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Document 62013TJ0620

Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 15. September 2016.
Marchi Industriale SpA gegen Europäische Chemikalienagentur.
REACH – Gebühr für die Registrierung eines Stoffes – Ermäßigung für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen – Fehler bei der Angabe der Unternehmensgröße – Empfehlung 2003/361/EG – Entscheidung, mit der ein Verwaltungsentgelt erhoben wird – Bestimmung der Unternehmensgröße – Befugnis der ECHA – Begründungspflicht.
Rechtssache T-620/13.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2016:479

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

15. September 2016 ( *1 )

„REACH — Gebühr für die Registrierung eines Stoffes — Ermäßigung für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen — Fehler bei der Angabe der Unternehmensgröße — Empfehlung 2003/361/EG — Entscheidung, mit der ein Verwaltungsentgelt erhoben wird — Bestimmung der Unternehmensgröße — Befugnis der ECHA — Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑620/13

Marchi Industriale SpA mit Sitz in Florenz (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Baldassarri und F. Donati,

Klägerin,

gegen

Europäische Chemikalienagentur (ECHA), zunächst vertreten durch M. Heikkilä, A. Iber, E. Bigi, J.-P. Trnka und E. Maurage, dann durch M. Heikkilä, E. Bigi, J.-P. Trnka und E. Maurage als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt C. Garcia Molyneux,

Beklagte,

betreffend zum einen einen Antrag nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Entscheidung SME(2013) 3747 der ECHA vom 19. September 2013, mit der festgestellt wurde, dass die Klägerin nicht die Voraussetzungen für eine Ermäßigung der Gebühren für mittlere Unternehmen erfülle, und ihr ein Verwaltungsentgelt auferlegt wurde, und zum anderen einen Antrag nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Rechnungen, welche die ECHA nach dem Erlass der Entscheidung SME(2013) 3747 gestellt hat,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter F. Dehousse (Berichterstatter) und A. M. Collins,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2015

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Am 20., 22., 23. und 25. November 2010 ließ die Klägerin, die Marchi Industriale SpA, mehrere Stoffe nach der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. 2006, L 396, S. 1) registrieren.

2

Im Registrierungsverfahren gab die Klägerin an, sie sei ein „mittleres Unternehmen“ im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. 2003, L 124, S. 36). Aufgrund dieser Angabe konnte sie eine Ermäßigung der für eine Registrierung anfallenden Gebühren nach Art. 6 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 in Anspruch nehmen. Nach Art. 74 Abs. 1 dieser Verordnung wurde die Gebühr in der Verordnung (EG) Nr. 340/2008 der Kommission vom 16. April 2008 über die an die Europäische Chemikalienagentur zu entrichtenden Gebühren und Entgelte gemäß der Verordnung Nr. 1907/2006 (ABl. 2008, L 107, S. 6) festgesetzt. Anhang I der Verordnung Nr. 340/2008 enthält insbesondere die Beträge der Gebühren für die Anträge auf Registrierung nach Art. 6 der Verordnung Nr. 1907/2006 und die Ermäßigungen für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen. Im Übrigen sieht Art. 13 Abs. 4 der Verordnung Nr. 340/2008 vor, dass, wenn eine natürliche oder juristische Person, die eine Ermäßigung oder einen Gebührenverzicht in Anspruch nimmt, diesen Anspruch nicht belegen kann, die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) die Gebühr oder das Entgelt in voller Höhe sowie ein Verwaltungsentgelt erhebt. Diesbezüglich erließ der Verwaltungsrat der ECHA am 12. November 2010 den Beschluss MB/D/29/2010 über die Klassifizierung von Dienstleistungen, für die Entgelte erhoben werden (im Folgenden: Beschluss MB/D/29/2010). Gemäß Art. 2 und Tabelle 1 im Anhang dieses Beschlusses in der durch den Beschluss MB/21/2012/D des Verwaltungsrats der ECHA vom 12. Februar 2013 geänderten Fassung beträgt das Verwaltungsentgelt nach Art. 13 Abs. 4 der Verordnung Nr. 340/2008 für große Unternehmen 19900 Euro, für mittlere Unternehmen 13900 Euro und für kleine Unternehmen 7960 Euro.

