese Nummern angeboten werden, erforderlich sein. Nach meiner Auffassung setzt die Erforderlichkeit der nationalen Maßnahme auch voraus, dass keine andere, die betroffenen Unternehmen weniger belastende Maßnahme diese Rechte gewährleisten könnte.

54.

Dazu ist zu bemerken, dass der Erlass der nationalen Entgeltmaßnahme den schriftlichen Erklärungen der niederländischen Regierung zufolge einer Reihe von Handelspraktiken, die dem Ziel von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie zuwiderliefen ( 22 ), ein Ende setzen sollten. Durch diese Praktiken waren die Gebühren für die Endnutzer erhöht und nicht transparent, und es gab eine ganze Reihe von geografisch nicht gebundenen Nummern, die von großen Gruppen von Endnutzern nicht mehr angerufen werden konnten. Tatsächlich war der Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern eingeschränkt und der Zugang zu bestimmten Diensten infolgedessen beeinträchtigt.

55.

Ebenso stellte ACM fest, dass die Inrechnungstellung erhöhter Gebühren ein Hindernis für den Zugang zu den von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie gewährleisteten Nummern und Diensten darstelle.

56.

KPN erkannte an, dass die Gebühren so hoch festgesetzt werden könnten, dass sie de facto den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern unmöglich machten. Jedoch war das nach ihrer Ansicht in den Niederlanden nicht der Fall.

57.

Nach alledem bin ich der Auffassung, dass Art. 28 der Universaldienstrichtlinie den Erlass einer Entgeltverpflichtung wie der im Ausgangsverfahren zulässt, da diese Entgeltverpflichtung „erforderlich“ ist, um den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern und zu Diensten unter Verwendung dieser Nummern zu gewährleisten. Da eine solche Beurteilung eine Tatsachenfrage darstellt, bin ich der Meinung, dass das nationale Gericht diese Prüfung im konkreten Fall durchzuführen haben wird.

58.

Schließlich bin ich im Gegensatz zur Kommission der Meinung, dass der Umstand, dass die nationale Entgeltmaßnahme eine Beziehung auf der Ebene des Vorleistungsmarkts regulieren soll, keinen Einfluss auf die Anwendbarkeit von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie hat, wenn diese Beziehung de facto den von Art. 28 garantierten Zugang der Endnutzer zu Diensten unter Verwendung von geografisch nicht gebundenen Nummern beeinträchtigen kann.

59.

Dazu ergibt sich aus den schriftlichen Erklärungen der niederländischen Regierung und ihren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung, dass die erhöhten Entgelte, die die Betreiber elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste untereinander verlangten, letzten Endes auf den Endnutzer abgewälzt wurden.

60.

Der Anruf zu geografisch nicht gebundenen Nummern erfolgt nach Aussage dieser Regierung nämlich über eine Kette von Anbietern, die zur Realisierung des Telefongesprächs zusammenarbeiten. Jeder Anbieter in dieser Kette, einschließlich der Anbieter von Transitdiensten für Anrufe, wälze das von ihm für den erbrachten Dienst in Rechnung gestellte Entgelt auf einen anderen Anbieter ab. Diese erhöhten Entgelte eines oder mehrerer Anbieter in der Kette würden anschließend auf den Endnutzer abgewälzt.

61.

Diese von der niederländischen Regierung vorgetragenen Fakten, auf die sich auch die Kommission in der Sitzung gestützt hat, zeigen, dass die unter den Anbietern auf der Vorleistungsstufe angewandten Praktiken Auswirkungen auf die Endnutzer auf der Endnutzerstufe haben. Nach Ansicht der niederländischen Regierung beschränkten diese Praktiken den Zugang zu den geografisch nicht gebundenen Nummern und den Diensten unter Verwendung dieser Nummern.

62.

Ebenso wie die niederländische Regierung meine ich daher, dass solche von den Betreibern elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste auf der Vorleistungsstufe angewandten Praktiken den von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie gewährleisteten Zugang der Endnutzer zu den geografisch nicht gebundenen Nummern und Diensten unter Verwendung dieser Nummern beeinträchtigen können.

63.

Nach alledem bin ich der Auffassung, dass Art. 28 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er nicht untersagt, eine Entgeltverpflichtung wie die im Ausgangsverfahren zu erlassen, ohne dass eine Marktanalyse eine beträchtliche Marktmacht eines Betreibers auf diesem Markt ergeben hat, vorausgesetzt, die Entgeltverpflichtung ist erforderlich, um den Zugang der Endnutzer zu Diensten unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern zu gewährleisten, was vom nationalen Gericht zu prüfen sein wird.

2. Zum grenzüberschreitenden Zugang und der Art der Hindernisse

64.

Im Rahmen seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht auch wissen, ob Art. 28 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Entgeltverpflichtung nur dann erlassen werden kann, wenn ein „technisches Hindernis“ einem „grenzüberschreitenden Zugang“ zu Diensten unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern entgegensteht.

65.

Was erstens die Frage des grenzüberschreitenden Zugangs anbelangt, folgt aus der Vorlageentscheidung, dass nach Ansicht des vorlegenden Gerichts der 46. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/136 nahelegt, dass Art. 28 der Universaldienstrichtlinie nur den Erlass all jener Maßnahmen betreffe, die erforderlich seien, um den „grenzüberschreitenden“ Telefonverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten.

