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Document 62013TJ0305

Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 25. Juni 2015.
Servizi assicurativi del commercio estero SpA (SACE) und Sace BT SpA gegen Europäische Kommission.
Staatliche Beihilfen – Ausfuhrkreditversicherung – Rückversicherungsschutz, den ein öffentliches Unternehmen seiner Tochtergesellschaft gewährt – Kapitaleinlagen zur Deckung von Verlusten der Tochtergesellschaft – Begriff ‚staatliche Beihilfen‘ – Zurechenbarkeit an den Staat – Kriterium des privaten Kapitalgebers – Begründungspflicht.
Rechtssache T-305/13.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2015:435

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

25. Juni 2015 ( *1 )

„Staatliche Beihilfen — Ausfuhrkreditversicherung — Rückversicherungsschutz, den ein öffentliches Unternehmen seiner Tochtergesellschaft gewährt — Kapitaleinlagen zur Deckung von Verlusten der Tochtergesellschaft — Begriff ‚staatliche Beihilfen‘ — Zurechenbarkeit an den Staat — Kriterium des privaten Kapitalgebers — Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑305/13

Servizi assicurativi del commercio estero SpA (SACE) mit Sitz in Rom (Italien),

Sace BT SpA mit Sitz in Rom,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Siragusa und G. Rizza,

Klägerinnen,

unterstützt durch

Italienische Republik, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,

Streithelferin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch G. Conte, D. Grespan und K. Walkerová als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses 2014/525/EU der Kommission vom 20. März 2013 über die Maßnahmen SA.23425 (11/C) (ex NN 41/10), die Italien 2004 und 2009 für Sace BT SpA eingeführt hat (ABl. 2014, L 239, S. 24),

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude (Berichterstatter), der Richterin I. Wiszniewska-Białecka und des Richters I. Ulloa Rubio,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2014

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Die Klägerinnen, die Servizi assicurativi del commercio estero SpA (SACE) und ihre 100%ige Tochtergesellschaft Sace BT SpA, sind auf dem Gebiet der Exportkreditversicherung tätig, d. h. der Versicherung der Risiken, die mit Exportkrediten verbunden sind, die Transaktionen innerhalb der Europäischen Union sowie mit zahlreichen Drittländern finanzieren.

Exportkredit-Mitteilung

2

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichte am 19. September 1997 eine Mitteilung an die Mitgliedstaaten nach Art. [108 Abs. 1 AEUV] zur Anwendung der Artikel [107 AEUV] und [108 AEUV] auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (ABl. C 281, S. 4, im Folgenden: Exportkredit-Mitteilung). Diese Mitteilung in der Fassung der Mitteilungen an die Mitgliedstaaten von 2001 (ABl. C 217, S. 2) und 2005 (ABl. C 325, S. 22) war aufgrund der Änderung ihrer Geltungsdauer durch die Mitteilung von 2010 (ABl. C 329, S. 6) bis zum 31. Dezember 2012 anwendbar. In Nr. 4.2 dieser Mitteilung hatte die Kommission die Mitgliedstaaten nach Art. 93 Abs. 1 EG-Vertrag (später Art. 88 Abs. 1 EG, jetzt Art. 108 Abs. 1 AEUV) ersucht, ihre Exportversicherungssysteme für marktfähige Risiken so zu ändern, dass die privaten oder staatlichen Exportkreditversicherer für diese Risiken keine staatlichen Beihilfen mehr in Anspruch nehmen können, insbesondere nicht in Gestalt staatlicher Garantien für Kredite oder Verluste, der Bereitstellung von Kapital unter Umständen, bei denen ein unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen handelnder privater Kapitalgeber nicht in das Unternehmen investieren würde, oder einer Rückversicherung durch den Staat, entweder direkt oder indirekt über einen anderen staatlichen oder staatlich unterstützten Exportkreditversicherer, zu günstigeren Bedingungen als denen auf dem privaten Rückversicherungsmarkt.

3

Die marktfähigen Risiken waren in Nr. 2.5 Abs. 1 der Exportkredit-Mitteilung in der Fassung der Mitteilung von 2001 wie folgt definiert: „[W]irtschaftliche und politische Risiken öffentlicher und nicht öffentlicher Schuldner, die in den im Anhang aufgeführten Ländern niedergelassen sind. Bei diesen Risiken beträgt die Höchstrisikodauer (d. h. Fabrikationsdauer zuzüglich Kreditlaufzeit mit normalem Ausgangspunkt entsprechend dem Berner Verband) weniger als zwei Jahre.“ Ferner bestimmt Nr. 2.5 Abs. 2 der Exportkredit-Mitteilung in der Fassung der Mitteilung von 2001: „Alle anderen Risiken (d. h. Katastrophenrisiken und wirtschaftliche und politische Risiken in Bezug auf Länder, die nicht im Anhang aufgeführt sind) werden als noch nicht marktfähig angesehen.“ Das Verzeichnis der Länder mit marktfähigen Risiken umfasst alle Mitgliedstaaten der Union sowie OECD-Länder.

SACE

4

Vor ihrer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft im Jahr 2004 war SACE eine Körperschaft des italienischen öffentlichen Rechts (Istituto SACE). Um Nr. 4.2 der Exportkredit-Mitteilung (siehe oben, Rn. 2) nachzukommen, hatte das Istituto SACE seine Tätigkeit als Versicherer marktfähiger Risiken in Bezug auf Erstversicherungsverträge 1998 eingestellt.

5

2004 wurde SACE in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, deren Alleinaktionär das italienische Ministerium für Wirtschaft und Finanzen (im Folgenden: MWF) war. Im November 2012 wurde SACE schließlich von der Cassa depositi e prestiti, einer zu 70 % vom MWF beherrschten italienischen öffentlichen Einrichtung, übernommen.

6

Gemäß Art. 4 Abs. 1 ihrer Satzung umfasst der Gesellschaftszweck von SACE die Versicherung, Rückversicherung, Mitversicherung und Deckung von politischen Risiken, Katastrophenrisiken, wirtschaftlichen und kommerziellen Risiken, Wechselkursrisiken sowie der zusätzlichen Risiken, denen die italienischen Wirtschaftsteilnehmer und die mit ihnen verbundenen oder von ihnen beherrschten Unternehmen im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland und der Internationalisierung der italienischen Wirtschaft ausgesetzt sind. Gesellschaftszweck von SACE ist es nach Art. 4 Abs. 2 dieser Satzung darüber hinaus, ausländischen Unternehmen zu Marktbedingungen und unter Beachtung des Unionsrechts Garantien und Versicherungen im Zusammenhang mit Transaktionen zu gewähren, die für die italienische Wirtschaft unter dem Gesichtspunkt der Internationalisierung, der wirtschaftlichen Sicherheit sowie der Förderung der Produktionsprozesse und der Beschäftigung in Italien von strategischer Bedeutung sind.

7

Das Gesetzesdekret (Decreto-legge) Nr. 269 vom 30. September 2003, mit Änderungen umgewandelt in das Gesetz Nr. 326 vom 24. November 2003, dessen Art. 6 die Umwandlung des Istituto SACE in eine Aktiengesellschaft ab 1. Januar 2004 regelt, legte den Tätigkeitsbereich von SACE unter Berücksichtigung der Entwicklung des betreffenden Marktes fest.

8

Insoweit war SACE nach Art. 6 Abs. 12 des Gesetzesdekrets Nr. 269 insbesondere befugt, unter bestimmten Bedingungen auf dem Gebiet marktfähiger Risiken tätig zu werden. Dieser Artikel lautet nämlich wie folgt:

„Die SACE SpA kann die Tätigkeit ausüben, für marktfähige Risiken nach der Definition der Unionsvorschriften Versicherungen und Garantien zu gewähren. Für eine solche Tätigkeit muss eine getrennte Buchführung in Bezug auf die Tätigkeiten vorliegen, die in den Genuss der staatlichen Garantie kommen, oder es muss hierfür eine Aktiengesellschaft gegründet werden. In diesem Fall muss die Beteiligung der SACE SpA an diesem Unternehmen bei mindestens 30 % liegen [und bestimmte vorher zugewiesene Mittel] dürfen nicht für die Zeichnung ihres Kapitals verwendet werden. [Das Versichern marktfähiger Risiken] gelangt nicht in den Genuss der staatlichen Garantie.“

9

Art. 5 Abs. 1 der Satzung von SACE sieht vor, dass die Verpflichtungen, die diese Gesellschaft in Ausübung ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Versicherung, der Mitversicherung und der Garantie für nach dem Unionsrecht als nicht marktfähige Risiken geltende Risiken übernommen hat, auf der Grundlage der geltenden Regelung in den Genuss der staatlichen Garantie gelangen. Weiter heißt es in dieser Satzungsbestimmung, dass die Tätigkeiten, für die die staatliche Garantie besteht, gemäß den Bestimmungen der gesetzesvertretenden Verordnung (Decreto legislativo) Nr. 143 vom 31. März 1998, die die zugunsten von SACE aufgrund des italienischen Gesetzes Nr. 227 vom 24. Mai 1977 bestehende Garantie neu definierten, den Entscheidungen des Interministeriellen Komitees für die Wirtschaftsplanung (Comitato Interministeriale per la Programmazione Economica, im Folgenden: CIPE) unterliegen. Nach Art. 2 Abs. 3 der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 143 sind die Tätigkeiten und die Risikokategorien, die SACE übernehmen kann, vom CIPE zu bestimmen. Ferner sieht Art. 8 Abs. 1 dieser gesetzesvertretenden Verordnung vor, dass das CIPE spätestens bis zum 30. Juni eines jeden Jahres über die Finanzprognosen für die Versicherungsverbindlichkeiten von SACE zu beraten hat. Das Gesetz über die Genehmigung des staatlichen Haushaltsvoranschlags legt die globalen Höchstgrenzen der Verbindlichkeiten fest, für die die Garantie gewährt wird, und unterscheidet dabei zwischen Garantien mit einer Laufzeit von bis zu 24 Monaten und solchen mit längerer Laufzeit.

10

Art. 5 Abs. 2 der Satzung von SACE schließt deren Tätigkeiten auf dem Gebiet der Versicherung und der Garantie marktfähiger Risiken von der Garantie des Staates aus. Er sieht vor, dass die Gesellschaft für diese Tätigkeiten entweder eine getrennte Buchführung einrichtet oder hierfür eine Aktiengesellschaft gründet.

Sace BT

11

In dem oben in den Rn. 8 bis 10 angeführten gesetzlichen Rahmen beschloss SACE 2004, die Tochtergesellschaft Sace BT als rechtlich selbständige Einheit zu gründen, um auf diese Weise das Management der „marktfähigen Risiken“ im Sinne der Exportkredit-Mitteilung auszugliedern. Sace BT wurde mit einem Grundkapital von 100 Mio. Euro ausgestattet, das vollständig von SACE finanziert wurde. Darüber hinaus nahm SACE eine Kapitaleinlage in Höhe von 5,8 Mio. Euro in die Rücklagen von Sace BT vor.

12

Nach Art. 2 Abs. 1 ihrer Satzung besteht der Gesellschaftszweck von Sace BT in der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit für alle Schadenzweige, sowohl in Italien als auch im Ausland, in den durch die spezifischen Genehmigungen festgelegten Grenzen. Gemäß Art. 15 Abs. 3 dieser Satzung werden die Mitglieder des Verwaltungsrats von der Hauptversammlung ernannt und abberufen. Nach Art. 17 dieser Satzung obliegt die Geschäftsführung von Sace BT ausschließlich den Mitgliedern des Verwaltungsrats.

13

Aus dem Beschluss 2014/525/EU der Kommission vom 20. März 2013 über die Maßnahmen SA.23425 (11/C) (ex NN 41/10), die Italien 2004 und 2009 für Sace BT SpA eingeführt hat (ABl. 2014, L 239, S. 24, im Folgenden: angefochtener Beschluss) geht hervor, dass Sace BT im maßgeblichen Zeitraum hauptsächlich auf drei Gebieten tätig war, nämlich im Segment Kreditversicherung (54 % der Prämien im Jahr 2011), im Bürgschaftssegment (30 %) und in dem die anderen Zweige der Bauversicherung betreffenden Segment (13 %).

14

Im Kreditversicherungssegment war Sace BT im Bereich der kurzfristigen Exportkreditversicherungen „marktfähiger Risiken“ im Sinne der Exportkredit-Mitteilung tätig. Die Gesellschaft stellte auch Versicherungen für Transaktionen innerhalb Italiens bereit (Versicherung des inländischen Handelsverkehrs). Zudem war Sace BT nach wie vor in geringem Umfang im Bereich der kurzfristigen nicht marktfähigen Risiken tätig (vgl. 22. Erwägungsgrund, Tabelle 1, des angefochtenen Beschlusses). Im angefochtenen Beschluss heißt es, nach den von den italienischen Behörden erteilten Informationen sei diese Tätigkeit – ebenso wie die anderen Tätigkeiten – zu Marktbedingungen und ohne staatliche Garantie ausgeübt worden.

Verwaltungsverfahren und angefochtener Beschluss

15

Auf eine 2007 eingegangene Beschwerde hin leitete die Kommission eine Voruntersuchung wegen etwaiger staatlicher Beihilfen ein, die sich aus verschiedenen von SACE zugunsten von Sace BT durchgeführten Maßnahmen ergeben könnten. Im Februar 2011 leitete die Kommission ein förmliches Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV in Bezug auf die vier folgenden, zugunsten von Sace BT ergriffenen Maßnahmen ein:

die anfängliche Kapitalzuweisung von 100 Mio. Euro in Form von Grundkapital und die Kapitaleinlage in die Rücklagen in Höhe von 5,8 Mio. Euro, die am 27. Mai 2004 erfolgten (im Folgenden: erste Maßnahme);

eine Schadensexzedenten-Rückversicherung (im Folgenden: Exzedentenrückversicherung) für die marktfähigen Risiken des Jahres 2009, die am 5. Juni 2009 bereitgestellt wurde und den (auf 74,15 % geschätzten) Teil des Risikos betraf, der nicht von dritten Marktteilnehmern gedeckt wurde (im Folgenden: zweite Maßnahme);

ein Kapitalbeitrag von 29 Mio. Euro, der am 18. Juni 2009 gewährt wurde (im Folgenden: dritte Maßnahme);

ein Kapitalbeitrag von 41 Mio. Euro, der am 4. August 2009 gewährt wurde (im Folgenden: vierte Maßnahme).

16

Keine dieser vier Maßnahmen war bei der Kommission angemeldet worden, weil die italienischen Behörden der Auffassung waren, sie seien erstens nicht dem Staat zuzurechnen und zweitens mit dem Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers vereinbar.

17

Nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens erließ die Kommission am 20. März 2013 den angefochtenen Beschluss.

18

Um darzutun, dass die fraglichen Maßnahmen dem italienischen Staat zuzurechnen seien, stützt die Kommission sich im 177. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf allgemeine Kriterien im Hinblick auf die organisationsrechtlichen Verbindungen zwischen den Mitgliedern des Verwaltungsrats von SACE und dem italienischen Staat, auf den Umstand, dass SACE ihre Tätigkeiten nicht unter Marktbedingungen ausübe, sowie auf die gesetzliche Bestimmung, dass SACE mindestens einen Anteil von 30 % am Eigenkapital von Sace BT halten müsse. Darüber hinaus führt die Kommission im 178. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses spezifische Indizien in Gestalt von Erklärungen an, die von Mitgliedern des Verwaltungsrats von SACE bei der Beschlussfassung über diese Maßnahmen abgegeben wurden.

19

Zu der Frage, ob ein Vorteil gegeben ist, vertritt die Kommission in den Erwägungsgründen 127 bis 130 des angefochtenen Beschlusses die Auffassung, die zweite Maßnahme verschaffe Sace BT einen Vorteil, weil ein privater Rückversicherer ihr einen so hohen Rückversicherungsschutz nicht zu den von SACE eingeräumten Bedingungen gewährt hätte. Hinsichtlich der dritten und der vierten Maßnahme vertritt die Kommission in den Erwägungsgründen 132 bis 168 die Ansicht, SACE habe nicht wie ein umsichtiger privater Kapitalgeber gehandelt. Sie macht in erster Linie geltend, diese Gesellschaft habe keine vorherige Bewertung der Rentabilität der fraglichen Kapitalbeiträge vorgenommen. Der Vollständigkeit halber nimmt sie ergänzend eine rückblickende Prüfung der Rentabilität dieser Maßnahmen vor und gelangt zu dem Schluss, ein privater Kapitalgeber hätte es als vorteilhafter angesehen, die Tochtergesellschaft in die Insolvenz gehen zu lassen, statt weitere 70 Mio. Euro in sie zu investieren.

20

In Art. 1 des angefochtenen Beschlusses stellt die Kommission fest, dass die erste Maßnahme, nämlich die anfängliche Kapitalzuweisung und der Kapitalbeitrag für die Rücklagen in Höhe von 105,8 Mio. Euro, keine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle. Demgegenüber werden die drei anderen Maßnahmen (im Folgenden: streitige Maßnahmen), nämlich die Exzedentenrückversicherung im Umfang von 74,15 %, die in Höhe von 156000 Euro eine Beihilfe darstelle (Art. 2 des angefochtenen Beschlusses), sowie die beiden Kapitalbeiträge in Höhe von 29 Mio. Euro bzw. 41 Mio. Euro (Art. 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses) als rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt nicht vereinbare staatliche Beihilfen eingestuft.

21

Nach den Art. 5 und 6 des angefochtenen Beschlusses sind die italienischen Behörden verpflichtet, die vorgenannten Beihilfen nebst Zinseszinsen unverzüglich von Sace BT zurückzufordern, sicherzustellen, dass der angefochtene Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird, und die Kommission binnen zwei Monaten nach dieser Bekanntgabe insbesondere über den zurückzufordernden Gesamtbetrag, die bereits zurückgezahlten Beträge und die zur Umsetzung des angefochtenen Beschlusses ergriffenen oder beabsichtigten Maßnahmen zu informieren.

Verfahren und Anträge der Beteiligten

22

Mit Klageschrift, die am 3. Juni 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

23

Mit Schriftsatz, der am 4. Juli 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Italienische Republik beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 4. September 2013 hat der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben.

24

Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Siebten Kammer zugeteilt worden, der deshalb die vorliegende Rechtssache zugewiesen worden ist.

25

Die Klägerinnen haben mit besonderem Schriftsatz, der am 26. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes den Vollzug des angefochtenen Beschlusses bis zur Entscheidung des Gerichts über die vorliegende Klage auszusetzen. Mit Beschluss vom 13. Juni 2014 hat der Präsident des Gerichts den Vollzug von Art. 5 des angefochtenen Beschlusses ausgesetzt, soweit die italienischen Behörden verpflichtet waren, von Sace BT einen Betrag von mehr als [vertraulich] ( 1 ) Euro zurückzufordern (Beschluss vom 13. Juni 2014, SACE und Sace BT/Kommission, T‑305/13 R, EU:T:2014:595).