3

Am 20., 22., 23. und 25. November 2010 stellte die ECHA sechs Rechnungen in Höhe von jeweils 16275 Euro aus. Dieser Betrag entsprach gemäß Anhang I der Verordnung Nr. 340/2008 in der zum Zeitpunkt des Sachverhalts geltenden Fassung der von einem mittleren Unternehmen bei einer gemeinsamen Einreichung geschuldeten Gebühr für Stoffe im Mengenbereich über 1000 Tonnen.

4

Am 24. August 2012 wurde die Klägerin von der ECHA aufgefordert, eine Reihe von Dokumenten vorzulegen, um ihre Angaben, wonach sie ein mittleres Unternehmen sei, zu überprüfen.

5

Am 19. September 2013 erließ die ECHA nach einem Austausch von Dokumenten und einem E‑Mail-Wechsel die Entscheidung SME(2013) 3747 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Darin vertrat sie die Ansicht, die Klägerin sei als großes Unternehmen anzusehen und müsse die entsprechende Gebühr entrichten. Unter diesen Umständen teilte die ECHA der Klägerin mit, sie werde ihr Rechnungen ausstellen, welche die Differenz zwischen den anfänglich gezahlten Gebühren und den letztlich geschuldeten Gebühren deckten, sowie eine Rechnung in Höhe von 19900 Euro zur Begleichung des Verwaltungsentgelts.

6

Am 10. Oktober 2013 legte die Klägerin nach den Art. 91 und 92 der Verordnung Nr. 1907/2006 gegen die angefochtene Entscheidung bei der Widerspruchskammer der ECHA Widerspruch ein.

7

Am 2. April 2014 entschied die Widerspruchskammer der ECHA, das bei ihr anhängige Verfahren bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der vorliegenden Rechtssache auszusetzen.

Verfahren und Anträge der Parteien

8

Mit Klageschrift, die am 22. November 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Die Klage ist Teil mehrerer zusammenhängender Verfahren.

9

Im ersten dieser zusammenhängenden Verfahren erging das Nichtigkeitsurteil vom 2. Oktober 2014, Spraylat/ECHA (T‑177/12, EU:T:2014:849).

10

Am 8. Januar 2015 sind die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 aufgefordert worden, zur eventuellen Bedeutung des Urteils vom 2. Oktober 2014, Spraylat/ECHA (T‑177/12, EU:T:2014:849), für den vorliegenden Rechtsstreit Stellung zu nehmen und eine Frage zu beantworten. Die Parteien sind dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen.

11

Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Vorschlag des Berichterstatters am 16. Oktober 2015 beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 seiner Verfahrensordnung aufgefordert, eine Frage zu beantworten und bestimmte Dokumente vorzulegen. Die Parteien sind diesen Aufforderungen fristgerecht nachgekommen.

12

Die Parteien haben in der Sitzung vom 16. Dezember 2015 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

13

Die Klägerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und damit für nichtig zu erklären, so dass diese Entscheidung keine Wirkungen entfalten kann, sowie die Rechnungen für nichtig zu erklären, die zur Erhebung der höheren Gebühren und für angeblich fällige Sanktionen gestellt wurden.

14

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihren Antrag auf Nichtigerklärung der in Durchführung der angefochtenen Entscheidung gestellten Rechnungen zurückgenommen, was zu Protokoll genommen worden ist.

15

Die ECHA beantragt,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zur Zuständigkeit des Gerichts

16

Die ECHA betont, die Widerspruchskammer sei für eine Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit, mit dem diese ebenfalls befasst worden sei, nicht zuständig, da die angefochtene Entscheidung nicht zu den Entscheidungen gehöre, gegen die bei dieser Widerspruch eingelegt werden könne.

17

Die Klägerin erklärt, die vorliegende Klage bedeute keinen Verzicht ihrerseits auf den Widerspruch, den sie bei der Widerspruchskammer der ECHA eingelegt habe. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auch angegeben, sie halte das Gericht für eine Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits für zuständig.

18

Art. 94 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 sieht vor, dass „[z]ur Anfechtung einer Entscheidung der Widerspruchskammer oder – im Fall nicht widerspruchsfähiger Entscheidungen – der [ECHA] nach Maßgabe des Artikels [263 AEUV] Klage beim Gericht … oder beim Gerichtshof erhoben werden [kann]“.

19

In diesem Zusammenhang bestimmt Art. 91 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006, dass „Entscheidungen der [ECHA] nach den Artikeln 9 und 20, Artikel 27 Absatz 6, Artikel 30 Absätze 2 und 3 und Artikel 51 [der Verordnung Nr. 1907/2006] [vor der Widerspruchskammer] mit einem Widerspruch anfechtbar [sind]“.