66.

Meines Erachtens zeigen Wortlaut und Entstehungsgeschichte von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie, dass der Artikel dahin auszulegen ist, dass er nunmehr allgemein den europäischen Binnenmarkt im Bereich der elektronischen Kommunikation und nicht nur die Fälle des grenzüberschreitenden Zugangs betrifft.

67.

Zunächst ist festzustellen, dass die grenzüberscheitende Dimension klar aus der ursprünglichen Fassung von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie hervorging.

68.

Dieser Art. 28 sah nämlich vor, dass „[d]ie Mitgliedstaaten … dafür [sorgen], dass Endnutzer aus anderen Mitgliedstaaten im Rahmen der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern in ihrem Hoheitsgebiet erhalten“ ( 23 ).

69.

Nach der Änderung durch die Richtlinie 2009/136 bestimmt Art. 28 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie nunmehr, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die zuständigen nationalen Behörden im Rahmen der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um zu gewährleisten, dass die Endnutzer in der Lage sind, Dienste unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern in der Union zu erreichen und zu nutzen.

70.

Damit ist die Einschränkung „aus anderen Mitgliedstaaten“ nicht mehr in dieser Bestimmung enthalten, die nunmehr einen Zugang für alle Endnutzer zu Nummern und Diensten „in [der Union]“ vorsieht.

71.

Da die Endnutzer und nicht mehr die Endnutzer aus anderen Mitgliedstaaten Zugang zu Diensten in der Union unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern haben müssen, muss ein solcher Zugang meines Erachtens von den zuständigen nationalen Behörden für alle Endnutzer gewährleistet werden, unabhängig von dem geografischen Ort, an dem sie sich befinden. Daher muss der Zugang auch Endnutzern garantiert sein, die im Mitgliedstaat des Betreibers des elektronischen Kommunikationsnetzes und/oder ‑dienstes ansässig sind.

72.

Diese Änderung erfolgte nach meiner Ansicht mit dem Ziel, im Bereich der elektronischen Kommunikation den europäischen Binnenmarkt zu vollenden. Denn nach dem 38. Erwägungsgrund der Universaldienstrichtlinie stellt „[d]er Zugang der Endnutzer zu allen Nummerierungsressourcen in der Gemeinschaft … eine entscheidende Vorbedingung des Binnenmarktes dar. Er sollte gebührenfreie Dienste, Sonderdienste mit erhöhter Gebühr und andere geografisch nicht gebundene Nummern umfassen.“

73.

Im Übrigen wäre es nach meiner Ansicht widersinnig, wenn man annähme, dass Art. 28 der Universaldienstrichtlinie einem Endnutzer einen Zugang zu Diensten unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern in anderen Mitgliedstaaten, einen solchen Zugang dagegen nicht zu geografisch nicht gebundenen Nummern und zu Diensten, die in seinem eigenen Mitgliedstaat angeboten werden, gewähren wollte.

74.

Was zweitens die Frage nach der Art des Hindernisses anbelangt, bin ich der Meinung, dass dem Wortlaut des Art. 28 der Universaldienstrichtlinie in keiner Weise zu entnehmen ist, dass nur technische Hindernisse den Erlass einer erforderlichen Maßnahme durch die zuständigen nationalen Behörden zulassen.

75.

Meines Erachtens kann jedes Hindernis für den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern und zu Diensten unter Verwendung dieser Nummern, das die Endnutzer daran hindert, ihre Rechte aus Art. 28 der Universaldienstrichtlinie geltend zu machen, Grundlage für den Erlass einer erforderlichen Entgeltverpflichtung sein, es sei denn, das Hindernis ist aus objektiven Gründen gerechtfertigt.

76.

Diese Beurteilung wird durch den 46. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/136 bestätigt.

77.

Nach diesem 46. Erwägungsgrund sollte „[d]ie grenzüberschreitende Erreichbarkeit der Rufnummern und der zugehörigen Dienste … nicht verhindert werden, außer wenn dies im Ausnahmefall objektiv gerechtfertigt ist, etwa wenn es zur Bekämpfung von Betrug oder Missbrauch notwendig ist, … wenn die Rufnummer von vornherein nur für eine nationale Nutzung bestimmt ist … oder wenn es technisch oder wirtschaftlich nicht machbar ist“ ( 24 ).

78.

Der Vorlageentscheidung ist zu entnehmen, dass es technisch möglich war, die geografisch nicht gebundenen Nummern anzuwählen, und dass keine anderen objektiven Rechtfertigungsgründe geltend gemacht wurden. Da es keine objektive Rechtfertigung für ein tarifäres Hindernis gab, musste dieses gemäß Art. 28 der Universaldienstrichtlinie als unzulässig beurteilt werden.

79.

Daher bin ich der Auffassung, dass Art. 28 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er nicht untersagt, eine Entgeltverpflichtung wie die im Ausgangsverfahren zu erlassen, ohne dass eine Marktanalyse eine beträchtliche Marktmacht eines Betreibers auf diesem Markt ergeben hat und obwohl das Hindernis für den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern von anderer als technischer Art ist, vorausgesetzt die Entgeltverpflichtung ist erforderlich, um den Endnutzern den Zugang zu Diensten unter Verwendung dieser Nummern zu gewährleisten, was vom nationalen Gericht zu prüfen sein wird.