26

Die Klägerinnen, unterstützt durch die Italienische Republik, beantragen,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben, hilfsweise, ihn teilweise aufzuheben;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen;

jede vom Gericht für sachdienlich gehaltene andere Maßnahme, einschließlich Beweiserhebungen, anzuordnen.

27

Die Kommission beantragt,

die Klage abzuweisen;

den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

28

Die Klägerinnen stützen ihren Antrag auf Nichtigerklärung auf drei Klagegründe. Mit dem ersten wenden sie sich gegen die Ansicht, die streitigen Maßnahmen seien der italienischen Regierung zuzurechnen. Mit dem zweiten rügen sie einen Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV, Beurteilungs- und Rechtsfehler bei der Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers sowie eine unzureichende Begründung hinsichtlich der zweiten Maßnahme. Mit dem dritten rügen sie einen Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV, Beurteilungs- und Rechtsfehler bei der Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers sowie eine unzureichende Begründung hinsichtlich der dritten und der vierten Maßnahme.

Erster Klagegrund: fehlende Zurechenbarkeit der streitigen Maßnahmen zum italienischen Staat

29

Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe Art. 107 Abs. 1 AEUV verkannt, indem sie davon ausgegangen sei, die streitigen Maßnahmen seien dem italienischen Staat zuzurechnen. Die Einführung der streitigen Maßnahmen sei vom Verwaltungsrat von SACE selbständig beschlossen worden.

30

Die Klägerinnen machen geltend, der angefochtene Beschluss enthalte nichts, was darauf hindeute, dass die streitigen Maßnahmen Instrument einer bestimmten, vom italienischen Staat festgelegten Politik gewesen, unter dessen unmittelbarem oder mittelbarem Einfluss ergriffen worden oder den italienischen Behörden überhaupt vorab bekannt gewesen seien. Aus den allgemeinen und besonderen Indizien, die die Kommission in den Erwägungsgründen 177 bis 179 des angefochtenen Beschlusses anführe, könne nicht geschlossen werden, es sei unwahrscheinlich, dass SACE die streitigen Maßnahmen habe ergreifen können, ohne den Anforderungen der öffentlichen Stellen Rechnung zu tragen.

31

Die Italienische Republik trägt als Streithelferin der Klägerinnen ergänzend vor, der von der Kommission hervorgehobene Umstand, dass die streitigen Maßnahmen einem Ziel von allgemeinem Interesse entsprochen hätten, reiche für die Schlussfolgerung einer Beteiligung der öffentlichen Stellen nicht aus. Ein Unternehmen könne nämlich neben der Absicht, Gewinne zu erzielen, aus vielen Gründen auch das – von seiner Geschäftsführung eigenständig beurteilte – allgemeine Interesse im Auge haben.

32

Außerdem machen die Klägerinnen und die Italienische Republik geltend, SACE habe die streitigen Maßnahmen ergriffen, ohne den Anforderungen der Behörden Rechnung zu tragen und ohne dass diese die Maßnahmen, und sei es auch nur mittelbar, beeinflusst hätten. In dem angefochtenen Beschluss habe die Kommission lediglich die theoretische Möglichkeit der Beteiligung der öffentlichen Stellen aufgezeigt. Sie habe nicht in rechtlich hinreichender Weise nachgewiesen, dass der staatliche Anteilseigner entgegen dem Grundsatz der selbständigen Geschäftsführung des Verwaltungsrats von SACE tatsächlich entscheidenden Einfluss auf die Beschlussfassung über die streitigen Maßnahmen ausgeübt habe.

33

Die Klägerinnen und die Italienische Republik sind der Auffassung, das grundlegende Kriterium für die Beurteilung der Zurechenbarkeit einer Maßnahme zum Staat bestehe darin, zu prüfen, in welchem Ausmaß der Verwaltungsrat des öffentlichen Unternehmens dessen Geschäfte tatsächlich selbständig führe und wie intensiv die von den Behörden ausgeübte Kontrolle sei. Um die Beteiligung der Behörden am Erlass einer Maßnahme entsprechend dem Urteil vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission (C‑482/99, Slg, im Folgenden: Urteil Stardust, EU:C:2002:294), festzustellen, müsse nämlich nachgewiesen werden, dass diese Maßnahme auf der Einwirkung des Staates und nicht auf der selbständigen Entscheidung des Unternehmens selbst beruhe.

34

Nach Auffassung der Italienischen Republik kann eine Maßnahme daher nur dann dem Staat zugerechnet werden, wenn erwiesen ist, dass sie die Folge eines verbindlichen Rechtsakts einer staatlichen Stelle ist, der selbst dann, wenn die darin enthaltenen Anweisungen nicht genau und spezifisch sind, das Unternehmen veranlasst hat, ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel über sein eigenes Interesse zu stellen und eine andere Maßnahme als die zu treffen, die es ohne derartige Anweisungen ergriffen hätte.

35

Nach dem Vorbringen der Klägerinnen und der Italienischen Republik hat die Kommission im vorliegenden Fall aber in keiner Weise nachgewiesen, dass sich eine Praxis der italienischen Behörden herausgebildet habe, SACE zu im Allgemeininteresse liegenden Zwecken heranzuziehen, was dem Grundsatz der selbständigen Geschäftsführung widersprochen hätte, die die italienische Regelung den öffentlichen Unternehmen durch die Bestimmung zugestehe, dass das MWF „die Gesellschaften, an denen es eine Beteiligung hält, nicht leitet und koordiniert“. Somit habe die Kommission ihrer Beweislast nicht genügt.

36

Die Italienische Republik trägt ergänzend vor, die Praxis des MWF, sich nicht in Entscheidungen einzumischen, die in die Zuständigkeit des Verwaltungsrats von SACE fielen, werde durch eine Mitteilung dieses Ministeriums vom 12. November 2008 belegt, in der es als Antwort auf eine Anfrage von SACE darauf hingewiesen habe, dass die Übernahme einer im Kreditversicherungssektor tätigen südafrikanischen Gesellschaft nicht seiner Zustimmung unterliege. Diese Praxis, die Selbständigkeit der Geschäftsführung von SACE zu respektieren, werde durch eine zweite Mitteilung bestätigt, in der das MWF angegeben habe, es sei nicht befugt, sich in die Gründung einer neuen, von Sace BT beherrschten Dienstleistungsgesellschaft einzumischen.

37

Die Kommission widerspricht diesem Vorbringen in seiner Gesamtheit. Um aufzuzeigen, dass eine Maßnahme dem Staat zuzurechnen sei, brauche nicht nachgewiesen zu werden, dass sie ausschließlich einem öffentlichen Zweck diene.

38

Damit Vergünstigungen als Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden können, müssen sie nach der Rechtsprechung zum einen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden und zum anderen dem Staat zuzurechnen sein (vgl. Urteile Stardust, oben in Rn. 33 angeführt, EU:C:2002:294, Rn. 24, und vom 10. November 2011, Elliniki Nafpigokataskevastiki u. a./Kommission, T‑384/08, EU:T:2011:650, Rn. 50).

39

Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob die streitigen Maßnahmen zu Recht als Ergebnis eines dem Staat zuzurechnenden Verhaltens angesehen werden konnten.

40

Unstreitig war SACE nach ihrer Umwandlung in eine im Alleineigentum des Staates stehende Aktiengesellschaft im maßgeblichen Zeitraum ein öffentliches Unternehmen im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (ABl. L 318, S. 17), dem zufolge unter dem Begriff des öffentlichen Unternehmens „jedes Unternehmen, auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann“, zu verstehen ist.

41

Allerdings hat der Gerichtshof in Rn. 52 des Urteils Stardust, oben in Rn. 33 angeführt (EU:C:2002:294), entschieden, dass auch dann, wenn der Staat in der Lage ist, ein öffentliches Unternehmen zu kontrollieren und einen beherrschenden Einfluss auf dessen Tätigkeiten auszuüben, nicht ohne Weiteres vermutet werden kann, dass diese Kontrolle in einem konkreten Fall tatsächlich ausgeübt wird. Ein öffentliches Unternehmen kann je nach dem Maß an Selbständigkeit, das ihm der Staat belässt, mehr oder weniger unabhängig handeln. Die bloße Tatsache, dass ein öffentliches Unternehmen unter staatlicher Kontrolle steht, genügt daher nicht, um Maßnahmen dieses Unternehmens wie die fraglichen finanziellen Unterstützungsmaßnahmen dem Staat zuzurechnen. Es muss außerdem geprüft werden, ob davon auszugehen ist, dass die Behörden in irgendeiner Weise am Erlass dieser Maßnahmen beteiligt waren.

42

Im vorliegenden Fall folgt daraus, dass der bloße Umstand, dass der italienische Staat als Alleinaktionär von SACE in der Lage war, einen beherrschenden Einfluss auf die Tätigkeiten dieser Gesellschaft auszuüben, nicht die Vermutung zulässt, er habe diese Kontrolle in Bezug auf den Erlass der streitigen Maßnahmen tatsächlich ausgeübt.

43

Daher sind die Kriterien in Erinnerung zu rufen, die die Rechtsprechung entwickelt hat, um zu beurteilen, ob eine von einem öffentlichen Unternehmen beschlossene Beihilfemaßnahme dem Staat zuzurechnen ist (siehe unten, Rn. 44 bis 52), bevor die Indizien geprüft werden, die die Kommission im vorliegenden Fall anführt (siehe unten, Rn. 53 bis 88).

Rechtsprechungskriterien für die Beurteilung der Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat

44

In den Rn. 53 und 54 des Urteils Stardust, oben in Rn. 33 angeführt (EU:C:2002:294), hat der Gerichtshof klargestellt, dass nicht verlangt werden kann, dass auf der Grundlage einer genauen Anweisung nachgewiesen wird, dass die Behörden das öffentliche Unternehmen konkret veranlasst haben, die fraglichen Beihilfemaßnahmen zu treffen. Zum einen besteht angesichts der engen Beziehungen zwischen dem Staat und den öffentlichen Unternehmen die tatsächliche Gefahr, dass staatliche Beihilfen über diese Unternehmen in wenig transparenter Weise gewährt werden, so dass es für einen Dritten gerade wegen der privilegierten Beziehungen zwischen dem Staat und einem öffentlichen Unternehmen sehr schwierig sein wird, in einem konkreten Fall nachzuweisen, dass Beihilfemaßnahmen dieses Unternehmens tatsächlich auf Anweisung der Behörden beschlossen wurden.

45

Daher kann die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat nach ständiger Rechtsprechung aus einem Komplex hinreichend präziser und übereinstimmender Indizien abgeleitet werden, die sich aus den Umständen des konkreten Falles und aus dem Kontext ergeben, in dem diese Maßnahme ergangen ist, und die auf eine konkrete Beteiligung der Behörden am Erlass dieser Maßnahme schließen lassen (vgl. in diesem Sinne Urteile Stardust, oben in Rn. 33 angeführt, EU:C:2002:294, Rn. 55, vom 26. Juni 2008, SIC/Kommission, T‑442/03, Slg, EU:T:2008:228, Rn. 98, und Elliniki Nafpigokataskevastiki u. a./Kommission, oben in Rn. 38 angeführt, EU:T:2011:650, Rn. 54).

46

Insoweit enthält das Urteil Stardust, oben in Rn. 33 angeführt (EU:C:2002:294), eine Aufzählung nicht zwingender und nicht erschöpfender Indizien, die in der Rechtsprechung herangezogen wurden oder herangezogen werden können, wie etwa der Umstand, dass das öffentliche Unternehmen, das die Beihilfe gewährt hat, diese Entscheidung nicht treffen konnte, ohne den Anforderungen der Behörden Rechnung zu tragen, dass dieses Unternehmen nicht nur durch organisationsrechtliche Faktoren mit dem Staat verbunden war, sondern auch die Richtlinien eines interministeriellen Ausschusses wie des CIPE zu beachten hatte, die Art der Tätigkeit des öffentlichen Unternehmens und deren Ausübung auf dem Markt unter normalen Bedingungen des Wettbewerbs mit privaten Wirtschaftsteilnehmern, der Rechtsstatus des Unternehmens, ob es also dem öffentlichen Recht oder dem allgemeinen Gesellschaftsrecht unterliegt, oder die Intensität der behördlichen Aufsicht über die Unternehmensführung (vgl. Urteil Stardust, oben in Rn. 33 angeführt, EU:C:2002:294, Rn. 55 und 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47

Zudem hat der Gerichtshof in dieser Rn. 56 des Urteils Stardust, oben in Rn. 33 angeführt (EU:C:2002:294), betont, dass jedes andere Indiz, das im konkreten Fall auf eine Beteiligung der Behörden oder auf die Unwahrscheinlichkeit einer fehlenden Beteiligung am Erlass einer Maßnahme hinweist – wobei auch deren Umfang, ihr Inhalt oder ihre Bedingungen zu berücksichtigen sind –, gegebenenfalls von Bedeutung sein kann, um auf die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat schließen zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. April 2014, Tisza Erőmű/Kommission, T‑468/08, EU:T:2014:235, Rn. 170).

48

Erstens ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass der Begriff der konkreten Beteiligung des Staates entgegen dem Vorbringen der Italienischen Republik (siehe oben, Rn. 33 und 34) so zu verstehen ist, dass die fragliche Maßnahme tatsächlich unter dem Einfluss oder der Kontrolle der Behörden getroffen wurde oder das Fehlen eines solchen Einflusses oder einer solchen Kontrolle unwahrscheinlich ist, ohne dass es einer Prüfung bedarf, wie sich diese Beteiligung auf den Inhalt der Maßnahme ausgewirkt hat. Insbesondere kann zur Erfüllung der Voraussetzung der Zurechenbarkeit nicht der Nachweis verlangt werden, dass das öffentliche Unternehmen sich anders verhalten hätte, wenn es selbständig gehandelt hätte. Die mit der fraglichen Maßnahme verfolgten Ziele können bei der Beurteilung der Zurechenbarkeit zwar berücksichtigt werden, sind aber nicht entscheidend.

49

Der Umstand, dass die im Allgemeininteresse liegenden Ziele in bestimmten Fällen mit den Interessen des öffentlichen Unternehmens übereinstimmen können, gibt nämlich für sich allein keinen Aufschluss darüber, ob die Behörden in irgendeiner Weise an dem Erlass der fraglichen Maßnahme beteiligt waren oder nicht. Deshalb bedeutet der Umstand, dass das Interesse des öffentlichen Unternehmens mit dem allgemeinen Interesse zusammenfällt, nicht notwendigerweise, dass dieses Unternehmen seine Entscheidung auch hätte treffen können, ohne den Anforderungen der Behörden Rechnung zu tragen. Die Kommission macht somit zu Recht geltend, den Behörden bleibe es unbenommen, ein öffentliches Unternehmen zu verpflichten, eine unternehmerische Handlung vorzunehmen, die zwar gegebenenfalls dem Kriterium des privaten Kapitalgebers entsprechen könne, aber in jedem Fall dem Staat zuzurechnen sei.

50

Zweitens ist auch die von der Italienischen Republik vertretene Auslegung des Urteils Stardust (siehe oben, Rn. 34 und 35) zurückzuweisen, nach der sich die konkrete Beteiligung des Staates am Erlass einer Maßnahme durch ein öffentliches Unternehmen wie SACE nur aus einem Rechtsakt einer Behörde ergeben könne, die dieses Unternehmen veranlasse, die im Allgemeininteresse liegenden Ziele über sein eigenes Interesse zu stellen, oder aus einer Praxis der Behörden, dieses Unternehmen im Widerspruch zum Grundsatz der selbständigen Unternehmensführung, die das italienische Recht den öffentlichen Unternehmen zugestehe, für im Allgemeininteresse liegende Zwecke heranzuziehen.

51

Aus dem Urteil Stardust, oben in Rn. 33 angeführt (EU:C:2002:294), geht nämlich hervor, dass die Selbständigkeit, die einem öffentlichen Unternehmen aufgrund seiner Rechtsform verliehen ist, der Möglichkeit des Staates, einen beherrschenden Einfluss auf den Erlass bestimmter Maßnahmen auszuüben, nicht entgegensteht. Da die Selbständigkeit, die ein öffentliches Unternehmen grundsätzlich genießt, eine etwaige konkrete Beteiligung des Staates nicht ausschließt, kann der Beweis einer solchen Beteiligung auf der Grundlage aller relevanten rechtlichen oder tatsächlichen Umstände geführt werden, die geeignet sind, ein Bündel hinreichend präziser und übereinstimmender Indizien für die tatsächliche Einflussnahme oder die tatsächlich ausgeübte Kontrolle des Staates zu bilden.

52

Im vorliegenden Fall hatte die Kommission mithin auf der Grundlage eines Bündels hinreichend präziser und übereinstimmender Indizien nachzuweisen, dass der italienische Staat an der Entscheidung über den Erlass der streitigen Maßnahmen konkret beteiligt oder das Fehlen einer solchen Beteiligung im Hinblick auf die Umstände und den Kontext des vorliegenden Falles unwahrscheinlich war.

Beurteilung der im vorliegenden Fall von der Kommission angeführten Indizien

53

Zu prüfen ist, ob die von der Kommission in den Erwägungsgründen 177 bis 179 des angefochtenen Beschlusses angeführten Indizien unter den Umständen des vorliegenden Falles und im Kontext der streitigen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit darauf schließen lassen konnten, dass die italienischen Behörden tatsächlich auf die eine oder andere Weise am Erlass dieser Maßnahmen konkret beteiligt waren.

54

Zum Nachweis einer solchen Beteiligung führt die Kommission „allgemeine Indizien“ an, die sich auf den Kontext der Beschlussfassung über die streitigen Maßnahmen beziehen (177. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), sowie „spezifische Indizien“, die die Bedingungen betreffen, zu denen diese Maßnahmen gewährt wurden (Erwägungsgründe 178 und 179 des angefochtenen Beschlusses).

55

Als allgemeine Indizien macht die Kommission die drei folgenden Umstände geltend:

sämtliche Mitglieder des Verwaltungsrats von SACE werden auf Vorschlag des italienischen Staates ernannt;

SACE übt ihre Tätigkeiten nicht „unter normalen Bedingungen auf dem Markt und im Wettbewerb mit privaten Wirtschaftsteilnehmern“ aus;

kraft Gesetzes muss SACE einen Anteil von mindestens 30 % am Eigenkapital von Sace BT besitzen.

56

Es bedarf zunächst einer genauen Einzeluntersuchung dieser Indizien, bevor sie in ihrer Gesamtheit beurteilt werden können.