20

Die angefochtene Entscheidung wurde allerdings nicht aufgrund der in Art. 91 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Bestimmungen, sondern gemäß Art. 13 Abs. 4 der Verordnung Nr. 340/2008 und gemäß den Art. 2 und 4 des Beschlusses MB/D/29/2010 getroffen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass weder die Verordnung Nr. 340/2008 noch der Beschluss MB/D/29/2010 in Anwendung der in Art. 91 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Bestimmungen erlassen worden sind.

21

Zudem ist festzustellen, dass die Bestimmungen der Art. 9, 27, 30 und 51 der Verordnung Nr. 1907/2006, die in Art. 91 Abs. 1 dieser Verordnung genannt werden, Entscheidungen betreffen, die keinen Bezug zu der Gebühr aufweisen, welche die Registranten zu entrichten haben.

22

Was Art. 20 der Verordnung Nr. 1907/2006 betrifft, so zielt dieser auf die „Pflichten der [ECHA]“ ab. Abs. 5 dieses Artikels sieht vor, dass „[g]egen Entscheidungen der [ECHA] nach Absatz 2 [dieses] Artikels … Widerspruch nach den Artikeln 91, 92 und 93 [der Verordnung Nr. 1907/2006 eingelegt werden [kann]“. Abs. 2 dieses Artikels betrifft die „Vollständigkeitsprüfung“, welche die ECHA für jede Registrierung vornimmt, einschließlich der Entrichtung der Gebühr. Es ist jedoch festzustellen, dass diese Prüfung „keine Beurteilung der Qualität oder der Angemessenheit vorgelegter Daten oder Begründungen“ umfasst. Im Übrigen sieht Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 vor, dass die ECHA „die Registrierung ablehnt“, wenn das Registrierungsdossier „unvollständig“ ist und der Registrant es „nicht fristgerecht vervollständigt“. Abgesehen davon, dass die angefochtene Entscheidung nicht auf Art. 20 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 gestützt wird, wird mit ihr im vorliegenden Fall die Registrierung der fraglichen Stoffe jedoch nicht abgelehnt.

23

In Anbetracht dieser Umstände ist festzustellen, dass das Gericht für die Entscheidung über die vorliegende Klage zuständig ist, und dies ungeachtet des Widerspruchs gegen die angefochtene Entscheidung, den die Klägerin außerdem bei der Widerspruchskammer der ECHA eingelegt hat (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 16. September 2015, Calestep/ECHA, T‑89/13, EU:T:2015:711, Rn. 16 bis 22).

Zur Begründetheit

24

Die Klägerin trägt zur Stützung ihrer Klage zwei Klagegründe vor. Mit dem ersten Klagegrund macht sie eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung geltend. Den zweiten Klagegrund stützt sie im Wesentlichen auf eine fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts des vorliegenden Falles.

Zum ersten Klagegrund: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung

25

Die Klägerin macht geltend, die ECHA habe, trotz der ausführlichen und dokumentierten Stellungnahme, welche die Klägerin getätigt habe, ihr Vorbringen nicht berücksichtigt. Insbesondere habe die ECHA die von der Klägerin mit Schreiben vom 8. Juli 2013 mitgeteilten Klarstellungen nicht berücksichtigt. Die Klägerin erklärt, sie sei nicht in der Lage, die Gründe der ECHA für den Erlass der angefochtenen Entscheidung nachzuvollziehen. Der Verweis der ECHA in ihren Schriftsätzen auf das Schreiben vom 5. September 2013 ändere hieran nichts. Insbesondere macht die Klägerin geltend, in ihrem Schreiben vom 8. Juli 2013 habe sie deutlich gemacht, dass die Daten der Esseco Group Srl nicht berücksichtigt werden dürften. Die ECHA sei jedoch in ihrem Schreiben vom 5. September 2013 nicht auf das Vorbringen der Klägerin eingegangen. Der Umstand, dass in der angefochtenen Entscheidung auf eine Vielzahl von Anlagen verwiesen werde, mache es im Übrigen schwierig, die Gründe der ECHA zu verstehen.