B – Zur zweiten Frage bezüglich der Hindernisse mit beschränkter Wirkung und der Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der erforderlichen Maßnahmen durch das nationale Gericht

80.

Die zweite Frage besteht aus zwei Teilen.

81.

Erstens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 28 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er dem Erlass einer Entgeltmaßnahme wie der im Ausgangsverfahren entgegensteht, wenn sich höhere Entgelte auf das Anrufaufkommen bei geografisch nicht gebundenen Nummern nur begrenzt auswirken.

82.

Zweitens wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, wie viel Raum dem nationalen Gericht für die Prüfung zur Verfügung steht, ob eine nach Art. 28 der Universaldienstrichtlinie erforderliche Entgeltmaßnahme angesichts der damit verfolgten Ziele für den Anbieter eine unangemessene Belastung darstellt.

83.

Zum ersten Teil dieser zweiten Frage stelle ich in Übereinstimmung mit der niederländischen Regierung fest, dass Art. 28 der Universaldienstrichtlinie keine Ausnahme für geringfügige Hindernisse vorsieht.

84.

Ganz im Gegenteil darf, wie ich bereits festgestellt habe, der Zugang zu Diensten unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern gemäß Art. 28 der Universaldienstrichtlinie grundsätzlich nicht behindert werden ( 25 ).

85.

Ebenfalls ist bereits gesagt worden, dass dieser Zugang der Endnutzer zu allen Nummerierungsressourcen in der Union eine entscheidende Vorbedingung des Binnenmarkts darstellt und gebührenfreie Dienste, Sonderdienste mit erhöhter Gebühr und andere geografisch nicht gebundene Nummern umfassen sollte ( 26 ).

86.

Daraus ergibt sich meines Erachtens, dass jedes Hindernis, einschließlich eines begrenzten Hindernisses für den Zugang zu Diensten unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern, den Zielen des Unionsgesetzgebers zuwiderläuft, nämlich der Verwirklichung eines europäischen Binnenmarkts und damit der Gewährleistung der Rechte, die die Endnutzer daraus herleiten, und dass ein solches Hindernis daher als verboten angesehen werden muss. Ich bin der Meinung, dass jede entgegenstehende Auslegung die praktische Wirksamkeit von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie beeinträchtigen würde.

87.

Was den zweiten Teil der zweiten Frage anbelangt, bin ich ebenso wie KPN und die niederländische Regierung der Meinung, dass das nationale Gericht befugt ist, zu prüfen, ob die Anwendung einer Entgeltverpflichtung in einer konkreten Situation zu einer unangemessenen Belastung des betreffenden Betreibers führt. Meines Erachtens ist eine solche Prüfung nämlich Teil der vom nationalen Gericht vorzunehmenden Kontrolle der Verhältnismäßigkeit einer solchen Verpflichtung.

88.

Das nationale Gericht muss daher untersuchen, ob die von den zuständigen nationalen Behörden mit der Entgeltmaßnahme verfolgten Ziele mit der Zielsetzung von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie, nämlich dem Zugang zu den Diensten unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern und der Nutzung dieser Dienste, in Einklang stehen.

89.

Wenn diese Ziele mit den unionsrechtlichen Bestimmungen vereinbar sind, hat das nationale Gericht anschließend zu prüfen, ob die Maßnahme geeignet, erforderlich und im strengen Sinne verhältnismäßig ist. Zuerst wird es untersuchen müssen, ob die getroffene Maßnahme objektiv geeignet ist, die verfolgten Ziele zu erreichen. Sodann hat es festzustellen, ob die genannten Ziele durch weniger einschneidende Mittel erreicht werden können. Schließlich verlangt die Verhältnismäßigkeit im strengen Sinne eine Abwägung zwischen den in Rede stehenden Interessen ( 27 ).

90.

Im Rahmen dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung hat das nationale Gericht also zu prüfen, ob die zuständigen nationalen Behörden die Belastung für den betroffenen Betreiber durch die Entgeltmaßnahme und die Vorteile, die sich daraus für die Endnutzer ergeben, zutreffend gegeneinander abgewogen haben, damit es beurteilen kann, ob diese Maßnahme als übermäßige Belastung des betroffenen Betreibers anzusehen ist ( 28 ).

91.

Daher bin ich der Ansicht, dass Art. 28 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er dem Erlass einer Entgeltmaßnahme wie der im Ausgangsverfahren nicht entgegensteht, wenn sich die angewandten höheren Entgelte auf das Anrufaufkommen bei geografisch nicht gebundenen Nummern nur begrenzt auswirken. Das nationale Gericht wird im Rahmen der Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der erforderlichen Maßnahme nach Art. 28 der Universaldienstrichtlinie zu prüfen haben, ob die Auferlegung einer Entgeltmaßnahme wie der im Ausgangsverfahren für den betroffenen Betreiber eine übermäßige Belastung darstellt.

C – Zur dritten Frage nach der Auslegung des Begriffs „zuständige nationale Behörden “ im Sinne von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie

92.

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 28 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die in Art. 28 vorgesehenen erforderlichen Maßnahmen von einer anderen Behörde als der NRB, die die in Art. 13 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie vorgesehene Befugnis ausübt, erlassen werden können.

93.