57

An erster Stelle ist zu dem im 177. Erwägungsgrund Buchst. a des angefochtenen Beschlusses angeführten und die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats betreffenden Argument festzustellen, dass diese Ernennungen nach Art. 6 Abs. 2 des Gesetzesdekrets Nr. 269, der die Anteile an SACE dem MWF zuweist, im Einvernehmen mit den verschiedenen Ministerien erfolgen, die in Art. 4 Abs. 5 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 143 aufgeführt sind, nämlich des (seinerzeit für Wirtschaft und Finanzen zuständigen) italienischen Ministers für Staatsfinanzen, Haushalt und Wirtschaftsplanung, des italienischen Außenministers, des italienischen Ministers für Industrie, Handel und Handwerk und des italienischen Außenhandelsministers.

58

Wie die Italienische Republik in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, geht jedoch aus Art. 6 Abs. 24 des Gesetzesdekrets Nr. 269 hervor, dass Art. 4 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 143 bei Gründung von SACE nur noch übergangsweise bis zur Annahme der Satzung von SACE anwendbar war. Nach Art. 13 dieser Satzung werden die Mitglieder des Verwaltungsrats für eine Dauer von nicht mehr als drei Jahren von der Hauptversammlung ernannt und können wiedergewählt werden.

59

Daraus folgern die Klägerinnen und die Italienische Republik, die im 177. Erwägungsgrund Buchst. a des angefochtenen Beschlusses angeführten organisationsrechtlichen Indizien ergäben sich nicht aus speziellen Regelungen, sondern beruhten auf der Eigentümerstruktur und seien daher bedeutungslos.

60

In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission vorgetragen, die speziellen Regelungen für die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats von SACE seien nicht automatisch aufgehoben worden. Sie macht geltend, ohne dass die Italienische Republik dem widersprochen hat, dass sich der Verwaltungsrat von SACE zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Maßnahmen aus Mitgliedern zusammengesetzt habe, die nach dem ursprünglichen speziellen Verfahren ernannt worden seien.

61

Die Mitglieder des Verwaltungsrats eines vollständig in staatlichem Besitz befindlichen Unternehmens werden zwar zwangsläufig von den Behörden ernannt, weil der Staat Alleinaktionär der Gesellschaft ist. Im vorliegenden Fall stellt jedoch der Umstand, dass zumindest die ursprüngliche Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats von SACE aufgrund einer spezifischen gesetzlichen Bestimmung der Zustimmung mehrerer wichtiger Ministerien bedurfte, einen Beleg für die besonderen Beziehungen zwischen SACE und den Behörden dar und kann ein Indiz für die Beteiligung der staatlichen Stellen an der Tätigkeit des öffentlichen Unternehmens sein.

62

Außerdem wird diese Beteiligung durch den von der Kommission im 178. Erwägungsgrund Buchst. a des angefochtenen Beschlusses angeführten Umstand belegt, dass zwei Mitglieder des Verwaltungsrats von SACE zugleich leitende Funktionen in Ministerien wahrnahmen, nämlich im ehemaligen italienischen Außenhandelsministerium – dem derzeitigen Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung – und im Außenministerium (siehe unten, Rn. 85).

63

Obwohl diese organisationsrechtlichen Indizien insoweit von Bedeutung sind, als sie einen beschränkten Unabhängigkeitsspielraum von SACE gegenüber dem Staat aufzeigen, reichen sie allein nicht aus, eine konkrete Beteiligung des Staates am Erlass der streitigen Maßnahmen nachzuweisen, und sind zusammen mit den anderen Indizien zu beurteilen.

64

Soweit es zweitens um das Argument geht, SACE übe ihre Tätigkeiten nicht „unter normalen Bedingungen auf dem Markt und im Wettbewerb mit privaten Wirtschaftsteilnehmern“ aus, stützt der angefochtene Beschluss sich auf die folgenden vier Indizien:

die Aufgabe von SACE besteht darin, die Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Wirtschaft zu erhalten und zu fördern, vor allem im Hinblick auf nicht marktfähige Risiken im Sinne der Exportkredit-Mitteilung, und somit auf einem Gebiet tätig zu sein, das nicht als den normalen Wettbewerbsbedingungen des Marktes unterliegend angesehen wird;

der Tätigkeit von SACE kam immer eine staatliche Garantie zugute, was gemäß den Beihilferegeln anderen öffentlichen Unternehmen, die im Wettbewerb mit privaten Marktteilnehmern stehen, nicht gestattet ist;

die Jahresabschlüsse von SACE unterliegen der Kontrolle durch die Corte dei conti (italienischer Rechnungshof), und das MWF muss dem italienischen Parlament jährlich einen Bericht über die Tätigkeit von SACE vorlegen;

was den staatlichen Einfluss auf die Verteilung der Ressourcen von SACE betrifft, hat das CIPE jedes Jahr bis spätestens 30. Juni die Finanzprognosen und den im Zusammenhang mit bestimmten Risiken stehenden Finanzbedarf zu beraten und die generellen Grenzen für die von SACE zu übernehmenden nicht marktfähigen Risiken, getrennt nach einer Laufzeit bis oder über 24 Monate, festzulegen.

65

Zu prüfen ist, welche Bedeutung für den vorliegenden Fall diesen vier Indizien zukommt, die nach Auffassung der Kommission aufzeigen, dass die Behörden den SACE-Konzern in Wirklichkeit nicht nur als Instrument für den Bereich der nicht marktfähigen Risiken, sondern auch für den der marktfähigen Risiken heranziehen, um das System der italienischen Unternehmen zu stützen und so die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu begünstigen.

66

Das erste, oben in Rn. 64 angeführte Indiz betrifft die SACE zugewiesene Aufgabe, die Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Wirtschaft „vor allem in Bezug auf nicht marktfähige Risiken“ zu fördern. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass weder die Klägerinnen noch die Italienische Republik dieser von der Kommission in dem angefochtenen Beschluss vorgenommenen Darstellung der Aufgabe von SACE widersprechen. Somit räumen sie offenbar stillschweigend ein, dass der Aufgabenkreis von SACE sich auch auf das Wettbewerbssegment der Versicherung marktfähiger Risiken erstreckt, weil er hauptsächlich, aber nicht ausschließlich nicht marktfähige Risiken betrifft. Das im allgemeinen Interesse liegende Aufgabengebiet von SACE ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Satzung dieser Gesellschaft, die deren Zweck definiert (siehe oben, Rn. 6). So bezieht sich Art. 4 Abs. 1 dieser Satzung allgemein auf die Deckung „von politischen Risiken, Katastrophenrisiken, wirtschaftlichen und kommerziellen Risiken, Wechselkursrisiken sowie zusätzlichen Risiken, denen [italienische] Wirtschaftsteilnehmer und die mit ihnen verbundenen oder von ihnen beherrschten – auch ausländischen – Unternehmen bei ihren Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland und [im Hinblick auf die] Internationalisierung der italienischen Wirtschaft ausgesetzt sind“. Art. 4 Abs. 2 spricht hingegen ausdrücklich davon, zu Marktbedingungen und unter Beachtung des Unionsrechts „ausländischen Unternehmen Garantien und Versicherungen im Zusammenhang mit Transaktionen zu gewähren, die für die italienische Wirtschaft unter dem Gesichtspunkt der Internationalisierung, der wirtschaftlichen Sicherheit oder der Stimulierung der Produktionsprozesse und der Beschäftigung in Italien von strategischer Bedeutung sind“ (siehe oben, Rn. 6).

67

Diese im allgemeinen Interesse liegende Aufgabe, die ausdrücklich die Versicherung insbesondere solcher Risiken umfasst, die in der Exportkredit-Mitteilung als marktfähige Risiken definiert sind (siehe oben, Rn. 3), und sich im Übrigen darauf bezieht, unter Marktbedingungen Versicherungsdienstleistungen im Zusammenhang mit Transaktionen zu erbringen, die für die italienische Wirtschaft von strategischem Interesse sind, geht somit über die bloße Aufgabe der Versicherung nicht marktfähiger Risiken, die nicht in den Wettbewerbsbereich fällt, hinaus.

68

Mithin schließt die im allgemeinen Interesse liegende Aufgabe, die SACE kraft ihrer Satzung übertragen ist, auch die Versicherung marktfähiger Risiken ein, zu deren Deckung Sace BT gegründet wurde (siehe oben, Rn. 8 und 11).

69

Zwar verweist die Kommission im 177. Erwägungsgrund Buchst. b Ziff. i des angefochtenen Beschlusses auf die Aufgabe, „die Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Wirtschaft vor allem in Bezug auf nicht marktfähige Risiken“ zu fördern (siehe oben, Rn. 64). Auch wenn die Kommission damit vor allem den im Allgemeininteresse liegenden Zweck hervorhebt, den SACE im Bereich der Versicherung nicht marktfähiger Risiken verfolgt, beruft sie sich gleichwohl auf den allgemeinen Zweck der Unterstützung der italienischen Wirtschaft, den SACE gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 ihrer Satzung bei ihrer gesamten Tätigkeit zu verfolgen hat, die sie auch im Bereich der Versicherung marktfähiger Risiken ausüben kann, wie sich aus Art. 6 Abs. 12 des Gesetzesdekrets Nr. 269 ergibt (siehe oben, Rn. 8).

70

Das zweite, im 177. Erwägungsgrund Buchst. b des angefochtenen Beschlusses angeführte Indiz (siehe oben, Rn. 64) betrifft die staatliche Garantie, die zugunsten von SACE besteht. Im Gegensatz zu dem ersten, oben in den Rn. 66 bis 69 untersuchten Indiz betrifft dieses Indiz ausschließlich die Tätigkeit von SACE im Bereich der Versicherung nicht marktfähiger Risiken. Aus Art. 5 Abs. 2 der Satzung von SACE geht ausdrücklich hervor, dass im maßgeblichen Zeitraum „die Tätigkeit der Versicherung und der Bürgschaft für Risiken, die das Unionsrecht als marktfähige Risiken definiert, von der staatlichen Garantie ausgenommen [war] und den Regelungen über Privatversicherungen [unterlag]“.

71

Dieses die staatliche Garantie betreffende Indiz bestätigt jedoch, dass die Tätigkeiten von SACE nicht diejenigen waren, die eine kommerzielle Exportkreditversicherung unter Marktbedingungen ausübt, sondern die einer öffentlichen Versicherungsgesellschaft mit einem Sonderstatut, die von den Behörden festgelegte Ziele der Wirtschaftsförderung verfolgt, indem sie, namentlich dank der staatlichen Garantie, als Instrument zur Exportförderung dient (siehe oben, Rn. 67).

72

Das dritte, im 177. Erwägungsgrund Buchst. b des angefochtenen Beschlusses angeführte Indiz (siehe oben, Rn. 64) bezieht sich auf die in Art. 6 Abs. 16 des Gesetzesdekrets Nr. 269 vorgesehene jährliche Kontrolle der Abschlüsse von SACE durch die Corte dei conti und auf die Verpflichtung des MWF, gemäß Art. 6 Abs. 17 dieses Gesetzesdekrets dem italienischen Parlament jährlich einen Bericht über die Tätigkeit von SACE vorzulegen. Wie die Kommission ausführt, erstrecken sich diese Kontrollen, obwohl sie auch bei anderen öffentlichen Unternehmen stattfinden, nicht auf sämtliche öffentlichen Unternehmen im Alleinbesitz des Staates, was den allgemeinen Rahmen der spezifischen staatlichen Kontrolle bestätigt, die über SACE ausgeübt wird. In der mündlichen Verhandlung hat die Italienische Regierung allerdings – von der Kommission unwidersprochen – vorgetragen, der letzte dem Parlament vorgelegte Bericht über die Tätigkeit von SACE sei der für 2008 gewesen.

73

Dieses dritte Indiz ist allein nicht ausschlaggebend. Da diese finanziellen und politischen Kontrollen zum einen erst nachträglich stattfinden und zum anderen grundsätzlich sämtliche Abschlüsse oder Aktivitäten von SACE betreffen, lassen sie für sich genommen nicht den Schluss zu, die Behörden hätten Entscheidungen wie den Erlass der streitigen Maßnahmen schon im Vorhinein konkret beeinflusst. Dessen ungeachtet sind die Kontrollmöglichkeiten aber ein Beleg für das Interesse des italienischen Staates an den Tätigkeiten von SACE und daher als Komponente des Bündels von Indizien, auf die sich die Kommission stützt, von Bedeutung.

74

Das vierte, im 177. Erwägungsgrund Buchst. b des angefochtenen Beschlusses angeführte Indiz (siehe oben, Rn. 64) betrifft die Zustimmung des CIPE zu einer Finanzprognose über die Versicherungsverbindlichkeiten von SACE und den im Zusammenhang mit bestimmten Risiken stehenden Finanzbedarf sowie die vom CIPE festgelegten generellen Grenzen für die nicht marktfähigen Risiken, die SACE gemäß Art. 6 Abs. 9 des Gesetzesdekrets Nr. 269, der auf die Bestimmungen des Art. 2 Abs. 3 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 143 verweist, übernehmen darf (siehe oben, Rn 9).

75

Insoweit machen die Klägerinnen geltend, die Zustimmungsentscheidung des CIPE beschränke sich darauf, die zuvor vom Verwaltungsrat von SACE gebilligte Finanzprognose umzusetzen und zu formalisieren. In Wirklichkeit diene das Verfahren der Zustimmung des CIPE (siehe oben, Rn. 9) allein dem Zweck, den Staat über den Umfang der höchstmöglichen Risikobelastung zu informieren, der er infolge der von ihm gewährten Garantie für die von SACE angebotenen Versicherungen im Bereich nicht marktfähiger Risiken ausgesetzt sei. Abgesehen davon betreffe die einer solchen Zustimmung unterliegende Finanzprognose nicht die Tätigkeiten von Sace BT.

76

Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Wie die Kommission zu Recht ausführt, zeigt die Billigung der Finanzprognose von SACE durch das CIPE, das höchste Organ zur Koordinierung und Leitung der italienischen Wirtschaftspolitik, dass SACE ihre Tätigkeiten nicht in vollständiger unternehmerischer Selbständigkeit ausübt und somit als ein Unternehmen angesehen werden kann, das unter der Kontrolle der Behörden handelt, zumindest was die Beschlussfassung über wichtige Entscheidungen betrifft.

77

Die Haupttätigkeit von SACE auf dem Gebiet nicht marktfähiger Risiken fügt sich nämlich in den Rahmen der Risikoprognose ein, die, auch wenn sie vom Verwaltungsrat der Gesellschaft aufgestellt wird, der Zustimmung des CIPE bedarf. Ein solches Verfahren der Zustimmung durch die Behörde, die die Leitlinien der nationalen Wirtschaftspolitik festlegt, kann nicht nur rein informative Bedeutung haben. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte (siehe unten, Rn. 83) zeigt es auf, dass SACE als Gegenleistung für die ihr gewährte staatliche Garantie verpflichtet ist, die Anforderungen der Behörden zu berücksichtigen.

78

Drittens sprechen die Klägerinnen und die Italienische Republik dem Indiz der in Art. 5 Abs. 2 der Satzung von Sace BT vorgesehenen Mindestbeteiligung von SACE am Kapital dieser Tochtergesellschaft von 30 % nach Art. 6 Abs. 12 des Gesetzesdekrets Nr. 269 (siehe oben, Rn. 55) jeden Beweiswert ab.

79

Zwar weisen die Klägerinnen zu Recht darauf hin, dass eine Beteiligung von 30 % SACE nicht in die Lage versetzt, die Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaft zu beherrschen. Auch wenn eine solche Bestimmung allein nicht ausreicht, um auf eine konkrete Beteiligung der Behörden am Erlass der streitigen Maßnahmen zu schließen, stellt sie jedoch nach der Rechtsprechung ein Indiz dar, das sich aus dem Kontext ergibt, in dem diese Maßnahmen beschlossen wurden, und das berücksichtigt werden kann (siehe oben, Rn. 45).

80

Wie die Kommission darlegt, kann diese Beteiligung nämlich als dazu bestimmt angesehen werden, mit Hilfe von SACE, die sich im maßgeblichen Zeitraum im Alleinbesitz des Staates befand, ein gewisses Maß staatlichen Engagements auf dem Gebiet der Versicherung marktfähiger Risiken sicherzustellen, und bestätigt, dass SACE einem spezifischen Rechtsstatut unterliegt, auch auf dem vorgenannten Gebiet.

81

Unter diesen in ihrer Gesamtheit betrachteten Umständen liefern die oben in den Rn. 55 bis 80 untersuchten allgemeinen Indizien, die den Kontext betreffen, in dem die streitigen Maßnahmen erlassen wurden, einen rechtlich hinreichenden Nachweis dafür, dass diese Maßnahmen angesichts ihrer Bedeutung für die italienische Wirtschaft dem Staat zuzurechnen sind.

82

Unter Berücksichtigung des Umfangs und des Ziels der streitigen Maßnahmen, deren Gesamtbetrag sich auf mehr als 70 Mio. Euro beläuft, ergibt sich nämlich aus der Gesamtheit der von der Kommission vorgetragenen Indizien hinsichtlich der durch spezifische gesetzliche Bestimmungen geschaffenen organisationsrechtlichen Verbindungen zwischen SACE und den Behörden (siehe oben, Rn. 57 bis 63), der SACE durch ihre Satzung vorgegebenen Ziele der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Wirtschaft (siehe oben, Rn. 66 bis 69), der Unterstützung durch den Staat in Gestalt einer SACE für deren Haupttätigkeit gewährten staatlichen Garantie (siehe oben, Rn. 70 und 71), der von den Behörden über die Tätigkeit von SACE im Vorfeld (siehe oben, Rn. 74 bis 78) und im Nachhinein (siehe oben, Rn. 72 und 73) ausgeübten Kontrolle sowie eines gewissen Maßes staatlichen Engagements auf dem Gebiet der Versicherung marktfähiger Risiken (siehe oben, Rn. 80), dass eine fehlende Beteiligung der Behörden am Erlass der streitigen Maßnahmen unwahrscheinlich ist.

83

Diese Beurteilung wird nicht durch den Einwand der Italienischen Republik entkräftet, es sei die Praxis des MWF, sich nicht in die Entscheidungen der öffentlichen Unternehmen einzumischen, wie zwei Mitteilungen dieses Ministeriums belegten, in denen es darauf hingewiesen habe, dass die vom Verwaltungsrat von SACE beschlossenen Maßnahmen nicht seiner Zustimmung bedürften (siehe oben, Rn. 36). Zum einen können diese Mitteilungen nämlich, wie die Kommission anführt, im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht werden, weil sie der Kommission im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt worden sind (vgl. Urteil vom 25. Juni 2008, Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, T‑268/06, Slg, EU:T:2008:222, Rn. 56; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, EU:C:2008:224, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zum anderen hatten die Maßnahmen, die Gegenstand dieser Mitteilungen waren, jedenfalls im Hinblick auf das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Wirtschaft zu unterstützen, nicht die gleiche Bedeutung wie die streitigen Maßnahmen. Schließlich ist das Fehlen einer förmlichen Zustimmung nicht geeignet, eine konkrete Beteiligung der Behörden am Erlass einer Maßnahme auszuschließen. Eine solche Beteiligung ergibt sich im vorliegenden Fall aus der Gesamtheit der oben in Rn. 82 genannten Indizien.

