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Document 62013CJ0667

Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 5. März 2015.
Estado português gegen Banco Privado Português SA, in Liquidation und Massa Insolvente do Banco Privado Português SA, in Liquidation.
Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal do Comércio de Lisboa.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Staatliche Beihilfen – Staatliche Garantie für ein Darlehen – Beschluss 2011/346/EU – Fragen zur Gültigkeit – Zulässigkeit – Art. 107 Abs. 1 AEUV – Begründung – Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten – Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV – Beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats.
Rechtssache C-667/13.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:151

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

5. März 2015 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Staatliche Beihilfen — Staatliche Garantie für ein Darlehen — Beschluss 2011/346/EU — Fragen zur Gültigkeit — Zulässigkeit — Art. 107 Abs. 1 AEUV — Begründung — Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten — Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV — Beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats“

In der Rechtssache C‑667/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal do Comércio de Lisboa (Portugal) mit Entscheidung vom 17. Oktober 2013, eingegangen beim Gerichtshof am 16. Dezember 2013, in dem Verfahren

Estado português

gegen

Banco Privado Português SA, in Liquidation,

Massa Insolvente do Banco Privado Português SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts (Berichterstatter) sowie der Richter J.‑C. Bonichot, A. Arabadjiev und J. L. da Cruz Vilaça,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Banco Privado Português SA, in Liquidation, und der Massa Insolvente do Banco Privado Português SA, vertreten durch M. Ferreira Santos und R. Leandro Vasconcelos, advogadas,

der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und A. Cunha als Bevollmächtigte im Beistand von M. Pena Machete und G. Reino Pires, advogados,

der Europäischen Kommission, vertreten durch M. França, L. Flynn und M. Afonso als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Gültigkeit des Beschlusses 2011/346/EU der Kommission vom 20. Juli 2010 über die staatliche Beihilfe C 33/09 (ex NN 57/09, CP 191/09), die Portugal als staatliche Garantie zugunsten der BPP gewährt hat (ABl. L 159, S. 95), und zum anderen die Auslegung des Art. 14 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. L 83, S. 1).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Estado português (portugiesischer Staat) einerseits und der Banco Privado Português SA (im Folgenden: BPP), in Liquidation, und der Massa Insolvente do Banco Privado Português SA (Gesamtheit der Gläubiger der BPP) andererseits wegen der Aufnahme der Forderung dieses Staates in Höhe von 24462921,24 Euro zuzüglich anfallender Zinsen in die Passiva der Liquidation. Dieser Betrag entspricht dem zurückzufordernden Betrag der Beihilfe, die dieser Staat der BPP rechtswidrig gewährt haben soll, indem er ein dieser Bank gewährtes Darlehen in Höhe von 450 Mio. Euro durch eine staatliche Garantie (im Folgenden: Garantie) gesichert hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 659/1999

3

Art. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 659/1999 definiert rechtswidrige Beihilfen als neue Beihilfen, die unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV eingeführt werden.

4

Art. 14 („Rückforderung von Beihilfen“) dieser Verordnung bestimmt:

„(1)   In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (nachstehend ‚Rückforderungsentscheidung‘ genannt). Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des [Union]srechts verstoßen würde.

(2)   Die aufgrund einer Rückforderungsentscheidung zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die nach einem von der Kommission festgelegten angemessenen Satz berechnet werden. Die Zinsen sind von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar.

(3)   Unbeschadet einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen [Union] nach Artikel [278 AEUV] erfolgt die Rückforderung unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden Mitgliedstaats, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Kommissionsentscheidung ermöglicht wird. Zu diesem Zweck unternehmen die betreffenden Mitgliedstaaten im Fall eines Verfahrens vor nationalen Gerichten unbeschadet des [Union]srechts alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einschließlich vorläufiger Maßnahmen.“

Entscheidung vom 13. März 2009

5

Mit der Entscheidung C (2009) 1892 final vom 13. März 2009 über die staatliche Beihilfe NN 71/08 – Portugal, Auxílio estatal ao Banco Privado Português – BPP (ABl. C 174, S. 1, im Folgenden: Entscheidung vom 13. März 2009) entschied die Kommission als Dringlichkeitsmaßnahme, keine Einwände gegen die Beihilfe zu erheben, die der Estado português in Form einer Garantie für ein Darlehen in Höhe von 450 Mio. Euro gewährt hatte, das die BPP am 5. Dezember 2008 von sechs portugiesischen Banken erhalten hatte. Diese Garantie wurde auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG, jetzt Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV, für einen Zeitraum von sechs Monaten, d. h. bis zum 5. Juni 2009, genehmigt.

6

Aus dem 34. Erwägungsgrund dieser Entscheidung ergibt sich, dass die Beurteilung der Beihilfe durch die Kommission nicht deren Beurteilung im Fall einer Verlängerung der Beihilfe über den in der vorstehenden Randnummer genannten Zeitraum hinaus vorwegnimmt.

7

Im 39. Erwägungsgrund der Entscheidung heißt es:

„Trotz der beträchtlichen Höhe der gestellten Gegengarantien ist die Vergütung für die Stellung der … Garantie wesentlich geringer als sie normalerweise im Fall von in Schwierigkeiten geratenen Banken als angemessen erachtet worden wäre. Die Kommission ist der Ansicht, dass diese Vergütung ausnahmsweise als angemessen angesehen werden kann, um das Überleben der [BPP] zu sichern, jedoch nur für einen kurzen Erholungszeitraum. Außerdem kann dieses Vergütungsniveau nur unter der Bedingung akzeptiert werden, dass ein Umstrukturierungsplan vorgelegt wird. Die Kommission erwartet, dass sich die Kosten des staatlichen Eingreifens zugunsten der BPP langfristig im Umstrukturierungsplan niederschlagen, mit dem die Handlungsfähigkeit der BPP wiederhergestellt werden soll, und dass die Auswirkungen der gewährten Beihilfe auf den Wettbewerb bei den Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang weist die Kommission auf die von den portugiesischen Behörden eingegangene Verpflichtung hin, innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag der Gewährung der Beihilfemaßnahme an die [BPP], d. h. bis zum 5. Juni 2009, einen Umstrukturierungsplan vorzulegen, und nimmt dies wohlwollend zur Kenntnis.“

8

Die Kommission weist im 41. Erwägungsgrund der Entscheidung vom 13. März 2009 darauf hin, dass ihr jede eventuelle Verlängerung der auf eine Dauer von sechs Monaten beschränkten Beihilfe zur Genehmigung mitzuteilen ist.