In ihren schriftlichen Erklärungen macht KPN geltend, dass auf der Grundlage des NRR, insbesondere von Art. 13 der Zugangsrichtlinie, nur eine NRB zur Auferlegung einer Entgeltmaßnahme wie der im Ausgangsverfahren befugt sei. Die niederländische Regierung sei aber nicht als eine NRB anzusehen, da ihr zum einen diese Funktion niemals zugewiesen worden sei und sie zum anderen weder die im elften Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie erwähnten Voraussetzungen der Unabhängigkeit erfülle ( 29 ) noch über die Ermessensbefugnis verfüge, die eine NRB gemäß Art. 13 der Zugangsrichtlinie beim Erlass einer Regulierungsmaßnahme nach einer Marktanalyse habe.

94.

Im Gegensatz zu KPN schlagen die niederländische und die italienische Regierung sowie die Kommission als Antwort vor, dass Art. 28 der Universaldienstrichtlinie den Erlass der in diesem Artikel vorgesehenen erforderlichen Maßnahmen durch eine andere Behörde als die NRB zulasse.

95.

Vor Prüfung dieser dritten Frage scheinen mir zwei einleitende Bemerkungen angebracht.

96.

Erstens folgt aus der Vorlageentscheidung, dass die niederländische Regierung als Gesetzgebungsorgan die nationale Entgeltmaßnahme erlassen hatte und danach ACM als NRB diese durch eine Anordnung gegen KPN durchführte.

97.

In Anbetracht dieser Situation ist daher begreiflich, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob Art. 28 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er dem Erlass einer Entgeltmaßnahme wie der im Ausgangsverfahren durch die niederländische Regierung, die eine „andere“ Behörde als eine NRB ist, nicht entgegensteht.

98.

Zweitens bin ich, wie ich bereits bei der Prüfung der ersten Frage ausgeführt habe, der Auffassung, dass unter bestimmten Bedingungen eine Entgeltverpflichtung, die mit einer Verpflichtung vergleichbar ist, die von einer NRB auf der Grundlage von Art. 13 der Zugangsrichtlinie auferlegt werden kann, im Rahmen von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie festgesetzt werden kann.

99.

Hierzu weise ich darauf hin, dass die den NRB auf der Grundlage von Art. 13 der Zugangsrichtlinie obliegenden Regulierungsaufgaben zur Voraussetzung haben, dass ein oder mehrere Betreiber über eine beträchtliche Marktmacht auf dem betreffenden Markt verfügen. Ein Eingreifen der NRB ist tatsächlich erforderlich, um zu gewährleisten, dass dieser oder diese Betreiber ihre Marktmacht nicht dazu nutzen, den Wettbewerb auf dem relevanten Markt zu beschränken oder zu verfälschen oder ihre Macht auf Nachbarmärkten ins Spiel zu bringen. Es handelt sich somit um eine Ex-ante-Regulierungsmaßnahme einer NRB gegenüber einem oder mehreren Betreibern, die auf dem betreffenden Markt über eine beträchtliche Marktmacht verfügen.

100.

Die Entgeltverpflichtungen, die von den zuständigen nationalen Behörden im Rahmen von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie erlassen werden können, setzen jedoch keine Marktanalyse voraus, aus der sich eine beträchtliche Marktmacht eines oder mehrerer Betreiber auf dem betreffenden Markt ergibt. Die Verpflichtungen müssen erforderlich sein, um die Rechte zu gewährleisten, die die Endnutzer aus dem europäischen Binnenmarkt herleiten, insbesondere ihr Recht auf Zugang zu Diensten unter Verwendung geografisch nicht gebundener Nummern. Es handelt sich um Entgeltverpflichtungen, die von den zuständigen nationalen Behörden gegenüber einer Gesamtheit von Betreibern erlassen werden, die über keine beträchtliche Marktmacht verfügen.

101.

Obwohl diese miteinander vergleichbaren Verpflichtungen auf der Grundlage sowohl von Art. 13 der Zugangsrichtlinie als auch der Art. 17 und 28 der Universaldienstrichtlinie auferlegt werden können, haben sie unterschiedliche Ziele und werden gegenüber unterschiedlichen Gruppen von Betreibern festgesetzt ( 30 ).

102.

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte werde ich jetzt die dritte Frage prüfen.

103.

Um diese dritte Frage sachgerecht zu beantworten, ist eine Auslegung des Begriffs „zuständige nationale Behörden“ in Art. 28 der Universaldienstrichtlinie erforderlich. Ist dieser Begriff dahin auszulegen, dass er sich nur auf die NRB und auf keine andere nationale Behörde bezieht?

104.

Zunächst ist festzustellen, dass dieser Begriff im Gegensatz zu den NRB, die in Art. 2 Buchst. g der Rahmenrichtlinie definiert sind, nicht durch den NRR definiert wurde. Nach der genannten Bestimmung sind unter einer NRB eine oder mehrere Stellen zu verstehen, die von einem Mitgliedstaat mit einer der in der Rahmenrichtlinie und den Einzelrichtlinien festgelegten Regulierungsaufgaben beauftragt werden. Es ist also festzuhalten, dass diese Definition für die Zwecke der Einzelrichtlinien, insbesondere der Universaldienstrichtlinie, anwendbar ist ( 31 ).

105.