26

Die ECHA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

27

Zu beachten ist, dass die nach Art. 296 AEUV erforderliche Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein muss und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollfunktion ausüben kann. Was insbesondere die Begründung von Einzelentscheidungen angeht, hat die Pflicht zur Begründung solcher Entscheidungen neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht. Außerdem ist das Begründungserfordernis anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des betreffenden Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 93 und 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28

Im Übrigen ist anzumerken, dass sowohl die Verordnung Nr. 1907/2006 in ihrem Art. 3 als auch die Verordnung Nr. 340/2008 in ihrem neunten Erwägungsgrund und in ihrem Art. 2 bei der Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen auf die Empfehlung 2003/361 verweisen.

29

Die Empfehlung 2003/361 enthält einen Anhang, dessen Titel I die „[v]on der Kommission angenommene Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen“ betrifft. Art. 2 dieses Titels hat die Überschrift „Mitarbeiterzahlen und finanzielle Schwellenwerte zur Definition der Unternehmensklassen“.

30

Im Fall eines eigenständigen Unternehmens, d. h. eines Unternehmens, das nicht als „Partnerunternehmen“ oder „verbundenes Unternehmen“ im Sinne von Art. 3 Abs. 2 und 3 des Anhangs der Empfehlung 2003/361 gilt, werden gemäß Art. 6 Abs. 1 dieses Anhangs die Daten einschließlich der Mitarbeiterzahl ausschließlich auf der Grundlage der Jahresabschlüsse dieses Unternehmens erstellt.

31

Im Fall eines Unternehmens, das Partnerunternehmen oder verbundene Unternehmen hat, werden gemäß Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 des Anhangs der Empfehlung 2003/361 die Daten einschließlich der Mitarbeiterzahl auf der Grundlage der Jahresabschlüsse und sonstiger Daten des Unternehmens erstellt oder, sofern vorhanden, anhand der konsolidierten Jahresabschlüsse des Unternehmens bzw. der konsolidierten Jahresabschlüsse, in die das Unternehmen durch Konsolidierung eingeht. Gemäß Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 des Anhangs der Empfehlung 2003/361 werden diesen Daten zum einen die Daten der Partnerunternehmen (die dem betroffenen Unternehmen unmittelbar vor- oder nachgeschaltet sind) proportional zum Anteil der Beteiligung am Kapital oder an den Stimmrechten hinzugerechnet, wobei der höhere dieser beiden Anteile zugrunde gelegt wird, und zum anderen 100 % der Daten derjenigen direkt oder indirekt mit dem betroffenen Unternehmen verbundenen Unternehmen, die in den konsolidierten Jahresabschlüssen noch nicht berücksichtigt wurden.

32

Gemäß Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 1 des Anhangs der Empfehlung 2003/361 gehen bei der Anwendung von Art. 6 Abs. 2 dieses Anhangs die Daten der Partnerunternehmen des betroffenen Unternehmens aus den Jahresabschlüssen und sonstigen Daten, sofern vorhanden in konsolidierter Form, hervor, zu denen 100 % der Daten der mit diesen Partnerunternehmen verbundenen Unternehmen addiert werden, sofern ihre Daten noch nicht durch Konsolidierung erfasst wurden. Die Daten der mit den betroffenen Unternehmen verbundenen Unternehmen sind aus ihren Jahresabschlüssen und sonstigen Angaben, sofern vorhanden in konsolidierter Form, zu entnehmen. Gemäß Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 2 des Anhangs der Empfehlung 2003/361 werden zu diesen Daten gegebenenfalls die Daten der Partnerunternehmen dieser verbundenen Unternehmen, die diesen unmittelbar vor- oder nachgeschaltet sind, anteilsmäßig hinzugerechnet, sofern sie in den konsolidierten Jahresabschlüssen nicht bereits anteilsmäßig so erfasst wurden, dass der entsprechende Wert mindestens dem Anteil der Beteiligung am Kapital oder an den Stimmrechten entspricht, wobei der höhere dieser beiden Anteile zugrunde gelegt wird.

33

Im vorliegenden Fall ist die ECHA in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass die Klägerin 250 Mitarbeiter oder mehr beschäftigt, einen Jahresumsatz von über 50 Mio. Euro erzielt und sich ihre Jahresbilanz auf über 43 Mio. Euro beläuft. Aufgrund dessen war die ECHA der Ansicht, dass die Klägerin nicht als mittleres Unternehmen angesehen werden könne.