Beschluss 2011/346

9

Die Erwägungsgründe 9, 12, 13 und 19 bis 24 des Beschlusses 2011/346 lauten wie folgt:

„(9)

Bei der BPP handelt es sich um ein Finanzinstitut mit Sitz in Portugal, das in den Bereichen Private Banking, Unternehmensberatung und Private Equity tätig ist … Die BPP ist in Portugal und Spanien und in geringerem Umfang auch in Brasilien und Südafrika tätig.

(12)

Am 24. November 2008 setzte die BPP die portugiesische Zentralbank (Banco de Portugal) davon in Kenntnis, dass die Gefahr bestehe, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen könne. Daraufhin erhielt die BPP die Genehmigung, ihre Zahlungen zum 1. Dezember 2008 einzustellen.

(13)

Am 5. Dezember 2008 erhielt die BPP ein … garantiertes Darlehen über 450 Mio. [Euro] … Das Darlehen und die Garantie decken lediglich die Haftung der BPP im Zusammenhang mit der Passivseite, die in der Bilanz vom 24. November 2008 ausgewiesen ist, und das Darlehen sollte nur für Auszahlungen an Sparer und andere Gläubiger verwendet werden. Damit könnten die Schulden anderer zur Gruppe gehörender Institute nicht gedeckt werden.

(19)

Im Zusammenhang mit der von der Kommission vorgenommenen Prüfung der Sofortbeihilfemaßnahme verpflichtete sich Portugal, innerhalb von sechs Monaten ab Eingreifen des Staates (d. h. bis zum 5. Juni 2009) einen Umstrukturierungsplan für die BPP vorzulegen.

(20)

In der Entscheidung vom 13. März 2009 genehmigte die Kommission die Beihilfemaßnahme für einen Zeitraum von sechs Monaten ab Stellung der … Garantie und damit bis zum 5. Juni 2009. Die Kommission hielt es ebenfalls für notwendig, dass der Umstrukturierungsplan wegen der ungewöhnlich niedrigen [Vergütung] bis zum 5. Juni 2009 vorzulegen war.

(21)

Zur Verlängerung der … Garantie über den Anfangszeitraum von sechs Monaten hinaus verpflichteten sich die portugiesischen Behörden, der Kommission eine gesonderte Mitteilung zu übermitteln.

(22)

Portugal hat die oben genannten Verpflichtungen nicht erfüllt.

(23)

In [einer] E-Mail vom 23. Juni 2009 setzte Portugal die Kommission davon in Kenntnis, dass die … Garantie um sechs Monate verlängert worden war (Entscheidung Nr. 13364-A/2009 des Finanzministeriums vom 5. Juni 2009). Portugal meldete diese Maßnahme jedoch weder an, noch holte es die Genehmigung der Kommission dazu ein.

(24)

Da jedoch mit der Entscheidung der Kommission die Beihilfe bis zum 5. Juni 2009 genehmigt worden war, ist die Sofortbeihilfe seit dem 6. Juni 2009 rechtswidrig.“

10

Zur Qualifizierung der Garantie als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV heißt es in den Erwägungsgründen 57 bis 60 des Beschlusses 2011/346:

„(57)

Wie in der Entscheidung … vom 13. [März] 2009 … festge[stellt] wurde, wurde es durch die … Garantie möglich, dass die BPP bessere finanzielle Bedingungen für das aufgenommene Darlehen erhalten hat, als sie normalerweise am Markt für andere, sich in einer gleichen Situation befindliche Unternehmen möglich sind [– für den, wie] von den portugiesischen Behörden eingeräumt, [unwahrscheinlichen Fall, dass] solche Darlehen [überhaupt] zur Verfügung gestellt [worden wären]. In diesem Sinne war in der Entscheidung [vom 13. März 2009] eine [Vergütung] vorgesehen, die mit 20 Basispunkten erheblich unter dem empfohlenen Niveau der Europäischen Zentralbank vom 20. Oktober 2008 liegt. Obwohl [dingliche Sicherheiten] in beträchtlicher Höhe gestellt wurde[n], … stellt[e] die Kommission fest, [dass] die [Vergütung für die] … [Garantie] weit unter dem Niveau [lag], das für in Schwierigkeiten geratene Banken üblich und angemessen ist. Die besagte [Vergütung] war lediglich für die reine Notphase unter der Bedingung gerechtfertigt, dass bis zum 5. Juni 2009 ein Umstrukturierungsplan vorgelegt worden wäre.

(58)

Im Vergleich zu anderen Bankinstituten, die nicht von einer … Garantie profitieren konnten, hat sich die BPP einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, denn die Vergütung für die … Garantie lag deutlich unter den marktüblichen Zinsen.

(59)

Dem Argument der portugiesischen Seite, die BPP wäre ab dem 1. Dezember 2008 nicht mehr am Markt tätig gewesen, kann nicht gefolgt werden. Da die Banco de Portugal der BPP erst am 15. April 2010 die Bankzulassung entzogen hat, hätte die BPP jederzeit kurzfristig (wieder) auf dem Markt aktiv werden können. Zwischen Dezember 2008 und April 2009 wurden tatsächlich Rettungspläne für die BPP vorgelegt und die Möglichkeit nachgewiesen, dass die Bank zur Fortführung einer wirtschaftlichen Tätigkeit durch die Sofortbeihilfemaßnahme in der Lage ist. Unter Berücksichtigung der Geschäftstätigkeit der BPP und [ihrer] Position an den nationalen und internationalen Finanzmärkten kann ein solcher Vorteil den Wettbewerb und den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beeinflussen. Erst seit dem 15. April 2010 hat die BPP mit dem Entzug der Bankzulassung jede Möglichkeit verloren, sich wieder auf dem Markt zu etablieren und potenziell Einfluss auf den Wettbewerb und den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu nehmen.

(60)

Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die … Garantie der BPP durch die Nutzung der … Portugal [zuzurechnenden] staatlichen Mittel einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft hat. Dieser Vorteil kann den Wettbewerb und den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV verfälschen. Daher stellt die Maßnahme eine staatliche Beihilfe dar.“

11

Zur Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt heißt es in den Erwägungsgründen 65, 67, 68 und 70 bis 72 dieses Beschlusses:

„(65)

Die Kommission hat bereits anerkannt, dass die Krise der Finanzmärkte zu einer schweren Störung in der Wirtschaft eines Staates führen kann und die Beihilfemaßnahmen für Banken geeignet sind, … diese Störung zu beseitigen. Diese Einschätzung wurde durch die [Mitteilung der Kommission – Die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Finanzinstituten im Kontext der derzeitigen globalen Finanzkrise (ABl. 2008, C 270, S. 8, im Folgenden: Bankenmitteilung)] bestätigt …

(67)

Obwohl der Umstrukturierungsplan nicht vorgelegt wurde und trotz mehrerer Aufforderungen und des Erinnerungsschreibens, fehlende Informationen … zu übermitteln, verlängerte Portugal die Garantie [zweimal], ohne dies der Kommission vorher gemeldet zu haben und deren Zustimmung abzuwarten.