Aus dieser Definition folgt, dass eine NRB eine zuständige nationale Behörde ist. Trotzdem bin ich der Ansicht, dass die zuständigen nationalen Behörden im Sinne von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie – aus mehreren Gründen – nicht nur auf die NRB beschränkt werden dürfen.

106.

Erstens hat der Unionsgesetzgeber wohl bewusst den Begriff „zuständige nationale Behörden“ anstelle des Begriffs „NRB“ gewählt. Denn dieser Begriff wurde erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gewählt, das zur Änderung des Regelungsrahmens im Jahr 2009 führte.

107.

Sowohl der Richtlinienvorschlag der Kommission ( 32 ) als auch der in erster Lesung festgelegte Standpunkt des Europäischen Parlaments ( 33 ) enthielten noch den Begriff „NRB“. Der Umstand, dass der endgültige Text eine ausdrückliche Befugnis den „zuständigen nationalen Behörden“ zuweist, spricht ohne Weiteres für eine bewusste Entscheidung des Unionsgesetzgebers, nicht nur die NRB erfassen zu wollen, sondern einen weiteren Begriff zu wählen.

108.

Zweitens lässt sich dem Wortlaut von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie entnehmen, dass dieser Begriff nicht allein auf die NRB zu beschränken ist. Denn im Gegensatz zu anderen Bestimmungen dieser Richtlinie überträgt dieser Art. 28 den NRB keine besondere Befugnis und erlegt ihnen keine spezifische Verpflichtung auf. Er erlegt den Mitgliedstaaten als solchen und den „zuständigen nationalen Behörden“ Verpflichtungen auf.

109.

Drittens hatte der Gerichtshof bereits Gelegenheit, sich zu der Frage zu äußern, ob eine andere nationale Behörde als eine NRB als NRB oder neben Letztgenannter im Hinblick auf die Ausführung von Aufgaben tätig werden kann, die vom NRR der NRB zugewiesen wurden.

110.

So stellte der Gerichtshof im Urteil Base u. a. ( 34 ) fest, dass „es die [Universaldienstrichtlinie] für sich genommen nicht grundsätzlich untersagt, dass der nationale Gesetzgeber als [NRB] im Sinne der Rahmenrichtlinie tätig wird, sofern er bei der Erfüllung dieser Aufgabe die in den genannten Richtlinien vorgesehenen Voraussetzungen in Bezug auf Fachwissen, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Transparenz erfüllt und gegen die Entscheidungen, die er im Rahmen dieser Aufgabe erlässt, wirksame Rechtsbehelfe bei einer von den Beteiligten unabhängigen Beschwerdestelle gegeben sind“ ( 35 ).

111.

Ebenso hat der Gerichtshof entschieden, dass die Rahmenrichtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, die Aufgaben, mit denen diese Richtlinie die NRB betraut, auf unterschiedliche Stellen, in diesem Fall die NRB und Regierungsbehörden zu übertragen, sofern der Mitgliedstaat gewährleistet, dass die Regulierungsbehörden von allen Netzbetreibern und elektronischen Kommunikationsdiensten funktional unabhängig sind und Aufgaben dieser Regulierungsbehörden in zugänglicher Form veröffentlicht und sie der Kommission unverzüglich mitteilt ( 36 ).

112.

Schließlich hat der Gerichtshof in seinem Urteil Kommission/Deutschland ( 37 ) darauf hingewiesen, dass ein Eingreifen eines Gesetzgebungsorgans, damit sein Handeln im Einklang mit den Richtlinien steht, die Aufgaben, die durch die Richtlinien ausdrücklich den NRB übertragen wurden, weder begrenzen noch beseitigen darf ( 38 ). Der nationale Gesetzgeber darf die NRB nicht von der Bestimmung und der Untersuchung neuer Märkte ausschließen, da er anderenfalls diesen Behörden ihre Befugnisse nähme, die ihnen die Richtlinien ausdrücklich zuweisen ( 39 ). Wie gleichfalls einer jüngeren Rechtsprechung zu entnehmen ist, darf eine nationale Regelung nicht in die Befugnisse eingreifen, die den NRB unmittelbar aufgrund der Bestimmungen des NRR zustehen ( 40 ).

113.

Für die Rechtssache des Ausgangsverfahrens können meines Erachtens aus diesen Entscheidungen des Gerichtshofs zwei Erkenntnisse gewonnen werden.

114.

Erstens schließt der Gerichtshof es nicht aus, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine andere Behörde als die NRB, nämlich ein Gesetzgebungsorgan oder eine Regierungsbehörde, gemäß dem NRR als NRB oder neben dieser tätig werden kann.

115.

Da diese nationalen Behörden, die als NRB handeln, unter Beachtung der oben genannten Voraussetzungen die Aufgaben wahrnehmen können, die durch den NRR einer NRB übertragen wurden, bin ich der Meinung, dass diese nationalen Behörden erst recht eingreifen können müssen, wenn der NRR die Regulierungsaufgabe ausdrücklich „zuständigen nationalen Behörden“ überträgt.

116.