34

Die Berechnung der ECHA wurde in einem der angefochtenen Entscheidung beigefügten Bericht im Einzelnen dargelegt. In diesem Bericht hat die ECHA die Daten der als „verbundene Unternehmen“ (Crosfield Italia Srl) und der als „Partnerunternehmen“ (Marfin Srl und Esseco Group) eingestuften Unternehmen übernommen und diese danach ganz oder teilweise den Daten der Klägerin hinzugerechnet. Was die als „Partnerunternehmen“ eingestuften Unternehmen anbelangt, hat die ECHA u. a. 49,9995 % der Daten der Esseco Group berücksichtigt. Die Klägerin hat sich in einem an die ECHA gerichteten Schreiben vom 8. Juli 2013 gegen die Berücksichtigung der Daten der Esseco Group gewandt.

35

Einleitend ist auf die Beziehungen hinzuweisen, welche die Klägerin zum Zeitpunkt der Ereignisse zu anderen Unternehmen unterhielt. Zuallererst war die Klägerin mit Crosfield Italia verbunden, da sie die Mehrheit des Stammkapitals dieses Unternehmens hielt. Die Klägerin war wiederum ein Partnerunternehmen von Marfin (die zwischen 25 % und 50 % ihres Grundkapitals hielt) und der Essemar SpA (von der die Klägerin zwischen 25 % und 50 % des Grundkapitals hielt). Essemar war im Übrigen der ECHA zufolge mit der Esseco Group verbunden, da das letztgenannte Unternehmen offiziell die Mehrheit des Grundkapitals und damit der Stimmrechte der Aktionäre des erstgenannten Unternehmens hielt, was die Klägerin in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat.

36

Was erstens die Berücksichtigung der Daten von Crosfield Italia und von Marfin anbelangt, konnte die Klägerin dem der angefochtenen Entscheidung beigefügten Bericht die Gründe für diesen Beschluss entnehmen, vor allem angesichts der einschlägigen Bestimmungen der Empfehlung 2003/361. Insbesondere geht aus diesen Bestimmungen und den Umständen des vorliegenden Falles klar hervor, dass die ECHA die Daten von Crosfield Italia in vollem Umfang berücksichtigt hat, da dieses Unternehmen mit der Klägerin verbunden war (in Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 3 des Anhangs der Empfehlung 2003/361), und die Daten von Marfin anteilsmäßig, da dieses Unternehmen ein Partnerunternehmen der Klägerin war (in Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 des Anhangs der Empfehlung 2003/361). Die Klägerin wendet sich im Übrigen im Rahmen der vorliegenden Klage nicht speziell gegen die Berücksichtigung der Daten dieser Unternehmen.

37

Was zweitens die Berücksichtigung der Daten der Esseco Group betrifft, welche die Klägerin im Verwaltungsverfahren gerügt hat und die insbesondere Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, hat die ECHA die Klägerin in einem Schreiben vom 5. September 2013 darauf hingewiesen, dass die Esseco Group mit Essemar verbunden sei, die ein Partnerunternehmen der Klägerin sei. Die ECHA hat auch die Gründe genannt, weshalb sie davon ausging, dass die Esseco Group mit Essemar verbunden sei. Außerdem hat die ECHA – vor ihrem Hinweis auf das Erfordernis, zu berücksichtigen sei, dass die Daten von Essemar in den konsolidierten Jahresabschlüssen der Esseco Group enthalten seien – gemäß Art. 6 Abs. 3 des Anhangs der Empfehlung 2003/361 Folgendes mitgeteilt:

„[D]ie Daten des Partnerunternehmens [im vorliegenden Fall Essemar] des betroffenen Unternehmens [im vorliegenden Fall die Klägerin] gehen aus den Jahresabschlüssen und sonstigen Daten, sofern vorhanden in konsolidierter Form, hervor. Zu diesen werden 100 % der Daten der mit diesem Partnerunternehmen [Esseco Group] verbundenen Unternehmen addiert, sofern ihre Daten noch nicht durch Konsolidierung erfasst wurden. Da in Ihrem Fall die Esseco Group mit Essemar verbunden ist, die ein Partnerunternehmen [der Klägerin] ist, sind folglich die Daten der Esseco Group bei der Feststellung der Gesamtdaten [der Klägerin] zu berücksichtigen.“