(68)

… Die Entscheidung [vom 13. März 2009] verknüpft die Wirksamkeit der Genehmigung der … Garantie mit der Erfüllung der von den portugiesischen Behörden abgegebenen Verpflichtung, innerhalb von zwei Monaten einen Umstrukturierungsplan vorzulegen. Dieser Verpflichtung sind die portugiesischen Behörden nicht nachgekommen.

(70)

Zur Verpflichtung, einen Umstrukturierungsplan vorzulegen … [ist es] Tatsache …, dass [dieser Plan] nicht innerhalb der in der Entscheidung [vom 13. März 2009] angegebenen Frist vorgelegt wurde und somit die Verpflichtung, die Voraussetzung für die Zustimmung zur Sofortbeihilfe war, nicht erfüllt wurde.

(71)

Daraus folgt, dass das Entgelt für die Stellung der … Garantie unterhalb der normalerweise geforderten Höhe lag, wie sie in der Bankenmitteilung zu einem angemessenen Entgelt beschrieben ist. Die Kommission hatte dieser Höhe in ihrer Entscheidung [vom 13. März 2009] nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass Portugal einen Plan zur Umstrukturierung oder Liquidation vorlegt, der die Wettbewerbsverfälschung auf ein angemessenes Mindestmaß reduziert. Da der besagte Plan nicht bis zum 5. Juni 2009 übermittelt wurde, kam die Kommission zu dem Schluss, dass die … Garantie und deren Verlängerung [über den] 5. Juni 2009 [hinaus] mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar ist.

(72)

Auch wenn Portugal den Umstrukturierungsplan für die BPP nicht übermittelt hat, stellten die portugiesischen Behörden Informationen zur Verfügung, die belegen, dass das mit dem Entzug der Bankzulassung am 15. April 2010 eingeleitete Liquidationsverfahren zur tatsächlich[en] Liquidation der BPP [führen wird]. Darüber hinaus erhalten die BPP-Aktionäre neben den unter Umständen nach dem Liquidationsverfahren verbleibenden Beträgen keinen Ausgleich. Unter Verweis auf diese Informationen geht die Kommission davon aus, dass zukünftig kein Risiko für eine von der BPP verursachte Wettbewerbsverzerrung zu erwarten ist. Diese Schlussfolgerung kann jedoch nicht die Nichtvereinbarkeit der von Portugal zwischen dem 5. Dezember 2008 und dem 15. April 2010 gewährten Maßnahme ausräumen.“

12

Art. 1 des Beschlusses 2011/346 erklärt „[d]ie staatliche Beihilfe in der Form einer Garantie für ein Darlehen über 450 Mio. [Euro], die Portugal unter Verletzung des Artikels 108 Absatz 3 [AEUV] zugunsten der [BPP] rechtswidrig gewährt hat, [für] mit dem Binnenmarkt unvereinbar“.

13

Art. 2 Abs. 1 dieses Beschlusses bestimmt, dass „Portugal … die in Artikel 1 genannte Beihilfe vom Begünstigten zurück[fordert]“.

14

Art. 3 Abs. 1 dieses Beschlusses sieht vor, dass „[d]ie in Artikel 1 genannte Beihilfe … sofort und tatsächlich zurückgefordert [wird]“.

Portugiesisches Recht

15

Art. 91 Abs. 2 des durch das Decreto‑Lei Nr. 53/2004 vom 18. März 2004 angenommenen Código da Insolvência e da Recuperação de Empresas (Insolvenz- und Unternehmenssanierungsordnung, im Folgenden: CIRE) bestimmt:

„Jede zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht fällige Forderung, für die keine vertraglich vereinbarten Zinsen oder unter dem gesetzlichen Zinssatz liegende Zinsen zu zahlen sind, wird als Forderung in Höhe lediglich des Betrags angesehen, der, wenn er für die Zeit der Vorverlegung der Fälligkeit um die auf diesen Betrag berechneten Zinsen zum gesetzlichen Zinssatz bzw. zum Zinssatz in Höhe der Differenz zwischen dem gesetzlichen und dem vertraglich vereinbarten Zinssatz erhöht wird, dem Wert der fraglichen Forderung entspräche.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

16

Am 9. September 2010, beantragte der Estado português beim vorlegenden Gericht nach den Vorschriften der CIRE, seine Forderung, die sich aus der durch den Beschluss 2011/346 angeordneten Rückforderung ergibt, in die Passiva der Liquidation aufzunehmen und insoweit zuzulassen.

17

Die Massa Insolvente do Banco Privado Português SA trat diesem Antrag vor dem vorlegenden Gericht entgegen und machte geltend, dass der Beschluss 2011/346 rechtswidrig sei und der Forderung des Estado português somit jegliche Rechtsgrundlage fehle.

18

Die Beklagten des Ausgangsverfahren erhoben daher am 9. September 2011 beim Gericht der Europäischen Union eine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/346, die dieses am 12. Dezember 2014 abwies (Urteil Banco Privado Português und Massa Insolvente do Banco Privado Português/Kommission, T‑487/11, EU:T:2014:1077).

19

Aufgrund der beim Gericht anhängigen Klage hatte das vorlegende Gericht das Verfahren zwischenzeitlich bis zum Erlass einer Entscheidung, mit der die Rechtmäßigkeit des Beschlusses 2011/346 bestätigt oder verneint würde, ausgesetzt. Der Estado português legte gegen diese Aussetzungsentscheidung jedoch ein Rechtsmittel beim Tribunal da Relação de Lisboa ein, das die Fortsetzung des Verfahrens anordnete und das vorlegende Gericht auf die Möglichkeit hinwies, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zu richten.