Zweitens müssen diese zuständigen nationalen Behörden im Sinne von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie, wenn sie eine Entgeltverpflichtung auferlegen, die jener vergleichbar ist, die von den NRB gemäß den Art. 13 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie und Art. 17 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie erlassen werden kann, sei es auch mit anderen Zielen, dieselben Anforderungen erfüllen, die durch den NRR an die NRB gestellt werden, insbesondere die Anforderung einer funktionalen Unabhängigkeit von den Betreibern ( 41 ). Ebenso müssen gegen die von diesen zuständigen nationalen Behörden getroffenen Entscheidungen wirksame Rechtsbehelfe bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen Stelle eingelegt werden können ( 42 ).

117.

Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten in diesem Bereich bei der Organisation und Strukturierung ihrer zuständigen nationalen Behörden im Sinne von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie zwar über eine institutionelle Autonomie verfügen, diese aber nur unter Beachtung der durch den NRR festgelegten Ziele und Pflichten ausgeübt werden kann ( 43 ).

118.

Im Ausgangsverfahren wird daher das vorlegende Gericht konkret zu prüfen haben, ob die niederländische Regierung bei ihrem Handeln als zuständige nationale Behörde im Sinne von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie die durch den NRR festgelegten Voraussetzungen in Bezug auf Fachwissen, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Transparenz erfüllt.

119.

An dieser Stelle möchte ich auf den Hinweis der niederländischen Regierung in der mündlichen Verhandlung eingehen, dass das Königreich der Niederlande die Privatisierung von KPN durchgeführt hat. Auch wenn mit diesem Hinweis der Nachweis erbracht werden sollte, dass die niederländische Regierung als von dieser Gesellschaft rechtlich und funktional unabhängig angesehen werden kann, so reicht er meiner Meinung nach nicht aus, um daraus den Schluss ziehen zu können, dass diese zuständige nationale Behörde die oben genannten Voraussetzungen erfüllt. Das vorlegende Gericht wird diese Prüfung unter Berücksichtigung aller ihm im Rahmen dieser Rechtssache zur Verfügung stehenden Informationen durchzuführen haben.

120.

Im Übrigen meine ich, um meine Untersuchung zu vervollständigen, dass dieses Gericht auch zu prüfen haben wird, ob ACM als NRB, die die Anwendung der von der niederländischen Regierung erlassenen nationalen Entgeltmaßnahme gewährleistet, ihrerseits die oben genannten Voraussetzungen, wie sie durch den NRR festgelegt sind, erfüllt. Bei dieser Prüfung ist insbesondere festzustellen, ob die NRB vor jeder äußeren Einflussnahme oder jedem politischen Druck, die sie an der unabhängigen Beurteilung der ihr vorgelegten Fragen hätten hindern können ( 44 ), geschützt war.

121.

Nach alledem bin ich der Ansicht, dass die niederländische Regierung eine Entgeltmaßnahme wie die im Ausgangsverfahren erlassen konnte, sofern diese auf die Gewährleistung des durch Art. 28 der Universaldienstrichtlinie verfolgten Ziels gerichtet ist und die Voraussetzungen in Bezug auf Fachwissen, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Transparenz erfüllt, was vom nationalen Gericht zu prüfen sein wird.

122.

Daher ist Art. 28 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen, dass eine Entgeltmaßnahme wie die im Ausgangsverfahren von einer anderen Behörde als der NRB, die die Befugnis im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie wahrnimmt, erlassen werden kann, sofern die Voraussetzungen in Bezug auf Fachwissen, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Transparenz erfüllt sind, was vom nationalen Gericht zu prüfen sein wird.

IV – Ergebnis

123.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, dem College van Beroep voor het Bedrijfsleven wie folgt zu antworten:

1.

Art. 28 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er nicht untersagt, eine Entgeltverpflichtung wie die im Ausgangsverfahren zu erlassen, ohne dass eine Marktanalyse eine beträchtliche Marktmacht eines Betreibers auf diesem Markt ergeben hat und obwohl das Hindernis für den Zugang zu geografisch nicht gebundenen Nummern von anderer als technischer Natur ist, vorausgesetzt, die Entgeltverpflichtung ist erforderlich, um den Zugang der Endnutzer zu Diensten unter Verwendung dieser Nummern zu gewährleisten, was vom nationalen Gericht zu prüfen sein wird.

2.

a) Art. 28 der Richtlinie 2002/22 in der durch die Richtlinie 2009/136 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er dem Erlass einer Entgeltmaßnahme wie der im Ausgangsverfahren nicht entgegensteht, wenn sich die angewandten höheren Entgelte auf das Anrufaufkommen bei geografisch nicht gebundenen Nummern nur begrenzt auswirken.

b)

Das nationale Gericht wird im Rahmen der Kontrolle der Verhältnismäßigkeit einer erforderlichen Maßnahme im Sinne von Art. 28 der Richtlinie 2002/22 in der durch die Richtlinie 2009/136 geänderten Fassung zu prüfen haben, ob die Auferlegung einer Entgeltmaßnahme wie der im Ausgangsverfahren eine unangemessene Belastung für den betroffenen Betreiber darstellt.

3.