84

Um zu dem Schluss zu kommen, die streitigen Maßnahmen seien dem Staat zuzurechnen, hat die Kommission sich somit angesichts der Gesamtheit der in dem angefochtenen Beschluss erwähnten allgemeinen Indizien im 180. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht auf die Feststellung gestützt, SACE sei eng mit den italienischen Behörden verbunden gewesen und von diesen im Rahmen ihrer Politik der Unterstützung der italienischen Wirtschaftstätigkeit herangezogen worden.

85

Die Relevanz der drei allgemeinen Indizien wird zudem durch die spezifischen Indizien bekräftigt, die in den Erwägungsgründen 178 und 179 des angefochtenen Beschlusses angeführt sind. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Erklärungen, die von Mitgliedern des Verwaltungsrats von SACE bei der Beschlussfassung über die streitigen Maßnahmen abgegeben wurden.

86

Zwar machen die Klägerinnen und die Italienische Republik geltend, bei den in den Erwägungsgründen 178 und 179 des angefochtenen Beschlusses zitierten Erklärungen handele es sich um Begleitumstände, denen lediglich zu entnehmen sei, welche Erwartungen die Verfasser dieser Erklärungen in Bezug auf die positiven Auswirkungen der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf die Wirtschaft gehabt hätten.

87

Es ist jedoch festzustellen, dass die im 178. Erwägungsgrund Buchst. a und b und im 179. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zitierten Erklärungen, die in den Protokollen der Sitzungen des Verwaltungsrats von SACE vom 1. April 2009 einerseits und vom 26. Mai 2009 andererseits festgehalten sind, im Allgemeininteresse liegende Ziele betreffen. Das Gleiche gilt für die im 178. Erwägungsgrund Buchst. c des angefochtenen Beschlusses angeführten Erwägungen, die dem Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats von Sace BT vom 27. Mai 2009 entnommen sind.

88

Selbst wenn die vorgenannten Erklärungen – jeweils für sich betrachtet – nur relativ geringen Beweiswert haben, müssen derartige Erklärungen bei ihrer Beurteilung im Licht der allgemeinen, den Kontext des Erlasses der streitigen Maßnahmen betreffenden Indizien als zusätzliche Indizien angesehen werden, die bestätigen, dass der Erlass der streitigen Maßnahmen sich in die Verfolgung der SACE vorgegebenen Ziele der Unterstützung der italienischen Wirtschaft einfügte.

89

Aus all diesen Gründen ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

Zweiter und dritter Klagegrund: Verstoß gegen das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers und gegen die Begründungspflicht

90

Bevor diese beiden Klagegründe geprüft werden, ist vorab auf bestimmte Rechtsprechungsgrundsätze zum Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers hinzuweisen.

Vorbemerkungen zur Rechtsprechung zum Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers

91

Nach der Rechtsprechung werden die Voraussetzungen, die eine Maßnahme erfüllen muss, um unter den Begriff „Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 AEUV zu fallen, nicht erfüllt, wenn das begünstigte öffentliche Unternehmen denselben Vorteil, der ihm aus Staatsmitteln gewährt wurde, unter Umständen, die normalen Marktbedingungen entsprechen, hätte erhalten können, wobei diese Beurteilung grundsätzlich unter Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers erfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF u. a., C‑124/10 P, Slg, EU:C:2012:318, Rn. 78, und vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 70).

92

Die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers dient somit der Feststellung, ob der einem Unternehmen aus staatlichen Mitteln – in welcher Form auch immer – gewährte Vorteil aufgrund seiner Wirkungen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/EDF u. a., oben in Rn. 91 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 89). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht nach den Gründen oder Zielen des Handelns einer öffentlichen Einrichtung unterscheidet, sondern dieses nach seinen Wirkungen bestimmt (Urteile Kommission/EDF u. a., oben in Rn. 91 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 77, und vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a., C‑399/10 P und C‑401/10 P, Slg, EU:C:2013:175, Rn. 102).

93

Für die Prüfung der Frage, ob sich der Mitgliedstaat oder die betroffene öffentliche Einrichtung wie ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten hat, muss man sich in den Kontext der Zeit zurückversetzen, in der die fraglichen Maßnahmen getroffen wurden, um beurteilen zu können, ob das Verhalten des Staates wirtschaftlich vernünftig ist, und sich jeder Beurteilung aufgrund einer späteren Situation enthalten. Die Verhaltensweisen öffentlicher und privater Marktteilnehmer sind daher im Hinblick darauf zu vergleichen, wie sich ein privater Marktteilnehmer bei dem fraglichen Vorgang angesichts der zum entsprechenden Zeitpunkt verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen verhalten hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil Stardust, oben in Rn. 33 angeführt, EU:C:2002:294, Rn. 71 und 72). Die rückblickende Feststellung der tatsächlichen Rentabilität der vom Mitgliedstaat oder der betroffenen staatlichen Einrichtung durchgeführten Maßnahme ist daher unerheblich.

94

Diese ständige Rechtsprechung ist durch das Urteil Kommission/EDF u. a., oben in Rn. 91 angeführt (EU:C:2012:318), bestätigt worden, das in seiner Rn. 105 unterstreicht, dass insbesondere für die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers nur die zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Vornahme der Kapitalanlage verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen relevant sind. Dies gilt insbesondere, wenn die Kommission wie im vorliegenden Fall das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Zusammenhang mit einer Maßnahme prüft, die ihr, als sie ihre Prüfung durchführte, nicht mitgeteilt und von der betreffenden öffentlichen Einrichtung bereits umgesetzt worden war.

95

Nach den Grundsätzen der Beweislast im Bereich staatlicher Beihilfen hat die Kommission eine solche Beihilfe zu beweisen. Insoweit hat die Kommission das Verfahren zur Prüfung der betreffenden Maßnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu führen, damit sie bei Erlass der endgültigen Entscheidung, in der das Vorliegen und gegebenenfalls die Unvereinbarkeit oder Rechtswidrigkeit der Beihilfe festgestellt wird, über möglichst vollständige und verlässliche Informationen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, Slg, EU:C:2010:480, Rn. 90, und vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, Slg, EU:C:2014:217, Rn. 63). Hinsichtlich der Beweisanforderungen ist die Art der von der Kommission zu erbringenden Nachweise weitgehend von der Art der beabsichtigten staatlichen Maßnahme abhängig (vgl. in diesem Sinne Urteil Frankreich/Kommission, EU:C:2014:217, Rn. 66).

96

Wenn sich daher erkennen lässt, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers anwendbar sein könnte, hat die Kommission den betroffenen Mitgliedstaat um alle einschlägigen Informationen zu ersuchen, um überprüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit und Anwendung dieses Kriteriums erfüllt sind (Urteile Kommission/EDF u. a., oben in Rn. 91 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 104, und vom 3. April 2014, Kommission/Niederlande und ING Groep, C‑224/12 P, Slg, EU:C:2014:213, Rn. 33). Wenn der Mitgliedstaat ihr Auskünfte der erforderlichen Art erteilt, hat die Kommission eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei jeden im betreffenden Fall erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der es ihr ermöglicht, festzustellen, ob das begünstigte Unternehmen derartige Erleichterungen offenkundig nicht von einem privaten Marktteilnehmer erhalten hätte (Urteil Frucona Košice/Kommission, oben in Rn. 91 angeführt, EU:C:2013:32, Rn. 73).

97

In diesem Zusammenhang obliegt es dem Mitgliedstaat oder der betreffenden öffentlichen Einrichtung, der Kommission diejenigen objektiven und nachprüfbaren Anhaltspunkte mitzuteilen, die zeigen, dass die getroffene Entscheidung auf wirtschaftlichen Bewertungen beruht, die mit jenen vergleichbar sind, die ein vernünftig handelnder privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage wie dieser Mitgliedstaat oder diese Einrichtung vor dem Erlass dieser Maßnahme hätte erstellen lassen, um die künftige Rentabilität einer solchen Maßnahme zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/EDF u. a., oben in Rn. 91 angeführt, EU:C:2012:318, Rn. 84 in Verbindung mit Rn. 105, und vom 3. Juli 2014, Spanien u. a./Kommission, T‑319/12 und T‑321/12, EU:T:2014:604, Rn. 49).

98

Welche Angaben zur vorherigen wirtschaftlichen Bewertung der Mitgliedstaat oder die betreffende staatliche Einheit mitzuteilen hat, hängt jedoch von der Art und Komplexität der fraglichen Maßnahme, dem Wert der betroffenen Aktiva, Vermögensgegenstände oder Dienstleistungen und den Umständen des Einzelfalls ab (siehe unten, Rn. 122, 123, 178 und 179).

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV, Beurteilungs- und Rechtsfehler bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers sowie unzureichende Begründung hinsichtlich der zweiten Maßnahme

99

Die zweite Maßnahme betrifft die Exzedentenrückversicherung (oder „XoL-Versicherung“) für die marktfähigen Risiken, die Sace BT im Jahr 2009 von SACE gewährt wurde. Bei der XoL-Versicherung handelt es sich um einen Vertrag, bei dem die Rückversicherung nur bis zu einem bestimmten Grenzbetrag eintritt und nur dann, wenn ein Schaden oder eine Gruppe von Schäden einen zuvor festgelegten Schwellenwert übersteigt.

100

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Sace BT sich in der Vergangenheit hauptsächlich bei privaten Marktteilnehmern rückversichert hatte. Anlässlich der Erneuerung der Verträge für 2009, inmitten der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, nahm Sace BT Kontakt zu 21 privaten Marktteilnehmern auf und erhielt von fünf dieser Unternehmen einen Rückversicherungsschutz für 25,85 % der Exzedentenrückversicherung für den Teil der Schäden, der zwischen 5 Mio. Euro und 40 Mio. Euro lag. Die von diesen fünf privaten Rückversicherern übernommenen Deckungsquoten beliefen sich jeweils auf 10 %, 7,5 %, 3 %, 2,85 % und 2,5 %. Am 5. Juni 2009 übernahm SACE die verbleibenden 74,15 % der Rückversicherung zu denselben Konditionen in Bezug auf Priorität, Umfang und Prämien, wie sie in dem für 2009 geschlossenen jährlichen Rückversicherungsvertrag von Sace BT festgelegt und von den fünf privaten Rückversicherern bereits akzeptiert waren.

101

Im angefochtenen Beschluss (Erwägungsgründe 126 bis 131) vertrat die Kommission die Ansicht, dass ein privater Rückversicherer unter Berücksichtigung des höheren zu übernehmenden Risikos eine Rückversicherung in Höhe von 74,15 % zugunsten von Sace BT nicht zu den von SACE eingeräumten Bedingungen übernommen hätte und Sace BT somit einen Vorteil erlangt habe, und stützte sich dabei im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

Die Weigerung der von SACE anlässlich der Erneuerung des Rückversicherungsvertrags für 2009 angesprochenen privaten Rückversicherer, den verbleibenden Teil der Exzedentenrückversicherung zu übernehmen, zeige auf, dass eine solche Deckung durch Marktteilnehmer nicht zu erreichen gewesen wäre (127. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

Im Zusammenhang mit der weltweiten Finanzkrise, die zu restriktiveren Rückversicherungsbedingungen geführt habe, hätten eine Reihe privater Versicherer ihre Tätigkeiten auf diesem Sektor eingeschränkt und sich wieder stärker auf rentablere Bereiche konzentriert (128. Erwägungsgrund).

Angesichts der beträchtlichen Verluste, die Sace BT im Jahr 2008 verzeichnet habe (ca. 29,5 Mio. Euro), habe deren „schwache Situation … zur Folge [gehabt], dass das Risiko für die Rückversicherung höher war“ (128. Erwägungsgrund).

Ein umsichtiger privater Rückversicherer hätte „nie akzeptier[t], einen so hohen Prozentsatz [74,15 %] unter denselben Bedingungen zu decken, die die [anderen] Rückversicherungen verlangt haben, die einen deutlich geringeren Prozentsatz der Rückversicherung übernommen haben“. Er hätte eine Prämie verlangt, die das höhere Maß des übernommenen Risikos berücksichtigt (128. Erwägungsgrund).

Der Beihilfebetrag entspreche der Differenz zwischen der Rückversicherungsprämie, die ein privater Rückversicherer für einen so hohen Anteil der Rückversicherung gefordert hätte, und der Prämie, die Sace BT in Rechnung gestellt worden sei. Gemäß ihrer Entscheidungspraxis vertrat die Kommission die Ansicht, dass die Prämie für einen so viel höheren Anteil an einer Rückversicherung und am Risiko um mindestens 10 % hätte höher sein müssen als die Prämie, die von den privaten Rückversicherern für einen deutlich kleineren Anteil gefordert worden sei. Bei dem Betrag von 1,56 Mio. Euro, den Sace BT an SACE gezahlt habe, belaufe sich die zurückzufordernde Beihilfe daher auf 156000 Euro (128. Erwägungsgrund).

Die Beteiligung von SACE in Höhe von mehr als 25 % der im Rückversicherungsvertrag mit Sace BT übernommenen Risiken widerspreche den allgemeinen Grundsätzen, die diese Tochtergesellschaft für sich selbst aufgestellt habe (128. Erwägungsgrund).

Die streitigen Maßnahmen seien parallel zueinander zu analysieren, und der Umstand, dass SACE die Muttergesellschaft von Sace BT sei, lasse keinesfalls die Schlussfolgerung zu, dass SACE so gehandelt habe, wie es ein privates Unternehmen in einer vergleichbaren Situation getan hätte (Erwägungsgründe 126 und 129).

Der fragliche Rückversicherungsschutz habe es Sace BT ermöglicht, ihre Kapazität zur Bereitstellung von Kreditversicherungen zu erhöhen (Erwägungsgründe 126 und 130).

102

Die Klägerinnen widersprechen erstens der Analyse der Kommission, der zufolge ein privater Rückversicherer den Rückversicherungsschutz, den Sace BT von SACE erhielt, nicht zu denselben Vergütungsbedingungen gewährt hätte wie denen, die die privaten Rückversicherer für ein geringeres Risiko eingeräumt hatten. Zweitens machen sie geltend, die von der Kommission vorgenommene Bewertung der Höhe der Beihilfe mit 10 % des Betrags der von Sace BT an SACE gezahlten Prämie sei mit einem Beurteilungsfehler behaftet und unzureichend begründet.

103

Zunächst ist zu untersuchen, ob die Kommission zu Recht der Auffassung war, SACE habe sich, indem sie BT den streitigen Rückversicherungsschutz zu den vereinbarten Bedingungen gewährt habe, nicht so verhalten, wie es ein privater Rückversicherer in einer vergleichbaren Situation getan hätte, bevor geprüft wird, ob die von der Kommission vorgenommene Bewertung der Höhe der Beihilfe hinreichend begründet ist.

– Vergleich des Verhaltens von SACE mit dem eines privaten Rückversicherers

104

Die Klägerinnen treten den Ausführungen entgegen, mit denen die Kommission darlegt, SACE habe sich nicht so verhalten, wie ein privater Rückversicherer es getan hätte. Erstens sei die auf einen Teil des XoL-Versicherungsschutzes beschränkte Beteiligung der privaten Marktteilnehmer nicht auf die spezifischen Risiken des Portefeuilles von Sace BT zurückzuführen, das durch eine für die Rückversicherer günstige historische Entwicklung gekennzeichnet gewesen sei, sondern im Wesentlichen auf die Zurückhaltung der Marktteilnehmer, die sich angesichts ihrer Schwierigkeiten und derjenigen des Marktes zyklisch verhalten hätten, indem sie insbesondere ihre Kapazität verringert hätten. Im Gegensatz dazu habe SACE von einer soliden Vermögenslage und einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung profitiert und deshalb Marktchancen wahrnehmen können. Dies werde durch den erheblichen Gewinn bestätigt, den SACE aus dem mit Sace BT geschlossenen Rückversicherungsvertrag erzielt habe, da den Prämieneinnahmen in Höhe von 1,56 Mio. Euro kein einziger Schadensfall gegenübergestanden habe.

105

Zweitens mache die Kommission in ihrer Klagebeantwortung zu Unrecht geltend, die Entscheidung von SACE, den XoL-Versicherungsvertrag mit Sace BT zu schließen, sei nicht „autonom, sondern … durch die Weigerung des Marktes, mehr als 25,85 % des Rückversicherungsschutzes zu übernehmen, bestimmt“ gewesen. Es gebe keine gesetzliche Vorschrift oder Solvenzregelung, nach der Sace BT über einen XoL-Versicherungsschutz habe verfügen müssen. Der fragliche XoL-Versicherungsvertrag decke ausschließlich bestimmte Schäden außergewöhnlicher Art. Dieser Vertrag habe daher auch weder bezweckt, den laufenden technischen Ertrag von Sace BT zu steigern, noch ihr zu ermöglichen, ihre Kapazitäten auszuweiten. Der Rückversicherungsvertrag zwischen SACE und Sace BT sei zu ihrem beiderseitigen Vorteil geschlossen worden. Sace BT habe das Ziel verfolgt, extreme Risiken zu verringern, um ihre mittel- und langfristige Kapitalstärke zu schützen. Umgekehrt sei SACE an der ausgeprägten Diversifikation des Portefeuilles von Sace BT und an einer Konjunkturphase interessiert gewesen, in der die Versicherungsprämien hoch gewesen seien.

106

Drittens tragen die Klägerinnen vor, zum Zeitpunkt des Erlasses der zweiten Maßnahme sei die Rückversicherung ein Produkt gewesen, das SACE allen Marktteilnehmern unter gleichartigen Bedingungen, wie sie Sace BT eingeräumt worden seien, angeboten habe. Wenn SACE derartige Verträge nicht mit anderen Marktteilnehmern geschlossen habe, sei das allein auf mangelnde Vorschläge anderer Marktteilnehmer zurückzuführen, denn innerhalb von Versicherungskonzernen erhielten die jeweiligen Versicherer von ihren auf die Rückversicherung spezialisierten Konzerngesellschaften Vorzugskonditionen. Die Auffassung der Kommission, Anträge auf Versicherungsschutz zu gleichen Bedingungen wie denen, die Sace BT eingeräumt worden seien, wären abgelehnt worden, sei daher durch nichts gerechtfertigt.

107

Viertens habe die Kommission ihre Behauptung im 128. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, ein privater Rückversicherer hätte sich niemals bereit erklärt, einen so hohen Anteil der Rückversicherung unter Bedingungen zu übernehmen, wie SACE sie Sace BT eingeräumt habe, durch keinerlei Untersuchungsergebnisse untermauert. Wie im 179. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnt, beruhe die Entscheidung von SACE, diesen Deckungsanteil zu übernehmen, auf einer Risiko-Ertrags-Analyse vom 19. März 2009, die die Risikomanagementabteilung dieser Gesellschaft auf der Grundlage der Bewertung durch den Versicherungsmakler AON Re Global erstellt habe, der den XoL-Versicherungsvertrag mit Sace BT als rentabel eingestuft habe.