20

Das vorlegende Gericht hat Zweifel hinsichtlich der Gültigkeit des Beschlusses 2011/346. Als Erstes weist es bezüglich der Qualifizierung der Garantie als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darauf hin, dass gemäß den Bedingungen für die Anwendung dieser Bestimmung nicht lediglich die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels durch die fragliche Maßnahme bestanden, sondern eine solche Beeinträchtigung tatsächlich vorgelegen haben müsse. Der Begründung des Beschlusses 2011/346 lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass die Kommission festgestellt habe, dass die Garantie tatsächlich den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt habe. Auch aus dem Sachverhalt lasse sich nicht unbedingt das Vorliegen einer solchen Beeinträchtigung herleiten. Das vorlegende Gericht weist insoweit darauf hin, dass die Garantie der BPP, wie sich aus dem 77. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 ergebe, gewährt worden sei, um ein Darlehen abzusichern, das zur Auszahlung der Gläubiger verwendet worden sei, deren Kredite fällig gewesen oder deren Kreditlinien ausgelaufen seien, und dass die BPP seit dem 1. Dezember 2008 keine Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt habe.

21

Als Zweites führt es in Bezug auf die Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe aus, dass die Kommission in der Entscheidung vom 13. März 2009 zu dem Schluss gekommen sei, dass die Garantie gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV für einen Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Gewährung der Garantie, d. h. vom 5. Dezember 2008 bis zum 5. Juni 2009, als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden könne, weil die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen durch die BPP schwerwiegende negative Auswirkungen auf den portugiesischen Finanzsektor haben könne. Im Beschluss 2011/346 habe sie jedoch festgestellt, dass die Beihilfe unvereinbar sei, weil der Estado português bis zum Ende der genannten Sechsmonatsfrist keinen Umstrukturierungsplan vorgelegt habe, was aber Voraussetzung für die Genehmigung der Beihilfe gewesen sei. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts wird im Beschluss 2011/346 nicht begründet, warum die Nichtvorlage des Umstrukturierungsplans für die BPP durch den Estado português die in der Entscheidung vom 13. März 2009 enthaltene Feststellung der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe beeinflusse, insbesondere für den Zeitraum vom 5. Dezember 2008 bis zum 5. Juni 2009.

22

Als Drittes vertritt das vorlegende Gericht die Ansicht, dass sowohl zwischen einzelnen Punkten der Begründung des Beschlusses 2011/346 als auch zwischen der Begründung und dem verfügenden Teil dieses Beschlusses ein Widerspruch in Bezug auf den Zeitpunkt bestehe, ab dem die Entscheidung als rechtswidrig anzusehen sei. Aus dem 24. Erwägungsgrund dieses Beschlusses ergebe sich nämlich, dass die Beihilfe seit dem 6. Juni 2009 rechtswidrig sei. Im 72. Erwägungsgrund heiße es jedoch, dass die Beihilfe zwischen dem 5. Dezember 2008 und dem 15. April 2010 mit dem Binnenmarkt unvereinbar gewesen sei. Im verfügenden Teil des Beschlusses 2011/346 werde lediglich festgestellt, dass die Beihilfe mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei. Die Frage, ab welchem Zeitpunkt die fragliche Garantie als rechtswidrig anzusehen sei, sei für die Berechnung der Höhe der Beihilfe entscheidend.

23

Als Viertes führt das vorlegende Gericht schließlich aus, dass die Anwendung von Art. 91 Abs. 2 CIRE im vorliegenden Fall zu einer Verringerung des dem Estado português zurückzuzahlenden Betrags führen könne. Es sei daher zu klären, ob Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen der Möglichkeit der Verringerung des vom Staat zurückzufordernden Betrags durch Anwendung des Art. 91 Abs. 2 CIRE entgegenstehe.

24

Unter diesen Umständen hat das Tribunal do Comércio de Lisboa beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende vier Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Leidet der Beschluss 2011/346 an einem Begründungsmangel, weil:

a)

er den Grund nicht nennt, weshalb die vom Estado português gewährte Garantie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt?

b)

er den Grund nicht erläutert, weshalb die in Form einer Garantie gewährte Beihilfe zunächst als von Art. 107 Abs. 3 AEUV erfasst angesehen und jetzt für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wurde?

2.

Leidet der Beschluss 2011/346 am Mangel des Widerspruchs zwischen Begründung und verfügendem Teil in Bezug auf den Zeitpunkt, ab dem die Beihilfe als rechtswidrig angesehen wird: 5. Dezember 2008 oder 5. Juni 2009?

3.

Widerspricht der Beschluss 2011/346 Art. 107 Abs. 1 AEUV insofern, als die gewährte Beihilfe den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt hat, insbesondere unter Zugrundelegung des Zwecks des Darlehens und seiner tatsächlichen Verwendung sowie der Tatsache, dass der Beihilfeempfänger seine Geschäftstätigkeit seit dem 1. Dezember 2008 nicht mehr ausgeübt hat?

4.

Widerspricht der Beschluss 2011/346 den Bestimmungen des Art. 107 Abs. 3 AEUV insofern, als die Beihilfe zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats bestimmt und insoweit mit dem Binnenmarkt vereinbar war?

25

Hilfsweise legt das Tribunal do Comércio de Lisboa noch folgende Auslegungsfrage vor:

Stehen die Abs. 1 und 2 des Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 im vorliegenden Fall der Verringerung des zurückzufordernden Betrags entgegen, wenn die entsprechende Vorschrift ohne Diskriminierung auf alle Gläubiger der insolventen Partei anwendbar ist?

Zu den Vorlagefragen

Zur Zulässigkeit

26

Das Vorabentscheidungsersuchen enthält fünf Fragen, von denen die ersten vier die Gültigkeit des Beschlusses 2011/346 betreffen und die fünfte die Auslegung von Art. 14 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 659/1999 betrifft. Die Zulässigkeit der ersten vier Fragen und die Zulässigkeit der fünften Frage sind getrennt zu prüfen.

Zur Zulässigkeit der Fragen über die Gültigkeit des Beschlusses 2011/346

27

Die portugiesische Regierung hält die Fragen über die Gültigkeit des Beschlusses 2011/346 für unzulässig. Unter Verweis auf das Urteil TWD Textilwerke Deggendorf (C‑188/92, EU:C:1994:90) macht sie geltend, dass dieser Beschluss, da sie beim Gericht keine Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses erhoben habe, in Bezug auf sie endgültig geworden sei, so dass dessen Gültigkeit nicht mehr vor einem nationalen Gericht in Frage gestellt werden könne. Außerdem sei kein Antrag auf Aussetzung der Durchführung dieses Beschlusses gestellt worden. Er müsse daher durchgeführt werden, um eine unverzügliche und tatsächliche Rückforderung der Beihilfe zu ermöglichen.