Art. 28 der Richtlinie 2002/22 in der durch die Richtlinie 2009/136 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Entgeltmaßnahme wie die im Ausgangsverfahren von einer anderen Behörde als der nationalen Regulierungsbehörde, die die Befugnis nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung wahrnimmt, erlassen werden kann, sofern die Voraussetzungen in Bezug auf Fachwissen, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Transparenz erfüllt sind, was vom nationalen Gericht zu prüfen sein wird.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) Der NRR setzt sich zusammen aus der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung (ABl. L 337, S. 37, im Folgenden: Rahmenrichtlinie) und vier begleitenden Einzelrichtlinien, nämlich der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 7) in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung (im Folgenden: Zugangsrichtlinie), der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 21) in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung (im Folgenden: Genehmigungsrichtlinie), der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 51) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung (ABl. L 337, S. 11, im Folgenden: Universaldienstrichtlinie) und der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201, S. 37) in der durch die Richtlinie 2009/136 geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2002/58).

( 3 ) Die Universaldienstrichtlinie besteht aus drei verschiedenen Säulen, nämlich einem Kapital II über die Organisation des Universaldienstes, einem Kapitel III über die Verpflichtungen, die Betreibern mit beträchtlicher Marktmacht auf den Endnutzermärkten auferlegt werden können, und einem Kapitel IV über den verstärkten Schutz von Endnutzern durch die Regelung ihrer Interessen und Rechte.

( 4 ) Nach Art. 2 Buchst. h der Rahmenrichtlinie ist ein „Nutzer“„eine natürliche oder juristische Person, die einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst in Anspruch nimmt oder beantragt“. Der „Endnutzer“ ist in Art. 2 Buchst. n dieser Richtlinie definiert als „ein Nutzer, der keine öffentlichen Kommunikationsnetze oder öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste bereitstellt“.

( 5 ) Nach Art. 2 Buchst. d der Universaldienstrichtlinie ist eine „geografisch gebundene Nummer“„eine Nummer eines nationalen Telefonnummernplans, bei der ein Teil der Ziffernfolge einen geografischen Bezug hat, der für die Leitwegbestimmung von Anrufen zum physischen Standort des Netzabschlusspunktes benutzt wird“.

( 6 ) Nach den schriftlichen Erklärungen von KPN ist eine allgemeine Verwaltungsmaßnahme eine von der Regierung erlassene Entscheidung, die eine zwingende allgemeine Maßnahme enthält und nicht vom Parlament gebilligt werden muss. Eine allgemeine Verwaltungsmaßnahme muss grundsätzlich auf einer einschlägigen Ermächtigung beruhen. Das ist bei der im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden allgemeinen Verwaltungsmaßnahme der Fall.

( 7 ) Die Transitdienste für Anrufe bestehen darin, dass ein Betreiber einen Anruf, der in seinem Netz weder beginnt noch endet, durch dieses Netz leitet.

( 8 ) Wie erinnerlich ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass dieses Hindernis in der Anwendung höherer Gebühren für den Transitdienst für Anrufe zu geografisch nicht gebundenen Nummern als für den Transitdienst für Anrufe zu geografisch gebundenen Nummern besteht.

( 9 ) Vgl. Urteile Sturgeon u. a. (C‑402/07 und C‑432/07, EU:C:2009:716, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung) sowie T‑Mobile Austria (C‑282/13, EU:C:2015:24, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 10 ) Nach Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie gilt ein „Unternehmen … als ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine der Beherrschung gleichkommende Stellung einnimmt, d. h. eine wirtschaftlich starke Stellung, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern, Kunden und letztlich Verbrauchern zu verhalten“.

( 11 ) Nach Art. 13 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie „kann die [NRB] dem betreffenden Betreiber … hinsichtlich bestimmter Arten von Zusammenschaltung und/oder Zugang Verpflichtungen betreffend die Kostendeckung und die Preiskontrolle einschließlich kostenorientierter Preise auferlegen und ihm bestimmte Auflagen in Bezug auf Kostenrechnungsmethoden erteilen“.

( 12 ) Vgl. 27. Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie.

( 13 ) Vgl. Art. 13 der Zugangsrichtlinie.

( 14 ) Vgl. auch die Erklärungen, die die Kommission am 30. Oktober 2008 gemäß Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie an die Onafhankelijke Post en Telecommunicatie Autoriteit (OPTA) als Antwort auf ihren Entwurf eines Beschlusses über den Markt der Transitdienste im öffentlichen Telefonnetz in den Niederlanden (Sache NL/2008/0800) gerichtet hatte. Diese Erklärungen sind abrufbar auf der Internetseite https://circabc.europa.eu/sd/a/df6e1540-38c6-4595-a101-265a5cc500a7/NL-2008-0800%20Acte_en%20CORR.pdf.

( 15 ) Vgl. Urteil vom 1. Februar 2012 (ECLI:NL:CBB:2012:BV2285).

( 16 ) Empfehlung 2007/879/EG der Kommission vom 17. Dezember 2007 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21 für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (ABl. L 344, S. 65).

( 17 ) Nach Nr. 17 der Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (ABl. 2002, C 165, S. 6, im Folgenden: Leitlinien der Kommission) sollten die „Vorabverpflichtungen … nur auferlegt werden, wenn der in Frage stehende elektronische Kommunikationsmarkt Merkmale aufweist, die eine bereichsspezifische Regulierung rechtfertigen können, und die zuständige NRB einen oder mehrere Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht ermittelt hat“ (vgl. auch Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie).

( 18 ) Zu beachten ist, dass Art. 17 die Dienste für Endnutzer betrifft, während die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Transitdienste für Anrufe zu geografisch nicht gebundenen Nummern auf dem Vorleistungsmarkt erfolgen, was im vorliegenden Fall die Anwendung von Art. 17 ausschließt.