38

Hieraus folgt, dass die Klägerin die Gründe erkennen konnte, welche die ECHA bei der Berechnung ihrer Größe und insbesondere der Berücksichtigung der Daten der Esseco Group geleitet haben. Die Klägerin war vor allem in der Lage, nachzuvollziehen, weshalb die ECHA der Ansicht war, dass die Esseco Group mit Essemar verbunden sei. Im Übrigen konnte die Klägerin nachvollziehen, dass die Daten der Esseco Group für die Berechnung ihrer Größe berücksichtigt wurden, da die Esseco Group nach Ansicht der ECHA mit einem Partnerunternehmen der Klägerin (Essemar) verbunden war. Die Klägerin war auch in der Lage, zu erkennen, dass die ECHA für die Berücksichtigung der Daten der Esseco Group entschieden hatte, Art. 6 Abs. 3 des Anhangs der Empfehlung 2003/361 anzuwenden, dem zufolge „die Daten der Partnerunternehmen des betroffenen Unternehmens aus den Jahresabschlüssen und sonstigen Daten (sofern vorhanden in konsolidierter Form) hervor[gehen], zu denen 100 % der Daten der mit diesen Partnerunternehmen verbundenen Unternehmen addiert werden, sofern ihre Daten noch nicht durch Konsolidierung erfasst wurden“. Zuletzt konnte die Klägerin von dem Zeitpunkt an, zu dem die konsolidierten Jahresabschlüsse der Esseco Group der ECHA zufolge die Daten von Essemar enthielten, nachvollziehen, dass die Berücksichtigung der Daten der Esseco Group zu 49,9995 % zum einen widerspiegelte, dass die Daten von Essemar im Umfang der Beteiligung der Klägerin am Grundkapital berücksichtigt wurden, und zum anderen, dass die Daten der Esseco Group berücksichtigt wurden (ebenfalls im Umfang der Beteiligung der Klägerin am Grundkapital von Essemar).

39

Ungeachtet der von der Klägerin im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes vorgetragenen Argumente ist daher davon auszugehen, dass die angefochtene Entscheidung dem Begründungserfordernis gemäß Art. 296 AEUV genügt.

40

Der erste Klagegrund ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts

41

Nach Ansicht der Klägerin ist die ECHA zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Esseco Group und sie selbst Partnerunternehmen seien. Die Daten der Esseco Group seien daher für die Bestimmung der Größe der Klägerin berücksichtigt worden. Zwischen der Esseco Group und der Klägerin bestehe jedoch keinerlei – auch keine indirekte – Beziehung. Bezugnehmend auf die italienischen Rechtsvorschriften zur Ausführung der Empfehlung 2003/361 gibt die Klägerin an, die Esseco Group halte die Mehrheit am Grundkapital von Essemar, und sie selbst besitze den übrigen Teil. Die Esseco Group verfüge jedoch wegen schriftlicher Vereinbarungen zwischen den Aktionären von Essemar nicht über die Mehrheit der Stimmrechte im letztgenannten Unternehmen. Weder die Esseco Group noch Essemar übten innerhalb der Klägerin Stimmrechte aus. Die Daten der Esseco Group hätten folglich für die Bestimmung der Größe der Klägerin nicht berücksichtigt werden dürfen. Nur die Daten von Essemar, die ein Partnerunternehmen der Klägerin sei, hätten berücksichtigt werden dürfen. Vor diesem Hintergrund hätte die ECHA die Klägerin nicht als großes Unternehmen einstufen dürfen.

42

In der Erwiderung führt die Klägerin aus, die von der ECHA in der Klagebeantwortung vorgenommene Auslegung sei, selbst wenn der Wortlaut der fraglichen Bestimmung hierfür als Grundlage angesehen werden könnte, nicht sachgemäß. Diese Auslegung führe nämlich dazu, dass Daten von Unternehmen berücksichtigt würden, die nicht – auch nicht indirekt – dem betroffenen Unternehmen gehörten. Die betreffenden Bestimmungen seien dahin zu verstehen, dass die Daten des betroffenen Unternehmens proportional zum Anteil der Beteiligung den Daten der Unternehmen hinzuzurechnen seien, die den Partnerunternehmen oder verbundenen Unternehmen des betroffenen Unternehmens gehörten, und nicht, dass sie den Daten der Unternehmen hinzuzurechnen seien, die ihrerseits Anteile an den Partnerunternehmen oder verbundenen Unternehmen des betroffenen Unternehmens hielten. Ungeachtet dieser Auslegung verweist die Klägerin darauf, dass die Esseco Group nicht über die Mehrheit der Stimmrechte bei Essemar verfüge. Hilfsweise macht sie geltend, die ECHA habe bei der Bestimmung ihrer Größe einen Fehler begangen, indem sie entschieden habe, 100 % der Daten der Esseco Group hinzuzurechnen. Die ECHA habe nur die Daten der Esseco Group zu denjenigen von Essemar hinzufügen und diese dann der Klägerin proportional zu dem von ihr gehaltenen Anteil am Kapital von Essemar hinzurechnen dürfen.