28

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in seinem Urteil TWD Textilwerke Deggendorf (EU:C:1994:90, Rn. 17) entschieden hat, dass es ausgeschlossen ist, dass der Empfänger einer staatlichen Beihilfe, der eine nur an den Mitgliedstaat, dem er angehört, unmittelbar gerichtete Entscheidung der Kommission, die diese Beihilfe zum Gegenstand hatte, zweifellos hätte anfechten können und die hierfür in Art. 263 Abs. 6 AEUV vorgesehene Ausschlussfrist verstreichen ließ, vor den innerstaatlichen Gerichten anlässlich einer Klage gegen die von den nationalen Behörden getroffenen Maßnahmen zur Durchführung dieser Entscheidung deren Rechtmäßigkeit mit Erfolg in Frage stellt (vgl. auch Urteile Nachi Europe, C‑239/99, EU:C:2001:101, Rn. 30, und Lucchini, C‑119/05, EU:C:2007:434, Rn. 55). Andernfalls würde nämlich dem Beihilfeempfänger die Möglichkeit eröffnet, die Bestandskraft, die eine Entscheidung gemäß dem Grundsatz der Rechtssicherheit nach Ablauf der Klagefristen haben muss, zu umgehen (Urteil Nachi Europe, EU:C:2001:101, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29

Der Fall, der dieser Rechtsprechung zugrunde lag, entspricht nicht demjenigen, um den es im Ausgangsverfahren geht. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass der Empfänger der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Beihilfe, der innerhalb der in Art. 263 Abs. 6 AEUV festgelegten Frist beim Gericht eine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/346 erhoben hat, die zu dem Urteil Banco Privado Português und Massa Insolvente do Banco Privado Português/Kommission (EU:T:2014:1077) geführt hat, vorhätte, die Bestandskraft dieser Entscheidung zu umgehen, weil er die Gültigkeit dieses Beschlusses vor dem vorlegenden Gericht in Frage stellt.

30

Da dem Ergebnis, zu dem der Gerichtshof in Rn. 18 des Urteils TWD Textilwerke Deggendorf (EU:C:1994:90) gelangt ist, die Gefahr zugrunde liegt, dass die Bestandskraft eines Rechtsakts der Union umgangen wird, gilt es außerdem nur in Bezug auf eine Partei, die sich vor einem nationalen Gericht auf die Rechtswidrigkeit eines Rechtsakts der Europäischen Union beruft, obwohl sie – zweifelsfrei – eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV gegen diesen Rechtsakt hätte erheben können, dies jedoch nicht innerhalb der vorgesehenen Fristen getan hat. Der Umstand, dass der Estado português, der die Rechtmäßigkeit des Beschlusses 2011/346 vor dem nationalen Gericht nicht in Frage stellt, keine Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses beim Gericht erhoben hat, ist daher für die Beurteilung der Zulässigkeit der Fragen über die Gültigkeit dieses Beschlusses ohne Belang.

31

Schließlich ergibt sich aus dem Urteil TWD Textilwerke Deggendorf (EU:C:1994:90) nicht, dass die Zulässigkeit einer Vorlagefrage über die Gültigkeit eines Rechtsakts der Union davon abhängt, ob gegen diesen Rechtsakt nach Art. 278 AEUV ein Antrag auf Aussetzung der Durchführung gestellt wurde. Dieses Urteil bezieht sich nämlich nicht auf die Durchführbarkeit des Unionsakts, dessen Gültigkeit in Frage gestellt wird, sondern gründet auf der Gefahr, dass dessen Bestandskraft umgangen wird.

32

Die vier ersten Vorlagefragen über die Gültigkeit des Beschlusses 2011/346 sind somit zulässig.

Zur Zulässigkeit der Frage nach der Auslegung von Art. 14 Abs. 1 und 2 des Beschlusses 659/1999

33

Nach Ansicht der Kommission wird die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage im Vorlagebeschluss nicht dargelegt. Sie hält sie daher für unzulässig.

34

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen diesem und den nationalen Gerichten allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, ist, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über die ihm vorgelegten Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen (vgl. u. a. Urteil Kamberaj, C‑571/10, EU:C:2012:233, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss Dél-Zempléni Nektár Leader Nonprofit, C‑24/13, EU:C:2014:40, Rn. 39).

35

Allerdings hat der Gerichtshof zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände zu untersuchen, unter denen er von dem innerstaatlichen Gericht angerufen wird. Der Geist der Zusammenarbeit, in dem das Vorlageverfahren durchzuführen ist, impliziert nämlich, dass das nationale Gericht seinerseits auf die dem Gerichtshof übertragene Aufgabe Rücksicht nimmt, die darin besteht, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber darin, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben (vgl. Urteil Kamberaj, EU:C:2012:233, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss Dél-Zempléni Nektár Leader Nonprofit, EU:C:2014:40, Rn. 40).

36

Er kann die Entscheidung über die Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. Urteil Kamberaj, EU:C:2012:233, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss Dél-Zempléni Nektár Leader Nonprofit, EU:C:2014:40, Rn. 41).

37

Im vorliegenden Fall befragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof zur Auslegung von Art. 14 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 659/1999, um die Vereinbarkeit von Art. 91 Abs. 2 CIRE mit diesen Bestimmungen beurteilen zu können.

38

Aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ergibt sich jedoch nicht, dass Art. 91 Abs. 2 CIRE im Ausgangsverfahren anwendbar wäre. Diese Vorschrift bezieht sich nämlich auf „zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht fällige Forderung[en], für die keine vertraglich vereinbarten Zinsen oder unter dem gesetzlichen Zinssatz liegende Zinsen zu zahlen sind“.

39

Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Forderung des Estado português war jedoch vor der Einleitung des Verfahrens zur Liquidation der BPP am 15. April 2010 fällig. Wie im 24. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 ausgeführt, musste die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beihilfe nämlich auf jeden Fall gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV ab dem 6. Juni 2009 als rechtswidrig angesehen werden, da sie durch die Entscheidung vom 13. März 2009 nur für einen Zeitraum von sechs Monaten, d. h. bis zum 5. Juni 2009, für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden war.

40

Außerdem stellt das vorlegende Gericht die Anwendung des Art. 91 Abs. 2 CIRE im Ausgangsverfahren als rein hypothetischen Fall dar.