( 19 ) Nach Art. 17 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie können zu „den … Verpflichtungen … auch die Anforderungen gehören, dass die Unternehmen keine überhöhten Preise berechnen [oder] den Markteintritt nicht behindern“. Im Übrigen sieht dieser Abs. 2 vor, dass „[d]ie [NRB] … diesen Unternehmen geeignete Maßnahmen zur Einhaltung von Obergrenzen bei Endnutzerpreisen, Maßnahmen zur Kontrolle von Einzeltarifen oder Maßnahmen im Hinblick auf kostenorientierte Tarife oder Preise von vergleichbaren Märkten auferlegen [können], um die Interessen der Endnutzer zu schützen und einen wirksamen Wettbewerb zu fördern“.

( 20 ) Hervorhebung nur hier.

( 21 ) Vgl. S. 86 des Arbeitsdokuments der Dienststellen der Kommission, das auf Englisch verfügbar ist (SEC[2007] 1472), Einleitung von Kapitel IV („Connecting with citizens“).

( 22 ) Diese Regierung nennt als unerwünschte Handelspraktiken insbesondere die Anrufe von Mobiltelefonen zu den Nummern 0900, für die eine Standarderhöhung des Weiterleitungsentgelts (Transitentgelt) um 25 bis 35 Cent pro Minute galt, ferner dass die Mobilfunkbetreiber auch ein Entgelt von 25 Cent pro Minute für die Anrufe zu den Nummern 0800 verlangten, obwohl diese Auskunftsdienste selbst kostenfrei angeboten wurden, was zur Folge hatte, dass eine Reihe von Anbietern von mit diesen 0800-Nummern verbundenen Dienstleistungen dafür sorgte, dass diese Nummern nicht mehr aus dem Mobilfunknetz angerufen werden konnten, oder auch dass bei den Nummern 14 (Dienste sozialer Art), 088 (Unternehmensnummern) und 116 (europäische harmonisierte Dienste sozialer Art) der Umstand, dass der Endnutzer die abweichenden Verbindungsentgelte für diese geografisch nicht gebundenen Nummern im Allgemeinen dem mit dieser Nummer verbundenen Teilnehmer zurechnet, von den Anbietern dazu benutzt wurde, hohe Zuschläge auf die Verbindungsentgelte in Rechnung zu stellen.

( 23 ) Hervorhebung nur hier.

( 24 ) Hervorhebung nur hier.

( 25 ) Vgl. 46. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/136.

( 26 ) Vgl. 38. Erwägungsgrund der Universaldienstrichtlinie.

( 27 ) Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache TDC (C‑556/12, EU:C:2014:17, Nrn. 41 und 42).

( 28 ) Ebd. (Nrn. 43 und 44).

( 29 ) Dieser elfte Erwägungsgrund sieht vor: „Nach dem Grundsatz der Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen sollten die Mitgliedstaaten die Unabhängigkeit ihrer [NRB] garantieren, um die Unparteilichkeit ihrer Beschlüsse sicherzustellen. Die Anforderung der Unabhängigkeit berührt weder die institutionelle Autonomie [noch] die verfassungsmäßigen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten.“

( 30 ) Der fünfte Erwägungsgrund der Universaldienstrichtlinie weist auf diese Unterscheidung zwischen zwei Gruppen von Unternehmern hin. Dort heißt es nämlich: „In einem Wettbewerbsmarkt sollten bestimmte Verpflichtungen für alle Unternehmen gelten, die öffentlich zugängliche Telefondienste an festen Standorten erbringen, andere sollten nur für Unternehmen gelten, die über eine beträchtliche Marktmacht verfügen oder als Universaldienstbetreiber benannt wurden.“

( 31 ) Art. 2 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie bestimmt: „Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 2 der [Rahmenrichtlinie].“

( 32 ) Vgl. S. 32 des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2002/22, der Richtlinie 2002/58 und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (KOM[2007] 698 endgültig).

( 33 ) Vgl. S. 46 des Standpunkts des Europäischen Parlaments, festgelegt in erster Lesung am 24. September 2008 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2008/…/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2002/22, der Richtlinie 2002/58 und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (Dokument P6_TC1-COD[2007] 248, ABl. 2010, C 8E, S. 360).

( 34 ) C‑389/08, EU:C:2010:584.

( 35 ) Rn. 30.

( 36 ) Vgl. Urteil Comisión del Mercado de las Telecomunicaciones (C‑82/07, EU:C:2008:143, Rn. 24 bis 26).

( 37 ) C‑424/07, EU:C:2009:749.

( 38 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Base u. a. (C‑389/08, EU:C:2010:360, Nr. 46).

( 39 ) Ebd. (Nr. 41). Vgl. auch Urteil Kommission/Deutschland (C‑424/07, EU:C:2009:749, Rn. 74 bis 78).

( 40 ) Vgl. Urteil Deutsche Telekom (C‑543/09, EU:C:2011:279, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 41 ) Vgl. elfter Erwägungsgrund und Art. 3 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie.

( 42 ) Vgl. Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie.

( 43 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Base u. a. (C‑389/08, EU:C:2010:584, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 44 ) Vgl. 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/140 und, gleichfalls in diesem Sinne, Art. 3 Abs. 3a der Rahmenrichtlinie.

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