43

Die ECHA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

44

Erstens ist anzumerken, dass die Klägerin nicht die Feststellung der ECHA bestreitet, dass Essemar und sie selbst „Partnerunternehmen“ im Sinne von Art. 3 Abs. 2 des Anhangs der Empfehlung 2003/361 sind.

45

Zweitens hat die ECHA in ihrem der angefochtenen Entscheidung beigefügten Bericht zwar die Partnerunternehmen der Klägerin genannt, darunter die Esseco Group, obwohl dieses Unternehmen kein Partnerunternehmen der Klägerin im Sinne der Empfehlung 2003/361 war. Aus dem Schreiben der ECHA vom 5. September 2013 geht jedoch auch hervor, dass der Wortlaut von Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 1 des Anhangs der Empfehlung 2003/361 übernommen und diese Bestimmung im vorliegenden Fall angewandt wurde.

46

Drittens geht, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, aus dem der angefochtenen Entscheidung beigefügten Bericht hervor, dass die Daten der Esseco Group nur proportional zum Anteil der Klägerin am Kapital von Essemar berücksichtigt wurden. Die Klägerin erkennt im Übrigen in der Erwiderung an, dass eine solche anteilsmäßige Zurechnung möglich war.

47

Viertens wird das Vorbringen der Klägerin, dem zufolge die Esseco Group nicht über die Mehrheit der Stimmrechte bei Essemar verfügt, durch keinen Beweis belegt. Insbesondere geht aus den vorgetragenen Umständen hervor, dass die Esseco Group und die Klägerin mit Vereinbarung vom 30. März 2004 beschlossen, ein gemeinsames Unternehmen zu gründen, nämlich Essemar, wobei jede Vertragspartei die Hälfte des Grundkapitals dieses Unternehmens besaß. Auch geht aus einer schriftlichen Vereinbarung zwischen der Esseco Group und der Klägerin vom 9. November 2006 zum einen hervor, dass die Klägerin 0,0005 % des Grundkapitals von Essemar auf die Esseco Group übertragen hat, und zum anderen, dass die Klägerin ein Optionsrecht hat, 0,0005 % des Grundkapitals von Essemar zu erwerben. Hieraus folgt, dass die Esseco Group zum Zeitpunkt der Registrierung der Stoffe bei der ECHA über die Mehrheit am Grundkapital von Essemar verfügte, nämlich 50,0005 %, was die Klägerin in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat. Im Übrigen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Esseco Group nicht über die Mehrheit der Stimmrechte bei Essemar verfügte. Die Tatsache, dass die Klägerin ein Optionsrecht hat, 0,0005 % des Grundkapitals von Essemar zu erwerben, ändert nichts an dieser Feststellung, da die betreffende Option nie ausgeübt wurde. Die Klägerin hat im Übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Esseco Group, da sie die Mehrheit am Grundkapital von Essemar hielt, offiziell über die Mehrheit der Stimmrechte in diesem Unternehmen verfügte.

48

Fünftens weicht die von der Klägerin vorgenommene Auslegung des Anhangs der Empfehlung 2003/361 und insbesondere von dessen Art. 6 offensichtlich von der gewöhnlichen Bedeutung der verwendeten Wörter ab; ihr kann daher nicht gefolgt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 1. Oktober 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑209/96, EU:C:1998:448, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49

Nach alledem lässt das Vorbringen der Klägerin nicht den Schluss zu, dass die ECHA bei der Beurteilung ihrer Größe einen Fehler begangen hat.

50

Der zweite Klagegrund ist folglich als unbegründet zurückzuweisen, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.

Kosten

51

Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der ECHA die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Marchi Industriale SpA trägt die Kosten.

 

Frimodt Nielsen

Dehousse

Collins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. September 2016.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.

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