41

Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass sich die fünfte Vorlagefrage nicht auf eine Auslegung des Unionsrechts bezieht, die für die vom vorlegenden Gericht zu erlassende Entscheidung objektiv erforderlich ist (vgl. Beschlüsse Abt u. a., C‑194/10, EU:C:2011:182, Rn. 37, und Dél-Zempléni Nektár Leader Nonprofit, EU:C:2014:40, Rn. 44).

42

Die fünfte Vorlagefrage betreffend die Auslegung von Art. 14 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 659/1999 ist daher unzulässig.

Zur Beantwortung der Fragen

Zum ersten Teil der ersten Frage und zur dritten Frage

43

Mit diesen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht zum einen wissen, ob die Qualifizierung der Garantie als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV angesichts der Tatsache, dass der Beschluss 2011/346 den Grund nicht nennt, weshalb diese Garantie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt, hinreichend begründet ist. Zum anderen möchte es wissen, ob die Kommission unter Zugrundelegung des Zwecks des Darlehens, für das die Garantie gewährt wurde, sowie der Tatsache, dass die BPP ihre Geschäftstätigkeit seit dem 1. Dezember 2008 nicht mehr ausgeübt hat, zu Recht feststellen konnte, dass die Garantie im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV diesen Handel beeinträchtigt.

44

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Unionsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil Nuova Agricast, C‑390/06, EU:C:2008:224, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45

Da die Qualifizierung als „Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV verlangt, dass alle in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind (Urteile Kommission/Deutsche Post, C‑399/08 P, EU:C:2010:481, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Ministerio de Defensa und Navantia, C‑522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 19), muss ein Beschluss der Kommission, in dem eine solche Qualifizierung vorgenommen wird, begründen, weshalb dieses Unionsorgan der Ansicht ist, dass die betreffende staatliche Maßnahme alle diese Voraussetzungen erfüllt.

46

Zu der Frage, ob der Beschluss 2011/346 in Bezug auf die in Art. 107 Abs. 1 AEUV enthaltene Voraussetzung der Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten rechtlich hinreichend begründet ist, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission weder nachweisen muss, dass eine staatliche Maßnahme sich tatsächlich auf diesen Handel auswirkt, noch, dass sie den Wettbewerb tatsächlich verzerrt. Sie muss lediglich darlegen, dass diese Maßnahme sich so auswirken kann (vgl. in diesem Sinne Urteile Unicredito Italiano, C‑148/04, EU:C:2005:774, Rn. 54, Cassa di Risparmio di Firenze u. a., C‑222/04, EU:C:2006:8, Rn. 140, Libert u. a., C‑197/11 und C‑203/11, EU:C:2013:288, Rn. 76, sowie Eventech, C‑518/13, EU:C:2015:9, Rn. 65).

47

Im vorliegenden Fall hat die Kommission Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass der der BPP erwachsene Vorteil den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen konnte. Sie verweist insoweit im 58. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 auf die Stärkung der Wettbewerbsstellung der BPP gegenüber anderen Einrichtungen des Bankensektors. Sie weist ferner im 59. Erwägungsgrund dieses Beschlusses auf die Geschäftstätigkeit der BPP und ihre Position an den nationalen und internationalen Finanzmärkten hin. Im neunten Erwägungsgrund dieses Beschlusses wird ausgeführt, dass die BPP in zwei Mitgliedstaaten in den Bereichen Private Banking, Unternehmensberatung und Private Equity tätig ist.

48

In Anbetracht der in den Rn. 44 bis 46 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung ist festzustellen, dass der Beschluss 2011/346 rechtlich hinreichend begründet ist, da er klar und eindeutig die Gründe zum Ausdruck bringt, aus denen das Unionsorgan, das den Rechtsakt erlassen hat, im 60. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 die Ansicht vertreten hat, dass die Voraussetzung einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV im vorliegenden Fall erfüllt ist.

49

In Bezug auf die Frage, ob die Kommission zu Recht feststellen konnte, dass die Garantie im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigte, ergibt sich aus Rn. 46 des vorliegenden Urteils, dass es für die Qualifizierung einer nationalen Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ ausreicht, zu prüfen, ob diese Maßnahme den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann.

50

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Zweck des Darlehens, für das die Garantie gewährt wurde und das nach dem 13. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 nur für Auszahlungen an Sparer und andere Gläubiger der BPP verwendet werden konnte, nicht verhindert, dass die Garantie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen konnte.

51

Zum Kriterium der Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten ist nämlich entschieden worden, dass der Handel zwischen den Mitgliedstaaten dann von einer von einem Mitgliedstaat gewährten Beihilfe beeinflusst wird, wenn sie die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern in diesem Handel stärkt. Hierbei kann der Umstand, dass ein Wirtschaftssektor wie der der Finanzdienstleistungen auf Unionsebene in erheblichem Umfang liberalisiert worden ist, was den Wettbewerb verschärft hat, der bereits aufgrund des im Vertrag vorgesehenen freien Kapitalverkehrs möglich war, dazu führen, dass die Beihilfen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten tatsächlich oder potenziell beeinflussen (vgl. in diesem Sinne Urteil Cassa di Risparmio di Firenze u. a., EU:C:2006:8, Rn. 141, 142 und 145, erster Gedankenstrich).

52

Die Garantie hat der BPP einen Vorteil verschafft, da diese dadurch, wie sich aus dem 57. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 ergibt, bessere finanzielle Bedingungen für das aufgenommene Darlehen erhalten hat, als sie normalerweise am Markt für andere, sich in einer gleichen Situation befindliche Unternehmen möglich sind – für den unwahrscheinlichen Fall, dass solche Darlehen überhaupt zur Verfügung gestellt worden wären. Daher ist im 59. Erwägungsgrund dieses Beschlusses zu Recht festgestellt worden, dass dieser Vorteil angesichts der Geschäftstätigkeit der BPP und ihrer Position an den nationalen und internationalen Märkten den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten beeinflussen konnte. Wie die Kommission ausführt, hätten sich die Kunden der BPP nämlich ohne die Kapitalspritze, die Dank der Garantie erfolgen konnte, wahrscheinlich ab dem Zeitpunkt, in dem die BPP Anzeichen finanzieller Schwierigkeiten zeigte, für eine mit der BPP konkurrierende Bank entschieden.

53

Die angebliche Beendigung der Geschäftstätigkeit der BPP kann diese Feststellung der Kommission im 59. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 nicht in Frage stellen.

54

Selbst wenn die Beendigung der Tätigkeit feststünde, hätte die BPP nämlich bis zum Entzug ihrer Bankzulassung am 15. April 2010 ihre normale Geschäftstätigkeit wieder aufnehmen können. Die Kommission hat daher im 59. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 zu Recht festgestellt, dass die BPP erst seit dem 15. April 2010 jede Möglichkeit verloren habe, sich wieder auf dem Markt zu etablieren und damit potenziell Einfluss auf den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu nehmen.