108

Fünftens hänge die Tarifgestaltung im Rückversicherungsbereich nach der herrschenden Meinung in der Wirtschaftsliteratur und in der Praxis der bedeutendsten internationalen Rückversicherer auf dem Markt nicht allein von der Höhe des eingegangenen Risikos ab. Im Übrigen beschränke sich die einzige von den XoL-Versicherern getroffene Entscheidung auf die Höhe des rückzuversichernden Risikoanteils. Was die Prämie betreffe, sei diese zuvor im Rahmen eines Verhandlungsprozesses zwischen dem Erstversicherer, den Maklern und den Rückversicherern ausgehandelt worden und unterscheide sich nicht nach den jeweiligen Rückversicherern oder den übernommenen Risikoanteilen.

109

Sechstens greifen die Klägerinnen die Feststellung im 130. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses an, die im Wesentlichen besagt, der von SACE gewährte Rückversicherungsschutz habe Sace BT einen Vorteil verschafft, indem er es ihr ermöglicht habe, ihre Kreditversicherungskapazität zu erweitern, ohne die betreffenden Risiken ausschließlich mit Eigenmitteln zu decken oder für den verbleibenden Anteil ihrer Rückversicherung eine mindestens 10 % höhere Prämie anzubieten als die, die sie den anderen – privaten – Rückversicherern gezahlt habe. Die Klägerinnen machen geltend, der Umfang und der Wert der im Laufe eines Geschäftsjahrs geschlossenen Verträge seien von einer Reihe von Faktoren abhängig, die hauptsächlich mit den Entwicklungszielen der Gesellschaft und ihren operativen Unterzielen zusammenhingen.

110

Die Kommission widerspricht diesem Vorbringen in seiner Gesamtheit.

111

Um festzustellen, ob SACE sich so verhalten hat, wie ein privater Rückversicherer es in einer vergleichbaren Situation getan hätte, musste die Kommission anhand der ihr zur Verfügung stehenden relevanten Erkenntnisse prüfen, ob SACE vor dem Erlass der zweiten Maßnahme eine angemessene wirtschaftliche Beurteilung der Rentabilität dieser Maßnahme im Hinblick auf die zu übernehmenden Risiken vorgenommen hatte.

112

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Mitgliedstaat aufgrund der in Art. 4 Abs. 3 EUV vorgesehenen Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit der Kommission zwar die Informationen zu liefern hat, die es ihr gestatten, sich zur Beihilfeeigenschaft der fraglichen Maßnahme zu äußern, die Kommission jedoch aufgrund ihrer Pflicht zur sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung (siehe oben, Rn. 95) die ihr vom Mitgliedstaat zur Kenntnis gebrachten Gesichtspunkte sorgfältig prüfen muss (Urteil vom 30. April 2014, Dunamenti Erőmű/Kommission, T‑179/09, EU:T:2014:236, Rn. 176). Entsprechend dem Geist des förmlichen Prüfverfahrens, das den Beteiligten die Rolle von Informationsquellen der Kommission zuweist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. Mai 2006, Kuwait Petroleum [Nederland]/Kommission, T‑354/99, Slg, EU:T:2006:137, Rn. 89), besteht eine solche Verpflichtung auch für die Kommission, was die ihr von den Beteiligten übermittelten Informationen betrifft.

113

Im Rahmen ihrer Beurteilung, ob die zweite Maßnahme das Kriterium des privaten Kapitalgebers erfüllt, hat die Kommission in dem angefochtenen Beschluss jedoch nicht ausdrücklich zu dem Inhalt der Mitteilung vom 19. März 2009 Stellung genommen, die die Risikomanagementabteilung von SACE zu dem Zweck erstellt hatte, zu untersuchen, ob die „geschätzte Rentabilität des Rückversicherungsvertrags im Einklang mit dem übernommenen Risiko stand“, und auf die sich die Klägerinnen berufen hatten (siehe oben, Rn. 107). Diese Mitteilung hatte SACE der Kommission indes im Verwaltungsverfahren vorgelegt, wie der 179. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses belegt, in dem diese Mitteilung erwähnt und ausgeführt wird, in seiner Sitzung vom 1. April 2009 habe der Verwaltungsrat von SACE deren Beteiligung an dem Exzedentenrückversicherungsvertrag von Sace BT in Höhe des nicht durch Marktversicherer gedeckten Betrags genehmigt.

114

Der Mitteilung vom 19. März 2009 kommt allerdings erhebliche Bedeutung zu. Aus dem Vorbringen der Parteien und aus den Akten ergibt sich nämlich, dass die einzigen wirtschaftlichen Bewertungen, auf die SACE sich bei ihrer Entscheidung über die zweite Maßnahme stützte und die nach dem Vortrag der Klägerinnen erstmals in der Sitzung des Verwaltungsrats von SACE vom 11. Februar 2009 erörtert wurden, in dieser Mitteilung vom 19. März 2009 und in dem Bericht des Versicherungsmaklers AON Re Global, auf dem diese Mitteilung beruhte, enthalten waren.

115

Weitere Dokumente, die dem Verwaltungsrat von SACE im Hinblick auf die Prüfung der Beteiligung dieser Gesellschaft am Rückversicherungsvertrag von Sace BT vorgelegen hätten, führen die Klägerinnen nicht an.

116

Angesichts der Ausführungen, die sowohl SACE als auch die italienischen Behörden im Verwaltungsverfahren zum Inhalt der Mitteilung vom 19. März 2009 und des Berichts des Versicherungsmaklers AON Re Global gemacht haben, kann der Kommission jedoch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie in dem angefochtenen Beschluss zum Inhalt dieser Angaben nicht ausdrücklich Stellung genommen hat, um zu beurteilen, ob die zweite Maßnahme aufgrund einer vorherigen Untersuchung ihrer Rentabilität gewährt wurde.

117

Erstens geht nämlich weder aus der Zusammenfassung ihrer Ausführungen in den Erwägungsgründen 68 bis 71 des angefochtenen Beschlusses hervor, noch behaupten die Klägerinnen und die Italienische Republik vor dem Gericht, dass sie im Verwaltungsverfahren vorgetragen hätten, SACE habe auf der Grundlage der genannten Dokumente eine Ex-ante-Analyse der Rentabilität der zweiten Maßnahme und somit ihrer wirtschaftlichen Vernünftigkeit vorgenommen. Im Verwaltungsverfahren hatten sie den Umstand hervorgehoben, dass SACE dieselben Bedingungen vereinbart habe, wie sie von den privaten Rückversicherern, die sich am Versicherungsschutz für Sace BT beteiligt hätten, akzeptiert worden seien.

118

Zweitens stammt die Mitteilung vom 19. März 2009 von der Risikomanagementabteilung von SACE, der Abteilung, deren Aufgabe es war zu prüfen, ob die geschätzte Rentabilität des Rückversicherungsvertrags mit Sace BT im Einklang mit dem übernommenen Risiko stand. Diese Abteilung hatte sich für die Beteiligung von SACE an diesem Vertrag ausgesprochen und sich dabei im Wesentlichen auf den Bericht des Versicherungsmaklers AON Re Global vom 14. November 2008 gestützt. Dieser Bericht enthielt Voraussagen, die für Sace BT im Hinblick auf die Erneuerung ihres Rückversicherungsvertrags für 2009 getroffen wurden und auf einer Analyse des Einflusses beruhten, den der Rückversicherungsvertrag von 2008 auf die Ergebnisse und die aktuellen und künftigen Anforderungen in Bezug auf das Eigenkapital von Sace BT hatte. Allerdings hatte die Risikomanagementabteilung von SACE die aus 2008 stammenden Informationen in ihrer Mitteilung vom 19. März 2009 nicht aktualisiert. Somit berücksichtigten weder die Mitteilung vom 19. März 2009 noch der Bericht von AON Re Global die Finanzkrise, die die europäische Wirtschaft Ende 2008 betroffen und 2009 zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in der Eurozone geführt hatte. Außerdem enthielt diese Mitteilung nicht den geringsten Hinweis, der darauf hätte schließen lassen, dass der Umfang der von SACE erwogenen Beteiligung am Vertrag mit einem Anteil von 74,15 % und damit das Ausmaß ihrer Risikoexposition bei der Beurteilung der zu erwartenden Rentabilität einer solchen Beteiligung berücksichtigt worden wäre.

119

Daher brauchte die Kommission in dem angefochtenen Beschluss zum Beweiswert der Mitteilung vom 19. März 2009 und des Berichts vom 14. November 2008 keine Stellung zu beziehen. Es genügte, in hinreichender Weise darzulegen, aus welchen Gründen sie davon ausging, dass private Marktteilnehmer nicht bereit gewesen wären, die zweite Maßnahme zu den von SACE gewährten Konditionen zu vereinbaren.

120

Daraus folgt, dass die Kommission über keine relevanten schriftlichen Unterlagen verfügte, als sie prüfte, ob SACE wie ein privater Rückversicherer tätig geworden war. Es stellt sich daher die Frage, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, dass der Kommission keine Angaben zu einer relevanten und dokumentierten vorherigen wirtschaftlichen Bewertung der erwarteten Rentabilität der zweiten Maßnahme unter Berücksichtigung sämtlicher Faktoren, die ein unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen handelnder privater Rückversicherer berücksichtigt hätte, vorgelegt wurden.

121

Nach der Rechtsprechung (siehe oben, Rn. 97) obliegt es zwar dem Mitgliedstaat oder der betreffenden öffentlichen Einrichtung, aufzuzeigen, dass die getroffene Entscheidung auf wirtschaftlichen Bewertungen beruhte, die mit jenen vergleichbar sind, die ein vernünftig handelnder privater Kapitalgeber in einer gleichartigen Lage vor dem Erlass dieser Maßnahme hätte erstellen lassen, um die künftige Rentabilität einer solchen Investition zu bestimmen. Werden zu diesem Zweck im Verwaltungsverfahren Studien unabhängiger Beratungsunternehmen vorgelegt, die vor dem Erlass der beabsichtigten Maßnahme in Auftrag gegeben wurden, kann dies zum Nachweis beitragen, dass der Mitgliedstaat oder die betreffende öffentliche Einrichtung diese Maßnahme als Marktteilnehmer getroffen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Spanien u. a./Kommission, oben in Rn. 97 angeführt, EU:T:2014:604, Rn. 49).

122

Welche Angaben zur wirtschaftlichen Bewertung von der öffentlichen Einrichtung zu verlangen sind, die die Beihilfe gewährt hat, ist jedoch konkret zu beurteilen und kann je nach der Art und dem Umfang der übernommenen wirtschaftlichen Risiken unterschiedlich sein (siehe oben, Rn. 98). Im vorliegenden Fall konnte die Bewertung der Rentabilität der zweiten Maßnahme, die in einem Handelsgeschäft bestand, auf der Grundlage einer relativ begrenzten Analyse der übernommenen Risiken einerseits und der Angemessenheit der Rückversicherungsprämie im Hinblick auf das Ausmaß des Risikos andererseits erfolgen.

123

Unter diesen Umständen und angesichts des zwar nicht geringfügigen, aber immerhin relativ begrenzten Betrags der Transaktion reicht der bloße Umstand, dass SACE keinen Beweis dafür geliefert hat, die Höhe der Prämie, die Ausdruck des Umfangs des übernommenen Risikos ist, zuvor einer wirtschaftlichen Bewertung unterzogen zu haben, um die Rentabilität des Sace BT gewährten Versicherungsschutzes zu ermitteln, noch nicht für die Annahme aus, SACE habe sich nicht so verhalten wie ein privater Rückversicherer in einer vergleichbaren Situation.

124

Daher sind die Indizien zu prüfen, die die Kommission in dem angefochtenen Beschluss herangezogen hat, um SACE vorzuwerfen, den restlichen Anteil des Rückversicherungsschutzes zu denselben Vergütungskonditionen gewährt zu haben wie jenen, die die privaten Rückversicherer für geringere Risiken zugrunde gelegt hatten.

125

Erstens hat die Kommission unter diesen Indizien insbesondere der Tatsache besondere Bedeutung beigemessen, dass es Sace BT trotz ihrer zahlreichen Versuche nicht gelungen war, von privaten Rückversicherern einen über 25,85 % hinausgehenden Rückversicherungsschutz zu erhalten (siehe oben, Rn. 101, erster Gedankenstrich). Insoweit behaupten die Klägerinnen, der Umstand, dass die privaten Rückversicherer 2009 – im Gegensatz zu den Vorjahren – nicht bereit gewesen seien, einen Rückversicherungsschutz von mehr als 25,85 % zu gewähren, habe seinen Grund in der zyklischen Verringerung ihrer Tätigkeit gehabt, mit der sie der Wirtschafts- und Finanzkrise hätten begegnen wollen, und nicht in den mit dem Portefeuille von Sace BT verbundenen Risiken (siehe oben, Rn. 104).

126

Auch wenn man davon ausgeht, dass die Krisensituation einer der Faktoren war, die zu der Weigerung der privaten Rückversicherer führten, sich am Rückversicherungsvertrag von Sace BT mit mehr als 25,85 % zu beteiligen (siehe oben, Rn. 100), ist festzustellen, dass die Krise die Marktverhältnisse beeinträchtigte und das Schadensrisiko für sämtliche betroffenen Marktteilnehmer vergrößerte, SACE eingeschlossen, ungeachtet ihrer von den Klägerinnen vorgetragenen soliden Vermögenslage und positiven Entwicklung ihrer Tätigkeit. Der Kontext der Krise und die behauptete Verringerung des Angebots an Rückversicherungen mussten einen vernünftig handelnden Marktteilnehmer daher veranlassen, die übernommenen Risiken und die Rentabilität des betreffenden Geschäfts mit größter Sorgfalt zu bewerten. Insoweit wird die Behauptung der Kommission im 128. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, die Finanzkrise habe zu restriktiveren Rückversicherungsbedingungen geführt (siehe oben, Rn. 101, zweiter Gedankenstrich), von der Klägerinnen übrigens nicht bestritten.

127

Die Klägerinnen führen aber nichts an, was die Annahme rechtfertigen könnte, bei dieser Weigerung habe die Beurteilung der Rentabilität einer höheren Beteiligung am Rückversicherungsvertrag von Sace BT im Hinblick auf den Umfang der übernommenen Risiken für die privaten Rückversicherer keine wesentliche Rolle gespielt. Die Klägerinnen tragen zwar vor, die Prüfung der Rückversicherungsverträge von Sace BT zwischen 2009 und 2011 belege, dass „der den verschiedenen Rückversichern gezahlte Vergütungssatz derselbe gewesen“ sei, obwohl die von den einzelnen privaten Marktteilnehmern rückversicherten Anteile 2009 zwischen 2,5 % und 10 % (siehe oben, Rn. 100) sowie 2010 und 2011 zwischen 5 % und 15 % geschwankt hätten. Auch geht aus der Antwort der Klägerinnen auf eine schriftliche Frage des Gerichts hervor, dass Sace BT von 2005 bis 2008, einem Zeitraum, in dem sie ihren gesamten Rückversicherungsschutz auf dem Markt erlangt hatte, den Prämienbetrag, der in den jährlichen Rückversicherungsverträgen für die Deckung aller von ihr rückversicherten Risiken vorgesehen war, ebenfalls an die einzelnen Rückversicherer im Verhältnis ihrer jeweiligen Beteiligungsquoten an diesen Verträgen gezahlt hatte. In diesem Zeitraum lagen die von den privaten Rückversicherern übernommenen Deckungsquoten allerdings zwischen 3 % und 28 %. Diese unterschiedlichen Quoten, mit denen sich private Rückversicherer zu denselben Vergütungskonditionen beteiligten, stehen jedoch in keinem Verhältnis zu den 74,15%, mit denen sich SACE am Rückversicherungsvertrag von Sace BT für 2009 beteiligte. Aus den früheren Rückversicherungsverträgen von Sace BT, auf die sich die Klägerinnen berufen, lassen sich daher keine Schlüsse auf den Zusammenhang ziehen, den private Marktteilnehmer in einer vergleichbaren Situation zwischen der Höhe der Vergütung und der Entscheidung, einen Rückversicherungsschutz von mehr als 74 % zu gewähren, hergestellt hätten.

128

Was zweitens die Kontroverse über die Frage betrifft, ob SACE Sace BT den streitigen Rückversicherungsschutz gewährt hatte, um „die fehlende Rückversicherungskapazität auf dem Markt auszugleichen“, wie im Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats von SACE vom 26. Mai 2009 angegeben ist, auf das sich die Kommission beruft, oder unter dem Gesichtspunkt eines beiderseitigen Vorteils, wie die Klägerinnen geltend machen (siehe oben, Rn. 105), ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es Sace BT – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – nicht gelungen war, auf dem Markt den restlichen Anteil von 74,15 % ihres Rückversicherungsschutzes zu den von SACE gewährten Vergütungsbedingungen zu erhalten (siehe oben, Rn. 100).

129

Sodann ist darauf hinzuweisen, dass sich weder aus den Akten noch aus den der Kommission im Verwaltungsverfahren übermittelten oder von den Klägerinnen auf Ersuchen des Gerichts eingereichten Unterlagen ergibt, dass die zweite Maßnahme unter dem Gesichtspunkt ihrer Rentabilität für SACE erwogen wurde. Dies betrifft insbesondere das Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats von SACE vom 11. Februar 2009, in der die Beteiligung von SACE an dem Rückversicherungsvertrag von Sace BT für 2009 erstmals besprochen wurde, und das Protokoll der Sitzung dieses Verwaltungsrats vom 1. April 2009, in der die zweite Maßnahme beschlossen wurde, sowie die Dokumente, die dem Verwaltungsrat anlässlich dieser Sitzungen vorgelegt worden waren. Aus dem Protokoll vom 1. April 2009, mit dem der Beschluss beurkundet wurde, dass SACE sich am Rückversicherungsvertrag von Sace BT im Umfang des von den privaten Rückversicherern nicht übernommenen Anteils und zu denselben Konditionen beteiligt, wie diese sie eingeräumt hatten, geht nämlich hervor, dass diese Beteiligung „mit Rücksicht auf die [seinerzeit] ungünstige Konjunktur“ beschlossen wurde, um Sace BT in die Lage zu versetzen, ihre Versicherungskapazität vor allem im Segment kleinerer und mittlerer Unternehmen aufrecht zu erhalten. Im Übrigen enthalten das Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats von SACE vom 26. Mai 2009 – das „die Beteiligung von SACE am Rückversicherungsprogramm von Sace BT gemäß den Beschlüssen des Verwaltungsrats vom 11. Februar und 1. April 2009“ erneut erwähnt – und die dem Verwaltungsrat anlässlich dieser Sitzung vorgelegten Dokumente insbesondere keine Angaben zur Zahl der von Sace BT seit Beginn des Jahres 2009 verzeichneten Schadensfälle (siehe unten Rn. 134), denen zu entnehmen wäre, dass die für SACE mit dem streitigen Versicherungsschutz verbundene Rentabilität berücksichtigt worden war, bevor dieser Vertrag am 5. Juni 2009 zugunsten von Sace BT geschlossen wurde.