55

Die Prüfung des ersten Teils der ersten Frage und die Prüfung der dritten Frage haben daher nichts ergeben, was die Gültigkeit des Beschlusses 2011/346 beeinträchtigen könnte.

Zum zweiten Teil der ersten Frage und zur zweiten Frage

56

Das vorlegende Gericht fragt, ob der Beschluss 2011/346 nicht an einem Begründungsmangel leidet, da die Beihilfe, die zunächst für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden war, in diesem Beschluss für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wurde. Außerdem fragt es sich, ob diesem Beschluss nicht eine widersprüchliche Begründung zugrunde liegt, da es einerseits in seinem 24. Erwägungsgrund heißt, dass die Beihilfe ab dem 6. Juni 2009 rechtswidrig geworden sei, und andererseits in seinen Erwägungsgründen 71 und 72 ausgeführt wird, dass die Beihilfe ab dem 5. Dezember 2008 als mit dem Binnenmarkt unvereinbar anzusehen sei.

57

Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV erlegt den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auf, die Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen betreffende Vorhaben mitzuteilen. Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV bestimmt, dass der Mitgliedstaat, der eine Beihilfe gewähren will, die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen darf, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat. Das mit dieser Vorschrift erlassene Verbot soll gewährleisten, dass die Wirkungen einer Beihilfe nicht eintreten, bevor die Kommission innerhalb einer angemessenen Frist das Vorhaben im Einzelnen prüfen und gegebenenfalls das in Art. 108 Abs. 2 AEUV vorgesehene Verfahren einleiten konnte (vgl. in diesem Sinne Urteile Frankreich/Kommission, C‑301/87, EU:C:1990:67, Rn. 17, sowie CELF und Ministre de la Culture et de la Communication, C‑199/06, EU:C:2008:79, Rn. 33 bis 36).

58

Art. 108 Abs. 3 AEUV unterwirft somit die beabsichtigte Einführung neuer Beihilfen einer vorbeugenden Prüfung (Urteile Lorenz, 120/73, EU:C:1973:152, Rn. 2, CELF und Ministre de la Culture et de la Communication, EU:C:2008:79, Rn. 37, sowie Deutsche Lufthansa, C‑284/12, EU:C:2013:755, Rn. 25).

59

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Beihilfemaßnahme, die unter Verstoß gegen die sich aus Art. 108 Abs. 3 AEUV ergebenden Verpflichtungen durchgeführt wird, rechtswidrig. Diese Auslegung wird auch durch Art. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 659/1999 bestätigt (vgl. Urteil Residex Capital IV, C‑275/10, EU:C:2011:814, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60

Die Kommission muss die Vereinbarkeit der beabsichtigten Beihilfe mit dem Binnenmarkt selbst in den Fällen prüfen, in denen der Mitgliedstaat das Verbot der Durchführung der Beihilfemaßnahmen missachtet und die Beihilfe somit rechtswidrig ist. Der Gerichtshof hat jedoch bereits entschieden, dass der Beschluss der Kommission über die Vereinbarkeit einer Beihilfe nichts an der Rechtswidrigkeit dieser Beihilfe aufgrund der Missachtung des in Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV enthaltenen Verbots ändert. Jede andere Auslegung würde die Missachtung von Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV durch den betreffenden Mitgliedstaat begünstigen und dieser Vorschrift ihre praktische Wirksamkeit nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires und Syndicat national des négociants et transformateurs de saumon, C‑354/90, EU:C:1991:440, Rn. 16, sowie CELF und Ministre de la Culture et de la Communication, EU:C:2008:79, Rn. 40).

61

Der Umstand, dass im Beschluss 2011/346 verschiedene Daten genannt werden, ab denen die staatliche Beihilfe zum einen als rechtswidrig und zum anderen als mit dem Binnenmarkt unvereinbar anzusehen ist, stellt daher keinen Widerspruch in der diesem Beschluss zugrunde liegenden Begründung dar.

62

Außerdem wird in den Erwägungsgründen 20, 21, 57 und 67 bis 71 des Beschlusses 2011/346 rechtlich hinreichend dargelegt, warum die Garantie für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird, auch wenn in der Entscheidung vom 13. März 2009 festgestellt worden war, dass die Beihilfe unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Binnenmarkt vereinbar sei.

63

Aus den Erwägungsgründen 20, 21, 57, 67, 68 und 70 des Beschlusses 2011/346 ergibt sich nämlich, dass die Entscheidung vom 13. März 2009 provisorischen Charakter hatte und angesichts der von den portugiesischen Behörden eingegangenen Verpflichtungen erlassen worden war, zum einen die Garantie nicht ohne vorherige Mitteilung an und Zustimmung durch die Kommission über den 5. Juni 2009 hinaus zu verlängern und zum anderen innerhalb von sechs Monaten, d. h. spätestens bis zum 5. Juni 2009, einen Umstrukturierungsplan für die BPP vorzulegen. Im 67. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 wird jedoch festgestellt, dass die portugiesischen Behörden die Garantie zweimal, ohne dies der Kommission vorher gemeldet zu haben und deren Zustimmung abzuwarten, verlängert haben und dass der Umstrukturierungsplan für die BPP nicht vorgelegt worden ist, auch nicht, nachdem die Kommission ein entsprechendes Erinnerungsschreiben an die Portugiesische Republik gerichtet hatte. Die Kommission ist somit, nachdem sie auf die Bedingungen hingewiesen hatte, von denen die Genehmigung der Beihilfemaßnahme abhing, und festgestellt hatte, dass diese nicht erfüllt worden waren, im 71. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Garantie mit dem Binnenmarkt unvereinbar war.

64

Auch die Prüfung des zweiten Teils der ersten Frage und der zweiten Frage haben nichts ergeben, was die Gültigkeit des Beschlusses 2011/346 beeinträchtigen könnte.

Zur vierten Frage

65

Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Beschluss 2011/346 gegen Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verstößt, weil er eine Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt, die im Sinne dieser Vorschrift „zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats“ bestimmt war. Es möchte ferner wissen, ob die Garantie nach dieser Vorschrift als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen ist.

66

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die unter Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV fallenden Beihilfen nicht ex lege mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, sondern dass die Kommission ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt feststellen kann. Für die entsprechende Beurteilung ist ausschließlich die Kommission zuständig, die dabei der Kontrolle der Unionsgerichte unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Deutsche Lufthansa, EU:C:2013:755, Rn. 28).

67

Die Ausübung des Ermessens, über das die Kommission im Rahmen der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 AEUV verfügt, setzt komplexe wirtschaftliche und soziale Wertungen voraus (vgl. in diesem Sinne Urteile Deufil/Kommission, 310/85, EU:C:1987:96, Rn. 18, und Italien/Kommission, C‑372/97, EU:C:2004:234, Rn. 83). Der Gerichtshof darf daher bei der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Ausübung dieser Befugnis die Beurteilung durch die Kommission nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen (vgl. in diesem Sinne Urteile Spanien/Kommission, C‑169/95, EU:C:1997:10, Rn. 34, und Unicredito Italiano, EU:C:2005:774, Rn. 71).

68

Nach Ansicht der Beklagten des Ausgangsverfahrens ergibt sich aus den Erwägungsgründen 64 bis 76 des Beschlusses 2011/346, dass die Kommission die Unvereinbarkeit der Garantie mit dem Binnenmarkt auf der Grundlage rein verfahrensrechtlicher Verstöße festgestellt habe, nämlich aufgrund des Umstands, dass die Portugiesische Republik die Garantie zweimal, ohne dies der Kommission vorher gemeldet und deren Zustimmung abgewartet zu haben, verlängert habe, und der Tatsache, dass dieser Mitgliedstaat nicht innerhalb der in der Entscheidung vom 13. März 2009 festgelegten Frist von sechs Monaten den Umstrukturierungsplan für die BPP vorgelegt habe. Die Kommission habe somit nicht geprüft, ob die fragliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben des betroffenen Mitgliedstaats bestimmt gewesen sei.

69

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, was die Beurteilung von staatlichen Garantien, die den Finanzinstituten im Kontext der globalen Finanzkrise gewährt wurden, nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV betrifft, mit der Bankenmitteilung die Ausübung ihres eigenen Ermessens begrenzt hat. Sie kann daher nicht von den in dieser Mitteilung enthaltenen Normen abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde (vgl. Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 211).

70

Aus der Bankenmitteilung ergibt sich jedoch, dass die Gewährung einer staatlichen Garantie als Dringlichkeitsmaßnahme anzusehen und somit zwangsläufig vorübergehender Natur ist (Nrn. 13 und 24). Eine solche Garantie muss ferner mit Maßnahmen zur Umstrukturierung bzw. Liquidation des Begünstigten einhergehen (Nrn. 29 bis 31).

71

In ihrer Entscheidung vom 13. März 2009 hat die Kommission die Kriterien der Bankenmitteilung angewandt. Wie sich aus dem 39. Erwägungsgrund dieser Entscheidung ergibt, hat die Kommission die Garantie für einen Zeitraum von sechs Monaten, d. h. bis zum 5. Juni 2009, genehmigt, vorbehaltlich der Vorlage eines Umstrukturierungsplans durch die Portugiesische Republik spätestens an diesem Datum, entsprechend der von diesem Mitgliedstaat eingegangenen Verpflichtung. Die Kommission hat im 34. Erwägungsgrund dieser Entscheidung ausgeführt, dass ihre Beurteilung der Beihilfe nicht die Beurteilung im Fall einer Verlängerung der Beihilfe über diesen Zeitraum von sechs Monaten hinaus vorwegnehme, und im 41. Erwägungsgrund dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass ihr jede Verlängerung der Garantie vorher mitzuteilen sei.

72

Mit der Bankenmitteilung im Einklang stehen auch die Ausführungen der Kommission in den Erwägungsgründen 67, 70 und 71 des Beschlusses 2011/346, wonach die relevanten Kriterien, die sie dazu veranlasst hätten, die fragliche Beihilfe vorläufig zu genehmigen, nach Ablauf des in der Entscheidung vom 13. März 2009 genannten Zeitraums von sechs Monaten nicht mehr erfüllt gewesen seien, da die portugiesischen Behörden zum einen entgegen den von ihnen eingegangenen Verpflichtungen nicht innerhalb der festgesetzten Frist einen Umstrukturierungsplan für die BPP vorgelegt hätten, und zum anderen die Garantie zweimal über die Höchstdauer von sechs Monaten hinaus verlängert hätten, ohne der Kommission diese Verlängerungen förmlich mitzuteilen.

73

Aus dem 39. Erwägungsgrund der Entscheidung vom 13. März 2009 und dem 71. Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/346 ergibt sich nämlich, dass die Kommission die Höhe der Vergütung für die Garantie, die erheblich unterhalb der normalerweise in der Bankenmitteilung geforderten Höhe lag, nur für einen kurzen Zeitraum und unter der Voraussetzung genehmigen konnte, dass die Portugiesische Republik innerhalb von sechs Monaten einen Plan zur Umstrukturierung oder Liquidation vorlegt, der die Wettbewerbsverfälschung auf ein angemessenes Mindestmaß reduziert.

74

Entgegen der Ansicht der Beklagten des Ausgangsverfahrens stellen die zeitliche Begrenzung einer in Form einer staatlichen Garantie gewährten Beihilfe und die daraus resultierende Verpflichtung zur Mitteilung jeglicher Verlängerungen dieser Beihilfe sowie die Verpflichtung des Begünstigten dieser Garantie, einen Umstrukturierungsplan vorzulegen, keine reinen Formalitäten dar, sondern notwendige Voraussetzungen dafür, dass diese Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden kann, und Instrumente, die gewährleisten sollen, dass die einem in Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen gewährte Sofortbeihilfe nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des jeweiligen im Allgemeininteresse liegenden Ziels erforderlich ist, das im vorliegenden Fall darin besteht, eine beträchtliche Störung der nationalen Wirtschaft zu verhindern.

75

Die Prüfung der vierten Frage hat demnach ebenfalls nichts ergeben, was die Gültigkeit des Beschlusses 2011/346 beeinträchtigen könnte.

76

Nach alledem hat die Prüfung der vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen nichts ergeben, was die Gültigkeit des Beschlusses 2011/346 beeinträchtigen könnte.

Kosten

77

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Prüfung der vom Tribunal do Comércio de Lisboa (Portugal) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Beschlusses 2011/346/EU der Kommission vom 20. Juli 2010 über die staatliche Beihilfe C 33/09 (ex NN 57/09, CP 191/09), die Portugal als staatliche Garantie zugunsten der BPP gewährt hat, beeinträchtigen könnte.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Portugiesisch.

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