130

Drittens trägt die Kommission als Beleg dafür, dass die Höhe der von Sace BT gezahlten Prämie dem Umfang der von SACE übernommenen Risiken nicht angemessen sei, im 128. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vor, dass die von Sace BT 2008 erlittenen Verluste in der Größenordnung von 29,5 Mio. Euro erhebliche Risiken im Bereich der Rückversicherung mit sich brächten.

131

Insoweit bestreiten die Klägerinnen nicht die in Fn. 101 des 128. Erwägungsgrundes angeführte Tatsache, dass – nach dem Bericht über den Kontrollbesuch des Istituto per la vigilanza sulle assicurazione private (ISVAP, italienische Aufsichtsbehörde für Privatversicherungen) in den Räumlichkeiten von Sace BT am 11. Oktober 2010, den die Kommission auf Ersuchen des Gerichts vorgelegt hat – mehrere private Rückversicherer, die an den Verhandlungen über die Erneuerung des Rückversicherungsvertrags von Sace BT teilgenommen hatten, Bedenken wegen der Lage dieses Unternehmens geäußert hatten. Einer dieser Versicherer habe seine Weigerung, sich am Vertrag über die Exzedentenrückversicherung 2009 zu beteiligen, insbesondere mit den hohen Verlusten der vergangenen Jahre und dem Preis des Programms begründet. Im Übrigen hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung – ohne dass die Klägerinnen und die Italienische Republik dem widersprochen hätten – den Zusammenhang zwischen der Risikoexposition der Rückversicherer einerseits und den 2008 infolge der Zunahme der Schadensfälle nach Ausbruch der Krise entstandenen finanziellen Schwierigkeiten von Sace BT andererseits dargelegt.

132

Die Klägerinnen und die Italienische Republik haben insoweit in der mündlichen Verhandlung zwar angegeben, dass bis zur Übernahme des restlichen Rückversicherungsschutzes von Sace BT durch SACE am 5. Juni 2009 noch kein einziger Schadensfall eingetreten sei. Wie oben in Rn. 129 festgestellt, geht aber weder aus den Akten noch aus den von den Klägerinnen vorgelegten Unterlagen hervor, dass der Verwaltungsrat von SACE das Ausbleiben von Schadensfällen im ersten Quartal 2009 und in den beiden darauf folgenden Monaten bei der Beschlussfassung über die zweite Maßnahme am 1. April 2009 oder bei der Unterzeichnung des Vertrags am 5. Juni 2009 berücksichtigt hat.

133

Im Übrigen steht nicht fest und wird von den Klägerinnen und der Italienischen Republik auch nicht vorgetragen, dass das Ausbleiben von Schadensfällen bis zum Abschluss der streitigen Rückversicherung der Kommission im Verwaltungsverfahren zur Kenntnis gebracht worden sei, um den Erlass der zweiten Maßnahme zu rechtfertigen. Nach der Rechtsprechung (Urteil vom 25. Juni 2008, Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, oben in Rn. 83 angeführt, EU:T:2008:222, Rn. 56; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, Slg, EU:C:2008:375, Rn. 144, sowie Kommission/Scott, oben in Rn. 95 angeführt, EU:C:2010:480, Rn. 91) ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses aufgrund der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission zum Zeitpunkt seines Erlasses verfügen konnte. Da die Klägerinnen und die Italienische Republik der Kommission diese Angaben im Verwaltungsverfahren nicht zur Kenntnis gebracht haben, können sie sich für die Anfechtung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht darauf berufen, dass sich in den fünf Monaten, die dem Abschluss der streitigen Versicherung zugunsten von Sace BT vorausgegangen seien, kein einziger Schadensfall ereignet habe und die von SACE übernommenen Risiken somit geringer gewesen seien (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2002, Niederlande/Kommission, C‑382/99, Slg, EU:C:2002:363, Rn. 76). Außerdem hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung jedenfalls zu Recht geltend gemacht, dass das neue, erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Vorbringen, in den ersten fünf Monaten des Jahres 2009 seien keine Schadensfälle eingetreten, nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts unzulässig sei. Dieses Vorbringen kann nämlich nicht als Erweiterung des von den Klägerinnen in der Klageschrift geltend gemachten vagen und unsubstantiierten Arguments der „für die Rückversicherer günstige[n] historische[n] Entwicklung“ des Portefeuilles von Sace BT (siehe oben, Rn. 104) angesehen werden.

134

Schließlich ist die von SACE im Verwaltungsverfahren geltend gemachte rückblickende Feststellung, sie habe dank der zweiten Maßnahme 2009 tatsächlich einen erheblichen wirtschaftlichen Gewinn erzielen können, weil den Prämieneinnahmen in Höhe von 1,56 Mio. Euro kein einziger Schadensfall gegenübergestanden habe, nach der Rechtsprechung unbeachtlich, da sie auf einer Situation beruht, die nach dem Erlass der zweiten Maßnahme eingetreten ist (siehe oben, Rn. 93).

135

Viertens weist die Kommission am Ende des 128. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass die Zuweisung eines so hohen Rückversicherungsanteils an ein einziges Unternehmen möglicherweise nicht im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen der Rückversicherung stand, wie das ISVAP in dem Bericht über seinen Kontrollbesuch vom 11. Oktober 2010 in den Räumlichkeiten von Sace BT ausgeführt hat. Insoweit geht aus den Erklärungen der Klägerinnen und aus diesem Bericht hervor, dass der Verwaltungsrat von Sace BT in seiner Sitzung vom 22. April 2008 beschlossen hatte, dass die Zahl der Rückversicherer, die sich an ihrem Rückversicherungsvertrag beteiligen, eine angemessene Verteilung der Risiken sicherstellen müsse und kein Rückversicherer zur Deckung eines Rückversicherungsanteils von mehr als 25 % herangezogen werden dürfe. Dies bestätigt, dass Sace BT sich 2009 an ihre Muttergesellschaft wandte, weil es ihr trotz ihrer zahlreichen Bemühungen lediglich gelungen war, auf dem Markt einen Rückversicherungsschutz in Höhe von insgesamt 25,85 % zu erhalten.

136

Diese Umstände bestätigen, dass der Beschluss von SACE, ihrer Tochtergesellschaft eine Deckung zu bieten, die fast dem Dreifachen des vom ISVAP genannten und von Sace BT beschlossenen maximalen Anteils von 25 % entsprach, wirtschaftlich unvernünftig war, und zwar umso mehr, als SACE in der Praxis noch nie Rückversicherungen angeboten hatte, obwohl sie gemäß Art. 6 Abs. 4 ihrer Satzung befugt war, derartige Verträge unter der Voraussetzung anzubieten, dass darin marktübliche Konditionen vereinbart werden (siehe oben, Rn. 106).

137

Soweit es fünftens um die Frage geht, ob die Entscheidung der privaten Rückversicherer, sich an einem Rückversicherungsvertrag zu beteiligen, und die Quote ihrer Beteiligung vor allem von der Höhe der in Aussicht gestellten Prämie im Hinblick auf das Ausmaß der übernommenen Risiken abhängen (siehe oben, Rn. 108), ist das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen. Zunächst einmal bedeutet der Prozess der Verhandlungen über die für einen Rückversicherungsvertrag angebotenen Vergütungsbedingungen keineswegs, dass die Höhe der Vergütung, die nach Abschluss dieser Verhandlungen im Rückversicherungsvertrag festgelegt wird, keinen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung der privaten Rückversicherer hat, ob sie sich an diesem Vertrag beteiligen oder nicht und welchen Anteil am Risiko sie gegebenenfalls zu übernehmen bereit sind. Ferner hat die Kommission zu der Frage, auf welchem rechtlichen Weg ein Rückversicherer wie SACE als Gegenleistung für die Übernahme des restlichen Rückversicherungsschutzes von Sace BT eine höhere Vergütung hätte erreichen können als die, die der 2009 mit den privaten Rückversicherern geschlossene Vertrag für einen Gesamtanteil von 25,85 % vorsah, in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts ausgeführt, der besagte Rückversicherungsvertrag von Sace BT habe lediglich 25 % der von dieser Gesellschaft rückversicherten Risiken betroffen. Daher hätte, was den verbleibenden Rückversicherungsschutz von Sace BT für 2009 betrifft, ein anderer Rückversicherungsvertrag mit einer abweichenden Vergütungsregelung ausgehandelt werden können, was in der mündlichen Verhandlung weder die Klägerinnen noch die Italienische Republik bestritten haben.

138

Das Argument der Klägerinnen, nach der herrschenden Meinung in der Wirtschaftsliteratur hänge die Tarifgestaltung in einem Rückversicherungsvertrag von einer Reihe von Faktoren ab wie etwa unvorhergesehenen Marktsituationen oder der Neigung der betreffenden Marktteilnehmer, bestimmte Risikokategorien zu bevorzugen, bedeutet außerdem nicht, dass das Ausmaß der übernommenen Risiken für die Tariffestsetzung nur einen unbedeutenden Faktor darstellt.

139

Soweit die Klägerinnen sich schließlich auf die Praxis der bedeutendsten internationalen Rückversicherer berufen (siehe oben, Rn. 108), lässt sich damit nicht belegen, dass unter den Umständen des vorliegenden Falles eine zu vernachlässigende Wechselbeziehung zwischen dem Ausmaß der übernommenen Risiken und der Höhe der Vergütung bestanden hat. Dieses Argument stützt sich zum einen auf das an Sace BT gerichtete Schreiben von AON Benfield Italia SpA Insurance & Reinsurance Brokers vom 18. April 2013, in dem diese mitteilen, sie könnten „aufgrund [ihrer] Erfahrung als führender Rückversicherungsmakler bestätigen, dass die Kosten (Prämien oder Gebühren) einer proportionalen Rückversicherung oder einer XoL-Versicherung grundsätzlich nicht von der Quote der Beteiligung abhängig sind (und umgekehrt)“. Zum anderen machen die Klägerinnen geltend, die zweite Maßnahme sei mit den – nicht seltenen – Fällen vergleichbar, in denen konzernleitende Unternehmen hohe Risikoanteile von mehr als 50 % übernähmen.

140

Zwar beruht das vorgenannte Schreiben, obwohl nach Erlass des angefochtenen Beschlusses verfasst, auf Informationen, die bereits verfügbar waren, als die zweite Maßnahme beschlossen wurde. Aber weder der Inhalt dieses Schreibens noch der Hinweis auf konzernleitende Unternehmen beziehen sich speziell auf Exzedentenrückversicherungsverträge. Aufgrund seiner allgemeinen Art ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die Feststellungen der Kommission zu entkräften, die sich anhand der Informationen, über die sie verfügte, auf den Kontext des vorliegenden Rechtsstreits stützen, der insbesondere durch die Weigerung der privaten Rückversicherer geprägt ist, sich in noch größerem Umfang am Rückversicherungsvertrag von Sace BT zu beteiligen, sowie auf das angesichts des Umfangs der Beteiligung von SACE am Rückversicherungsschutz unangemessene Verhältnis zwischen der Höhe der Prämie und dem Ausmaß der übernommenen Risiken.

141

Sechstens stellt der Umstand, dass SACE einen Rückversicherungsschutz zugunsten von Sace BT zu anderen Preiskonditionen als denen gewährt hat, die sich aus den Marktkräften ergeben hätten, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen (siehe oben, Rn. 109) schon an sich einen Vorteil im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV dar. Im Übrigen bestreiten die Klägerinnen nicht, dass SACE im Verwaltungsverfahren selbst eingeräumt hat, dieser Versicherungsschutz habe es Sace BT ermöglicht, ihre Kreditversicherungskapazität auszuweiten. Außerdem hat das Argument der Klägerinnen, zwischen dem Anteil der rückversicherten Geschäfte und der vertraglich übernommenen Kapazität bestehe kein proportionales und quantifizierbares Verhältnis, nichts mit der Feststellung der Kommission im 130. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu tun, nach der Sace BT ohne einen solchen Rückversicherungsschutz entweder die fraglichen Risiken mit Eigenmitteln hätte decken oder für deren Rückversicherung eine mindestens 10 % höhere Prämie hätte anbieten müssen. Folglich werfen die Klägerinnen der Kommission zu Unrecht vor, nicht festgestellt zu haben, welche Kreditversicherungskapazität Sace BT ohne den von SACE gewährten Rückversicherungsschutz gehabt hätte, denn der von Sace BT erlangte Vorteil, den diese unter üblichen Marktbedingungen nicht erhalten hätte, bestand gerade in diesen von SACE eingeräumten Vorzugspreisen.

142

Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission aufgrund der ihr bei Erlass des angefochtenen Beschlusses vorliegenden Informationen zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die zweite Maßnahme zugunsten von Sace BT zu Vorzugspreisen beschlossen wurde und der Sace BT auf diese Weise gewährte Vorteil in der Differenz zwischen der Rückversicherungsprämie bestand, die ein privater Rückversicherer für einen so hohen Rückversicherungsanteil verlangt hätte, und derjenigen, die SACE berechnete.

143

Als nicht stichhaltig sind unter diesen Umständen die Argumente zurückzuweisen, mit denen die Klägerinnen im Rahmen der Erwiderung die Feststellungen der Kommission im 129. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angreifen, der Abschluss des Rückversicherungsvertrags müsse im Zusammenhang mit den Kapitalzuführungen analysiert werden, um zu prüfen, ob eine private Muttergesellschaft bereit gewesen wäre, ihrer Tochtergesellschaft einen Rückversicherungsschutz unter im Vergleich zu den Marktpreisen günstigeren Konditionen einzuräumen, wenn diese ihn zum vorgeschlagenen Preis nicht erhalten könne.

– Fehlende Begründung der Beurteilung des Beihilfebetrags

144

Hinsichtlich der von der Kommission angewandten Methode zur Ermittlung des Betrags der zurückzufordernden Beihilfe heißt es im angefochtenen Beschluss im 128. Erwägungsgrund lediglich: „Gemäß ihrer Entscheidungspraxis ... vertritt die Kommission die Ansicht, dass die Gebühr für einen so viel höheren Anteil an einer Rückversicherung und am Risiko um mindestens 10 % hätte höher sein müssen als die Gebühr, die von den privaten Rückversicherern für den kleineren Teil der Rückversicherung und des Risikos gefordert wurde. Bei dem Betrag von 1,56 Mio. Euro, den [Sace] BT an SACE bezahlt hat, beläuft sich die Beihilfe auf 156000 Euro.“ Der angefochtene Beschluss bezieht sich insoweit auf den Beschluss 2014/532/EU der Kommission vom 23. November 2011 über die Staatliche Beihilfe C 28/2010, die Portugal in Form einer Regelung für kurzfristige Exportkreditversicherungen gewährt hat (ABl. 2014, L 244, S. 59), in dem die Kommission ein Verfahren zur Berechnung des zurückzufordernden Betrags auf der Grundlage realistischer Annahmen und aktuell marktüblicher Praktiken entwickelt hat (im Folgenden: Beschluss vom 23. November 2011).

145

Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, nicht dargelegt zu haben, aus welchen Gründen sie der Auffassung sei, die von Sace BT gezahlte Prämie hätte die von den privaten Rückversicherern in Rechnung gestellte Prämie um 10 % übersteigen müssen.

146

Für die Feststellung der Unzulänglichkeit der an SACE gezahlten Prämie im Verhältnis zu derjenigen, die Sace BT den anderen am Rückversicherungsvertrag Beteiligten zahlte, habe die Kommission sich darauf beschränkt, auf den Beschluss vom 23. November 2011 zu verweisen. Die Begründung dieses Beschlusses sei jedoch unverständlich, soweit sie die theoretische marktübliche Prämie für den staatlichen Versicherungsschutz mit 110 % des Prämiensatzes bemesse, der vom privaten Versicherer bei jedem Unternehmenskunden angewandt werde. Ferner habe die Kommission im vorliegenden Fall nicht erläutert, warum diese Berechnungsmethode, die im Hinblick auf eine proportionale staatliche Versicherung entwickelt worden sei, die wie eine Fazilität zur Risikoteilung (sogenanntes Top-up-Modell) mit privaten Versicherungsgesellschaften funktioniere und etwas völlig anderes sei als die Exzedentenrückversicherung, in Bezug auf die zweite Maßnahme entsprechend angewandt werden könne. Außerdem habe die Kommission einen Fehler begangen, indem sie davon ausgegangen sei, dass der Grundsatz der positiven Korrelation zwischen dem Ausmaß des übernommenen Risikos und der Höhe der Prämie, der für die proportionale Versicherung gelte, auf die Rückversicherung anwendbar sei.

147

Die Kommission macht geltend, sie habe in Anbetracht der Schwierigkeit, die Höhe der Prämie, die von privaten Marktteilnehmern verlangt worden wäre, in einem Fall zu bestimmen, in dem deren Weigerung, zusammen mehr als 25,85 % des Risikos zu übernehmen, die einzige mit Gewissheit feststehende Tatsache sei, einen zurückhaltenden Ansatz gewählt. Die einen Prozentsatz von 10 % ergebende Berechnung sei auf der Grundlage des in dem Beschluss vom 23. November 2011 untersuchten portugiesischen Präzedenzfalls erfolgt, für den die Kommission ein Verfahren zur Berechnung der Prämienerhöhung entwickelt habe, die im Verhältnis zu dem durch eine gesteigerte Exposition des Versicherers bedingten höheren Risiko stehe.

148

Der hauptsächliche und allein relevante Unterschied zwischen den beiden Fällen bestehe darin, dass SACE nicht nur ergänzend („top-up“) eingeschritten sei, um den von den Marktteilnehmern nicht übernommenen Anteil des Risikos zu decken, sondern auch einen weit höheren Prozentsatz des Risikos auf sich genommen habe als die privaten Marktteilnehmer zu übernehmen bereit gewesen seien, deren höchster Einzelanteil sich auf 10 % der Risiken belaufen habe.

149

Nach der Rechtsprechung muss die Kommission, wenn sie wie im vorliegenden Fall über die Anordnung der Rückforderung eines bestimmten Betrags entscheidet, entsprechend ihrer Verpflichtung zur sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung den Wert der dem Unternehmen zugute gekommenen Beihilfe so genau ermitteln, wie es die Umstände des Falles ermöglichen (Urteil Dunamenti Erőmű/Kommission, oben in Rn. 112 angeführt, EU:T:2014:236, Rn. 177).

150

Im Übrigen muss die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung dem Wesen des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 8. September 2011, Kommission/Niederlande, C‑279/08 P, Slg, EU:C:2011:551, Rn. 125 und die dort angeführte Rechtsprechung).

151

Im vorliegenden Fall verweist die Kommission zur Bestimmung der Höhe der Beihilfe lediglich auf ihre „Entscheidungspraxis“, die sich auf den Beschluss vom 23. November 2011 beschränkt.

152

Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Begriff der Beihilfe nach der Rechtsprechung ein Rechtsbegriff und anhand objektiver Kriterien auszulegen ist. Die Einstufung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe kann daher nicht von einer subjektiven Beurteilung durch die Kommission abhängen und ist, deren tatsächliches Bestehen unterstellt, unabhängig von jeder früheren Verwaltungspraxis der Kommission zu bestimmen (vgl. Urteil Spanien u. a./Kommission, oben in Rn. 97 angeführt, EU:T:2014:604, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

153

Um festzustellen, dass eine Beihilfe vorliegt, darf die Kommission sich daher nicht darauf beschränken, auf ihre „Entscheidungspraxis“ zu verweisen. Sie ist verpflichtet, alle ihr bekannten objektiven Umstände anhand der anwendbaren Regelung sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen. Das Gleiche gilt, wenn die Kommission die Höhe der Beihilfe bestimmt, deren Rückforderung sie anordnet. Im vorliegenden Fall durfte die Kommission sich daher nicht darauf beschränken, auf den Beschluss vom 23. November 2011 zu verweisen, sondern hatte die ihr bekannten objektiven Umstände sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen, um die Höhe der Beihilfe so genau wie möglich zu bestimmen.

154

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht im vorliegenden Fall die Aufgabe hat, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses zu prüfen, nicht aber, darüber zu entscheiden, ob der Beschluss vom 23. November 2011 ordnungsgemäß begründet ist oder nicht, wie die Klägerinnen dies beantragen (siehe oben, Rn. 146). Daraus folgt, dass die Kommission ihrer Begründungspflicht im hier gegebenen Fall nicht mit dem bloßen Verweis auf eine Methode nachkommen kann, die sie in einer anderen Sache entwickelt hat, ohne die Relevanz dieser Methode für die Beurteilung der in einem anderen tatsächlichen Kontext von Sace BT an SACE gezahlten Versicherungsprämien zu erläutern (siehe oben, Rn. 152 und 153).

155

Unter diesen Umständen musste die Kommission, wenn sie die im Beschluss vom 23. November 2011 entwickelte Methode zur Berechnung des zurückzufordernden Betrags auf den vorliegenden Fall übertragen wollte, die Gründe darlegen, aus denen sie diese Methode für relevant hielt, und die Erwägungen, die sie im vorliegenden Fall bei ihrer Anwendung auf den aus den Akten ersichtlichen Sachverhalt anstellte, klar zum Ausdruck bringen.

156

Insoweit machen die Klägerinnen zu Recht geltend, die Kommission habe weder die angewandte Berechnungsmethode dargelegt noch im angefochtenen Beschluss im Hinblick auf die Art und die Merkmale der hier in Rede stehenden Exzedentenrückversicherung eine Begründung für die entsprechende Anwendung einer Berechnungsmethode gegeben, die sie in Bezug auf eine proportionale staatliche Kreditversicherung entwickelt habe.

157

Zunächst einmal trifft es zu, dass sich die portugiesische Regelung für Exportkreditversicherungen, auf die die Kommission sich bezieht, vom vorliegenden Fall unterscheidet. Es handelt sich um ein System der Mitversicherung von Exportkrediten und nicht um die Rückversicherung eines Versicherers. Ferner stand die portugiesische Regelung, die vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2010 gelten sollte (23. Erwägungsgrund des Beschlusses vom 23. November 2011), im Kontext der Finanzkrise von 2009 und betraf nicht die besondere finanzielle Situation eines einzigen Versicherers wie Sace BT, der Verluste erlitt. Vor allem geht aus den Erwägungsgründen 20 und 21 des Beschlusses vom 23. November 2011 hervor, dass die Deckungssumme der portugiesischen staatlichen Kreditversicherung, die ausschließlich als Ergänzung der von einem privaten Versicherer übernommenen Deckung gewährt wurde, die Deckungssumme der privaten Versicherung niemals übersteigen durfte. In diesem Kontext hat die Kommission im 68. Erwägungsgrund des Beschlusses vom 23. November 2011 beanstandet, dass die den staatlichen Versicherern gezahlten Prämien unter den marktüblichen Sätzen lagen, obwohl sie der Kommission zufolge wegen des übernommenen höheren Risikos über diesen Sätzen hätten liegen müssen. Im vorliegenden Fall wirft die Kommission SACE hingegen vor, für einen höheren als den von den privaten Rückversicherern übernommenen Versicherungsschutz die gleiche Vergütung akzeptiert zu haben wie die der privaten Rückversicherer. Die Umstände der beiden Fälle sind daher völlig unterschiedlich.

158

Die Kommission hat zwar in der Klagebeantwortung geltend gemacht, die Unterschiede zwischen den beiden Maßnahmen seien ohne Belang, weil die staatliche Einrichtung, die den ergänzenden Schutz gewähre, in beiden Fällen einen größeren Anteil am Risiko übernehme, was sich normalerweise in einer höheren Versicherungsprämie niederschlagen müsse (siehe oben, Rn. 148).

159

Aber weder diesem Vorbringen noch den Gründen des angefochtenen Beschlusses lässt sich entnehmen, warum unter Berücksichtigung des Umfangs des Risikos der Marktpreis für den von SACE gewährten Versicherungsschutz nach derselben Methode zu berechnen sein soll wie der Marktpreis des ergänzenden Versicherungsschutzes im Rahmen der portugiesischen staatlichen Kreditversicherung. Der angefochtene Beschluss lässt daher jegliche Begründung für die Möglichkeit vermissen, die von der Kommission in ihrem Beschluss vom 23. November 2011 entwickelte Berechnungsmethode im vorliegenden Fall in einem völlig anderen rechtlichen Kontext entsprechend anzuwenden. Im 128. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses behauptet die Kommission nämlich lediglich, „ein umsichtiger Kapitalgeber hätte eine Gebühr verlangt, die das höhere Maß des übernommenen Risikos berücksichtigt“, und diese Gebühr hätte „um mindestens 10 % … höher sein müssen als die Gebühr, die von den privaten Rückversicherern für den kleineren Teil der Rückversicherung und des Risikos gefordert wurde“, indem sie ohne jede Erläuterung auf die Erwägungsgründe 68 und 93 ihres Beschlusses vom 23. November 2011 verweist.

160

Schließlich kann das Argument der Kommission, die angewandte Methode sei für die Klägerinnen günstig, diesen Begründungsmangel nicht beheben. Ohne eine klare und für den vorliegenden Fall relevante Erläuterung kann nämlich nicht beurteilt werden, ob der Berichtigungssatz von 10 % für die Klägerinnen günstig oder ungünstig ist. Außerdem hat die Kommission die Abhilfemaßnahme zu bestimmen, die geeignet ist, die Wettbewerbsverfälschung, die sich aus der beanstandeten Maßnahme ergibt, zu beenden. Dieser Aufgabe kann sie nicht durch den bloßen Verweis auf eine Methode nachkommen, die sie als für den Begünstigten vorteilhaft ansieht.

161

Folglich greift der zweite Klagegrund durch, soweit er auf die unzureichende Begründung der von der Kommission vorgenommenen Bestimmung der Höhe der Beihilfe mit 10 % der von Sace BT an SACE gezahlten Prämie gestützt wird.

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV, Beurteilungsfehler und Rechtsfehler bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers hinsichtlich der dritten und der vierten Maßnahme

162

In dem angefochtenen Beschluss (Erwägungsgründe 132 bis 168) ist die Kommission auf der Grundlage von zwei unterschiedlichen Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass die dritte und die vierte Maßnahme einen Vorteil für Sace BT darstellten. Sie hat zunächst in den Erwägungsgründen 135 bis 144 des angefochtenen Beschlusses in erster Linie festgestellt, SACE habe nicht wie ein umsichtiger privater Kapitalgeber gehandelt, weil dieses Unternehmen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die genannten Maßnahmen keine Bewertung durchgeführt habe, um festzustellen, ob der zusätzliche Kapitalbeitrag aus der Sicht des Aktionärs eine wirtschaftlich vorteilhaftere Option darstellte als die Liquidation der Tochtergesellschaft. Allein aus diesem Grund sind die beiden fraglichen Kapitalbeiträge nach Auffassung der Kommission als Beihilfen einzustufen.

163

Sodann hat die Kommission „der Vollständigkeit halber“ in den Erwägungsgründen 145 bis 167 des angefochtenen Beschlusses ergänzend festgestellt, dass ein privater Kapitalgeber es bei einem Vergleich zwischen der Option einer Liquidation von Sace BT und der gewählten Option eines neuen Kapitalbeitrags für diese Tochtergesellschaft vorgezogen hätte, Sace BT in die Insolvenz fallen zu lassen oder zu verkaufen, sofern er einen Käufer gefunden hätte, statt deren Rekapitalisierung fortzusetzen. Diese Analyse zeige ebenfalls, dass SACE nicht wie ein privater Kapitalgeber gehandelt habe.

164

Die Klägerinnen stellen sowohl das Fehlen einer vorherigen wirtschaftlichen Analyse, auf das sich die Kommission beruft, in Abrede als auch die Richtigkeit von deren rückblickender Analyse der Rentabilität der dritten und der vierten Maßnahme.

165

Zunächst ist das Vorbringen der Parteien zu der Frage zu prüfen, ob SACE eine angemessene Rentabilitätsanalyse vorgenommen hatte, bevor sie 70 Mio. Euro in das Kapital von Sace BT investierte.

166

Vorab weisen die Klägerinnen darauf hin, dass insbesondere aus den Nrn. 27 und 29 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel [107 AEUV] und [108 AEUV] und des Artikels 5 der Kommissionsrichtlinie 80/723/EWG über öffentliche Unternehmen in der verarbeitenden Industrie (ABl. 1993, C 307, S. 3) hervorgehe, dass die Kommission bei der Anwendung des Prinzips eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers den weiten Wertungsspielraum des staatlichen Kapitalgebers zu respektieren habe und das Vorliegen einer Beihilfe nur feststellen könne, wenn der staatliche Kapitalgeber bei objektiver Betrachtung vernünftigerweise nicht – auch nicht langfristig – von einer akzeptablen Rentabilität einer Investition habe ausgehen können.

167

Im vorliegenden Fall greifen die Klägerinnen die Ansicht der Kommission an, der Umstand, sich in einer Krisensituation zu befinden, ändere nichts an den Bedingungen des anzuwendenden Tests.

168

Insoweit machen die Klägerinnen erstens geltend, die Kommission hätte mit größter Objektivität und Aufmerksamkeit die wirtschaftliche Realität des Marktes sowie die Art und Weise untersuchen müssen, in der das „hohe Maß an Unsicherheit und Dringlichkeit“ (166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), das sich aus der Verschlechterung der globalen wirtschaftlichen Situation ab dem zweiten Quartal 2007 ergeben habe, die Entscheidungen eines hypothetischen privaten Aktionärs beeinflusse.

169

Zweitens behaupten die Klägerinnen in diesem Zusammenhang, in den Jahren 2008 und 2009 hätten die Aktionäre zahlreicher Gesellschaften, auch außerhalb Italiens, angesichts der erheblichen Verluste vieler auf dem Gebiet der Kreditversicherung tätiger Unternehmen und der begrenzten Zahl potenzieller Käufer Kapitalbeiträge geleistet. In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen der Kommission insoweit insbesondere vorgeworfen, keine Untersuchung vorgenommen zu haben, um im Hinblick auf die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers die Situation von Sace BT mit derjenigen der anderen Versicherer zu vergleichen, einschließlich der Beschwerdeführerin Coface, deren Kapital im Juli 2009 und im März 2010 um 225 Mio. Euro aufgestockt worden sei, nachdem sie 2009 Verluste in Höhe von 163 Mio. Euro erlitten habe.

170

Drittens widersprechen die Klägerinnen der von der Kommission vertretenen Auslegung des Urteils Kommission/EDF u. a. (oben in Rn. 91 angeführt, EU:C:2012:318). Rn. 84 dieses Urteils betone die Notwendigkeit, die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Ob der staatliche Kapitalgeber das Erfordernis eines ausführlichen Unternehmensplans oder zumindest aktualisierter Finanzdaten beachtet habe, die zeigten, dass die Investition eine wirtschaftlich akzeptable Rendite erbringen werde, müsse daher unter Berücksichtigung des Kontexts der Wirtschaftskrise und der Unmöglichkeit, zuverlässige Voraussagen zu treffen, beurteilt werden.

171

Viertens werfen die Klägerinnen der Kommission vor, im vorliegenden Fall einen dogmatischen Ansatz verfolgt zu haben, indem sie die Entscheidungen eines staatlichen Kapitalgebers mit denen eines hypothetischen privaten Kapitalgebers verglichen habe, der sich durch die Fähigkeit auszeichne, von Anfang an den Nachweis der wirtschaftlichen Logik seiner kommerziellen Entscheidungen durch die Ausarbeitung detaillierter Wirtschaftsprognosen, Schätzungen der künftigen Rentabilität oder ausführlicher und umfassender Kosten-Nutzen-Analysen, gegebenenfalls untermauert durch Gutachten externer Berater, zu erbringen. In Ermangelung einer solchen Dokumentation gehe die Kommission davon aus, dass die Transaktion wirtschaftlich nicht vernünftig sei.

172

Mit einem solchen theoretischen Ansatz erspare sich die Kommission komplexe Untersuchungen darüber, wie die „Marktwirtschaft“ konkret funktioniere. Auf diese Weise wandle die Kommission das Kriterium des privaten Kapitalgebers in eine Verfahrensregel um, was gegen den in Art. 345 AEUV verbürgten Grundsatz der Gleichbehandlung öffentlicher und privater Unternehmen verstoße.

173

Fünftens räumen die Klägerinnen ein, dass der Geschäftsplan 2010–2011 von Sace BT, auf den sich die Geschäftsleitung von SACE gestützt habe, angesichts des Umfelds, in dem zuverlässige Prognosen nicht einmal kurzfristig möglich gewesen seien, lediglich Voraussagen für diese beiden Geschäftsjahre enthalten und einen ausgeglichenen Haushalt für 2011 in Aussicht gestellt habe. Der angefochtene Beschluss (141. Erwägungsgrund) gehe jedoch fälschlich davon aus, dass SACE im Verwaltungsverfahren keine objektiven und nachprüfbaren Angaben gemacht habe, die den Erlass der beiden untersuchten Maßnahmen wirtschaftlich gerechtfertigt hätten.

174

Sechstens machen die Klägerinnen geltend, die Führungskräfte von SACE hätten sich bei Erlass der dritten und der vierten Maßnahme auf eine genaue und vernünftige wirtschaftliche Bewertung der künftigen Rentabilität dieser Investitionen gestützt, der folgende Erwägungen zugrunde gelegen hätten:

Nachdem SACE im Rahmen einer Geschäftsstrategie der Diversifizierung der vom Konzern versicherten Risiken Sace BT mit Hilfe einer ursprünglichen Investition von mehr als 100 Mio. Euro gegründet habe, habe sie sich entschieden, den Wert ihres Sace BT ursprünglich zugeführten Kapitals zu schützen, statt diese Gesellschaft zu liquidieren und diesen Kapitalbeitrag nahezu vollständig zu verlieren.

Sace BT habe den Prognosen entsprechend 2007 ihren ersten öffentlichen Betriebsgewinn von 59000 Euro erzielt und erst nach Ausbruch der Krise begonnen, Verluste in einem wirtschaftlichen Kontext zu verzeichnen, der im spezifischen Sektor der Kreditversicherung durch eine spektakuläre Zunahme der Schadensvolumina und eine entsprechende Verringerung der Solvabilitätsspannen der in diesem Sektor tätigen Unternehmen gekennzeichnet gewesen sei.

In diesem Zusammenhang sei SACE der Ansicht gewesen, das Unvermögen von Sace BT, vor der Krise – als sie noch ein neu gegründetes Unternehmen gewesen sei – Gewinne zu erwirtschaften, sei nicht auf strukturelle Probleme, eine schlechte Unternehmensführung oder „systemische“ Probleme des Kreditversicherungsmarkts zurückzuführen.

SACE habe es daher für sachgerecht gehalten, sich aus dem Projekt der Diversifizierung der gerade erst begonnenen Tätigkeiten nicht schon deshalb zurückzuziehen, weil die Konjunktur sich in einer negativen Phase befunden und die Investition sich noch nicht stärker ausgewirkt habe.

Es sei davon auszugehen gewesen, dass der fragliche Kapitalbeitrag, der entsprechend der für den Sektor geltenden italienischen Regelung das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmens habe wiederherstellen und seine Zahlungsfähigkeit sichern sollen, Sace BT mit der Rückkehr der makroökonomischen Situation zur Normalität und zusammen mit der im Januar 2009 – und nicht, wie die Kommission in der Klagebeantwortung behaupte, im Dezember 2009 – anlässlich der Überprüfung des Geschäftsplans 2010–2011 begonnenen Umsetzung der drakonischen Maßnahmen zur Umstrukturierung des Personals in die Lage versetzen werde, eine angemessene Rendite abzuwerfen.

Die Liquidation von Sace BT zu Marktpreisen sei geprüft und daraufhin als weniger vorteilhaft verworfen worden. Die Investitionen in das Kapital von Sace BT hätten nämlich 17,8 % des von SACE 2009 erzielten Nettogewinns (und ungefähr 1,3 % ihres Grundkapitals) entsprochen. Demgegenüber wäre die Liquidation wirtschaftlich ruinös gewesen, weil sie als Zeichen einer verborgenen internen Liquiditätskrise des Aktionärs aufgefasst worden wäre, was zu einer Beschädigung des Markenimages von SACE geführt und diese dem Risiko einer Wertvernichtung oder einer Verschlechterung ihres Ratings ausgesetzt hätte, die weit über den Betrag von ungefähr 24 Mio. Euro hinausgegangen wäre, auf den das zum Ablauf des Geschäftsjahrs 2009 verbleibende Kapital von Sace BT geschätzt worden sei.

175

Die Kommission widerspricht diesem Vorbringen in seiner Gesamtheit.

176

Die Standpunkte der Parteien unterscheiden sich hinsichtlich der Anforderungen an die Angaben zur vorherigen wirtschaftlichen Bewertung der Rentabilität der Investition, die der betreffende staatliche Kapitalgeber vorzulegen hat. Es ist daher erstens zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss in dieser Hinsicht mit einem Rechtsfehler behaftet ist (siehe unten, Rn. 177 bis 189), bevor zweitens zu überprüfen ist, ob die Kommission im vorliegenden Fall einen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie die dritte und die vierte Maßnahme als nicht mit dem Kriterium des privaten Kapitalgebers vereinbar ansah (siehe unten, Rn. 190 bis 199).

177

Soweit es erstens um die mit dem Kriterium des öffentlichen Kapitalgebers verbundenen Anforderungen geht, räumen die Klägerinnen ein, dass der öffentliche Kapitalgeber nachzuweisen hat, vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des wirtschaftlichen Vorteils eine wirtschaftliche Bewertung vorgenommen zu haben. Sie sind jedoch der Ansicht, im Kontext einer schweren Wirtschaftskrise könne ein vernünftig handelnder privater Kapitalgeber vorherige genaue und rationelle wirtschaftliche Bewertungen selbst dann vornehmen, wenn er sich nicht auf Analysen der künftigen Rentabilität stützen könne.

178

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers vom betreffenden öffentlichen Kapitalgeber zu verlangenden Angaben zur wirtschaftlichen Bewertung, die der Investitionsentscheidung vorausging, im Vergleich mit den wirtschaftlichen Bewertungen zu beurteilen sind, die ein vernünftig handelnder privater Kapitalgeber in einer vergleichbaren Situation hätte erstellen lassen, bevor er diese Investition auf der Grundlage der verfügbaren Informationen und der absehbaren Entwicklungen vorgenommen hätte. Der Inhalt und der Präzisionsgrad solcher Bewertungen können daher insbesondere von den Umständen des Falles, der Marktsituation und der wirtschaftlichen Konjunktur abhängen (siehe oben, Rn. 98).

179

Im Kontext einer Wirtschaftskrise hat die Beurteilung der Angaben zur erforderlichen vorherigen Bewertung daher gegebenenfalls die Unmöglichkeit zu berücksichtigen, die Entwicklung der wirtschaftlichen Situation und die Ergebnisse der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer verlässlich und detailliert vorauszusehen. Unter solchen Umständen lässt das Fehlen eines detaillierten Geschäftsplans des Tochterunternehmens, der genaue und vollständige Schätzungen ihrer künftigen Rentabilität und detaillierte Kosten-Nutzen-Analysen enthält, für sich genommen noch nicht den Schluss zu, der öffentliche Kapitalgeber habe sich nicht so verhalten, wie ein privater Kapitalgeber es getan hätte.

180

Im Übrigen kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein vernünftig handelnder privater Kapitalgeber im Rahmen des Wertungsspielraums, über den er bei seiner vorherigen wirtschaftlichen Bewertung der Rentabilität einer Investition verfügt (siehe unten, Rn. 188), wie SACE der Ansicht ist, die Schwierigkeiten seiner Tochtergesellschaft seien nicht die Folge struktureller Probleme oder schlechter Unternehmensführung, sondern wirtschaftlicher Probleme des betreffenden Marktes (siehe oben, Rn. 174), und sich insbesondere von der Aussicht auf eine fortschreitende Normalisierung der Wirtschaftslage leiten lässt. Aber selbst in diesem Fall würde ein vernünftig handelnder privater Kapitalgeber, der sich nicht in der Lage sieht, detaillierte und vollständige Voraussagen zu treffen, einer seiner Tochtergesellschaften, die erhebliche Verluste verzeichnet hat, kein weiteres Kapital bereitstellen, ohne zuvor eine zumindest überschlägige Bewertung vorgenommen zu haben, der sich die hinreichende Wahrscheinlichkeit künftiger Gewinne entnehmen lässt, und ohne verschiedene Szenarien und Optionen, darunter gegebenenfalls den Verkauf oder die etwaige Liquidation der Tochtergesellschaft, geprüft zu haben.

181

Bei der Beurteilung, ob die Beteiligung eines öffentlichen Kapitalgebers am Kapital eines Unternehmens das Kriterium des privaten Kapitalgebers erfüllt, muss das Verhalten des öffentlichen Kapitalgebers nach der Rechtsprechung zwar nicht zwangsläufig mit dem des gewöhnlichen Kapitalgebers verglichen werden, der Kapital anlegt, damit es sich mehr oder weniger kurzfristig rentiert. Es muss aber wenigstens dasjenige einer privaten Holding oder einer privaten Unternehmensgruppe sein, die eine globale oder sektorale Strukturpolitik verfolgt, und sich von längerfristigen Rentabilitätsaussichten leiten lassen (Urteile vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C‑305/89, Slg, EU:C:1991:142, Rn. 20, und Spanien u. a./Kommission, oben in Rn. 97 angeführt, EU:T:2014:604, Rn. 41).

182

Die Unmöglichkeit, detaillierte und vollständige Voraussagen zu treffen, kann einen öffentlichen Kapitalgeber aber nicht davon entbinden, eine angemessene vorherige Bewertung der Rentabilität seiner Investition vorzunehmen, die mit derjenigen vergleichbar ist, die ein privater Kapitalgeber in einer ähnlichen Situation anhand der verfügbaren und vorhersehbaren Daten hätte erstellen lassen (siehe oben, Rn. 180). Insoweit trägt die Kommission zu Recht vor, dass sie, wenn der Mitgliedstaat ihr die erforderlichen Angaben zur vorherigen Bewertung nicht übermittelt, nicht verpflichtet ist, ergänzende Untersuchungen vorzunehmen (siehe oben, Rn. 97).

183

Daher kann der von den Klägerinnen angeführte Umstand (siehe oben, Rn. 169), dass im betreffenden Zeitraum eine Vielzahl privater Versicherungsunternehmen rekapitalisiert worden sei, um erhebliche durch die Wirtschaftskrise bedingte Verluste zu decken, einen öffentlichen Kapitalgeber wie SACE nicht von der Verpflichtung entbinden, die künftige Rentabilität seiner Tochtergesellschaft vorab zu bewerten und der Kommission hinreichende Angaben zu dieser vorherigen Bewertung zu übermitteln (siehe oben, Rn. 182). Außerdem ist nicht auszuschließen, dass diese Rekapitalisierungen ebenfalls Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten. Somit brauchte die Kommission die Situation von Sace BT nicht mit derjenigen der anderen Versicherer zu vergleichen.

184

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss lediglich der gefestigten Rechtsprechung gefolgt ist, nach der es ihre Aufgabe ist, das Kriterium des privaten Kapitalgebers anzuwenden und den betreffenden Mitgliedstaat zu ersuchen, ihr zu diesem Zweck alle relevanten Informationen zu übermitteln, während es diesem Mitgliedstaat oder im vorliegenden Fall dem betreffenden öffentlichen Unternehmen obliegt, die Angaben zu machen, aus denen ersichtlich ist, dass es eine vorherige wirtschaftliche Bewertung der Rentabilität der fraglichen Maßnahme vorgenommen hat, die mit derjenigen vergleichbar ist, die ein privater Kapitalgeber in einer ähnlichen Situation hätte erstellen lassen (siehe oben, Rn. 96, 97 und 112).

185

Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen (siehe oben, Rn. 171 und 172) stellt diese Anforderung weder eine Verfahrensregel auf, noch verlagert sie die der Kommission obliegende Beweislast für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe, sondern verpflichtet den betreffenden öffentlichen Kapitalgeber nur, der Kommission die Angaben zu liefern, die sie für die Prüfung benötigt, ob das Verhalten dieses öffentlichen Unternehmens mit dem eines vernünftig handelnden privaten Kapitalgebers vergleichbar war, der auf der Grundlage der verfügbaren Daten und vorhersehbaren Entwicklungen eine vorherige wirtschaftliche Bewertung vorgenommen hätte, die angesichts der Art, der Komplexität, der Bedeutung und des Kontexts der fraglichen Transaktion angemessen gewesen wäre (siehe oben, Rn. 178 und 179).

186

Wenn das öffentliche Unternehmen der Kommission die erforderlichen Nachweise vorgelegt hat, ist es jedoch deren Aufgabe, eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei neben den von diesem Unternehmen vorgelegten Nachweisen auch jeden anderen Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der es ermöglicht, festzustellen, ob die in Rede stehende Maßnahme das Kriterium des privaten Kapitalgebers erfüllt. Das betroffene öffentliche Unternehmen hat somit die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren ergänzende Beweise vorzulegen, die nach Erlass der Maßnahme zustande gekommen sind, sich aber auf zum Zeitpunkt dieses Erlasses verfügbare Informationen und absehbare Entwicklungen stützen.

187

Unter diesen Umständen ist das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, das sich zum einen auf den Grundsatz der Gleichbehandlung des öffentlichen und des privaten Sektors und zum anderen auf den Wertungsspielraum des privaten Kapitalgebers stützt (siehe oben, Rn. 166 und 172). Zum einen dient das Erfordernis einer vorherigen wirtschaftlichen Bewertung nämlich nur dazu, das Verhalten des betroffenen öffentlichen Unternehmens mit dem eines vernünftig handelnden privaten Kapitalgebers in einer ähnlichen Situation zu vergleichen, und ist daher mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung des öffentlichen und des privaten Sektors vereinbar, aus dem folgt, dass die Mitgliedstaaten in wirtschaftliche Tätigkeiten investieren können und dass die Mittel, die der Staat einem Unternehmen direkt oder indirekt zu normalen Marktbedingungen zur Verfügung stellt, nicht als staatliche Beihilfen anzusehen sind (Urteil Spanien u. a./Kommission, oben in Rn. 97 angeführt, EU:T:2014:604, Rn. 79).

188

Zum anderen kann der Wertungsspielraum, über den der öffentliche Kapitalgeber verfügt, ihn nach der Rechtsprechung nicht von der Verpflichtung entbinden, eine angemessene vorherige wirtschaftliche Bewertung vorzunehmen. Zwar kann zwischen der Einschätzung der wahrscheinlichen Rendite des Vorhabens, bei der der öffentliche Kapitalgeber über einen gewissen Wertungsspielraum verfügt, und der Prüfung unterschieden werden, die dieser Kapitalgeber vornimmt, um festzustellen, ob ihm die Rendite als ausreichend erscheint, um die fragliche Investition vorzunehmen, und bei der der Wertungsspielraum weniger weit ist, da der fragliche Vorgang mit anderen Anlagemöglichkeiten für das zu investierende Kapital verglichen werden kann (Urteil Spanien u. a./Kommission, oben in Rn. 97 angeführt, EU:T:2014:604, Rn. 71). Der Wertungsspielraum, über den der öffentliche Kapitalgeber hinsichtlich der Einschätzung der wahrscheinlichen Rendite des Vorhabens verfügt, befreit diesen aber nicht von der Verpflichtung, anhand einer Analyse der verfügbaren Informationen und absehbaren Entwicklungen eine wirtschaftliche Bewertung vorzunehmen, die angesichts der Art, der Komplexität, der Bedeutung und des Kontexts der Transaktion angemessen ist (siehe oben, Rn. 98 und 180).

189

Deshalb kann der Kommission im vorliegenden Fall nicht vorgeworfen werden, bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers einen Rechtsirrtum begangen zu haben.

190

Zweitens ist zu prüfen, ob die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie sich in dem angefochtenen Beschluss auf den Standpunkt gestellt hat, SACE habe keine Bewertung der Rentabilität der streitigen Kapitalbeiträge vorgenommen, die mit der Bewertung vergleichbar sei, die ein privater Kapitalgeber in einer ähnlichen Situation hätte erstellen lassen.

191

Insoweit ist festzustellen, dass die Akten und insbesondere die von der Kommission vorgelegten Protokolle der Sitzung des Verwaltungsrats von SACE vom 1. April 2009, in der die Notwendigkeit einer Rekapitalisierung von Sace BT in Höhe eines Betrags von insgesamt 70 Mio. Euro in Betracht gezogen wurde, und der Sitzung vom 26. Mai 2009, in der die dritte, einen Kapitalbeitrag von 29 Mio. Euro betreffende Maßnahme beschlossen wurde, nicht den geringsten Anhaltspunkt enthalten, dem entnommen werden könnte, dass SACE eine auch nur überschlägige wirtschaftliche Bewertung vorgenommen hat, um festzustellen, ob der zusätzliche Kapitalbeitrag eine wirtschaftlich rentable Option darstellte. Diese Protokolle verweisen lediglich auf die Notwendigkeit, die Vermögenswerte wieder herzustellen, die Sace BT Ende 2009 zur Deckung der Rücklagen benötigte.

192

Ferner ist festzustellen, dass die Klägerinnen keinerlei Nachweis für die Vornahme einer vorherigen wirtschaftlichen Bewertung vorgelegt haben. Außerdem geben sie trotz ihres Vorbringens, der dritten und vierten Maßnahme habe eine genaue und vernünftige wirtschaftliche Bewertung der künftigen Rentabilität dieser Investitionen zugrunde gelegen, nicht an, anhand welcher Gegebenheiten eine solche Bewertung stattgefunden haben soll, sondern beschränken sich auf allgemeine Ausführungen (siehe oben, Rn. 173).

193

In diesem Zusammenhang weist die Kommission zu Recht darauf hin, dass der einzige konkrete Beleg, den die Klägerinnen anführen, der vom Verwaltungsrat von Sace BT am 4. August 2009 beschlossene Geschäftsplan 2010–2011 ist. Die Klägerinnen bestreiten allerdings nicht, dass SACE diesen Plan erst bei der Beschlussfassung über die vierte Maßnahme berücksichtigt hat. Im Übrigen umfasst dieser Plan nur einen Zeitraum von zwei Jahren und sieht keine mittel- oder langfristige Rückkehr in die Rentabilität voraus.

194

Wie das von den Klägerinnen auf Ersuchen des Gerichts vorgelegte Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats von Sace BT vom 4. August 2009 zeigt, sah dieser Plan zwar vor, dass Sace BT 2011 das finanzielle Gleichgewicht erreichen werde.

195

Dieser Plan enthielt aber keinerlei Analyse der Rentabilität der Kapitalzuführungen. Außerdem führte dieser Plan, obwohl er eine deutliche Verbesserung der Kreditversicherungsquote von Sace BT prognostizierte, dank derer dieses finanzielle Gleichgewicht erzielt werden könne, nur wenige wichtige finanzwirtschaftliche Kennzahlen und Zahlen für 2010 und 2011 an, mit denen diese Schätzung untermauert werden konnte. Er enthielt keine genauen Angaben hinsichtlich der Modalitäten von Kostensenkungen und Risikobewertungen und bezog sich allgemein für 2010 auf die Fortsetzung einer Strategie der Risikoselektion und für 2011 auf die Voraussage einer Verbesserung der Wirtschafts- und Marktlage.

196

Ferner geht aus dem Geschäftsplan 2010–2011 von Sace BT sowie aus dem Protokoll der Sitzung ihres Verwaltungsrats vom 4. August 2009 hervor, dass die Ziele von Sace BT vor allem darauf gerichtet waren, eine Wettbewerbsstrategie zu verfolgen, die den Marktanteil dieser Gesellschaft, der sich 2008 auf 8,2 % belief, bis 2011 auf 15 % steigern sollte.

197

Unter diesen Umständen und in Ermangelung jeglicher Prognose, der zufolge Sace BT nach 2011 zumindest längerfristig Gewinne hätte erwirtschaften können, durfte die Kommission zu Recht den Standpunkt einnehmen, dass die im genannten Geschäftsplan und im genannten Protokoll enthaltenen Angaben zur vorherigen Bewertung die Anforderungen des Kriteriums des privaten Kapitalgebers nicht erfüllten.

198

Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass ein privater Kapitalgeber, der sich in einer ähnlichen Situation befindet, die von Sace BT erlittenen Verluste möglicherweise als konjunkturbedingt angesehen, auf eine schrittweise Verbesserung der wirtschaftlichen Situation gesetzt und deshalb einer Steigerung der Marktanteile seiner Tochtergesellschaft kurzfristig den Vorrang eingeräumt hätte, ändert dies nichts daran, dass er angesichts der Art und der Bedeutung dieser Transaktionen eine gründlichere Bewertung der wirtschaftlichen Vernünftigkeit der streitigen Kapitalbeiträge hätte erstellen lassen, um die längerfristigen Rentabilitätsaussichten seiner Tochtergesellschaften einzuschätzen und im Fall einer zufriedenstellenden Bewertung sogar davon abzusehen, die Kosten einer Liquidation seiner Tochtergesellschaft bewerten zu lassen (siehe oben, Rn. 161).

199

Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission keinen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie die Auffassung vertrat, mangels einer angemessenen vorherigen wirtschaftlichen Bewertung ihrer Rentabilität erfüllten die beiden fraglichen Kapitalbeiträge nicht das Kriterium des privaten Kapitalgebers (siehe oben, Rn. 182).

200

Unter diesen Umständen ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen, ohne dass geprüft werden muss, ob die ergänzende rückblickende Beurteilung der Rentabilität der betreffenden Kapitalbeiträge im Vergleich zur Option der Liquidation (siehe oben, Rn. 163 und 164), die die Kommission der Vollständigkeit halber vorgenommen hat, zutreffend ist.

201

Demnach ist Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären (siehe oben, Rn. 161). Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Kosten

202

Nach Art. 87 § 3 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Nach Art. 87 § 4 dieser Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Da alle Parteien mit ihrem Vorbringen teilweise unterlegen sind, sind jeder Partei ihre eigenen Kosten einschließlich derjenigen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Art. 2 Abs. 2 des Beschlusses 2014/525/EU der Kommission vom 20. März 2013 über die Maßnahmen SA.23425 (11/C) (ex NN 41/10), die Italien 2004 und 2009 für die Sace BT SpA eingeführt hat, wird für nichtig erklärt.

 

2.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

3.

Die Servizi assicurativi del commercio estero SpA (SACE) und Sace BT tragen ihre eigenen Kosten einschließlich derjenigen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes.

 

4.

Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten einschließlich derjenigen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes.

 

5.

Die Italienische Republik trägt ihre eigenen Kosten einschließlich derjenigen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes.

 

Van der Woude

Wiszniewska-Białecka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. Juni 2015.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

Exportkredit-Mitteilung

 

SACE

 

Sace BT

 

Verwaltungsverfahren und angefochtener Beschluss

 

Verfahren und Anträge der Beteiligten

 

Rechtliche Würdigung

 

Erster Klagegrund: fehlende Zurechenbarkeit der streitigen Maßnahmen zum italienischen Staat

 

Rechtsprechungskriterien für die Beurteilung der Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat

 

Beurteilung der im vorliegenden Fall von der Kommission angeführten Indizien

 

Zweiter und dritter Klagegrund: Verstoß gegen das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers und gegen die Begründungspflicht

 

Vorbemerkungen zur Rechtsprechung zum Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers

 

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV, Beurteilungs- und Rechtsfehler bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers sowie unzureichende Begründung hinsichtlich der zweiten Maßnahme

 

– Vergleich des Verhaltens von SACE mit dem eines privaten Rückversicherers

 

– Fehlende Begründung der Beurteilung des Beihilfebetrags

 

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV, Beurteilungsfehler und Rechtsfehler bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers hinsichtlich der dritten und der vierten Maßnahme

 

Kosten


( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.

( 1 ) Nicht wiedergegebene vertrauliche Angaben.

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